Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 24, 1896, Page 5, Image 5

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    neins getan-It
« M W MEWI Ompeedir
(4. Fortsetzung-)
·«, »We« ’mal, August, »’rumlrebsen«
,T nennst Du dass Du bist verantwort
- lich site Deine Kinder. Also nun,tiirn
were Dich ’mal d’rum! Du kannst
Poch unsere Gäste nicht allein lassen
das schickt sich nicht. Und sie IMMFI
, vch nicht den ganzen Nachmittag MU«
- den Mädeln allein bleiben, das schickt
I- sich noch weniger.« »
Er war jedoch nicht umzuftunmen,
rund-m suchte sei-i einnes Zimm» siin
mit den Worten: »Das iik Säckk M
· Mutter, es sind nun 'mal Deine Tisch-—
Uti«
Frau von Gernopp war als-er audll
Zu bequem, nrn in der Zonncnglutit
« noch den ganzen, ziemlich ausgedebuten
Garten abzusuchen, und gab Dei-. bei
Zwilltngen den Auftrag, die
spschtvestern und die Geiste in’g Haus zu
rufen. Dann stieg sie stöhnt-end nnd
« rastend die Gartentrepsxse zum Satan
nan, um sich von ihren Vielen Pflich
ten auszuruhen
-« « Die Nadieschen halten sich ein und
" schritten langsam den ersten bestenWeg
hinab, den sie fanden.
»Mama ist nur zu bequem!« sagte
Fins.
«, »Papa auch!« antwortete Cläre.
Dann brummien sie iui selben Gedan
.-:s Iengang und fast in den gleichen Wor
J ten, daß sie nun »die T-:.:nmien« fein
n und sich abdetzen sollten.
»Die verirren sich doch nicht,« meinte
» Cliirr.
Das Radiescheu Fips hatte einen
Einfall: »Wenn wir sie nun gar nicht
suchten?"
-— Sie freuten sich kindisch iiber die
- gute Idee, blickten sich scheu um, riefen
ein paar-mal —- nicht zu laut: »Mä
betlu Liebetht Lieoetnz »- Addat
Mdat Adda!« Dann säugten sie wie
der scheu nach allen Seiten und schli
».chen sich, möglichst den Rasen benu
Dtnd daß man ex- uitit hören sollte,
.· von hinten über den Gutelsof in das
« Duns. Auf den Zehen gingen sie die
--’ Treppe binaus in ihr Zimmer, und
dort wollten sie sich tugeln vor Lachen
über den gelungenen Scherz. Tab-ei
« brachten sie die gegenseitigen Beruhi
gmgsversuche, damit nun eH unten
nicht hören solle, noch inelir Zum La
chen, so daß Fipå schließlich in der
Furcht, man mischte-es doch vernehmen,
j. den Kopf in die Bettdecke steckte. Aber
T- darüber bekam sie das Schluck-; und
wurde roth wie ein findet-Js- wiirgte
sie ab, daß sie zu ersticken meinte Auch
das Klopfen- Cliires mit der stach-en
Jud aus dem Rücken wollte nichtås nei
.e««-», bis sie endlich ein Glas Wasser
trank. Das erholte sie.
· Nun aber saßen sie ainr gebrochen,
siettnatteh todttniide eisernen-r negeniikier
trnd legten die Hände cui nie linker
»Sie konnten nicht kneksr letzt-ein nicht
sprechen, hatten ganz dicke Augenlider
bekommen, und die Tbriinen waren ils
ncn über die Baden gelaufen.
Nach einer Weile standen sie auf nnd
betupsten sich bei-De das Gesicht rnit
dem Schwamm. Das ljuls ein wenig,
daß sie wenigstens nicht gar so arg
ausschauten. Da innen aber nun auch
die Haare ganz zer,zaust waren, so setz
ten sie sich vor den Spiegel und singen
an, ihr Haar zu lösen, um eH neu zu
ordnen. Doch nur ein Spiegel war
da, vor dein sie Beide Platz genonunen,
Mrd da sic, eng aneinander geriictt, sich
sbetnr Aufbindeu der Flecliten uiii Den
»F» llenbogen störten, so muss-neu sie sich
«"--Bi von einander setzen· Nun reichte
Gesichtsfeld des Spiegeig wieder
» nicht.
, Sie schaben ihn von einer Seite zur
Indern, bis er an die ltante tain,
tschte, siel und zerbrach
Ek- hatte einen großen Leach gege
- Nun war Stille. Sie blickten
erschrocken an und wagten sich nicht
egen. Eine Weile horchten sie, ob
« mand die Treppe heraus tänie,dann
.z z n sie an, nachdem sie sorgfältig die
,- r verriegelt, die Scherben auszule
indem sie sich gegenseitig mütter
isss ermahnt-en, sich in Acht zu neh
, um sich nicht zu schneiden. Sorg
. wurden dann die Splitter in ein
-tiick Packpapier eingeschlagen und
« «»- tectt. Der leere Rahmen wanderte
ter Cliires Bett.
Sie halfen sich nun gegenseitig beim
- stren, und wie sie sich allmälig du
s von ihrem Schreck erholt-en, gewan
« sie auch die Sprache wieder.
-« »Du bist es gewesen, Finst«
« »Du hast ihn so schnell geschtlvpst!«
« , »Aber nicht 'runtergeworfent«
«Doch!«
«Nein!«
— »Doch!" ·
sie waren auf dein besten Wege,
s. zu zanken. Doch so weit laut es
den Zwillingen nie, sondern sie ga
M beide Mich Und tiisphi feil zärtlich
« twf den Mund. Taun sinnen sie an«
jede an ihre Komme-de zu neben und
fiu trauten.
Das Zimmer war tlein nnd ent
«Wt, wie bei den Schwestern allen·
»Dritter« Scheänte, die Korn-notiert
'»«dte Waschtische. Der Tisch war
weit-satte mit einem großen Tinte-t
aß in der Mitte, das schon fitr Mari
-..ient t)-1tte, als sie ihre erstenSchretb-·
uche gemacht.
tdti btiitterte iu einem, in rothen
ebundenen Album, das nur
t
d
xh s'
ein Mir st» der Eltern, Geschwi
HM M rBerwerndten enthielt,
M dies, sie ein« paar-nat die
Miit-n fund her gewälzt, Cliire
khersder und sie betrachteten zum so
EMsortelten Male gemeinsam die
lthngspbien Bei einem Vetter.
einem Ulanknofsiziey der in Berlin
sinnt-, blieben sie immer halten. Er
verbarg nnter einem mächtige-n
Schar-ahnen, der ihm ein entschiede
nes Aussehen verlieh, ein ziemlich
nichtssagendes Gesicht Cltire fragte:
»Juki-est Du seicht daß Emn dem
Westerbrant ähnlich sieht?"
»Weil-en des großen Bartesim
»Nein, sol« -
»Ja wirklich-l«
Und sie besahen ihn sich noch ein
mal Es war der einzige jüngere
männliche Verwandte im Album, und
im Stillen liebten sie ihn Beide, ob
wohl sie ihn, seitdem sie erwachsen wa
ren. nicht wieder gesehen hatten. Nun
jiirte es sie jedoch, daß Graf West-er
brant und er sich ähnlich sahen. Sie
ikockten vor der Kommode und schwie
gen eine Weile. Dann schob Fips das
Albukn wieder in das Fach und sagte:
»Eigentlich hat doch Adda Glückl«
»Und sie ist gar nicht ’mal soE
büblch!« :
»Daß sie Gräfin werden sollt Nein,3
gegnjch das denlel Aber hübsch ist sie
Cliire überlegte: »Ich weiß nicht, ob
nicht Stephanie doch hübscher istl«
si,,iDie will immer Alles besser wil
en·«
»Ja, Fins, aber eigentlich ist doch
Slephanie sehr schön!«
Fips jedoch, die sich am schlechtesten
mit der »Ur-lehrten« Schwester stand,
wollte es nicht gelte-n lassen: »Liebeth
ist doch noch hübscher-, viel hübscher!
Sie hat doch auch sofort Herrn von
Dehner gefallen »s«
Beide Radieschen hingen ihren Ge
danke-n nach, bis Fing plötzlich den
Arm um Cliires Hals legte und leise
fragte: »Nicht wahr, Cliire, wir heira
then nur zusammen?«
Cliire schlug die Hände freudig an
einander: »Am selben Tagel«
Aber Beiden fiel ein, daß davon
überhaupt noch gar nicht die Rede war,
und sie fragten sich nur nach, eng
Wange an Wange schmiegend, wer ih
nen von den Herren am Sonntag
eigentlich am besten gefallen habe. Und
es lam dabei heraus, daß ihnen
eigentlich feiner einen besonderen Ein
druck gemacht, abgesehen von Linne
nant Heydrlch dessen Scherz über ihre
Kleinheit sie noch immer nicht verges
senA konnten.
Als sie noch träumten und leise mit
einsnnder schwatztem ging die Thür
auf nnd dMarie kam herein: »Mama
hat nackt Euch gefragt und Euch über
all im Garten gesucht Jhr solltet doch
die Anderen herein holen!«
Die Radiesckxen blickten sich ganz er
schrocken an. Es waren fchon zwei
Stunden vergangen, und sie hatten
alles vergessen gehabt Deshalb folg
ten sie eilig der älteren Schwester in
den Satori.
Frau Von Wernopp empfing vie
Zznilliiige seht iiösez »So lann man
sich also aui Euch verlassen? Papa ist
wütlien-d. Nun bin ich natürlich cin
Allem schuld. Mir hat et die Sorge
und Aussicht über Abt-a und Ltsbetli
übergeben Und ich übergab sie Euch,
das heißt. ich sagte Euch. Jhr solltet
ihnen folgen, weil es nichts schadet,
wenn Ihr jun-gen Leute alle zusammen
seid, da ich solche Heimlichteiten nicht
leiden kann. Denn es ist sehr unpas
send, daß sie so zu Vieren herumlau
fen. Also, wo sind sie nuni««
Und ehe die erichrockenen Zwillinge
antworten konnten, erschien Herr von
itieixiopp mit noch rötherein Kopf wie
sonst, daß der weiße Schnurrbart sich
leuchtend abheb, und sing nun seiner
seits an: »Um Gotteswillem Kinder,
dci könnt Ihr schöne Dinge angerichtet
haben. Wenn nun- erziihlt wird, ja in
GwßsSchmiemig da laufen dieLieutes
tmnts stundenlang allein init denTiich
tern ikn Garten herum. Da konntet
Jshr wenigstens was davon sagen!
Dass ist einfach unglaublich! Wenn
Ri- niw in sotchens Ruf setzt, dann
wirkt wohl bald mit den Sonntagen
aus seini«
Und ale sollte sofort das Schlimm
steBestiiiigiing sit-den« lain Stephanie
mit ihrem Buch athenilos hereinge
sitiezt Sie wollte anfangen, zu spre
chen, doch mit einem Blick auf die siins
geeen Schwestern hielt sie inne, und
Herr von Gernopp schickte die Radiess
chen hinaus. Dann begann sie den
bestürzten Eltern zu erzählen: »Ich
ninß Euch leider Etwas sagen, was ich
—- tvas ich von Liiöbeih nicht gedacht
hätte — ich schäme mich eigentlich da
rüber. Denkt Euch, ich sitze ganz eu
hig ans der Bank am zweiten Wege
zum Gewächshaiis. wo die Linde sieht,
da höre ich Jemand kommen, und ich
Kappe mein Buch zu und gehe nach
dein GewitchkhauL weil ich weiter lesen
wollte, dennich bin gerade bei etwas,
wo ich nicht get-i aufgehört hätte, es
ist nämlich schon —'« '
hastig unterbrach sie Herr von Ger
noM nahm sie bei der Hand, blickte
ilir angstvoll in die Augen und sagte
»Mach’ ’niiil! Also schnell, was denni«
»Mit- tia kommt Lisbeth mit Herrn
nie-n , net Ha en, und denlt Euch«
fetnsnch rm in rm —- einachAem
HE· —- ·. . « k- t
IMMIMÆLMMIS«
»O
. gentlich los?«
J ter zu liisfen, ehe Sie offiziellverlobt
i sind P« schnauzte ihn der alte Herr dies
j mal wirklich grob an, aber Frau von
f einander beftimmti«
!
l .
T-.-.- -—-.-- .
Hm vor- Gernopp fuhr auf: »Seht
Jhr’s! Seht Jhr’s, wag die Kohlftets
nen fagt!—
Aber Frau von Gernopp wollte fte
vertheidigen: »Na, August, sie sind
doch im Prinzip oerlobtl«
Doch er ereiferte fich: »Prinzip ift
nicht Wirklichkeit! Das oerbitte ich
mir, so was. Aber das kommt eben
davon, daß Du die jungen Leute ohne
Aufsicht läßft. Das thut nie gut. Nie
mals-. Und Du bist als Mutter ver
antwortlich, Einil:e!«
»Und Du, August, als- Vater!« warf
sie schnell ein, während Stephanie et
was qouvernantenhaft meinte: »Ich
habe mich geschämt fiir meine Schwe
ster!«
Herr von Gernopp lief wie rasend
auf und ab, und während er noch im
höchsten Zorn war, traten die beiden
Sünder ganz gleMgiltig ein. Lis
beth vielleicht ein bischen verlegen,
Lieirtenant von Denner jedoch freund
lich lächelnd mit den Worten: »Es ift
immer noch recht heiß draußen!«
»Das scheint so,« erwiderte der alte
Herr und blickte Dehner wüthend an.
Dann fchickte er Ltsbeth mit Stephanie
auf ishr Zimmer. Das junge Mädchen
warf, ehe sie ging, ihrem heimlichen
Bräutigam noch eineniingstlichen Blick
zu, doch der junge Offizier lächelte
freundiich und fragte: »Verzeihens Sie,
Herr von Gernopp, was ift denn ei
,,Wie kommen Sie dazu, eineToch
Gernopv fügte ängstlich hinzu: »Au
gust mäßige Dich, sie sind ja doch fiir
Doch Lieutscnant von Dehner erfaßte
sofort die Lage, und da sein Rittmei
ifter auf der ganzen Fahrt nach Groß
Sckmiemig und seit Sonntag täglich
beim Einriieien vom Ererzierplatz im
mer nur von Adda gesprochen und zu
letzt sich auch noch erkundigt, wie wohl
die dicke Adda über ihn dächte, sr
meinte er, an seinen Absichten nicht
zweifeln zu können. und sprach mit
keckem Entschluß: »Das gnädige Fräu
iein sollte nur nicht die erste sein. So
bald sie das nicht mehr ist, steht uns
doch wohl nichts mehr im Wege. Und
sie isi es nicht mehr Deshalb war ich
doch irn Recht ihr den Verlobungsku
zu geben!«
pure unern ouaren nch ganz er
schrocken an. Allmälig aber begannen
sie sich llar zu werden, was-geschehen
sein mußte, und Frau von Gernopp
sprach, indem sie sich langsam setzte
und ihr Taschentuch an die Augen
drückte: »Addat«
Herr von Gernobp aber ging dem
jungen Qfsizier entgegen-, reichte ihm
beide Hände und sagte mit bor Rüb
rnng bebender Stimme: »Sie sind
wirtlich etn Prachtlerl!'«
Lieutenant von Deoner war selbst
über sein Wagniß berdutzt und bekam
es nun eigentlich unter der Rührung
und beim Dank seiner zukünftigen
Schwiegereltern etwas mit der Angst.
Doch die Sache war nun einmal ge
macht und mußte durchgesochtens wer
den. Deshalb ertliirte er sofort, die
beiden neuen Jungberlobten aus dem
Garten holen zu wollen. Ehe Herr von
Gernopp »Ja« oder »Nein« sagen
tonnte, war er auch schon davon.
Er hatte sie bald gefunden, denn sie
qingen eben dem hausezin Schweig
iaxn neben einander, denn beide waren
ritt sehr lebhaft und gesprächig, aber
eigentlich schauten sie so aus, als ob
txt-Listen Ebnen bereits Alles im Kla
ren sei, nnd das Glück leuchtete ihnen
me- den Augen«
Denner lmttesie kaum bemerkt, als
anle sckorr sein Rittmeister ihm zuries:
»Sie tönt-en gratulirent«
Die dicke Adda schämte sich und be
nutzte die Gelegenheit, um vorauszu
lanfen, sich sofort der Mutter zu ent
decken
»Jch werde gleich in aller Form an
halten!« sagte Gras Westerbrant zu
seinem Lieutenant, wobei er ihm träf
tig die Hand drückte, doch Lieutenant
Von Denner entgegnete: »Das brauchen
Sie gar nicht!«
»Sie meinen, es ist dem Alten
recht?«
»Nein, das nicht, das ist selbstver
ständlich, aber ——«
»Aber ich muß doch meine Verhält
nisse auseinandersetzen, daß ich eine
Frau. ernähren kann, denn Ger
nopps «
Lientenant von Deyner sagte ganz
großartig, als ob er alles geleitet und
vor-gesorgt hätte: »Ist schon alles tn
Ordnung. Die Alten haben schon
.-J(1« getang
Der Rittmeister war starr, dann
drückte er Deyner nochmals die hand
und sprach: »Ich haPB doch immer ge
sagt, Dennen Sie sind der gebotene
Manager!«
Und sie stiirmten im Laufschritt dem
Hause zu, wo schon die glückliche-Braut
mit den Eltern ihrer wartete.
Vl.
Nun war eitel Freude und Wonne
in Groß-Schmiemig, denn bisher war
alles über jegliches Ermatten schnell
und glücklich abgelaufen, und schon
iiberlegte here von Gernopp- ob es
unter diesen Umständen noch nöthig
sei-n würde, den theuren Ornnibus zu
tausen. Frau von Gernopp war va
e -.
g Muguln wenn dte Adda und Lis
beth weg sind, da sind rote doch blok
noch sieben. Und mitsieben geht’g am
Ende sol«
Aber herr von Gernopp lächelte ver
schsmitzi. »Weeßte, Emilie, wer sagt
Dir den-n eigentlich. daß Lisbeth weg
gehi2« . .
Sie fiel aus allen Himmeln: »Sie
ist doch ver-lobt jetzt? Ganz richtig
verloth«
»Und was schadet das?'
»Nun, über kurz oder lang müssen
wir doch da eine Doppelhochzeit ma
t«.
chLoch er lächelte immer verschmähten
»Das ist ja gerade mein Plan! Jch
bin’s ja gewohnt, daß Ihr Frauen
zimmer im Hause von meinen Plänen
nicht viel haltet. Aber darum sind sie
doch gut. Wer sagt Dir denn, daß
Dehner s-— ich meine Egon s-- nun
partout heircühen muß? Haben wir
nicht noch fünf unversorgte Kinder?
Nun".8«
Und sie verstand.
Als dann Egon von Deyner mit
Graf Westerbrant am selben Tage —
denn sie kamen nsun täglich —- erschien,
richtete es Herr von Gernopp so ein«
dass zuerst über den Termin der Hoch
zeit nicht gesprochen wurde. Und das
Glück der beiden Paare war auch so
groß, daß sie nicht daran dachten und
sich mit dem Augenblick beg-nügten.
Nur beim Abendessen, das ziemlich still
zuging, weil Alles nur Augen und
Aufmerksamkeit für die Brautpaare
hatte, fing Deyner einmal an: »Wenn
nur das dumme Msanöver nicht wäre.
Man weiß nicht, soll man- vorher hei
rathen unsd sich trennen-, oder nachher
und zusammenbleiben«.« «
,,Zusammenbleiben!« rief laut Lis
beth, die seit der richtigen Verlobung
ein wenig vorlaut geworden war.
Das Thema paßte Herrn von Ger
nopp gar nicht, Und er brach alle Er
örterungen darüber ab, indem er in
väterlichem Tone sagte, bedeutungsvoll
seine Frau anblickend: »Ihr müßt
Euch nicht ietzt schon durch solche Ueber
legungen Euer Glück trüben. Wie ich
verlobt war, da hing mir der ganze
Himmel voller Geigen, und ich hätte
die erste Zeit für keine trockene Berech
nungen Sinn gehabt.«
Deyner lag immer irgend eine spitze
Bemerkung auf der Zunge, und er
mußte sich förmlich Mühe geben und
sich- überwinden, um nicht zu fragen
ob sein demnächstiger Schwiegervater
seine erfte oder zweite Verlobung
meine? Aber damit war vor der Hand
die drohende Terminsrage hinausge
schaben
Die beiden Paare saßen bei Tisch
neben einander. Die dicke Adda hielt
unausgefeßt unter der Tischdecke die
Hand ihres Verlobten und blickte ihn,
ohne viel zu sagen, mit ihren großen
guten Augen an, während sie tief oth
mete. Auch Graf Westerbrant sprach
wenig. Er war so bequem und fühlte
sich so glücklich in seiner behaglichen
Ruhe, daß er kein Bedürfniß empfand,
sie zu stören. Nur ab und zu einmal
flüsterten sich die Beiden etwas zu,
oder der Rittmeister antwortete laut
auf eine Frage des Herrn von Ger
nopp übers die landwirthfchaftlichen
Verhältnisse in jenem Theil der Mart,
in dem Westerbrants Gut lag. !
Auch Lisbeth hatte ihres Verlobten
Hand erfaßt und drückte sie, doch auf
dem Tische, ohne etwas zu verbergen.
Und sie war im Gegentheil sehr leben
dig, lachte, schwatzte und führte das
große Wort.
»Ist es nicht verrückt, daß wir uns
jetzt plötzlich alle »Du« nennen? Ste
phanie, hast Du mein-en Egon auch
schon »Du« genannt?«
Die gelehrte Schwester mochte solche
Scherze nicht leiden und zeichnete ein
fach nicht darauf, so daß Lisbeth doch
zetwas tleinlaut ward und ganz
ischwieg als auch die Radieschen auf
fihre Frage nicht antworten wollten.
JNun entstand plötzlich eine längere
Pause. Herr von Gernopp aber hatte
noch immer Angst, Egon möchte vom
Ihochzeitstage sprechen, deshalb lenkte
ler die Unterhaltung mit einem Mal
s auf etwas ganz Neues.
»Kinder, wißt Jhr denn, daß wir
einen neuen Gutsnachbarn bekommen
haben oder werden? Vielleicht schon
haben."
»Wer denn? Wo denn? Wie heißt
ert« fragte man von allen Seiten,
und Stepharrte errieth sofort das Gut:
»Röhngdorf!«
Herr von Gernopp fragte lachend:
»Warum?«
»Weil das alle Jahr ein Anderer
tauft.«
»Von dem, der drauf Pleite gemacht
hatt« ergänzte Egon, und Graf We
sterbrant betheiligte sich ni auch am
Gespräch, indem er als Las tirth sein
Urtheil in die Wagfchalek if: »So
weit ich den Boden kenne, muß dort
auch Jeder Pleite machen!«
»Es ist dieselbe Lage wir Groß
Schmiemig!« entgegnete ein wenig ver
prellt Herr von Gernopp, doch Egon
von Dehner machte sofort die Sache
wieder gut, indem er, sich höflich ver
neigend, sprach: »Um so größer die
landwirthschaftliche Kunst unseres
verehrten Schwieger. . . oder vielmehr
Papast Und in diesem Sinne, lieber
Mitirhwiegersohn in Aus-, wollen wir
die Gläser ergreifen —«
Er mußte einen Augenblick Pause
man-ern bis die jungen Mädchen Wein
in ihre Gläser gegossen, zwar nur
einen Fiingerhut voll jede, aus doppel
ter Furcht, zu viel zu verbrauchen und
sich einen kleinen Schwth anzutrim
»Ist-—
s
, ten. Dann hob er sein Glas und Mr
fort: »Und nun Lisbeth, BerthmFspsz
Cläre, Adda, Stephan·ie, Marie —
pardon, oie Aniiennitiit ist doch richtig
»geweer —- natllrlich vom Jüngsten
s angefangen, wie betr- Stondgericht —
Taiso geneigtefte und liebwertheste
sBraut, ibcure und vielgeliebte Schwä
Igerinncm erhebt Eure Gläser und
! trinkt auf das Wohl der Beiden, die zu
Eltern zu wählen Jhr eine fabelhafte
Vorsicht entwickelt habt — Sie leben
hoc-. hoch- hoch!« . .
Die Eltern wußten gar nicht, wie
ihnen geschah, aber Herr von Grenopp
war doch geschmeichelt bis in’s Jn
nerste seiner Seele, und Frau von
iGemopp tief gerührt, so daß ihr fast
, die Augen feucht geworden wären. Alle
i Bande der Tifchordnung wurden plötz
lich unterbrochen, Alles stand auf und
lief durch einander, ,,Prosit« rufend,
anstoßend und an den Gläsern nip
s pend, in denen nichts war. Und in der
allgemeinen Rührung nahm« Herr von
Gernopp seine Frau beim Kopfe und
gab ihr unter erneutemHochruf der Fa
milie, die an officielle Zärtlichkeit-IM
weise zwischen den Eltern nicht ge
wohnt war, einen Kuß, schmatzend und
tnallend, auf den Mund, indem er rief:
,,chßte, Emilie, Du bist doch meine
gute alte Dicke!«
Wie er um ihren Kopf herumgegrif
fen, hatte sich zwar die falsche Frisur
verschoben, so daß plötzlich Frau von
Gernopp linksgefcheitelt war, aber sie
rückte schnell ihren Kopfschmuck wieder
zurecht und erwiderte die Zärtlichkeit
des Gatten noch geräuschvoller mit dem
Ausruf: »Mein guter alter Augusti«
Währenddefsen benutzten Egon und
Lisbeth die Gelegenheit, die sich ihnen
bot, um ohne Worte zwar, aber nicht
weniger nachdrücklich in einer Ecke dem
Beispiele der Eltern zu folgen. Graf
Westerbrant wollte ein Gleiches thun,
doch die dicke Adda neigte ihr Gesicht,
so daß seine Lippen nur ihre Stirn be
rührten. »Nicht hier, J»oachim!« flü
sterte sie dabei.
Die ganze Scene war so unvermu
thet gekommen, daß die Frage. wer
nun eigentlich das Nachbargut Röhns
dorf getauft hätte, vollkommen verges
sen worden war. Herr von Gernopp
war nach dem Abendesfen in sder rosig
sten Laune. Man saß im Salon, die
FJiiidchen mit Arbeiten beschäftigt,
Marie ab und zu gehend in Haussor
gen, Stephanie zeichnend, Bertha
ftickend, die Radieschen flüsternd in
einer Ecke und die beiden Brautpaare
zusammen theils leise plaudernd, theils s
in allgemeiner Unterhaltung Joa- !
chim Westerbrant und die dicke AddaE
hielten sich ruhig umschlungen, Lisbeth
und Egon neckten sich. Sie machte
vergebliche Versuche, sich ihres Verlob
ten Einglas in’s Auge zu zwängen.
Frau von Gernopp lächelte, freute
sich des Glückes ihrer Kinder und er
holte sich von Herrn von Gernopps
Umarm·ung. Dieser stand plötzlich auf,
um sich aus feinem Zimmer eine neue
Cigarre zu holen. Egon folgte ihm.
»Du haft wohl keine Cigarre mehr?«
fragte Herr von Gernopp.
»Nein, Papa, das nicht. Jch möchte
nur so annähernd wissen, wann wir
heirathen können, Lisbeth und ich?«
»Was wollt Jhr?«
»Nun der Konsens, das geht ja
schnell. Und von meiner Seite sind ja
teine Schwierigkeiten Aber es han
delt sich, denke ich, nur ob vor oder nach
dem Manöver.«
Herr von Gernopp that ganz er
staunt und antwortete, während er in
den Cigarrentisten tramte, ganz ruhig:
»Dann ist Lisbeth doch noch immer
nicht viel älter wie jetzt?«
»Aber sie ist nicht die erste, die hei
rathet.«
»Wenn Jhr mit Joachim und Adda
zusammen heirathen würdet —.— doch
« mit die erste.«
»Wir können ja einen Tag später
heirathen.«
»Das geht nicht, dann würden uns
ja die Leute für verrückt halten, mein
lieber Egon!«
Aber Egon von Dehner war ent
schlossen, nicht los-zulassen: »Papa, Du
hast mir doch Hoffnung gemacht, daß
ich Lisbeth kriegen sollte. Nur sollte
sie als Jüngste nicht anfangen!«
Herr von Gernopp wagte nicht, ihm
in’s Gesicht zu sehen, sondern lramte
immer weiter, während er sprach-:
,,Etstens- sollte sie überhaupt etwas
älter werden —— das haben wir doch
den Leuten gesagt, wie Jhr heimlich
verlobt waret. Zweitens ist es eine
Stiefschwester, die heirathet, und ihre
richtigen Schwestern, die älter sind,wie
sie — Cläre und Fips und Bertha —
sitzen noch immer da.«
,,Bertha haben wir überhaupt hoc-s
alt-« concours gesetzt —- es ist zwar
meine Schwägerin —- aber, Papa,
weiß Gott, das kannst Du Niemand
zumuthen!«
,,Pardon, lieber Egon, Du kannst
gar nicht wissen, muß ich Dir sagen,
wie die noch wird. Wir Gernopps -—-«
Da riß Lieutenant von Dehner die
Geduld, und er sagte ganz wüthend:
ägch habe doch, weiß der Geier, mein
öglichstes gethan! Und Adda ist
doch weg, was, Papa? Das mußt Du
doch zugestehen, schnell genug ist’s ge
gangen!«
»Aber die Falschet«
,,Schlimm genugt«
Herr von Gernopp zuckte die Achseln
und meinte, sich umdrehend: »Es thut
mir leid, mein lieber Egon, aber das
ist Dein Pech«
Dann nahm er seinen zukünftigen
Schwiegersohn freundschaftlich beim
Arm, zwinierte mstt den Augen- und
redete ihm eine ganze Weile zu. Er
sagte, es könne ja gar nicht fehlen, daß
eine oder alle Schwestern bald folgen
würden, es wäre ja einfach eine Frage
der Zeit, und er solle nur noch ein ganz
klein bißchen warten, die Sache würde
sich schon machen. Eine Gräsin wäre
ein recht guter Anfang, und eine zöge
dann immer die andere nach, denn
wenn es erst einmal eine Berheirathete
im Regiment gäbe, so wiirden die
Schwestern bald in’s Regiment hinein
heirathen, wie von selbst. Dann sagte
er Egon von Deyner noch allerhand
Schmeichelhaftes über seine Geschick
lichkeit und machte ihn immer gefügi
ger, bis der junge Ossizier endlich seuf
zend sprach: »Na also, Papa, wenn
Du ’mal nicht willst, da ist eben nichts
zu machen. Also dann vorwärts, stür
zen wir uns-in den Strudel ’rein -——
aber, Papa, bei der nächsten Verlobung
kriege ich Lisbeth — oder ich brenne
einfach mit ihr durch. Paß ’mal auf!«
Und mit den Worten des Herrn von
Gernopp: ,,Egon, wirklich usnd wahr
haftig, Du bist ein Prachtkerl!« tra
ten die beiden Herren wieder in den
Salon.
Frau von Gernopp fragte sofort:
»Was habt Jhr denn gemacht, Au
gust?«
,,Cigarren geholt, Emilie!«
Doch in der Aufregung hatte er
richtig die Cigarren vergessen und
mußte noch einmal umdrehen, wäh
rend Egon von Deyner seinen Ritt
meister und Schwager beiseite nahm
und ihm sagte: ,,Joachim, geh’ ’mal so
fort zsum Alten herein und frage ihn,
wann Jhr heirathen könnt. Jch habe
Euch, Adda und Dich, doch als redli
cher Elephant unter-stützt Also bitte
—- denn er hat mir eben gesagt-, daß
wir nicht heirathen dürfen-, ehe Jhr
nicht längst aus dem Hause seid-l'«
Lächelnd stand Graf Westerbrant
auf, denn die dicke Adda hatte ihm
einen Stoß gegeben vor Wonne. Sie
freute sich schon auf die Ruhe des mar
lischen Gutes, das sie bald nach der
Hochzeit beziehen wollten,szda der Ritt
meister entschlossen war, als junger
Ehemann den Abschied zu nehmen.
Durch die verschiedenen heimlichm
Gespräche im Zimmer ihres Mannes
war Frau von Gernopp eifersiichtig ge
worden. Auch sie wollte in Familien
angelegenheiten mitsprechen. Deshalb
stand sie schnell auf und folgte den bei
den Herren hinüber.
Und nun machte sich Egon von Dev
ner einen Spaß, um sich ein bißchen
schadlos zu halten für seine gescheiter
ten Hoffnungen. Als die Zwillinge
wissen wollten, was denn nur fortwäh
rend in des Vaters Zimmer verhandelt
würde, sagte er flüsternd geheimniß
voll, scheu sich umblickend: »D:nlt Euch
nur, der Herr, der Röhnsvorf, das
ewige verkrachende Röhnsdorf gekauft
hat,ist siebenfacher Milliosnär und sucht
eine Frau. Außerdem ist er sehr schön
und hat —— denkt Euch nur —- Papa
um Rath gefragt, weil »der doch sein
Nachbar wird und alle Leute in der
Gegend kennt, welches Mädchen er ihm
empfehlen könnte!«
Alle horchten aut, sogar Stephanie
machte große Augen, und die Zwil
linge zitterten vor Aufregung·
»Wer ist es »denn?«
»Wie heißt er denn?«
»Hat das Papa wirklich erzählt?«
ging es durcheinander.
«« Egon machte ein ganz ernsthaftes
Gesicht und drückte Lisbeth die Hand,
damit sie ruhig sein sollte. Ev wußte
gar nichts von dem Käufer vonRöhns
dorf, nicht einmal den Namen-, des
halb konnte er auch nicht antworten-.
Doch Bertha, die den ganzen Abend
kein Wort gesprochen und nur ihre
große häßliche Nase immer auf ihre
Stickerei gesenkt gehalten hatte, hob
plötzlich das Gesicht mit einem Anfbug
von Roth auf den Wangen und sagte
bescheiden: »Ich kenne ihn.«
Erstaunt fuhren sie alle aus und be
drängten die häßliche Schwester mit
Fragen, daß sie sich ihrer kaum erweh
ren konnte. Auch Egon war sehr er
staunt
»Woher denn?« sragte er sie.
»Von Pellbecks, dort war er Nach
mittags-, wie ich neulich sda war.«
»Wie heißt er denn2«
,,Pellbeck! Herr von Pellbeck isi ein
Vetter von ihm und hat ihn beredet,
sich hier anzuiaufen.«
»Ist er -—— ist er —- neti?« wollte da
Stepbspie wissen, und Bertha gab ein
fach T;ct: »Er hat mir gefallen«
Nu: war das Erstaunen und die
Ausrcg ·.g groß. Nach einer Weile
fragten die Zwillingsradieschen wie in
einem Ton, während sie sich freundlich
der Schwester näherten: »Warum hast
Du denn das gar nicht erzählt, Ber
tha?«
Die häßliche Bertsha blickte sie ge
rade an: »Ihr habt mich ja gar nicht
gefragt, wie es bei Pellbecks wart«
VlL
Noch immer hatten Gernopps den
Omnibus nicht angeschafft, denn nun
wo es ausgemachte Sache war, daß
Egon und Lisbeth nicht eher heirathen
durften, ehe nicht noch eine der Schwe
stern verlobt wäre, konnte man ja drei
als mit Sicherheit untergebracht be
trachten. Deyners erneute Bemühun
gen mußten über iurz oder lang doch
ihre Früchte tragen, und dann gab es
nur noch vier Schwestern und zwei
—