Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, October 18, 1895, Page 5, Image 5

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    Fsz Der Fremde
« Roman oonYobert Kahn-ansch.
Is
s.
i
Gassenan
Im Zwetiet an seiner Muttert
War es denn Inoqlich, daß feine Ge
da·-ken sich io weit verirren hinnen?
in Zweifel an ihr, in der sich lin
fchnsd und Reinheit fiir ihn oertörpert
j hatt « , seit er gewußt, was Sünde nnd
Bat-Nin bedeuteten2 Und Wenn ed
as ynuk ein leiser, ganz in der Seele
IHinter-stund auftauchender Zweifel
war, nicht am Leben und Handeln, nur
Denken und Linn-finden der gelieb
n Frau, auch das schon diinkte ihm
edel, vor dem er erschrak. Er ver
uchte zu lachen, als könne er durch den
« on feiner Stimme die dunklen, heran
s'schleiit)enden Gedanken bannen—unb
doch, nach ein paar haftigen, unficheren
e Gängen durrkfd Zimmer schritt er noch
« einmal hinüber in’e Nebengesnach,
k: öffnete aufs Neue den Koffer und
k holte wieder das Papier hervor, das er
s dort geborgen hatte. Dann trug er ed
’ ’- - T
se -. »so-«
- zur Lampe nnd breitete dae grelle
) eiß auf die rothe Fläche, von deren
etn Leuchten es kalt sich adhob.
ptas und tas, doch die Schrift gab
teine Antwort auf seine sich drangen
den Fragen. Die Worte, das Datum
blieben unverändert, aber keine Erin
» rung tauchte in feinem Denken auf,
I diejie ergänzt oder erläutert hätte. f
W(
Nun begann er zu grübeln, woher
d Papier stainme und wie es in seine
Hände gelangt sei. Ei- hatte auf der
Erde in seiner Mutter Zimmer ge
k- legen, als er zu ihr gegangen war, um
- die Vorbereitungen zur Reise mitihr
in vollenden. Sein Koffer, oben im
Giebelstiibchen bereite fast ganz gestillt,
war hierher eschafft, weil die Mutter
P « ch einige Oachen hinzupacken wollte.
« ie lagen auf dein runden Sophatisch
beisammen, Papier daneben, sie zu
umhüllen Jhui war ausgesallen, daß
die Mutter mit dein Einpacken noch
-. nicht begonnen hatte, sondern unthiitig
KLr der niedergeschlagerien Klappe ihres
d« chreibselretiiro saß, in dein sie die
; Familienpapiere, ihre Haushaltobiicher
s und andere Schriften ocrwahrte. Und
als Bo sen iii seinen Erinneruiigen so
weit ge oniinen war, wußte er plötzlich
- woher das Papier stammen mußte, dad
« ,i·p heil aus dem Noth zu iiim san-ach
» tete. Er betrachtete es noch einmal-—
« ganz recht, das Blatt zeigte ein golde
nes Blinen auf seinem seinen, scharfen
« «)iande, ess war offenbar absichtlich and
einein Buche herandgerissen——er sah
ti) a »Auch vor sich, zu dem eo geliiirte.
« e Familienchronii nannte die Mut
terdas braune, mit lsioldschriitt ver
sehene Heft, in das sie alle Dateneins
trug, die wichtig schienen iin stillen
Verlauf-»was Daseins, dont Tode
ihrer Großeltern bis zur Geburt des
i Sohnes und zu seinem Aneng in die
Welt am gestrigen Tage.
lind nun erinnerte er sich auch der
Worte wieder, die sie gestern sprach,
als er leise zu ihr herantrat und sie
weilte aus ihren stillen Träumereien.
Zie hatte Theorien in den Augen, wie
sie zu ihm eint-erblickte, aber dann
lächelte sie ihr Lächeln unendlicher Her
4sent-gute und untilgbarer Heiterkeit
und sagte: »Ich habe ein wenig aus
riluuit in alten Papieren und Schrif
- n, damit Du Alles in Ordnung fin
dest, wenn ich einmal todt bin.«
Er machte einen Scherz iiber ihre
ernsten Gedanken, sie aber entgegnete:
»Nein, nein, mein Herz ist nicht in
Ordnung lschon seit ein paar Jahren,
.- wao die lugen Doltoren auch sagen
»- iiiiigen. Es kann geschehen, daß ich
, mich Abends einmal lege, um nicht
"— iviederjtiszustehen Jch siirchte mich
- aber nicht davor und ich habe ia auch
meinen Antheil gehabtan Glück. Nun
: miissen Andere kommen, s ich ihr Glück
"" zu suchen, Du voran, mein lieber
e.« Dann stand sie aus, schloß
» n Seitetiir und begann mit Eifer
kdie Zurüsnnigen zur Reise«
Bohsen wußte seht, dasz senett Blatt
i rch der Mutter Hand ane der Fami
Jenchronit heraydgerissen war, daß sie
ktvahl mit anderen zusammen, die»
s Jener wirklich verzehrt—·—hatte ver
ittichlen wollen, ttttd »daß es nicht siir
-; seine Augen- destimmt gewesen. Er
sagte sich, daß es ihtn nicht gezieme,
weiter darüber ztt grübeln, dasz der
1 Mutter Wesen zu hoch stehe siir seden
Verdacht und jeden Zweifel, nnd doch,
wenn er seine Gedanken in einen sanf
ten, ruhigen Fluß znrtictzwingen
wollte, hier war trine Klippe, an der
» die Wasser ausdrandeten ttnd dem Blick
i dae Hineindringen mehrten in eine
E tlare. durchsichtige Tiefe. Er zürnte
mit sich selbst und tngleich slannle er, «
als sein Blick zufällig auf die Uhr atts
»dem ltantine siel nnd ihnt zeigte, daß:
M zehnte Stunde schon gekommen sei.
Nun, so war es dad Beste, alle thiirichs
i tett Gedanken gewaltsam zu dannen, «
"- sich nr Ruhe zu begehen und im Schlaf
Ersrjschttng nnd Vergessen zu suchen. »
Er tllttgelte noch einmal dem Tie- i
tter, ttnt ihm zu sagen, dasz er seiner
esttltht mehr bedürfe, nnd als dieser dad
Schkaszimnter erleuchtet hatte, suchte
oohsen das Lage-, das graste, von den
o· en Seidenvothiingen ntntvallte ;
.-s)’ inmelbett Er sant lies ein in dies
« weichen Kissen-nnd nachdetn er dies
Lichter geldscht, betrachtete er warltenj
« noch eine Zeit lang die hellen
Jttrett, die von der Straße heraus- ;
tt nder Lichtschein ans die weißen, »
W lassenen Vorhanae zeichnete. l
« - »so-F- W.-.-s—- (
(
» -..,.... , ,.- .-. - i
Bald aber verschwammen die gelblichenl
liirhen ineinander, die Augen fielen
hm zu, Bohsen schlief ein«
Zuerst war es ein ruhigen traum
la er, erquickender Schla , der ihn in
se ne Arme nahm—-—dann begannen all
mälig Gestalten und Bilder aus der?
blauen Dämmerung der Traumweltl
aufzutauchen, wechselnd, unbestimmt,
ohne sichere Farbe und Ranken Plötz
lich aber gewannen sie feste Linien,
bekannte Züge, und zugleich bemäch
tigte sich des Schläfers eine herk
betlemmende Angst, die er kannte, w e»
das Traumbild ihm vertraut war feit
langen Jahren. Es kehrte ihm immer
wieder-, wenn eine große Erregung
seine Nerven in Aufruhr verseht hatte,
und jedesmal brachte es dieselbe
Empfindung einer tödtlicheu Angtt,
eines namenlosen Grause-as mit sich,
wie es die Erinnerung erweckie ans
jene Nacht, als der Knabe diesen
Traum zum ersteu Male geträumtz
hatte. Eb war geschehen, als er drei;
oder vier Jahre alt gewesen, in einen
stiirmifchen Nacht im Frühling oder»
Herbst. Als er schlafen ging, schlugf
der Wind mit den Weinranten gegenj
das Fenster des Schlafzimrners, er er- ;
fchrat dariiber, und die Mutter deii
ruhigte ihn. Dann bettete sie ihn mit H
sanften Händen, ließ ihn beten und!
setzte sich an den Tisch, aus dem die!
Lampe brannte. Der Hinabe lag nachj
eine Zeit lang mit offenen Augen in;
seinem Gitterbett und sah-zwischen
(
den runden, fchwarzen Staben des«
Gitters hindurch auf das Zimmer, die
Lampe nnd die Gestalt der Mutter-.
Er selbst war im Dunkel, denn eins
alter Lichtfchirm, der von der Großmut- s
ter flammte und über einer rilthfelhafs j
ten Landschaft eine Vollinondsfcheibe;
aus gelbem Oelpapier zeigte, stand vor s
der Lampe und wars feinen großen,j
biereetigen Schatten iiber die Hälfte
des Zimmers. Drüben in dem erleuch
teten Raum trat Alles ilar und deut
lich hervor. Die Mutter saß int vollen
Licht ein wenig seitwärts hinter der
Lam e und nahte an einem weißen
Sto f. Das Alles fah der Knabe und
ließ die Blicke von Einem zum Ande
ren gehen auf dem abendlichen Bilde, »
das fiir ihn durch die Stabe des Gitss
ters in hohe, parallele Felder zerlegt»
wurde. Dann fah er nichts mehr, ers
fchlief ein. lind nun begann der
Traum, zuerst nur mit einem unbe
stimmten Gefühl des Erfchreekens, mit
einer Empfindung der Furcht, siir die
er keinen Grund und keinen Namen
wußte. Dann kam ein Erbeben der
Luft, wie von einer tiefen, heftigen,
donnernden Stimme, und endlich das
Seltsamfte und Schrecklichfte von
Allem. Es war dem Knaben mitten
im Traum, als erwache er, aber doch
wehrte ihm der Schlaf oder eine rath
felhafte Erstarrung, zu fprechen, um
Hilfe zu rufen, zu schreien. Erfah das
Zimmer ganz wie zuvor, den Licht-.
fchirm, die halbverborgene Lampe, dies
Gestalt der Mutter. Aber sie fasz nicht (
an ihrem Platz und sie war nicht mehr
allein. Ein schwarzer, fürchterlich
anzufehender Mann stand neben ihr,
ein Mantel hing lose um feine Gestalt,
ein weicher, dunkler Hut war tief in’s
Gesicht gezogen, ein mächtiger Bart
fiel ihm bis auf die Brust. An des
Knaben Ohr schlugen Laute, die er
nicht verstand-er horchte und horchte, :
aber er vernahm nichts, als dumpfe, I
verklingende Töne, und während er.
sich vergeblich bemühte, fie in Worte zu J
liedern, wuchs und wuchs die räßliche
ngft, die ihm die Kehle znfchniirtk
Und nun plötzlich hob der Mann die
Hände, griff in feinen Bart und riß
ihn mit einer einzigen, heftigen Be
wegung herunter von feinem Gesicht.
Ein Schmerz durchfnhr den Knaben,
wie er ihn nie zuvor gefiihtt. Es war
ihm, als werde ihm selbst die Haut.
vom Gesicht geriser, und die Wunde
fchmerre ihn bis in die Fingerspitzen
hinein. Dabei aber ftarrte er unver
wandt auf den Mann, der das Schreck
liche gethan, und wunderte fich im
Traum, daß kein Blut von feinem Ge
ficht herunterfloß. Dann ward es mit
einem Male dunkel unrihn her, nnd in
der Dunlelheit erwachte er rvirtiich.
»uerst lag er unbeweglich mit heftig
l opsendem Herzen und wagte es nicht,
einen Laut von sich in gebeu. Aber
dann kam die Angst hm zurück, aut
der Finsternis meinte er leises Finstern
und das kaum oernehtnliche Flutstern
heranschleichender Schritte zu hören —
er begann zu weinen und nach der Mut
ter zu rufen. Sie mußte nebenan in
ihrem Wohnzimmer gewesen sein, denn
sie laut gleich herein mit der Lampe.
Das Schreien und Weinen des Sohnes
hatte sie so erschreckt, bnszsie zitterte-—
die Lampe lltrrte in ihrer Hand, und
sie beeilte sich, sie auf den Tisch zu
stellen. Dann setzte sie sich neben dat
Bett des Knaben, strich mit kalten,
bebenden Fingern iiber sein Haar und
ließ sich, erzählen, was er geträumt.
Einmal, alt- er von dem schwor en,
schrecklichen Manne sprach, fragte fie
«lind Du hast auch getrnuint, was er
gesagt hatt-« Als aber der Knabe be
richtete, wie er lich vergeblich bemiiht,
die Worte zu verstehen, bie die Erschei
nung gesprochen, da niate le stumm
vor sich hin nnd sagte: » iehstDu
wohl, ed war nur ein Traum Schlas’
nun wieder ein und vergiß, was Du
geträumt hast«- lind sie blieb neben
ihm sitzen, die anb aus seine Stirn
legt, bis das lut in seinen Adern
ich beruhigte, bitt der Athem re el
tniißig kam und ging, bit ein fr ed
licher, traumloser Schlummer ihn hin
wegsiihrte nnd ihn Traum, Angst und
Mutter vergessen ließ.
seit ten-r fritrmischen Nacht in sei- «
ner Kinderzeit hatte dieser Traum ihn
verfolgt, am häufigsten in den Jahren, I
die jenem ersten Male am nächstens
waren, aber auch später noch, als er!
heranwuchd mtd zum Manne wurde.i
Es machte leinen Unterschied, dasz ers
fein Schlafzimmer wechselte unds
hinaufzog in’d Giebelstiibchen nach»
Norden, sobald er grosi genug war, die s
Nähe der Mutter entbehren zu können.
Der Traum verseute ihn zurück in das
Kinderstiibrhem er ward im Schlafe
wieder zum dreijährigen Knaben, lags
in seinem alten Bett, und die Stäbei
des Gitter-d zogen ihre schwarzen, senk- I
rechten Linien in das Bild, das ihn
ängstigte. Und heute, in der ersten
Nacht, die er in der fremden Stadti
unter dem Dache des gaftlichen Hauses s
zubrachte, iibersiel ihn aufs Neuei
jener Traum. lind heute zum ersten’
Male erfuhr das vertraute unddoch seit ;
Jahren gehaßte Traumbild eine Blende- ;
rang. Der Anfang war wie sonst, aber j
als jener Augenblick kam, in dem ders
Mann seine Hände hob und den Bart »
herunterrisz vom Gesichte, da geschah?
etwas Neues, llrierwarteted. AnstattI
in’d Dunkel zuriictzutauchen und zu(
verschwinden, trat er nahe heran an die j
Lampe, wandte sein Gesicht dem(
Schlafenden zu und sah mit scharfen
Augen voll zu ihm hinüber. lind Boh- .
sen kannte das Gesicht. ErstseitStun- s
den freilich, erst seit dem Abend dess
dahingegangenen Tages, aber diese1
Zuge, dies bahrende, sragende und zu- l
gleich erstarrende Gesicht, gesehen im!
Scheine der Kerzen, die drüben im!
einsamen, verlassenen Zimmer braun-!
ten, Abend fin Abend, Nacht in- Nachti
--er hatte den Blick dieser Augen ge
fühlt und er siihlte seine Gewalt, mäch- s
tiger noch und durchdringender, jetzt»
aufs Neue im Traum. Er versuchte
zu reden im Schlaf-— er wollte zu der
Erscheinung sprechen, wollte ihr zu
rusen: »Ich kenne Dich, Du bist der
Mann, den ich heute gesehen, Du bist
der Freinde!» —- aber seine Stimme
schien eingefroren, er brachte nichts
hervor, ald ein heiseres, dumpfes,
angstvollea Stohnem und von diesen
Tönen der Angst und der Qual, die in
der Stille der Nacht aus seiner eigenen
Brust hetvordrangen, erwachte der
Schläfer
Auch nach dem Erwachen fühlte ths s
sen noch daa Beben der Nerven, die!
der Traum in Schwingungen versetzts
hatte. Er mußte sich, als er die Augen
geöffnet, zuerst besinnen, wo er sich
befand, nnd ale ihm das Bewußtsein
davon zurückgekommen war, iibersiel
ihn ein Gefühl dce Sijiißdeliagene, daß
dieser widertviirtige Traum ihm in die
ser Nacht gekommen war. Dann lag
er und grilbelte iiber dad, was er ge
sehen. Seltsam, daß gerade heute das
Traumbild zum ersten Male sich ver
andert, und daß der Mann die Zuge
des Fremden getragen hatte! Und doch
nicht seltsam. Das eigenartige Ge
sicht hatte ihn interessirt und beschaf
tigt, und später aui Abend war es das
Bild der Mutter gewesen, das ihm am
lebhaftesten vor der Seele gestanden —- s
tvar eeL ein Wunder, daß der Traum
die beiden Gesichter nebeneinander-!
stellte und sie in eine Beziehung zu-!
einander brachte, die es nicht gast
War es ein Wunder-mitten in seinen «
wachen Träumereien fuhr Boysen zu-?
samtnen. Es war ihm gewesen, als»
habe eine Hand an die Thiir den
Schluszimmers gefaßt und leise daran
geritttelt. Und nun, während er noch
daraus horchte, ob das Geräusch sich
wiederholen werde, ein anderer Ton,
ein seines Klirren und Stoßen, das
vom Fenster herzulomnten schien.
Dann ausn- Neue jenea Riitteln an
der Thür, und wieder dad Klirrem das
er zuvor gehört. Bohsen mußte lachen
iiber sich selbst. »Man wird kindisch
bei solchem Trantii,» murmelte er vor
sich hin. »Die verdammten Nerven!
Er ist der Wind, nichts weiter. Ja,
ja, die neuen Häuser-! Glanz und
Pracht und Marmor und Plusch—aber
gute Tischlerarbeit können die Leute
nicht mehr machen. Da waren wir in
unserem alten Kasten besser verwahrt,
ala hier der reiche Nachbarssohn in sei
ner Villa.«
Der Wind, der am Tage gänzlich
geschwiegen hatte, mußte sich bei
Nacht ausgemacht haben, und tvenn er
gegen das Haue stieß, dann gaben die
Thüren und die Lustscheiben des Fen
stere ihm Antwort. Bohsen hatte die
Ursache der seltsamen Geräusche her
ausgefunden, aber trotzdem fuhr er
fort, darauf zu horchen und zu warten,
wann sie sich wiederholen würden.
Dae qualte ihn nnd steigerte die Un
ruhe der Nerven, und als ihm zur Ge
wißheit geworden war, daß der Schlaf
doch nicht wiederkehre, erhob er sich von
seinem ragen Er tastete im Dunkeln
nach seinen Kleidern, die neben dem
Bette lagen, und kleidete sich an.
Dann ging er zum Fenster, schlug den
Vorhang zuriict und schaute hinaus.
. Die t-oterne, die vor dem Hause
Jgebrannt hatte, war ausgeldscht, es
smnßte tief in der Nacht sein. Der
sWind suhr gegen die Mauer, der am
lTage so klare bin-met hatte sich mit
einer arauen Waltenichicht bezogen,
kein Stern war in sehen. lind indem
Bohsen hinunterblntte in die Straße
zu seinen Füßen, sah et· sie jeht wirt
s lich angefüllt mit dem diisteren Nebel
sstrom, den seine Phantasie am Abend
sourch sie hatte dahiniluthen lassen,
sienent Strom der Finsternis;, der ihm
jentgegeniam aus seinem Weg in einen
streuen Abschnitt dee Lebene. lind iiber
sder Dunkelheit nur ein einziger heller
sPunitl Jene Flammen, die aue der
iNacht selbst ihre Rohr-un zu sau en
ischienem die mit ihrem onnnen sich
entzündeten nnd dahinstatben, wenn
sie schied. Jene Lichter-, die mit ihrem
einsamen Leuchten vielleicht irgend
ein Phantom bannen sollten, das in
der Dunkelheit lebte und var ihnen
entfloh. Jene Kerzen, die auch jetzt
in dieser dem Schlafe geraubten
Stunde, inmitten der schivcigenden,
von der Stimme des Windes allein
erfiillten Nacht herüber-strahlten zu dem
Wochenbett aus dem leeren, glänzen
den, in all’ seiner Pracht so verödeten
Prunkzimmer des Fremden.
Z· Kapitel.
»Du, kiinnen sie Dir schon vor Er
dfsnung der Ansstellung eine Medaille
anhängen'.«" fragte Buterweck den
Freund, als dieser am anderen Morgen
das Friihstiickszinnner betrat. »Hier ist
ein großes Schreiben fiir Tich vom
Vorstand des .iiiinstvereins."
Hastig grifi Boysen nach dem Papier
—was konnte man von ihm wollen?
Er ward bleich, dann aber hob ein
Seufzer der Erleichterung seine Brust.
»Deiner Desdemona ist doch kein
Unglück passirt7" fragte Buterweck,
der ihn aufmerksam beobachtete.
»Ein kleines allerdings-zum Glück
nur ein kleines, das ich rasch wieder
gut machen kann. Sie schreiben mir,
daß das Bild unterwegs durch ein abge
sprungenes Stück des Rahmens ein
wenig beschadigt sei, und laden mich
ein« heute hinauszukommen, um den
Schaden zu repariren. Gott sei Dank,
daß es nichts Schlimmeres ist!"
»Da u gratulire ich auch. Aber wie
die Sa e liegt, würde ich ihr die an e
nehme Seite abzugewinnensuchen. - n
kommst auf die Weise heute schon zu
Deinem Bilde, kannst sehen, wie sie
es aufgehängt haben, kannst Dich viel
leicht mit ein paar Mitgliedern der
Jury anfreunden, die dort gewiß noch
herumschnüffeln-so etwas muß ein
Sohn des neunzehnten Jahrhunderts
nicht versäumen. Habe ich Recht oder
nicht?"
»Necht hast Du freilich. «
»Na, dann wollen wir frühstiieken."
Sie setzten fich, nnd Buterweck suchte
durch doppelt lebhaftes Geplauder den
Rest der Unruhe zu vertreiben, die sei
nen Freund beim tkesen des Briefes
ergriffen hatte, und die er nicht ganz
verbergen konnte.
»Ein rechter Lümmel bin ich eigent
lich doch, daß ich Dich gestern am ersten s
Abend allein gelassen habe,« rief der;
Gespriichige aus. »Aber unsinnig dank- ;
bar bin ich Dir trotz alledem, daß Du I
mich haft ziehen lassen.«
»Es ist nett, daß Du aufrichtig
bist,» gab Boyfen mit einem Lächeln
zur Antwort.
»Ach, nmicu titi«,wer kann gegen
die Liebe ! «
»Du, treib’ mir keinen Unsng mit
dem Wort. Verliebt habe ich Dich
schon ungezählte Male gesehen, aber
daß Du je bisher geliebt hast im Leben,
das glaube ich Dir nicht«
»Und Du vielleicht?" fragte Bitter
wect in gekränltem Tone.
»Auch ich noch nicht. Aber wenn es
einmal geschieht-—wenn es einmal ge
schieht-» . ;
»Dann wirft Du ebenso verrücktl
sein, wie andere Menschenkinder, ob!
sie lieben oder verliebt sind—in der
Verriicktheit macht das keinen Unter
schied. lind Du solltest sie nur sehen,
ich sage Dir, es ist ein himmlisches
Weib ! Das hei fzt, eigentlich mehr teuf
lisch-ein hinimlifcher Satan — das
lommt der Sache am nächsten. «
»Eine neue Spezies, die mir bisher
nicht vor-gestellt ist."
»Ja, warum willst Tit sie denn
nicht einmal sehens«
»Ich habe mich meines Wissens
noch nicht geweigert.«
»Na, so loinm’ doch mit !«
,,Zunachst möchte ich fragen, wies
dereinst in der lateinischen Stunde:;
Wen oder was liebst Du? Wer ist fie, T
was ist sie, wie kann ich sie sehen?«
»Was sie ist? Sie singt."
»Auf der Biihne·e»
»Nein, vorläufig nicht. Sie ist in
einein Ting-—-e6 ist sehr anständig da
—sie nennen es itonzerthalle."
Bonicn mußte laut auslachen,
obwohl er vorhersah, daß ein grim
inigee Neficht des Freundes der Lohn
sein werde. ,,Jn einent Tingeltangel
also?«
»Weißt Du, so grob beanchtest Du
nicht gleich zu sein. Ein Tingeltangel
iit ganz etwas Anderes-. Eine Konzert
halle, wie ich Dir gesagt habe. Es
wird dort getaucht und Bier getrunken
und gesungen, aber darum brauchst Du
es doch nicht gleich einen Tingeltangel
zu nennen. Sie könnte anf der ersten
Biihne singen, wenn sie nur wollte."
»Das sagt sie wohl selbst-«
»Bl) nein, das sagen i«eute, die sehr
viel davon verstehen. Aber dies Leben
macht ihr nun einmal riesigen Spaß.
Nothig hatte sie ed gar nicht, unt’s
Geld zu singen, sie hat Vermögen»
»Bennogen'.- Und singt in einer
KonzerthalteP starolus Buteriveck, ich
komme ans der Provinz, aber Du hast
sDir in all’ dem Staub und Lärm der
Großstadt ein glaubigeres Kinder
’ genliith bewahrt, ale ich.«
»Du kennst sie einfach nicht, varie
siiuu mit-. Wenn Du sie erst einmal
gescheit hast-J
» »Was dann?«
? »Dann wirst Du keine Deedetnona
»mein- malen. Solch’ ein Weib hat
iDein vielgeliebter Shaiespeare liber
j haupt nicht aufzuweiseii——ganz habe ich
i den alten Knaben allerdings nicht ge
!lesen.«
) »Nun denn, ich konnue mit Dir und
E sehe dies Wunden-«
) »Um übrigens Desdetnona nicht zu
kergessem ich habe Billetg holen las
en."
»Billets? Aktiqu
! »Ah, das weißt Du noch nicht? Zu
lChren des großen Malers, der heute
mit seinem noch größeren Bilde den
Einzug in unsere Stadt hält, haben sie
im Theater den ,Othellos’ angesetzt.
Eine zarte Aufmerksamkeit, was?
«- rgend ein beriihintes Thier spielt den
thello, den Namen habe ich natürlich
wieder vergessen. Aber Billets zum
ersten Rang habe ich holen lassen-—
» immer nobel, unserem Vermögen ange
messen. Wenn sie liegen bleiben, scha
det es nichts, wenn Du gehen willst,
« soll es mich freuen-«
» »Ich gehe sehr gern— aber Du
T kommst doch mitT-"
s »Natürlich! Eigentlich sehen wir
i moderne Menschen diese veralteten Ge
»schichten ja nicht mehr an, aber wenn
’ ch Dich hinführe, kann man mir s ja
jnicht übel nehmen »
! »Also einverstandeul Zunächst gehe
ich nun-«
,,N,a selbstverständlich, Du sitzest ja
doch schon aus Kohlen. Zunächst gehst
Du—das heißt, Du fährst, ich lasse
Dir einen Wagen holen, da Du ja doch
Dein Handwerkszeug mitschleppen
mußt. Du fährst also zur Kunstaussteli
lang, malst, was zu malen ist, kommst
zu Mittag—heute um drei Uhr-zurück
und gehst am Abend mit mir in’s
Theater. Wenn aber Desdemona todt
ist, führe ich Dich zu der lebendigen
Safsi."
»Sasfi heißt sie?"
»Getauft ist sie, glaube ich, ganz
rechtlich und christlich Sophie—aber in
dem Ding, im ,Zigeunerbaron,’ heißt
die eine Person Ia Sassi, und das hat
ihr besser gefallen. Seitdem läßt sie
sich so nennens
Boysen erhob s ich—es drängte ihn,
zu seinem Bilde zu kommen »Alle
Antrage des geehrten Herrn Vorredners
sind unverändert angenommen," sagte
er und gab dem Freunde die Hand.
,.Leb’ wohl bis zum Mittag
,,i"-eb’ wohl und guten Erfolg mit
der Mohrengattin !"
. Boysen nickte ihm noch einmal zu,
dann machte er sich bereit zur Fahrt.
sAls er wieder herunterkani, begegnete
ihm im Flur der Diener, der den
Wagen besorgt hatte. Beim Anblick
des Menschen fuhr ihm von Neuem die
iAehniichteit durch den Sinn, die er
gestern entdeckt zu haben glaubte. So
fragte er im Vorbeigehen, ob er jemals
in der Vaterstadt Bohsens und Amer
wecks gewesen.
»Die Herren stammen von dort, ich
weiß es," antwortete der Gefragte,
dessen Gesicht im Morgenlicht noch
blasser erschien, als am Abend. »Ich
selbst kenne die Stadt nicht."
»Sie waren niemals dorti»
»Niemale, ich bedaure."
Boysen ließ ihn stehen und wandte
sich zum Wagen. Die Antworten waren
auch diesmal prompt nnd ohne Zögern
erfolgt, und doch traute er ihm so wenig
wie zuvor. Mit der Aehnlichkeit hatte
er sich aber doch wohl getauscht—sie er
schien ihm heute geringer, als er ge
dacht, und es lag wirklich kein ersicht
licher Grund vor, daß der Diener sei
s nen wahren Namen verheimlichen
sollte
» Als Boysen in den Wagen stieg, be
grüßte ihn derselbe triibe Herbsthiw
’mel, den er schon beim Ertvachen ge
sehen, und der auch jetzt seinen grauen
Mantel iiber die Stadt breitete. Nur
mit dem Unterschied, dasi ein seiner
Regen seit der Frühe niederfiel, so daß
die Trottoirs und die Basaltiteine des
Pflafters in schwarzem Glanz zu den
mit Tropfen bespriihten Wagenfenstern
hereinschauten. Bohsen aber achtete
kaum daraus-seine Gedanken waren
. bei seinem Bilde. Farben und Gestal
; ten wogten vor seinen Augen, und aus
I der Wirrniß von bunten Tönen blickte
ein schönes, ungliickliches Frauenantlih
zu ihm her, das er selbst geschaffen und
das er im Schafer lieben gelernt
hatte.
Der Wagen hielt vor dem Gebäude
des Kunstvereins. Die breiten Stufen
var dem Portal waren menschenleer—
das Wasser hatte auch iiber sie seine
glänzende Decke gebreitet. Zwei Flag
genniasten standen zu beiden Seiten,
heute noch ohne den wehenden, wallen
den Schmuck, der morgen die Eröffnung
der Ausftellung verkünden sollte.
Bohsen wies dem Beamten das
Schreiben, das er erhalten« und die
sestgeschlossenen Thüren thaten sieh siir
ihn aus. Allein schritt er durch die mit
Statuen und Pslanzengruppen gezierte
Vorhalle, hinein in die Räume, wo
die seltsame Stille der nur von todten,
gemalten Wesen belebten Einsamkeit
ihn empfing. Durch den grauen Him
mel gedämpft, fiel das Licht von oben
in matten, breiten Strömen herein,
von fern tönte zuweilen das Hännnern
der beim Aufhängen der Bilder noch
beschäftigten Arbeiter leise herüber,
ein kräftiger Firnißdust strömte von
den bunten Bildflächen aus. Ein paar
Säle musite er durchschreiten, bevor er
feine Desdemona entdeckte-mit Freude
fah er, daß man ihr einen guten Platz
gegeben hatte, nnd diese Freude wuchs,
als er bei genauer Priisung erkannte,
daß die Schaden, die das Bild erlitten,
nur ganz geringe waren. Mit Eifer
machte er sich daran, fie zu beseitigen«
und es war ihm ein eigenthiimliches
Gefühl, hier in der fremden Umgebung
wieder an dem vollendet geglaubten
Werke zu arbeiten, das nun seit Man-;
den all’ sein Denken beschäftigt, fein
ganzes Können bis zum Aeußersten an
gespannt, die verborgensten Tiefen sei
ner Seele in Thäiigkeit versetzt hatte.:
Niemand stärte ihn, kein Mensch
durchschritt das Zimmer-so war seine
Arbeit rasch beendet, und als jede Spux
des Unsalls getilgt war, blieb er noch
lange vor seinem Bilde stehen« es
ruhig mit priifeuden Blicken betrach
tend. Dann blickte er auch zu den ande
ren Bildern hin und ließ die Augen
von ihnen zu der eigenen Schöpfung
zurückkehren »So viel wie ihr kann
ich auch, vielleicht noch ein wenig
mehr," sprach er vor sich hin, fuhr aber
doch leise zusammen, als er an einem
sich nähernden. gediiinpsten Schritte
bemerkte, daß er nicht mehr allein mal-,
und daß sein stolzes Selbsterlenntniß
einen Wusther gehabt hatte. Fiir
fremde Ohren waren seine Worte nicht
bestimmt gewesen, und ed that ihm
weh, das; man fiir Aninaßung halten
konnte, was nur das Ergebniß einer
scharfen, auch gegen sich selbst gerechten
Prüfung gewesen war.
Als er sich umwandte, erblickte er
einen kleinen, dicken, noch sehr jungen
Herrn, der auf spitzschnäbeligen Gunt
mischuhen daherschritt. Jn der moder
nen Tracht, in Haar- und Bartschnitt
konnte er an Buterweck erinnern, aber
aus dem rothen, trotz der Jugend be
reits einigermaßen verlebten Gesicht
schauten ein paar dumme, blaßblaue,
erstaunte Augen ganz anders in die
Welt als die des Freundes. Es mußte
ein Mitglied der Juty sein, da kein
anderer Maler die Ausstellungvor Er
öffnung betreten durfte, und Boysen
fühlte sich veranlaßt, ihn höflich zu
begriistew Aber der Dank, den er ern
tete, war kiihl und kurz, und ein hoch
utiithiger, fast verachtender Blick ging
iiber ihn dahin. Er selbst war zur
Seite getreten, und gleich faßte der
Andere breitbeinig vor seinem Bilde
Postv, holte einen Kneifer hervor, den
er nicht ohne Mühe aus der kleinen,
dicken Nase befestigte, steckte die Hände
in die Hosentaschen und widmete so ein
paar Augenblicke einer scheinbar eifri
gen Betrachtung des Bildes, das er
doch schon kennen mußte. Lange dauerte
es nicht, bis er seinen Urtheilsspruch
verkündete. Er nahm den Kneifer
herab, tiemmte ihn zusammen, steckte
ihn sorgfältig in die Westentasche und
murmelte sehr vernehmlich, indem er
einen halben Blick erneuter und ver
stärkter Verachtung zu dem Schöpfer
der Desdemona hinübersandte, nur die
zwei Worte: »Alter Kessel-« Dann
verließ er aus seinen Gummischuhen
mit den Schritten eines Triumphators
den Saal.
Bohsen sah ihm nach und lachte.
Das Männchen hatte ihn amüsirt,
aber ein wenig eng ward ihm trotzdem
um’s Herz, wenn er dachte, daß er in
diesem verachtungsvollen Kritiker viel
leicht doch den Repräsentanten einer
Zahl, einer Klique, einer Macht vor
sich gehabt habe. Und es trug nicht zur
Erhöhung seines Behagens bei, als
« dem ersten Priiserseines Könnens bald
eine zweite, noch weniger vertrauen
erweckettde Gestalt folgte. Diesmal
hörte er schon von Weitem einen lauten,
polternden Schritt, durch den eine
lange, hagere Gestalt in unten durch
gescheuerten, braunen Hosen und einer
alten, grauen, mit ehemals grünem
Bande eingefassten Lodenjoppe sich
ankündigte Auch dieser Kollege war
noch jung, aber sein Gesicht war
mager, gelb, hungrig und verwittert,
durch schwarze, unruhig und leiden
schaftlich umhersuchende Augen belebt·
Der blieb ein wenig länger vor Boh
sens Bilde stehen, indem er die Blicke
hin und her, auf und nieder darüber
hinschweifen ließ und ein paar Mal
mit den Händen sich durch das strup
pige Haar suht, von dem er den nassen
Lodenhut heruntergerissen hatte. Er
sagte gar nichts, als er mit seiner Be
sichtigung fertig war, ·:r wandtesich
nur ein wenig zur Seite und spuckte
aus. Dann ging er so laut, als er ge
kommen war, zu einent Gemälde von
riesigem Umfang, das zur Linken an
zder Wand hing und das zuvor schon
! Boysen, der einen sliichtigenBlick dar
iauf geworfen, mit Schrecken erfüllt
i hatte. Es stellte ein fast nnabsehbares
sFeid mit Zuckerriiben dar, an dessen
; vorderem Rande ein schmutziger, feuch
ter, von Wagengeleisen tief durchsurch
ter Weg entlang führte. So weit das
Auge reichte, erblickte er nichts als
Rüben, die in regelmäßigen Reihen
hinter einander aufmarschirt waren.
Nur eine von ihnen, durch eine leicht
sertige Hand aus der Erde gerissen,
lag auf dein Wege-, verweilt und ver
lonimen, durch ein Wagenrad zer
malint. Ein regenschwerer Himmel,
Inur ant Horizont durch einen blut
rothen Streifen unterbrochen, senkte
sich tief auf das Feld herab.
Vor dieses Bild trat der Große,
Magere und begann durch Pantorniinen
alle Stadien des Entziickens auszu
drücken. Bald ging er nahe hinzu, als
müsse er eine wundervolle Einzelheit
ganz genau betrachten, bald wich er an
die feisnste Wand des Saales zurück,
hielt die Hand iiber die Augen, als
blende ihn die Fiilie von Schönheit,
oder legte den Kopf auf die Seite, unt
die Perspeltine ganz zu genießen. End
lich brachte er den Korper in eine Art
von Tur-neri1altunq, stellte sich parallel
zu dein Bilde auf, stetnnite die Hände
auf die Knie, verdrehte den Hals auf
angsterregende Weise und betrachtete
so unter unsaglicher Anstrengung das
Ritbenfeld von unten heraus.
Bohsen hatte zuerst auch über diesen
Mann zu lachen versucht, aber dann
wallte der Zorn ilber dessen tolles
Gebahren und die offene Verachtung,
die er seiner Tesdemona in so derl r
Weise bezeugt hatte, doch heiß in il i
empor. lind schon hatte er die Lipp
geöffnet, um durch ein vielleicht unn
w