Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, May 22, 1896, Sonntags-Blatt., Image 13

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Iri »in!:iH, ein großes Schrei
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sssrspsrsrsrisp endlich! Soeben
est-: .e1: ich- tax-In Brief von meinem
Essi» :i:: ckne Anweisung auf zehn
Innenr- » is. tsndlich bat er einge
iix««3· ins-« ch iiidit icinger ein Tonge
issfix L-::i. Lviire er ein halbes Jabt
» fes zur Eis-Er Erkenntnis gekoimnen,
s.1-.:«s-O«.«».« ein derber trauriger Zug
. i sein Antlitz, welcher sich aber
«si««k t) iiissidmkx als er in die Augen sei
r Weibes schaute «
-;«irttich zog er sie an seine Brust,
Szif;:e sie und fiifterte:
»Verzeiht mir, mein Lieb, ich habe
ji Txich noch!« ——-—
- ----—-s« — —
Was sie konnte.
Frei such Fernan Col-allem von G. Mul
Iow«
1
Jn einer der ledhastesten Straßen der
großen spanischen Stadt M· . .. fiel se
dem Fremden sosort ein Haue auf, das
in einem der elegantesten, vornehmsten
Viertel gelegen, sondeibar gegen seine
Umgebung abftach. Mit seinen geschlos
senen Fensterladem seiner schmutzigen
,und düsteren Aussenseite stand es in
traurigem Gegensatz zu seinen Nachbarn.
Eine auserwählte Gesellschaft beweg-—
-te sich in den Räumen -·einer jenem Han
se benachbarten Villa, in welcher die
schöne ttnd liebenswürdige Hausfrau
Gäste m sich versammelt hatte.
»Si haben immer noch keine nassen
de Wohnung gesunden?« wandte sie sich
unt einem verdindlichen Lächeln an ei
nen der Herr-In. der ihr zunächst sasi nnd
der erst vor tini«:.eni nach M. . . . nei
setzt worden tue-H
»Nein, grindige Frau,« erwiderte der
selbe; »von ali« den Wohnungen, die mir
bisher angeboten wurden, sind die tnei
sten siir meine satilreiche Familie zn klein,
oder sie sind ungiiiistig sur mich gelegen.
Dei-J Nebenhans Ihrer Villa wurde an
Größe und Lage das sein« was- ich suche,
und ich wuneere mich, gnädige Frau,
dass? Sie eo mir gegenüber nie erwähn«
ten «
»Ja, in der That, an unser Nachbar
haus habe ich nicht gedacht ; toir sind
eben hier so dran gewöhnt, es unter die
Todten zu zählen, dass sie nicht erstaunt
sein dürfen, wenn ich nicht den Versuch
machte, es wieder in’s Leben zu rusen.«
»Man zählt es unter die Todten-«
»Ja,»den seit sechs Jahren ist es un
bewohnt. Der Aberglaube und die Scheu
vor jenem hause rührten von einem Vers
brechen her. Jn jenem Hause ist ein
Mord begangen worden. Das unschul
-dige Opfer, eine harmlose alte Frau,
das Geheimniß, mit dem das Verbre
chen noch heute umgeben ist und dessen
Schleier wir auch wohl nie lüften wer
den« haben dem Lrt der That einen ganz
ibesonders unheimlichen Stempel ausge«
drückt.«
Neugierig fragte der Fremde nach
Einzelheiten
»Ich erzähle Ihnen gern, was ich da
riiber weiß,« erwiderte die Dame.
»Vor etwa zehn Jahren bezog ein zu
ieinem hiesigen Regiment ionimandirter
Offizier niit Frau, drei Kindern und der
Schwiegermutter das Nachbarhaus· In
seiner Erscheinung und seinem Austreten
zeigte er· ganz den vornehmsten Mann,
und die grosse Zärtlichkeit, die er seiner
Frau entgegenbrachte, wie auch die sorg
liche Liebe zu seinen Kindern, nahmen
sofort sür ihn ein. Die Gattin des Ober
sten war eine sauste Taube, die stoli da«
raus sein konnte, die Wahl eines solchen
Mannes aus sich gelenkt zu haben und
die Mutter der drei Engel zu sein, die
sie ihre Kinder nannte. Aber sie ver
littperte auch in sich den Typus der Mu
stersrau, die nur siir den engen Kreis ih
rer Pflichten ales Tochter, Gattin uxid
Mutter vorhanden ist. Auch die alte
Dame war eine fromme, gute Seele.
Ich ging sehr oft zu ihr hinüber, denn
der Frieden-und die ruhige Be glich
teit bei meinen Nachbarn theilte ich mir
mit, und dann zog mich innige Sympa
thie zu dem pflichtgetreuen edlen Manne,
der liebenswürdigen Frau und der
freundlichen alten Dame- Ilber auch die
fes Glück, so bescheiden und einfach es
austrat, mus; zu vollkommenen für diese
Welt gewesen sein, als daß es hätte
dauern dürsen, denn eines Morgens
stürzte meine Jungfer ganz athemlos
und mit der Miene äußersten Entsetzenö
zu mir herein.
-L,».. M-.-..-s-0 t—
»Was giebt es dems, Manns-la '.-» stag
te ich beuukul)igt.
»Onävige Frau, ein Unglück· . .. ci
ue Scheußlichfejt sondergleichen. . . . Tie
alte Dame im Hause ist ermordet wer
»dem Mit einem Dolch ist sie erfwchen,
hingeschlqchtet !««
Wenige Mutter Gotte-W tief ich
schauderud aus, »und wie? warum?
Sind Diebe in’s han« gedrungen?«
»Das ist wohl sitzt-nehmen« aber man
weiß nichts Bestimmt-IX
,,Am Morgen war ver Diener, der
zim Souterrain schlies, zum Markte ge
.gangen", suhr die Dame in ihrer Erzäh
lung fort. »Die Hausthtir hatte er, wie
stets zu so früher Stunde, verschlossen
vorgefunden und beim Verlassen der
Van wieder verschlossen- Wic groß war
aber sein Erstaunen, als er bei seiner
Rückkehr das Wasser des im Hofe stehen
den Brunnens roth gefärbt und die
Hausthüre nur angelehut sah. Sein Er
staunen verwantelte sich aber bald ini
pauiseheu Schrecken, als er dann an der
weißgetüuchten Treppentvand den bluti
igen Abdruck einer ans-einander gespreiz
ten lband erblickte-. zweifellos hatte den
Mörder beim Hinabsteigen der Treppe
»ein Moment der Schwäche übermannt,
und er hatte, mit der Hand nach der
s Stütze suchend, die Mauer berührt. Ent
’setzt folgte ders Diener weiteren Blut
spuren, die. nach der oberen Etage in das
abgelegene Schlaszimmer der atten Da-«
tue führten. Er stieß die Thüre ans,!
iiberschritt die mit Blut bespriyte’
Schwelle nnd erblickte dass unglückliche
Opser aus dem Bette ausgestreckt, todt,
mit weit geösstteten, non Schreck verstei
uerten Augen wie sie itu Verscheiden
aus ihrem Mörder gehustet haben muß
ten. (
t einem dnrchdringenden Schrei
eilte der Diener zu feiner Herrschaft hi
nunter und brachte ihnen die furchtbare
Botschaft. Welcher Anblick bot sich den
Beiden! Die junge Frau fiel wie vom
Blitze getroffen zu Boden, während der
Oberst, blaß und mit heiserer Stimme,
aber doch Herr feiner selbst, den Befehl
zur Benachrichtigung der Polizei ertheils
te. Dann ließ er die Hausthüre ver
schließen, da er befürchtete, das Geschrei
ter Dienerschast könnte Neugierige her
beilocken. «
Die Polizei fand nichto weiter, als
die stumme Leiche und seinen Schnldigen,
nicht einmal den geringsten Fingerzeig,
der den Verdacht auf irgend eine de
stinuute Person hatte lenlen können.
»Man verhaftete zwar den Diener und
Idie ttöchiin mußte aber Beide wegen
sMangelö an Beweise-l wieder frei gebeu,
suachdetu sie nachgewiesen halten« das; sie
sbis gegen Morgen aus der Hochzeit der
l Schwester der ttbchiu gewesen waren.
Vergebens salsudete man nach dem
Schuldigen
In Folge dieses schrecklichen Ereig
nifses hatte der Oberst seine Versetzung
beantragt, die ihm auch bewilligt wurde.
Sie zogen sich in eine entfernte Provinz
zurück, wollten sie sich doch selbstverständ
lich dem Schaudlatz und der Erinnerung
so schrecklicher Ereignisse entziehen«
»Welche Ursache mag diesem Verbre
chen zu Grunde gelegen haben-l« fragte
der Fremde.
»Man meint, es sei ein Raubmord
gewesen« Am Tage vor ihrem Tode hat-«
te die alte Dame, nach Aussage ihrer
Tochter, eine bedeutende Summe durch
ihren Notar erhalten. Schließlich fiel
der Verdacht auf den Schreiber, der ihr
das Geld überreicht hatte, aber auch er
vermochte sein Alibi nachzuweisen.«
»Und seither haben Sie nie wieder
von Ihren einstigen Nachbarn gehört?«
,,Erft erhielt ich regelmäßig Nachricht,
aber wie dao immer so geht, schließlich
ist unsere Correspondens eingeschlafen
Der Oberst hatte den Dienst auittirt
und sich iu verschiedenen Unternehmun
gen versucht, die ihm alle glückten. Sei
ne Frau beruhigte sich allmählig und
ward wieder zufrieden und glücklich in
dem engen Kreise ihrer Familie.«
»So daß also in dem Hause der Ein
drnck der Schreckenstage länger bewahrt
blieb, wie in den Herzen der Menschen,«
bemerkte der Fremde etwas ironisch.
»Das Haus trägt den Stempel des
Verbrechen-z au sich, in den menschlichen
Herzen vermischte sich allmählich der
Schmerz. Nun-aber wollen Sie die
Wohnung drüben iuiethen?« ,
»Nein, guädige Frau, wenn ich auch
ein Sohn des lit. Jahrhunderts bin, gi
wifse Eindrücke fauu ich nicht überwinden.
Das Haus blieb der Hüter einee dunk
len Gelieiitinifses: lassen wir es iu seiner
unheimlicheu Ruhe.« -
f
U
!
Jnknitlen der Ansläuser der Bin-endi
en liegt ein hübsches Dorf, dein wie den
Namen Lo Poz geben wollen. Einsani
liegt dies alle spanische Vorschein setn
ab von jedem Geräusche der Welt Wie
groß war daher das Erstaunen der Tots
bewohner, als sich dennoch eine Schwa
bron Militär in den abgelegenen Ort
verirrte. Man erzählte sich, die Soldaten
seien ausgesniibi, uin nach politischen
Flüchtlingen zu sehnt-en Die Schwadron
wurde von einein Capiiän coniiiianditi,
den man beider Wittwe eines reichen
und angesehenen srüis gestorbenen Guis
besiheks einquariirie. Diese hatte
einen Sohn, bei-, wie sein Vater, Land
nimm qeivorbeii war, nnd eine Tochter
von 15 Jahren, ber Sonnenschein des
bescheidenen Heime der Wittwe.
Der Capitiin Don Andre-s Penalta
war ein Mann von bestechenbeni Muße
eten, aber von melancholischem Tempe
rament. verbittert burcb die vielen Krän
kungen, die er ini Lonse seiner nnlitäris
H L ]
scheni Carriere erfahren hatte, nichts
Seltenes in jenen Zeiten politischer
Unruhen und revolutionären Geistes.
Doch schien die milde Atmosphäre des
friedlichen Heime sein-r Wirthe bald
einen wohlthnenden Einfluß auf den
durch so viele Enttäuschungen mathle
gewordenen stolzen Mann auszuüben
Er faßte allmählich eine Neigung zn dein
suiigen Mädchen, das der Abgott seiner
Familie nnd der Liebling des ganzen
Dorfes war. Mit dein vollen Zauber
ausgestattet, den Jugend nnd Unschuld
verleihen, boten ihre sittsame Einfachheit
nnd Liebeiisivüidigkeit alle Garantien
für eine glückliche Ehe, nnd überdies ver
sügte sie über ein nicht unbeträchtliches
Vermögen, etwas was kein zu unterschri
hender Punkt bei einein Manne war,
dessen ganzer Ehrgeiz dahin ging, eine
Rolle in der Welt zu spielen.
In seiner glänzenden llniform und
mit seiner vornehmen Haltung hatte
Peiialta die Bewunderung des ganzen
Ortes erregt, aber vor allem die der
Damen, bei denen er wohnte. Alb er das
her eines Tages um die Hand Rvsalien’s
anhielt, konnte die Wittwe ihre große
Freude darüber nicht verbergen, nnd
das junge Mädchen, das nie gegen den
Willen seiner Mutter eine Ehe eingegan
gen ware, gab sich ihrem vollen Glück
hin, als sie diese einverstanden sand.
Nur der Sohn der« Wittwe stemnite sieh
iiiit aller Entscheidenheit gegen die Ver
bindung seiner Schwester mit deni frem
den- Osfizier. Jniiner wieder setzte er der
Mutter auseinander, daß ihr in Grund
stücken und zahlreichen Heerden angeleg
tes Vermögen nur zu sorderlicheni Ge
deihen gebracht werden konnte, wenn es
zusainiiienblieb, daß aber, iveiin jeder
iein Theil forderte-, es znin Schaden
Aller ausfallen mußte. Dezhalbbestand
er daraus, diifz seine Schwester einen
Mann ihrer Heiinath heirathen und das
Tor-i, indem sie ausgewachsen war, nicht
verlassen sollte. Aber keine Vorstellung
der Welt konnte Tonna Mariaiiiia von
ihren Jllufionen abbringeii, sah sie doclj
im Geiste schon die glänzende Zukuan
ihrer Tochter vor sich. Da der Sohn dei
Mutter iniiiier oppoiiirte, erllarte diese«
daß sie La Pay verlassen werde iiiid bei
ihrer Tochter den Rest ihres Lebens zi
verbringen gedeiile.
. Steben Jahre waren seit Mosattene
sHeirath verflossen· Sie lebten setzt in det
sgroszen Stadt M. ,wohin derinzwi
schen zum Oberst avanctrte Penalta ver
setzt worden war. Trotzdem spann sicl
das Dasein Rosalien’ s und Donna Ma
rianna S unr int engsten häusliche-n Strei
se ab, wo sie sich ganz den inzwischen ge
borenen drei Kyindernwidnteten Dnrcl
den-Alles beherrschenden tyrannischet
Hochmuth des Obersten völlig in det
Schatten gestellt, sanlen Frau unt
Schwiegermutter zu vollständigen Nullet
herab.
Don Andres Penalta bezeugte Frat
und Schwiegermutter im Betst-in vor
Fremden Liebe nnd Achtung. Für dieser
Zwang, den er sich vor Anderen anser
legte, rächte er sich dann zur Genüge it
der Jntimität, indem er die Frauen s
viel wie möglich von oben herab und mt
wegwersender Geringschätzung behandele
Bis zur Empörung brachten den Obers
die llngeschicktichkeiten, die seine Frau n
Gesellschaft Anderer begtug. Es mai
natürlich, daß die junge, auf dein Landt
ausgewachsene Frau nichts von den Sit
ten und Gebrauchen einer großen Sind
wußte. Sie sang nicht« sie tanzte nicht
sie konnte nicht Klavier spielen nno ver
letzte dadurch aufs Etupsindlichste di
Ettelleit ihres Gatten, der sich in sot
eben Fällen, um seinem lltnoillen Lust zt
machen, eine Rebensart angekoöhnt hat
te, mit der er· fortwährend die sung(
Frau lriinlte und· demüthigtez »T!
kannst aber auch gar nschts!«
Il.
Von Jahr zu Jahr war das Verlmtt
nifz Donna Marianncks zu ihrem Suin
ein schlechteres geworden, da sie jedes
mal an der.lerechtiuiig, die er schielte
etwas auszusetzen fand, natiirlich tin-ei
dem Einfluß ihres Schwiegersoltnez
Donna Marianna hatte ihr Vermdiei
aufstem Gute stehen lassen, befolgteabet
»ichließlich den Rath des Obersten unt
;,verlanqte nach vielem Hin nnd her nii
ihrem Sohne, ihren Theil lierauzsznkm
ten
i Eines Morgens, als sie eben aus« del
Kirche dein-gelehrt war, überbrachh iln
ider Bote des Gefchäitsbevollmächtikztec
Jihres Sohnes noch Bil, 000 Pefetag, de
idltest des von ihr flüßig gemachten tca
Ipitalek Donna Martanna nnteizeietmen
iden Empfangeichein mik einem ists-saht
ider Erleichterung über die endlich zum
selbfchluß gebrachte Erledigung der tsln
gelegenheit, als der Aeltefte ihrer Enkel
in ’H Zimmer trat. Kaum war der Bot
gegangen, da zeigte der Junge auch ichot
stolz der Großmutter eine ans einen
Hefte los-getrennte Seite, die er
nachdem ihm die Mutter dies alt
Aufgabe gestellt, vollgeichrieber
hatte. Mit deen Interesse das
die alte Dame an Allem nahm, was il)
rer Tochter Kind betraf, las sie den an
«
L —
.-..J.---....«-— » -.»-. — --— -
jeder Linie in steifen, ungelenien Buch
staben sich wiederholenden Satz: »Rech
ne nicht aiif den kommenden Tag, denn
dit weißt nie, ob Du ihn erieben wirst,«
und auf der letzten Linie: »Geschriebeii
von Andres Penalta am Lo. März.«
« . »Herzblättchen, heute ist ja aber erst
der 19. März,« sagte die Großmutter.
»Ach, da habe ich mich geirrt,« erwi
derte der Kleine »Da-:- schadet ja nicht-Z;
nehmen wir an, ich hätte es erst morgen
geschriebeii.«
,,Vergiszt Du so schnell die weise in
Deinem Satz enthaltene Lehre: »Rechiie
nicht aus den kommenden Tags-«
»Du hast Recht, Großniiitterchen; ich
werde es auch gleich verdessern.« Und ei
lig lief der Knabe hinaus, um schon nach
wenigen Minuten wiederzukehren und der
Großmutter die Aenderung zu zeigen.
»Warum, Kind, haft Du es denn aber
niii rather Tinte korrigirt?·,« meinte die
alte Dame sast erschreckt. »Das sieht ja
gerade wie ein blutiges Datum aus.«
»Die rathe Tinte stand aus Papa s
Schreibtisch und ichs fand sie so hübsch, «
erwiderte das Kind.
»Nein, unordentlich ist es, « mischte sich
ietzt seine Mtüter in S Gespräch »8er
reiße die Seite, Andres, und morgen
schreibst Du der Großmutter eine neue. «
»Gieb sie nur her, mein Liebling,«
wehrte die Dame ab. »Du hast sie fiir
inich geschrieben und giebst mir darin ei
ne weise Lehre. Jch werde das Blatt zur
Erinnerung aufbewahren und auch Dir
dafür ein Andenken geden. »Hier sind fünf
Goldstücke, die sollst du ganz ertra nach
meinem Tode bekommen.« «
Doinia Marianna griff nach der Fe
der, mit der sie eben die Quittnng un
terzeichnet hatte, iind schrieb unter den
Namen des Kindes: ,,Marianiia Perez
hinter-lässt ihrem Enkel Aiidres dies flei
iie Andenken« Dann wickelte sie die
Goldstücke in das Blatt ein« verschlon sie
iiiit der eben uoni Notar gelotninenen
Ziiinnie iii eine siiissette und trug sie in
ihr Zehiaiziininen
In jener Nacht geschah der schreckliche
Mord an Tonna Marianna, den ioirain
Anfang unserer Erzählung geschildert has
den. - s
Dle aus ver Komm geranvken :5»,
»Du Peieths blieben verschwunden, wie
es auch niemals gelungen war, den Mör
» der zu entdecken. Die unheimliche That
machte der Familie den weiteren Aufent
halt in M.... zur Qual, so daß sie
bald darauf, wie schon erwähnt in eine
andere Garnifon überfiedelten, wo der
» Oberst schon nach kurzer Zeit den Ab
schied nahm.
4
Zehn Jahr: lebten sie schon in ihrer
neuen Heimath, wo sich der Oberst zu
einein der aiigesehensten Bürger der
lleineii Stadt aufgeschioiingeii hatte. Ver
schiedene Unternehmungen, an denen er
sich mit dein Vermögen seiner Frau be
theiligte, waren alle von Erfolg begleitet
gewesen.
Dank der Seelenstärke, die so oft das
höchste Gut edler Naturen ist, hatte auch
f Roscklieihr Gleichgewicht wiedergefun
den, und sie würde im Kreise ihrer he
ranwachsenden Kinder glücklich und zu
frieden gewesen seiii, wenn ihr Gatte,
der durch seine Erfolge noch hochniiithi
ger geworden war, sie nicht init täglich
zunehmender Geringschätzung behandelt
« hatte-.
Eines Tages, als Roialie ihrem Töch
. terchen Unterricht im Nithen crtheilie,
trat der jüngste ihrer beiden Söhne zu
« ihr ins Zimmer.
»Mama«, sagte er, indem er ihr ein
- zertnittertes Papier hinreichtiy »sieh doch
iiial wie loniisch, da ist noch eine Seite-,
die Aiidres als kleiner Junge geschrie
den hat.«
Rosalie nahm das Papier und las
iiiit bestürzter Miene: »Rechne nicht auf
den kommenden Tag, denn Du ioeiszi
; nie, ob Du ihn erleben wirft-«
Und aus der letzten Linie stand roth
das blutige Datum des Id. März inii
- den Worten: »Gefchriebeii von Aiidresz
Penalta«, und darunter von der Hand
Donna Marianiia’s: ,,Marianiia Perez
- hinterläsit dies ihrem Enkel Andres als
Aiideiikeii.«
»Wi) hast du das gefuiideii«.-« fragte
Rosalie mit so sonderbar veräiiderter
Stimme, daß ihre Kinder erstaunt zu
ihr aiifblickten. ,
»Ja Papa’s Zimmer, zwischen alten
Papieren,« erwiderte der Junge.
Nur mühsam ihre Fassung vor den
Kindern bewahreiid, erhob sich Rofalie,
und bis aus die Lippen erblasseiid, eilte
sie in ihr Zimmer, wo sie die Thüre hin
ter sich verschloß.
Wie vernichtet sank sie auf einen Stuhl
Nach zehn Jahren lag endlich das Ge
heiniiiisi enthüllt vor ihren Augen; sie
kannte seht den Mörder ihrer Mutter.
Drei lange Stunden sasi sie unbeweglich,
starr wie eine Leiche. Jn wildem Chaos
jagten sich die Gedanken in ihrem siebent
, den Gehirn. Dann packte sie grenzenlose
, Verzweiflung
Endlich erhob sie sich, zündete eine
- Kerze an und verbrannte das Papier,
«
i
-.-.—. J. -—...-. -- —
das zuni Antläger gegen den Mörder
ihrer Mutter geworden war.
Erschöpft und verzweifelt wars sie sich
dann auf ihr Bett, wo sie schon nach we
nigen Minuten durch ein Klopfen Pe
nalta’s nusgeschreckt wurde, der in ge
wohnt barscher Weise seinem Erstaunen
über die verschlosseue Thüre Ausdruck
gab. Als sie die Stimme des Mörders
ihrer Mutter vernahm, iiberlies ein ei—
siger Schauder den zitternden Körper
der Ungliicklichen, und init auseinander:
gepreszieii Zähnen stieß sie nur mühsam
die Antwort hervor, daß sie krant sei-—
Acht Tage blieb Rosalie iii ihrem
Zimmer eingeschlossen, ohne Jemand,
außer von Zeit zu Zeit einein Dienst
boten, den Eintritt zu gestatten, uner
trägliche· Kopss schmerzen vorschützend;
fürchtete sie doch, noch nicht gefaßt genug
zu sein, nni nicht in einem Schrei der
Verzweiflung ihr Geheimniß zu verra
then
Als sie endlich den Muth zum Ausste
hen fand und ihr Gatte sie zum ersten
Male wiedersah, prallte er vor ihrem
Anblick erschreckt zurück, und niit Recht.
Die Haare der jungen Frau waren
schneeweiß und die von schwarzen Rin
gen uniraiideten, ties eingesuntenen Au
gen blickten im Fieberglanze aus einem
sahl gewordenen, abgemagerten Gesichte
bei-vor
»Natürlich bist Du krank, sehr krank,«
sagte ser. »Du mußt viel gelitten haben.«
»Seht viel«, erwiderte sie mit einein
Schauder. z
»Warum hast Du Dir denn aber kei
nen Arzt holen lassen?«, suhr Penalta
ungeduldig auf: »Du kannst auch gar
nichts, nicht einmal für Dich sorgen,
wenn Du trank bist."
Noch ein Jahr lebte die arme Duld
nerin.
Endlich nahte der erlösendeTod
Rathloz standen die Aerzte ain Kraii
keiibett Rosalien23, iiiid mit ttöiteiideii
Worten betete der Priester zu Haiipteii
der Sterbeiideii. Als sie fühlte, daß sie
nur noch wenige Augenblicke zu leben ha
ben würde, gebot die edle Frau den Um
stehendeii, sich zu entfernen und winkte
ihren Gatten dicht zu sich herau.
,,Vater meiner Kiiider,« sagte sie niit
feierlicher Stimme, zwei Dinge habe ich
doch in diesem Leben gelonnt.«
»Du! Wie ineiiist Du dass-M fragte
der Gatie erstaunt. Ale- seine Blicke den
ihren begegneten, da verblaßte der
Schuldige,-und die Augen starr aus sie
gerichtet, vernahm er ihre letzten Worte:
»Im Leben konnte ich schweigen, uin
meiner Kinder willens-Und in der Stun
des Todes kann ich verzeihen, um Christi
willea.«
Uiid die edle Dulderin schloß die Au
gen um sie nie wieder zu öffnen.
.
- —«- —- . -
Die grosjartige Wohlthätigkeit
des Baron Hirsch.
Die beste Seite des Baron Hirsch war
der Sinn für Wohlthätigkeit. Hirsch
hatte einen einzigen Sohn, welcher im
Alter von dreißig Jahren an Lungen
entziindung starb. Dieser Schicksals
schlag, der ihn tinderlos machte, hat ei
ne besonders tiefe Wirkung auf ihn
hervorgebracht Seitdem faßte er den
Plan, mit Hilfe seines Vermögens ins
besondere die Lage seiner bedrückten
(T!tlaubensgetrossen zu verbessern. So
entstand die Hirsch-Stiftung inOester
reich mit einem Kapital von zwölf
Millionen Franks, dazu bestimmt,
Votsschulen für die Kinder der galt
ziscben Juden zu errichten und siir de
ren später Fortbildung als Handwer
ker zu sorgen. Gegenwärtig bestehen
41 solche Schulen. Fast das gleiche
Kapital hat Baron Hirsch den russi
schen Juden gewidmet. Als die Nach
richten über die Verfolgung und Ver
treibung der russichen Juden eintrasen,
gab er einen großen Theil der Mittel,
um die Flüchtlinge an der Grenze von
Oesterreich und Deutschland aufzu
nehmen, sie über Bremen und Ham
burg nach den Ver. Staaten zu schaf
fen und ihnen dort die Möglichkeit der
Existenz zu sichern. Als die jüdische
Augwanderer-Bewegung in Rußland
immer stärker wurde, faßte er denPlan,
in Argentinien eine jiidische Colonie zu
gründen. Diese Jdee erschien ihm schon
deshalb als eine Nothwendigkeit, weil
er sich mit der russischen Regierung
über die Bedingungen einer Stiftung
von 50 Millionen Franks nicht einigen
konnte. Diese Stiftung sollte den
Zweck haben, die russischen Juden dem
Handwerk und dem Ackerbau zuzu
siihren. Die russische Regierung ver-«
langte die Deponirung des Kapitals-,
während Hirsch dasselbe in englischen
Werthen anlegen und in London ver
walten lassen wollte. Jn Argentinien
kaufte nun Hirsch große Ländereien,
und dort wurden jüdische Ackerbau
Colonien nach dem Prinzipe der
Selbfterhaltung angelegt. Die Colo
nisten werden nur durch Landanwei
sung und Ueberlassung von Werkzeu
gen im Beginne unterstützt, müssen je
doch später Alles zurückzahlen, so daß
L
—.—.«
das Kapital nicht verbraucht wird,
sondern fortwährend zu neuer Aus
dehnung der Colonie benutzt werden
kann. Abgesehen von diesen Plänen,
übteBaronHirsch dieWohlthätigkeit fiir
die Bedürfnisse des Tages im weitesten
Umfange. Jn Wien setzte er ein Co
mite ein, dem er monatlich 10,000
Gulden überwies, hauptsächlich um
Handwerker ohne .Rüclsicht auf den
Glauben durch rückzahlbare Geldbetr
lel)en zu retten. Den gleichen Betrag
erhielt ein Comite in Budapest; die «
Comites in Leniberg und Kratau er
hielten monatlich 12,000 Gulden, und
das Comite in New York 10,000 Dol
lars. Der Stadt Strhi schenkte Hirsch
nach einem Brande 100,000 Gulden.
Zahlreiche Vereine in Wien erhielten
von ihm bedeutende Unterstützungen
Auf hundert Millionen Francs kann
die Summe seiner Stiftungen und
Geschenke gewiß veranschlagt werden.
Diese Ziffer ist bedeutend, selbst bei »
seinem Riesenvermögen, dessen Höhe
unbekannt ist, das jedoch im Allgemei
nen auf ungefähr dreihundert Millio
nen Franc? geschätzt wird.
—-—---——-. - k
Wirthstmusnamcn und Wirths
hansschilder.
II
Ueber Wirthshausnamen und·
Wirthshausschilder ergeht sich eine
Plauderei der ,,Köln. Volkszig.«: Als
man noch nicht allgemein lesen konnte,
war die viel poesievollere Menschheit
darauf bedacht, statt durch trockene
Nummern und Straßennamen wie
heute durch aufsällige Farbe, durch
Bilder, Steinköpse u. dgl. seinem Hau- ,
se ein bestimmtes Gepräge und Kenn
Zeichen zu geben. Diese Sitte hat sich
nur- bei unseren Wirthshäusern oder et
wa noch bei den Apothekern erhalten.
Hier finden ·- sich oft drollige Namen.
Wir finden da und dort Wirthschaften,«
meist geringeren Ranges, die Zum
Batzen- auch Zum Bettel-Häusle ge
nannt werden, Zum letzten Heller, Zum
letzten Pfennig— leicht erklärliche Na
men. Schwieriger wird die Sache bei
Bezeichnungen wie Zum Lumpenhof
im Würitembergischen Ravensburg,
Schwäbischer Donysl (Dionys) in
München, Schnackenloch und Süßes
Löchle in Heidelberg, Schmeck am Be
cher in Freiburg, Kaffeemühle in
Braunschweig Stolpereck, Nähkisse,
sPuppenstiibche in Mainz, Froschlage irr
Augsburg Zu diesen Namen hat die
Nachbarschaft oder das Schild als
Hauszeichen oder irgend ein aus-fallen
des Merkmal den Namen gegeben. So
ist es auch mit dem Bratwurstglöckle inp
Nürnberg und dessen Nachahmunge ,
mit dem Pankratiusbrünnchen un
dem Herrgöttche in Mainz, mit« dem
Landhaug in Kempton, mit der Gol
denen Kanone in Maria Zell, mit dem
Kopf in Frankfurt am Main und in
Freiburg in Bayern. Wenn ich aber
vom Blutigen Wamms in Augsburg
rede und der Weiberschule gleich daran, «
so wird man den Namen gleich besser
deuten, wenn ich hinzufüge, daß im er
steren die Metzger dort ihren Morgen
trunt zu halten pfleggen und in letzterer
die Metzgerinnen un andere Mai-Abe
sucberinnen sich ab und zu wärmten
oder goliihlteu ——- je nach der Jahres
zeit. Gg giebt in Vlugsburg auch einen
Paritätgloirtb. Da muß man sich er
innern, welche wichtige Rolle der Streit
und Aug-gleich der tionfessionen in der
Geschichte dieser Stadt gespielt hat, bis
es zu paritätisedein Regiment, zu streng
paritätischen Eurichtungen und schließ- .
lieb auch zu einem Paritätswirth kam.
sriitiere iu ihrem religiösen Glauben
stärkere und ungebrochene Geschlechter«
nahmen keinen Anstand, auch christ
time Symbole und tirchliche Namen · «
auf dac- Wirthststiausschild zu malen.
Nicht nur in dem österreichischen Wall
fahrt-Horte Maria Zell giebt es einen«
guten Hirten, sondern auch ander- :
wärt-J, in :-liiggb11rg z. B., wo es auch« ?
einen Ritter St. Georg giebt, ein
Lsterlaumi, einen Fischng Petri. Vor
idem gab es dort auch eine «H0chzeit zu
(.sana«. Sogar der heilige Geist wurde
auf das Wirthsschild gestellt: es giebt
noch heute einen Gasthof in Freiburg.
i. Br» in TUlainz, und ein Hotel de
l’6«sprit in Straßburg. Jn manchen
dieser bunt benamsten Trinkhäuset
spiegelt sieb, ein schön Stück Geschichte
wieder. Beriiymt geworden ist Auer
bachs Keller in Leipzig, Shatespeare’5 »
,,J.Iceermaid« und ·,,Zum wilden
Schimmelnpr Hauffs ,,Bremet -
Ratljskeller«, in Whites Kasfeehaus zu ·
London trafen sich Pope, Addison, -
Swist: im Case Greco zu Rom Oder
bect, Corneliiis, Führich; im Fatkb ;
pelz zu Heidelberg Brentano, iAchi
v. Arnim, Eichendorss; bei Lutter
und Wegener zu Berlin Devrent und
E. T. A. Hoffmann. Jtn Goldenen
Szepter zu Breglau war das Werbe
bureau sitt die Liitzowschen Jäger, hier sj
hatte der preußische Minster Stein »
Wohnung genommen.