Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 30, 1893, Image 1

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    Grand Island
Aus-EVEN M YMIM
Jahrgang 4.
«Gdch1inkii;Frctgv znq i1893
Nummer 42.
Telegraph
Zustand-.
Deutschland
B e r l i n, 2«5· Juni. Das deutsche
uuswärfige Amt erwartet, daß Nußlnnd
unverzüglich den Handelskrieg gegen
Deutschland eröffnen wird. Tie Beam
ten schreiben das Fehlichlagen der Unter
handliingen«zwischen Nußland und Deut
schland den frunzofenfreundlichen und
uanflaoiftifchen Einflüssen in St. Peters
burg rn, welche die ruisifche Regierung
veranlassen, umnögiiche Zugeständnisse
zu fordern.
Die ngrarifche Liga hat den Kanzler
von Capriui gebeten, Ackerbuu Attaches
bei allen deutschen Botschaften einzufüh
rcn.
Die Ergebnisse von 101 Stichwahlen,
die am Freitag und gestern stattfanden,
wurden heute Nachmittag um 3 Uhr be
kannt· T ie Sozialdemokraten haben 24
Side gewonnen, die Nationallibera'cn
l8, die Conseroativen 13, die Nichtm
aner lö, die Volkspartei 7, die Klari
talen 7, die radikalen llnionisten 6, die
Freiconservativen 4, die AntisSemiten
4, die Polen3.
Die tllll Wahlherirke, wo Wahlen
abgehalten worden sind, vertheilen sich
folgendermaßen aus die größeren Partei
gruppirungem Klerilale 75; Sozial
Tetnokraten sil; Conservatioe nnd Agra
rier 37z Nationalliberale stö; rlladicale
Unionisten ll; Polen lö; Frei-Tonkr
vatioe H; llitabhättgig-·ltlerikale ll;
lklsilsser 7; Volkspartei ll; Antisemiten
7; Illichterianer l·«3.
Von den bis jetzt erwählten Reichs-bo
ten werden lltz gegen die Armeeoorlage
und 150 für dieselbe im neuen Reich-singe
stimmen.
Tie Sozial-Temokraten jubeln und
prophezeien« daß sie am 4. Juli mit we
nigstens 55 Abgeordneten in Berlin ein-«
ziehen werden, Gefiern Abend hielten
sie begeisterte Versammlungen in sämmt
lichen Wahlbezirken dieser Stadt ab.
Es wird erwartet, daß die morgen in
Bayern stattsindenden Stichwahlen die
Klerikalen bedeutend stärken und die
Senat-Demokraten und die süddeutschen
Volksparteiler im Neichstage etwas ver- »
stärken werden. »
V e r l i n, 26. Juni. Jn Rohig’6
Eisengießerei bei Magdeburg ereignete
sieh heute ein schreckliches Unglück. Die
Arbeiter waren gerade beschäftigt, das
flüssige Metall in eine Form fließen zu
lassen, alg plöplich eine schreckliche Gr
plosion stattfand, in Folge deren die
glühende Masse nach allen Nichtnn en
nnihersprihlr. Sechs Arbeiter blie en
sofort todt, während sieben andere so
furchtbar verletzt wurden, daß sie schwer
lich mit dem Leben dar-ankommen wer
den. Man glaubt, daß der in der
Form befindliche Sand feucht gewesen
ist und daß durch die sich beim Einftrcn
men des Metallc entwickelnden Wasser
dömpse das Unglück verursacht wurde.
B e r l i n, 26. Juni. Die Stich
rvahlen haben in verschiedenen Stadien
zu Ausschreitungen seitens der Sozial
demokraten Veranlassung gegeben. Jn
Mannheim, wo ein Sozialdemokrat von
einem Nationalliberaleu geschlagen wur
de, zogen die Sozialdemokraten tobend
und lärmend durch die Straßen. Der
Aufforderung der Polizei, auseinander
:ugehen, wurde keine Folge geleistet,
und als die Polizei Miene machte, den
Nuhestörern zu Leibe zu gehen, wurde
sie mit Revoloerschüssen empfangen.
Berittene Schuyleute trieben schließlich
die Nahestörer zu Paaren. Mehrere
Polizisten wurden geschossen und eine
Anzahl Sozialisten wurde von den Hu
sen der Pserde garstig getreten. Jn
Schweningem Weinheim und Neu
Stettin fanden ähnliche Ruhestörungen
statt. zu Tode gekommen ist Niemand,
aber in jeder d i genannten Städte sind
zahlreiche Veräastungen und Verwun
dungen vorgekommen.
Der Gewinn der Nationalliberalen
bei den Stichwahlen ist besonders be
merkenswerth Die Regierungsparteien
haben wacker zusammen gehalten und
haben mehr Sitte bei den Stichwahlen
erabert, »als erwartet worden war. Bis
heute Abend waren Berichte ans 878
Bezirken eingelausen. f»Die einzelnen
Parteien sind wie solgt zusammengesetzt
Filerikale 77, Sozialdemokraten «,
Elsässer lit, Conservative 74, Freie-m
seroatiae M, Nationalliberale U, Po
len M, Olntiseiniten itz, Richterianer
10, unabhängige Klerikale U, radikale
Unionisien li, Weisen o, Baierische
Bauernbiindles S, Süddeutsche Volks
partei It, Dsnen l.
Man rechnet, daß von den 373 Kan
didaten 173 gegen die Vorlage, 189 sllr
dieselbe und 12 zweifelhaft sind. Letz
tere dürften jedoch schließlich für die
Vorlage eintreten. Von den 24 noch
nicht einberichteten Stichwahlkandidaten
stimmen acht sicher gegen die Vorlage,
allein, selbst wenn sie alle gegen die Re
gierung stimmen sollten, so dürer es
Caprioi gelingen, eine kleine Mehrheit
zu erlangen. Man schätzt, daß bei der
ersten Mahl 3,600,000 für die Voll-ge
nnd 3,800,000 dagegen stimmten. Jm
Ganzen sind diesmal l72,000 Stimmen
mebr abgegeben worden, als im Jahre
1890.
Nach genauen Berichten über die
Stichwahlen sind die Sozialdemokraten
nicht so erfolgreich gewesen« als am
Samstag Abend und am Sonntag Mor
gen angenommen wurde.
B e r l in, 27. Juni. Rektor Ahl
wardt, der bekannte Judenhetzer, der
bei den Reichstagswahlen am lä. d. M.
in zwei Wahlkreisen erwählt worden ist,
ist abermals der Vetliiumdung preußi
scher Beamten überführt und zu drei
Monaten Gefängniß verurtheilt worden.
Er befindet sich zur Zeit noch in Plätzen
fee, wo er die ihm vor Kurzem wegen
Verläumdung des Gewehrfabrikanten
Loewe itidiktirten fünf Monate absihL
Die letzte Verläumdung hatte er im
Oktober 1891 in Essen ans-gestoßen,
indem er behauptet hatte, daß deutsche
nnd besonders preußische Beamte sich
von Juden besteehen ließen.
Großheitanniem
L o n d o n, 25. Juni. Wie es heißt,
werdenRear Admiral Marsham und die
Ofsiziere des Schiffes Camperdown, das
mit der ,,Victoria« znsamntensttefr und
sie in den Grund bohrte, ook ein Kriegs
gericht gestellt werden.
Spanien.
M a dr i d, 27. Juni. Von-Manan
ist die Nachricht über einen blutigen
Kampf aus Mindoro, der größten der
tu der Gruppe der Philippinen gehöri
gen Insel eingetroffen. Eine Bande
von 6000 eingeborenen Nebellen machte
nämlich unter der Anführung ihres Sul
tans einen Angrifs aus das Fort Mun
mungan in Mindoro. Es gelang der
spanischen Besatzung, die lsingeborenen
nach heftigem, mit grosser lsibittcrung
geführten Kampfe zurücktntreiben Tit
lfingeborenen verloren is? an Todten.
darunter der Sultan, und IZW Verwun
deten. Ter Verlust der Spanier wird
nicht angegeben.
Türkei.
L o n d o n, 27. Juni. Aus Malta
lotnmt die Nachricht, daß daselbst ge
stern 900 Personen an der Cholera ge
storben sind. Es ist dies die höchste
Zahl von Todesfälle-» die seit deni
Ausbruch der Seuche daselbst vorgekom
men ist.
Inland-.
Zahluugseinstellung ei
ner Bank.
Fresno, Cal. 25. Juni. Die ,,Loan
und Savingg Bank-« von zresno kündig
te gestern an, daß sie in Folge der Un
möglichkeit, Gelder slüsfig zu machen,
ihre Thüren am Montage nicht öffnen
werde. Die Bekanntmaehung ries kei
nerlei Ausregung hervor, da es wohl be
kannt ist, daß sich die Bestände der Bank
zu ihren Verbindlichkeiten wie vier zu
eins stellen. Kaufleute stellten sofort
gedruckte Anzeigen in ihre Schausenster,
daß sie Anweisungen oon Deposltoren
aus diese oder irgend eine andere Bank
in Fresno für Waaren ohne Murren in
Zahlung nehmen würden. Ein Ausweio
über den Stand der Bank ist bisher noch
nicht veröffentlicht worden
Der Wettritt ber Con
bang-.
Dubuqne, Ja» Lö. Juni. Von den
wettreitenden Cowboys war Berry der
Erste, ber Dubuque erreichte. Er ver
brachte bie Nacht in Dyersmlle, kam in
Farley 5.20 Morgens an und traf hier
9 Uhr 40 Min. ein, nachdem er ben
Fluß Nachts 12 Uhr 30 Min. überschrit
ten hatte. Seine Pferde waren krank
und scheinbar sehr abgetrieben. Gitte
fpie nnb Rattlesnake Pete übernachteten
in Manchester, ber lehtere ritt von die
sem Play 3 Uhr :10 Min. Morgens ab
und Eisespie eine halbe Stunde später.
Pete kam in Farley sxtb an unb trug
seinen Namen in Dubuque 12.35 ein
Sein Pferd war in gutem Zustande.
Er betrat den Boden von Illinois 2.25.
Berwegener Bankraub D
Minneakolis,Minn.,26. uni. Ei
ne Spezialbepesche von toorebeatz
Minn» meldet: Gegen tUhr heute
Nachmittag kam ein unbekannter Mann
in die dortige Merchants National Bank,
hielt dem Buchhalter Van Vlissingen
einen Revolver vor den Kon und ver
langte Geld. Nachdem er sich s3,000
in Gold und Papiergeld verschafft hatte,
warf er sich in ein bereitstehendes Buggy
nnd fuhr schleunigst davon. Er setzte
die Fahrt bis zum Ned Niver fort, dort
verließ er das Buggy und durchschwamm
den Fluß. Mannschaften suchten diesen
auf beiden Seiten ab nnd man denkt den
Räuber einznfangen. Jn dem verlasse
nen Buggy fand man Lust in Geld und
eine Schachtel Patronen mit Kaliber H.
Tod im elektrischen
Stuhle.
Auburn, N. Y., 26. Juni· John
Fitzthnm, der Mörder von Bussalo,wnr
de heute Nachmittag 12.« durch Elek
trieität hingerichtet. Ter Vorgang war
in jeder Beziehung erfolgreich. Der
Mord, fiir welchen Fiytham die Todes
strafe erlitt, wurde am 7. April 1H92
in Bufsalo begangen. zitzthum war ein
Fleischer. Für eine lange Zeit hatte er
in nahen Beziehungen zu einer Familie
mit Namen Roehrl gestanden. Dieselbe
bewohnte einige Zimmer hinter der Woh
nung Fischqu Letzterer · machte
über Frau Roehrl verschiedene verleunis
derische Bemerkungen und der Sohn der
selben unternahm es, die Ehre seiner
Mutter zn vertheidigen. Tie Folge da
von war, daß Fitzthum den jungen
Mann erstach.
Die Begnadigung der Chi
cagoer Anarchiften.
Springsield, Jll» 26. Juni. Die
Anarchiften Fielden, Neebe und Schwab
wurden heute vom Gouverneur Altgeld
degnadigt und werden ohne Zweifel
heute Abend bei ihren Freunden in Chi
cago fein. E. S. Drehen der sich von
Anfang an ihrer angenommen hat, kam
heute Morgen von Chicago hierher und
fuhr, nachdem er aus der Hand des
Gouverneurg die Begnadigung für jeden
einzelnen erhalten hatte, gegen Mittag.
mit den Schriftftücken nach koliet
Der Gouverneur hat eine umfangreiche;
Begründung der Vegnadigung auggcar i
beitet, die wörtlich wiedergegeben san
die Hälfte dieser Zeitnng füllen würde»
und eigentlich nur für Aldvokaten vonl
Interesse ist. Die wichtigsten Punkte
in dem genannten Schriftftücke sind, daß .
nach Ansicht des Gouverneurs die Ange- i
klagten keinen unparteiischen Prozeß er- i
halten haben, indem ihnen, nachdem ihri
Recht zur absoluten Zitriickrveifung ist«-i
schöpst war, Geschworene nusgerniungen
wurden, welche anfangs- selbst erklärten,
daß sie eitt Vorurthetl gegen die Anges
klagten besiißeu, aber unter den insinu
trenden Fragen des sliichters schließlich
meinten, sie glaubten, einen unparteii
scheu Wahrspruch ans Grund des Zeug
nisses und Gesetzes abgeben zu können;
daß ferner die Vor-ladnng der Geschwo
renen einein Gerichtsbeantteu (k)tyce)
übertragen war, der uttr Leute vor-lud,
von denett er eine Verurtlseilung der
Anarchisten erwartete; das; ferner der
Staat itie entdeckt habe, wer die tödl
liche Bombe geworfen und daß die Ver
bindung der Angeklagten damit nicht
erwiesen sei, nnd daß, soweit alg Neebe
in Betracht komme, der Staatsanwalt
selbst erklärt habe, es läge nichts gegen
ihn vor. Bonsield wird der wissentli:
then Ansreizung und brutalen Heraus
sorderung des Volkes beschuldigt nnd
auch Schaack erhält einen Hieb wegen
seines Versuches, das Publikum durch
Gründung neuer Anarchistenvereine zu
beunruhigen; ant schlitnmsten kommt itt
der Begründung Richter Garn weg, den
er sowohl wegen seine-z Verhaltens
während des Prozesse-) wie nachher hef- -
lig tadelt. »
Die begnadigten Anat
chisiett tressen in
Chlcago ein.
lchicago, 27. Juni. Gestern Abend?
gegen R Uhr trasen die begnadigten
Anarchisten Oöcar W. Neebe, Samuel
lFielden und Michael Schwab in Beglei
tung des Hm E. S. Dreher nnd an
derer Mitglieder dett Atnnestie-Vereini.
in Chicago ein und verließen den Zug«
schon an einer kleinen Station vor dein
Hauptbahnhos, inn, ohne Aussehen zn
erregen, zu ihren Angehörigen zu gelan: »
en. Die Scenen zu schildern, welche
eh bei ber Begrllszung der Lieben, von
denen sie seit nahezu sieben Jahren ge
trennt gewesen waren, abspielten, wollen
wir nicht versuchen. Besonders ergrei
send war die Seene des Wiedersehens in
dem hause von Louia W. H. Neebe,
dem Bruder Osear Neebe’s, an Shes
fields und Belntont Ave-, woselbst drei
halb verwaisteKinber den lange entbehr
ten Vater erwarteten und von demselben
Lnbrllnstig umarmt uns geliebkost wur
en
Tie Nachricht von der Begnadigung
war erklärlicher Weise gestern überall
das Tagesgespräch und wurde durchgän
gig günstig ausgenommen, besonders
auch in den städtischen Beamtenkreisen
Richter nnd Advokaten waren dagegen
weniger ausgesprochen in ihrer Gutheb
ßnng der Handlung des Gouverneursk
Sie bemerkten es meistens übel, daß
Dr. Altgeld eine so scharfe lKritik über
Richter Gary führt.
Ein Comite des Aninestie-Vereins
sandte noch gestern Abend durch Secre
tär Bary folgende Dcpesche an Gouver
nenr Altgeld:
»JhreBegnadigutigNeebe’s, Schwabe
und Fielden’s ist ein Akt der Humani
tät, der Gerechtigkeit und der Wieder
gutmachung eines großen Unrechts-.
ENehmen Sie den Dank des Amnestie
Verein-Z von Jllinois!«
Gräßlichsaisårophe
Das britischc Kriegsschiff Vie
toria wurde von einem
Schwesterschiss
angememt.
llnc versinkt mit über —t(,t0
Menschenlebenin
der Tiefe.
Von einem wahrhaft entsetzlichen
Verlust ist die bkitische Kriegsslatte be
troffen worden. Das Unter dein lcoms
mando des Bize- Admirals Sir George
jTryon stehende, zum MittelIneergeschwa
der qehöiige gewaltige siIiegsschiff
»Vicioiia« wurde am Danneisiag Nach
imittag ans der Höhe von TIipolis in
ISyrien während eines Manövers von
dem inIischeII Kriegsschiffe ,,Cainper
»»dawn·, FIapitän Charleg IolIIIstoug in
chn Grund gebohrt. Das Unglück war
durch einen Zusammenstoß der beiden
Schifft herbeigeführt worden, indem der
,,Ca1nperdawn« mit so riesiger Wncht
gegen die Seite der ,,Victoria« anineß,
daß das letztere Schiff eine weitklaffende
Oeffnung erhielt, durch welche sich das
Wasser stroInweise in’I Innere ergoß.
Die »Victoria« sank so rasch, daß an
eine Losbinoung und Benutzung der
Rettungsboote nicht zu denken war.
Einigeu LIffiIieIen und Matrosen ge
lang es, Iednxeuig aus dein Umkreise
des durch dass Uiunsinken deg Schiffes
verursachten Hundelei zII gelangen nnd
sich schwimmend so lange über Wasser zu
halten, bis lik- genstcet wurden. Unter
den Umgekamnnsnen befindet sich auch
der Viceodmnsal TqusL Sobald die
Ossiziere der »V:ctoiia« sahen, daß das
Schiff in Gefahr schwebte, wurde sofort
der Befehl ertheilt, die Verschläge zu
schließen, um das Wasser ans die All-thei
langen, in welche der »l5amperdown«
seinen Widder hineingebohrt hatte, zu
beschränken Tre Matrosen versuchten
den Befehl rrrr Ausführung zu bringen,
allein die Zchlreßnng der Berschliige
wurde durch dirs- nllruschnelle (5·indrin:
gen der Wassermassen unmöglich ge
macht, und rvijlirend die Leute noch nrit
iibermenschlicher Anstrengung an den
Berschlägen arbeiteten, drehte sich plötz
lich der riefige Datnpfer nrit seinen ge
waltigen Kanonen und dein schrveren
Verbeckaufsatz um und verschwand mit
aufwärts gerichtete-m Miel in der Tiefe.
Der erste Bericht iiber da- Unglück
gab die Zahl der Ertrnntenen aus etwa
200 an, spätere Tepeschen jedoch mel
den, daß der Verlust an Menschenleben
bei weitem größer ist, indem nicht weni
ger alk400 Ofsiriere nnd Mannschasten
beim Untergang der Victoria ihr Leben
eingebüßt haben. Txie Viktoria war
ein Kriegsschiff mit doppelter Schraubel
von 10,470 Tonnen Gehalt und Ma-;
schinen von H,«W Psadekraft. Sie;
war gepanzert nnd mit fünfzehn Kano
nen ausgerüstet. Ltlnch der Campa
down ist ein Kriegsschiff ersten kttangeg,
gleichfalls mit doppelter Schraube nnd
hatte einen Gehalt von lu,5»0 Tonnen
und Maschinen von ll,."-ut) Pserdetraft.
Seine Austüstung besteht aus zehn Ka
nonen. Admiral Sir- Neorgc Tryon
war der Qberbefehlshaber der Mittel
ineerstation. Seine Ernennung zum
Vieeadmiral war am go. August 1891
erfolgt.
Die Viktoria war ein Thurtnschiss
mit zwei 110 Tonnengeschiltzen in einein
mit achtzehnzölligern Panzer versehenen
Thurme. Außer diesen zwei Geschützen
besaß das Schifs einen zehnzölligen 29
Tonnen schweren Hinterlader und zwölf
sechszöllige 5-Tonnengeschühe an der
Breitseite. An kleineren Geschühen be
saß es 21 Schnellfeuer- und acht Ma
schinengeschiitzr. Die Victoria legte bei
größter Geschwindigkeit 16.75 Knoten
in der Stunde zurück. Ihre Kohlenbe
halter saßten 1200 Tons und mit
vollständigem Kohlenvorrath an Bord
rege-» sie im Stande, im Ganzen 7000
Knoten zmückzulegen. Jhr Panzer
war 10 bis 18 Zoll dick. Erbaut war
die Victoria in Elswick·
Tie Zahl der an Bord der Viktoria
befindlichen Ofsiziere nnd Mannschasten
betrug 611 Ofsiziere, Seeleute und
Schisssjnngen und 107 Seesoldaten.
Es wird gemeldet, daß keine Versuche
gemacht werden würden, um die Leichen
der Unglücklichen ans dem Schiffe
herausznschasseir. Die Viktoria liegt in
einer Tiefe von 480 Fuß und die
Heransschassung der Leichen wäre bei
nahe eine Unmöglichkeit. Wahrschein
lich werden jedoch im Verlauf der näch
sten paar Tage eine Anzahl Leichen aus
dein Schisssrniiipse an die Oberfläche
gespült werden, welche man aussischen
und beerdigen wird. Jn verschiedenen
Theilen Großbritanniens werden Samm
lungen zum Besten der Hinterbliebenen
der Verunglückten veranstaltet
Es ist endgültig besdchlvssem den Iltear
Admiral Markhany der znr Zeit des
Unsalleg der zweite Befehlshaber nach
dem Vizeadmiral Tryon war, in Port-s
month vor ein Kriegsgericht zu stellen.
Dasselbe wird unter dem Vorsitze des
Admiral-s Theart of Clan William, dem
Coinmandenimtshies, in Portsmouth
sftattsinden Ein Sohn desselben, Lord
sClisford, war Flaggenlieutenant der
IVictoria
EineEttraausgabederEveningWorld
»vringt in einer Kapeldepesche aus Tripml
lis in Syrien die erste genaue Schilder- s
ung des Unterganges der Victoria Tie
selbe lautet wie folgt: Um 3 Uhr Nach
mittags atn vorigen Donnerstag kam die
englische Flotte in Sieht von (5·l Mina,
dem Hafen von Tripolis. Dieselbe kam
von nordöstlicher Richtung und fuhr di
rekt auf den Hafen zu. Diefiinf großen
Panzerschiffe Victoria, Cainperdown,
Edinbngh, Nile und Sans- Pareilbil
deten siinrnttlich eine Frontlinie. Die
Victoria befand sich in der Mitte, der
Camperdown war zu ihrer linken, und
die Edinbnrgh zu ihrer rechten Seite.
Als sie noch fünf Meilen vorn Ufer ent
fernt waren, gab Vizeadniiral Trnon
das Signal, daß die Schiffe sich wenden
und in doppelter Linie sich aufstellen soll-«
ten. Dies hieß, daß die Viktoria und
der Camperdown ein wenig vorangehen
und eine Drehung beschreiben sollten und
zwar die Vietoria rnr linken und der
Camperdown zur Rechten. Dann soll-?
ten beide nebeneinander in der Richtung, «
von der sie gekommen waren, vorücken «
Die andern Schiffe sollten in doppelter
Reihe hinter den ersten Schiffen nachge
hen, Als der Befehl gegeben wurde,
betrug die Entfernung zwischen den
Schiffen weniger als zweiKabellängen
Die Ausführung des Befehls war leicht
gering für Schiffe, die weiter vorn Cen
trum entfernt waren, jedoch äußerst
schwierig für die Vietoria und den Cam
perdorvn. Beim Untwenven musiten
ihre Spitzen in einer Entfernung von nur
ren, sogar wenn die Bewegung mit der
größten Genauigkeit ausgeführt wurde.
Tiefe Hchwentnng wird selten ausgeführt
nnd ist hauptsächlich eine Uebung für die
Schiffsbefehlghaber, um rasch von Un
tiefen hinwegzukommen T«e1 Bef fehle-: i
haber des (5aitipeidowii, statt die Schwen
kung auszuführen, signalisirte, daß er
den Befehl nicht verstanden habe.
Tie ,, Viktoria« nnd die iiberigen Schif
fe hatten mit der Ausführung de Be
fehls nicht gezögert, nnd da die Vietoria
noch dasselbe Signal zeigte, begann auch
der lsainperdown zu schwenken. Die
kurze Zögerung erwies sich indes- ais ver
hängnißooll Die Vietotia hatte sich
beinahe gedreht und der Camperdowni
schoß, alci er die Schwenkung anssilhrte,
in der :liicl)tung auf die Vietoria vor
wärts Obgleich die Admirale beider
Schiffesofort die Schrauben nach rück
wärtei arbeiten ließen, so konnten sie doch
nicht vermeiden, daß der Iz- Fufz lange
Widder des Cainperdown sich indie dün
nen Platten des Steuerbordg der Vie
toria einbohrte. Nicht nur der l-: Rufe
lange Widder des lsainperdowiy sondern
auch noch acht Fuß von der Spitze bohrte
sich in das Innere der Viktoria ein. Ta
alle übrigen Schiffe sich bestrebten, in
doppelter Linie sich hinter den Führer
ischisfen aufzustellen, so schiert es eine Zeit
lang, als ob die sämmtlichen fünf Pan
»zerungethiinie in die Katastrophe verwick:
Jelt werden würden. Nur die klinhe nnd
sdag sofortige Eingreifen der iibrigen Be
fehlshaber verhinderte eine Vernichtang
der ganzen Flotte. Die Spitze der Vie
toria wurde sofort gegen die Küste gerich
tet nnd fuhr mit voller Danipfkraft auf
dieselbe zu. Die Diseiplin war muster
haft. Der Admiral und oie Offiziere
blieben unentwegt auf der Konnnandm
brücke. Ein Taucherapparat wurde her
beigeholt und ein Taucher mit der Unter
suchung des Schadens beauftragt. Mitt
lerweile waren zehn Minuten vergangen
und die Bietoria hatte sich um zwei
Meilen der Küste genähert, als plöhlich
die Spihe des Schiffes mit ungeheurem
wenigen Faden an einander vorbei passi
s
Getöse sich nach vorn neigte und tief un
ter dei ipiegelglatten See verschwand
Eine usi-;eheure Aufregung entstand un
ter den an Deck Besindlichen. Die
Maschinen arbeiteten mit voller Dampf
krast weiter und da das Hinterdeck weit
aus dem Wasser hervorragte, so waren
die Bewegungen der Schrauben deutlich
sichbar. Das Schiff begann dann wie
der zu sinken und die Schrauben arbei
teten wieder im Wasser. Es bildete sich
ein Strudel wie ein Maelsti·oni, in wel
chem sich die Schrauben wie Messer her
um drehten. Hunderte von Menschen «
schwammen in diesem Strudel und wur
den von den Flügeln der Schrauben zer
malmt, Arme und Beine, abgerissene
Heöpse und blutende Körper schwammen
jin dem vom Blut rothgefärbten Wasser
fund der Anblick war so entsetzlich, daß
die Ofsiziere, welche sich an Deck der an
deren Schiffe befanden, sich voller Ent
setzen wegwandten. Plötzlich änderte sich
die Scene. Ein dumpfes Getöse er
folgte, eine mächtige Wasserwoge wälzte
sich empor und eine Dampfsiiule erhob
sich. Die Dampskessel waren erplodirt,
das eingedrungene Seewasser hatte das
Feuer gelöscht nnd die um das Schiff -
Schwimnienden sahen sich plötzlich rings
von tochendeuc Wasser umgeben. Das
Wehegeschrei der Unglücklichen war mark
und betndu1«chdringend. So trat in we
niger als zehn Minuten der Tod in drei
facher griifilichcr Gestalt an die Offlziere
und Mannschasten, durch Ertrinken,
durch die Schraube nnd das kochende
Wasser heran. Kurz darauf versank die
,,Bietoria« in die Tiefe.
S chny ler, 27. Juni.
Gr. Isl. Anzeiger u. Herold.
Jiil91-ioidei«iiiig Jhres Aufruses an
die lsorrespondenten Ihr-es Blattes theile
ich Ihnen mit, daß es hier wohl sehr
heiß ist, aber uoui Vertroelnen der Tinte
kann doch uoch immer nicht die Rede
sein. Wir haben ja hier eine Wasser
leitung und unsere Herrn promincnten
Bürger werden doch noch so gefällig sein,
soviel Wasser hiervon einem armen Teu
fel zukommen zu lassen als zur Feucht
haliung eineszs Tintensasses nothwendig
ist. Aber beinahe wären wir auch unt
diese Hoffnung gekommen, denn gestern
Morgen —t Uhr ist im Maschinenhaus
der Wasserwerte Feuer ausgebrochen
und der Tachstnhl des Gebäudes ver
brannt, die Matchineu aber weiters, als
dnich Rauch nnd Wasser, wurden nicht
beschädigt uud diese werden noch tin
Laufe des Tage-J in Bewegung gesetzt,
uui die Stadt mit Wasser und Licht zu
versorgen. Mit dem Anfbanen eines
neuen Teiche-S wurde sofort begontten
nnd in eiu paar Tagen wird der Scha
den wieder geheilt sein, bis auf die
Schulden, welche durch diesen Zwischen
sall siir die Stadt mehr erwachsen; das
macht nichts; Schuyler kann sich ja so
etwas leisten; ob einige Tausende mehr
oder weniger darauf kommt es schon
nicht mehr an. Das größte Glück in
diesem Unglück ist; das; der eiserne Was
serthnrui und der Nachtwächter nicht mit
dabei verbrannt sind; der Thurm steht
fest auf seinem ’Tliitze nnd der Nacht
tvächter«stol;ii«t nach wie vor im Be
wußtsein biirgerineisterlicher Huld und
Gnade durch die Straßen. »Nein
Beseu kehren gut,« sagt ein altes
Sprichwort, das scheint bei unserm
neuen Herrn Bürgermeister zutressettd.
Neulich hat er in höchst eigener Person
den Saloouwirthen ftrenastena aubesoh
len, dasr die Immer-rinnen Sonntags
geschlossen sein müsse-ri, und neuerdings
wurde wieder ein lltaa erlassen, worin
verboten wurde, jenen armen Lenteu,
die noch so gliicklich sind, eine Kuh zu
besitze-In dieselbe mit einem Strick und
Pslock an abgelegenen Wegen und
Plätzen außerhalb der Stadt zu weiden,
d. l). mit anderen Worten: Co ist den
armen Familien verboten, eine ltluh zu
-lsalten. Was die eigentliche Ursache des
Verbotes ist, ich weist es nicht, ver
-mu1he aber, dass dies nur im Interesse
;oon jenen ;iniperlichen Stadtdamen sein
kann, die mit tlsren Fuhrwerkeu die Uni
gebung der Stadt unsicher machen, und
bei solchen Csselegenlseiteu dann und
wann mit einein Strick, woran eineseuh
gebunden in, in Vermittlung komme-L
lind um solchen unnützen Zierpnppen
gefällig zu sein« muß ganken Familien
ein Haupttheil ihrer Nahrungsquelle
verstopft werden. Aber nur sachte
Herr kitz- IsluyorL Ein Jahr vergeht
schnell, dann wird dir dass Volk seinen
Fuß elnpsindlich aus dein irisches Hin
tertheil setzen und zum Tempel hinaus
feuern; denn die Bewohner von Schup
ler haben ec- nicht nöthig, sich von its
schen Tyrannen bulldozen zu lassen!
»Bisher in der Lusi.«
—- Abonuirt aus den ,,Anseiger und
Herold«