Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 07, 1901, Image 9

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nengedrSnnt sind auch dik Geintler der
Müniikr. die bott oLeu büitet ber natür
lichen Schutzmehr der Felsen 'Wache
hallen uuii schon den ganzen heißen
Scrnmeitaa. lan .
Unten am 5 ich? deS BergfS windet
sich der blaue Trübe,, leben die
FeinDf. Ihre Rationen donnern trnn
Zeit Mi Zeit mit aller Macht gegen die
Feteimiuern lr-3, aber die Natur hat so
411t gebaut, daß auch ein walirer lra--:iülrea,n
denen nicht viel Schaden zu
zhun der.naz. die sich hinter den Zacken
und Schroffen vrschant haben. V,elzr
mal haben die Hochländer in ihren
bunten PlaidS und 1'hitzen den Persuch
gemacht, der den Fluß zu dringen,
Wohlae,ielte Echltsie aus den Büchsen
der Besatzung des Kopie" haben sie
immer wieder znrückclcheucht. Die
glitzernden Wellen drunten hadcn schon
manchen Angreifer, der eben iuch in
KampseSluft erglüht, in ihrem stillen
kühlen Bette Ruhe finden laffen . tiefe,
ungestörte Rüde, Fast wolkenlos blaut
der Himmel an die Welt herab, und
aber der Ferne flimmert der ionnen-
dimst,. ,.
Hinter einem Felscnvorspriing stehen
ein alter und ein junger Boer neben
einander. Der Wie breitschultrig, krast
voll, ungebeugt, trotz der grauen Haare.
Der Jüngere fast noch ein Knabe, und
von der jungen Mannschaft ti sind
ihrer etwa zehn oder zwölf von sechsjch
bis achtzehn Jahren bei dem Truvp
entschieden der schmächtigste. Tcnnoch
:ft eine gewisse Aehnlichkeit zwischen den
beiden unverkennbar. Sie liegt Haupt
sachlich im Ausdruck der großen, blauen
Augen. 3 sind ja auch Bater und
Sohn.
Sie spreche nicht viel zusammen,
ber manchmal streift ein Blick des
Manne? die schlanke Zünglingsgestalt
ein Blick, in dem eine fast fraucn
haste Zärtlichkeit und Sorge liegt.
(Sin nerer Angriff der Engländer ist
abgeschlagen. Die Hochländer ziehen
sich zurück. Mit einem Seufzer lehnt
der Jüngling die schwere Flinte gegen
den Felsrn. nimmt den breitiändigen
Hut ab und wischt sich den Schweif! von
der Stirn. Er ist sehr bleich.
Der Alle beobachtet ruhigen Blickes
die Bewegungen der Feinde, das bereits
miedergeladcne (ewchr in der Hand, ob
sich noch einmal Gelegenheit biete, einen
Treffer zu thun. Nichtsdestoweniger
entgeht ihm die augenscheinliche Ad
spannung seines Sohnes nicht.
.Denen da unten ist heißer, als uns.
Paul," sagte er.
Pauls trockene Lippen bemühen sich
zu lächeln. Das wohl. Bater. Ader
sie haben das Wasser so nah. während
wir hier oben dursten müssen."
.Es sind nur noch wenige Stunden
bis zum Abend. Tann können wir uns
im Schutz der Dunkelheit genug ZLafser
holen.
.Lange Stunden noch'." ringt es sich
wie ein Seufzer von Pauls Lippen.
Sein Bater zieht die buschigen Brauen
zusammen. Ich sagt' es ja gleich:
,Du hättest bei der Mutter bleiben
sollen !"
.Das hättest Du im Ernst nicht ge
wollt. Vater. Und sie auch nicht. Sie
wär' selber gern mit ihren sieden Jun
qcnS in'S Feld gezogen, wie einst die
Urgroßmutter wenn sie nicht krank
wäre."
Der Alte nickt, und ein stolzes Lächeln
spielt um seine schmalen Lippen. Ja.
seine Großmutter, die mit der Axt in
der Hand das Leben ibreS Gatten ge
schützt hatte. . , . An seiner Seite hatte
sie mitkämpfend auf der Wagenburg ge
standen, als die Krieger Moselekatses sie
umringten und sich bemühten, die um
die Räder geschichteten, dornigen Mi
mosenftämme zu entfernen. Da
als eines riesigen Kaffern Speer die
Brust ihres Mannes bedrohte hatte
ihre Waffe den Angreifer niederste
streckt.. , Hendrik wußte: seine Johanna
hätte es nicht anders gemacht. Nur, daß
sie seit Paul's Geburt, des Jüngsten
von zehn, immer kränkelte. Vielleicht
war ihr .der Kleine" darum so be
sonders an's Herz gewachsen. Vielleicht
war er darum ein wenig verzärtelt
worden zu sehr, wie der Vater jetzt
oft meinte. Wo eS irgend ein geführ
licheS oder anstrengenderes Unternehmen
galt, hatte man ihn auf Bitten der
Mutter daheim gelassen. Sie, die ihren
Mann und die anderen Söhne stets
furchtlos hinausziehen sah. ängstigte sich
immer, daß Paul etwas zustoßen könne.
Nun aber hatte sie kein Wort gesagt,
als auch er für Vaterland und Freiheit
zu kämpfen begehrte. Nur beim Ad
schied hatte sie ihrem Gatten mit beson
ders innigem Blick zugeflüstert: .Hüt'
mir den Paul. Hendrik! Bring' ihn
mir gesund heim!" Und er hatte ge
antwortet: .So der Herr will!" . . .
Eben tritt Paul von seinem Vater
fort. Ein Freund, der einige Schritte
von den beiden entfernt seinen Platz
hatte, rief dem Jüngling etwas zu, und
dieser geht, da er nichts versteht, näher
heran. Im selben Augenblick schwirrt
ein sonderbarer, pfeifender Ton durch
die Luft.
.Wieder eins von den Dingern, die
nicht krepiren." bemerkt ein Mann,
indem er sich gleichmüthig die Pfeife
anzündet.
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vfl TlstllllmlT'iflfliT
IJKHilll -üy
)ahraang 21. Beilage zum Ncbrnska Staats-Anzeiger. No. 3U.
Sie wollen ihre schlechte Munition
los icin," scherzte ein anderer. ..Drum
veischießen sie sie "
Bisher wartn sie meisten Geschosse
an den Felsen abgeprallt, und die in
das Lager herabfielen, erplodirten
nicht. Dieses aber senkt sich im Bogen.
Sans und Steinsplitt fliegen. Und
dann sieht Hendrik feinen Jüngsten ne
den feinem Freunde am Boöen liegen.
Blut rieselt über die erdfarbenen Jgp
p?n ....
Auf seinen Armen lrügt Hendrik
Paul nach der anderen eeiie des Hü
gels, wo man b.'rcit'Z zwei Verwundete
gebettet hat. und bereitet ihm auf dar
rein Gras ein möglichst bequemes La
ger. Man legt dem jungen Man
einen Noihverband an. Leise ächzend
öffnet er die großen, blauen Augen.
.Visier. Wasier!"
.Ja, mein Junge. Sollst gleich
welches haben."
Hendrik begibt sich zum Komman
bunten der Abtheilung, Derselbe soll
ihm erlauben, für den Verwundeten
Wasscr zu holen. Der Felsenkegel, auf
dem sich da? Häuflein Beeren ver
schanzt hat. tritt an einer Stelle bis
dicht an das Flußbett heran. ES scheint
Hendrik ausführbar, von einem etwa
auf halber Höhe überhängenden FclS
vorsprung ein Seil mit einem Eimer
in den Strom hinabzulassen und wie
der heraufzuziehen.
Der Kommandaiii nickt bedächtig.
Ja, das ist möglich. Aber um bis zu
dem Vorsprung zu gelangen, muß man
eine steile Wand hinunlerklettern, an
der man dem Feuer der feindlichen Ku
geln zur Zielscheibe dient.
Schießen und treffen ist zweierlei."
schmunzelt Hendrik.
Der Andere lacht kurz aus. .Und
wie willst Du mit dem gefüllten Eimer
heraufkommen?" fragte er dann.
.Der wird von oben die Wand em
porgezogen. Mit Hilfe einer Wagen
deichsel und Stricken leicht gemacht.
Die Leute werden dabei nicht einmal
besonders gefährdet sein. Sie sehen
ja. wenn die drüben schießen, und kön
ncn sich ducken."
.Wenn die Anderen Dir helfen wol
len ich will's nicht verbieten."
Danke." sagt Henbrik kurz und
geht, einige Helfer zu werben, die sich
sogleich bereit finden lassen.
Nur sein ältester Sohn, ein stattli
cher Dreißiger, macht ihm Vorftellun
gen. Laß' mich 'runterklettern, Va
ter. Ich bin jünger und "
.Nein", unterbricht der Alte in ent
'chiedencm Ton. .Du magst das Auf
winden besorgen, Pietcr. Es ist recht,
daß der Vater den gefährlicheren Theil
übernimmt."
Und so geschieht es. Vorsichtig, mit
einer für seine Jahre bewunderungS
würdigen Gewandtheit steigt Hendrik
die Felswand hinab. Staunend selben
die Engländer das Beginnen deZ küh
nen Mannes. Ihren Augen erscheint
es geradezu wunderbar, wie er an der
steilen Mauer nur Platz findet, die
Füße aufzusetzen. Anfangs glauben
sie, es würden ihm noch andere zur Aus
führung eineS kriegerischen Zwecke?
folgen, und ein Hagel von Flintenku
geln ergießt sich in seiner Richtung.
Aber die Boeren sind nicht faul in der
Erwiderung, und da die englischen
Schützen so gut wie gar keiue Deckung
haben, so kostet dieser Kugelwechscl
ihnen noch manchen Mann. Unentwegt
klimmt Hendrik weiter. Der Schweiß
perlt ihm von der Stirn, seine Hände
bluten von den scharfen Fclszacken.
seine Kleider zerreißen. Seine kraft
strotzenden, sehnigen Glieder sangen an
zu zittern von der furchtbaren Anspan
nung. Er achtet es nicht. Jetzt
endlich! hat er den Vorsprung er
reicht befestigt das Seil, läßt den
Eimer herab. Die Feinde hören plötz
lich auf zu feuern. In athemlofer
Spannung verfolgen Hunderte von Au
gen jede seiner Bewegungen.
Uud ruhig, als verrichte er das Ge
schöft am Ziehbrunnen seiner Farm,
füllt er den Eimer und zieht ihn vor
fichtig wieder nach oben. Sein Hut
füllt ihm dabei vom Haupte und rollt
in eine Felsspalte hinab. Er wendet
nicht einmal den Kopf darnach. Die
Sonne brennt auf seinen grauen Schei
tel. Nun beugt er sich vor und hebt
mit starker Hand den Eimer über den
Rand der natürlichen Felsenbrüßung zu
sich in die Höhe. Und dann steht er
einen Augenblick regungslos und blickt
mit den falkenscharfen, ungeblendeten
Augen über die Ebene jenseits des
FlusfeS, über die Stellung des Feindes
mit ihren auf ihn gerichteten Kanonen
röhren hin bis in die blaue, im Son
nenglaft flimmernde Ferne.
Wenn er nur nicht zögern wollte!"
brummt Pieter oben zwischen den
Zähnen.
Augenscheinlich erbitterte Hendriks
Kaltblütigkeit den Feind. Wieder flie
gen die kugeln um ihn, als er mit sei
ner Bürde der Felswand naht und sie
mit aller Sorgfalt an dem inzwischen
von oben herabgelassenen Seile (U
ftigt. Er scheint wie gefeit.
Wieder eine Salve der Boeren. . .
und hrtiben fallen ein Kanoiiier und
zwei Hochländer. Dann wird es wie
der still. Der Eimer schwebt langsam
aufwärts.
Mit einem Freudenruf wird seine
glückliche Ankunft oben begrüßt. Und
nun klimmt auch der grauhaarige
Mann langsam empor. Mühsam,
sehr mühsam, aber stetig, mit eiserner
Energie zwingt er die oft fast versagen
den Glieder. Ein Fehltritt kann ver
hängnißvoll werden. In jedem Au
genblick kann ihn die tödtliche Kugel
treffen. Ader sein F,isz strauchelt nicht
und fein Auge bleibt klar.
Jetzt hat er daö Ziel fast erreicht.
Pieter und einer feiner Kameraden
strecken ihm schon die Arme entgegen,
um ihm die letzte Strecke heraufznhel
fen. Da füllt noch ein Schuß
Ist Hendrik getroffen?
Die jungen, kräftigen Arme haben
die seinen erfaßt. Man zieht ihn zur
Höhe hinauf. Er ist geborgen. Von
allen Seiten drängen sich die Lands
leute herzu. Da ist auch der Komman
dant und streckt dem Tapferen die Hand
hin. Hendrik macht einen Schritt auf
ihn zu. Sein Gesicht ist von der An
ftrengunz geröthet. Schmeißtropfen
rinnen über die Stirne. Ader ein
gleichmüthiges Lächeln spielt um seinen
Mund.
.Reiner Zufall, wenn die 'mal tref
fen? Was. Kommandant?"
In diesem Augenblick überzieht eine
fahle Bläffe Hendrik's Züge. Er wankt.
Pieter fängt ihn in seinen Armen auf.
Man reißt ihm den Rock auf da
sickert Blut aus einer Wunde in der
Brust....
ES ist endlich Abend geworden. Im
Westen ist eine dunkle Wolkenwand
aufgestiegen und manchmal ,zuckt am
Horizonte ein bläulicher Schein auf, , ,
Wetterleuchten! Ueber den Felfenhügcln
aber glänzen die Sterne mit mildem
Licht. Lagerfeuer flammen hüben und
drüden.
Mit dem Eintritt der Dunkelheit
sind Verstärkungen eingetroffen und
haben Proviant. Waffer, Munition
und Postsachen mitgebracht. Ein jun
ger, deutscherArzt begleitete sie .der nun
beschäftigt ist. die Verwundeten zu un
tersuchen.
Hendrik hat seit Stunden regungslos
gelegen und kein Zeichen des Bewußt
seins von sich gegeben. Als der Arzt zu
ihm tritt, öffnet er die Augen.
.Gib Dir keine Mühe mehr mit mir.
Doktor." sagteer mit schwacher Stimme.
Das nützt doch nichts. Mein
Junge?"
Den haben wir schon besorgt. Er
wird morgen früh in's Lazareth nach
K gebracht, wo wir ihn hoffentlich
in einigen Wochen gesund pflegen wer
den." Ein glückliches Lächeln fliegt über die
Züge des Sterbenden. Johanna!"
flüsterte er. Und dann wieder kurz und
rauh: .Laß mich doch in Ruh', Doktor
in Frieden sterben , . , , "
Pieter wechselt einen besorgten
Blick mit dem Arzt. Der nickt sehr
ernst und tritt zurück. Sein Wissen ist
machtlos.
..Pieter, bist Du da? Sag', haben
mir gesiegt?"
Der Feind ist von allen Kopses zu
rückgeschlagen." .
Gott ist mit uns," sagt der Alte in
stärkerem und zuversichtlichem Ton.
Und die Umstehenden nicken ernst.
.Vater," beginnt Pieter nach einer
Weile, ich habe Nachricht von zu Hause.
Mein Weid hat mir am fünfzehnten
Zwillingssöhne geboren."
Gott ist mit uns, " wiederholte Hen
drik. Zwei junge Kämpfer für einen
alten , . . Unsere Väter hofften aus Dich,
und da sie hofften, halfst Du ihnen, . .
Der Herr wird seinem Volke Kraft ge
den,. .."
Der Rest verliert sich in Unverstand
lichem Murmeln.
Da tönt auf einmal durch die Stille
der Nacht der ferne Gesang von Mün
nerftim men herüber vom nächsten Kopje.
Und nun trägt der Rachtwind auch aus
anderer Richtung von einem weiter
entfernten Felsenhügel dieselben Töne
herzu. Die MSnner entblößten ernst
die Häupter. Pieter kniet neben dem
Lager seines sterbenden Vaters nieder.
Auch aus seiner Brust ringt sich der
Gesang, und die Stimmen der Anderen
fallen kräftig ein:
Run fallet die Hände.
Daß gnädig flch mend
Uns Männern das Schiachinilooz '.
Und ob mir siegen,
Und ob mir erliegen :
Berlraui !
tu Saat gehl auf
Und mächst zu Häuf'
Ja Estt mr sie gebaut.
m Wohlthäter wider willen.
Bei Gelegenheit eines bestes drängte
sich eine dichte, aufgeregte, ungeduldige
ilk'enge aus dem .Ptace d la Eoncorde"
in Paris, denn es war neun Uhr AdendS
und man wartete auf das Abbrennen
des großen Feuerwerkes.
.Halten Sie sich doch aufrecht. Herr!"
rief höchst verdrießlich ein junger Mann,
Namens Alfred Lavry. der schon mehr
malS gegen die Anmaßung eines seiner
Nachdarii rellamtrt hatte, welcher fort
wahrend feine Schultern als Stütz
und Anhaltepunkt betrachtete. Sie
ermüden und langweilen mich schließ
lich l"
Der Mann entgegnetc hieraus kein
Wort, fügte sich aber auch durchaus
nicht dem ausgesprochenen Wunsche,
sondern lehnte sich vielmehr mit dem
ganzen Gewichte seines Körpers an den
jungen Mann, und dieses Gewicht war
durchaus nicht unbeträchtlich, da der
Mann eineelephaiitenmüßige Eorpulenz
besaß.
Jetzt sehe ich. daß Sie mir es zum
Poffen thun!" rief der junge Mann,
die Geduld verlierend, drehte sich zur
Hälfte herum und versetzte dem Frem
den einen tüchtigen Fauftschlag mitten
in sein breites Gesicht hinein.
Der dicke Herr brach plötzlich znsam
men und stürzte hin.
Platz, Platz! Hier stirbt einMensch!"
riefe mehrere Stimmen, unter denen
auch die des noch vorhin so ergrimmten
jungen Mannes war, welcher sich plötz
lich von Mitleid für sein unglückliches
Opfer ergriffen fühlte und feine Heftig
feit bitter bereute, als er die Ströme
Hon Blut gewahrte, die aus Mund und
Nase des Arinen flössen.
Ein Arzt, ein Arzt ! Wo ist hier
ein Arzt ?" schrie Alfred, indem er mit
Hülfe von zwei anderen Zuschauern den
schweren Körper des fremden Mannes
aufhob und an einen etwas ruhigeren
Ort zu transportiren suchte, wo derselbe
besser vor den Fußtritten der drängen
den Menschenmenge geschützt war.
Endlich arbeitete sich aus dem Haufen
ein schwarzgekleideter Herr heraus, der
sich als Arzt zu erkennen gab, untersuchte
den Sterbenden und erklärte den Fall
für ernst, sehr ernst.
Sollte ich ihn am Ende gar gctödtet
haben ?" dachte Alfred und grübelte
vielleicht, wie er es möglich machen
könne, unbemerkt fortzuschlüpfen, um
den Folgen dieses schlimmen Handels
zu entgehen, als ein Stdtscrgeant er
schien und sich nach allen näheren Um
ständen erkundigte.
Wir müssen den Wann nach seiner
Wohnung schaffen," sagte der ergeant
und suchtein allen Taschen des Bewußt
losen, um wo möglich seine Adresse zu
erfahren. Richtig fand er da auch einen
geöffneten Brief mit der Adresse :
Herrn Eapitän Van Tergom. Rue de
Provence 17."
Und ihre Adresse, mein Herr?" fügte
der Polizeibcamte hinzu, indem er sich
an Alfred wandte.
Dieser reichte ihm ganz niedergeschla
gen seine Karte. Der Sergeant ließ
einen Fiaker rufen, man schaffte mit
vieler Mühe den Eapitün da hinein,
welcher hartnäckiger Weise noch immer
kein Lebenszeichen von sich gab, und
Alfred kehrte nach Hause zurück, ohne
daS Feuerwerk mit ansehen zu mögen.
Am folgenden Morgen trieb es, ihn
mit aller Gewalt, sich nach dem Besin
den des Fremden zu erkundigen und er
fragte deswegen bei dem Portier des
Hauses in der Rue de Provence an, der
ihm berichtete, der Kapitän habe am
Morgen beinahe ein ganzes gebratenes
Huhn und vier mächtige Schnitte Schin
ken zum Frühstücke verzehrt und dazu
eine gehörige Quantität Bier getrun
ken, was wohl annehmen lasse, daß alle
! Gefahr für sein Leben beseitigt sei.
Der junge Maler war völlig beru
higt und wollte eben wieder fortgehen,
als der Portier hinzufügte:
Nur der Andere ist jetzt zu della
gen." Welcher Andere ?"
Der, welcher dem Herrn den Faust
schlag verfetzt hat."
Ah, er hat also einen Faustschlag
bekommen?" entgegnete Alfred, indem
er sich ganz überrascht stellte.
T Portier erzählte ihm nun die
ganze Geschichte, wie er sie von dem
Stadtsergeanten erfahren hatte und
schloß mit den Worten : Die Sache
wird dem armen Menschen schlecht ge
nug bekommen, denn sehen Sie, der
Eapitän ist zwar ein origineller närri
scher Kauz, aber trotzdem weiß er mit
der Pistole, dem Säbel und dem Degen
umzugehen, daß einem Hören und Se
hen vergehen möchte."
Ach, wirklich ?"
Ja, in Holland hat er schon sechs
Menschen im Duell getödtct und Sie
können sich nun denken, daß er diesen
Fauftschlag gerade nicht sanftmüthig
hinnehmen wird."
Alfred war zwar durchaus nicht fei,ze,
allein das Tuelliren war feine Sache
nicht, und vollends mit einem nolon
fchen Raufbold mochte er sich nicht ein
lassen er fühlte also einen leiten
Schauer über den Rücken rieieln. als
ihm so möglicherweise ein Duell mit
dem wilden Fremden in Aussiebt gestellt
wurde, indessen faßte er sich sogleich wie
der und fragte :
.Ader wie sollte er denn den Angrei
ser aussindig machen, er kennt ihn ja
gar nicht ?"
0 doch ! er hat ja seine Karte dem
Stadtsergeanteu gegeben, welche dieser
dein Kammerdiener und der Kammer
diener seinem Herrn überreicht hat."
Ach so," entgegnete Alfred, und bei
sich dachte er : Wie konnte ich nur so
dumm sein?'
In diesem Augenblick hielt eine tfa
lesche vor dem Thorwege und ein wun
drhildsches junges Mädchen stieg her
aus. die unser Künstler mit dewun
dernden Kennerblicken betrachtete.
Das ist die Tochter deZ EapitünS
Van Dergom." sagte halblaut der
Portier.
Der junge Mann ging fort nd
dachte: Sie sieht ihrem Vater nicht im
Geringsten ähnlich."
Zwei Tage darauf, als Alfred vom
Mittagessen nach Haufe zurückkehrie.
überreichte ihm fein gaetotum Eesostris
eine Karte, auf welcher stand: Eapitän
Van Dcrgom".
.Hast Du denn Herrn gesehen ?"
fragte er den Diener.
Jawohl, er sieht aus wie ein Bull
dogg mit einem Schnurrdarte; es fchicn
ihm höchst unangenehm, Sie nicht zu
treffen, er will aber wiederkommen."
Wenn denn?"
.Morgen."
Jetzt siel es Alfred plötzlich ein, daß
ihn einer seiner Freunde dringend ein
geladen habe, einige Zeit bei ihm in
Vichy zuzubringen. Er reiste noch den
selben Abend dahin ab.
Kaum hatte er sich bei seinem Freunde
eingerichtet, als er einen von Marseille
datirtcn Brief mit der Unterschrift
Van Dergom" erhielt, in dem nur die
Worte standen:
Ich komme, erwarten Sie mich!"
Dieser Holländer muß geradezu der
rückt sein." sagte Alfred. Wenn ich
auf Dich hätte warten wollen, so wäre
ich jetzt nicht hier aber ,oie hat er es
überhaupt erfahren? Er muß meinen
Sesostris bestochen haben."
Alfred bat nun seinen Freund, den
Eapitän zu empfangen und ihm zu sa
gen. er habe sich weiter gar nicht in
Vichy aufgebalten, sondern sei sofort
wieder nach Ehandernagor abgereist.
So geschah cs denn auch. Der Hol
läuder kam und zeigte sich ganz bestürzt,
als er diese Nachricht vernahm, während
sich Alfred im Nebenzimmer die Hände
rieb. Als Jener wieder abgereist war,
blieb er noch einige Wochen in Vichy
und kehrte dann nach Paris zu seinen
Arbeiten zurück.
Seitdem hatte er nichts mehr von
dem Kapitän gehört und glaubte ihn
nun völlig los zu sein, als vor wenigen
i Wochen ein dicker Herr an seine? Thür
klingelte. Der Diener war nicht da,
Alfred öffnete selbst und stand dem
Alp gegenüber, der ihn so lange gequält
hatte.
Nun, findet man Sie denn endlich!"
j rief der Holländer. Wie lange suche
ä) Sie nun schon!"
! Genug, mein Herr." unterbrach ihn
Alfred, der nun ernstlich entschlossen
war, mit diesem ewig über seinem
Haupte hängenden Damoklesschwerte
Ban Dergom's ein Ende zu machen.
Ich weiß, was Sie zu mir führt
meinetwegen sei es so welche Waffen
wühlen Sie?"
Was sagen Sie?"
Wühlen Sie nur. mir ist Alles
gleich und wenn Sie mich auch um
bringen." Ich Sie umbringen, Sie. Dich.
Alfred, meinen Retter?" rief der Eapi
fön, indem er den ganz verblüfften
Maler in die Arme schloß, verdanke ich
Dir doch mein Leben!"
Wie so denn?"
Ei, gewiß: auf dem Plaee de la
Concorde, in dem Menschengedränge,
stieg mir das Blut plötzlich so zu Kopfe,
ich war schon halb vom Schlage gerührt
und verlor das Gleichgewicht, als Du
mich durch Deine Geistesgegenwart vor
dem Schlagflusse rettetest,' der dem Blute
einen Ausweg verschaffte. Und dann,
wer hat mich aufgehoben, wer hat mich
wie ein Sohn verpflegt und hat sich
dann so beharrlich meiner Dankbarkeit
entzogen, als Tu? Ader dieses Mal
halte ich Dich fest. Du sollst mir nicht
wieder entwischen, jetzt komm mit mir
zum Essen!"
Alfred stand wie betäubt da bei die
sem so unerwarteten Ausbruche von
Dankbarkeit. Zehnmal war er aus dem
Punkte, den guten Mann zu enttüu
fchen und ihm zu sagen, wie sich MeS
'd :!!e. acr d.r ? ipi:!! i.!; so der
v"iV c:ii. und dann, trau r z i aus
ti.t.i! 1 war. tonnte am E;.:? d:'ch die
J'.uUtieUtiitMe wiidei ans rf. lonu
ne.-. et liest All.v ...,t sich
mach.:: u:; ,:ig mit dem i.nen Hol
tander zum fjn.
Vcr wenigen Tcen nur. je n in der
Saint.Aoche.Kirchk mit Van Tergom'S
i Z ockztcr, dem hübschen Mädchai. die er
Damals ui,S dem Waen steigen sah.
getraut und ist jetzt ein gtück'eliger und
wohlhabender Mann.
Da sieht man. was ein a.ut ange
brachter Faustschlag zu Wea.e dringen
kann.
In vlnm,sr,nd.
Der Großheriog siarl Aiiaust P::i
Weimar ball: eine ausgeprägte Vor
liebe für die Blumen. Wie diese Nri
gung entstand, erzählt solge::deS schöne
Geschichichcn.
Der Oderhosprediger Röhr pflegte
zur Sommerzeit, wenn er am Sonntag
zu predigen hatte, den Sonnabend in
der Frühe ach Bclvedere hinauf zu
gehen, um im dortigen Parke, von
morgenlicher Stille begünstigt und er
hoben, seine Predigt zu überdenken,
tu halte er sich auch einmal ergangen
und schickte sich eben wieder zum Heim
wege an. als er in der Nahe der G
wächehäuser dem Großherzige degeg
nete. der ihn freundlich anbrach und
sofort einlud, falls er Zeit habe, mit
ihm zu frühstücken. Röhr nimmt die
Einladung an und der Groüderzug be
sich't, in einem dr Gewächshäuser zu
scrviren. Unterdessen sühlt er seinen
Gast im Blumengarten muher und
durch die Glashäuser, macht ihn aus die
interessantesten Pflanzen uusmerlsam,
nennt jede bei ihrem wissenschaftlichen
Namen und giebt eine Beschreibung
davon, wie sie einem Professor der Bo
tanik Ehre gemacht Hütte.
Röhr hört erstaunt zu, und als man
sich endlich zum Frückftück setz!, sagt er:
Daß königliche Hoheit ein F,'und und
Liebhaber von Botanik sind ist allge
mein bekannt: daß Sir aber eine so
ausgebreitete und eingehende Kenntniß
dieser Wissenschaft besitzen, das hätte ich
mir nicht träumen lassen. Was hat
Sie nur zu so strengem Studium der
selben geführt?"
Mein lieber Röhr?" antwortete der
Großherzog, ,.daS will ich Ihnen sagen.
Als im Jahre 18üü das große Unglück
über unser Vaterland kam und ich
ringsum so viel Untreue. Verrath und
Betrug sah. da bin ich an der Mensch
heit verzweifelt. Und da hat mich allein
die alte Liebe zur Natur aufrecht erhal
ten. und ich habe mich in sie versenkt.
Und da mich die Menschen awkelten,
bin ich zu den Pflanzen gegangen, habe
sie ftudirt und habe mit den Blumen
verkehrt, und die Blumen haben
mich nicht betrogen."
Schill und die Berliner.
Der heldenmüthige Ferdinand von
Schill. dessen 125. Geburtstag kürzlich
gefeiert wurde, hat bei Lebzeiten gerade
in Berlin eine begeisterte Verehrung ge
nossen. Sein Einzug am 10. Dezember
1807 war der erste Freudentag, der den
Berlinern feit Beginn des unglücklichen
Krieges vergönnt war. Seine glänzen
den Waffenthaten bei der Vertheidigung
Kolbergs hatten ihm die Herzen des
Volkes gewonnen. Griebenow. der selbst
zu den Kolbergern" gehört hatte, be
schreibt in seinen Erlebnisse den Ein
zug des Majors von Schill in Berlin:
. . . .Man empfing uns mit degeifter
tem Hochgefühl, und ich sehe eS noch,
wie sich alles zu Schill hinziidrüngte
und Tausende glücklich waren, nur seine
Hand, seinen Fuß. seinen Steigbügel
berühren zu können. Bei seinem An
blick steigerte sich der Ausdruck des
Enthusiasmus bis zur Raserei, das
Schwingen und Schwenken d?r Mützen
nahm kein Ende, und Hunderte von
Kopfbedeckungen sah man doch in die
Lust steigen. Es war eine Szene von
nie gesehenem Parorysmus! Schill, ein
stattlicher Reitersmann und hübscher
Soldat, wie er war, nahm alle diese
Huldigungen mit ernster Freundlichkeit
an. denn sie abwehren, wäre bet dem
Volksgedrünge unmöglich gewesen, und
er wurde fast buchstäblich sammt seinem
Pferde auf dcnSchultern des Publi
kumZ durch die Straßen getragen. Sa
war unser Marsch, so unser Einzug in
Berlin." Und diese Beliebtheit Schill.
aus den man die höchsten Ho!?nungen
setzte, steigerte sich noch bis zu jenem
denkwürdigen Auszüge, als der Major
am 28. April 1809 Nachmittags 4 Uhr
an der Spitze seines Husarenregiments
daS Halle'fche Thor verließ. ES war
der Beginn jenes kühnen Unterneh
mens, das in den Mauern von Stral
fund mit dem Heldentod Schills sei
nen tragischen Abschluß fand. Berlin
hat den tapferen Freiheitskämpfer in
treuer Erinnerung behalten. Eine vor
nehme Straße im Westen trägt feinen
, Namen.
Nach Wunsch.
Ungar zu einer jungen hübschen
Dame): Wirklich, meine Gnädige,
werden olle Tog hübscher und raizen
der!"
Dame: .Ist das nicht ein bische zu
viel geschmeichelt?"
Ungar: No halt, so logen wir halt
alle zwaiten Tog!"
Reisen bedeutet für viele Leute weiter
nichts als OrtSveränderung.
Die Weisheit beherrscht den Humor,
die Dummheit dient ihm.