Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, May 29, 1896, Sonntags-Blatt., Image 14

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    Der Bahn-Fried
Von W. Garschirn
« Weit draußen, viele Meilen von den
andern menschlichen Wohnungen, lag
das häuöchen des Bahnwärters Si
mon.« Weiter entfernt von ihm lag eine
fabrrh von der er nur den großen
vehwarzen Schlot durch die Bäume des
Waldes sah. Er selbst war vor kurzer
·. Zeit aus den Diensten eines Offiziers
heimgelehrt, mit dem er den großen
türkischen Feldzug mitgemacht Hatte.
Recht müde und alt war er dort gewor
den. Bei großer Kälte oder brennen
der Sonne war er unter nagendem
Hunger lange, lange marschirt, hatte
auch im Feuer«gestanden, aber keine
Kugel hatte ihm auch nur die geringste
Verletzung beigedracht. Wenn er sei
nem Herrn den heißen Samowar oder
das Essen aus der Feldliiche brachte, so
:- sausten die Kugeln nur so um seinen
" - Kopf; dabei hatte er nicht einmal eine
Hand zu feinem Schuhe frei.
Die Oifiziere waren mit seinen Lei
stungen zufrieden, oersorgte er sie doch
täglich mit heißem Thee und Essen. So
war er heil aus dem Kriege heimge
iehrt, als Andenken war ihm nur der
Rheumatismus in Händen und Füßen
geblieben. Armer Simon, was harrte
alles seiner! Kaum zurückgekehrt,
mußte er denVater begraben, und kurze
Zeit nachher folgte sein Ist-jähriger
Sohn dem Vater nach.
So stand er allein mit seiner Frau.
Auch die Wirthschast ging zurück. Mit
geschwollenen Beinen und Armen kann
man doch keinen Acker bestellen. So
mußten sie ihr heimathliches Dorf ver
lassen, um draußen in der Welt ihr
Glück zu versuchen. Die Frau fand
endlich eine Stelle, er aber mußte weiter
suchen.
Eines Tages, als er mit der Bahn
reiste, kam ihm aus einer Station der
s der Chef so bekannt vor. Simon blickte
: ihn an, und auch der Chef wurde auf
merksam. Da erkannte ihn Simon.
Es tvar sein ehemaliger -Ossizier. Auch
: der schien ihn erkannt zu haben; denn
er stagtet »Sirnon, bist Du ess«
»Ja, ich bin Simon.«
»Was führt Dich hierher?« Da er
zählte ihm Simon von seiner Lage.
»Wo wohnsi Du ?«
, »Das weiß ich selbst nicht.«
«— »Dumm: Mensch, das mußt Du
doch wissen.«
.. »Ach, herr Lieutenant, das ist es ja,
» ich suche Arbeit.'«
...« »Wenn es so mit Dir steht, dann
. bleibe vorläufig bei mir, ich werde Dir
etwas verschaffen. Aber Du bist doch
« verheirathen wo hast Diqdenn Deine
-« qu?«
s: »Bei einem Kaufmann.
« »Du kannst sie kommen lassen. Ich
. verschasse ihr ein Freibillet, und dann
-; werde ich Euch einen Wärterposien be
sorgen«
» So blieb er bei dem Stationsvor
stehet und machte sich vorläufig in sei
, rtem Hause nützlich. Mehrere Wochen
- daran kam die Frau, und zogen Beide
in das schlichte Häuschen ein. Wie
freuten je sich über den Besitz, denn
. auch die Heizung Par frei! Der früh
ere Besitzer hatte ein kleines Gärtchen
-angelegt, und Simon überlegte wie es
wohl am- besten zu verwerthen sei.
Dann bekam er die zum seinem Dienst
erforderlichen Geräthe dazu zwei Bü
L"cher, den Fahrplan und das Dienst
reglement. Jm Anfang wollte es ihm
,?—schwierig vorkommen. aber nach· mehr
.-»"eren Tagen fand er sich zurecht. Frei
Iich kam es day-daß der Zug mit zwei
Han Verspätung vorbeifuhr, aber
Guten lief schen vorher seine Strecke
Ich nnd wartete dann so lange vor sei
ssm hat-scheu - die Ankunft des Zu
J H Und dan« kam der Sommer.
«. » gab ei keinen Schnee zu kehren,
Find vieie Züge passtrten die Strecke
»Ein-b nicht. un ging er zweimal in
TM Stunden den Schienenweg entlang,
Hain-suchte Alles auf das Genaueste
»sich kehrte dann heim zu seiner Wirth
vDiese war sein und seiner Frau
Mater Nichts durfte geschehen, ohne
VI die Sache dem Verstand zur
Faminiß gebracht wurde, aber bis der
gescheid kam, war es meist schon zu
Isse ging die Zeit verüber,und Simon
trachte steh mit den zunächst stationir
III Bärten-bekannt Der eine war
;- OreiT und feine Frau versah, da
Zeus der Dienst so schwer fiel, seinen
ixefm Der andere Nachbar hingegen
Hier ein junger Mann. Das erste Mal
R ihn Simon auf der Strecke. Höf
, s, ber seine Wärtermüpe und grüß
« freundlich: »Guten Morgen,
Her Rachbar.« -
Mk Andere aber blickte ihn kaum an
life-sie leiife: Zeiten Pkorgerf
W ein get i tra en ich die
» J Sieg-uns Frau wollte freund
? Mit der Nachbarin sprechen, doch
diese blieb ernst und kurz. Eines Tages
fragte Simon die Frau, warum denn
:der Mann so kurz wäre.
- »Was soll er denn mit Euch reden?
Jeder hat genug mit sich zu thun. Be
sorgen Sie nur Jhre Strecke.«
Nach vier Wochen jedoch plauderten
die Männer zusammen, d. h. Simon
erzählte, und der Andere hörte zu.
»Ja. ja, Wassely Stefanowitsch- ich
habe wenig Glück aus der Welt gehabt,
denn was Gott nicht giebt, kann der
Mensch nicht erlangenk
Wasseld löschte seine Pfeife und sag
te: »Der Mensch ist oft selbst an sei
nem Unglücke schuld, nicht die Bestim
mung. Ein Wolf verzehrt nicht den
andern Wolf, wohl aber ein Mensch
den anderen.«
»Nein Freundchen, damit sollst Du
mir nicht kommen. Der Wolf ist doch
nur ein Wolf. «
»Das sollte ja auch nur ein Beispiel
sein. Jch bleibe aber bei meiner Be
hauptung. Der Mensch ist grausamer
»als ein Thier. Wie gut könnte man le
ben, wenn die menschliche Bosheit nicht
wäret«
Nachdenklich erwiderte Simon
»Bruder wenn Du so etwas glaubst,
dann ist jedes Wort verlor-en, dcks ich
darüber sage. Wenn Gott einfach seine
Hände in den Schooß legi, während
die Menschen Greuelthaten begehen,
dann ist derjenige, der an Bestimmung
laubt, einfach ein Thor. So, da hast
u meine Meinung.«
Hieran ging er ohne Gruß davon
Simon blickte ihm nach und sagte:
»Warum beschimpfst Du mich denn-«
Der Andere hörte gar nicht danach
hin, sondern lief seines Weges weiter.
Simon ging heimwärts und sagte zu
seiner Frau: »Weißt Du, Armina, un
ser Nachbar ist kein Mensch mehr, son
dern ein wildes hier.«
Zu einem ernst ichen Streite kam es
jedoch zwischen den beiden Nachbarn
nicht Bei einer späteren Begegnung
lamen sie wieder auf ihr altes Thema
ziseru ruck. Wasselh sagte: »Glaubst Du,
undchen, daß wir in so elenden Hüt
Pen wohnen müßten, wenn die Men
scher-recht wären?«
»Aber können wir denn hier nicht le
ben?«
»Lebe’n! ach was verstehst Du vom
Leben, Du hast nichts gesehen. Jst das
ein Leben, hier im Wörtethäuschen,
oder wo anders? Ueberall wird man
IVon den Leuten ausgebeutet, die einem
·wie Henker das Blut abzapfenz nnd ist
man alt, so wirft man uns vor die
Thür.«
»Wie hoch ist Dein Gehalt?«
« »O, nicht sehr hoch, nur 12 Nubel.«
; »Mein Gehalt beträgt 13 und einen
lben RubeL Warum alo dieser Un
terschied? Die Verwaltung setzt doch
sür alle Wächter eine gleiche Summe
aus-les Rahel, freie Heizung und Be
,leuchtung. Wer hat also die Preise so
Ihetabgedriickt ge es mir? Natürlich,
Du meinst, m könne auch so leben.«
«,,Utn ein paar Nabel spreche ich
nicht« L "·
l Yamasaki Gehalt som- mcm uns
geben. Jm letzten Monat hatte ich
das Glück, den Herrn Direktor zu
3.sehen Er suhrsn einem besonderen
JWagen und blickte sich majestätisch um.
IHier bleibe ich nicht, ich laufe so weit ich
nur lann.« «
I »Aber Wasseer wohin willst Du
denn? Du hast doch hier ein Häuschen,
Licht und Heizung dazu ist Deine Frau
»sleißig, und ein Stückchen Erde habt
iJhr auch «
»Was soll ich mit dem Stückchen
Erde, wenn nichts daraus gedeiht«
Voriges Jahr im Friihling hatte ich et
was Kohl gepflanzt, da kam dann der
Aufseher und sagte: «Was hast Du
Ida gemacht? hast Du um Erlaubniß
gefrath Gleich ausreißen, damit man
nichts mehr sieht· Und dann bekam ich
noch 3 Rubel Strafe. Am liebsten
hätte ich ihn gleich todt geschlagen.«
»Aber Freundchen, Du bist sehr
hist .«
« ch verklage ihn noch beim Vor
stand.«
Und er that es. Dann lam der Bor
stehen aus Revision. Derbesah sich die
Strecke, denn wenigeTage später sollten
hohe Herrschaften aus Petersburg vor
bei fahren. Der Damm wurde glatt
gemach die Schrauben befestigt und
zuletzt rischer gelber Sand gesinnt
Auch Simon machte Alles ordentlich,
ließ seine Kleider fliclen und sein?
Milde mit dem Schild paten. Zuletz
lam der Vorsteher nnd sah, daß bei
Simon Alles in Ordnung war.
»Wie lau e bist Du hier angestellt?«
»Seit Ansang Mai."
»Es ist gut. Wer hat die andere
Strecke?« »
Der Aufseher antwortete: »Wassely
Stesanowitsch Spiridow.«
» »Ist das nicht der gleiche, iiber den
man zu klagen hats Es ist gut, wir
wollen sehen, wie er es mit der Ord
nung hält« .
Sie fuhren fort, und Simon dachtet
s
I
AI
»Jetzt mag sich Freundchen rn Acht neh- l
men.'«
Eine Weile nachher, als Simon die
Strecke untersuchte, sah er einen Mann,
Fett ein Bündel trug. Er erkannte-Was
e y.
»Wohin geht die Reise, Wassely·?«
Der Angeredete trat näher. Er war
kaum zu erkennen. Sein Gesicht war
weiß wie eine Wand und in seinen Au
gen leuchtete ein unstiites Feuer.
»Ja die Stadt.«
.Wohl zur Direktion? willst Du Be
schwerde führen? Laß es doch lieber.«
»Nein. nein. das vergesse ich nicht,
Schau nur her, er hat mich in’s Gesicht
geschlagen, daß es blutet. Solange ich
lebe, vergesse ich das nicht«
Simon ergriff seine Hand· »Be
ruhige Dich, Wassely, Jch meine es gut
Fnit Dir, bleibe hier, es führt zum Bö
en.«
«Jch«weiß, Du hast cht. Du hat
test immer recht, aber i lann nicht an
ders, die Wahrheit muß vertheidigt
swerden.«
ffsi »Erzähle mir doch, was geschehen
.l .«
»Was geschehen ist? Jch war auf eine
scharfe Revision von vornherein gefaßt
Hund hatte zu diesem Zweck Alles rn beste
jOrdnung gebracht. Aber als sie schon
fort wollten, kehrten sie wieder um, und
jener schrie: »Jetzt ist Revision hörst
Du, strenge Revision, und Du betlagst
Dich über den Aufseher! Da isi leine
Zeit zur Klage. Auf der Strecke fah-«
ren hohe Herrschaften, und Du llagst
über Deinen Kohl?« Da hielt es mich
nicht länger Jch sagte ein Wortchen,
er nahm es als eine Beleidigung auf
und da — schlug er mich so, daß das
Blut rann.«
»Und was wird aus dem Dienst?«
»Meine Frau bleibt da. Was küm
mert mich überhaupt Jbre Bahn!«
Dann brach er auf. »Leh« wohl, Si
mon, wer weiß, wie es mir ergeht.«
»Wie. Du gehst zu Fuß Z«
»Auf der Station werde ich um ei
nen Schein bitten. Morgen bin ich in
Moskau«
Dann trennten sich die Nachbarn.
Wasseley blieb lange fort. Die Frau
versah feinen Dienst. Stündlich erwar
tete sie seine Rückkehr. Dann tarnen
die Herrschaften, aber der kann larn
nicht »Ist Jhr Mann lommen.«
»sragte Simon aber die Frau schüttelte
nur den Kopf.
) Schon als Kind hatte Simon das
Pseifenschneiden erlernt. Nun erin
nerte er sich dieser Beschäfigiung und
schielte seine Pseisen durch einen Bahn
schafsner in die Stadi. Drei Tage
nach der Revision überließ er seinen
Posten der Frau und ging i den
Wald, um Rohr für seine Pset en zu
holen. Als er ans dem Wald zurück
kehrte, kam es ihm vor, als ob aus dein
Bahnkörpet ein Geräusch vernehmbar
sei, als wenn Jemand Eisen un Eisen
schlägt. Und doch gab es aus dieser
iStelle nichts zu repariren. An der Bö
lschnng sah er einen Mann knien.
lWahrscheinlich ein Dieb, der Schrau
;ben stehlen will, dachte Simon nnd
ging näher. Der Mann wollte die
Spchienen aufheben, und a er sie jetzt
mit einem Haken heben w ie, erkannte
Simon Wassely. All-mich rannte er
zu ihm «hin.·
»Mein Freund, Wasselh, Brüder
chen,« schrie er, »iehre um und rette
Dich vor dem Verderben.«
Wasselh sah sich gar nicht um, son
dern ging in den Waid.
Da stand Simon vor der beschädig
ten Schiene.
Was wird nun? Der nächste Zug
führt Personen. Simon hat iein Sig
nal bei sich, hätte er nur die Kraft, nach
Hause zu eilen, um die Fahne zu holen.
Er stürzt vorwärts, noch trennt ihn
eine weite Strecke von seinem hause,
da erschallt die Fahritpseise . . . sechs
Uhr . . . noch zwei Minuten, und der
Zug kommt. Gott erbarme Dich der
armen Menschen! Ei scheint ihm, als
sähe er sie schon Alle zermalmt, die vie
len, vielen Menschen« die jetzt harmioö
schen, plaudern, finstern ,lachen. »den
Gott. gieb mir nur ath!«
Nach Hause ist es u weit. Simon
rennt bewußtlos weite. Er weiß
nicht, wie helfen. Da, ein Gedanke!
Er reißt die Mütze vom Kopfe, zieht
ein Messer heraus —- beireuzigt sich-—
und dann stößt er das Messer in den
Arm, daß das Blut- ausspritzt Da
mit tränkt er den Lappen, bindet ihn
an einen Stock und hält ihn in die
Höhe. Aber wird es der Maschinst auch
sehen? Er glaubt es nicht, der Zug
rast daher und hört tein RothsignaL
Das Blut fließt immer stärker, er
drückt den Arm in die Seite, aber das
Blut läßt sich nicht stillen. der Kops
schwindelt ihm, dann wird es dunkel
vor seinen Augen. Er hört das Mad
pern der Räder, und sein einziger Ge
danie isi: Jch halte nicht aus, ich breche
zusammen, der Maschiniit sieht mich
nicht und fährt iiber mich hinweg.
Lff 1
htt, stehe-mit bei und schicke Jemand.
mich vertritt!
Er fühlt sich machtlos, aber die Fah
ne fällt doch nicht ein starker Arm hältl
sie. Da braust auch schon der Zug· Der
Maschinist läßt den Dampf ab — und
der Zug hält.
Die Passagiere stürzen hinaus, vor
ihren Augen wälzt sich ein Mann ini
seinem Blute neben ihm aber steht eint
Anderer und hält eine blutgefärbte
Fahne in der Hand.
»Nehmt mich gefangen," schreit Wes- s
seley, »ich habe die Schienen ausge«
hoben.«
Als Arzt bei den Bedninen. l
Seine Eindrücke, die er als Arzt bei
den Beduinen vom Alltagsleben dieseri
hageten Söhne der Sind-Halbinsel.
gewonnen, erzählt der Physiologe Prof.
Lamm-Jena in der »Dtsch. Med..
Wvchmichtift«—
Mein Standquartier, schreibt er, be
fand sich in dem Fischer-stecken El Tor,
der etwa an dem unterm Drittel des
Golf von Suez, unmitteibat am Ran
de der Wüste Kaa liegt. Jn einer zwi
schen Palmen erbauten Lehmhiitte rich-;
tete ich mit den mitgenommenen Appa-I
raten meines physiologisches Labora-:
torium ein« Hier trat ich mit den Ein-.
wohnern von Tor, sowie mit den Be
duinen der Tanarastämme. welche die
Halbinsel bewohnen, in engsten Ber
tehr und von hier aus unternahm ich«
kleinere und größere Kameelreisen in
die Sinaiwiiste· Ein Zufall begrün
dete meinen Ruf als »Hatim« (Arzt).
Es war gleich im Anfang meines ersten
Aufenthaltes in Tor als im Gebele,
einem berühmten Beduinenlager, eine
hochzeit gefeiert wurde. Da dieses.Er
eigniß mein Interesse lebhaft heraus
forderte, so ritt ich hinüber. Bei mei
ner Ankunft war die Festlichteit schon
im Gange. Die Männer saßen im
Kreise und plaudetten bei- Kaiser und;
Tabak, die Weiber waren in ihremj
Zelt und machten eine einiönige, lär-(
mende Musik. Nach dem Mahle,
dem man fich. in Gruppen um einel
große Schüssel mit Brei und einer(
Schüssel mit getochtem Hammelfleisch
hockend, Bissen auf Bissen mit den
Fingern in den Mund schob, begannen
die Spiele. Zuerst gab es ein Wett
rennen aufMameelen in der Wüste.
Es war ein äußerst fesselnder Anblick,
die geichmeidigen Gestalten der Wit
ftensöhne, taßenartig an das Kameel
geirallt, pfeilschnell dahin fliegen zuj
sehen Dann folgte das Preisschießeml
Der Kopf des geschlachteten Hammels
wurde in die Wüste gestellt und bannt
wurde danach geschossen. Wer-ihn traf,j
konnte ihn- als Preis behalten — für;
die armen Tanarabeduinen immerhin!
schon ein Werthstiick Die Flinten wa
ren indessen sehr schlecht, io daß das
Schieszen ziemlich lang dauerte Ein
Beduine lud seine Flinte und teilte den
Ladestock mit einem mächtigen Stein
in den Lauf. Jch war noch m Gedanken «
darüber, daß nicht dfter mit diesen er
biirmlichen Waffen ein Unglück ge
schehe, als plötzlich ein lauter Knalll
entstand. Sobald der Pulverrauch sichl
erhoben hatte, fanden wir den Bedu
inen, den ich eben noch seine Ftinte be-,
arbeiten sah, bewußtlos und blutüber
ströznt am Boden liegen. Der Häuten-i
ISUI Wlll geplllsh klile ch Blllclc ocm «
Mann den rechten Oberarm und die
rechte Kopffeite aufgerissen hatte, Als
er wieder zu sich gekommen war, wur
den die verschiedensten Rathfchliige
laut. wie man ihn behandeln solle. Ei
ner war für Oelaufgießen, einer wollte
Kaffef aufsteeuen, die Meisten aber
hielten Schiefzpulver für das Befle.
Jch nahm den Berwundeten mit mir
nach Tar, um ihn zu flicken. Die Wun
den waren nur Ileifchwundem Nach
einigen Tagen waren die Wunden »Wer
Primam« geheilt und damit mein An
sehen als hatim tiindet. Meine
Praxis nahm bald einen beträchtlichen
Umfang au. Bald aber merkte ich, daß
nicht selten Leute kamen, denen gar»
(
nichts fehlte. Der Araber hat große;
Ehrfurcht vor Arzneimitteln, und na-"
mentlich der Beduine der Wüste, der»
bei feinem Nomadenleben fern von al
ler Kultur nur selten in der Lage ist«
sich ein Arzneimittel zu verschaffen,
sucht sich gern bei einer Gelegenheit,
wie sie meine Anwefenheit bat, fiir die
Dutunfi damit zu versorgen. Zu die
sem Zwecke erheuchelt er auch unter
Umständen eine Krankheit und wenn es
ihm gelungen ist ein Arzneimittel zu
bekommen, fo hütet er es wih einen
Schatz, ja er entfchliefzt sich fogar im
Nothfall nur schwer, es wirklich zu ge
brauchen, weil er immer denlt. es
könnte später einmal noch nöthiger
sein.
Das Vertrauen in die Wirksamkeit
der Mitteljft meift ganz tindifch und
manchmal geradezu rührend. Ein
Fall wird mir immer in Erinnerung
bleiben. Jch saß spät Abends noch
in meinem Laboratorium und machte
mir Notizen. Es war nach Sonnen-«
l AI
L
T
untergang sehr kalt geworden und mich I
sror. Da klopfte es an die Thür der :
Hütte, ein Beduine trat, herein, begrüß- «
te mich und klagte mir, daß er starkes ·’
Fieber hatte und nicht schlaer könnte II
Da ich bald den Grundsah angenom- i
men hatte, mich immer erst sorgfältig «
zu überzeugen, ob keine Verstrllun ·
vorlag, so untersuchte ich ihn und mag
zunächst seine Temperatur in der Ach
selhöhle. Währen der Thermometer -
steckte, schrieb ich weiter. Nach einiger .
Zeit sah ich nach und fand 3.67. Jch !
ionnte mich getäuscht haben, legte das (
Thermometer noch einmal sicherer in die «
Achselhiihle und ließ es ihn festhalten.
Als ich wieder maß, fand ich die gleiche :
Temperatur. Daher sagte ich ihm, es 1
sei gut, er solle nur gehen. Am andern
Morgen tam der Mann schon in aller
Frühe zu mir mit einer Anzahl schöner «
Teller, die er von einem gestrandeten
Dampfer gestohlen hatte, und wollte sie·
mir als Honorar dafiir übergeben, daß " j
ich ihn so schnell eheilt hatte. Er hätte ·
die ganze Nacht fehr schön geschlafen, «
das Fieber wäre sofort weg ewefen. «
Der Mann glaubte steif und Fest, ich
hätte ihm mit dem Thermometer ge- .
heilt; und hat seitdem nicht versäumt,
wo er Gelegenheit fand, seinen Stam
mesgenoisen mich mit den begeistertsten «
Worten als den größten Hakim zu drei-;
sen
Die Honorare, die ich fiir meine
ärztlichen Bemühungen erhielt, waren «
oft seltsam genug. Die Leute von Tor,
sowie an der Küste lebenden Beduinen
sind Seeräuber, die jede Gelegenheit be
nutzen, um Dampfer zu plündern,
wenn diese, wie das nicht selten ge-4
schiebt, auf die gefährlichen Korallen
riffe des Rothen Meeres aufgelaufen
sind. Man trifft daher die sonderbar
sten Erzeugnisse europäischer Kultur
bisweilen mitten in der Wüste, Dinge,
sderen Zweck den Beduinen oft völlig
unbekannt ist. Damit wurde ich manch
mal honorirt· So brachte mir einer
eine Wagenlaterne mit geschliffenen
dicken Glasfcheiben, ein anderer eine
Weckeruhr, wieder ein anderer ein Du
tzendTaschentiicher und einer schließlich
zwei Flaschen Bremer Bier, die mir bei
langer Entwähnung von diesem Ge
tränt trotz ihres Alters vortrefflich:
mundeien. !
t.
Zunahme dir-Verbrechen
Man hört zuweilen die Behauptung
aussprechen, daß in keinem ctvilisink
ten Staatswesen Leben und Eigen-!
tbum mehr gefährdet seien, wie in den?
Ber. Staaten, daß sogar in Rußland
weniger Mord und Todtschlag, weni-?
ger Raub und Diebstahl voriämen, alsE
in unserer gepriesenen Republit, und;
daß das Eigenthum überall sonst sichs
eines größeren Rechtsschutzes erfreue,
wie in den Ber. Staaten Vor Jahr-·
zehnten war dazawch anders; da hörtes
man eine solche Behauptung nicht. Dass
Schlimmste bei der Sache aber ist« daß «
man sie immer öfter zu hören bekommt, I
daß die Angrisse aus das Leben undi
Eigenthum immer häufiger werden
und unsere gepriesen Civilisation Leu- .
te erzeugt, denen es sogar aus einen?
Massenmord nicht ankommt, wenn sie
damit ihre Lüste und Geldgier besrie-l
diaen lönnen.
Cripple Creet z. B ist zweimal hin- k
ier einander in Brand gesteckt worden«
um den Räubern -wöhrend der Auf-?
regung und Verwirrung Gelegenheit
zu geben die Kassenschriinle der Er-!
slen Nationalbant zu sprengen. Glei- «·
ches ist in Vicior, Colorado, versucht
worden und sast jede Woche kommt es
vor, daß Bahnräuber zwecks Plün
derung des Expreßwagens iige zum
Ent leisen und dadurch die eisenden
in ebenögesahr bringen.
Ein Scheusal wie holrnes der kürz
lich arn Galgen verendete, hat Europa
noch gar nicht erzeugt. Ein Mensch
mit Universitätsbildung der des Gel
des wegen unschuldige Madchen ver
führt und abschlacht seine sogenann
ten Freunde kalten Blutes umbringt
und cheznze Familien ausrottet ein sol§
usbund aller Niedertracht un
Schlechtigleit konnte nur in der At
mosphäre hierzulande ausgebriitet wer
den. In unseren Bergwerten und Fa
briten werden jährlich Tausende ge
tödtet, ebenso aus den Geleisen der;
Straßen- und Dampfeisenbahnen,
denn die Eigenthümer finden es nicht
der Mühe werth, —- was liegt an ei
nem Menschenleben? —, die nöthigen
Vorkehrungen zu tressen und Schutz
vorrichtungen anzubringen
Bald fällt eine schadhaste Auszugs
maschine in die Tiefe, bald stürzt ein
Neubau wegen schechter Fundirung
ein; dann wieder ,,verlsust« ein ban
lerotter Ladenbesitzer sein Waarenla
ger an die Feuerversicherungsgeselk
schasten und wird von Gewissensbissen
nicht getödtet, wenn seine Angestellten
durch die Fenster springen und sich aus
dem Steinpslaster tief unten alle Kno
chen im Leibe zerschlagen.
Absolut vertrauenswürdige Bedien
L
tete werden immer seltener; Clerts
nit einem tleinen Gehalt leben wie die
Brinzen und bestehlen ihre Herren sy-, «
tematifch Jn keinem Lande der Welt
Hausen so viele Ehemiinner mit Hirsch
zeweihen herum, wie in.Amerita, denn
Die Weiber leidet’s nicht im Hause; Ko
hen, Flickem Strümpsstopsen ist längst
ichon keine Beschäftigung mehr fiir die
.Damen'«, und da der Mann nicht im "
Stande ist, sitt den Putz und theuren
daushait aufzukommen, sorgt die
Frau dafür, daß ihm die Last erleich
tert werde und sie selbst ein« Vergnügen
Iabei habe.
Diese immer mehr sich steigernde Ge
rußsucht und zwar in Kreisen, die sich
ion rechtswegen in bescheidenen Gren
Ien bewegen sollten, ist die Hauptur
sache der Uebel unserer Zeit und der
sich mehrenden Verbrechen.
Wenn wir lesen, daß in den Irren
hiiusern des Staates New York über
20,000 Patienten sich befinden, daß in
;edem County eines jedenStaates Irr
sinniåe und Verbrecher hinter Schloß
ind iegel sitzen, dann muß Einen ein
ent liches Grauen vor dieser Armee
krsa en, fiir die jedes Jahr mehr Re
truten ausgehoben werden.
Wenn aber gar durch äußerliche
Beranlassungem wie z. B. beim lehten
Eisenbahnstreit in Cbicago, die Bande
Ier Ordnung sich lockern und eine knie
schwache Obrigkeit den Funken des
tlusruhrs nicht rechtzeitig erstickt, dann
tommt erst recht die wahre Natur des
rmeritanifchen Pöbels zum Vorschein,
dann werden ganze Eisenbahnzüge in
Brand gesteckt, Wagen zertriimmert,
die Weichen vernagelt und die Geleite
rusgerissent
Es wird nicht besser, sondern schlim
mer. Je dichter die Bevölkerung und je
schwerer es siir den Einzelnen wird,
sich iiber Wasser zu halten« um so ge
fährlicher für-die öffentliche Ordnung
und Sicherheit werden unsere Zu
stände
Und wer da meint, daß durch Pon
sei und Militär Schutz geschossen wer
den könnte, der irrt ich sehr. Die
Krankheit sidt ties im örper des ame
rikanisches Volkes und kann nur durch
eine gründliche Umgestaltung der Er
ziehung und Lebensweise gehoben wer
den. Schon in den Familien, wo es
nur äußere Formen, aber keine Seele
und kein Gemüth giebt, w rden die
Keime geboren, die sich dan später in
der Sumpslust unseres öffentlichen
Lebens entwickeln und bereits den
Sast der Jugend verderben. Unserem
Volke ist es zu gut gegangen; es ist zu
rasch aus einfachen-Verhältnissen in den
Luxus hineingewachsen. Was zu rasch
wächst, taugt selten etwas und wir Iei
den daher alle an einer »Jnslation«,
die uns zu »Geschwollenen« gemacht
hat. Je eher wir den Dunst los wer
den und lernen· uns in bescheideneren
Grenzen zu bewegen, desto rascher wer
den auch die Verbrechen gegen das Le
ben und Eigenthum abnehmen, desto
Weniger werden in »die Nacht des Irr
sinns versinken, in Hospitiilern und
suchtbiiusern zu spät eine vergeudete
Jugend und ein versehltes Leben be
klagen.
(Jlls. Stsztg.)
Eigene Auffassung.
Verfickerungsagentx »Sind Fälle von
Beifteeftörung in ihrer Familie vorge
!onirnen?«
Applitank »Mein Bruder hat ein
irnies Mädchen geheirathet.«
Von Neuem bereit.
Mrs. Denn-lage »Sie sehen dem
cranip sehr ähnlich, dein ich in der try
ten Woche eine reichliche Mahlzeit geben
ließ.«
Kamp- »Ich bin derselbe, aber ich
habe mich jept gerade von den Wirkun
gen derselben erholt.«
.--.--—
AniStammtisch.«
Schulze: »Was ift der Unterschied
zwischen eener niedlichen Van uff’n
Lande nnd eener Blattlans welche Ec
nen nff deHand kriecht?«
Lehmann: »Was nicht«
Schulze: »Das Erste is een Land
höuschem das Zweete eenhandläuschen «
— ...,..... ...... ...«...-..-...-.
Aufklärung
Mutter: »Meine Tochter leidet ietzt
wieder öfter an herzkriimpfem «
Haut-aw- »Haben Sie sonst eine
Begleiterscheinung wahrgenommen ?«
Mutter: »Dann und wann einen
Brenners Lieutenant.«
-....«. .. , .
Die Kratheit des Jahr
hunderts «
Student (der einen Arzt tanfnltirt):
Sind Sie auch Nervenarzt -"«
Aizn »Ich bin Spezialift für Ner
oenleiden «
Student: Dann bitte ich Sie, mir
sehn Mart zn pinnpen Ich leide am
I Ud lcnklllll