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About Grand Island Anzeiger. (Grand Island, Nebraska) 1889-1893 | View Entire Issue (Dec. 25, 1891)
« Wilde Triebe; i ilitt-belieben Mit-n v. Verfas. (Fortsetzung.«) Erst jetzt kam ihm der edanle, ob denn keine Hilfe mehr m glich· Er tastete nach dem Ursprung des Blut guelles; der war an der rechten Seite oben zwischen der erster-, Rippe und dem Hals. Das war beitn Wild kein tödt licher Schuß. Er hob die Augendeckel des Deliagendem die Pupille. war auf die Seite gedreht, doch nicht glasig, wie bei Todten. Das blutige Hemd stand durch den Fall nnd die aus-gestreckte Stellung des rechten Armes weit offen; er starrte auf die gewölbte Brust, mit dem Gesicht fie fast berührend. Sie hob sich leife. Er vergaß Alles bei dem Anblick. . »Toni! Hörst mi, Toni!« schrie er dem Verwundeten in die Ohren in ei nem Tone, als riefe er seinem besten Freund. Dann sprang er anf, lief vor, wieder zurück, preßte sein Schnupftnch unter das Hemd auf die Schußwunde, sprang wieder aus, blickte gegen den die Farbe des Stahles annehmenden Himmel, an welchem bereits der erste Stern erschien, hinab in das Thal, wo im nächtlichen Dunkel weiße gespenstige Nebel sich ballten und schrie mit rauher Stimme: ,,Hilfe! Hilfe!« 1 Dann dachte er daran, daß das Nie ; mand hören würde, und er selbst Hilfe holen müsse. Er stiirzte davon, er schwang sich von Fels zu Fels-, von Latiche zu Latsche in toller Hast. »Der Toni! Er lebt und er darf net enden wie g’schossenes Wild.« Der Gedanke erfüllte ihn ganz, belebte seine Sehnen, besiegte sein Grauen. Wo wollte er denn eigentlich hin ? Warum blieb er nicht bei ihm? Zu Marei, richtig, zu Marei; sie war seine Mitschuldige, sie mußte ihm hel, sen; was wollte est-denn allein mit ihm machen? Keuchend langte er auf der Schneid an. Die Fenster der Hutte flammteu wie glühende Augen durch die Nacht zu ihm herauf. Er rief ihren Namen, zuerst leise vor sich hin, dann lauter daß er in den Ber gen widerhallte· Die Stimme Mark-PS antwortete ihm, sie llang ganz nahe, immer näher, sie kam ihm offendar entgegen. Eine anal volle Angst befiel um« Der Augenblick war da, wo er ieine That zum ersten Male nennen mußte, und gerade ihr, die ihm mitten in's Herz sah; aber er hatte ja nach der Vorschrift gehan delt---ein unglückseliger rrthum war Schuld an Allein· »Die Vorschrift, gie Vorschrift!« tummelte er vor sich iu. Eine Gestalt lüfte sich anø dem Dun lei, das seht iiber dem Kessel ruhte— sie war’s; ihr Athein ging keuchend. Jetzt blieb sie stehen, sie fah ihn wohl. «Loisl!« ries sie init erstickter Stim me« »Hast 'ran g’schossen? Loish nm Gotte-J willen wir-Z is? Ned’ doch!« »Ein llngliicl, Mai-ei, aber i bin schulde Der Toni « « Ein wilder Schrei entrang sich ihrer Brust, sie-stürzte vor und packte niit beiden Händen seine Jopbcn »Todt? Red’—todt ?« »Na, er lebt noch ich hab« ihn an ’ruslen nach der Vorschristk« ächzte ois . , « » ’ »Unihracht hast Tit ihn Mörder stieß sie hervor. »Marei! Das sag’ net, graan net !« »G’radi« Sie lachte wild ans. ,,’s Duell meinst? A Mord war’s, heim tiickischer Mord, i weiß Alle-Jl« Ihr Jammerrns schallte durch die Nacht, während sie nach der Richtung eilte, von welcher Loigl hergetonnnen Dieser taumelte ihr wie trunken nach, seine Gedanken verwirrten sich, die Worte Marei’e dröhuten in seinem Innern. Der Mond stieg über die Schrossin heraus und erleuchtete den Weg. Ma rei sprang behend iiber die Schneid hin ab in’s Gewänd, schwang sich durch die Latschen von Fels- iu Fels, der er schöpfte Loigl konnte ihr iauni solgen· Er ries ihr nur die Richtung zu, welche sie einzuschlagen hatte. Jeyt waren sie ans deni Lahner; er zitterte vor dem nächsten Augenblick. Noch einen Sprung-und er sah eine dunkle Masse, doch hatte sie jetzt eine andere Form, als- vorher. Das Monds licht streifte dariiber, seht sah er deut lich, es war Toni, aber er lag nicht mehr ausgestreckt, er sasz gegen einen großen Stein gelehnt. Jn demselben ugenblick sah Mart-i ebenfalls die zu sammengesallene Gestalt nnd sprang mit einem gellen Schrei daraus los. ,,Tom! Toni! J bin ja schon da!« Dann stürzte sie vor ilnn ans die Denn-, hob sein Haupt, das inr Schatten lehnte, in da'S Mondlichi. »Horft nn net, Toni? Die Marei ist da.« Der Verwundete stieß einen Schiner zeudruf ans und blickte wie ans ei nem tiefen Schlaf erwachend das Möd chen an. «Red’ nnr a Wort, sonst werd i ver rncktl Wo fehlt’s? Was soll i Dir thun?« «Wasser!« lispelte matt der Ver wundete. «Wasser! Bring a Wasser,« rief sie dem eini e Schritte entfernt wie ange wnrzelt tehenden Loigl u, ohn an die Unmoglichkeit der Ausfüsrung des Auf tra es zu denken. ie er trat ichlotternd näher nnd bot ihr s ne Schnur-Masch- an. Da M — neten sich die Au en des Verwundeten weit, er drehte si gewaltsam in Ma ni’s Armen, hob den Arm. gegen den Jäger ——- nnd fah dabei Marei an. Eine Frage und ein Vorwurf lag in dem Blick, er wollte sprechen, doch das in den Mund drängende Blut ver hinderte ihn daran, die Lunge war wohl verletzt und wenig Hoffnung. Marei fühlte die furchtbare Schuld, die er ihr aufbürdete. »J fchwörKT das hab’ i net woll’n, wenn i a leichtfertig war und fchlecht!« vertheidigte fie sich mit einer ängstlichen Haft, als könne der Tod dazwischen treten. Das kannst net glauben, Toni, und der Mensch selber da kanns net behaupten. Da tret« her, LoisL und fag’ auf Dein Gewissen: hab« i An theil an dem Unglück ?« »Auf mein Gewissen fag’ i, ja, den haft Du!« erwiderte Loisl Marei knickte einen Augenblick zufam men unter diefer Anklage, dann aber er hob fie sich plötzlich, beide Arme nach ihm augftreckend »So, jetzt hab’i Di, jetzt haft Dr verredt! Also net weg’n der Vorschrift, sondern aus Haß, aus Eifersucht hast die That begangen. Sag’ nein, wennst kannst!« Loisl war ganz verwirrt, er hatte sich verrathen, das war ihm sofort klar. Der Antheil, den er ihr zumaß, fiel dop pelt schwer auf ihn zurück. »So wars net gemeint, so net, aberf Dein Gehetz und G’red, Dein Falsch-T sein«-Du weißt ja Alles-er wär’ mir gar net in den Weg kommen, wenn Du ihn net bestellt hätt’st für heute Abend.« »Das is a Liig’, a elende Liig«, wer hat Dir das g’sagt?« »Er selber, vor sich hin g’redt hat er’s: heut’ is ja Mittwoch, hätt’ bald vergessen! hat er g’sagt, ich hab« jede-: Wort g«hört.« s »Und da hast g’schosseu--« zischte ’Marei. Loiol fuhr zurück, Marei sprach den Gedanken auss, den er gewaltsam ver scheuchte. Er klagte sich immer mehr an in seiner qualvollen Verwirrung. »Ang«rufen hab’ ich ihn nach der Vor schrift, dann hat er nach der Büche g’langt dannserst hab’ i g’schossen, um mein Leben zu vertheidigeu.« Wassers Gebt Wasser!« jammerte der Vertvundete, welcher dem Vorgang unt ihn her keine Aufmerksamkeit schenkte· Das brachte Marei zur Besinnung, daß jetzt nicht Zeit sei zu solchen Aus einandersehungete »F bleib bei ihm, Du gehst ’nunter in’s Thal und holst Leut’ s oder ver langt’s die Vorschrift, daß man an Verwundeten verenden laßt, wie a Stück Wild?« Nein, da-: wollte er nicht, auch sein erster Gedauke war gewesen, den Un glücklichen zu retten. Ein Fortbringen zu Zwei in der Nacht von diesem Platz war unmöglich; auch muszte Jemand bei ihm bleiben, bei dem Sterbendem das war klar. Aber konnte uicht er bleiben, und Marei Hilfe holen? Sei nem Opfer immerfort its-z brechende Auge fchauea, vielleicht seine Verwün schungen vernehmen, das war ja auch nicht zu ertragen, und doch graute ihm noch mehr vor dem Bleiben Marei’ø. Was wiirde der Sterbende ihr Alles sagen? Seine Worte werden sich in ihre Seele graben unauszlöschlich er wird sich reichen nnd jeden Funken von Liebe ersticken in ihrer Brust. Das dachte Loisl iu·diesem Augenblick, als ob nicht auch ohnedein Maret fiir immer verloren wäre, als ob eg noch überhaupt etwas zu hoffen gäbe fiir ihn! Marei unterbrach sein kurzee Zo fern. Geh, get-»Dein Anblick macht hnnet besser, und i mein’, Du selber mußt froh sein, wenn’st weiter lommst.« Sie kehrte ihm den Rücken, mit Toni sich beschäftigend Loisl sagte kein Wort und ging. - Je näher er, in Schweiß gebadet, dem Thale kam, desto mehr verdrängte der Selbsterhaltuuggtrieb alle anderen Ge danken. »Was sag’ idem Förster?« fragte er sich hundertmal Er erinnerte sich sehr wohl dessen versteckter Warnung, ihm nicht zu viel zu sagen. Aenderte es etwas an der That,«er leichterte es sein Gewissen, das sich mächtig regte, wenn er Alles wahrheits getreu erzählte und vom Gericht ver urtheilt wurde? Der Förster selbst liest ja durchblitkem dasz das eine Dummheit sei, daß das Gesetz ungerecht sei gegen den Jäger, dass im Revier draußen die Sache ganz anders aussehe, als am Aktentische. Wer sagt denn, wenn er esz hijtte da raus ankommen lassen nnd nicht g’sch0i sen, was pafsnst waret- Ter Toni hatt’ sich nicht so geduldig fangen lassen; wär’6 zum Nansen gelommen, hats er Hvahrscheinlich inm Messer gegriffeii.l fllnd hätte er ihn lansen lassen, dannl shätk er hinter der nächsten Wand seine Biichse wieder gelade nnd hats ihn zn lsammeng’sehossen. Ja, fo weiss gewiß »gelommen! Daran denken die Herren in Jder Stadt ja nicht, nnd daran muß man sich eben selber helfen. »Aber die ungeladene Büchse, die man bei ihm finden wird, das ist der Haken; daran tverden’ø mich fassen,« dachte LoisL « Es fiel ihm jetzt erst ein, wie leicht es gewesen wäre, diesen Haken zu ent fernen, indem er einfach eine neue Pa tevne in den Lauf geschoben nnd den Hahn gespannt hätte. D wie dumml Wenn der Toni aber noch vernommen werden konnte? Zwar seine Aussage würde nicht viel gelten; aber die Mai-ei würde auch vernommen werden, und ihr hatte er’e ganz anders er htt. Er fühlte, daß er gar nicht die raft habe zu lügen, daß er sich unzählige Male in Widersprüche verwickeln werde. Dann ersaßte ihn wieder die Ver zweiflung, das Entsetzen vor seiner That, deren eigentliche Beweggründe in uner bittlicher Klarheit vor ihm austanchten und Alles was mit ihm geschehen, aus ihm werden sollte, erschien ihm nichtig ge en die furchtbare Schuld, die er aus si lasten fühlte. Vor dem Forsthaniz mußte er sich aus die Steinfliesen setzen, bei-or er län tete, Alles schlief schon im Hause-. Ueber den Dächern des Dorer sah er deut lich iin dunstigen bläulichen Licht den Felslops, hinter welchem Toni lag — im Arme der Marei. sJe mehr erdarüber nachdachte, wie er seinen Bericht machen sollte, desto mehr verlor er den Zusammenhang Mehr um den unerträglichen Zustand zu enden, als um schnelle Hilse zu verschaf fen, läntete er. Ein Hund wurde laut, dann die schal lende Stimme des Försters. »Wer ist da ?« ,,J der Loigli« »Das hab’ i gern, zu der Zeit-—lenn’ mi schon anst« brummte der Alte, wäh rend er die Thür aufmachte. »Was D’ jetzt sagt, Loish bleibt g’sagt, nimm Deinen Verstand z’samm!« Loisl stand mit zerschundenen, bluti gen Knieen vor ihm, aus dem fahlen Antlitz perlte der Schweiß. »Wer ist’s3? Kennst ihn ?« Der För ster wuszte genau, woran er war. »Der Griesberger« stammelte LoisJ sich auf seinen Bergstock lehnend. Der Förster pfiff leise, wodurch er stets ein verdächtiges Staunen auszudrü cken pflegte. »Der Griesberger !- Hm, hin l« Er drückte das linke Auge zu nnd sah mit dem rechten scharf aus den Jäger, als- ob er aus ihn zielen wollte. »Ist er todt?« »Er liegt im großen Lahner—-i soll Hilf· holen-- «brachte Loisl, nach Athem ringend, muhsatu hervor. »Hm er g’schossen ?« fuhr unbeirrt der Förster fort. »Ja aus a Gattis.« »Ob er ans D i ch g’schossen hat, srag’ i.« »Na-— net g’schossen--saber ansg’sah ren is er-----« »Also ausg’sahren is eri« unterbrach ihn rasch der Förster, seine Augen blitz ten zornig auf. Das laugt schon. Jetzt mach’«, hol’, der Doktor muß a mit, wird so Lärm g’nug machen, soll net heißen, daß wir ihn umkommen ha ben lassen. Kommen wär’s mit dem allewei so, aber g’rad Tit-. Na, wenn er aitfgsahrenis -«-« , » »So hat’s geschienen « zwang Loisls noch heraus. s ,,Geschienen! Dummes G’schwiitz,s als wenn’st das wissen köiiut’st, ob«s blos! geschienen hat. Jetzt utach’ Di, i geh sel-; ber mit.« s Er verschwand im Haus. s Loisl eilte zum Holznieister, der seine Knechte austrommelte, und zum Arzt. In einer Viertelstunde machte. sich ein Zug von sechs Männern unter Vorautritt des Försters aus den Weg, der verschiedene Abenteuer mit Wilde rern zum Besten gab. Loisl Ilanschte gierig daraus --- der Förster hätte gerade so gehandelt an sei ner Stelle, das hörte er daraus, das be ruhigte etwas sein Gewissen. 4. Marei saß zwischen den weißen leuch tendeu Steinen vor dem bewußtlosen Toni» Unter dem geheinißvollen We-; ben der· Mondnacht rings umher hielt sie Einlehr in sich selbst· Hatte sie solchen Ausgang gewollt? Nein, sie konnte es bei ihrem Seeleuheil beschwören; weil·sie ihn fürchtete, traf sie sa ihre Wahl vorigen Sonntag-und tanzte dann doch den ganzen Sonntag mit dem Toui und gab ihm so das Recht, sie heinizubegleiteu, beim Vater um sie anzuhalten Warum wies sie ihn nicht derb ab, sie war doch sonst sticht so schüchtern ? Weil sie ein wohliges Ge siihl empfand iiber die beharrliche Wer buug Toni’s, ja das empfand sie, als sie mit ihm zum Hof hinausging. Sie bereute ein wenig ihr Versprechen, das sie ani Vormittag dem Loisl gegeben hatte, das dem eifersiichtigeu Spiel der Beiden ein Ende machen sollte. Und der Lois hatte sie beobachtet, sein Haß war in’s Undendliche gewachsen, er hatte ihrer dummen Rede treulich ausder Alin gedacht nnd das liatte ilni zu der Tlfat getrieben! Das war also die Folge ihrer Leicht fertigte-in das war die furchtbare Strafe daiiir. Der Eine todt oder sein ganzes Leben ein Krüppel, der Andere nm seine Seelenrulse gebracht fiir sein ganzes Lesj ben, einen Mord ans dein Gewissen! llnd sie, die Alles oerselntldet, sollte leer. anigel)en, straslos? Aber war denn dass nicht Strafe genug, dasz Alles ans war,l’ alles Glück, von dem sie heute Nachmit tag noch geträinnt. als sie ans den Loisl wartete ? O, es war so schön gewesen, dir Friede, der einzog in ihr Herz! Und wie die Zukunft vor ihr lag, wie ein Garten im Frühjahr; aller Zwie spalt in ihrem Innern war aus, es gab sür sie nur einen Mann--- den Loisll Und jetzt! Hatte sie denn nicht jetzt doppelte Verpflichtung gegen ihn, mußte sie nicht erst recht mit ihm das Unglück tragen, trotz dem Gered’ der Leute? Es durchschauerte sie ein fonderbares Gefühl bei diesem Gedanken, der sie nicht mehr losließ. Und sie hatte ihn Mörder genannt, einen sei en Mörderl Was mußte das gewesen Pein stlr ihn! Zuerst ausgereizt mit den Worten: »Wer davon kommt, kriegW Mirdel«-"—undl ihn dann im Stich lassenl Aber das« war es gerade, warum nie mehr zwischen ihnen von Liebe die Rede sein konnte; sie könnten sich ja nichtf mehr in s Gesicht sehen ohne Vor wllk »Mareil« tönte-die schwache Stimme des aus seiner Ohnmacht erwachenden Toni. »Muß i wirklisterb’n ?« Das Mädchen brach in heftiges Wei nen aus. »Und is das net besse, als leben als siriippel?« fuhr ler Verwundete fort. ,,J könnt’s ja do net vergessen, daß Du mi dazu g’macht, Du, Marei, oie i so lieb——« Er konnte nicht weiter reden, fein Panpt fiel wieder herab auf die zerschos ene Brust. In Marei leuchtete es auf urplötz lich, ja, das war der Weg, keinen an deren gab es mehr sur sie, er allein führte zur Sühne zur Ruhe! So klar lag er vor ihr, daß sie nichts mehr fühlte als Angst, der Tod könne ihn für immer verschließen. »Du mußt leben, für mi mußt leben!« flehte sie. Toni hörte nichts mehr davon. Qualvolle Stunden vergingen. Sie bewachte die Athemzug des Verwun deten; setzten sie zeitweise aus, ergriff sie wahnsinniges Entsetzen vor dem Tode, der sie iu die ewige Nacht der Vorwürfe stürzen werde; hoben sie sich wieder, stieg die Hoffnung in ihr auf, daß Alles wieder gut gemacht wer den könne, nnd die beschlossene Buße an der Seite des siechen Maunnes warf ihr reinigendes Licht voraus in ihre ge ängstigte Seele. Da öffnete der Verwundete wieder die Augen und sah sie voll inuiger Dankbarkeit an, und griff wie ein hilflo fes Feind mit ängstlicher Bewegung nach ihr, daß sie sich in diesem Angen blick mächtig zu ihm hingezogen fühlte. Das Mitleid, der Drang, zu filhnen, die Qual der Schuld erzeugte in die fem Augenblick etwas wie Liebe zu die fein Manne Endlich nahte die Hilfe, ferne Stim men wurden laut. Sie rief den Kom ntenden zu, mahnte zur Eile, lief vorl nnd wieder zurück in hastiger Unruhe.· Dann beuuruhigte sie plötzlich der Ge danke: was würden die Leute sagen, wenn man sie bei dem Toni erblickte? Würde ihnen nicht sofort der ganze Zu sammenhang klar fein? »Ja, was will denn die da?« ließ sich jetzt die Stimme des Försters hören. .,Loisl, jetzt könnt« ich Dich doch gleich -- so eine Dummheit!« ,..Liijtt’ er ihn vielleicht allein verenden lassen iolleu wie a Stück Wild?« sagte Marei gereizt. »Na, dafiir ist der Loissl noch z«weui lang Jager; es langt fo fcho das llnaliici.« «Natiirlich, jetzt iI a Unglück; die Lumperei von euch ist an Ungliick!«; herrschte der Finster. Sein erster Griff; war nach dem Gewehr des Wilderer-S, er! roch an der Oeffnung des Laufes. s »Frisch abg·ichossen, da fehlt nir«.« »Auf a Gams, sawohl!« bemerkte» höhnisch Marei. »Wer sagt denn dar-ID« fragte barsch der Förster »Der Linle selber,« erwiederte Mai-ei in ihrer Entriistnng über die Kälte des Fürsten-« die Folgen ihrer Aussage ver gessend . »Der Efell« konnte sich dieser nicht zurückhalten auszzurufen Unterdesz kamen die Leute au, der Arzt, Laile selber, der sich ermattet ei nige Schritte entfernt auf einen Stein niederließ Der Arzt untersuchte die Wunde Marei stand daneben ängstlich in seinem Gesichte forschend. »Na, wie stehts mit ihm Doktor M fragte der Fürsten i »Schlimm, aber nicht hoffnungslos. Die Lungenspihe ist durchschossen, das Schulterblatt zersplittert Bei Unser einem würde lange dauern, aber die Kerls halten Evas aug: die Hauptsache ist, rasch herunter mit ihm.« Unter den Griffen des Arzte-Z er wachte der Verwundete »Na, Toni, wie steht’s mit Dir?« fragte ihn der Förster nicht ohne einen Anflug von mitleidiger Theilnahme Der junge Mann starrte ihn mit tvil dem Blicke an. »Schau, so gel)t’—3, es hätt’ so wie so uit mehr lang gut gethan mit Dir-. Jetzt hast Du«S! - Auf, Leute, greift zu, aber vorsichtig, langsam!« Der Weisung folgend, legte man den Vertvundeten auf die rasch ans Buchens stätnmchen und Astwerk gefertigte Trag ; bahre. Marei half wacker mit, bettete ihm den Kopf, fliisterte dem vor’ Schmerz Aeehzenden Trostworte zu und dann ging’6 sorgfältig bergab mit der schweren Last. »Armer Menschl« fliisterte Marei dem Loidl zu, als sie an ihm vorüber schritt, dann trat sie an die Seite der Bahre und legte ihre Hand aus die aus der Brust getrenzten des »Verwnn beten Die Gespräches ruhten jetzt, nur noch das Rascheln des Lanbes unter den schweren Tritten der Träger, das Aech zen nnd Stöhnen des-s Verwundeien war» hörbar. Hundert Schritte hinter demJ Zuge ging Loigl, sein brennendes Auge ruhte aus der Hand Marei’s, die aus» der Brust seines Opfers lag. s Aus dem Vreitkops dessen Umrisse be reits leises Dämmerlicht umwehte, schriei der erste Hirsch, es drang ihm durchs Mark und Bein das langezogene Grö- s len, vom Dorfe heraus schwangen sich die Töne des Angelus. 5 Das ganze Do war in Aufregung Der uralte Stret war wieder ent brannt, der Streit um Wild und- Wald," der bei diesem Volke nnr scheinbar ruht, um bei der ersten Gelegenheit sich von Neuem zu erheben. Kein Gesetz, kein Staatsrechtlehrer vermag ihn zn tilgen, er wurzelt zu tief in den An schauungen dieses Volksstamiiies. Wald, Wild, Weide sind nach einem ur alten deutschen Rechtsgrundsatz gemeine Nutzung der Marktgeuossen Niemand hat es dem Bauern z:-.-Tagt, er sann es uicht aus Buch-ein t weis-in alnt die Erinnerung dämmert fort in dem Ge schlecht, aus tiefem Schatten altgermani schen Waldfassenthuuis stammt die theuer gehütete Ueberzeugung. Zu der selbstverständlichen Verunheii lung des Thäters Loisl kam noch, daß kein Mensch zweifelte, Eifersucht und Rache seien die Triebfedern desselben gewesen. Da konnte man wieder ein mal sehen, wohin das Jagdrecht führte; man vergaß die günstige Beurtheilung, die man dem Jäger Loisl noch vor Kurzem zu Theil werden ließ. Man dachte auch jetzt nicht der Fälle, in wel chen es umgekehrt gegangen war, ein Jäger sein Leben hätte lassen müssen, man dachte nicht der unzähligen hinter listen Anschläge der Wilderer· Der Untersuchungsrichter, welcher bei umgekehrtem Sachverhalt, wenn ein Jäger das Opfer dieses unglückseligen Kampfes war, einen schweren Stand punkt hatte und bei dem Zeugenverhör ans ein eiserues »weiß gar nix von der Sach’« stieß, hatte jetzt leichtes Spiel; er konnte ihm der sich von allen Seiten aufgedrängten Aussagen uud Beschlu dianngen kaum erwehren. Jeder kannte das Verhältniß, in wel chem Loisl zu dem Griesberger stand, nnd wußte jetzt davon Neues, schwer Belastendes zu erzählen, wobei man je doch sorgfältig sich in Acht nahm, Ma rei irgendwie in die Angelegenheit zn verwickeln, obwohl sie in« den Augen der Leute nichts weniger als schuldlos war; sie war einmal eine Bauerntochter, Fleisch von ihrem Fleisch, die feind selige Stellung ihres Vaters zur gan zen Gemeinde fiel dabei nicht in die Wagschale. Der Beamte lam erst Abends im Dorfe an und suchte sich nach altbe währter Taktik erst ein Gesanimtbild der Nolksstiininung, der verschiedenen in einander greifenden Verhältnisse zu ver schaffen, welches ihm ein klares Urtheil über die That verschaffen konnte. Das Verhör der Hauptbetheiligte, des Jä gers, Griesberger’s und Marei’s, ver schob er auf den nächsten Tag. Der Förster war sehr kurz angebun den und beschränkte sich auf die mög lichste lalonische Beantwortung der ihm ausgelegten Fragen; er war einmal lein Freund der Herren von der Feder und vom grünen Tisch, denen er ein richtiges Urtheil iiber derartige Fälle ale sprach ,,Tes hast so dumm g’inacht, wie inögli—ch,« sagte er, von dein Untersu chungsrichter zurückkehrend, zu Loisl, der das Försterhaus nicht verlassen hatte. »Die Marei holen von der Alm, das; man s erst recht mit der Hand grei fen kann; nnd dann die Ge schicht mit der Büchs ! Mach’ Dich nur g faß, daß sie Dich morgen vom Tisch weg hol’n, nnd sei froh, wenn Du mit einein Jahr davon kommst. Er hat sein« Ochuß mehr ini Lanfg habt wie Du ihn an grnsen hast, das innß die Marei auf ihren Eio bezeugen, weiiss u sos schlau warst nnd ihr-«- selber qzdw haft, nnd das bricht Tir«s Genack. Leugnen wirdi Tir wenig nutzen·« lFortsetzung folgt.) Deutscher Handel m Indien. Nach der kürzlich erschienenen offiziel len Handelsstatistil für Britisch Indien zeigt Deutschland auf dein Gebiete der indischen Einfnhr geradezu phänomenale Ziffern. Die Einfnhr ans diesem Lan de betrug: Rupien tin-ni- nig . . . . . . . .. j,-;s0:i,000 1887 88 ............ 1,944,920 liess Hll ............ Z,-li-ll),lll() leihst- lm ............ 5,t;:39,l20 mein sit ............ 16,916,-19() hat sich also in »den letzten 5 Jahren ver zehnfacht nnd ist allein seit dein Vorjah re nm 200 Prozent gestiegen. Metall waaren, Messerschniiedewaaren, sünd hölzchen, Stahl, Papier, Wollwaareu nnd Salz haben dazu sehr viel beigetra gen, den Löwenantheil au dein Anwaeh sen der deutschen Einfuhr aber hat der Rübenzncker, der 50 Prozent dieses Ini porles beansprucht Zweifellos hat der günstige Silbereursdiesen(«iieschästszweig außerordentlich begünstigt, nnd die deut schen Damper welche nach Indien vers lehren, haben darin und in Salz,welches erfolgreich mit Liverpool eoneurrirt, die Massenartilel gesunden, deren sie für die Ausretse bedürfen; ob die günstige Con junetur auch anhalten wird, läszt sich heute wohl kaum beurtheilen Auch dies Ausfnhr nach Deutschland ist in denf letzten fünf Jahren um slilt Procent, ims letzten Jahre um 59 Procent gestiegen.( Dic Summe - Beine m Nimm-! phia. . ! «—»-«« i Die Vereinigten Sänger von PhilaU delphia hatten am T. December einen Ehren- und Freudentag, fiir dessen Feier seit längerer Zeit nnifassende Vor bereitnngen getroffen waren. Mit der Entlnillungs Feier der Schubert-Wüste in dem herrlich gelegenen Fairnionnt Park östlich von der Hortiknltur Halle mit einer reisenden Aussicht auf den Schuylkill, in der Nähe der Götien der religiösen Freiheit und der Monumente der Dichter-Herer Schiller und GötheJ war auch eine Feier des «Elflen StiH tungsfestes der Ver. Sänger« verbun den. Die Schubert-Rüste errichtetztm Andenken an Franz Peter Schubert, den - großen Lieder - Componisten, geb in — Wien am 31. Januar 1797, dort ge ftorben am 19. November 1828, war von dem Fest:Comite des 16. National Sängerfestes in Newark, N. J., als Preis für Städte - Vereinigungen von Sängern bestimmt und von » ungern Philadelphiacz in friedlichem Wettkampfe errungen . isioiden Die Viifte wurde von dem Viid shaiIcr Heinrich Baerer in New Yorfkau treffliche Weise ausgeführt; sie ist H Fnsz hoch, hat sk Fuß Breite an den Schultern, ist aus gediegener Bronze und hat einen Werth von J1200. Auf einer Relief - Bronceplatte befinden sich Figuren, Apollo mit der Harfe, Engel u. s. w., und zwischen Platte und Büste ist das Wort »Schubert« angebracht. Die Platte ist 2 Fuß los Zoll hoch, am unteren Ende 2.22 und am oberen Ende 1.11 Fuß breit. Das Piedestal, ange fertigt von den Herren Van Gunten ö Co., hat eine Höhe von llz Fuß, so daß das ganze Monument 16 Fuß hoch ist. Das Piedestal endet in polirtem Granit, auf welchem auf einer rahinenartigen Verzierung die kiinstlerifch ansgeführte Büste des genialen Meisters des Liedes nnd großen musikalischen Lyrikers steht. Unten an dein Piedestal sind in Deutsch und Englis ch folgende Jnfchriften ange bracht: »Von den Vereinigten Sängern von Philadelphia als Städte- - Preis er rungen bei dem 1(;. National-Sängerfest zu Newark, N. J., 4. 8. Juli 1891.« ,,Awarded to the United German Sing ers ofPhiladelphia at the 16th Natio ualiSiingerfest, Newark, N. J., July 4—-—8, 1891.« Tag Piedestal kostet 8800 uud wurde von dein Bürger - Co mite eingekauft Etatsstärte des deutschen Heere-. Dein Bandes-rathe wie dem Reichstage ist, wie alljährlich, die Uebersicht der Etatgstärke des deutschen Heeres für das nächste Rechnungsjahr 1892--—9:-3 zuge gangen. Danach zählt Preußen mit den dazu gehörigen siontingenten anderer Bundesstaaten 15,990 Offiziere, 45,209 Unteroffiziere, 771 Zahlmeifteraspiran ten, an Spielleuten 4454 Unterossiziere, an Gemeinen 10,815, ferner Gefreite und Gemeine :306,6853, Lazarethgehilfen 261(;, Oekonomie - Handwerkerke 6292, überhaupt 376,841, Militärärzte 1420, Zahlineister, Militärmusik-Jnspicienten, Luftschiffer 695, Roßiirzte 437, Büchsen macher und Waffenineister 662, Sattler M, Dienstpferde713,".«i)2. Für Preußen, Sachsen, Württemberg nnd Bayern zu sammen werden gezählt 20,5240ffiziere, 58,446 Unteroffiziere, 989 Zahlmeister aspiranten, an Spielleuten 5695 Unter offiziere und 14,()88 Gemeine. Ferner Gefreite nnd Gemeine :395,(;66, Laza rethgehilfen 3782, Oekonomiehandwerker Mii, überhaupt 48(;, :38(, Militärärzte 837, Zahlnieister Militiirniufik Inspi cienten, Luftfchiffer WI, Roßärzte 559, Büchsennieifter nnd Waffenmeister 855, Sattler M, Dienstpferde 93,750. Diese ln ategorien vertheilen sich auf Jnfanterie, Jäger nnd (5211) Bezirkskonimandos, Kavallerie Artillerie-——Feld- und Fuß artillciie-—Pioniere, Train sPreußen 17, Sachsen, Württeniberg ie1, Bayern 2 Bataillone) und besondere Formatio nen: zu letzteren gehören die Leibgarden der Sonderane, die Digciplinarabthek lnngen des Gardecoi«s,p L)cildinvalide, ,yi-ldjäger, Julmdauturen, wCorpsbeklei dungsziiniter Militäi, Erziehungs und Bildungsanstaltem endlich gehören dazu nicht reginientirte Offiziere, wobei in Betracht kommen die R richzininisteriem höhere TruppenBefehlhaber, Gouver neure, Konimandaimten, Platzinajore Adjutanten, Offiziere usw» General stabtz- nnd Verniessintgswesen Ingenieur corp63, Jnspektionen aller Art, Kontinuit dosJ der Kadetteneorpsz usw. Die höchste Spitze Island-L Der höchste Berg ans der Insel Js land tvurde int vorigen Sommer zum er steu Male erstiegen. Dem dass- Wagniß gelang, tvar T. W. Floivell Obwohl er durch die Königliche Geographische itlesellfchaft wußte-, das; der Ersteignng deg- ,,Lrvefa Joiull« dass ist der Name jenes Berge-Z nniiberwindliche Schwie rigkeiten eutgegenstiinden, liesz er sich von seinem Vorhaben, den Vergriefenzu bezwingen, nicht avfchreeken. Ein im vorigen Jahre von ihm unteruonimener, aber durch die Ungunst desZ Wetters ver eitelter Versuch, vermochte ihn ebenfalls nicht zu erschrecken. Am list August friih 4 Uhr brach er vvu Lander auf, einer kleinen Anfiedi lung ander siiiste nnd am Fuße des Berge-Z gelegen. Ju seiner Begleitung befanden sich litvei Jøliinder, die das Gepaek trugen. llm l» Uhr Vormit tages wurde die Schneeregion erreicht, nach fast lustiindigeni Weiterklettern, die sehr steilen, mit Eis bedeckteu Felsen hinan, tvar der Gipfel erreicht. Obwohl der ,,Oroefa Joknll« der höchste Berg anf Island ist, beträgt seine Höhe, nach Howellss Berechnimgen, nur 65)() Fuß, trotzdem er sich recht wohl mit den 1000 Fusz hohen Spitzen der Alpen verglei chen läßt Die hohe Breite Jslands trägt aber die Schuld daran, daß Glei scher und Schnee bereits in verhältniss mäszig so geringerHöhe angetroffen wer den. Die Gletscherformationen werden von Howell als besonders reizvoll ge schildert Die Besteigung bietet nicht geringeren Schwierigkeiten, als die vieler Alpengipfel und ungleich mehr, als die des Heila, der öfters von Touristen er klettert wird Nahe Laie Station in Michiga n wurde der olzfäller Joseph Birb von einem fallen Baume erschlagen