Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, August 31, 1894, Page 6, Image 6

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    H
Die Hofdame der Kaiserin
historischer Roman
von A. O. Klaußmann.
9. Kapitel.
(9. Fortfetzunghf
Schon bei Tagesgrauen erwachte Ma
ria in ihrer Gefängnißzelle wieder und
beeilte sich, die Ecke genau zu untersu
chen, in welcher sich das Kamingitter
befand. Sie sah, daß die Einrichtung
dort sehr primitiv war, weil man bei
Erbauung dieses Militäearreftes natür
lich nicht daran gedacht hatte, politische
Verbrecher hier ein;usperren, und daß
eine Unterhaltung verschiedener Gefan
gener untereinander ziemlich leicht fein
mußte. Hinter demKamingitter befand
sich die Feuerstelle, auf der im Winter
die brennenden Holzkloben lagen, und
diefe verengerte sich nach oben zu einem
Rauchfang, der wahrscheinlich in den
darüber gelegenen Stockwerken wiederum
Ausweitungen für die Kantine hatte.
So mündeten vsn jeder Etage die Ka
minöffnnngen in diesen Rauchfang-hin
ein, nnd wenn man jetzt im Sommer-,
wo eine Heizung nicht stattfand, in den
Kamin hineinfprach, mußte eg möglich
fein, ganz leicht aus einer unteren oder
oberen Etage von Zelle zu Zelle Ge
spräch zu führen. Wahrscheinlich wurde
es auch möglich, wenigstens von den
höher gelegenen Stockwerken her, Ge
genstände in den Kamin herunterzulaf
sen, die man an einem Bindfaden oder
Strick befestigt hatte.
Stundenlang horchte Maria, ob sich
nicht irgend ein Geräusch in dem Rauch
fang und durch den Kamin hören lassen
würde, jedoch vergebens. Unheirnliche
Stille herrschte in dem ganzen Gefäng
nis und fein-r- Urrmebrmn nnd pkft
gegen neun Uhr wurde Maria voii eini
gen Soldaten wieder zum Verhör ab
geholt
Wiederum saßen die drei Auditoren
ans ihren Plätzen und schienen ihrer
Sache sehr sicher zu sein. Sie handel
ten augenscheinlich nach bestimmten Wei
snugen, die ihnen der Kaiser gegeben
hatte.
Noch einmal stellten sie die Fragen an
Maria, die sie Tags vorher schon ihr
vorgelegt hatten, und natürlich blieb die
Gefangene bei ihrer ersten Aussage.
Der Vorsitzende erklärte: »Aus Be
fehl seiner Majestät soll gegen Sie,
Maria Oriac-, derJustiz freier Lauf
gelassen werden, und da Sie sich hart
näckig weigern, zu gestehen, soll man
gegen Sie die Falter in Anwendung
bringen. Machen Sie sich alio bereit
sind gefaßtan das Schlimmste! Noch
einmal frage ich Sie: wollen Sie ge
stehen?«
Maria, die des Antwortens müde
war, schüttelte den Kopf.
»Sie wollen nicht-gut! Dann müs
sen wir unsere Pflicht gegen Sie
thun.«
Der erste Auditor llingelte und rief
dein eintretenden Soldaten einige Be
fehle zn. Dann begab sich der Gerichts
hof mit der Gefangenen, welche von
Soldaten eslortirt wurde, hinab in das
Kellergeschosi. Man kam hier in eine
Anzahl gewölbter Hallen, welche noth
dürftig durch Laternen erleuchtet waren.
Sonderbare Instrumente, giansig an
zusehen, hingen und standen hier an
den Wänden umher. Ein finster aus
sehender bärtiger Mann mit mehreren
Gehilfen war zur Stelle, und aus die
sen deutend, sagte der erste Auditor:
«Diecist der Henker, der die Falter
anJhnen zu vollziehen hat. Erklärt
der Gefangenen den Gebrauch der Jn
Momente-«
Die butigen Gesetzbücher früherer Zeit
schrieben bei der »peinlichen Frage,«
» also bei der Anwendung der Falter, ge
« UMmaßen ein Vorspiel, die sogenannte
,Territion« oder Abschreckung, vor·
— sey-et man den Gefangenen wirklich
I-fh--4- III-j- —-- ic- --J- h--«-1- sie-»
Ist-Ist I-, pu7ess Its-«- u u tax-, »He Uns-txt
kammey und der Henker mußte ihm aus
das Ausführlichste alle Instrumente er
klären. » Der Henker hatte zu diesem
Zwecke eine Probe seiner Redesertigkeit
tiznlegety und seine Ausgabe war es,
dem Delinquenten die Qualen, die ihm
- bevor-standen, ans das Teutlichste zu
schildern nnd ihn so ängstlich alg mög
iich zu machen. Dann wurde der Te
linquentgewöhnlicy in seine Zelle zu
rückgesührtund es winden ihm einige
Tage Bedenkzeit gelassen; nach diesen
begann erst, wenn er versteckt blieb, die
liche Foltei· Besonders Frauen
» « wendete nian die ,,Territion«
»u, VIII man wußte, daß schon der An
UchMheerer gewöhnlich noch blut
W Martetinsirnniente aus das
» Müth so wirkte, daß die Un
Wes nach der Bedenkzeit ohne!
"s .« eees gestanden in den meisten Fäl
Its Dinge, die sie nie begangen hat
sM pnd nn denen sie gänzlich unschuldig
« nier, der in Rußland stets ein
« Berbeeehet wen-, der selbst
- unter W polizeilicher Aussicht stand
met sein Lesen nur behielt, weil er sich
Its-herk- b, anderen Leuten aus dein
Misege des Leben zu nehmen
e, als et das bleiche Gesicht Ma
IFII III-G gerate Mühe mit diesem
M e n, das seht schon
Weist WNYudig schien.
M Heiß Hi , ist-s
W ee zn der
r gethan
" e,snngenen
bevorsteht, ist schrecklich genug. Jch
will nur die untersten Grade der Folter
zeigen, gewissermaßen den Anfang der
Qualen, die Euch bevorstehen; und foll
tet Jhr die durch irgend eine Hilfe des i
Teufels oder in Folge Eurer Verstockt
heit aushalten, so werde ich Euch dannI
mit anderen Graden der Tortur auf
warten, gegen welche die ersten Grade
Euch vorkommen sollen wie eine Wohl
that. Die ersten Grade sollen Euch
dann Honig sein gegenüber den gallen
bitteren Schmerzen, die Euch die näch
sten Grade verursachen. Hierbei sehet
diese Schraube. Jch werde sie Euch zu
erst anlegen und Eure Daumen dazwis
schen stecken, und so lange diese Schraudek
herumdrehen, bis Eure Daumen zer- E
quetfcht sind, bis das Mark aus Eurenå
Knochen dringt und das Fleisch in Fetzen
berunierhängt. Jch stecke hier dieses
Stückchen Holz zwischen die Schrauben
und drehe zu. So wie dieses Holz·
knirscht, so werden Eure Knochen knir
schen. Gleichzeitig werde ich Euch aber T
eiserne Hülfen um Eure Füße legen.å
Jhr sehet diese Spitzen im Innern der
eisernen Hülfem Hier sehet die Schrau
ben, mit denen die Hülfen zusammenge
schraubt werden. Die Spitzen dringen
Euch in das Fleisch, sie reißen blutige
Stücke beraus, und je mehr diese ,Stie
fel’ zufammengefchraubt werden, desto
mehr dringen sie Euch in die Knochen
hinein und zerntalinen Euch diese, so wie
die Dautnfchrauben Eure Finger.
Glaubt nur ja nicht, Schreien helfe
Euch, oder Ungeberdigthum; je unge- .
. . —.(»g »i
t--s- --- Aco- kcu -- ;-0 h-cd- s--l-« I
»sp. g« -.. ., .... . ....,.
werden diese Schrauben hier zusammen
gezogen Wenn Jhr glaubt, daß Jhr
durch Ohnmachten uns zwingen könnt,
aufzuhören, so täuscht Jhr Euch. Wenn
Ihr ohnmächtig werdet, dann dreht man
die Schrauben noch ein paar Mal her
um, und der Schmerz macht Euch wie
der lebendig, selbst wenn Jhr schon bei
nahe todt wäret. Aber Alles diekes ist
nur der Anfang, nur der Beginn der
Martern, denen Jhr unterworfen wer
det. Hier, sehet Ihr diese Bank, welche
am oberen und unteren Ende Räder
hat? Auf diese Bank werdet Jhr gelegt
und Eure Füße und Eure Hände werden
mit Lederrienten an die obere und untere
Welle befestigt, die an den Rädern sitzen.
Dann werden die Räder, eins rechts,
das andere links herumgedreht, bis Euer
Körper ganz auseinander gestreckt ist,
alle Sehnen und Muskeln bis zum Zer
springen angespannt find und Eure Kno
chen knackend und krachend auseinander
iahren. Wenn Ihr dann frei schwebt,
werde ich mit dieser ledernen Peitsche,
die mit Draht durchflechten ist, so lange
auf Euren Körper schlagen, bis dieser
bricht oder bis Jhr gesteht. Glaubet
nur, wenn Ihr auf der Streckbank liegt,
und jedes Stückchen Fleisch und jeder -
Knochen ist angespannt, so schmerzt eine I
Berührung mit dem Finger so,« wie un
ter anderen Umständen die Berührung
mit glühende-n Eisen. Denkt Euch,
welche Wonne es für Euch sein wird,
wenn diese Kante aus Euren Rücken fällt «
und aus Eurem bis zum Zerspringen ge
spannten Körper blutige Fetzen heraus
reißtS Noch immer aber sind wir beim
ersten Grade der Falter und« im An- «
fange; noch immer zeige ich Euch den
Honigseim. Und wenn Jhr durch Bos
heit und Tücke bisher alle Qualen aus
gehalten habt, so sollt Jhr mir doch
hier aus dieser Bank gestehen· Hier
will ich Euren Körper-«
Der Henker wurde durch einen halb
lauten Schrei unterbrochen, den Maria
ausstieß, bevor sie ohntnöchtig zusam
tnenbrach.
Der erste Auditor lächelte. »Sie hat
schon genug,« sagte er, »bringt sie nach
Ihrer Zelle zurück, wir können morgen
fortfahren· Die Einsamkeit wird Jhr
wohl eine bessere Ueberleaung beibrin
gen. Wer erst diese Instrumente ge
sehen hat, dein vergeht das Lügen und
die Verftocktheit· «
Maria wurde von den Soldaten aus
gehoben und nach ihrer Zelle zurückge
bracht.
10.Kapitel.
Die alte, non Petersburg nach Oft- j
preußen führende Heerftraße nahm fast
denselben Weg, wie die heutige Eisen
bahn von Warfchau über Wian nach .
der ruffifchen Hauptstadt Sie führte
von Petersburg über Luga nach Bild-z "
von dort nach Dünaburg und über Kownv
nach Gurt-binnen und Königsberg. Der
Weg über Wilna, Ewan Warfchau
war für den Grafen Hordt weniger be
quem. Er führte durch das damals noch «
felbstftändige Polen, und dort konnten
für feine Reife nicht die Bequemlich- ’
leiten wie in Rußland getroffen wer
den. Wenn er die preußifche Grenze
erreichte, dann konnte er als Gefandter
des Zaren an König Friedrich Il. auf
die eifrigfte Unterstützung aller Behör
den rechnen, während es mit Vorspann
pferden in dein durch Kriege und Revo
lntionen nnsgefangten Königreich Polen
sehr fchlecht stand.
Man reiste zu Wagen nnd zwar in
Rußland in befonderen Neifetibitten.
Es waren dies große Wagen mit Fe
dern, welche indeß die Stöße, die man
im Wagen erhielt, bei der entsetzlichen
Holperigkeit des Weges nur zum gerin
gen Theil abfangen konnten. Es befan
den lich daher in dieer Fahrzeugen stets
kMetreheiy auf welchen die Fahrgäfte
ki- halb liegendes Stellung ruhten. In
der Its-stund waren Daten befestigt,
ji Xexes-»die für die Ieise nothwendigen
. »- MUIIM Its-www- »
est s—
Wein; denn in den russischenPosihäafern
gabdes nur Tbee nnd im günstigsten
Fa e ein paar Eier oder ein Bube-.
Das Gepäck war binten auf der Kibitke
nnd auf deren Dach befestigt. Vorn
auf dem Bock saß der Kutscher, der
Jåmtfchik, und neben ihm der Diener-—
beider Reise des Grafen Hrrdt der
holfteinische Soldat, der so viel Rufsifch
gelernt hatte, um Hordt während der
ganzen Reise durch das rnfsifche Reich
als Dolnietscher dienen zu können.
Der Aufbrnch des Grasen war obne
Aufsehen erfolgt. Ter Kaiser batte
Gudowiisch die Einrichtung der Reife
iibitke fiir Hordt übertragen, nnd diese
fuhr bei der Datsche des Grafen vor.
Hordt eilte Zum Kaiser-, der trotz der
frühen Morgenftunde ihn empfing, utn
seine letzten Jnstruktionen nnd anch die
Briefe für König Friedrich in Empfang
zu nehmen; dann vertauschteHordt feine
russifche Galauniforni niit einein Reife
anzng nnd machte sich ans den Weg.
Da fein Diener mitsuhr nnd um den
Zweck der Reise nur der Kaiser nnd
Gndowiisch wußten, war der Graf aus
Qranienbanrn fo plötzlich verschwunden,
als hätte ihn der Erdboden verschlun
gen.
Utn die Geschwindigkeit der Reife
zu fördern, waren nicht die sonft übli
chen drei Pferde, die »Troika,« oor die
Kibitke gespannt. sondern es waren
von A»fang der Reife an vier Pferde
vorgelegt, die bei schwierigen Stellen
des Weges auf fechs vermehrt wurden.
Tie beiden vordersten Pferde, die soge
nannten Spitzenpferde, wurden dann
von einem Reiter im Sattel, der auf
dem vordersten Sattelpferde faß, ge
lenkt. Alle zwei Stunden spätestens
wurden auf den Stationen die Pferde
gewechselt, die immer schon bereit stan
den. Das Wechfeln geschah binnen we
nigen Minuten; der Poftnreifier, welcher
wußte, daß ein Abgesandter des Kaisers
befördert wurde, erfchien in Germani
form an der Kibitke nnd fragte mit
Bücklingen nnd Verbeugungen nach den
Befehlen des hohen Gaftes. Dann
ninn kä mit drin frisch einein-ruhter Nin
den im wildesten Galopp weiter
Auf den Stationen, wo man erwar
ten konnte, daß Hordt übernachten
würde, war Proviant bereit gestellt,
soweit der elende Charakter der Gegend,
in der man sich befand, es gestattetr.
Hordt hatte dann die Wahl, ob er die
Nacht durch, während er —- so gut es
ging —- aus der Matratze in der Kibitke
schlies, weitersahren wollte, oder ob er
es oorzog. Matrahe und andere Polster
aus seiner Kibitte in das Posthaus
schasien zu lassen und dort zu übernach
ten. Sehr bald überzeugte sich Hordt
davon, daß es zwar unangenehm sei, im
Wagen zu schlasen,«roeil man durch die
Stöße an den schwierigen Stellen des
Weges immer ausgeschreckt wurde; aber
dasür roar es im Wagen lustiger und
reinlicher, als in den Posthausern.
Deshalb ging vom dritten Tage ab die
Fahrt ohne Unterbrechung bei Tag und
Nacht weiter.
Der Graf war wieder soweit gekräf
tigt, daß er die Strapazen dieser Reise
sehr wohl überstehen konnte. Das Wet
ter war meist schön; durch die ausein
andergexogenen Ledervorhänge konnte
der in der cKibitke liegende Reisende die
Gegend beobachten, in welche der Früh
ling erst seht seinen Einzug hielt. Au
ßerdem blieb dem Grafen noch sehr viel
seit zum Nachdenken und zu Erinnerun
gen theils sehr trauriger, theils weh
müthiger Art, besonders wenn er an
Maria Talizin dachte-—
Je näher er aber der Grenze kam,
desto mächtiger wurde das Gefühl in
ihm, das Land wieder zu sehen, das
seine zweite Heimath geworden war
Vor Allem trat mehr und mehr der Ge
danke in den Vordergrund, daß er nun
endlich auch seinen königlichen Herrn
wiedersehen sollte. Erst in Königaberg
aber konnte Hordt erfahren, wo sich
Friedrich augenblicklich aushielt.
Am sechsten Tage nach seiner Abreise
langte der Gras in Königsberg an. Der
letzte Reisetag war bereits durch preu
ftschea Gebiet gegangen; aber es sah
recht traurig in Ostpreußen aus. Sechs
Jahre lang hatten als Feinde hier die
Rassen aewütbet und das Land in eine
Wüstenei verwandelt. Städte und Tör
ier waren niedergebrannt, die Einwoh
ner zum größten Theil gesiohen, die Fel
der unbestellt nnd die Wälder oerwüstet.
Jmnterfort kam man durch :)tuinen von
Ortschaften, in denen man höchst selten
einen Einwohner erblickte, der in dem
Schutt herumfuchte oder Anstalten traf,
sich wieder darauf onznsiedelm In
Königsberg funktionieren noch die raisi
schen und preußischen Behörden neben
einander. Die preußischen Behörden
hatten soeben die Verwaltung der Bro
oinz übernommen und die ruisifchen
übergaben ihnen das Lond, das sie jah
relang fast ununterbrochen wie eine
eroberte Provinz behandelt hatten.
Graf Tschernyschew rnit dem Groß des
ruisischen Hilfst-trog war nach Süden
in der Richtung noch Breslau abgezo
gen. Trotzdem wimmelte es noch in
Oftpreußen von Rassen, oon dein Troß
der ruisischen Armee, die nach Däm
mark ging, und oon zahlreichen Nach
züglem
Graf Hordt mußte die Route Königs
berg-Fronkfurt a. O. und von dort nach
Breslan einschlagen, wollte er nicht noch
auf dein lepten Theile der Reife quer
durch polnisches Gebiet gehen, das am
meisten durch die Kriege gelitten hatte,
nnd Im sen allerwenigsten auf Beför
derung durch Vorspinnplerde zu rechnen
Ich
. Ist en Tosen-er Reise langte
kn» ist-WI- ssh III-IN is
erfahren, daß der König sich hier nicht
mehr aushalte. Er war Tags zuvor
nach Bettlerm einein kleinen Ort an der
Lake, einein linken Nebenslnß der Oder,
an gebrochen nin dort seine Armee zu
konientriren und den Feidzng gegen die
Oefterreicher zu beginnen. Hordt hielt
sich nicht anf, sondern brach noch in der
Nacht nach Bettler-n anf. das er in frü
her Morgenstunde erreichte.
Jni dortigen Pfarrbos hatte der
König sein Quartier genommen. Hordt
meldete sich beim diensttbuenden Ade
ianten und gab seine Papiere ab, ins
besondere die Schriftstücke, die Kaiser
Peter Ill. für seinen königlichen Freund
ihm eingehändigt hatte-. Hin-di wurde
daraus in der Nähe des Pfarrhoies vor
laufig unter-gebracht nnd hatte hier Zeit,
seine Galanniforni anzulegen, da er ja
wohl vom König persönlich empfangen
werden mußte
In der That erschien bald daran ein
AdIutant, der ilzn zum König befahl.
Jn deni Studirzisnnier der- Pfarrers
von Bettler-i hatte Friedrich sein Ar
beitskabinett eingerichtet, nnd von diesem
kleinen Zimmer aus wurden augenblick
lich die Geschicke Europas, wenigstens
des nordwestlichen Theiles non Europa,
gelenkt. Jni Hansflur und in den an
deren Zimmern wimmelie es von Gene
rälen und anderen Lisizieren. Ver
geblich suchte aber Graf Hordt unter
ihnen einen einzigen Bekannten· Send
lip und Zierhen waren noch die einzigen,
mit denen Hordt persönlich bekannt
war. Aber diese befanden sich nicht
in Bettler-n, sondern draußen bei der
Kavallerie, die bereits im Vorterrain
operirte.
Endlich stand Graf Hordt nor dem
König Friedrich. Er erschrak, als er
sah, wie sehr sich äußerlich der Monarch
verändert hatte. Als der Feldzug vor
länger als sechs Jahren begann, var
Friedrich nach eine kräftige Gestalt, voll
soldatischer Straffheit, die ihren Kon
so hoch und stolz trug, wiedies nur ein
König thun cann. Und setzt fah er var
sich eine fast gebrochene Greisengestalt,
in der nichts mehr lebendig schien, als
die großen, leuchtenden Augen. Voll
ständig geknickt war die königliche- Hal
tung Friedrichs; sein Nacken gebeugt,
feine ganze Gestalt in sich zusammenge
fallen· Deutlich sah man selbst in dem
Aeußeren des Königs, daß.er zweimal
in den lehten sechs Jahren in der Ver
tweiflung dicht vor dem Selbstmotd ge
standen, daß er liebermenschlicheå, Fürch
terliches in dieser Zeit erduldet hatte
Nur die Stimme des Königs klang
noch frisch, wenn auch etwa-s rauher alg
früher.
tfr begriißtehordt freundlich in fran
zösischer Sprache, reichte ihm die Hand
and sagte ihm: »Zeien Sie willkom
men, besonders da Sie der Bringer gu
ter Nachrichten find. Wir haben sie
nöthig, und wie ich sehe, ist Ihnen
Ihre Gefangenschaft auch nicht so
schlecht bekommen, wie mir die letzten
Jahre. Jch habe vergebliche Besuche
gemacht, Sie zu befreien und Sie aug
zuwechseln, aber die Kaiserin Eiifabeth
mußte ein Opfer für Zorndors haben,
and das waren Sie. Jch bin Jhnen
eine Genugthuung dafür schuldig. denn
Sie haben Jltre traurige dreisährige
Haft nin meinetwillen erlitten. Jch
habe dafür gesorgt, daßSie tin Advanm
inent nicht übergangen worden sind,
und es wird Ihnen heute noch das Pa
rentals Oberst, vorläufig ohne Regi
ment, und als mein Adjutant ausgestr
:igtwerden. Ich bleibe damit immer
roch hinter meinem Freunde Peter zu
fiick, der, wie Sie rnir geschrieben haben,
Sie bereits zum General befördert hat.
Die Briefe, die Sie mir überbracht ha
ben, erfüllen mich mit aufrichtiger Freu
de. Wie Sie wissen werden« wünscht
ter Kaiser eine Unterredung in Damig,
tnd sie wird sich vielleicht ermöglichen
,assen. Jch hoffe den Oesterreichern
"chon in allertürzester Frist zu zeigen,
pas die politische Veränderung der letz
ten Zeit zu bedeuten hat. Dann werde
.ch wohl auf dem Kriegsschauplatz für
einige Zeit entbehrlich werden nnd rann
nach Tanzig gehen. Sonit muß der
Kaiser sich nach Breslan bemühen, wenn
ich mich nicht weiter voni Kriegsschaa
ptay entfernen kann. Jch werde Ihnen
dies-bezügliche schriftliche Mittheilungen
in den Kaiser mitgeben nnd Sie außer
dem noch informiren. Nun aber will
ich von Ihnen angsührtiche Erktörungen
über die Verhältnisse am rusiischen Hase
haben, denn Sie sind der Erste, der von
dort direkt zu inir kommt. Bisher war
ich ans die,Verichte des von der Gold
nnd auf Ihre Relationen angewiesen
Kommen Sie mit niir nach dem Nattern
mir wollen dort im Auf- und Abgehen
ans unterhalten. Sie sind mein Gast
bei Tisch; aber natürlich diicfen Sie nicht
vergessen, daß Sie nicht am Hofe von
Okanienbaum find, sondern im Feidtagee
eines armen Königs-, der seit Jahren nin
fein Land nnd um seine Existenz kämpft·
Und nun vorwärts, hinaus in den Gar
ten!«
Ja, das war noch König Friedrich ll.,
wie ihn Graf Hordt gekannt hatte; das
war noch der stets bewegliche Geist, der
Mann der raschen Auffassung, der nie
rastende Denker. Wohl war die äußere
Gestalt des Königs gebrochen; aber sein
Geist war noch immer frisch und so tang
dieser Geifi lebte, konnte Friedrich det
Große nicht untergehen, konnten sein«
Gegner nicht trinntphirens
Fast zwei Stunden lang dauerte des
Spaziergang des Königs mit Hordt nn
ter den blühenden Bäumen des Pfarr
etens. hunderte von Fragen hatte bei
Ists II stelle-, die Graf pordt so sen
M köstlich Wrtetm Der Linie
MWN sit-wen its-it
-—— —-I
schienen die Nachrichten, die er erhalten
hatte, ihn zu erfreuen. Er war bei Tisch,
bei dem es allerdings sehr einfach her-l
ging, heiter, gesprächig, er scherzte und»
lachte wie seit langer Zeit nicht, nnd sür !
Hordt hatte er noch eine besondere Uebers !
raschung ausgespan. Als dieser die
Seroiette von seinem Teller hob, fand er T
unter derselben die Jnsignien des Ordens ?
pour le meritrz des höchsten Tapfer-«
keitsordens, den Friedrich der Große zu.
verleihen hatte. «
I
O P
Mehrere Tage hatte nun Hordt Zeit,
sich zu überzeugen, weich’ günstige Wen
dung durch den Tod der Kaiserin Fusa
beth für das schon fast verlorene Preußen
gekommen war. Die Ofsiztere und
Mannschasten der Armee waren wieder
voll Muth, die strategischen Verhältnisse
für die Eröffnung des Feldzuges außer
ordentlich günstig. Nach allen Nachrich- »
ten, die man erhielt, waren die Oesteni
reicher deprerntrl und zum Frieden geneigt. «
Auch von Frankreich kamen günstige
Nachrichten, wonach dort ebenfalls dies
Hartnäckigleit Peters lll., der sich aust
lein neues Bündniß einlassen wollte, die;
Sehnsucht nach einem FriedensschlusseY
mit Preußen sehr gesteigert hatte. »
Täglich mußte Gras Hordt während
der sreien Zeit des Königs diesem znrs
Verfügung stehen« Jmmer wieder wur- ;
d.-n die ruisischen Verhältnisse erörtert
und Hordt hatte Gelegenheit, zu erstau- i
nen, mit welcher Sicherheit der Königs
aus der Entsernung diese Verhältnisses
beurtheilte. Er äußerte sich selbst übers
die Situation Peter-s lll. mit einer Prä
2lsistt. dit Hokdt in Ersten-Inn ist-t
»Ich muß,« sagte der König, »dafür sor
gen, daß ich die angenblickliche russifche
Freundschaft ausniitze nnd den Feleng
beendige. Die günstige Konstellation
dauert vielleicht nur einige Monate.
Peter Ill. wüthet gegen sich selbst und
thut alles Mögliche, um sich seinem
Volke zu entsretnden. Dabei hat er eine
Todseindin an seiner eigenen Gattin, und
nach dein, was Sie mir mitgetheilt ha
ben, Graf, thut er alles Erdentliche, uin
die Feindschaft der Frau zu nähren. Ich
muß mir indirekt einen Vorwurf machen;
ich habe diese Ehe angestistet. Ich schlug
der damaligen Kaiserin Elifabeth durch
meinen Gesandten vor, den Thronsolger
rnit seiner jetzigen Gattin zu vermählen.
Das war lange oor dein Kriege und
mein Verhältnis zur Kaiserin Elifabeth
noch ein sehr gutes-; war ich doch von der
verstorbenen Kaiserin in dieser Familien
angelegenheit am Rath gefragt worden.
Mahnen Sie den Kaiser zur Vorsicht;
nach meiner Ueberzeugung bewegt er sich
ans eineni gewaltsamen Vulkan, der
einer- Tages einen gewaltsamen Augbruch
haben und ihn vernichten kann. —- Ich
hätte Sie länger liier behalten, aber die
Briefe, die ich Ihnen an den Kaiser mit
zugeben habe, sind fertig geschrieben bis
aus einen eigenhändigen, den ich morgen
unter allen Umständen anfertigen muß.
Sie können dann die Rückreise noch Pe
tergburg antreten, und wenn wir uns
wiedersehen, Graf, wird dies in Berlin
sein« in Friedenszeiten, die hoffentlich
lange nicht gestört werden sollen. Ganz
Europa ist erschöpft und sehnt sich nach
Ruhe; nur die Kaiserin Maria The
resia glaubt noch verpflichtet zu sein,
den Krieg gegen mich zu führen. Der
Abfall ihrer Bundesgenossen wird sie
endlich wohl eines Besseren belehren.
Sie bleiben oorläusig der Person des
klaren attachirt, suchen Sie uns aber
Freundschaft ini Lager der Kaiserin zu (
erwerben. Stecken Sie sich hinter die
Weiber, dann erreichen Sie etwas-.
Ter ganze Krieg ist Weibern-ers und
ward von Weibern gegen mich geführt
Ihre Ausgabe, mein lieber Gras, ist es,
uns die Damen am russischen Hofe ge
neigt zu machen-« l
l
(
I I
s
Als die Kaiserin Katharina eisnhr,
oarz durch oen vooentosett Leichtsinn
Alerei Orlatvo der Brief mit der
Schntähschrist gegen den Kaiser und den
König von Preußen in die Hand deg.
Zaren gelangt war, erschrak sie so hef- «
tig, wie noch nie während der Zeit, in:
der sie sich ans diese Verschwörung ge-!
gen ihren Gatten eingelassen hatte.
Sie mußte sich sagen, dasz die Tolltühm
heit und der Leichtsinn der Orlowo und
ihres Anhanges binnen Kurzem doch ei- ;
ne Entdeckung gewaltsam herbeisühreni
würde, ehe noch der ganze Plan gereist;
war, und dann drohte auch ihr ein sehr»
trauriges Schicksal.
Peter ging sa schon mit den Platte I
um, sie vorn Throne zu verstoßen und in»
ein Kloster zu sperren. Ten Soth
Paul Petrowitsch wollte er von ders
Thronsolge ausschließen, und jedenfalls
schonte er das Leben von Mutter und
Sohn nicht, wenn er die Verschwörutth
der Gattin entdeckte. Nicht nur nach
rnssischen Begriffen, sondern selbst. nach;
den Anschauungen westeuropäischee Höfe
hatte er entschieden das Recht, seine
Gattin, wenn sie gegen seine Sicherheit
und sein Leben tonspirirte, mit dem To
de zu bestrafen. Katharina mußte dar
auf gefaßt sein, daß, wenn man ihren
Plan entdeckte, sie in ein Gefängniß
gebracht und dort binnen wenigen Stun
den oergistet oder erwürgt wurde, Ein
gleiches Schicksal stand ihrem Sohne be
« por. Ganze-tonlich« wiedieVerhastung
« ihrer Hofdatne, konnte auch sür sie der
Augenblick kommen, in dem die Wachen
» in ihr Zimmer traten und sie zur Gesan
genen erklärten. Selbst wenn ihr Plan
dann so weit gediehen spat-, um eine Re
« volution zu erzeugen, so hätte diese der
: Kaiserin nicht mehr geholfen; denn ehe·
« ds- Iepolutiou ausbrach, Iae cathaeiuo
I—
t
Die Daschkoio war es, die mit einem
Vorschlag herauskom, der sofort die Bil
ligung der Kaiserin fand.
»Ich schlage Eurer Maseftiit oor,«
sagte sie, »in Peterhof Wohnung zu neb
men. Das Schloß von Peterhof hat
Eurer Masestät früher im Sotnmer im
mer als Aufenthalt gedient und Niemand
kann sich wundern, wenn Sie jetzt in det
beißen Zeit an den Meeresstrand gehen.
Es liegt so nahe bei Oranienbautn, daß
der Kaiser keinen Verdacht schöpfen kann,
da er annehmen muß, daß Peterhof sehr
gut von hier übern-acht werden kann.
Andererseits liegt Peterhos aber näher
an Peter-sburg, nnd was dass Wichtigste
ist, man tann in Peterbos iür die Sicher
heit Eurer Majestät viel bessere Maßre
geln treffen, als hier-. Matt kann in der
See, unmittelbar ani Schloß, eine Yiicht
ankern lassen, welche Tag und Nacht fiir
eine plötzliche Flucht bereit ist. Wenn
es sein musi, kann Eure Majestät auf
dieser Nacht nach Schweden biiiüberfal)
ren und sich dort in Sicherheit bringen.
Man kann Pferde und Wagen bereit hal
ten, mit denen man zu jeder Tag- und
Nachtzeit auch nach Petersburg flüchten
kann; man kann endlich zur Bewachung
des Schlosses Eurer Majestät ergebene
Soldaten heranziehen. Jedenfalls ist es
leichter, dort tnit unseren Petersburger
Freunden zu verhandeln, als hier, wo
wir unter unmittelbarer Aussicht des
Kaisers stehen, wo uns die holsteinischen
Soldaten bewachen, nnd wir sede unserer
Bewegungen, jedes Wort sorgfältig ab
wägen müssen, wollen wir nicht bei den
hundert Augen, die uns beobachten, ir
gend einen Verdacht erregen-«
Entsetzung solgt.)
.»—--«
Oufme Ins und Rache.
Vor nunmehr drei Jahren war ich la krank,
daß ich weder essen, noch Ichlafem noch gehen
konnte, denn lchmnßte Tag nnd Nacht haften
Mem Gewicht war von
150 auf 127 Maul-Aue
rllckge an en.
erste a t, In der ich
vier Stunden ununter
brochenen Schlaf hatte
war, nachdem les
drei Dosen von Dr.
Meeres »Geister-.
Medic-at Discme «
genommen halte. Zek
. wider-liebe Schlume
« ill) answer en nm te,
w« L F· EMC wurde von Lag -u Tag
weniger, und nachdem ich eme ganze Flasche
enotnmen halte, konnte ich dle gan e Nacht
chlafen, ohne zu haften. Seit dte er Zeit
bin ich ganz gesund und wiege ietzt 175 fd.
Frau Loul e F. Evate o,
Blythebourne, ings Eo» N. Y.
chrke gqranlirt eine Kur
oder des Geld wird zurückgegeben.
Bei schwerem Hnstem Bronchmls und Lun
enletdem Widan Scrofeln ln jeder Ge
talk und selbst bei des- lcrofulvien Lungen
csjelriom die gewcshnlich Schwindlucht ge
nannt wird, surirl das «Dis-covery",
wenn es rechtzeitig gebraucht wird.
Hahn bar heul, Mr gaben the saß-Isla
III ste ein Kind war, klei sie nach Idanv
cle wurde ein Fräulein. und hielt su Castel-,
sls sie Kinder hast« sad sie ihnen JOW
Krebs M NUM
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