Grand Island Anzeiger. (Grand Island, Nebraska) 1889-1893, October 16, 1891, Image 3

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    Aufgefecheitler DOM
(5. Fortsehring.)
Der Baron schnapperte eln wenig über
der silbernen Terrinez jedenfalls hatte
der Rus- der alten Fräuleins ein Ara
ina, des er hier vermißtez eigenhändig
llte er Walpurgalg Glas, die die An
engung ganz blaß gemacht, und reichte
es ihr hinüber-:
»Stoß an, rneine Tochter; der Welt
mnsägler soll leben ! «
» rk-—·Dn hast ja, pfui Tausend,
Du hast ja— dir-—- stalt des Rumg die
- Unze FlasFe Werniuthschnaps in die
ewle ego en —- piui Denbel —- dag itt
ja ein esöss, um Katzen nnd Hunde in
vergiftenz heiliger Bund-im wie spät
mag eg sein? Neubauee soll anspannen
—wir fahren nach Merihagem Tochter;
zielt Dich an nnd komm mit.«
Aber Walpurga tain nicht mit; nach
dem Sturm und Drang dieses Tages
noch zwei beleidigte Fräuleins zu versöh
nen und den Triumph der Schadensrende
in ihren Augen zu lesen, ging über ihre
Kraft: müde schlich sie die Treppe zu ih
rem Zimmer empor.
Dort wartete ihrer die Ueberraschung
die der Onkel für sie vorbereitet; er
hatte sich mit den Büchsen sür diese
Ueberraichnng in Verbindung gesetzt:
runde Goldsiichie in beträchtlicher An
zahl, zur festen Rolle hochkantig an
einander gereiht, nnd —- vierundzwanzig
Fuchssiille mit ilops und Ruthe, alle ans
Herhutswalder Eltevier geschaffen, zur
get-stelltng eines Pelzes, wie ihn des
arong ielige Mutter liebevollen Ange
denken-J iiinsundzwanrig Jahre getragen.
Walpurga fühlte sich neben allen ans
dern Empfindungen elender Art noch
grenzenlos undairtbar; sie wars die
Goldsüchie in ds?« l«as::..:ore, ungezählt,
nnd als die Fus» Tc zur Erde fielen,
ließ sie sie liegen, auch nirgezäiilL Nie
mals hatte das Christtind ihrer Träume
Gelde-allen in den Taschen und Pelzselle
auf dem Rücken getragen.
Jn ihren nnrnhigen Halbschlumnier
oerinischten sich Tbnsneldag unterdrückte
Klagen mit dem Nasenton des Deklama
tors Schiniedtkez als sie nach festerem
Niorgenschlaf erwachte, waren die Fen:
sterscheiben dick besroren und das Feuer
im Ofen war ausgegangen. »Wegen
der Nässe des Torses« hieß die eine Leg
art und — »Lieiens Rache« hieß die an
bete. Als Walpurga dann den achtund
vierzig leeren Fuchsangen begegnete, die
in Ermangelung anderer grilsrend in ier
hinüberschauten, drehte sie sich aus iljre
Beste Seite und schlief wettet-.
6.
.Weist nicht« was ist Walpurga im
Raps steckt, Grösin,« sagte der Baron
und machte sich am Kasseetiiche zu Hans
tvalde seine Tasse zurecht; jedensalls ist
sie anders als sonst und ich bin eigentlich
mit deshalb herübergekoimnen; sie giebt
sich ja rührende Mühe um mich alten
Kerl, aber eg geschieht nicht mit der
Heiterkeit; möchten Sie ihr nicht einmal
aus den Zahn fühlen, weil die Damen
sich doch besser aus die gegenseitigeu Sen
tiinenis veri·teheii?«
»Das will ich Ihnen sagen, bester
Baron; Walpurga hat das Heimweh,
ich hat« schon lange gemerkt.«
,Heiniweh? Nach was deun7 Muß
doch erst ein Heini vorhanden sein, nach
dein es ihr weht; will nicht sagen, wie
es früher bei mir war; aber sent, wo
der Luxus des neuen Hauses —- hm, hm,
—- (ein Seitenblick slog nach der theil
seisen Urheberin dieses Luxus) mich bei
nahe erstickt in seiner Fülle; hab’ heut’
so ar ’ne kleine Scene gehabt, und wenn
T tönen fließen, siihle ich mir immer
Außer-ordentlich genirt.«
Die Giäsin lächelte. «Waö dass denn
gegebenW
»Ach, weiter nichts, alg daß das
dumme Mädel aus purer Langeweile
aus die Löwen zu sprechen kam und
meinte, sie könnte nicht häkeln oder knüt
teln, was weiß ich, wenn die Löwen da
immer in’s Fenster starren. Wollte
Mich (wieder ein Seitendlick), wie andere
Leute auch gethan, belehren, daß die
Bestjen ihre Gesichter nach auswärtz
haben sollen; da habe ich sie ein Vissel
«bgesiihrt, und das scheint sie krumm ge
nommen zu haben-J
»Was hat-en vMc kenn zu iyr ge
agi«t«
«Ungeföhr fo: Wenn meine Löwen
for meinem Haufe in meine Stube sehen,
gebt das einen andern Menschen weiter
nichts an. Ich war ein bischen scharf,
hatte mich gerade draußen geärgert, nnd
sie hat nachher verweinte Augen gehabt.«
»Wiffen Sie was, lieber Baron,
schicken Sie Walpurga auf einigeZeit
tu ihrer alten Erzieherin nach der Nest
enz. Ob das Heimweh sich nach dein
sltenOrt oder nach den alten Verhält
niffen febnt, bleibt sich gteich; aber es
muß gestillt werden; lafjen fie Walpur
ea ziehen, und ich stehe Ihnen dafür,
aß sie zufrieden wiedei«koinini.«
Als der Onkel nach hause kam, fand
er Walpur a in die Witwen-beschrei
bnng eines " eftei beim italienischen Ge
sandten vertieft; ferner war neben ande
ren Hafneichrichten auch die von Interesse,
daß der Pein Erst-im zum Coininandeur
der zweiten aoalleriebrigabe ernannt.
das Schloß ber Stadt K. als Garnifon
bezogen babe nnd daß die Residenz fein
Fortgehen eifrig beklage.
Ueber diefe fesselnben Nachrichten, be
sonders über die Beschreibung des Festes
satte Walpurgis die Mantua mit den
öyen ver essen, und als der nkel nun
mit beut eifevarfchlag freudi? heraus
rückte, neerkte ee an der frend gen Uni
armuns, daß die Gräsin doch wohl das
Rechte getroffen hatte.
Sie sollte um Audienz bei der Für
tn nachts-they diefe Hofdasne überra
ehen nnd ene Freundin befnchen, nnd
Ili; fleschfieibf ßlle freies-e levüeden,·finden-redet
te e: , apnrgat meet
IIIY sein« es par zu retzenbz fle
«"T.--k.««ä.;s75;sk;j.;;;, W- cis-T
rus, sich wieder einmal ganz unter den
It Bari-en sühlen, ach, was wollte sie noch
- " e o
I
I
I
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Am Tage nach Walpurgag Abreise saß
der Baron seit langer Zeit zum erften
Male allein in der Stube; Walpurga
- pflegte ihm sonst,toährend er rauchte, die
Zeitung vor ulesen, und eigentlich war
dies die einzige Stunde, aus die sich der
alte Herr immer den ganzen Tag über
freute.
Nun war der Stuhl ihm gegenüber
leer ; die Brille für Weitsichtigc hatte der
i Optiker unpassend gewählt, nnd er muszte
J immer ans das langsameTicken der- Chro
. nometers hören,der da fortwährend Ger
;—- hard —- Ger — hard — zu sagen
s schien; es war so lange her, seitdem Ger
zbard nicht geschrieben, und war’s denn
; eigentlich recht, daß der Onkel das ihm
sanoeitraute Kind allein hinaus-geschickt,
nach Sodom und GomorrhaY
»Thugnelda soll hereinloinmen«, be
Yialil der Baron; sie solle sich mit dem
i Strickstrumps ihm gegenüber setzen.
Das war noch nie geschehen, aber et
war ja jetzt die Zeit der Neuerungen.und
Friedrich erlaubte sich den Witz, daß er
in der Nähe bleiben würde, sallg es dein
i Herrn Baron auch nach seinertsiesellschast
: ,,1aunte«. d
Es ging recht still in dem Zimmer ber;
Tusnelda strickte, und der Baron schaute
sie an.
» Sagen Sie mal, Mamiell, haben
Sie eigentlich immer dieses —- hm — ei
Z geiitbiiciiliche— Profil gehabt«.-«
. Tuscielda legte den Strumpf aus den
,Tiich, strich ihn glatt und richtete sich
s dann mit dem berechtigten Familienftolze
s ans: »Alle Strehmitzels haben Profile
E gehabt!«
i »J, was Sie sagen? Aber wissen Sie,
: das Anschanen des Strehmitzel’schen
; Profils ist doch nicht so ganz Zweck die
sses Abends. Schießen Sie los; geben
I Sie irgend einen Schwank aus Jhrein
I Leben zum Besten; unterhalten Sie mir
etwas, denn dazu ließ ich Sie rusen.«
»Ja, wenn der Herr Baron befehlen;
aber Unser-eins wird ja leider immer der
Mund verboten, wenn man sich ein paar
Wörter erlauben will; da es aber der
Herr Baron nun wünschen: Die Trine,
die geht nicht allein von uns weg, da
steckt die Schmiedtken dahinter, so wahr
ich Thugnelda Strehinihel bin; was
nämlich der Schmiedtten ihre Tochter ist,
die Verthei, will gern in der Trine ihre
Stelle, und da hat dte Schmiedtken so
z lange gebohrt, bis sie die Trire herunt:
- bekommen hat; —- ich aber. ich habe die
ses Gras lange wichsen gehört.
»Schtniedtkcn«, habe ich gesagt, »die
Trine geht, aber S i e —- Sie gebt auch
—- Sie verliert Ihre Stelle bei der
Milch, — und das Sprichwort, daß der
in die Grube fällt, der sie dein Andern
gräbt —«
Die ungewohnte Stille ihres Gegen
übers ließ Thusnelda ängstlich ausdliks
ken, der Platz war leer; der Baron hatte
sich dank den saitstbesohlten Härclschuhen
der Fräulein aus Merzhagen lautlos zu
Bett geschlichen.
Der Baron gab sich noch eingehender
denn sonst dein wirthschaftlichen Getriebe
hin und sand manchen Tierger, wie er
zwar dem Menschen gedeihlich, aber nicht
immer erfreulich ist. Nach schweren
Z Stunden eines besonders oerdrusireichen
Tages freute er sich, vom Felde korn
T wend, aus den Frieden unter dein Dach
seines Hauses.
Den immer noch scharfen Augen des
alten Herrn siel schon von Weitem ein
Gefährt aus, das seitab aus dem Wirthe-«
schastohose hielt; da es weder eine herr
schastliche Equipage noch ein Bauernwas
gen war, siel der Verdacht des alten
Herrn sofort auf den ,Weinreiienden«,
der krast seines schlechten Gewissens und
in warmer Erinnerung des letzten »Her
ausschmeißens« vorsichtiger Weise aus
; Uinwegen dem Ziel zuging
s Der Kerl kam ihm in seiner gegen
·- wärtigen Stimmung gerade recht· »Zeic
drich«, schallte es durch’s Haus, »ich bin
nicht zu sprechen; weder siir arme noch
sür reiche Reisende; keinen Fuß sehte der
Mensch über rneine Schwelle-«
I »Wenn-S aber gar kein Mensch ist,
gnädiger Herr, wenn’s eine seine sreinde
, Dame ist's-«
J »Bist Du verrückt? Eine Danie?
l »Hu Befehl, eine Dame -—— und sie
wartet iin Kameelziinmen ——— Hier itt
ihre Karte.«
Der Baron war weitsichtig und hielt
die Karte weit von sich ab.
I »Zoraide Gtäsin Bentikosf, —— Hint
meldonnerwetter, das ist ja die —- die —
Gott straf’ mich, das iit ja die Taube,
wollte sagen die intrigante Krähe, der ich
den Hals umdrehen will —- eigenhändig.
Nu wart’, itsein Vögelchen, Dir kann ge
holfen werden. Nur erst den nassen Rock
herunter, und dann setze ich Dir an der
Luft!« « :
Hoch aufgerichtet, dröhnenden Schrit
tes ging der Baron durch die Halle, dein
Staatszinmier mit den Kanieeltaschen zu; I
er sperrte die Thür weit auf und blieb in
dem Rahmen derselben stehen:
! »Wie kommen Sie in mein Haus?«
Die Grobheit gänzlich ignorirend, ers
hob sich die in einem Sessel graziös leh
nende Dame und trat ihm unbefangen
entgegen: »Me- amis de trog-sann sont
so- nmis —- Nicht wahr, Baron ? Ich
bin eine mütterliche Freundin Ihrer lieb
lichen Walpue a und· habe es enir als
solche gewünl t, Herhutgwalde kennen
it lernen« gerade herausgefagk anchi
feinen seither-; ein längerer Aufenthalt (
hier in der Nachbarschaft hat mir die»
Gelegenheit dazu geboten und da zürnen (
l
Sie mir nicht, daß ich die Gelegenheit
ergriffen, nicht wahr, Baron 7«
Ida-O bleibt abzuwarten, Frau Grafen, «
bleibt absolut abzuwarten; möchte übri- !
gens wissen, weis Sie in herhutsevalde
zu sehen osnlchenf Etwa die Fehlen
koppe , den Ferkelstall mit abi üisi ein
ementboden oder den neuen au en
. leis Auf seinen Auen gedeiht ble:
Latreille und der kümmeL Treib-l
hauspslan en mit auschendem Duste,
wie sie vie eichi im Geschmack der Damen
sind, die eine bedenkliche Rolle in der
Gesellschaft espielt, wachsen hier nicht«
Mit einem arte, meine Gnädige, hier
ist kein Feld sür Jhre Thätigkeit, absolut
kein Feld, ersparen Sie einem Kavalier
das Weitere.«
Die Gräsin hatte bis jetzt mit dem
Rücken gegen das Fenster gestanden, so
daß der Baron nur die Umrisse ihrer
Erscheinung erfassen konnte; nun wandte
sie sich plötzlich so, daß die Strahlen der »
Abendsonne, die gerade verklärend durch ;
die Fenster brachen, ihr Gesicht beleuch- l
ten-; — es sah wunderbar jung ans in
dein rosigen Licht nnd so ganz anders,
als der Baron sich die »Krähe« vorge
stelli hatte. Nichts von diesem ordinär
ausgestatteten Vogel, vielmehr Schwan
in der Weichheit nnd Ruhe der Bewe
I gang; der Gesichtgausdruch jenes ange
s nehme Gemisch von Weltkind und Ma
;donna, das in seinem Essect in der ver
! derdten Residenz vielleicht ein wenig ver
braucht sein mochte, in der Einsamkeit
des Hauses-, in dein man augenblicklich
;nnr im Schatten der Strehmitzel’schen
. Schönheit wandelte, aber geradezu be
i rückend wirkte.
s Jn den Hügen des Barong lag unver
jkennbare Verblüffung — und Verblüf
sung des Feindes ist ein bedeutender stra
tegischer Vertheil.
Jn niederschmetternder Hoheit stand
die Griisin da: feder Zoll oerkannte
Größe. «Jch gehe, Baron, nnd mögen
Sie es mit sich selbst abmachen, daß ich
gehe; -— o mein Vater — mein Vater-«
»Wenn der Herr Vater ein Ehren
mann gewesen, hätte er gerufen: Hand
weg von allen Zwischentriigereien unter
Prinzessinnen und Gardelieutenants,
von allen Jntriguen, die nichts als Un
heil und Leiden im Gefolge gebabtt«
»Halten Sie jedes weitere Wort zu
» rück, Herr Baron; Sie stehen offenbar
; im Banne von Anschauungen, deren
s Widerlegung sich mit meiner Würde nicht
verträgt. Die Gräsin Bentikosf wiirde
den Mann, der ihr solches gethan, keines
»weiteren Wortes würdigen, die Tochter
f meines Vaters wird sich bemühen, Jhnen
; zu vergeben; ich bin eine gebotene Wö
- ins! Leben Sie wohl-«
f »Halt, was sagten Sie, Frau Grä
ssini . . . Eine gebotene Wöters? —
» Sie wären — Sie sind die Tochter mei
nes Freundes WöterSL Des Mannes,
dem ich den festen Stand auf der Schalle
meiner Ahnen zu danken babe?«
Die Gräsin hatte sich abgewendet,
und der Baron sah nur, daß sie gegen
die Gewalt der sie überkommenden Be
wegung antukömpsen suchte; das-« war
Ha eine höchst prekäre Lage! —- Jener
Ventrkoss die Thür zu öffnen, der er
Rache verbeißen mit allen Schnüren
eines erbitterten Gemüths —- und die
Tochter des Mannes von seiner Schwelle
zu weisen, dein er Dankbarkeit mit je
dem Schlage seines treuen Herzens ge
lobt? Hasiig in seinem Zimmer aus
und ab gebend, hielt er, unschlüssig, wie
er sich nie im Leben gefühlt, die Wange
in der Hand; tiefer nnd tiefer sank die
: Schale mit der Dankbarkeit herab, denn
! die bestrikende Persönlichkeit der Gräsin
Hbatte sich, dem Baron unbewußt, mit
zhineinqesedtk —
s Eine Stunde später klingelte er nach
s Friedrich.
»Der Wagen der Frau Gräsin soll
snach Hause fahren; Frau Gtiisin wird
; die Ankunft der Frau Baronin hier ab
Twarten; das große Gastziminer soll in
; Ordnung gebracht werden.«
s Taß der Wagen längst auf und davon
Jwar mit zufälliger Hinterlassung eines
Ioluminösen Kaisers und einiger nied
lieher hutschachteln, hätte weniger arg
losen Gemüthern wie die des Barons
und seiner Getreu-ert, entschieden zu den
ten gegeben.
» »Und wer mir gesagt hätte, daß diese
Bentilosf (dag vertrackte Weib) und die
Tochter meines Freundes (dieie höchst an
enehme Person) ein und dieselbe Gräsin
Zeien —- Himniel, in wag siir Lagen
ringen Einen Söhne, ob adoptiv oder
eigene;«aus seine alten Tagel«
. So un esähr lautete der Gedanken
gang des Daraus am andern Morgen;
spat sie etwa schon da, ihm beim Mor
genkassee via-imm- zu sihen? Tag wäre
satalz oder ihn zu beäugen, ob die Mor
gentoilette auch Oünstigi — O, Gott
wahre; die Gräsin hatte das unschäd
dare Talent wirklich kluger Franeu, ihre
Gegenwart immer dem rechten Momente
anzupassen, und erst als der Baron,
nachdem er zweimal gesrühstückt, das
Kreisblatt gelesen und den ersten Wirth
schastsgang absolvirt hatte, sich nach ihr
umfah, tönte leises Rauschen von Ge
wändern, so temperirt und vornehm, wie
es Walgurga’s jugendliche Lebhastigkeit
oder gar Thusnelda’s raschelnde gestärkte
keinen-and nie zu inszeniren oermochte.—
Dann saß sie thn bei Tische gegen
liber, als hätte sie immer dort gesessen,
mit dem ganzen Wohllaut ihres Organs
nach diesem und jenem,aber gerade immer
nach dem, wovon der Baron gerne
sprach, fragend. —- Desio reservirter
zeigte sich Zoraide in Beantwortung
theilnehmender Erknndignngen nach dent
Leben ihres Vaters, und seinsühlend
merkte der Baron, daß es dort dunkle
Stellen gab, deren Schleier selbst das
Au e der Freundschaft nicht lüften diirsel
—- Ykachmittagsschlas und Kassee wurden
absoloirt, und es gewährte dem Baron
immer herzliche Freude, dann seine Gäste
zernmzusührem von dem Aussichtsthurm
is zum Weinteller, obschon die Gräsin
nicht die stürrnische Art Walpurgas hatte, »
ihrerseits die Freude kund zu thun. T
Sprünge in Hausen gemähten Heng i
waren nicht zeitgemäß, einmal wegen der »
Jahreszeit und zweitens wegen der Per- «
nanchesiu denn das die Gntfin umge- s
dende Schönheitssutteral ersorderte Ruhe !
der Bewegung, wie schon einmal erwähnt
Aber lächeln konnte sie, kindlich lächeln
im Dinblick ans Chochinchinahuhn und
brütende Ente; prüste ferner mit
’ est Finger das Jlleß des neue
ggafbockes — nach eingehende-n Sinnen
die Hoffnungen für »Kann-volle« bestä
ti end; dann, als der Baron seine schöne
efährtin der Anhöhe zuführte, auf der
die «WöterH-Eiche« stand — als ihnen
zu Füßen das Schloß an die dunklen
Tannen des Berges gelehnt dalag, gab
sie ihrer Bewegung Worte, und die kleine
Hand legte sich mit festem Druck auf des
» Mann-is starken Arm.
»Jn dem Manne, der sich dies-« Heim
geschaffen, lebt der Geist und die Seele
eines Dichters ! «
Diese Anschauung war dem Baron
neu; als Dichter hatte er sich Zeit seines
Lebens nicht gefühlt; Niemand hatte es
ihm je gesagt, obschon ihm die Leute-auch,
und zwar tüchtig, geschmeichelt hatten,
als die Sache in seinen Verhältnissen
bergauf ging; jedoch nur bis zu dem
Moment, wo die Stiftung des Majorats
für Gerhard, an dem der Alte überhaupt
einen Narren gefressen, persekt geworden ;
——— dann hatten sich die schmeichelnden
Verwandten weiterer Mühe überhoben,
und neidische, gallige Seelen unter ihnen
hatten immer etwas zu belächeln und zu
bemäckeln gehabt; dieses war nicht »zeit
gemäß« —- senes war »hausbacken«, und
der Baron hatte sich mit dieser seine
ausbackeaen Natur auch ganz einver
standen gefühltz sollte er aber als »Un
verstandener« durchs Leben gegangen
sein? als unbewußter Dichter?
» Das Samenkorn dieses Wortes mußte
f wohl auf eine besonders gedeihliche Eitel
» keitssielle gefallen sein, denn es war mit
; nichten zu einem Ohr herein- und zum
andern wieder her-ausgegangen; warum
nicht Dichter? Liegt denn die Poesie nur
im Gsleichklang der Silben? (Das hatte
. er ir endwo gelesen.) Freiligrath findet
die doesie überall, sogar in den Grimmi
schuhen eines Negers, der im Tauwerk
eines Schiffes ruht; warum sollte die
Poesie, wenn man die Seele des Barong
mit einem Brünnlein vergleichen wollte,
nicht in der Tiefe dieses Brünnleins
» liegen ?
Es galt nur, sie zu finden, und da die
Gräfin sie gefunden, war die natürliche
Folgerung, daß »diese Bentikoff« eine
» außerordentlich verständige Person sei.
,Uns’ Pfarr let grote, un he kommt
hiede aich tum Koartespeele; he heot dat
Riete in alle Gleder«, so lautete die Be
stellung, die des Pfarrers Libba lGow
lieb hieß er ungeschmälert, Lidba in der
Kürzung) unten in der Küche arm-ich
i tete.
»Der Herr Pfarrer lassen eine Em
pfehlung machen, der Herr Pfarrer be
dauern, heute nicht zur Partie kommen
zu können, er habe das Reißen in allen
Gliedern«, wurde die Bestellung in dein
fZimmer des Barous von Friedrich über
» epi.
! Friedrich zögerte noch ein wenig, denn
« meistens erfolgte von Seiten deg Barons
auf diese schon öfter eingegangene Mel
dung eine kleine Verwünschung, die das
f Reisen icn Besonderen und oerweichlichte
f Priester im Allgemeinen zu umfassen
pflegte.
Heute kam nichts dergleichen, denn die
Gräsin hatte vor einigen Tagen leicht
s hingeworfen (ein wenig verschämt), daß
s sie ein ganz besonderes Faible für Whift
f en deux habe, und der Gedanke, dieses
f Faidle heute zu versuchen, war entschie
s den kein iibler; jedenfalls trat der Pfar
s rer nebst feinem Neifzen darüber gänzlich
f in den Hintergrund.
f Da saß nun der »Herhutswalder« be
f haglich iin gewohnten Stuhl, das sonn
s tägliche Gläschen Grog (dic Gräfin
H hatte aus einer geheimnißvollen Quelle
f eine ganz famose Sorte an verschrie
; ben) neben sich und kam bald zur Ueber
s zeugung, daß das ver-schämt angedeutete
! Faible eine besondere Force sei, und daß
fes einen prickelnden Reiz habe, einer so
: routinirten Gegnerin Stand zu hal
ten, umsomehr alg die schlankem rosigen
Finger, die die Karte hielten, wundersam
mit der eigenen, wetterharten, wie mit
der zitternden Hand des Pastors can-,
’trastirten· Der Herr Pfarrer pflegte
das Zittern auf Altersschrväche zurückzu
» siihren, einzelne nnter den Herren Amts
brildern, die sich leider in gegenseitiger
Beurtheilung hin und wieder von der
christlichen Milde auszuschließen pflegen,
schoben es auf die magnetische Anziehung
des Golde-.
» Tem sei, wie ihm wolle! Die schöne
weiche Hand- da drüben hatte in ihrem
verwirrenden Anblick nichts von der zit
terndeu Unruhe des Alter-J, und wenn
der weiße Finger flüchtig den dunkler
gefärbten des Baron-z streifte, durchzuckte
ro den Mann so seltsam.
Als anderen Tages die alten Fräu
leins aus Merrhagen ihren wöchentlichen
Besuch absagten, weil — sie zu stören
fürchteten-hin, hin -—— (die alten Fräu
leins waren furchtbar brüde, nnd keine
von ihnen hätte in Stelle der Gräsin in
«l:?alpurga’s Abwesenheit unter dem
Lache eines Junggesellen genächtigt —
nicht um die Welt) grämt sich der Baron
nicht weirer. Was waren ihm schließlich
nie alten Seelen ? Sie brauten guten
Punsch und hskelten brave Schuhe;
aber hatten sie je den Dichter in ihm ge
ahnt? Gott bewahre —- Schwamm über
die alten Fräuleins.
Der Baron hatte sich im Leben viel
mit dem Wohl und Wehe anderer Leute
nnd darum äußerst wenig mit der eige
nen Persönlichkeit beschäftigt; er hatte
dem lieben Herrgott für das reiche Feld
feiner Thätigkeit gedankt, er fühlte sieh
gesund am Körper, zufrieden en der
Seele, und da das Menschenherz doch an
etwas hängen muß, so war ja »Na
Junge« dafür da; dieser Junge, dem er
die ersten Höschen angeschafft, dem er
eine Banne und einen Ponnh gehalten,
den er mit Vatersorge in’s Cadettencorpe
gebracht und den er mit Vaterstolz bei
dcls Gardeteitern hatte eintreten lassen;
— fllr den er Lerhutswalde zum Majo
rat gemacht un der ihm dieses lohnte,
wie gute Söhne ihren Eltern zu lohnen
pflegen: dadurch, aß sie eben gut ein
schlagen; —- hier due die Dankbarkeit
vielleicht ein wenig me tt ·
Jeyt wunderte sich der Baron plisp
lich, daß er erst im siebzi stenJahre da
hinter kam-« was sür ein amoser Kerl er
gewesen und noch immer sei; zuerst fing
er mit seiner Garderobe Krieg an ; dieser
Rock machte ihn zu dick; jene Weste war
ihm zu grell, und dann kamen ihm an
dere seltsame Gedanken, die wohl mit
dem Abend zusaminenhingen, an dem er
der Gräsin einen tiefern Einblick in seine
Prozesse mit den Bauern gegeben hatte.
Während Walpurga sich niit der Ge
schmeidigkeit eines Kätzchens immer oor
den Alten zu drücken gewußt, vertieste
sich die Gräsin mit unertniidlicher Ge
duld in dein unerfreuliche-I Aktensioß
und ward des langen Haders zwischen
Michel und Kunz einerseits und dem
Baron andererseits nimmer müde; da
gvischen flog hin und wieder ein stiller
iick der Bewunderung aus sanften Ma
donnenangen zu dem Manne herüber, der
mit diploinatischcr Gewandtheit darzu
thun wußte, daß der Acker, den er beses
sen, von Urvätern her —- auf dem er ge
erntet so lang’ und so viel — mit nich
ten den raubenden Von-ern versiell
Endlich wurden die Yittrn durchge
sehen, das impossunte Bündel wurde zu
rückgeschoben und in stillem Sinnen ver
ging der Abend.
Ueberhaupt zeigte sich die Gräsin die
nächsten Tage etwas gedankenvoll5nicht
etwa, daß sie eine direkte Ansicht aus
gesprochen hätte; o Gott bewahre; es
entrang sich ihr nur hin und wieder
eine Frage aus tiefster Seele —- sie
ließ leichte Streiflichter über die Ver
hältnisse spielen —- zeitweise ein stum
mer Händedruck oder beredtes Schwei
gen -— jedes Kombiniren ihrem Opser
überlassend.
Und unter dem Einfluß der Eitelkeit,
die im Getriebe des Alltagslebens fried
lich geschlummert, nun aber plötzlich den
Wecker vernommen, kombinirte das
Opfer! Erstens- sing es ihm an zu
dämmern, daß eine so bedeutende geistige
Kraft sich nicht allein auf Herautgwalde
concentriren gedurft (dem Staate zur
Schädigung); und zweitens hätte der
Lohn der Arbeit eigenen Kindern gebührt
und nicht dem ,,zufälligen« Neffen, der
nach Art junger Leute von heute die
Sache ansah, als könnte es eben nicht
anders sein.
Weitere Combinationen folgten bald.
Die Interessen des Baron-z singen an
sich zu zersplitterm und der Eifer, mit
dem er sich sonst der Wirthschaft hinzu
geben pflegte, war nicht mehr der alte.
Warum sollte der Jnspeetor nicht ein
mal auf eigenen Füßen stehen? Man
erfuhr ja dadurch uin so leichter, was
an ihm dran war; —die Einsamkeit
des Hauses trieb ihn nicht mehr in Flur
und Wald hinaus, seit darin ein liebli
cher Gast waltetr.
Außerdem war der liebliche Gast au
ßerordentlich angenehm anzuschauen, er
sang so reizende Lieder von der Altn und
Baa; — er war immer fort, wenn man
allein sein wollte-und immer da, wenn
man ihn ersehnte; —- der alte Mann er
sehnte die Gegenwart der schönen Frau
i von Tag zu Tag und Stunde zu Stunde
: heißer, dieweil die Liebe über ihn gekom
men war, und zwar die erste in ihrer
« ganzen blinden, sinnberückeuder Gewalt.
s Kinderlrankheiten pflegen, wenn sie in
j späteren Jahren austreten, die alten
Herrschaften in unglaublich rücksichtsloser
lWeise durchzuschütteln.
i Es ist ein unschöner Zug des mensch
lichen Gewächs-, daß nichts die Seelen
schneller eint, als gemeinsamesKonspiri
ren gegen einen gemeinsamen Feind. —
Diese Erfahrung machte Friedrich, nach
dem jahrelanges Schmachten ihn dem
Ziele feiner Sehnsucht eher fern als nah
gebracht.
» Der Geist des seligen Säuberlich, der
sich sonst immer in höchst unange
nebmer Weise breit zu machen pflegte,
wenn sich Friedrich zu einem gemüthlichen
Schwädchen in Thusnelda’g Zimmer nie
derlassen wollte, wurde schleimig hinaus
gejagt, sobald die Rede auf die »,gewisse
Giäfin« da oben kam, und dieses Unter
haltungsthema wurde von Tag zu Tag
ergiebiger, je mehr man sich der Beobach
tung widmete.
Thusnelda pflegte, altem Streßmitzel
- ’schen Brauche folgend, ger21d5e Karte zu
schlagen; stumm deutete der Finger aus
einen düstern Compler von Piques, der
über dein Karreau As stand; Karreau
As war das Hans; die Versammlung
der Piqnes war dasUnheiL
I «Sehen Sie es schwarz drohen, Fried
« richW
« ,Nein, Mamsell, ich sehe es blond dro
hen.«
Man hatte sich verstanden. -
i »Unser Herr Jnspeetor (sonst hieß er
rurzweg ,der Jnspector« und wurde als
Milchdart verachtet) hat auch gesagt:
»Der Herr Baron ist der alte nicht;
kaum daß er hinhört und wie sonst mit
dem Dannerwetter dreinfährt, wenn ich
melde, daß die Knechte künden wollen,
wenn sie nicht ebenso viel Lohn kriegen,
wie dieHauswalder5 aber wo er hindört,
weiß ich ganz enan: wo die Seide
Hrauscht und die rinbander leise klirren
i in der Nebenstube. — Wir werden ’was
erleben, Herrschaften, wir werden ’wa6
erleben.«
»Wenn unser Herr Lieutenant zurück
kommt, findet er möglicherweise schon den
Kuluk im Nest.«
»Das darf nicht sein, Kinder, das
darf nicht fein: denn daß das nicht die
richtige Gras-in ist, dafür lasse ich meinen
Kopf; warum schließt sie die Thür ihres
Fiminers immer so fest zni Sind wir
Räuber, Mörder, Schuste-? Warum
geht ihr Geschreibfel nicht, wie das ehr
licher Gräsmnen durch den Briesträger
oder die Posttaschel Warum immer
«pastpersante« nnd warum muß so’n
ruppiger Junge, wie der Schmitkeicarh
die Briefe besorgen ?«
s ,Bekommt er denn reichlich dafür?«
JGott hewaheesha b nenli II
gesTheiy wie das zerrissene PartegonnT .
um nnd umgvewendet wurde; nicht ein
Heller war km; nur ganz erhaben
wurde gesagt: »Laß Dir unten was zu
essen geben«, a«lz oh wir hier ne Re
stauration für Botenjnngen hätten. «
»Und die Backentöthe, Herrschaften,
immer dieselbe, ob heiß, ob kalt —«
Und die Angst, als die Schachtel aus
Paris neulich nicht angekommen war
—,,Was beziehen ehrliche Gräsinnen aus
- Paris? Die Miene hat was gesehen in
der Kommode liegen.«
»Was hat die Miene gefehen?«
,,Nein, das sage ich nichtl«
»Der Junge ist in Sicht!« hätte des
Baron unter anderen Verhältnissen
gerufen, wenn er den Brief mit entity-ai
schem Poststenipel erblickt hätte; jetzt be
reitete er ihm ein seltsames Unbehagen;
etwas wie ein feiger Wnnfch stieg auf,
daß er ihm noch lange fern bleiben möge;
nichts von der warmen Empsinbnng, mit
der er sonst Gekhards Ankunft entgegen
gesehen.
Der Jnhalt des Briefes war nicht für
die Beseitigung des Unbehagens geeig
net; er steigerte es im Gegeutheil zu ei
ner tiefen Erbitterung, n Trotz und
Selbstsucht, lauter Emp adungen, die
seinem Verhältniß zu Gerhard bisher so
ganz fern gelegen.
,Onkel,« schrieb Gerhard, »wir haben
unser Lebenlang kein Hehl vor einander
gehabt; laß mich offen zu Dir sprechen,
I wie ich es gewohnt bin, seitdem ich til-er
hanpt sprechen gelernt;—durch einen
Kameraden, der eben hier angekommen
ist, habe ich gehört, daß Du augenblick
lich die Dame Bentiloff im Hause hast;
es müssen jedenfalls schwerwiegende
Gründe sein, die Dich veranlassen konn
ten, nach der Rolle, die sie in meinem
Leben gespielt, gerade dieser Dame Dein
Haus zu erschließen. Jch maße mir kein
Urtheil darüber an; ganz abgesehen da
von, muß ich Dir aber eröffnen, daß
diese Person kein Umgang ist sür das
Kind, das ich Deiner Obhut anvertraut,
für die Frau, die den Namen Herhut
trägt;——ich kann mir denken, daß der
Zauber ihrer Erscheinung ebenso bestech
lich auf Dich wirkt, wie auf Jeden, der
mit ihr in Berührung kommt; sie ist
aber eine von den Damen, die man in
Gesellschaft anderer Frauen höflich
grüßt, —-—der man zunickt, wenn man ihr
allein begegnet; der man durch die Fen
ster eines Restaurants zutrinkt — die es
auch nicht übel nimmt, wenn man sie
ganz ignorirtl—-Beweise kann ich Dir
von hier aus nicht geben; ich denke, Du
wirft, nach dem, was ich eben gesagt, sie
auch nicht weiter fordern!«
Des Weiteren deutete Gerhard an,
daß er seine Heimkehr von der Abreise
des nnliebsamen Gaste-Z abhängig ma
chen wolle. ·
Am Abend nach Empfang dieses Brie
fes war der Baron sichtlich schlechter
Laune und ungemein zerstreut; die
Gräsin hatte ans mancherlei liebliche
Rede keine Antwort erhalten und der
Brief steckte, zum häßlichen Knäuel zer
knittert, in der Rocktasche. Dann hatte
der gequälte Mann den Rock gewechselt
nnd war hinansgestürmt, die heiße Stirn
den Abendwinden preiszugeben. Dies
war der richtige Moment für Zoraide;
sie entsagte jeglicher Hoheit nnd wurde
entschieden mehr Elfter als Sehn-an, als
sie, in diebischer Geschäftigkeit nach dem
Zimmer des Barons eilend, die Rock
taschen durchsuchte. Der Brief wurde
gesunden und beherzigt.
Reizender denn je klangen am nächsten
Tage die kleinen Lieder von der Alm
und vom Baa, nnd der Baron hätte
darüber beinahe vergessen, daß ihm der
Brief eine böse, schleifte-se Nacht bereitet
hatte ;—wir wollen sagen: abermals eine
schlafende Nacht, denn der gute Mann,
der sonst die Tiefe seiner Nachtruhe nach
dem Schlummer des Dachses zu bemessen
pflegte, bei dem »Licht aus« und »weg
sein« identisch waren, hatte sich schon
manche schlimme Stunde Nachts auf dem
Lager gewälzt!
»Und dies Alles um ein Weib!« ries
in berechtigter Verachtung die Stimme
des Verstandes ——und ,,Alles sür dieses
« Weibl« heischte die Leidenschaft mit do
minirendem Klang.
Nachdem die Gräsin kraft ihrer lieb
slichen Weisen die erregten Nerven des
« Barons beruhigt, setzte sie sich echt weib
; lich, mit der Handarbeit an seine Seite;
s sie trug heute ein helles Gewand, dessen
» milder Farbenton dem goldblonden
Haar und den dunkelblaue-r Augen har
monisch sich anpaßte; einschmeichelnder
denn je erklang das sanfte Organ, das
kindliche Lachen bei den anregenden Er
zählungen aus den Regionen des Hof
lebens; kleine pikante Geschichten, hart
an der Grenze des Erlaubten hingehend,
faber sie, in immer gewahrter Weiblich
teit, nur leise streifend.
Der Ton wurde ernster-: als-die Sir
tenlosigkeit junger Seelen nicht unbe
rührt bleiben konnte; eine Sittenlosig
keit, die besonders in dem Ossiciereorps
der Residenz trauriger Weise Wurzel ge
faßt hatte; Zoraide hatte durch einen
Pfiegebruder Gelegenheit gehabt, einen
erschreckenden Blick in das Treiben jenes
jungen Leute zu thun, deren Moral eine
so unbeschreiblieh lare war; es sehtte
eben das Fundament derPietät gegen die
Eltern; —- der Vater, oder was er sonst,
sei eben nur der «zahleude Ulte«, ans
dessen sauer Erworbenes hin man speku
lirte —- und dann hatte die Grasin scheu
zu dem Baron ausgeblickt, als wollesie
das Wort zurücknehneen , Tsta atte dem-·
schnell zu einem anderen- ausübt-«
ehend, nach Walpurgas heimkehr ges
fragt, aus die sie sich so nagen-ein freue;
und wie hübsch es wäre, daß das Lesen
Wesen aus der verderbten Doslust is
reine Atmosphäre von Herhutswalbe seue
pflanzt worden seit
Entsetzung sobtJ