Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, August 09, 1895, Page 5, Image 5

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    er Gjängknhäuptling
Its seinen-bona Cur-it Stier.
(Schtuß.)
Ein Pistolenfchuß streckte den einen
;der, der andere machte einen hef
gen Angriff auf den Wachtmeister,
« r bei dem hellen Mondschein be
setlte dieser die Absicht des Gegnerd
gllh genug, um ihm anewcichen zu klin
Xn. Dann erhob er feinen Pallasch
nd ließ ihn gleich einem Hammer«
hnend auf das Haupt des Feindes
rilern
Der Riemen, welcher den Heim des
Offiziers gehalten hatte, zersprang. die
Zokfbedeclnng fiel zur Erde. Beim
nilick des Gesichten vor ihm stieß
einen Schrei and nnd ließ den
bel s inten. Der Fremde stuhte.
« Das Mondlicht fiel auf sein Antlitz,
ieffen eine Hälfte von einem großen,
beißen Bart verdeckt war; Jberlannte
Oberst Sömrry den Jäger, der ihm an
M A end vor der Fischerhiitte das
- - ngeschenlt hatte.
»Herr Oberstl" rief er mit einer
timme, die durchaus nicht feindlich
ang- »ich sagte Euch ja, daß wir ein
nder wieder begegnen winden-ed gibt
ine Gerechtigleit im Himmel l«
» »Ach, bist Du es, mein Jungei«
te der Oberst. »Diesmal, glaube
s-, könntest Du Deine Drohung von
.-.enlikh zur Wahrheit machen und mich
miragen,« fiigte er mit einem trüben
lick auf feine Leute hinzu, deren
hl in einer Weise geschwunden war,
sß jeder Gedanke an einen ferneren
U iderstand als Unmöglichkeit erschien.
Während der Oberst sprach, hatte
in Gjiinae seine Biichse auf Sparrez
" stgerichtet. Jb bemerkte esiedoch
. zeitig genug, um sie ihm mit dem
Jbel ans der Hand zu schlagen.
«Laß das, Janus-« rief er. »Der ge
«rtn1irl«
« , ,»—-«-—--—
Von der entgegengesetzten Seite
« « zte ein Anderer mit erhobener
E- i eitaxt vor.
« » altt« ries sb, »nteder mit Dei
s sse!«· Undindemersich lächelnd
- den Obersten wandte, wiederholte
- dessen Worte von jenem Abend:
»Dies« Mann wird uns nicht schaden
s nen «
s Die Gjiingen gingen, um s ich andere
ikeezner auszusuchem Jb blieb mit
Farre allein zurück.
»Fliehet, Herr Oberst," sagte er,
Ihr seht, daß das Glück diesmal aus
« erer Seite ist.«
XI- r Oberst setzte seineti.)elm auf
U « Kopf und reichte Ob die »Und
»Gott sei mit Euch," sagte sb, den
Händedruck des Feindes erwidernd.
» Der Oberst ging. Der Wachtmeister
ied stehen nnd sah ihm so lange nach,
is er sich überzeugt hatte, daß Sparre
r « ettet war, dann kehrte er zu seinen
innen zurück, die sich in den Lausgriti
— « vertheilt hatten. Der erste, den er
·er« nntras, war ein Flüchtling, der
ch hinter einem Erdhitgel zu verbergen
achte. Aber das scharfe Auge deel
Ætnieisters hatte ihn bereits entis
i
I
—. . ..... «.. . ,... l
- »Warte mich. sichre ocr Lutcmrhj
- s sb i hervorzog, »ich bin kein
-. Feind, san rn nur ein armer Bauer,i
YY sie zur Arbeit in den Gräben ge
» FLFM haben. « j
st Du es wirklich, Tarn, alter
Zimmer-adp« I
' »Ach, bester Wachtmeister, seid Ihr
si-« rief Tam, vergniigt Jbe Hand
« greifend. »Dann bin ich ja aus aller
thi Ich floh nnr vor den fremden i
Hakoseih die konnten mich nicht ver
kgnTresseEi ich Dich abermals zwischen
Feinden, Tan1?" fragte Ob barsch.
s »Ja," erwiderte Tam offenherzig.
»Ihr iiinnt Eure Hande falten undj
Gott danken, Wachtmeifter, daß ich
Euch traf, um Euretwillen bin i vom
ause fortgezogen, ich war an demi
ge nach Kapenhagem um Euch aus-'
f» suchen, als sie mich fingen. «
· »Um mich aufzusuchen?«" wieder
" e8b. »Tum, Tant, kommst Du
Pian mit Deinen alten t-iigciigeschich
k. Nijienntes wie Jhr wollt!« erwi
i rte der Andere in traurigem Ton,
hört mich aber erst zu Ende. Ich kann, ,
ii Fm Ett anfznsuchen, nichts weiter,
i te m ich hierher-. Mit meiner Alten i
· im hat es seine Richtickgkeit nicht,
;- ; innt über ein lin lii nach, das
" ch zufügen will! und da sieEnch i
r nichts anhaben kann, obwohl
he ihr mehr ais einmal einen Strich;
die Rechnung gemacht habt, sal
il sie versuchen, Euch in Jnger zu
treffen «
- , »Ist Jngeri" rief Jb erbleichend.i
. 39 baswah ri«
FVU « i sziichfiel ihm Kutsng Drohung
lWem sah die Wirkung, welches
Heini- Worie hervorbrachten, und fuhr;
i
ort
»Die Schweden haben Jngers Vater
; « engen genommen und ihn nach Möge
iihrt, weil sie glauben, daß er die
; Leder Herrschaft in Bertvahrsam
i i t; seitdem wohnt Zuger bei der
if Schnlmeisteröwittwe, deren
L
nsnn im Frühling start-. »
III wach-« erwiderte Jb, »F eri
ie Alte viel zn gut, sie wird iH
ieærv vor i ain Acht nehmen« !
» i auch, aber ich be- ,
i ifle sehr, daß ie Mette Gyde, die
- wester von des Schnimeisters Frau
Y Kulsiig s Bertwntetennt Die ver
s ««««F«« viei dort im Hause. «
. »Aber wenn auch, was sonnen sie ihr
« - ausbeut- ries Jb voller Bee
sit titnna i
»Ich weiß es nicht, obwohl ich fie,
so oft ich konnte, belauscht habe. Aber
Jnger wellt sichtlich hin, sie ist mager
und bleich geworden, seit Du sie zum
letzten Mal gesehen ast. Dadachteich,
es sei die höchste e t, daß Du es zu
wis en beiämst, deshalb schlich ich mich
von Hause fort. Draußen auf dem
Eise, kurz vor stiege, ergriffen sie
mich, aber ich hatte meinen Korb mit
Fischen überm Rücken und sagte, ich
wollte in’e schwedische Lager, um einen
Pandel abzuschließen, da berwendeten
ie mich wie die anderen Bauern zu
Erdarbeiten Wenn es Dir möglich ist,
sb, so ziehe je eher se lieber zu Jnger,
ich begleite Dich, dann kannst Du
sehen, ob ich die Wahrheit gesprochen
habe oder nicht«
»Gut, Tarsi," sagte Jb, ihm die
Hand reichend, »ich glaube Dir, folg’
mir zur Stadt, von da ziehen ivir dann
gemeinsam zu Jnger. Gott gebe, daß
wir nicht zu spät kommen, dann könnte
ich meines Lebens nicht wieder froh
werdenl»
Der Kampf war beendet, die Feinde
stoben nach allen Seiten in wilder
Flucht auoeinander. Eine grosze Anzahl
Gefangener mit sich führend, machte
sich die Schaar im Cilmarsch auf den
Rückweg sb trug die eroberte Fahne
üer der »Schulterz
soorn seanonenooor her verriet-) nach
einer Weile erneutes, heftiges Schie
Pem daß sich srische Truppen aus dem
eindlichen Lager näherten. Endlich
erreichten die Gsiingen das Thor und
unter dem Zubel des versammelten
Volkes zogen sie in die Hauptstadt ein.
Der Ausfall war lider ossen und
Ermatten gelungen. König Friedrich
satte die Nacht aus einem der höchsten
unkte des Walles verbracht, voller
Spannung dem Ausgang entgegen
sehend. Die Königin unternahm gerade
ihren Morgenritt über die Wälle, ais
man ihr meldete, daß die Schaar zurück
kehre. Sobald Id die hohe Frau
erblickte, strahlten seine Augen, er
richtete sich aus und nahm eine wiirdige
Haltung an. Die eroderte Fahne aus
dem Rücken, bestiiubt und geschwiirzt
von Pulverrauch und Blut, ein paar
seindliche Pistolen im Gürtel, schritt
er stolz einher. Die Königin hatte
seine hohe Gestalt gleich unter der
Menge bemerkt. Als er an ihr vorüber
iam, stand er still, trat aus der Reihe
heraus und machte eine tiese Verbeu
gung, dann legte er der Königin die
Fahne zu Füßen.
»Ach, seid Ihr ess« rief sie mit
jenem bezaubernden Lächeln, dessen
Wirkung sie nur zu gut kannte. »Mein
Wachtmeisterl Jch habe wirklich allen
Grund, stolz aus Euch zu sein, Ihr
erfüllt Euer Bresprechen wie ein
Königi« ·
»Nur wie ein Wachtnieister, gnä
dige Majestiiti" erwiderte sh. Die
Königin lächelte. .
»Habt Ihr etwas von mir zu erbit
ten sitr diese Gabe?» sragte sie, die
seindliche Fahne mit der Fingerspitze
berührend, »so redet nur, in diesem
Augenblick werde ich Euch nichts verwei
gern-«
.--ts onst-« O s
»Ju, statusij Iclllllsllll cuclllcllc
Jb schnell, »du Ihr es gestattet, habe
ich eine Bitte an Euch zu richten-«
»Welche?"
»Ich bitte um eine kurze Unter
redung mit Ew. Majestät.«
»Gut, findet Euch morgen in mei
nem Palaig ein, meine Hosdame hier
wird Euch zu mir führen. »
»Morgen," wiederholte Jb traurig,
»sagt heute, Majestiit, ein Menschen
leben hiingt davon ab."
«Wirtlich? Nun, dann mögt hr
Such in zwei Stunden bei mir ein in
en."
Die Königin reichte ihm die Hand
zum Kuß. Jb hiillie seine Rechte in
einen Zipfel feines Mantels, ehe er
ihre zarten Finger zu berühren wagte.
Dann verließ er den Ort mit langen
Schritten, um die Kameraden wieder
ein uholen.
ur festgesetzten Zeit erschien er,
sorgfältig angekleidet, im Vorgernach
der Königin. Die theure linisorrn
zeigte keine Spuren mehr von dem
itampse der Nacht. Er lächelte zufrie
den, ais er fein Bild in einem der gro
ßen Spiegel des Audienzfaalee er
blickte. In einer Fensternifche stand
ein Herr, welcher sich bei näherer Be
trachtung als der Glücksritter Körbitz
erwies, der, von Stufe zu Stuse stei
geno, jetzt den Posten eines Hosmars
schalle bei der Königin bekleidete.
Er betrachtete Jb mit durchdringen
dem Blick, ohne jedoch zu verrathen,
dasz er ihn erkannt hatte.
»Der gnädige Herr erinnert sich
meiner wohl nicht nicht,« meinte sb,
den die Kälte verletzte, mit der man
ihn empfing.
»Nein,« erwiderte Korbih »Was
wünscht Ihr-P«
»Wir haben einander doch fchon
friiher gefehen,« fuhr Ob fort. »Und
zwar zum lebten Mal vor einem Jahr
aus Zungshoved Damals nanntetI
Ihr mich Euren lieben Kameraden.» ,
»Ich ( wiederhole meine Frage
Was wollt Ohr hier«-»
» ch wünsche, mit Ihrer Majefitit
der önigin zu reden."
»Das kann heute nicht geschehen,
hre Majesiiit ertheilt heute keine
udienz.«
.Ach, gestrenger Herr,« erwiderte
b mit ruhigem Spott, »das konnte
cherlich geschehen, wenn Ihr nur
wolltet, aber ich merke wohl, daß Ihr
mir zürnt· Das hat wohl feinen Grund
darin, daß ich damals itai thled
Partei ge en Euch ergriist
.. . Winter-« rle Adel-it gri
YLIS«!ILZE«WI"M
tdiint Uhr ca nur wagen, mich daran
zu erinnernl Fort aus diesem Zim
merl"
»Ach nein, ich weiche nicht vom
Fleck, bis ich Ihre Majesliit die Köni
gin gesprochen habe, und dazu werdet
Ihr mir schon behilflich sein, wenn
Ihr mich nur erst angehört hath Im
vorigen Jahr waret Jhr neidischan
Kai Lhites tsiliich dasselbe ist heute
bei mir der Fall."
Körbih hatte sich nachdem Fenster
umgewandt, Jbs letzte Worte sesselten
jedoch seine Aufmerksamkeit, er wars
ihm einen sorschenden Blick zu.
»Ihr ärgert Euch dariiber2" fragte
er verwundert, »und weshalb denn Z-«
»Diese Frage werde ich nur Ihrer
Majestiit der Konigin beantworten."
»(.S.ieht, Wachtmeister,« sagte Korbih,
diesmal aber in weit steundlicherem
Ton. »Ihr tiiuscht mich, Jhr seid ia
Kai Lhtkes Freund und Vertrauter ge
wesen."
»Gniidiger Herr,« erwiderte Ib mit
ofsenem Lächeln, »da Jhr einmal ver
es sen habt, daß ich Euer Freund gewe
fen bin, weshalb sollte ich da ni tveri
gessen können, daß ich einst Rai thkles
Vertrautcr war?"
Korbitz besann sich einen Augenblick,
dann entgegnete er: »Ihr irrt, Wachts
meister, ich habe Euch nicht vergessen,
und zum Beweis dasiir will ich Euch
eine Audienz bei der Königin verschaf
fen, aber nur unter der Bedingung,
daß Jhr mir sagt, was Ihr von Rai
Lylke vorzubringen habt. »
»Nein, gnädiger Herr, das geht
nicht an. Ihre Masestät gestattete
mir vor zwei Stunden, mich mit einer
Bitte an sie zu wenden; ich habe nicht
das Recht, diese Bitte einem Anderen
mitzutheilen.« ·
»Gut, » verietzte Komm »dann
wartet, bis ich wiederkomme."
Mit diesen Worten begab er sich in
ein Seitenziminek. Ib trat vor den
Spiegel. Er zupfte feine Uniform
zurecht und gliittete fein Haar, so daß
ed nach der daniali en Mode die Stirn
völlig verhüllte· leich daron öffnete
fich die Thür, und Körbiv mochte ihm
ein Zeichen, daß er eintreten solle.
Der Wachtmeifter ftand vor der
Königin
»Aifo, mein guter Wachtmeifter,"
begann die hohe Frau, »es handelt fich
jetzt um Tod oder Leben?"
»Sagt Leben, Mojestät!» erwiderte
b, »du ee von Euch abhängt, es n
chenten und Euch gleichzeitig die beszte
Klinge zu bewahren, die sich hier
innerhalb der Wolle befindet."
»Von wein redet Ihr-W
»Von einem Manne, der alle Wohi
thaten, die er empfängt, doppelt ver
gilt.«
»Dann gleicht er Euch ja ! »
»Ach nein, Majeftätl Ich habe im
Gegentheil das wenige, was ich weiß,
von ihm gelernt; er übertrifft mich in
Allem, fast auch in meiner Ergebenheit
zu Euchs(
,,!ioer so nennt mir doch den Namen
dieses Mannes-»
»Es ist der (5)jongenl)iiuptling, Svend
Paulsen. «
»Ah! Jener große, schöne Mann,
den tvir auf Jungehoved sahen-ich
erinnere mich seiner sehr wohl i»
Jb erzählte nun, wie Svend Jung
fer tiaren kennen gelernt hatte, er be
richtete von dem Zug nach Höfdinges
gaard und der Flucht aus dem Giöw
löwer Schlosse. Er theilte der Königin
Alles mit, wag ihm Svend anvertraut
hatte, und schloß mit der Thatsache,
daß Frau Elsebeth Kareno Peochzeit mit
Zunier Reed aus einen er nächsten
a e festgesetzt habe.
ie Königin lauschte ihm mit stei
gendem sInteresse. Als er eendet
hatte, rie sie aus: »Und was soll ich
denn jetzt für den armen Anfängen
häuptlin thun-»
»Ein. äliasestät werden mit Leichtig
teit bewirken können, daß diese Ver
miihlung vorläufig hinausgeschoben
wird. Frau Elsebeth eilt so damit,
weil sie Svend kennt, weil sie ihn
fiirchtet. Wird die Hochzeit hinaus
geschoben, so gewinnt Svend Zeit, die
Uunst der Mutter zu erwerben, denn
die Liebe der Tochter besin er bereits.
Es wird ihm, der so oft das Unmög
lichste fertig gebracht hat, schon gelin
gen. —Siegt dagegen Junker Reed,
so ist Svetid verloren, irtz kenne ihn zu
genau. Es wird eine iiacht kommen
wie die letzte, und man wird einen
Kampf kämpfen, der noch weit besser
ist als der lebte, der Sieger aber wird
keine Fahne mit heimbringen, um sie
Ew. Majestiit zu Füßen zu legen, er
hat den Tod geiucht und gesunden, und
Jhr habt den besten Streiter verloren l«
Die iioni in iachelte iiber diese
naive Beredtsamkeitz sie erwiderte:
»Ich will fiir Euren Freund thun,
was ich kann, mein lieber Wuchr
meister.«
.Und damit ist Alles gewonnen!«
rief (ib, vor Freude errothend
»Mein gani Zu dieser cache kann
ich nur einen Wunsch äußern, einen
Rath ertheilt-n, aber ich habe kein Recht
u befehleu. Ich will noch heute zu
Frau Elsebeth schicken und init ihr
reden, ich hoffe, daß sie die Verniiihi
lung ihrer Tochter bio nach Beendigung
ded Krieges hinaueschieben wird."
Unter den heissesten Danteebetheue
rungen verabschiedete sich der Wachts
meister.
Die Rouigin sandte sogleich einen
Boten zu Frau Elsebeth; diese war
jedoch schon im Voraus durch Korbitz
der an der Thiir gehorcht hatte, von
Allem unterrichtet worden.
Der Lakei kehrte niit dem Bescheid
Turiich daß Frau Elscbeth bettlägerig
ei und daher der freundlichen Au sor
-.r ,,,,,
distng der ilomgiu nicljt Folge leisten
konne.
Noch am Abend desselben Tages
machte sich Jb aus den Weg zu seiner
Braut.
51.Kapitel.
Schluß.
Wenige Tage nach dem eben geschil
derten Aussall der Gjöngen saßen zwei
alte Weiber vor einem mächtigen Feuer
in einer kleinen Waldhiitte. Es war
um die Abendstunde, die Sonne ging
unter und warf einen starken, röthlichen
Schein aus die kleinen Fenster, die das
Herdseuer nicht auszuthauen vermochte.
Die eine der beiden Frauen war be
schäftigt, Garn aus einen Rocken zu
winden, die andere saß in einem
rothen, wollenen Mantel gehüllt da
iungschtirte das Feuer mit einem Krück
to .
»Hört, Voll," begann die erstere,
»Ihr solltet bei Gott nicht so viel
Tors aus’0 Feuer werfen, bedenkt doch,
wie theuer die Feuerung in diesem
Jahr ist«
»Dariiber braucht Ihr Euch doch
wirklich keine Sorge zu machen, Mette,
denn nun werden wir ja bald stein
reich,« erwiderte Kulng mithämi chem
Grinsen.
»Jawol)l, das hat lange Aussichten!
Gestern sprach ich den alten Schema
schleiser, der meinte, Kaspar Dame
Sache stände gut, er würde wohl bald
wieder nach Hause kommen, und dann
hat die ganze Herrlichkeit ein Ende. «
»De6halb müssen wir uns die eit
auch zu Nutze machen," sagte Kul ög.
»Wartet Ihr meinem Rathe gefolgt,
so hätte die ganze Sache jetzt ein
Ende-?
»Glaubt Uhr denn wirklich, daß
In er das Geld iu der Kiste verwahrt
hats-s fragte die Andere in gedämpste
rem Tone und mit vor Begierde strah
lenden Augen.
»Dir ich es glaubet Mein Gott, wie
ost soll ich Euch denn wiederholen, daß
der Aue t, der die Kiste hierher brachte,
mir ve ichert hat, daß es darin wie
Silberzeug klange. Weshalb meint
Ihr denn, dasz sie vorsichtig ist und
jedesmal die Thür so sor saltig hinter
sich verschließt? Ja, Siette, es hat
seine Richtigkeit damit.—— Jch habe
das Klingen am letzer Sonntag, als
sie in der Kirche war, selber gehört.
Ich versuchte das Schloß mit einem
Nagel zu offnen, aber es wollte mir
nicht gelingen. Ich wiederhole, was
ich schon so oft gesagt habe, Jhr steht
Eurem eigenen Gliict im Wege, obwohl
III kaum genug habt, um Euch satt zu
e en.»
Mette sann nach. iiulsogs Versiche
rungen und besonders die letzten Worte
schienen einen tiefen Eindruck aus sie
zu machen.
»Aber wie können wir nur u dem
Gelde gelangen?" fragte sie nach einer
Weile, ohne Kulsög dabei anzusehen.
»Das laßt mich nur machen, das ist
eine Kleinigkeit !"
»Ja, ich verstehe sehr wohl, was
Ihr meint, aber ich habe es Euch schon
einmal gesagt, daß ich ihr kein Leides
zusiigen will. Sie lebt vielleicht nicht
mehr lange, es ist erbärmlich mit anzu
sehen, wie sie von Tag zu Tag hin
schwindet
»Ja, und wenn die Aermste stirbt,
dann werden ihre Sachen ab eholt, und
wir haben das leere Nachfehenl Es
kann sich auch ereignen, daß eines
Tages ein schwedisches stotutnando
kommt, das Paus untersucht und
Jngers itiste ortschleppt.——8ch habe
mehrmals Karten gelegt, und jedesmal
traf es zu, daß sie sterben mußte, und
daß wir Beide sie beerbten. Man soll
sich nicht gegen die Bestimmung des
Schicksals auflehneu."
»Nein, das ist richtig !"
»Ich habe die Karten bei mir, wir
könnten es ja noch einmal versuchen."
»Ach ja! Ich möchte doch gern sehen,
tb es wirklich mit Gottes Zustimmung
geschielst."
»Aber dann mlissen wir die Lampe
anziindcn, Mette !"
»Ach nein, wenn wir den Stuhl ein
wenig näher an den Herd heranrücken,
können wir uns mit dein Feuerschein
vout Herd beguiigen.«
Kulsög holte die Karten heraus,
inzwischen riickte Mette die Stiihle an
den Herd. Die Flammen beleuchteten
rell die beiden ein esollenen, runz
igen Gesichten Kuleög legte schwei
gend die Kartem Mette hatte die
Ellenbogen aus die Knie gestützt und
ließ ihren Kopf in den Hunden ruhen.
Sie verfolgte jede Bewegung ihrer
Gefährtin mit gespannter Aufmerk
samkeit. Bodil hatte die Karten so
gelegt, wie sie ihreni Zweck entspra
chen. Als sie sie ausnahm, hielt sie
Mette jede einzeln hin und rief dabei
triumphirend ans: » Konnt Ihr sehen,
daß es stimmt? Hier kommt das Asz,
das bedeutet etwas Gutes, hier haben
wir eine schwarze Danie, das sol hei
ßen, das; die Kleine sterben muß, und
hier kommen zwei andere Damen, die
sollen das Gute genießen. Die
Schwarze seid Ihr, die Rathe bin irh."
»Weshalb seid Ihr die Rothe?
Ich meine, das könnte ich doch eben so
gut sein!«
»Weil ich einen rothen Mantel an
habe.«
»Ja, es ist merkwürdig, wie Alles
sutriistxs erwiderte Mette, völlig
berzengt durch Bodils (sn«iinde.
»Seht Ihr denn jetzt nicht, daß es
die Bestimmung des Schicksals ist?
Glaubt mir, es naht uns nichts, dasz
wir uns dagegen aussehnan
»Nein- kar inöaet recht haben. abei
P
ich kann doch but um« -.-.«radrhen
unmöglich cin Leibes z«isiiz;-::t."
»Das thut auch nicht u-:sthig,« ent
gegnete stulsdg »ich habe hier ein klei
nes Pulver, das schütten wir in ihre
Biersuppez es ist nicht zu schmecken,
und dann geht Alles von selber-.«
Die Andere schien noch immer
unschlüssig zu sein, sie starrte in den
dunklen Raum vor sich hin. In die
sem Augenblick wurde an dem gefrore
nen Fenster ein kleiner, dunkler Fleck
sichtbar, der allmälig wuchs. Draußen
stand ein Mann, der aus das Glas
hauchte und dadurch das Cis austhaute.
Die beiden Frauen bemerkten es
nicht. Kulsög nahm vorsichtig ein
zusammengelegtes Stück Papier aus der
Tasche und schüttete den darin befind
lichen Inhalt in ein schwarzes Thon
gesäsz, das am Fenster stand und kochte.
»Ja, nun brauchen wir uns nicht
länger zu besinnen,« sagte sie spot
tend. »Jetzt ist es geschehen-«
»Gott behüte uns, Bolll Was sür
ein Frauenzimmer Jhr doch seid!"
sliisterte Mette mit hohler Stimme,
ohne nach dem Herdseuer hinzusehen.
»Ich bin nicht anders, als man
mich gemacht hat,« erwiderte Kulsög
gleichgiltig. ,,Soll ich Jnger das
Essen bringen, oder wolltJhr est un?
Slie erkennt mich wohl nicht im un
ke n.«
Der dunkle Kreis aus der Fenster
scheibe wuchs von Selunde zu Sekunde.
Ein Kops kam dahinter zum Vorschein
und verschwand wieder.
»Gebt Ihr nur u ihr hinüber,« slii
sterte Mette, ,,mir echlottern die Knie ! «
Kulsög lächelte verächtlich, nahm den
irdenen Tops und ging zur Thür hin
aus, um über eine kleine Diele in den
anderen Theil des Hauses zu gelangen
wo sich Ingers Kammer befand.
Mette barg ihr Antlitz in beiden
Händen und beugte sich vornüber, um
zu lauschen.
m
-----I--- kl- «.sg«.f!.s. -!.--—
ON UIIOIUIJUIO slb YIUIIIUÅI IICIICII
schrecklichen, durchdringenden Schrei,
und als sie die Thür öffnete, sah sie,
wie ein Mann Kulng in seinen
Armen fortschleppte, ohne ihrer ver
gweiselten Gegenwehr zu achten. Einige
chritte abseits am Brunnen stand em
Pferd sestgebunden.
Dorthin richtete der Unbekannte seine
Schritte. Er band Kulsög ein Tuch
iiber den Mund, hob sie auf's Pferd,
stieg dann selber hinauf und driiekte
dem Thiere seine Sporen in die Flan
en.
Geich daraus waren Kulsög und der
«Neiter verschwunden ; die alte Frau
starrte ihnen noch lange wie versteinert
nach; der ganze Austritt erschien ihr
? wie ein furchtbarer Traum. Die Scher
ben visthulsdgs zerschlagenem irdenen
Topse lagen vor der Thiir im Schnee.
Der Reiter, der gerade im rechten
Augenblicke gekommen war, um Jnger
zu retten, war niemand Anderes als
Jb. Er ritt mit unverminderter Hast
zweiter, bis er das Ufer erreicht hatte.
Pier band er sein Pferd an. einem
; elöblock fest und stiezj Kulng aus die
Arme nehmend, an’68 ieer hinab.
»Ich habe mein Versprechen gehal
ten, Boll,« sagte er, »ich bin wieder
gekommen, und zwar zur rechten Zeit ;
« hr sahet nicht, daß ich mich dem
ause näherte, Jhr bemerktet nicht,
daß ich draußen Eurem Gespräch
lauschte und Alles beobachtete, was
Jhr odrnahmt. Diesnml wollen wir
unsere Rechnung mit einander abschlie
ßen.——Ihr müßt sterben, Kulsög; Nie
mand in der Welt kann Euch erretten
J aber Ihr sollt nicht von Menschenhand
sterben, Gott selbst wird das Urtheil
über Euch vollstrecken. Ja, schlagt nur
um Euch, ich bin starker als Ihr-seht,
nun trage ich Euch zu dein Fjord hinab,
bis wir an das Treibeisö kommen-Jur
steht Ihr, was ich mit Euch will?
Dann setz’ ich Euch aus eine der trei
benden Schollen nnd Ihr mögt dann
zutn Teufel fahren. Wenn ed Gottes
»Wille ist, wird er Euch schon erretten!"
» Während dieser Erklärung, welche
; mit ruhiger Bestimmtheit gegeben und
l bon Kulsögs verzweifelten Anstrengun
gen, sieh loszumachem unterbrochen
wurde, war Jb an den Strand hinab
gegangen. Dicht am Lande bildete das
Eis eine feste ununterbrochene Fläche,
weiterhin aber, wo die Macht der
Strömung großer war-, trieben große
losgerissene Schollen umher, die sich
sauftaurhend zeigten und wieder unter
»den Wellen verschwanden. Auf eine
sdieser schwimmenden Schollen setzte er
sdie Alte und schob sie mit kräftigem
sFujtritt in die See hineins. »
s Hcc clstc UÆUIUUUJ, chls OUU Ullll
ftlirer Freiheit machte, war, das Tuch
von ihrem Kopfe zu lösen, dann ver
suchte sie wieder auf das feste Eis zu
gelangen. Aber die Schulte, auf der sie
sich befand, begann schon zu treiben, f ie
stieß einen durchdringenden Schrei aus
’und flehte um Gnade, indem sie die
Wände bittend zu Jb erhob, der schwei
gend und regungslos am Ufer stand.
i Die Eisscholle gerieth in stärkere
Strömungeu, je mehr f ie sich der offe
nen See nahte. siulsögs heftige An
strengungen und ihre slatternden Ge
wänder, welche der Wind erfaßte, ver
mehrten die Schnelligkeit Sie fiihlte,
»daß sie verloren war. Die steile Fels
wand warf ihr Schreien nur noch als
s schwaches Echo zurück.
f Noch immer stand Jb unbeweglich da
fund sah schweigend sein Opfer in der
fosfenen See verschwinden. Er faltete
die Hände und betete mit stillem Ernst
! für die Verlorene.
f Dann kehrte er nachHause zurück,
» hob Jnger aufs Pferd und verschwand
jso plötzlich mit ihr, wie er gekommen
i war.
i Einiae Taae später lanate Jb in
stopenyagen an. Hier hatte sich die
Lage sehr verändert, in den Reihen der
Schweden herrschte verhängnißvolles
Schweigen, Karl Gustavg Angriff war
zurückgeschlagen, und die siegreichen
Dänen durchzogen singend und jubelnd
die Straßen der Stadt.
Jb suchte Svend in feiner Wohnung
auf. Der Gjöngenhäuptling hatte am
Kampf theilgenommen und eine
Wunde an der Schulter davongetragen.
Es war zu dunkel im Zimmer, als daß
Jb die schreckliche Veränderung hätte
wahrnehmen können, die während fei
ner Abwesenheit mit dem Freunde vor
gegangen war. Still und in sich ge
kehrt saß der Freund am Kamin nnd
antwortete kaum auf die Fragen des
Wachtnieisters.
»Du bist heute so schweigsam," rief
Jb aus, nachdem er Alles erzählt
hatte, was mit Jngers Rettung in
Zusammenhang stand. »Wie ist es
Dir in dieser Zeit ergangen?"
»Gut !« sagte Svend.
Der trostlose Ton dieser Antwort
veranlaßte sb, weiter zu forschen.
»Und Karen?« fragte er leise.
»Sie ist mit ihrem Vetter Junker
Reed vermählt worden !"
»Ach! Mein Gott, Bruder, steht es
so mit Dir,» erwiderte Jb tief be
wegt, indem er seine Arme um Svendg
Hals schlang.
Svend barg sein Haupt an Jbs
Brust, ein heftiges Zittern durchfuhr
seinen storper.
Sie hielten sich lange schweigend
umschlungen.
Dann trat Svend an’ss Fenster und
starrte in die Finsternisz hinaus.
Draußen herrschte finstere Nacht,
auch in seinem Herzen leuchtete kein
Stern mehr, aber den Gottesfrieden,
der draußen über der Nacht ruhte, den
kannte sein Inneres nicht.
I- I
Nach Beendigung des Krieges lebte
Svend einsam und zurückgezogen aus
dem Gute, welches der König ihm ge
schenkt hatte. Die Prophezeiung,
welche er einst hellsehend ausgesprochen
hatte, war in Erfüllung gegangen:
man hatte ihn verdrängt nnd vergessen.
Andere hatten seinen Platz eingenom
men, Andere ernteten die Bortheile der
Siege, welche er errungen hatte. Der
einzige Lichtstrahl, der sein finsteres
Dasein erhellte, war der Anblick von
Jbs und Jugers Glück.
Karen zog mit Junker Reed aus
sein Schloß in Jütland Die Nachbarn
wanderten sich über Karens außer
ordentliche Blässe und die wehmüthige
Trauer, die allezeit in ihren Zügen
ruhte. Niemand ahnte, welche Opfer
sie gebracht hatte, wie sie die Wünsche
ihres eigenen Herzens hatte verleugnen
müssen, um das Glück Anderer zu
fördern. Niemand kannte die demiithige
Ergebenheit, mit welcher sie die Dor
nenkrone trug, welche ihr das Schick
sal aus’s Haupt gedrückt hatte.
Ende
Vierzehn Jahre den Stum
men zu spielen, das hat-wie
man aus Konstantinopel schreibt-ein
bei einem reichen Grundbesitzer in
Jenischehir in Dienst stehender 29jäh
riger Kutscher fertig gebracht. Als
zerlumpter Knabe von dem weichher
zigen Bet) von der Landstraße aufge
nommen und erzogen, war dem eltern
losen Burschen aus Mitleid besonderes
Vertrauen geschenkt worden, da er es
schlauer Weise verstand, sich in kurzer
Zeit bei seinem Herrnund Tschelebi
beliebt zu machen. Vor Kurzem miß
brauchte er jedoch das von seinem Brod
herrn in ihn gesetzte Vertrauen, indem
er mit einem ihm zum Wechseln einge
händigten Posten Geldes verduftete.
Er wurde jedoch in At-Basar ergriffk t
und verhaftet; nach Jenischehir ge
bracht, wurde er dort zu zwei Jahren
Gefängniß verurtheilt. Welch’ riesiges
Erstaunen malte sich jedoch auf den
Gesichtern aller im Gerichtssaale An
wesenden, als der »Stutnrne" zu seiner
Vertheidigung mit einein Mal zu reden
anfing. Auf Besragen des Richters ge
stand er, das Gebrechen erst aus Furcht,
arbeiten zn müssen, dann um Mitleid
zu erregen und auf solche Weise gute
Tage zu verlebem geheuchelt zu haben.
Kovenhagen und der Nord-—
Ost s e e - K an a l. Der Bau des Nord
Ostsee-Kanals hat Dänemark nicht nur
veranlaßt, in den letzten Jahren droben
hagen in eine starke Festung umzuersp
de , er hat auch dahin geführt, das; die
Pasenverhältnisse der dänischen Haupt
tadt eine durchgreifende Veränderung
erfuhren, um der Schifsfahrt den Ber
kehr durch den Sund angenehmer er
scheinen zu lassen. Im November die
ses Jahres wird der neue große Frei
hafen von iisopenhagen dem Verkehr
übergeben werden. Der Hafen, der im
Norden der Stadt liegt, ist in kaum 34
Jahren erbaut und zum großen Theile
dem Meere abgewonnen worden. Der
Bau des gewaltigen Werkes erforderte
rund 11,25»,a«0 Mart, die Einrich
tung des Betriebes «4,500.000 Mark.
Das Problem der Jllumi
nium-t«o"thung, das die Techniker
lange beschäftigt hat, scheint durch Otto
Nieolai in Wiesbaden in vollkommen
befriedigender Art gelöst zu sein: Sein
im Wesentlichen aus Chlorkadtnium
bestehendes patentirtes Flußmittel ver
richtet die Lothung so ausgezeichnet,
daß zum Beispiel ein paar sorgfältig
epuhte Aluminiumblechstreisen, zwi
schen die man das Salz streut, beim
Erhitzen mit der Stichflomme unzer
reißbar fest mit einander verbunden
werden. Die Erfindung wird der Alv
miniums Industrie sicherlich einen
neuen Impuls geben.