Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 14, 1901, Image 9

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    KtnJerleiJ.
' on SPoii i'lt'ii. SuUnürtt Hrbeilt'fcnuig
au'j btm ,t,ran;ö'ifd;it
54 war im Erlist, i'ancfam Drr
wandelte sich dS Blau d,s Himmele
:n in mildes O'rai:, unb bis turlfrn
Blatter lösten sich von den Zweikn.
fielen zur Erbt uns wurden von dem
Winbc wcilergksührt, bis sie bic Füße
ber hasteiibkn Menschen zertraten.
Wöhreub bie Natur sich glrtchfiim
zur viuhe rllfiftf, brennen bit Men
schcn einen Abschnitt ihrer leisten, bcr
boch immer dasselbe Hasten, dasselbe
Plüneschmitbcn unb bas 7n?en an bei,
Morgen" mit sich bringt.
In den i'äbeii waren bie Winter
Neuheiten" ausgelegt ub Seide, am
met unb Pelze zogen manchen verlan
genben strauendlick aus sich.
Vor einem eleganten Geschäft ftanb
ganz in Bewunberung unb Verlangen
versunken, ber Gegenwart entrückt.
Magba gerrier. bie ffrau beZ jungen
unb schon derUhmtcn Bildhauers. Sie
wußte, wie gut sie all bie reichen Stosse
kleibeten, wie sie ihrer eigenthümlichen
Schönheit noch zur Folie bienten, und
es würbe ihr schwer in Anbetracht der
bkscheibenen Verhältnisse, in benen sie
lebte, auf bie eleganten Toilettenftitcke
Verzicht leisten zu müssen. DaZ
ewige Verzichtleistenmüssen" verbitterte
Magda Jcrrier. machte sie ungeduldig
unb schroff in ihrer Art sich zu geben,
sodass man oft an ihrer HerzcnZgüte
zweifeln konnte.
So kam sie bcnn auch heute von ih
ren Ausgingen sehr verstimmt unb mit
einer tiefen Falte zwischen ben Augen
brauen heim.
Als ber Gatte baS bemerkte, spiegelte
sich auch auf seinem Gesicht bcr Aus
druck einer tiefen Verstimmung ; bie
kleine Alice, baS vierjährige reizcnbe
Töchterchen, hörte mit ihrem Gcplauber
erschreckt auf. als sie bie finsteren Ge-
flchter ber Eltern sah. unb bas Frühstück
begann m ber stille, bie einem Sturm
vorüuszugehen pflcgt.
Magda sprach nicht unb auch Wilhelm
schwieg: jcbcr schien zu empfinden, baß
seine Worte ben andern verletzen wur
den.
Enblich jedoch kam die inhaltsschwere
Frage, welche bie junge Frau schon so
lange bereit hielt:
.Wilhelm?" sagte sie in heraus
fordernbem Tone.
Er zog die Augenbrauen zusammen
Den Ton kannte er! ber bedeutete nichts
Gutes.
Was?" fragte er kurz.
.Wann kaufst Du mir den Pelzkra
gen, ben Du mir schon so lange verspro
chen hast?"
.Sobald es mir möglich sein wird!"
.Und wann wirb baS fetn?
Er zuckt, bie Achseln: Weiß ich nicht!
Oh! bist Du bald fertig mit Deiner
ewigen Quälerei?"
Magba brauste auf: .Wie! ich quäle
Dich, weil ich ein nothwenbigeS Klei
dungsstuck von Dir verlange?.. . .Da
ist stark! Ich habe nichts nmzubtn
den!... .Ob ich biesen Wmter friere.
ist Dir freilich gleichgültig!"
Jetzt wurde auch Wilhelm heftig
.Nun. ba bist Du ja bei Deinem bt
liebten Thema!.. ..Ich thue, was ich
irgend kann! Wieviel kostet benn
bieser verwünschte Pelzkragen?"
.Vier-bis fttnfhunbert Francs..
Die Frau beS BilbhauerS Ferrier kann
nicht wie ihr Dienstmädchen gehen!"
.Sehr schön!" spottete der Mann,
..hättest eS mir gleich sagen müssen!.
Um Dich warm zu halten, würde auch
Kaninchenfell genügen! Um Deine
fünfhundert Francs zu haben, mufzt
Du warten, bis ich einen neuen Auftrag
bekomme! und nun habe ich für
heute genug davon!"
Wilhelm war heftig; wenn er indem
Ton etwas befahl, dann wußte feine
Frau, daß eS rathsam sei, wenigstens
für den Augenblick, zu schweigen. Sie
schwieg, aber sie empfand Groll, fast
Haß gegen den Gatten.
Alice saß regungslos in ihrem hohen
Stuhl; das Kind hatte aufgehört zu
essen und sah mit feuchtschimmernden
Augen ängstlich von Einem zum An
dern.
Gleich daraus warf Wilhelm seine
Serviette auf ben Tisch, stand auf und
ging zur Thür.
Du gehst aus." fragte Magba kurz.
.Ja," kam es schroff zurück, .wa
:nrn?"
.Warum?" schrie sie laut unb er
regt...,. nun wunbert eS mich nicht
mehr, baß ich baS Nothwendigste tnU
dehren muß und daß wir bei den Liefe
ranten Schulden haben! wenn man
ausgeht statt zu arbeiten, wenn man im
,afe und nicht im Atelier ist. dann
natürlich.. .."
Wilhelm unterbrach sie wüthend.
.echt so. beklage Du Dich!,, ., Tu
ganz allein bist daran schuld! Wenn
ich 'i Hause ein freundliches Gesicht
nd Verständnis; für meine Arbeit fände,
zqnn würde ich wahrscheinlich öfter da
Wm sein!.... 34 ehe Dir au bem
Wege. Dir und Deinen ewigen Ansprü
chen, Deinen ewig'N ftlaaii."
TM in'S Innerste erregt, antwortete
rie, mal der Zorn ihr eingab. Schlag
aus Schlag gingen R'se und Megm
rede, nnd jkdeZ Wort traf nur zu oit
htl dem Gkgner einen wunden Punkt.
Und eine Scere folgte, n;le sie sich
,'tzt oft zwischen dem h'paak gbipi'lte.
lih sie sich Alle vmgewyrs'N hatten.
n ihnen nur irgendwie rlnM, sank
Mgd weinend auf einen Ttuhl. und
J c
Jahrgang 21.
Wilhelm wais brbhnenb bie Thür hin
ter sich zu.
Vergessen auf ihrem hohen Stuhle
befand sich die kleine Alice, bereu ganzer
Körper dcdte.
AIS Magda's Erregung und die
IhrSnen nachließen, versank sie in
Grübeleien über bie Vergangenheit
und die so traurige Gegenwart. Wie
schön hatte sie sich das Leben an der
Seite eines Künstlers gedacht, , . ,Und
nun statt des geträumten Glücks,
statt der Auszeichnungen, die ihr als
der Frau eineS berühmten Künstlers
dargebracht wurden? Nichts als
mühevolles Ringen, um nach außen den
Schein zu wahren und ein ängstliches
Warten auf .Bestellungen". Und dann,
Wilhelm war auch nicht in der Ehe das
gewesen, waS sie sich gedacht. Mii sei
iier bestimmten, ein wenig brüsken
Art, die ihr an dem Verlobten gefallen,
schien er ihr nun zu zeigen, daß er der
Herr sei. und von Tag zu Tag lehnte
sie sich mehr dagegen auf. Der Gatte
seinerseits sah mit bitterer Enttäuschung,
wie wenig von dem jungen, für die
Kunst enthusiasinirten Mdchen bei dem
Weibe an seiner Seite übrig geblieben
war. die so gar nicht auf seine Künstler
natur einzugehen verstand.
So war denn die Kluft zwischen bei'
den immer größer geworden, und Magda
dachte das inhaltsschwere Wort .Tren
nung" als einzige ettung aus solcher
Ezistenz. als verzweifeltes Schluchzen
ne zusammenfahren ließ.
Ungeduldig sprang die junge Frau
in die Höhe und war im Begriff, das
Kind zu schelten und ihr Ruhe zu gebie
ten. Doch in den Kinderaugen drückte
sich solche unerklärliche Verzweiflung
aus. daß die Mutterliebe stärker war
als Ungeduld.
Sie nahm die Kleine auf den Arm
und sagte zärtlich:
.Weine nicht, mein Liebling!, . was
hast Du denn ?"
Das kleine Mädchen gab aber keine
Antwort.
Die zurückgehaltenen Thränen ließen
nun den ganzen zarten Körper in
Schluchzen erbeben, und während die
niedlichen Händchen sich ineinander
krampften. legte sich um den ganz bla
sen. süßen Kinbermunb ein Zug Herden
Schmerzes.
Erschreckt liebkoste Magba baS Kinb.
fragte unb streichelte immerzu. Bev
gcbenS! Das Kind beruhigte sich nicht.
Die Thränen versiegten allmählich.
aber auch die Kräfte schwanden. Bald
ging der Athem nur noch ganz schwach,
das Schluchzen setzte aus und wurde
zu einem herzzerreißenden Jammern
ein Jammern und Wimmern, da das
Herz der geängftlgten Mutter erdeben
ließ....
Und Wilhelm kam nicht! Er machte
es oft so; wenn eine gar zu stürmische
Scene zwischen den Gatten stattgesun
den hatte, dann vermied er eS, Magda
noch an demselben Tage wiederzusehen,
und in schweigendem EinverstSndnitz
wurde darauf zwischen beiden daS Leben
wieder aufgenommen, als wenn nichts
geschehen wäre.
Mitternacht war an dem Abend vor-
über, als Wilhelm Ferrier leise den
Schlüssel im Schloß mit der Absicht
umdrehte, in seinem Atelier aus dem
Feldbett die Nacht zuzubringen. Doch
da schimmerte ein Lichtftreifen durch
Magbas angelehnte Schlafftubenthür
und klägliches Wimmern schlug an
Milkelm ni.
Er erschrak und sagte sich: Das dingt
ja. als wenn Alice weint. Leise öffnete
er die Thur und sah seine Frau an dem
Bett der Kleinen knieen.
Mit einem Sprunge war er an ihrer
eite und neigte sich über das Bett.
DaS Gesicht des Kindes war farblos,
um den Mund lag eS wie grenzenloser
Schmerz und in den sieberheißen Augen
stand angstvolles Flehen."
.Mein Gott." stöhnte der Vater auf.
Magda richtete sich auf, traurig und
vorwurfsvoll sah sie ihn an. Kein Er-
innern an den voraufgegangenen Streit
war mehr in ihrer Seele, vor dem .Ilei-
nen Wesen, das da so plötzlich in schwere
Krankheit verfallen war, bestand weder
der gegenseitige Groll, noch die Unzu
friedenheit! Angftvoll'sragteMiIhelm: Was sehtt
ihr?"
Magda zuckte verzweifelnd die Ach-
feln.
.Mein Gott! Ich wei es nicht!. . , .
Bald nachdem Du fort warst, hat sie
angefangen zu weinen! und dann
hat dies entsetzliche Wimmern eingesetzt
. . .was muß das süße Geschöpschcn
leiden! vielleicht ist sie rettungslos
Verloren."
Die Finger der Mutter krampften
sich um die Bettpfoften, in ihren Augen
war ein irreS Leuchten, . .die Verzweif
lua der Mütter, die an dem Bett eines
sterbenden KindeS wschen. stand in
MagdaS Augen.
,Und der Arzt?" fragte Wilhelm und
Beilage zum Nebraska Staatö-Anzeiger.
klammerte sich wie ein Ertrinkender an
diesen bedanken.
Ich habe nach ihm gescdickl. Er hat
etwas verordnet , . , .da auf dem lisch
fteyt die Arznei.
.WaS ist eS denn, was sagt er.'
Er weiß eS auch nicht! morgen wird
er wiederkommen , . , , morgen .... wenn
unser süßes Kind dann noch lebt "
Wilhelm war an dem Bett in die
Knie gesunken, und man hörte in dem
Zimmer nichts weiter als bas derzwei
feite Jammern beS KinbeS. Die Mor
gendämmerung beschien dieses Bilb tröst
loser Verzweislung.
Wilhelm und Magda sahen fafl noch
bleicher auS als das Kind, dessen mach
gelbes Gesichtchen sich kaum von den
Kissen abhob; angstvoll beugten sie sich
zusammen über dem Bettchen.
Wie! das war in wenigen Stundcn
aus ihrem rosigen Liebling geworden!
.... verfallen und alt sah das Kinder
gesicht aus. . . .die niedlichen Hündchen
mit den dicken Grübchen, waren schmal
und mager und tasteten unausgesetzt
auf der Bettdecke, als wenn sie sich an
dem Leben festklammern wollten. Mit
lautem Schluchzen lehnte Magda den
Kopf an die Schulter des Gatten und
deckte die Hand über die Augen, um
den Jammer nicht mehr zu sehen, und
er fand, um sie zu trösten, sanfte,
gütige Worte, fast Worte; wie er sie in
der ersten glücklichen Zeit ihrer Ebe für
sie gehabt hatte.
In aller Frühe kam der Arzt. Er
untersuchte baS Kind, verschrieb eine
andere Arznei und empfahl die größte
Wachsamkeit. Wilhelm brachte ihn dann
bis in den Flur. Herr Doktor, was
fehlt unserem Kind?"
Der Arzt zuckte die Schultern: Bei
Kindern ist es schwer, eine genaue
Diagnose zu stellen, wir wollen abwar
ten, wie die jetzt gegebene Arznei wirkt
.. ..vielleicht tritt keine Komplikation
ein., .es kommt mir vor. als wenn
eine geringe Besserung stattgefunden
Hütte."
Und der Arzt ging und ließ die El
tern mit diesem schwachen Hoffnung?
schimmer allein zurück.
Welch langer, endloser Tag war
das! Die Eltern wichen nicht von dem
Bettchen.
Ab und zu sagte Magda: Du haft
eS gehört, Wilhelm, der Arzt meint.
es ginge ein wenig besser!" und er
verstand, daß sie Zuspruch brauchte,
und sagte liebevoll: Ja. unser Herz
blatt ist entschieden besser quäle
Dich nicht so, mein Lieb! eS geht
vorüber."
Aber er glaubte nicht an seine eigenen
Worte. Dennoch hatte Alices Wim
mern nachgelassen; zwischen dem Jam
mern traten kleine Pausen ein, es
wurde leiser, schwächer, und die Eltern
ängstigten sich nun, daß eS nicht mehr
so laut vernehmbar, daß der Laut,
der ihnen das Herz zerrissen, in seiner
Kraft nachließ. Wenn er das Ende
wäre?
Vollständig erschöpft war Magda ei
nen Augenblick in leichten Schlummer
verfallen.
Als sie die Augen aufschlug, horchte
sie. Nichts! Nicht daS kleinste Geräusch
unter den Gardinen des Himmelbett
chens! Jähes Entsetzen packte sie, sie röchelte
mehr als sie sprach: Wilhelm! und mit
der ausgeftrecktenHand wies sie auf das
Bett.
Der Gatte hatte auch für Sekunden
die Augen geschlossen gehabt.
Er verstand und theilte Magda'S
Entsetzen.
Als er sich aber über das Kind ge
neigt, richtete er sich gleich darauf mit
einem zaghaften Lächeln auf:
Still!.... still!.... sie schläft!"
Wirklich?"
Sieh' selbst!"
Nun neigte sich auch Magda über
daZ Kind. Leicht und gleichmäßig kam
und ging der Athem zwischen den blei-
chen Kinderlippen. Aber die Mutter
hatte noch Furcht. Der Athemzug war
so wenig.
Mein Gott!" sagte sie leise. ..wenn
sie nur wieder aufwacht !"
Es wurde Abend, die Nacht kam.
und Alice schlief noch immer.
Dicht neben einander saßen die El-
tern und bewachten ihr Kind. Sie
wollten es nicht einen Augenblick allein
lassen und doch war ihre Kraft zu Ende.
Und so wie sie da faßen. Hand in Hand
in Sorge und Leid vereint, schliefen sie
ern.
Stunden waren veraanaen. in dem
dämmernden Tagesgrauen wurde das
Flämmchen der Nachtlampe immer
schwächer, da fuhren Magda und Wil
Helm in die Höhe; ihr erster Gedanke,
der sie nicht einen Augenblick verlassen.
während der Körper fein Recht bean-
Ipruchte. war bte quälenbe Sorge um
ihr Kinb.
Und fassungslos standen sie da.
I ff
II C
Zwischen den Falten der Gardi::e sah
Alice sie an!
Dann wich die Bestürzung der
Freude.
.Alice, sie ist gerettet!. .
Das süße kleine Mädchen lächelte und
sagte inik ihrem klaren Stimmchen
dem lieben Stimmchen. das die Eltern
nie mehr zu hören geglaubt hatten :
.Sag' doch, Papa. Mama, bin ich denn
krank gewesen?"
Mas.da brach in Thränen aus; Wil
Helm nahm das Kind auf den Arm,
hüllte es vorsichtig in sein Bettchen, und
während er das blonde Köpfchen lieb
koste, sagte er zärtlich:
.Ja, Herzchen. Du bist krank gewe
sen, oder nun bist Du wieder gesund
....nicht wahr?"
Die Kleine nickte als Antwort.
Und Alles sprach auch dafür, denn
die Augen hatten den klaren Glanz
wiedergewonnen nnb bie Wangen
waren so frisch gcröthet, wie es bei ge
funden Kindern nach dem Schlafe der
Fall ist.
Magda küßte das Kind stürmisch,
während Wilhelm eS immer noch zärt
lich in den Armen hielt und kosend
sagte :
Ja, mein Herzblatt, mein Liebling,
Du bist wieder gesund!. .. .und Du
wirft nie. nie wieder krank werden, sag'
mein goldenes Kindchen ?"
Nein." versprach Alice ernsthaft,
.jetzt will ich nie mehr krank werden,
jetzt wo Du und Mama gut mitcinan-
der seid, Euch nicht mehr scheltet!
Wenn Ihr böse miteinander seid, thut
es mir so weh "
Wilhelm und Magda schraken zusam'
men und sahen sich an. Sie erfuhren,
was sie nie gedacht: welch' Leid die Un
einigkeit der Eltern dem zarten Kinder
gemüth zufügen kann. Bittere Reue
ergriff sie
Sir sprachen nicht, denn in den Mo-
lnenten höchster Erregung findet man
keine Worte, aber ihre Lippen trafen
sich in gemeinsamem Kuß auf der Stirn
ihres Kindes
Draußen war es inzwischen Tag ge
worden, und die Morgenröthe schien ins
Zimmer wie d' Vorbote einer glück
lichen Zukunft
Bon Soir, Messieurs!
Ueber die Begegnung Friedrichs des
Großen am Abend der Schlacht von
Leuthen (5. Dezember 1757) mit öfter
reichischen Generälen im Schlosse zu
Lissa giebt General von BoguZlawöki
im Januarheft der .Deutschen Rund
schau" eine neue, ihm von dem Fürsten
Puttbus aus den Ueberlieferungen des
Schlosses Lissa mitgetheilte Darstellung
In Einzelheiten weicht sie von der in
eine große Zahl geschichtlicher Werke
übergegangenen Schilderung der be
kannten, in Bild und Wort oft vcrhcrr-
lichten Szene ab.
Als der König nach gewonnener
Schlacht sich entschloß, in eigener Per
son den Feind zu verfolgen, wurde ihm
und seiner Begleitung, unter der sich
auch Zielen befand, ein Zug Husaren
vorausqesandt. Er folgten weiter zu
rück die Grenadierdataillone Manteuf
fel, Wedel, Ramin, die auf die Frage
des Königs, wer ihm folgen wolle, so-
fort freiwillig das Gewehr aufgenom
men und sich in Marsch gesetzt hatten,
außerdem die Seidlitz-Kürassiere.
Den Umstand, daß der Kretschmer
von Saara, Besitzer cines an der
Chaussee nach Breslau gelegenen Kret
schäm (schlefischeS Wirthshaus), ihm
dabei mit einer Laterne geleuchtet ha
ben soll, irgendwie festzustellen, er-
scheint für unseren Zweck unwesentlich.
In dem Kretscham fand ich, abgesehen
von einem Bilde, keine Spur dieses
Vorganges, was sehr natürlich ist, da
schlefische Gaftwirthe keine Akten flitzn
legen pflegen. Nabe vor Lissa erhielt
die Husarenspitze Feuer. Man war
etwa fünfhundert Schritte von dem
Ortsende entfernt. Der König blieb
nun halten, bis die Grenadierbataillone
herankamen. Dann wurde ohne Wi
verstand in Lissa eingedrungen, wobei
der König sich wieder bei der Spitze
befand.
Die Wciftritz fließt östlich an Lissa
vorbei, und über sie führte, damals
wie jetzt, eine feste Brücke. Diese war
noch von österreichischer Infanterie,
höchstens einer Kompagnie besetzt, die
nunmehr auf die in der Dorfstraße an
rückenden Preußen feuerte. Zugleich
wurde auch noch auS den Häusern des
östlichen Theils von Lissa geschossen.
Der Widerstand war jedoch kurz, die
Grenadiere drangen in die Häuser ein
und machten die Oesterreicher unfchäd-
lich. Angeblich gaben zwei Bataillons
geschütze Feuer gegen die Brücke, welche
sodann von den Preußen besetzt wurde.
Jedenfalls nun hat sich der König wüh-
rend, wahrscheinlich aber nach dieser
kurzen Kampfesepisode nach dem Schloß
begeben. Dieses liegt sechzig schritt
No. ;!!.
genu nördlich eine freien, in d-r Mitte
des Fleckens gelegenen Platzes ::nd be
sitzt von früheren Jahren her einen
Graben, über den damals eine Z'.ig
brücke führte. Nördlich unb östlich
von, Schlosse erstreckte sich damals ein
Wald von etwa achthundert Schritt
Länge und füiifdiindkrt Schritt Breite,
dessen östliche? Rand von der Wciftritz
bespült ward. An dessen Stelle ist jetzt
ein Schloßpark getreten. Sobald die
südliche Seite bes Schlosses abgesperrt
war. konnte eine bort befindliche feind
liche Abtheilung nur über das Dorf
Stabelwitz, etwa 1000 Schritt flußab
würts an der Wciftritz. wo sich jeden
falls auch damals ein Uebergang br
fand, entweichen, was freilich in ::be
kannten, und mehrfach durchschniite-
nem Gelände tchwieng, aber nicht nn
möglich war.
Als der König sich mit seiner Bcalei-
tung dem Schlosse näbcrte. erschien vor
ihm der damalige Bentzcr Baron von
Mudrach. Er hatte den Ruf eines gut
preußisch gesinnten Mannes. Hier nun
setzt die Ueberlieferung, wie ich sie im
Schlosse fand, ein. Der König gab
sich zu erkennen und frug: Nun, ist
dte Lust rein?' Der durch die plötz
liche Erscheinung des Königs aus'S
äußerst verwirrte Besitzer antwortete:
Jawohl, Ma cftät!" Man kZnnte
nun wohl bemerken, daß dies unwahr
scheinlich sei. Bedenkt man aber, wie
verwirrend solche Verhältnisse auf
manche Menschen wirken, und daß ein
nicht mit hoher Geistesgegenwart be-
gabter Mann sein Schloß noch am Zage
vorher mit österreichischen O n zieren be
quartiert, am Abend des nächsten von
Flüchtlingen angefüllt gesehen hatte.
und nun plötzlich den König vor sich
erblickte, so ist seine Verblüffung nicht
uneriiarltch. Er war eben im Moment
nicht imstande, die beiben Situationen
auselnanderzuhalten. Er führte o
bann den König und seine Begleiter,
unter denen sich Zieten auch jetzt befand.
die Treppe hinauf bis in den zweiten
Stock und öffnete die Thür eines gro-
szen saales. Der König warf einen
Blick hinein und sah den Saal mit
einer Anzahl österreichischer Osfiziere
angefüllt, die mit einem Abendbrot be
schäftigt waren. Der König blieb über
rascht stehen. Die Offiziere sprangen
beim Anblick der preußischen Uniformen
auf. Der Moment war kritisch. Da
nun soll Zieten dem Könige zugeflüstert
haben: ..ourage. Mazestät!"
Hierauf trat der König in den Saal.
nahm den Hut ab und sprach die allbe
kannten Worte: "l$on soir, rnos
siours!" (Guten Abend, meine Her
ren!) Gewiß werden Sie mich hier wohl
nicht vermuthen kann man denn auch
noch unterkommen?
Daß die Oefterreicher starr von llebev
raschung und Erstaunen über da? nun-
mehr erkannten. Königs plötzliche Er
scheinung waren und keiner von ihnen
zu einer Feindseligkeit sich aufzuraffen
vermochte, kann man ganz begreiflich
finden. Nicht nur wirkt das Unerwar
tete an und für sich lähmend, wie hun-
dert Beispiele beweisen, auch da? Ge-
skihl des Respektes vor zedem Monar
chen und noch dazu vor diesem
endlich wohl auch der ganz vernünftige
Gedanke, baß unmöglich ber König sich
mit so geringer Begleitung berart vor
gewagt haben würde, daß vielmehr das
Schloß bereits zernirt sei, trat zum
Glück Preußens einer entschlossenen
That in den Weg. Ter König ging
mir avgenommenem Hut zwischen den
Platz machenden ,und sich verbeugenden
Offizieren hindurch, legte feinen Hut
auf einen kleinen Spieltisch man be-
zeichnet die Stelle dort ganz genau .
durchschritt schnell den Saal und ging
mit der vertlichkelt bekannt durch
eine entgegengesetzte Thüre, die zu einer
Hintertreppe führte, hinaus, gefolgt
von inner Begleitung. Von hier aus
sandte er sogleich nach seinen Truppen
im Orte: sehr schnell drang eine Ab
theilung Husaren ins Schloß und nahm
die meisten der österreichischen Offiziere
gefangen, die der König sich sodann
vorstellen ließ. Bald darauf traf eine
ganze Anzahl preußischer Gen.räle im
Schlosse ein. welche ihren Truppen vor
angeeilt waren, denn der größte Theil
der Armee hatte sich ebenfall in Marsch
gesetzt und war dem Könige bis Lissa
gefolgt."
Ter Störenfried.
Oskar Ditilleut hat sich in Madame
chinquart verliebt, die eine sehr büd-
sche Villa in der Umgegend von Paris
bewohnt.
Ditilleut begiebt sich zum asten Male
zu ihr. Er klingelt am Gitter, und da
er merkt, daß dieses nicht geschlossen ist.
,o mir er e,n und folgt der zur Villa
führenden Allee.
In diesem Augenblick fprinat ein
dicker Hund mit unzweideutigen Zeichen
der Freude an ihm empor.
. CIar kehtrÜ fc?n Hi.i d oe
n:? 'aal zu ibi:
..?u'ch Int)!' . tiijA ?!j! ....
I.i" 2 bi:t hat mich ii: r.wr. hübfÄni
; ;5.;n.n'0 i .etzt!"
In da ti.it i'jrn bcr .'?.Ma, als
er (i-iiic gviun Pso'ru auf die Bruft.
jorn :Hiu1tn m:d die Anne :ci allzu
glücklichen Ditilleut legte, ieuieg ganzen
' Ai!Z!!,z swußig gemacht.
Ruf DiI" ruft CiUz wieber.
wadrend er sicd addürftet und der Bill
z'.!wai!deit.
FrSdli.ii i:tl er : den S Ion, stets
den dem großen Hiind dealcttct. drr
mit einem ?j aus das Kanapee
springt und üch dort bän?'.:ch nieder
läßt.
!''.,!d eschen: die junge Wittwe und
der Bcrli,'bkk den't nicht niebr an den
t!üßl!chkn Köter.
Tixv dieser ist jedensalls nicht damit
cinvekstandeki, denn er springt bald von
dein Ka:?apce herunter und nendet sich
z den Beiden; eine Pfote legt er ans
das Kleid der Madame chinquart :,d
bie andere auf Titillcuts Ho'e.
Die Wittwe scheint biese Vertraulich
kejt nicht Übel zu nehmen; sie streichelt
den Hunb und murmelt mit jener
Sprache, die bie Leute annehmen zu
müssen glauben, wenn sie zu Thier,
sprechen :
Oh, das schöne Hündchen!. . ..Das
nicbliche Huiibchcn!"
.Ein niedliches Hündchen! Zu nied
lich." wiedcrholte Oslar, während er zu
sich selbst sagt:
Wird uns das Beeft nocd nicht bald
in Ruhe lassen? Wenn ich hier Herr
wäre, würde ich dich mit Stockschläge
vor die Thür weisen! . . Aber heut
würde mir die schöne Wittwe daö nicht
verzeihen!"
Die Liebenden unterhalten sich wei
ter; doch als der Hund bemerkt, daß
man sich nicht mehr um ihn bekümmert,
beginnt er zu knurren und st. cckic feinen
dicken Kopf vor.
.Oh. das gute Hiindchen, murmelte
Madame Schinquart, ihn st: ichelnd.
.Das ist wirklich unerträglich,"
sagte sich Oskar wüthend, und meine
Zukünftige hat für die Hunde eine Zu
ueigung, die die Grenzen wahrhaftig
überschreitet!"
Bald darauf öffnet das Dienftmüd
chen die Thür des Salons.
Gnädige Frau, cs ist aufgetragen!"
Nun. Herr Oskar," sagt die hüb
sche Wittwe, gehen wir .in's Eßzim
mer; Sie müssen Appetit haben."
Und sie gehen in's Eßziinwer. wieder
von bem Hunbe begleitet.
Dieser läuft ihnen bald voran, der
Geruch eines prächtigen Brathuhns
steigt ihm in die Nase.
Mit einem Satz springt er auf de
Tisch, packt das Huhn und verzehrt &
im Garten.
Die Wittwe zuckt nicht mit der
Wimper.
Ah bah!" sagt sie zu dem gan,
verdutzten Dienstmädchen! das Un
glück ist nicht so schlimm!"
.Saprifti. Madame." sagt Oskar.
Sie lieben die Hunde wohl sehr?"
Die Hunde?.. . .ich? .... ich kann
sie nicht ausstehen!"
.Aber diesen da?"
Bei diesem ist es etwas anderes....
da er Ihnen gehört?"
Mir Ader ich kann ja einen
Hund nicht einmal gemalt sehen
Ich glaubte, er gehöre Ihnen!"
So haben wir den ganzen Bormit
tag damit zugebracht, diesen gräßliche
fremden Köter zu ftceicheln, weil wir
glaubten, uns gegenseitig damit einen
Gefallen zu thun "
räuchert Jrau.
Unsere Frauen Parfümiren sich, doch
die Parfümen - Künste der modernen
civilifirten Salondamen sind gar nichts
im Vergleich mit den Wohlgerüchen
der Frauen im ägyptischen Sudan.
Die dortigen Frauen räuchern sich ein.
und gemäß ihren kräftigen Nerven und
gesunden Sinnen wählen sie hierzu so
ausgiebige Mittel, daß die Anwesenheit
einer Gruppe frisch geölter, gesalbter
und geräucherter Weiber auf hundert
Schritt sich unserem Geruchssinn der
räth. Das Räuchern ist Gegenstand
besonderer Sorgfalt. In dem Hofe
ieder nütte. unter beinaue icdem wUt
kann man im Boden eine kleine Grube
finden. 1 tvufo tief. ftufe im Durck-
messer haltend, die entweder mit hartem
Thon sorgfältig ausgefüttert oder in
die ein Topf einacsekt ist. Darin wird
ein langsam brennendes Holzkohlen-
teuer unterbauen, und mit fe-veiereten.
wie Nelken. Ingwer. Zimmet, Weih
rauch. Sandelbolz. Mvrtbe. wo,u Stücke
der Talha - Akazie zugefügt werden.
venrcut. lieber die es euer sekt kcd
die möglichst leicht gekleidete Frau und
bedeckt sich mit dem mantclartia ausae-
breiteten Tob (Hcmdentuch) so forgfäl
tig. daß nichts von dem kostbaren Rauch
unbenutzt in die Luft entweicht. Sie
geräth allmählich in ausgiebigen
Schweiß und nimmt ein förmliches
amvtdad. Am vnde der lkuna.
nach 15 bis 2 Minuten, ist die Frau
derart einaerüuchert. daß. wie schon ae-
sagt, der Geruch allein sie auf weite
kireaen verrath.
Annc :iio.
Professorin (zur Kandidatin): .Und
was wissen Sie von dem männlichen
Geschlecht zu sagen?"
Kandidat schweigt.)
Professorin: Sehr recht, schweigen
wir davon ganz, es ist nicht mehr der
Rede werth!"