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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (May 22, 1896)
s Unter-wartet ( Novelctte von Gerbard Walten . Es war die höchste Zeit. hinaus mußte ich. Jch war in Gefahr mir selbst und Andern unerträglich zu werden. Was wollten-all die kleinen Umstände; und Schwierigkeiten gegen solche Ge-; saht sagen. Es war ja freilich hiichst unangenehm ichd peinlich um Urlaubs einzutommem zu packen, auf vier Wo-? chen von dem im Stillen oft genug ver-J wünschten Stammtisch Abschied zuj nehmen und was sonst mit der Reise? seines Junggesellen verbunden ist, eheJ er sie wirklich arågetreten hat. Aber; endlich waren a e diese Haupt- und Staatsaktionen glücklich erledigt und ich saß in der Eisenbahn. Es kam et was wie tiefes Behagen über mich, als der Zug in’s Rollen kam. Nun war’s Thatsache, daß ich unterwegs, frei, losgebunden war, mein eigener Herr, souverän wie ein Reichsfreiherr alters Zeiten in so weit, daß mir fiein Mensch etwas zu sagen hatte und ich meiner-» seits nicht verpflichtet war, irgend et was zu einem andern zu sagen. Und das führte ich denn auch nach Kräften durch. So weit angänglich, begnügte ich mich den Kellnern gegenüber, so’ lang die Reise dauerte meine Wünsche durch Hindeuten auf die Speifetarte oder auf den betreffenden Gegenstand auszudrücken und die Mitfahrenden hielten mich im Allgemeinen für taub stumm. So war ich einsam und schweigsani durch einen guten Theil unseres lieben und herrlichen Süd deutfchlands gegangen und gefahren, hatte in solcher Stille meine Seele ge letzt an all der Schönheit, die unser Herrgott da aufgebaut und dachte nun daran, den Rhein hinunter wieder nordwärts zu ziehen. Und da auf Dem guten Rheinschiff, mit dem ji« von Niidesheim zu Thal futkr, begegnete usir etwas seltsam Uncrwariete5. Ich wurde geradezu gezwungen in reden und zwar mit einem mir wildfremdcn Menschen. War mir schon beim Einsteigen ins Schiff ein baumlanger, hagerer Mensch mit einem Ziegenbart ausgesallen, der vorgestreckten Hauptes uinyerschnup ·perte; und er war mir seiner wirklich seltenen Häszlichleit halber in all dem ,,Mi!ieu» angenehm ausgesallen, ohne daß ich Sehnsucht gespürt hätte, näher mit ihm in Berührung zu tommen Aber das sollte mir nicht erspart wer den. —- Jch saß still rauchend und schauend und eine Flasche Wein aus trinlend aus meinem Feldstuhl hinten am Decl und dachte an nichts als an die wirklich sehr angenehme Gegnwart, und wie ich genug gesessen und meine - lasche Wein ausgetrunken hatte, tand ich aus und wollte den Versuch machen, wie die Welt wohl von vorn im Schiff aussähe. Unterwegs begeg nete mir mein langer Ziegenbariontel, und wir gingen mit dem üblichen Bo gen unr einander herum. Die Abwechselung zwischen vorn und achtet war gerade nicht groß, und nach einer Weile versügte ich mich wieder zu rück, durch das ewige «Splendid« und »Vert) nice, indeed'«, einer diesmal nicht blonden sondern dunkelhaarigen Misz von Albions Gestaden vertrieben. Aber, siehe da, mein alter Stammplasz, den ich seit dem sriibestenMorgen ottu pirt hatte, war besetzt! Aus meinem Feldstubl saß mein langer Freund und blickte gleichmiitbtg in den Rhein. Jch stellte mich vor ihn bin und sah ihn an. Er nahm seinen Krimstecher heraus und iiu te nach dem alten Kastell am Ufer. ch machte mich durch ein sond res Räuspeen bemertbar —— er griss in die Tasche und holte sein Cigarren etui her-vors Er wollte mich nicht be merken, das war tlar. Aber er saß aus meinem Stuhl, und dazu hatte« er tein Recht; das war ebenso klar. Nun mußte ich also reden. »Wer-seinen Sie,·· sagte ich gemessen und mit der Würde, die einem Amtsrichter zu kommt, »Sie sitzen aus meinem Stuble.« Er Iah erstaunten weitaus zu nnr aus und sagte gar nicht-. Es lag et was wie stiller hunwk auf seinem Ge ficht »Gestatten Sie,« variikte ich die An tede, »Sie haben meinen Sessel einge nommen!« · »Sei« antwortete er mit greulicher Ruhe und steckte seine Cigacte an s-— »das —- tann —- Jedee —-sagen!« Und ruhig wars et das Streichhotz in den Rhein. Jeßt stieg mit das Blut zu Kopf. .Dann wollen Sio mir wenigstens erlauben, meine Vandschuhe zu rekla miken, aus denen Sie seeundlichst Platz genommen du«-en und mit denen ich meinen Stuhl belegt hatte.« Er hob ch ein wenig nnd riss un ter sich. ichtig, da hielt ee te in der dank und sah sie ruht an, ebenso ruhig reichte er sie mit in und stand I ebenso ruhig ohne ein Wort zu sagen, aus, und ging davon. »Solch ein Fle gel!« entfloh es dem Gehege meiner zusammengebissenen Zähne. Die Rheinfahtt war mir verdorben. Fort wiihrend mußte ich im hellen Aerger dahin schauen, wo der unleidliche Mensch alle überragend austauchte Und bei Tisch, da saß er mit gegen übe : Es war scheußlich. Jch segnete die hürme von Köln, als sie endlich in Sicht lamen; da wurde ich doch von dem gräßlichen Kerl erlöst, der übri gens sonst gute Manieren zu haben( schien W Als wir von Bord gingensp strich er dicht an mir vorbei, so daß« sein Handkofser mich streifte. Jni übrigen war ich Lust für ihn und et siir mich. Erleichternd aufseufzend sah ich ihm nach. Jch fühle immer et qu wie körperliches Unbehagen in Gegenwart von- Menfchen, die mir zu wid» find Gibt es ein Fatum, ein Schicksal? Jch behaupte: ja. Es waren acht Tage vergangen und ich fuhr von Solingen nach Witten, um einen lieben Freund zu besuchen. Jch ha te mich aus einer Umsteigestation reinem Glas Bier ein wenig ver Eies und sprang eilig in das erstes agenabthetl das mir zur hand kam.: Zum Glück setzte sich tm selben Augen-? blick der Zug in Bewegung, denn sonst wäre ich wieder hinausgesprungen Mir gegenüber saß in underändeter Häszlichteit mein guter Freund vom Rheindampser und that, als ob wir uns nie gesehen hätten. Da hört denn doch schon anehr die Weltgeschichte auf! Jn stiller Wirth lehnte ich mich zurück. »Bitte, meine Herren, die Jahrhu ten!« schallte des Schaffners Stimme in meine angenehmen Gedanken hinein. Nachlässig hielt ich ihm die meine hin. »Ja, wie tpmmen Sie denn in diesen Zugs« rief er aus-. »Sie fahren ja gerade in entgegengesetzter Richtung! Da kommt erst der Zug nach Witten!« Jm selben Augenblick rasselte nnd sauste ein Zug an uns vorüber. »Dies· ist ein Schnellzug Sie lönnen erst in Diisseldorf aus eigen und miisien nachbezahlen!« »Diisseldorf« und »Tu5selthier«, summte eH mir durch den Kopf wie ich meine Fahrtarte besah. Jet- mag nicht sehr gescheidt aus-gesehen haden im sel bigen Augenblick ssEber ich liiitte mich selbst schauen mögen, als-, Pl Tempo« von meinem gehaszien Gegeniider Die Rede an mich ergina, nnd zwar in li: dengwiirdig-sreundlichem Ton: »Wollen Sie mir erlauben! tiin Fremder findet sich in unserem Bann gewirr schwer zurecht-" Jch war starr und reichte ihm meine Karte. Das tam sehr unerwartet! »Ja, Sie sind um einen Zug zu früh eingestiegen!'« lachte er. Und mit einemmal kam er mir gar nicht mehr so häßlich vor, »wenn ich Jhnen rathen dars, dann finden Sie sich in das Un vermeidliche und bleiben Sie über Nacht in Düsseldorf und fahren Sie morgen zurück, wenn Sie nicht ganz unausschiebbare Geschäfte haben; die landern Züge liegen schlecht." « s Und se länger er sprach desto wohl lautender klang mir seine Stimme und desto wohlthuender war der Eindruck, iden der ganze Mann auf mich machte. »Wir kennen uns ja schon,'« fuhr er sliichelnd fort, »und ich muß sehr urn Entschuldigung bitten wegen meiner damaligen Art; aber im Allgemeinen bin ich aus Reisen ein etwas zuriickge zogener und schweigsamer Mensch —— Sie gestatten wohl, daß ich mich Ihnen zur Sühne vorstelle: Landgerichtsrath Sieberberg!« I Da waren wir mit einemmal Sols Jlegenl Und als wir in Ditsseldors an tamen, da waren wir außerdem die de sten Freunde von der Welt. Er war ein interessanter, guter und kluger EMann Osten Sie mal, ich habe etwas ge «gen Sie gut zu inachen!« hielt er mich Ian dem Bahnhof fest, meinen Rock tnopf fassend, »ich habe Jhnen auf dem sRhein das Mittagessen verdorben s— «hab’s wohl gemerkt und that mir ei lgeunich ten-! — wie wär-s wenn Sie bei mir »A Fortune du pot« zu Abend jähen? Meine Frau ist verreist; wollen Sie bei mir fürlieb nehmen, dann som men Sie um Es zu uns. Ja?« Und er sah ordentlich herzlich dabei aus. i »Mit taulend Freuden,« antwortete ich. ; »Ach abgemachtt Jch melde Sie an! Auf Wiederseheni« l So anderm-h m Menschen Schick l fal. Wiss halb acht vorn Thurm schlug, .stand ich frisch gewaschen, gestärkt und -gebiigelt vor der Thür des bezeichneten lhauses. Ich bin sehr fiir Pünttlich ieit. Denn ich bin Reserve-Offi«zier. Und er war’sauch. Sogar-Hauptmann sMiliiiirisch sah er freilich nicht aus. Ich tlingelir. Ein,reizendes Mädel mit großer blüthenweißer Latzschiirze und l j vom Herde gerdtheten Wangen dfsnete mir und tachte mich mit entzückender Freundlichkeit an. Ach ich weiß schon!« sprach sie mit heller Stimme, »Herr Assessor v. Duncker, nicht wahr? Seien Sie herz lich willkommen! Bitte legen Sie ab — und treten Sie hier gesälligst ein; Papa kommt gleich. Jch muß schnell in die Küche; das Mädchen ist gerade fortgeschickt. Auf gleich!«,- Und dahin wirbelte sie. »Donnerwetter!« dachte ich und strich mir den Schnurrbart; »was Häßlich teit angeht, scheinen die Sünden der Väter an den Kinder nicht immer heim gesucht zu werden« Hinter dem Hause war ein kleiner Gatten und in dem Garten eine Guis blattveranda. Da saßen wir vor ei nem ausgezeichneten tleinenBraten und einer nicht minder guten Flasche Lau benheimer und mit Behagen sah ich aus dem Eimer mit Eis noch einige goldene Köpfe emporrecken — der Rath stieß mit mir an: »Er-III nnd Rache sei vergessen, Unserm Todtfeind sei Verzieh’n!« »lachte er; und wie etc-lachte, fand ich doch ähnliche Züge zwischen ihm und, der schönen, blonden ergard. Es war eine herrliche, stille, laue Som mernacht. Die Van des Raths lag allein und abgesondert vom Schwarm der Häuser. Am Himmel stand der halbe Mond und sah vergnügt auf uns Drei herunter. »Schade, daß meine Frau nicht hier ist!'« sagte, mein Wirth und schenkte mir ein; »sie lacht auch gern.« Und wir hatten schon sehr viel gelacht. Ich hatte meinen guten Tag. era reichte die guten Cigarren her um. »Singen Sie nicht, Herr Asses sor?« fragte sie. »Nein, ich nicht; aber Sie, ganz ohne Frage; mit d e m Organ —« »Ja, aber nur Studentenlieder —' ,."-.)l-.:sgezeichnet!« ,.Seiz’ Dich an’g Klavier, era.« sagte der Papa behaglich und streckte die langen Beine weit von sich nnd hielt die Cigarre met den Lippen steil auf wärts ———— »aber vom Aitmeister Schef erl!« i Das Klavier stand unterm Fenster. Isrma war eine gehorsame Tochter. Sie iverschkvana Und tur; daran tlana es lmit goldenen-. Tone zu tin-Z heraus: « »Ju( schwarzen Walfisch zu Ast-a I lon« · und der Rath brummte leise mit: »Da kneipt ein Mann drei Tag« nnd ich fiel begeistert ei1:: »Bis« daß er steif wie ein Besenstiel Am Marmortische.lag.« Und es war doch ein reizendez Kon vivium dort int Schatten der Veran da. — »Will Jhnen einmal ein andere Ci garre bringen,« sagte der Rath als era heraustrat, die Lampe in den Händen, das fröhliche Gesicht ganz in Licht gebadet. Sie setzte sie nieder, und ich griff nach ihrer Hand. Wie soll ich wildsremder Mann für so tast liche Stunan danken?« Sie sah mit strahlendem Lächeln aus mich: »Wenn-« Jhnen bei uns gefällt, dann tömmen Sie doch wiedert« und ich küßte die seine Mädchenhand. Und ging selbi gen Abend selig nach Hause. Am näch sten Morgen reiste ich nach Witten. Dies Düsseldors war doch est reizen ’des Nest. Und wie man sich im Men schen irren tannl »Was trägst Du denn das Bündel Heu da mit Dir umher?« fragte mich mein Freund in Witten und deutete aus einen Strauß welter Gaisblatt blüthen, die ich.in der Hand trug. Er stammte von era. Und er stand den ganzen Herbst-und Winter und Früh ling aus meinem Schreihtisch. »Herr Assessor, ich darf den alten Staubfiinger wohl rauswerfen?« staa ie das Stubenmädchen gegen Weih nachten daheim. Aber sie hat nie wie der gefragt. Jch kann furchtbar hit cken. Wenn ich ganz offen sein sou, harte mir der Rhein damals doch nicht so un geheuer imponirt, wie ich eigentlich vorher geglaubt hatte. Aber angetlfan hatte er’s mir doch. Wir korresp n dirten fleißig hinüber und herüber, die Diisseldorfer nnd ich. » Jch möchte die sen Sommer den Rhein zur Abwech selung einmal hinauffahren, zu Berg,« schrieb ich im Mai an den Rath — ,,dann fahren Sie über Düsseldorf, und wohnen Sie einen Tag bei uns!« schrieb tnir der Rath zurück. Und das that ich. Und wir saßen wieder in der Veranda. Und es war ganz löstlich Es war so zwischen zehn und els Uhr. Der Rath holte eine neue Flasche aus dem Keller, und Frau Rath brachte eben ihren Mops zu Bett. ,,Hören Sie, Fräulein Jrina,« sagte ich und griff nach ihrer Hand, die sie mir erst nicht lassen wollte, ,,wiir’s nicht r 4 herrlich, wenn wir zusammen führen ?« »Jedensalls ganz sidel!" lachte sie; »aber bitte lassen Sie meine Hand los! « bat e ernsthaft. » as möcht’ ich nun gerade nicht, »era; ich bin ja bloß dieser Hand we igen gekommen. Ich möchte sie so Ischrecllich gern be alten; auf den Rhein pfeif’ ich; aber wenn Sie mir einen Korb geben« dann stürz’ ich mich Jin seine bekannten grünen Fluthen.« Jhre Hand lag weich und warm in smeiner. Das Mädchen sah hoch ath mend, gluthiibergossen vor sich nieder. H,«era, ich hab’ Sie unbändig lieb: iwollen wir zusammensuhren, einen !Kurs, und Hand in Hand?« Jch stand ivor ihr und hielt ihr auch die andere lHand hin. Mein Herz ging in mäch tigen Schlägen. Da schlug sie die Augen voll aus, die blauen, prächtigen Mädchenaugen, die jetzt voll Trähnen standen, und legte die andere Hand auch in meine: »Ja, harold!« Und dann hielt ich das Mädchen in meinen Armen und küßte sie, und sie hatte die Irme um mein Hals geschlun gen und küßte mich wieder. Und der Vollmond zog distret ein Wölklein über sein breites, vergnügtes Gesichi. »Donnerwetter!« schallte es mit ei nem Male in die herrschende Stille hinein-. Wir sprangen aus. ,,Doch nicht gar zu unerwartet?« fragte ich. »Wir wollten gern ein Rundreisebillet zu zweien durch des Dasein nehmen« Der Rath stand noch immer · tarr da, die beiden Weinslaschen au den Tisch gestülpt. Dann fuhr es leuchtend über sein Gesicht, das in diesem Augen blick fast schön aussah: »Das hätte ich nicht erwartet, als ich die Handschuh heraus-gab aus denen ich saß! Nun, dann geb’ Euch Gott thal ab und bergauf seinen Segen!« ch küßte era wieder, und der Mond enti scbleierie sein Angesicht ,,Mama!« rief der Rath ins Sau-: dineinx ,,iomm schnell; ein unerwar jteter Zivischenfall!« A-- , Tcr Rheinwein ini Bei-mer Rathe-leiten — Der Bremer iliathskeller wird zunu» ersten Male in einer Urkunde uoni Ialk s re 123423 erwalint iiud berichtet die »Ga- I steren'·, der wir diese Schilderung ent « nehmen, daß in! genannten Jahre eztt Bürger itn Rathe-leitet eine botse Schuld nertn traf und sie durch Wegnahme ih reiz Mantel-Z Mandel-C wofiir er niit zwei Mark gebiiszt wurde. Errichtet wurde der städtische lieller in der lobli then Absicht, die Bürgerschaft gegen die Weinschtnierer zu schittzen. Dem Ausz land mochten die Brenier gesalichten Wein verlaufen, darein mischte sich der Rath nicht; nur zu Hause wurde auf rei ne Waare gehalten. sturze Weine, d. h. deutsche Landtvetne, Frankenweine, fran- « zösische und spanische Weine, durften übrigens auch in der Stadt verzapft werden, doch wurde der Preis polizeilich festgestellt und in späterer Zeit verfügt, daß alle kurzen Weine im städtischen Kel ler unter Aufsicht des Rathes lagern? wurden. ! Gute Nheinweine zu bekommen ließ: sich der Rath keine Mühe verdrießenJ Hatte er im Frühling vernommen, »daß der Weinstock am Rhein wohl verbluthet sei und bis dato nach Wunsch stehe«, und war im Herbst die weitere frohe Bot schaft eingetroffen, »daß nun am Rhein alles von schönem Wein übertließe und man dort nicht Fässer genug habe, uiti den reichen Segen zu bergen«, so wählte man einen Weinmann, kaufte ihtn ein Reisekleid, Versah ihn mit Pässen, Ge leitsbriesett, Empfehlungen utid Wech: seln und schickte ihn zum Einkauf nach Franlsurt und Mainz. Nicht zum Nuhen des Weines beanspruchte der Bremer Rath siir seine Weintransporte Zollfrei heit. Jn F lge dessen ereignete es sich östers,.daszk Weinfässer unterwegs an Zollstätten a ehalten witrden und launi, daß matt sie losgelüst hatte, weiterhin in eine neue Falle geriethen, so daß dent Rathe angst und bange wurde, die schö nen Weine möchten im heißen Sommer gährig und stichig werden und zugleich verderben. Um den Weserzöllen zu entgehen, machte der Rath den Versuch, feine Weine über den Unterrein und das Meer zu beziehen, gerieth aber aus deml Regen in die Traufe, da die Engländeri noch mehr stille erhoben, als die Ufer staaten der Wesen Man ließ endlich die Weine ganz zu Lande gehen, wobei die Transportkdsten ungefähr auf die Hälfte des am Rhein gezahlten Einkaufspreises der Waare zu st hen lamen. Die Fahrt auf dieser groß n Weinstraße war sot schwierig und gefährlich, daß, ivie am. Ende des 17. Jahrhunderts ein darüber besragter Nellerbeamter aussagte, »den Predigern regelmäßig drei Stübchen Wein im Namen des Weinlellers verehrt wurden, weil sie auf der Kanzel gebetet haben, daß die Reise möchte wohl jucke diren und glücklich in Halm kommen. » Jst auch vor diesem Herkommens gewe sen«. Auch den Ehrengeschenken, mit denen der Rath seine Geschäftsfreunde »zur Anzeigung eines dankbaren Gemüths« bedachte, drohten unterwegs Gefahren. Aniio 1597 wurden dem Bürger und Weinhändler Christoffer Hohe-roth zu Mentz drei Stück Marschvieh bestimmt, ein schönes Rind und zwei junge Kühe, alle drei schier roth und init weißen Köpfchen An der romantischsten Stelle des Weges, aii der Potta Westphalica, wurden ie Thiere angehalten und in die Stö e desBischofs von Minden ge führt. Der Rath vermuthete irgend ein Mißverständniß, aber ein bifchöfliches Schreiben belehrte ihn, daß das Rind und die Kühe arretirt und confiscirt seien und nicht restitnirt werden könnten, »weil es nur zu offenbar fei. daß der Breiner Bürger Lüter Hoher das Vieh allerdings dolose und studiose beim Zoll habe vorbeitreiben wollen, da ja ein Zollbrett gerade am Wege inmitten des Bergpasfes und von Jedermann zu se hen befestigt sei und die prätendirte Jg norantia mithin überall nur assectirt sein lönne«. Die Rheinweine kaufte der Rath aus-z schließlich imRheingau. Zwischen den ein zelnen Weinbergen begann man nicht früher als am Ende des 16. Jahrhun derts zu unterscheiden und zog nun allen anderen Orten den Rüdegheimer vor. Jn der Güte und Menge wurde er so vorwiegend, daß man das ganze Bremer Lager in der Hauptsache als ein Lagers von Riidesheimer bezeichnen könnte.( Der berühmte Rosetvein ist fast ins-T mer aus Rüdesheim gewesen und eben daher stammt der älteste Wein des Kellers und der Welt überhaupt, dessen Geburtsjahr 1624 ist. Dem Rüdeshei mer zunächst steht der Hochheimer, zii dein die nieistetk Apostelweine gehören· Der älteste Hochheinier des Keller-s ist uin etwa hundert Jahre jünger als der Ritdetzheiiner Diesen altesten Weinen ist die Biiigerschaft immer ungünstiger gestimmt gewesen, weil sie deni Staat zur Last seien, und selbst die Weinherren (init der Aufsicht iiber den lKeller beans iragte RatlisinitgliedeU haben vielfach auf Abschasfuiig derselben angetragen, da fie lediglich zum Jliinlern daliegen. Dann hielt aber jedesmal der Rath fei ne schützende Handiiber die alten Bur« schen iiiid resoloirte dafz sie sm- ihm-m « i«;-si-» s.«r-i:servirt weiden sollen. Das vor allen anderen geschätzte Faß dir ins-nimmt Wein-.- ist iiiri Joliaiiiusderger Usiii l·.«,1; gestillt Hof-— eisin moderncs Hetdcnwein Auf dem stirchhof deg- englischen Or tes Mortelake wurde, wie wir der ,,Etoile Belge« entnehmen, vor wenigen Tagen die Gattin Richard Burtons, je nes berühmten Forschers und Orientalis sten, begraben, der von dem Dichter MaeCarthy als »der letzte und edelste der wandernden Ritter« bezeich net wird. Das aus Marmor gebildete arabische Zelt aber, das heute die beiden Gräber des Burton’ schen Paares iiber ragt, soll ein Symbol fiir das von der ezran des großen Forschers tren ge theilte Wanderleben sein, das beide mehr als zwanzig Jahre hindurch in dem Innern Afrila’s, in dem Utah Lande, wie aus den isländischen Stepis pen heldeniniithig mit einander ertragen haben. Ladh Burton war die reiche nnd schöne Tochter der Familie der alten nnd stolzen Arundell de Wardour. Eine merkwürdige Prophezeiung, die einst eine Zigeunerin ihr gegeben, hat Jsabel nies mals vergessen, denn sie erfüllte sich in eigenartiger Weist-. Die Zigeunerin hatte ihr nämlich gesagt: »Du wirst dich einem heimatl) nnd vermögenslo sen Manne vermählen, und selbst, gleich einer Zigeunerin, wirst du ruhelos, aber in steter Liebe, das Zelt als dein Heim betrachtend, mit ihm nmherwan dern.« Es war nur kurze Zeit nach dieser Prophezeiung als Jsabel an dem Strande in Bonlognesde-Mer, woselbst sie mit ihrer Familie im Sommeraus enthalt weilte-, an der Küste einen Un bekannten von schlanker Gestalt, ge » bräuntem Teint, mit großen, schwarzen Augen begegnete, einer jener Paladin-! siguren, wie sie die Legende beschreibt: es war Richard Burton, der soeben ans Mekka zurückkehrte, wohin er —- als er ster Christ —— unter Verkleidung eines Derwischs die gesährliche Pilgersahrt unternommen hatte. Die Blicke Bnrwns und Jsabel War donrs waren einander begegnet, und im selben Moment bemerkte Jsabel tm rn higsten Tone zu ihrer sie begleitenden Schwester: »Der da wird mein Gatte. « s Und aus dieErwiderung dieser: ,,Thörin, i du weißt ja weder des Fremden Namen, noch wer er ist « beharrte das junge Mädchen: »Er wird mein Gatte! Un sere Blicke haben uns einander verlobt.« Und wenige Tage später schon sollte der Zufall aus einem Balle beide zusammen führen, nnd beide gelobten sich noch sel L bigen Tages, einander für immer anzu gehören. . Es war nur zu be reiflich, daß die Familit der Arundell lpe Wardour die ser Mesallianee ein energisches Veto entgegenfetzte. War Richard Burton doch nichts als ein armer Abenteurer, und zudem noch ein Ungläubiger. Dem ,,Niemals« der Ihrigen begegnete Jsa bel mit der Versicherung, daß ihr Aus l)arreu das der Familie überdauern würde, und dein Geliebten geldbte sie, das Zelt mit ihm einem Fürstenschloß vorziehen und ihm treu bleiben zu wol len. Burton hingegen versprach seiner Braut, durch Ruhm und Ehre sie ihrer Familie abringen zu wollen, zu welchem Zweck er bald hinauszug, um an der von dem Staate damals erstrebten Entdeck ung der Nil-Quellen mitzuarbeiten. »Ich kehre berühmt und«deiner würdig zurück,« so lautete sein Abschiedswort. Utn dieses Versprechen zu erfüllen, mußte der Muthige sechs Jahre hin durch in der Nacht des »schwarzen Erd theils« unter tausend Todesgefahren, von dem verzehrenden Fieber heimge sucht, zubringen Daheim·aber, trotz dem er kein Lebenszeichen zu der Braut dringen lassen konnte, harrte diese seiner in Treue. Jsabel las alle Bücher, alle Zeitungen, und an jedem Abend schrieb sie einen Auszug der europäischen Er eignisse nieder, damit ihr Verlobter bei seiner Rückkehr aus der langen Verban nung alles erfahren sollte, was sich in zwischen in der Welt zugetragen hatte. Doch die rührende Treue des Mäd chens vermochte in nichts den Stolz der Arundells zu erweichen. Das sollte erst endlich der Ruhm ermöglichen, der Burton untstrahlte, als er in sein Hei tnathland zurückkehrte. Die Angehöri gen Jsabels gaben jetzt die Ehe zu, und nun begann ein Miteinanderleben, wie es in gleicher Weise kaum unter Gatten je existirt hat. Lady Bnrton begleitete ihren Mann, dessen Nomadenlebeu von nun au uuttnterbrochen mit ihm thei leud, nach den stiisten A rikas nach Bkasi lieu, in die Wüste-, ohne vor den von- ihm selbst ertragettett Gesahreu, vor den zahllosen stampfen zurückzus sthrecten. Sie lernte die Hacke ebenso geschickt handhaben wie die Flinte, um die Wege sich itu lirtnald zu ebnen nnd die Angriffe der Wilden und der Be stjen abzuwehren Sie gewöhute sich — die vornehme-, verwöhnte Frau-, als Mann gekleidet zu gehen utrd sich als Sohn oder Bruder Richard But-wiss lui den wilden Berber Stätntneu auszu geben. Wie oft tunszte sie nicht die erlune Louisiana-J mit Lebensgefahr durchsclnoitnnten und durch ihr l)elden iuiithiges Beispiel ihrem Gatten neuen Muth tinsloszenl Ju den Music-stunden aber war Jsabel Bnrtou in gleichem Masse die geistige Gefährtin des Man nes, dessen ruheloses Dasein zu theilen sie sich glücklich siihlte. Sie nahm an allen seinen literarischen Arbeiten ge treuen Antheil, half ihm die Geheim nisse fremder Jdiome erforschen uttd ward tl nt eine bewährte Stütze bei seiner als klassisch geltenden Uebersetzung von ,,Tansend nnd eine Nacht, « fiir welche dein Forscher allein ein Honorar von 4t)»,(j(u) Franes bezahlt wurde. Und doch hat Lady Burton niemals —- und dies mag sie insbesondere als erhabenes Vorbild aller Frauen dienen lassen — siir sich auch nur den geringsten Ruhm, die geringsten Anerkennung in Anspruch genommen. Mit dent Tode ihres Mannes fand der Kultus Jsabel Burtons keineswegs sein Ende. Vielmehr verbrachte sie den Rest ihrer Tage damit, das Leben ihres ,,tvaudernden Ritters-« zu schreiben. Die Verehrung siir den Todten nahm bei der seltenen Frau die verschiedensten Gestalten au, zu deren bedeutsnntsten wohl die Thatsache ztt zählen ist, daß sie das Angebot eines Londoner Verle gers, der ihr kurz nach dent Tode Rich ard Burtons fitr dessen noch nugedruckte Uebersetzung des persischen Romans »Der Paradiesgarteu« 15l),()t)() Fres. bot, mit der Begründung zurückwies, das; die Arbeit nicht ganz zu Ende ge siihrts ei. Od-— —» ——-« · s Aus dein juristischen Ex amen »Herr Candidat, was wissen Sie von der Biirgsel)ast!« ,,Gar nichts-! Habe bis jetzt immer noch ohne eine solche-—- ge pnnipt beioninien!« W Richtig placirt. Weinhändler (in der Zeituiigs-Expe tion): »Ich möchte gern meine Weine annoneiren lassen; unter welcher Ru brik würden Sie mir rathen?« Zeitungebeamten »Am Richtigsten unter »Vermischtes«.« , LeichtcAbhüIse. »Ich begreise Deinen Geschmack nicht, wie Dnso ’n langen Mann hei rathen kanns. « »Laß nnr gut sein: den will ich schon bald klein kriegen!« s gä-wv0s-css-sp—