Grand Island Anzeiger. (Grand Island, Nebraska) 1889-1893, August 19, 1892, Image 7

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    »
R"emelis.
critilaatsseichichte
-- Vvu —
Friedrich Friedrich
iertievmth
Ich habe mich in diefer Angelegenheit
«rrt, erwiderte Urban, übrigens halte
Sand nach wie vor für unfchuldigl
Sie find ein sonderbarer Schwärmer,
bemerkte Wenzel lächelnd. Uebrigens
wird der Jäger dennoch verurtheilt wer
den, denn Häuser in Brand zu stecken ist
eine gefährliche Passion, und solch ein
diplon wie der Jäger ist, muß beruhigt
werden. Das wird das Zuchthans be
wirken-verlassen Sie fich darauf. Es
ift zwar durchaus lein homdopathiichcs
Mittel, allein es hilft.
Urban antwortete nicht. Des Richters
fcherzhafte Worte schienen ihn zu ver
l
i
drießen.
Wann wird der K nabe zurückkehrean
fuh« Wenzel fragend fort·
Jch weiß es nicht.
Sind Sie seit feiner Flucht nicht auf
sein Gute gewesen?
Nein.
Sie find doch Hausarzi indem Schlosse
nnd ich darf wohl sagen-Sie waren;
auch Hausfrennd.
Jch war Witwe-B Freund,entgegnete
Urban kurz·
Als Arzt bin ich dort nur bei Krank
heiten nb«big —- nian bat mich nicht ge
rufen. ·
Haben Sie den Doktor Brandt ge
sprachen?
Er war heute bei mir und brachte
rnir die Nachricht von des Knaben
Briefe.
Und was fagt er nun?
Nichts, als daß er dein Knaben nicht
verbenken lönne, gefloben zn fein.
Weshalb? fragte Wenzeb
Jch weiß es nicht —- vielleicht, weil
ihm die Liebe feiner Mutter gefährlich
werben könnte.
Damit brach Urban das Gespräch ab
und ging fort, einen nothwendigen Be
fuch bei einein Kranken vorfchiiyenb
Wolss saß mit mehreren seiner Genos
sen in dem Hinterstitbchen eines Wein
kellers beim Spiel. Sie waren in heiter
ster Stimmung, denn sie hatten mehrere
junge"und reiche Kaufleute hinzugezogen
und einige derselben bereits tüchtig ang
gebeutet. Wolfs legte die Bank, und
das Gliick schiert an diesem Abende ihm
besonders günstig zu iein. Er ließ
Champagner ans Champagner kommen
und in heiterster, lustigster Stimmung
forderte er Alle zum Trinken aus« Seine
Wangen gliihten, allein olichon er viel
trank, hatte er vor den Miifpieleudeu
den Vorzug voraue, daß er ungleich
mehr als sie vertragen konnte· Sein
Kopf war nach völlig klar, seine Hunde
noch gleich sicher und geschickt beim Mi
schen und Abheben der Karten. Und er
besaß eine außerordentliche litt-schicklich
.eit darin.
Vor Allen hatte ein junger Kaufmann
Namens Stamm bedeutend verloren.
Seine Börse war erschöpft. llnniuthig
stand er aus, um das Zimmer iu ver
lassen.
zsleiben Sie, rief Wolfs ihm gn.
Sie sehen, das Glück ist heute Abend
mir günstig, ich werde mir tin Ver
gnügen daraus- machen, Ihnen zu bor
gen.
Der Ungeredete lehnte ea ab.
ch bin müde, sprach er, und ich weiß
au , daß mich heute Abend das llngliict
nicht verlassen wird!
Sie müssen ihm trotzen, dann bekommt
es Nespektvor ihnen, erwiderte Wolss la
chend. Jungen Mädchen und dem
Glücke muß man kühn und trotzig entge
entreten, dann gewinnt man sie ain
eichtesten. ,
Trotzdem verließ der junge K ausmann
das Zimmer und den Keller.
Einer von Wolss’o Gefährten erhob
ch und sliisterte ihm in’o Ohr: Laß uns
at hören, Assessor, tchtraue dem Men
schen nicht!
Was meinst Du? fragte Wolfs.
Ich besürchte er verrath uns-·
Thorheitt rief Wolss leise·
Der Narr würde sieh selbst ja in der
Falle mitsangen. Sei ohne Sorge. Er
ärgert sich, weil er verloren hat —- sein
kcascheugeld ist für lange Zeit zum Ku
M-iibrigeno haben wir ihn zum er
sten Male gerupst.
Sorglos fuhr er in dein Spiele wie
der fort.
staunt zehn Minuten später, stürzte
der Wirth erschreckt in das Zimmer; ehe
er indes ein Wort hervorbringen kannte,
hatte ihn der ihm folgende Polizeieoms
Mr zurückgeschoben und stand unmit
r var dein Spanische
Mit dem unwilligen, halb unterdrück
ten Ausruset Berdammtt sprang Wolss
W«
Es thnt mir leid, Sie in Ihrem Ver
nügen stören zn müssen, sprach der
oligeicommissar niit spöttischeni Lächeln,
zumal da Sie heute Abend seyr itn Glücke
gn sein scheinen.
Wolss blickte sich nach der Tlnir nm.
Dieselbe war bereits durch einige Poli
jeibeamte belebt.
Das Blut wich ans den Wangen des
Icssessors. Jede Möglichkeit der Fluchtl
war ihm abgeschnitten. Es lam noch hin
Ilt, daß er mit dein Polizeieonnnisfar
einst einen heftigen Streit gehabt hatte,(
da sie sich feindlich gegenüber ftandenl
tm er deshalb nicht die geringste Scho·
nnng erwarten konnte.
D «nnse Kaufmann Stamm drängte
er
. Izu-i eben den Polizeibeamten durch in
s— ——1
Der War bemerkte ihn und wars
ihm einen Blick des glühendsten Hasses
zu.
Also Ihrem Verrathe verdanken wir
diese Störung, sprach er, indem er sich
zusammennahtm
Ja wohl dieser Herr hat mich hierher
geführt, entgegnete der Commissur.
Ich vermuthete es sogleich, erwiderte
Wolss in spöttischer Weise, denn durch
eigene Klugheit würden Sie uns sicher
lich nicht gesunden haben.
Der Commissar preßte die Lippen aus
einander.
Ich habe bereits oft genug bewiesen,
daß ich die Anfenthaltsorte von Verbre
chern zu finden weiß, entgegnete er.
Er betonte das Wort»Verbrechet« be
sonders stark.
Wolss schien es zu überhören. Jn
leichtsertiget, spöttischer Weise zuckte er
mit den Achseln und leerte das neben ihm
stehende gefüllte Chaitipagnerglag.
Jeh habe dem Herrn Commissar auch
mitgetheilt, mit nelcher Geschicklichkeit
Sie zu spielen wissen, rief Sman Sie
glaubten, daß ich Sie nicht durchschane
—-Sie sind ein falscher Spieler und Be
trüger!
Wolss zuckte sichtbar zusammen. Ha
stig trat er aus den jungen Kaufmann
zu.
Jch werde Genngthuung sür diese fre
che Lüge verlangen, verlassen Sie sich
daraus! rief er mit erbitterter, bebender
Stimme. Freilich sprechen in der Regel
Knaben, die durch eigene Dummheit ihr
Geld verloren . haben, von falschem
Spiele!
Ehe Sie Genugthuung verlangen,
werden Sie sich von der Veschuldigung
des Betruged zu reinigen haben, wars
»der Commissar ein. Ich kenne das
IGliich durch welches solche Summen ge
Iwonnen werden, wie hier aus dem Tische
liegen!
i Wolss wars ihm nur einen verächtli
ichen Blick zu.
Untersuchen Sie den Herrn, wandte
der Commissar sich an die neben der
Thür stehenden Polizeibeamten
Diese traten an Wolss heran·
Zzurücki ries dieser und nahm eine
dro ende Stellung an. Welches Recht
haben Sie, mich untersuchen lassen zul
wollen?
Die Frage können Sie sich selbst be
antworten, entgegnete der Commissur,
indem er das aus dein Tische liegende
Geld einsteckte-. Sie wecden wissen, daßs
jeder Verbrecher nntersiicht wird. Wenni
Sie sich weigerii, werde ich Gewalt ans-i
wenden und Sie schließen lassen
Wolff’e Lippen zuckiem er schloß dies
Augen halb nnd erfaßte krainpshast initi
der Rechten die Lehne eines Stuhles. l
Wagen Sie es! ries er halblaut-—l
er ivar tauin iin Stande, diese wenigeni
Worte hervorzubringen
Ich werde es wagen, entgegnete der
-Co.niiiissar ruhig und gab den Beamten
ein Zeichen.
Drohend erhob Wolss den Stuhl, nnil
sich damit zu vertheidigen· Ehe er indeß
dazu laiii, hatte ihn der eine der Braut-(
ten bereite ooii hinten umfaßt nnd
preßte ihm die Arisie fest an den Kör
per.
Vergebens war Wolfs’s Widerstand«
Selbst die Verzweiflung veriiiochteseineiii!
verlebten Körpe: teiiie Kräfte zu ver-s
leihen. Jn wenigen Secnndeii warens
ihiii die Hände auf den Rücken ge-»
sesseli. s
Sie haben es so gewünscht,sprach der
Coniiiiissar, nicht ohne ein genugthuens
des Lächeln.
Er durchsnchie Wolss’g Taschen und(
fand darin mehrere Spiele gestilschter
Karten
Aha! Die Gehiilsen Jhres Glückes-,
fuhr er fort. Es ist hohe Zeit, daß Ih
ren Betriigereieii beiiii Spiel ein Ende
gemacht wird! Oder glauben Sie viel
leicht, mir seien dieselben unbekannt ges
bliebenP Sie wissen, daß die Polizei aus
diejenigen Menschen, welche leine Stel
lung nnd tein Vermögen haben und
doch viel Geld verthiin, ein besondere
scharfes Auge hatt
Wolsf erwiderte kein Wort.
Werden Sie nun noch Genugthiiuiig
von mir verlangen, weil ich Sie einen
Betrüger genannt habe ? rief Staniin
vor ihn hintretend. Sie haben niich
heute nichtziiui ersten Male betrogeni
Jch selbst setze michdurch meine Aiizeige
der Strafe aus, weil ich an eineni ver
botenen Spiel theil genommen habe
—ich werde ste gern ertragen, nun ich
meine Absicht, Sie als Betrüger zu ent
larven, erreicht habe. Diesinal wird
das 8iichthani, welchem Sie nicht ent-;
eheii werden, mir Genugthiuing ver-i
ans-us i
Wolss schwieg auch Ietzt noch. .
Er wollte eine spöttische wegwerfendei
Gleichgiltigleit zur Schau tragen, allein
seine bleichen Wangen, dass Zuclen sei
ner Augen, das leise Zittern seiner
Hände widersprach derselben.
Gefesselt wie er war, wurde ermit den
ixlbrigen Spielern zur Polizeiwache ge
? lehrt-—
« Der Commissar begab sich am folgen
den Morgen zu Wenzeh unt ihm die
Verhafteten zur weiteren Untersuchung
und Bestrafung zu übergeben. Er
erzählte ihm den Austritt bei der Ver«
hastnng.
Wenzel war überrascht fast bestürzt.
Wolss hatte ihn in der letzten Zeit so
sehr stir sich einzunehmen gewußt, daß er
ihm eine solche Handlung nicht mehr zu
getraut hatte.
Der Mensch hat mich erst noch vor
kurzer Zettversichert,baß er einer un
reblichen Danblun unfähig sei und ihm
Niemand eine sol naichfagen lönnel
ries er.
Und Sie ben ihm geglaubt? wars
der ceanni ein.
—;s
Ich habe ihm eglaubt. Er sprach
et mit einem so o enen und ehrlichen
Gesichte aus, daß ich von der Wahrheit
feiner Worte fest versichert wart
Hatten Sie ihn so gut gekannt als ich,
so würden Sie sich nimmermehr durch ihn
hassen täuschen lassen, bemerkte der Com
mi ar.
Ich halte ihn jeder That fähig, er ist
freilich klug und versteht sich zu verstel
len. Seit Jahren ist er ohne Stelle und
ohne jede Beschäftigung, Vermögen be-s
sitzt er nicht und dennoch hat er jährlich
mehr Geld verthan, als wir beide zud
sammen Woher hat er dasselbe? (
Seine Schwester hat ihn unterstützt
und er soll viel Schulden haben. s
Er hat viel Schulden, seit Jahren»
leiht ihm indesz Niemand mehr. Seine!
Schwester hat ihn allerdings utiterstiitzt,’
allein durchaus nicht so bedeutend, dasj«
er ein solches Leben hätte führen iönnen,
Durch falsches Spiel hat er sich das
Geld erworben!
Jch bedauere seine Schwester, sprach
WenzeL EH muß einen entsetzlichen
Eindruck auf sie machen, wenn sie er
fahrt, daß ihr Bruder dem Zuchthauie
nicht entgehen wird-sie scheint viel
auf ihn zu halten.
Sie wird schon vorbereitet darauf
sein, bemerkte der Commissur.
Vorbereitet? wiederholte Wenzel er
staunt. Jch verstehe Sie nicht.
Glauben Sie tvirtlich,daß Frau von
Hörner mit dem Leben ihres Bruders
nicht vertraut ist, daß sie nicht weiß, wie
ausschweisend er lebt und auf welche
Weise er sich das Geld zu diesem Leben
erwirlt?
Nein das weiß sie nimmermehr! rief
Wenzel lebhaft. Jch bin überzeugt,
daß sie nicht einmal eine Ahnung davon
hat. Sie müßte ihn verachten!
Der Commissar guckte schweigend mit
den Achseln.
Auch ich habe mich durch den Men
schen täuschen lassen, fuhr Wenzel fort
Jch bin in der letzteren Zeit öfter mit
ihm zusainniengeloinmen und durch sei
tsen Geist hat er ntich fiir sich eingenom
men· Es ist mir peinlich, daß ich ihn
jetzt verhören muß ich würde viel
darum geben, wenn ich dieser unange
nehmen Pflicht ausweichen könnte.
Sie schenken ihm eine größere Theil
nahme ale er verdient, warf der Cont
tnissar ein, denn er hat aus dein falichen
Spiele ein Geschäft gemacht. Uebri
gens werden sie nicht viel mit ihm zu
schaffen haben. Er kann sein Vergehen
nicht leugnen. Jch habe ihn denn
Hazardipiel überrascht und die gefalsch
ten starteu in seinen Taschen gefunden;
außerdem ist der junge Stamm Zeuge
seines falschen Spiele-. Es bleibt kein
Ausweg sitr ihn, ans dem er Ihnen ent
schlüpsen könnte, und ich muss ihnen os
sen gestehen, ich gönne ihm die Bestra
fung. Vielleicht wird das Zuchthauss
und die Schande ihu bessern.
Wenzel schüttelte mit dem lt opfe.
Er ist ein trotziger Charakter, um
sich zu bessern - er ist verloren· Ich be
dauere seine außergewöhnlichen Fähig
keiten und seine Kenntnisse. Erst vor
wenigen Tagen habe ich von der Schärfe
und Getoandtheit seines Geistes einen
glänzenden Beweis erhalten. Sie mis
sen, daß er als Zeuge gegen den Jäger
Sand aufgetreten ist, er hat den Jäger
kurze Zeit oor dem Feuer aus dem Gar
tenhause kommen sehen. Der Jäger,
gleichfalls ein schlauer tiops, behauptete-,
daß Wolfs an dein Abende nicht in dem
Parke gewesen sei. Es geschah vor tue
nigen Tagen. Beide blieben Anfangs
bei ihren Aussagen und behaupteten
dieselben einander mit der grössten Be
stimmtheit und Ruhe in’e Gesicht. Da
bat mich Wolfs, dem Jäger verschiedene
Fragen verlegen zu dürfen. Jch ge«
stattete es und habe in der That seine
außerordentliche Gewandtheit und Si
cherheit im anuiriren bewundert. Ich
verhielt mich nur als Zuhörer dabei
und muss Jhnen gestehen, daß ich von
dem Manne noch lernen kann. Mit
größter Ruhe und geistiger Schärfe ging
er in seinen Fragen Schritt für Schritt
weiter, dann mit einein Male that er
einen Sprung, der ihn aus ein ganz an
deres Gebiet zu siihren schien, und doch
hing Alles sestgegliedert zusammen.
Mehr und mehr trieb er den Jäger in
die Enge und wenn derselbe auch nicht
gestand, so gelang ihm doch, was ich
vergebens versucht hatte, er brachte ihn
in Verlegenheit und Verwirrung, sodaß
Jener es verzog, zuletzt gar nicht mehr
zu antworten, um sich nicht mehr zu
verrathen.
Jch bin sein Feind, bemerkteder Cum
nrissar, aber ich habe ilnn nie seine ker
szen Fähigkeiten abgesprochetn er hat sie
leider nur in sehr schlechter Weise angi
wandt. Er hätte ein sehr tüchtige-r Be
anlter werden können, wenn er nicht ein
durchaus liederlicher Mensch lvare nnd
von jeher eine unliberwindliche Arbeits
scheu gehabt hätte.
Der Comnlisfar hatte Wenzel die
Geldsnnime, welche er ans dem Spiel
tische gesunden hatte, ausgeliefert nnd
entfernte sich dann.
Die Verhafteten wurden noch an denk
selben Morgen in das Gefängniß lznr
Untersuchungehast geführt.
An demselben Tage noch verhörns
Wenzel den jungen Kaufmann Stamm
Jn ruhiger Weise erzählte derselbe den
ganzen ergang.
Wie Jud Sie in die Gesellschaft der
Spieler gerathen? fragte WenzeL
Ich pflegte öfters in dem Weinkeller
Abends ein Glas Wein zu trinken, er
ählte Stamm. Dort lernte ich Wolss
, da er gleichfalls in dem Keller
viel verkehrte. Er fesselte mich durch
seine angenehme Unterhaltunke abe, i
medepttenberelte verschiedene sent-e
r—. H
zusammen ein Glas Wein getrunken,
ehe er ein Wort vom Spielen erwähnte,
Scheinbar zufällig brachte er eines
Abends das Gespräch darauf. Ich
theilte ihm mit, daß auch ich gern spiele,
und er forderte mich auf, an einem
Spiele in dem Hinterzimmer,· in dem be
reits mehrere Herren, welche er kannte,
saßen, Theil zunehmen Jch hattenoch
keine Ahnung davon, daß ich unter eine
Gesellschaft falscher Spieler gerathen
war. Ehe ich mich an den Spieltisch
setzte, gestand ich offen, daß ich nur we
nig Geld bei mir führte. In der offen
ften und liebenswürdigsten Weise erklärte
er mir, daß es ja nicht die Absicht sei,
uns gegenseitig das Geld abzunehmen,
und daß ich ja auch mit wenigem Gelde
gewinnen könne. . Es kommt Alles dar
auf an, daß Sie Glück haben, fügte er
hinzu. Und ich hatte an dem Abende
Glück. Ich gewann fünfmal soviel,
als ich bei mir trug.
'Sie spielten HazardP warf Wenzel
ein.
Ju
Wer legte die Bank an dem Abende?
Wolfs. (
Bitte, erzählen Sie weiter.
Jch freute mich über den Gewinn,
fuhr Stamm fort, weil ich nie in meinem
Leben soviel gewonnen hatte, und ich
ließ mich deshalb gern dazu bereden, am
folgenden Abende wieder zum Spiel zu
kommen.
. Wied r in demselben Keller?
. Ja, wir latnen ziemlich sriih zufam
imen Die Herren, welche am Abend zu
vor mitgespielt, hatten mich fämmtlich
mit größter Zuvorkomtucnheit behandelt,
auch das zog mich an —- ich hielt sie
sämnitlich für durchaus ehrlich. Jcht
hatte mich an dem Abende hinreichendf
mit Geld versehen. Wolff legte wiederf
die Bank. Anfangs gewann ich, baldf
indeß verließ mich das Glück, und ich
blieb fortwährend im .««erluft. Ich
wollte aufhören, ehe ich mein sämmtli
ches Geld verloren hatte, allein sWolff!
wußte mich zu bereden, weiter zu spielen
weil sich das Gliict mir wieder zuwen- i
den werde Es schien ihm sogar unan
genehm zu sein, daß er so viel gewann
Er ließ Champagner bringen und
schenkten-it fortwährend ein. Der Wein
und das Spiel trieb niir dasz Blut im
mer aufgeregter durch die Adern. Wolfsz
außerordentliche Geschicklichkeit, mit der
er die Karten mischte-, fiel mir anf. Jch
betrachtete tlni aufuterlsant und glaubte
wahrzunehmen, dasz er einige Ratten
mit anderen verwechselte; noch mochte
«ich indes; nicht an Betrug glauben. Bald
Idarauf hatte ich mein sämmtliche-Z Geld
lverlorein Jch konnte meine Aufgeregts
heit nicht verbergen. Wolsf suchte mich
zu beriihigen und brachte mich sogar bis
vor meine Wohnung. Er suchte mich
zu übeireden, am nächsten Abend wieder
zu spielen, um das Verlorene znriick zu
gewinnen; ich lehnte ei- ab —- meine
Easse war ohnehin erschöpft, nnd das
mochte ich nicht eingestehen. Bis gestern
Abend hatte ich niit ihm nicht wieder ge
spielt. Fester und fester hatte sich indeß
der Gedanke bei mir eingenistet, das;
Wolsf falsch gespielt habe, und ich spielte
gestern nur mit, um ihn genau zu beob
achten und wenn ich meine Vermuthung
bestätigt fände, ilin anziizeigem
Können Sie sich entsinnen, tvann es
war, alo Sie zuerst Wolffs falsches
Spiel bemerkten? fragte WenzeL
Der Tag hat sich mir sehr genau ein
geprägt, weil ich viel verloren hatte-—
es war am Abend des sechsten Juni, in
derselben Nacht, als auf dein Gute das
Gartenhaus abbrannte.
Jn derselben Nacht, sagen Sikl wie
derholte Wenzelsp Sie müssen sich geirrt
haben.
Jch habe mich nicht geirrt-ich weiß
es ganz genan!
Der Richter schüttelte zweifelnd mit
dein Kopfe.
Wann haben Sie an dem Abende mit
dem Spiel begonnen ?
Es mochte sieben Uhr sein.
Und wann haben Sie aufgehört?
Des Morgens nach drei Uhr.
Und Sie sagen Wolff habe die Bank
geleg;?
Gewiß.
War er die ganze Zeit zugegen :
Die ganze Zeit.
Dann kann ich Ihnen doch beweisen,
daß Sie sich geirrt habe-n, sprach Wen
zel. Jn der Nacht, als das Gartenhaus
abbrannte, san-i Wolff nicht mit Ihnen
gespielt haben, denn er befand sich zu
derselben tfeit aus dein Gute seines Schwa
ger5, des Herrn von Böriier.
Ich irre mich nicht, fiel Stamm ein,
Jch erinnere mich noch ganz genau, daß
der Feuerliirni zu uns drang, tvir ließeni
uns indefi nicht dadurch stören.
Sie haben den Fenertarni jener Nacht
,ani Spieltische gelfbrtP tief Wenzel er
staunt. Er strich mit der Rechten über
die Stirne hin, denn Gedanken auf Ge
danken stiegen dort anf. Dann kann
Wolff nicht dabei gewesen feini
Er toar dabei, versicherte Stamm. Der
Wirth trat iii’ö Zimmer und sagte it)m,
daß dass Garteechauö auf dent Gute sei
nes Schwagers brenne -— er erwiderte
richig, ohne sich im Spiel stören zu las
sen, daßee dann ein gefchinackloses Ge
bäude weniger gebe.
s Das hat er gesagt? rief Wenzel auf:
igeregt einvorfpringend und auf- und
abschreitend. Nein-es ist nicht mögs
lichseö muß dennoch ein Jrrthuni
vorliegeni Etwa-an jenem Abende
nicht in dem Parle——-setn Zeugniß——
sein Eid—ich kann es nicht glauben.
»Wer spielte an jenem Abende noch
mit? fragte er hastig, indem erdicht vor
Stamm hintrat.
Jch möchte die Anderen nicht angeben,
um sie nicht in Strafe zit bringen« erwi
derte dieser.
,
Es handelt sich nicht darum, fuhr
Wenzel fort-ich möchte nur ihr Zeug
niß über einen Punkt haben — nichts
weiter.
Es waren mehrere Herren zugegen,
welche nicht mitspielten, sondern nur zu
sahen.
So nennen Sie mir diese.
Stamm kam der Aufforderung nach,
dann wurde er entlassen. Des Richters
Interesse wurde mit einem Male auf ei
nen ganz anderen Gegenstand gelenkt.
(Fortsetzung solgt.)
Die Heilsarmee in England.
»General« Booth hat kürzlich über«
die Erfolge der Heilsarmee in Englands
in einer Versammlung in Berlin nähere
Angaben gemacht. Man habe ihm bis
jetzt 1ini,0t)() Pfund Sterling (85«'30,
Wu) zur Erreichung seiner Ziele gege
ben, und er habe fein Werk begonnen,
dessen ganze Kosten er auf etwa 6 Mil
lionen Mark veranschlagt habe; in Lon
don habe man jetzt 17 Obdachhäuser,
in denen die Nachtherberge 8 Pfennige,
Abendessen, Frühstück und Bett 2 Pfen
nige kosten; über 4000 Menschen schlie
fen dort; 209 Häuser seien eingerichtet
zur Verabreichung von Lebensmitteln
n. fis Mil. portionen Essen seien ge
reicht worden; sechs Arbeitssabriken be
standen in London, in denen Bürsten,
Matten, Webereien Stühle und andere
Waaren hergestellt würden; auch sei ein
Arbeitsnachweise-Bureaii mit 6 Zweig
anstalten gebildet worden, in denen 26,
000 Leute Arbeit nachgesucht, 6000
Arbeit gefunden haben; ferner seien
Arbeitsstätten fiir entlassene Gefangene,
sowie 14 Heimstätten für gefallene
Mädchen gegründet worden; 1500
Frauen und Mädchen seien in 18 Mo
naten gerettet worden; sehr praktisch sei
das »Nachweisebnreau, das die Verlo
renen auffuche«; für die Landkolonie
habe er an der Mundung der Themse
1500 Acker Land sür 4(),0()() Pfund
Sterling (8200,0()()) angekanft mit
Fischteiehen, Atisteriibänken und Mu
schelplätzen, mit 100 Morgen Garten
land, 50 Morgen Obstgarten nnd einer
Fabrik siir eingeniachte Friichtez es gebe
auch Thousager auf dem Besitze, woraus
man Ziege-l und Terrakotten herstellte;
man habe schon Schlafsäle siir 400, ein
Bersaunnlungstshang für HW Personen
gebant, auch fei eine Eisenbahn im Bau,
an der 350 Personen augenblicklich be
schaftigt seien; fiir das in den iibersee
ischen Colonien anznkaufende Land habe
er bereits eine halbe Million Marki
in der Bank von England hinterlegtH
die ganze englische Gesellschaft, Herzöge’
nnd Parlanientarier, unterstützten die
Bestrebungen der Heilsarmee
sDas glückltchste Land der Welt.
Ein originellee Staatswesen befindet
sich auf der Insel Pitcairu, die mitten
iim Stillen Ocean gelegen ist und aus
iwelcher erst vor einigen Wochen neue
Nachrichten nach Europa gelangt sind,
»was sich nur in jedem fünften oder sechs
sten Jahre einmal ereignet. Vor mehr
salg hundert Jahren wurde ein Theil
Ider menternden Bemannung des eng-U
lischen Schiffe-Z »Bounty« strasweise am
Strande von Pitcairu an’sz Land gesetzt;
er beschloß auf der Jnsel zu bleiben, da
dieselbe als reich und fruchtbar befunden
worden war. Die auf so eigenartige
Weise gegründete Eolonie zählt heute
fast dreihundert Seelen; die Einwohner
ssprechen englisch, kennen alle Fortschrittej
der Civilisativn, erfreuen sich auch vie
ler Kenntnisse, leben jedoch mehr oder
minder wie Robinson aus seiner Insel.
Sie ernähren sich von Früchten nnd
Wildpret; Geld besitzen sie zwar, doch
zirkulirt es nicht innerhalb der Repitblik,
da jedes Geschäft auf der Grundlage
des Waaren- und Güteraustauscheg ab
geschlossen wird. Hin und wieder wirft
ein fremdes Schiff vor der Insel Anker
» um Mundvorrath zu erstehen; das Geld
’da3 hiesiir eingeheimst wird, wird wohl
verwahrt und später siir Bücher, Mu
nition, Jagdgeräthe und Schiesztvaffen
inne-gegeben Die Regierungs-gemalt
ruht in den Händen eines Präsidenten,
der nur für ein Jahr gewählt wird und
j»der erste Mann des Staates« genannt
wird; er steht in hohem Ansehen, wenn
jedoch seine Herrschaft zu Ende ist, so
wird er zur Rechenschaft gezogen, und
das Volk urtheilt, ob er gut oder schlecht
regiert hat, ob er gerecht oder ungerecht
war, ob er Lob oder Priigel verdient.
Das Leben auf der Jnfel ist so fried
lich und ruhig, daß die Bürger der klei
nen Nepublit als die gliicklichsten Men
schen der Welt betrachtet werden dürften
——wenn die Sache sich wirklich so ver
hält, wie sie in den Blättern geschildert
wird.
Juden Savoner Alpen gelang es
dieser Tage einein kiihneu Alpenjäger
Namens Vignale, ein unter einem mach
tigen Felsvorsprnng angebrachtes Adler
nest auszunehmen; nachdem er das Ad
lerweibchen ersihossem fand er im Neste
den jungen Adler, dessen Flügeltveite be
reits anderthalb Meter betrug. Der Bo
den des sehr geräumigen Restes bestand
aus dicken Bauinästen, welche mit Reisig
und Blättern bedeckt waren. Jn dem
Neste konnten sechs Personen bequem
Platz finden. Der Jäger fand in kein
Neste ,solgende Speisevorräthe: Große
Mengentheils frischen, theils faulen
Fleisches, einen eben getödteten weißen
Hasen, 27 Gemsensiisze, 4 Taubeusiiße,
30 Fasanensiiße, s Hühnerköpse, 11
Hühnersliße, 18 Köpfe von Rebhühueru
und weitere Ueberreste von anderem
Geflügel, dann Schlangen und Theile
von Munnelthiereu.
q«
Landwirthschastliqeh
MehrFutter,mebrProsit. -
Bei der Versammlung der Milch
wirthe Jllinois’ sagte Hr. E. E Meri
wether Folgendes: »Ich bin der An
sicht, daß wir unseren Kühen nur is des
Futters geben, das sie erhalten ollten
und wir würden besser ab sein, wenn
wir mehr fütterten und alle Kühe, die
sich nicht bezahlen, zum Mehger senden.
5000 Pfund Milch von einer Kuh per
Jahr, d. i. nur 20 Pfund pro Tag
während ungefähr acht Monaten, und
eine Kuh, die das nicht geben kann,
bezahlt sich nicht. Zwei meiner Na -
barn, die auf gepachtetem Lande Mil -
wirthschaft betrieben, gaben mir ihre
Futterrrationeu an. Jch fütterte nun
eine gute, frische Kuh nach der mir an
gegebenen Art und dieselbe gab 30
Pfund Milch per Tag. Jch vermehrte
nun die Menge des Futters, ohne die
Zusannuensetznng zu ändern und brachte
dadurch den Milchertrag auf 40 Pfund
pro Tag, d. i eine Vermehrung um
sxzti Prozent, wobei die Kosten pro.
Pfund nur halb so groß waren, als bei
den ersten 30 Pfund. Dadurch, daß ich
die Kuh auf ihre höchste Leistungsfähig
keit brachte, erhöhte ich den Reinge
winn von dem, durch die Fütterung
in der Kuh investirten Capital um 12
Procent Ein anderes Mal fütterte
ich dieselbe Kuh mit einer Nation von
Korn zu 45 Cis» Hafer zu 32 Cts.,
Mühlenabfälle zu 75 Cts pro 100 Pfd.
und Oelkuchen zu 81.25 pro 100 Pfund.
Es war das gerade nicht eine am öko
nomifchsten zusaminengesetzte Nation;
dennoch gab die Kuh bei einem Kosten
aufwande von 23 Ets. pro Tag für
Futter, 44 Pfund Milch zu s1.25 pro
150 Pfund, d. i. ein Reinprofit von
213 Ets. pro Tag. Bei den gegenwär
tigen Preisen für Schlachtochsen würde
das ein guter Preis pro Pfund sür 4
"i«1uigochsen sein.
T u r ke h z u ch t.
Auf jeder Farm findet sich all das
Futter, das die Truthühner nöthig ha
ben; es besteht dies in Kornmehl,
Quarg von sauer Milch, gutem reinen
Weizen und gemahlenem schwarzen
P feffer. Ich habe während vier Jah
ren eine ziemliche Anzahl bronsener
Turkehs bei dieser Fütterung großgezo
gen und mein Verlust an jungen Hühn
chen betrug keine 10 Prozent. Den
grössten Verlust hat man immer durch
Diarrhoe (Durchsall). Quarg und
Pfeffer ist nun ein gutes Mittel dage
gen, deshalb soll das erste Futter aus
trockenem Quarg und gestoßenem Pfef
fer bestehen. Das Kornmehl wird mit
saurer Milch gemischt, etwas Soda bei
gegeben, etwas Pfeffer zugesetzt und das
Ganze dann gut getrocknet. Diese Ku
chen werden in kleine Krummen zerrie
ben, abwechselnd mit dem Quarg gesitt
tert und zwar in der ersten Woche alle
drei Stunden. Später füttert man
alle 4 Stunden, bis die Hühnchen 3
Wochen alt sind, von welcher Zeit an
man nur Z mal im Tage füttert. Jetzt
kann man auch mit der Fütterung von
reinem Weizen beginnen.
lDie Tränken anlangend, soll man den
Hühnrhen so viel Wasser oder süße
Milch geben als sie wollen und zwar in
reinen irdeneu Schüsseln. Die Haltung
betreffend, soll man auf jeden Fall ver
hindern, daß die jungen Hühner naß
werden. Der Stall muß vollkommen
trocken und gegen Eindringen von Nässe
geschützt sein.
Die erste Woche soll man die Henne
eingeschlossen halten und nur die Jun
gen herauslassen, später laßt man sie
mit der Henne in einem eingefenzien
Raum, bis sie ungefähr 7 Wochen alt
sind, wo man sie dann schon allein aus
laufen lassen kaun· Während der ersten
5——i; Wochen soll man die jungen
Hiihnchen sowohl als die alte Henne 2
oder It nial die Woche mit Dalmation
Jusektenpulver einblasen und dadurch
eventuelle Läuse tödten.
Ein Liebhaber im Record.
Ein Kvinet wurde im September 1531
für Louise von Savohen, die Mutter
Franz I. von Frankreich, indirekt die
Ursache ihres Todes. Sie bemerkte
Nachts eine ungewöhnliche Helligkeit in
ihrem Schlafziuuner, ließ die Gardinen
öffnen und sah nun einen glänzenden
Kometen am Himmel. Ueberzeugt daß
das eine iible Vorbedeutung sei, befahl
sie, die Gardinen wieder zu schließen
und Alles fiir ihr bevorstehendes Schei
den von dieser Erde vorzubereiten.
Der herbeigerufene Leibarzt der Fürstin
erklärte zwar, daß deren Gesundheits
zustand eine solche Befürchtung gänzlich
ausschließe, und auch sie selbst bekannte,
sich zwar ganz wohl zu fühlen, wenn sie
nur nicht jenes Vorzeichen ihres nahen
Todes gesehen hätte. Und in der That
schloß Louise von Savohen, ein Opfer
ihres Aberglaubeus, drei Tage später»die
Augen fiir immer.
Die Bevölkerung Italiens belief sich
am Ende des abgelaufenen Jahres auf
:3«,:3 l:,;)kil Seelen, wag einer Vermeh
rung nnc l,l«-«.»s«,lsl() iin Laufe des letzten
Jahrzehnte-s gleichkommt Das Jahr
lsxll allein hat einen Ueberschuß der
Geburlen über die Todesfälle von :Z:36,
775ergeben Es starben nämlich in
nerhalb desselben 791.i,:387 Personen,
während in demselben Zeitraum 1.,»52,
lass elseliche nnd W,()4«l uneheliche Ge
burten zu verzeichnen sind. In der
letzteren Ziffer sind librigens auch die
ausgesetzien Kinder enthalten. Die
Eheschließungen im Jahre 1891 betru
gen 227,548. Diese Ziffern besagen,
daß trotz der starken Aunwanderuns und
des wirthschastlichen· Nothstandes die
Bevölkerungsbewegunq in Italien im
Wesentlichen normal geblieben ist.