Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 17, 1901, Image 12

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    Dm loy d.-r IlTcJuü.
J der Galerie beS pariser t'oi:rt
befindet sich sin Gemälde Don (i'rri
cautt, das bei seinem Erscheinen im
Ansang des letzten Jahrhunderts in der
fiinftnrrftilnbiüfn Welt ein im
geheures Aufsehen erregte, sowohl durch
bie ganz neue Ar, oer aroenzcourii,
'nintVIBfiruna. a!S besonders durch
den furchtbaren Gegenstand, den eS
darstellte. Tie Mitte des ildeS, wet
ches der Künstler baS Floß der Meduse
nimmt ein schmutiia-gelbeS.
rscKteS Segel ein. Auf dem nach
links vom gestreckten Floß spielen sich
Ki, ,.-kt.-,i ?,enen der Bettweisluna ad.
bie dem Untergänge der Fregatte La
Meduse" folgten.
Mit'.en unter den Kämmenden und
Sterbenden nimmt besonbers eine Ke-
stall unier ganzes Interne in An.
fpnich. ein Weib, daS zwischen Balken
und Trümmern kanect. Tie großen.
Ks,..n sinnen, unnatürlich weit geön
ct. starren in bie Ferne, als ob sie
dort ein furchtbare chickiai sage
HcKn ihr licnt ein Mann hingestreckt
wie K-blos, ben Blick unverwandt auf
das Weid neben ihm gerichtet.
M. Eavigny. einer der wenigen
nrrlk.'k?,k. liat über die furchtbaren
Ereignisse einen ergreifenden Bericht
hinterlasse, auf ben, solgcnoe toiinioe
rung beruht.
Tie französische Fregatte Meduse",
mit 4 t Kanonen iinb 400 Mann, war
in, Begriff, im Hafen von Rochefort die
Anker z lichten. Sie war nach dem
Senegal bestimmt, dessen Gebiet im
zweiten Pariser Frieden Frankreich wie
der zugesprochen war. Unter dem
Donner ber Kanonen und bem jubeln
ben Zuruf einer tailsenbköpfigen Menge
am Ufer setzte sich das stolze Schiff in
Bewegung. Die Matrosen, zum großen
Theil Italiener und Neger, sowie de
für bie Kolonie bestimmten französischen
BesaßnngZmannschaften winkten bie
letzten Abschiedsgrüße nach bem Lande
hinüber.
Zwischen ben lebhaften Gruppen auf
bem Berbeck ging eine weibliche Person
geschäftig hin und her. Sie trug ein
kurzes, buntfarbiges Kleid, zierliche
Lackstiesel mit halblangen Schäften und
auf bem Kopfe eine kokett zur Seite gc
schodene Soldatenmlitze. Um ihre
Schultern bi"g an einem breiten Ban
bclier ein Fäfchen. aus dem sie den
Leuten Erfrischungen einschenkte. Es
war eine Marketenderin. Sie mochte
die Mitte ber Dreißiger längst über
schritten haben, machte aber mit ihrem
frischrothen. lächelnden Gesicht und leb
haften Bewegungen einen überaus an
muthigen Kindruck. Manches Auge
ruhte mit Wohlgefallen auf der hüb
sehen Marketenderin, beren Gestalt durch
bie Romantik von sechs Feldzügen unter
Napoleon!, wie mit einer Art von Ber
klärung umstrahlt war.
Auf bem Hintertheile des Schiffes
saß abseits von den Kameraden ein
Soldat. Das starre, fast leblose Auge,
das vollständig ergraute Haar, die
eigenthümlich gestrafften Gcsichtsmus'
kein deuteten auf eine lange Reihe von
Kämpfen und Entbehrungen unter den
verschiedensten Himmelsstrichen. An
diesem fleischlosen, aber sehnigen Kör
per hatte die glühende Gönne Egyptens
und der Eishauch der russischen Schnee
felder genagt.
Einen Augenblick blieb die Marke
tenberin vor bem Soldaten stehen, der
sie nicht zu bemerken schien. Sie suchte
in dem verwitterten Antlitze.
Delpit !" entfuhr es ihr wie unab
sichtlich. Der Solbat schlug bie Augen auf.
Louise!" sagte er einfach.
Nach einer Weile setzte sie sich neben
ihn.
Also führt uns das Schicksal boch
noch einmal zusammen," sagte sie.
Wer hätte es gedacht! Es sinb nun
gegen achtzehn Jahre her. Weißt Du
noch. Delpit, wo wir rniS zum letzten
Male gesehen haben?"
Er burchstöberte sein Gebächtniß. Er
fand nicht gleich. Seine Erinnerungen
schienen in bem Eise Rußlanbs ringe
froren zu sein.
In Alexandria," fuhr sie fort, auf
dem egyptischen Felbzuge. 1793. Weißt
Du noch? Wir waren in ber arabischen
Kneipe im Matrosenviertcl. Ich sehe
heute noch alles beutlich vor mir. Da
kam bas Nubierweib. Erinnerst Du
Dich? Sie hatte ein grellrothes Tuch
um ben Kopf geschlungen. Wir ließen
uns wahrsagen. Weißt Du noch, was
sie mir sagte? Der ba wirb Dich um
bringen sagte sie, indem sie auf Dich
wies. Haft Du vergessen. Delpit?"
Da verließest Du mich," antwortete
der Soldat, jetzt erinnere ich mich."
Ja, meintest Du, ich hätte Lust,
mich von Dir todtschlagen zu lassen?"
Sie lachte bei diesen Worten.
Ich? Tobtschlagen?" antwortete
Delpit mit einem Blick tiefer Kümmer
niß. Ja. wer weiß!" sagte Lonise. sich zu
einem scherzenbenTone zwingend. Ihr
Männer seid oft so wunberlich. Wer
kann Euch trauen?"
Tann sprachen sie noch eine lange
Zeit von ihren Erlebnissen in ber Zwi
schenzeit. von den Felbzügen in Spa
nien, in Tirol, in Preußen, in Ruß.
lanb. Er lebte wieder auf bei diesen
Erinnerungen. So trafen sie sich fast
alle Tage während ber langen Ueber
fahrt.
Inzwischen hatte sich baS Schiff der
Küste Afrikas genähert. Man unter
schied in der Ferne ganz beutlich die
Sanbhügel der Küste. Eines Nachmit
titf herrschte unter den Offizieren eine
arevf Erreauna. Soeben balle die
Lvtkuna nur fünf Meter Wassertiefe er
geben. Man stürzte zu dein Komman
danteu. der ruhig auf seinem Verdeck
saß. Man zcite ihm die furchtbare
Gekabr. in der daS -chN chmebte
Man forderte ihn auf. den Kurs sofort
zu ändern. Er lächelte überleben. Er
gehörte zu einer der vornehmsten Emi
grantensammen ranireicys. zu jenen
traurigen Gestalten, die in der Vcr
bannung während zweier Jahrzehnte
nichts gelernt und nichts vergeben hat-
ten. Eine Viertelstunde später hörte
man ein laute? Knirschen und Krachen.
Ein langes Zittern flog burch ben höl
zcrncn Leid bes Kolosses. Tie Fregatte
war aus bie Klippen aufgesahren.
Alle Versuche abzukommen waren
vergeblich. AIs bie Edde eintrat, sah
man. daß bas Schiff unrettbar verloren
war. Eine ungeheure Aufregung be
machtigte sich der ganzen Besatzung.
Alles stürzte in die Boote, die mit Mühe
in's Wasser gelassen wurden. Es fan
den etwas mehr als zweihundert darin
Platz. Tie übrigen schienen dem
sicheren Tode preisgegeben. Unter ihnen
befand sich Delpit und die Markctcn
derin. Sie blicken ruhig in dem rings
um sie tobenden Entsetzen. Sie hatten
kein Wort gesagt. Aber jeder von bei
den wußte instinktmäßig, daß sie bei
einander bleiben würden.
Da das Schiff nur langsam Wasser
zog. so machte man sich daran, aus
Balken und Planken ein Floß zu bauen.
Run stürzte alles an die Taue, um sich
herunterzulassen. Auch Delpit und
Louise fanden dort Platz.
In der allgemeinen Bestürzung hatte
man nur ganz unzureichend für Lebens
Mittel gesorgt. Einige Fässer Wein,
etwas Trinkwasscr und ein paar Ton
ncn Mehl wie lange konnten 143
Menschen damit reichen? Jedoch waren
die meisten guten Muths. Tie Küste
war ja nicht weit.
In der Nacht aber erhob sich ein
furchtbares Unwetter. Hohe Wellen
berge rollten heran und versetzten has
Fahrzeug in eine schaukelnde Bewegung.
Während das Bordertheil sich aus dem
ZiZogengebraus haushoch aufrichtete,
tauchte das Hintertheil in ein uner
gründliches Wellenthal ein, und bei
jeder neuen Bewegung durchschnitt ein
vielstimmiges Angstqeschrei die Luft,
das Gebraus der Wogen und bes Stur-
mcs übertönend.
Als es Tag geworden war, sah man,
daß sich die Schaar der Unglücklichen
um etwa 00 vermindert hatte. Aber
auch der größte Theil des Proviants
war sortgesplllt worden! Und was das
Schlimmste war, die beiden Boote, die
das Floß schleppten, waren sammt den
Führern derselben verschwunden.
Wehrlos war das elende Fahrzeug mit
seiner lebendigen Last der Wuth der
Elemente preisgegeben. Im Laufe des
Tages begannen sich die menschlichen
Leidenschaften zu entfesseln. Eine
wilde Schaar von Matrosen und Sol
baten schlug einige Weinfässer ein und
betrank sich bis zur Sinnlosigkeit. In
der folgenden Nacht erhob sich unter den
Trunkenen em furchtbarer Kampf. Mit
Aexten, Säbeln, Bajonetten und Mcs-
fern ging man aufeinander los. ,Tum
pfe Schläge, heisere Flüche, wildes Ge
schrei, wirre Knäuel von Ringenden.
Als die Sonne nächsten Tages das
grauenvolle Schlachtfeld beleuchtete, sah
man, daß nur sechszig diese furchtbare
Nacht überlebt hatten. Dazu waren
alle Waffertonnen. sowie der größte
Theil der Weinfässer in s Meer geschleu-
dert worden. Einige Verzweifelte, de-
nen schon der Wahnsinn aus den Augen
leuchtete, machten Miene, auch daS letzte
Faß Wein in die Wogen zu werfen.
So sollten alle miteinander sterben.
Keiner sollte davon kommen. Besonders
waren es Delpit und die Märkten
derin, die sich den Wahnsinnigen wider
setzten. Sie waren verhältnißmäßig
gut bei Kräften, da die Marketenderin
etwasSchiffszwieback gerettet hatte, von
dem sie jede Nacht heimlich einige Stücke
knabberten.
Noch mehrere Tage dieser furchtbaren
Fahrt und keine Rettung! In einer
Nacht drang von einem Feuer, das
zwei Neger angezündet hatten, ein
eigenthümlich brenzlicher Geruch zu
Delpit und Louise hinüber. Ein
Schauer des Ekels ging durch ihren
Körper. Sie wußten, was die Schwar
zen brieten. Stumm drückten sie sich
die Hände. Trotz des nagenden Hun
gers konnten sie keinen Bissen essen.
Erst als es Tag geworden war, schoben
sie sich verstohlen einen Brocken in den
Mund. Ein unbemerkt in ber Nähe
ftehenber Matrose hatte bies gesehen.
Sofort stürzte er sich mit wildem Ge
schrei auf die Beiden los. Diebe!
Verräther!" schrse er. Anbere folgten.
Es begann eine neue Schlacht, furcht
barer als alle vorhergehenben. In bem
allgemeinen Getümmel wurden zehn er
schlagen und ins Meer geworfen. Louise
war schwer verletzt, Delpit zum Tode
ermattet. Die kärglichen Reste ihres
Borraths waren verschlungen. Sie
hatten nichts mehr.
Eines Morgens hielten die zehn
Männer, bie allein noch unverwunbet
waren, einen Rath ad. Delpit war
unter ihnen. Sie beschlossen, sich ber
zehn anberen zu entlebigen. Dann
konnte der Wein noch drei Tage länger
reichen. Es war, als ob es sich um eine
ganz gewöhnliche Sache handelte. Alle
waren einverstanden. Zwei Italiener
traf das LooS. bie bem Tobe Geweihten
über Bord zu werfen. Sofort machten
sie sich an bie Arbeit. Neun Unglückliche
waren lautlos in den schäumenden
Wellen verschwunden. Nur einer war
noch übrig. E? war die Marketenbcriü.
Tie Henker näherten sich ihr.
Da hörte Telpil plötzlich einen Schrei
Zwei weit ausgerisscne Auge starrten
ih.l entsetzt an. Z'vei Arme reckten sich
vcrzwciselt nach ihm hinüber. Da
sprang er mit mächtigen Schritten zu
ber Geliebten. Er hob sie mit einem
kräftigen Ruck in bie Höbe. Einen
Augenblick sah er in ihr Gesicht. Seine
Lippen berührten bie ihrigen. Sie
lächelte. Dann taumelte er an ben
Rand deZ Flosses. Langsam glitt die
leichte Last aus seinen Armen in die
Fluthen!
Zwei Tage später wurden die Ueber
lebenden von einer französischen Brigg
aufgefunden. Als man den bewußt-
losen Delpit aufhob, um ihn an Bord
zu bringen, schlug er plötzlich die Augen
auf und blickte um sich. Taun riß er
sich auS ben Armen feiner Befreier.
Einen Augenblick später schlugen bie
Wogen rauschend über ihm zusammen
Die Goldsucher.
Humoreske von M a x H , ck i e l d.
Am Klondyle lernten sich zwei aus
gewanderte deutsche Bauern Söhne,
beide etwa dreißig Jahre alt, kenne.
schössen ihre Baarmiltcl zusammen und
pachteten eine Goldniine". Jgnaz
Bierlinger hieß der eine und Thomas
Eggcr ber anbere. Sie schlügen aus
ihrer Mine soviel heraus, als sie zum
Leben brauchte, d. b. Thomas etwas
mehr, denn obgleich sie vereinbart hat
ten, alles Gefundene mit einanber zu
theilen, betrog Thomas seinen Ge
nossen. wo es nur anging. Jgnaz
war nicht auf ben Kopf gefallen und
nierkte es wohl, gab sich aber den An-
schein, als vertraue er dem Kameraben
ganz und gar.
Eine? abends saßen sie beim Lager-
feuer. Jgnaz starrte schweigcnb in die
Flamme, während Thomas allerhand
Geschichten zum Besten gab. Als er
nichts mehr zu erzählen wußte, sagte
er zu Jgnaz: Ja. was ist denn das
mit Tir? Du bist ja seit einigen Tagen
ganz tiefsinnig."
Hab Grund genug bazu. Mir
geht es immer im Kopf herum: wenn
wir bie Mittel hätten, größere Minen
zu kaufen in kurzer Zeit könnten
wir Millionäre sein."
Hahaha! So klug bin ich ichon
lange."
Ja, aber" sagte Jgnaz lang
sam unb zögernb ich habe bie Mit
tel bazu."
Du hast Du bist wohl ?"
Lies hier."
Damit zog Jgnaz ein Schreiben von
einem Advokaten aus der deutschen
Heimath hervor, und aus diesem
Schreiben ging beutlich hervor, daß
Jgnaz von seinem jüngst verstorbenen
Bater ein stattliches Bauerngut geerbt
habe, jeboch mit ber ausdrücklichen Be
dingung, daß er es nicht eher verkaufen
dürfe, als bis er es persönlich über
nommen habe.
Und warum gehst Du nicht hin ?"
Warum?" siel Jgnaz ein., Weil
ich, als ich Abschied nahm, vor allen
Leuten oaheim schwur, nur als Mil
lionär heimzukehren. Soll ich nun als
Bettler vor sie hiiltreten? Und dann,
weißt Du, daheim hab' ich lauter gute
Freunbe. und ich hab' ein gutes Herz,
ich würd' gleich alles verschenken."
Thomas pruste schwelgend das ferd
schafts-Schreiden. Es war mit Stem
peln und Siegeln reichlich versehen, an
der Echtheit konnte gar kein Zweifel
aufkommen.
Wie lang' bist Du von Hause
fort?' fragte er endlich.
Zehn Jahre werden eS fein."
In zehn Jahren kann sich ein
Mensch wohl verändern. Außerdem
sehen wir beide unS ähnlich. Wenn
ich Deine Legitimationspapiere hätt'."
Aha, daran denkst Du! Aber wenn
Du mit meinem Geld durchgehst "
Mein Minen Antheil bl-ibt Dir
als Pfanb. Außerdem erbiete ich mich,
die Reisekosten ganz allein zu beftrei
ten, wenigstens die Hinreise. Zur
Rückfahrt muß Dein Erbe herhalten."
Es dauerte noch einige Tage, bis
Jgnaz sich endlich Überreben ließ. Er
weihte den Kompagnon in alle Fami-lien-
unb Orts-Geheimnisse gründlich
ein.
Als ich abreiste." sagte er. hatte
ich mich mit der Anna Katherin Zeisel
verlobt. Sie war siebzehn Jahre alt
unb bie hübscheste Dirne weit und
breit. Die hat sich die Augen ausge
weint, wie ich fortging, und Verspro
chen hat sie mir. auf mich zu warten.
Dann hab ich noch einen Herzensfreund,
den Joseph Lindner, zu dem mußt Du
geh'n, der wird Dir alles zu Gefallen
thun."
Mit solchen und ähnlichen Anwei
sungen versehen, reifte Thomas Egger
ab und kam glücklich in Bierlinger's
Heimathsort an. Er trat gerade in
dem verhängnißvollen Moment in's
Wirthshaus, als die zahlreich anwesen
den Bauern genug" getrunken hat
ten. Sein Gruß wurde lärmend er
widert. Heda. Wirth!" rief Thomas. Ein
Krügel geb' ich für jeben hier zum
besten auf meine glückliche Heimkehr!
Ich bin der Jgnaz Bierlinger."
Darauf allgemeine Stille. Wirk
lich der Nazi!" rief einer, aber ver
ändert hat er sich in der Zeit."
Wenn er sich nur verändert hätt',
der Hallodri." rief ein zweiter, aber
er schaut noch gerad' so spitzbübisch
drein wie srüher."
.Mit dem Nazi hatt' ich noch was
auszumach
.Ha. der Joseph Lindner kommt,
schrie einer.
.Jo'cph Lindner (" rief Thomas
DaS trifft sich gut. ich bin Dein
Freund, ber Na Bierliuaer.'
.Der Satan ift Dein Freund, Du
Sakra! Hab' schon gehört, daß Du da
bist. Weißt noch, wie Du mir die Anna
Katherin weggeschnappt hast, als ich
schon mit ihr versprochen war? Laßt
aus, Ihr Leut'. jetzt hab' ich meine
--ach mit dem Nazi abzuthun. .'Zum
Ergötzen der Zuschauer legte Joseph
ben falschen Nazi üder's Knie unb ver
adreichte ihm eine Portion Prügel, bie
bem Thomas die Quintessenz alle.s
dessen dunkle, was er als Junge ge-
nossen hatte. Dann warf er ihn mit
einer Armbcwezuna. der man die
Uebung aiimerkte, zur Thüre hinaus.
Mühsam hinkenb schlich Thomas fort.
und lehrte erft wieder in S Wirths
Haus zurück, als die Bauern es ver
lassen hatten. Tort ließ er sich ein
Bett geben, legte sich hinein, ließ sich
von ber alten Magd des Wirthes
Salbe geben, mit der er sich einrieb,
unb schlies bis in den nächsten Tag
hinein. Als er neugettürlt auswachte,
fragte er die Alte, die ihm die Morgen
stippe brachte, od sie nicht die Anna
Katherin Zeisel zu ihm schicken könne.
.Ja. die hat schon nach dir gefragt.
erwiderte die Magd, aber ich hab' sie
nicht 'eingelassen."
Ja, warum beim nicht? Ruf' sie
mir her."
Tie Alte brummte etwas vor sich bin
und ging ab. Bald darauf wurde die
Thüre aufgerissen, ein stämmiges
Frauenzimmer trat ein, packte Thomas
beim Kragen und schüttelte ihn derbe
Ist denn das der Willkommen?'
fragte er, sich ärgerlich losmachend.
Du Erzlump, was haft Tu denn
gedacht? Redst mir vor. Du wirst mich
heirathen, lockst mir mein Erspartes
ab und lüufft dann ton nach Amerika
oder Asien oder wie s da heißt."
Du wirst Alles zurückkriegen. Ich
verkaufe den Hof. den ich von meinem
Vater geerbt hab ."
Anna Katherin riß bie Augen weit
auf und staunte den angeblichen Nazi
an, als ob sie ihn für unsinnig halte.
Dann aber ergriff sie einen Stock, der
in der Ecke stand und bieb aus Thomas
los, als wenn er von Eisen wäre.
Tu Nichtsnutz. Tu Haderlump."
schrie sie. dazu kehrst Tu heim, um Dich
über mich noch lustig zu machen."
..Hör' auf." stöhnte Thomas, da-
gegen war der Joseph nur ein Kind."
Ja, ber Joseph hätte mich genom-
men, wenn Du nicht bazwischen gelom
men wärst. Du , . , "
Und lmmer dichter sielen bie Hiebe.
Enblich gelang es Thomas, ihr zu
entrinnen. Vor der Thüre stand die
Magd, welche nun sagte: Siehst Du
wohl, ,ch wollt sie nicht neinlassen."
Wo wohnt der Schulze?" fragte
Thomas haftig.
Wo er früher wohnte unS gegen
über."
Thomas ging in das gegenüber lie
gende Haus und sah einen alten Mann
auf der Ofenbank sitzen.
Seid Ihr der Schulze?"
Wenn Tu der Nazi Bierlinger bist.
solltest Du mich doch noch kennen."
Schon gut, hier sind meine Papiere
zum Beweis, daß ich es bin. Und hier
ist das Advotatenschreiben, daß ich den
Bauernhof von meinem Vater geerbt
hab' "
Der Schulze wich erft wie erschrocken
zurück, dann lachte er laut auf und griff
zu den Papieren, welche er oberflächlich
durchblätterte.
Schau,- eines wundert mich nur,"
sagte er, bift doch schon eine We.l' hier,
und haft Dir Dein Erbgut noch nicht
angesehen."
Wen geht's was an!" brummte
Thomas, obwohl er dieses Unterlassen
auch als einen Fehler fühlte. Aber wie
hätten ihn die Leute angesehen, wenn
er nach der Lage seines eigenen Vater
Hauses gefragt Hütte!
Der Schulze öffnete das Fenfter und
rief: He, Toni! je, Hannes!" Zwei
Knechte traten ein.
Legt diesen Kunden hier mal auf
die Ofenbank, ich will ihm fünfund
zwanzig aufzählen."
Ehe Thomas noch den Mund zum
Protest öffnen konnte, lag er schon auf
der Bank, von den kräftigen Händen
der Knechte gehalten, und der alte
Mann ließ mit erstaunlicher Kraft den
Neunschwänzigen" auf seinen Rücken
sausen.
Ich werde Euch verklagen," heulte
Thomas, gleich gehe ich zum Aovo
katen." Das wirft Du bleiben lassen, benn
die Papiere hier find alle gefälscht, und
Du bist nichtZder Nazi Bierlinger, dar
auf nehme ich Gift. Ich könnt' Dich
ins Zuchthaus bringen, aber ich feh',
daß man Dich selbst zum Besten ge
habt hat; daher will ich mich begnügen.
Dir einen Denkzettel ertheilt zu haben.
Jetzt geh' und laß Dich bei unS nie
wieder sehen."
Wie Eingang? erwähnt, hatte Tho
mas seinen Compagnon Bierlinger
beim Goldminen-Graben gehörig übers
Ohr gehauen, und auf diese Weise ein
hübsches Sümmchen zurückgelegt. So
behielt er noch mehr als genug, um die
Rückfahrt wieder antreten zu können.
Als er in den Minen Distrikt zurück
gekehrt war. fand er wohl Jgnaz nicht
mehr dort, dagegen seigre? schreiben
von ihm:
.Lieder Thomas! Wahrend Deiner
Adwcscnhkit habe ich an? der Mine
genug hcrauSgezogen. um mir dafür
in der Hcimeth einen Hos kaufen zu
können. Tie Mine enthält aber noch
Gold genug. Ich überlasse sie Tir als
Eiitschäbigung für die unangenehmen
Erfahrungen, die Du gewiß als mein
Stellvertreter gemacht haben wirft.
Viel Glück wünscht Tir Tein Freunb
Jgnaz Bierlinger."
tSSit die Römer apylaudtrte.
Daß bei den Besuchern bes altrömi
schen Theaters Beisallskunbgcbuligeil
etwas liebliches waren, ift bekannt.
Neuerdings hat n,an bei den AuS
grabungen in Pompeji Papyrusrollcn
aufgefunden, die neben anderen iuter
essaiiten Aufschlüssen über das römische
Theater auch Einige über die Alt und
Weise mittheilen, in der man damals
seinen Bcijall zu äußern pflegte. Tie
Rvmaiiwclt" sagt barübcr: Bciner
keiisiveith ist. daß das Thcalcrpublikuni
jener Zeit sich beim Applaud'ren an
eine gewisse IVeihobe hielt und nach ge
wissen Abstufungen seine größere und
geringere Zufriedenheit zu erlcnuen
gab. War man angenehm bcrühit von
der Tarbietung eines Darstellers, dann
schnalzte man mit dem Mittelfinger
und dem Daumen, wollte man de
Darsteller elwas mehr auszeichnen
dann schlug nun mit den ausgeftreckten
gingern der linlcn Hand auf bie de
rechten, woburch etwa ein Ton vie von
an einander geftoßenen irdenen G
schirren hervorgebracht wurde. Diese
Art des Beifalls führte deshalb auch
den Namen tcstae". Eine größere
Gunstbezeigung war es schon, die Hände
flach, und' eine noch bedeutendere, sie
gewölbt aufeinander zu schlagen. Die
höchste Auszeichnung aber bestand darin
baß bie Zuschauer einen Zipfel ihrer
Toga gegen be Darsteller schwenkten
Interessant dabei ist, baß zu diesem
Zweck ber Kalser Aurelia an bie nie
bere Klasse bes Publikums bie keine
Toga tragen bürste kleine Stückchen
Tuch austheilen ließ
Ein, küssende Ratia.
In keinem Theile der Welt ift das
Küssen so allgemein gebräuchlich, wie
in Rußland. Bon der ältesten Zeit her
hat es den landesüblichen Gebrauch
gebildet, und auch heute ift dort der
Kuß weit mehr als eine Begrüßung.
denn als eine Liebkosung anzusehen
Bei öffentlichen Gelegenheiten wie bei
privater Begegnung immer und
überall wird geküßt.
Da küssen sich Väter und Söhne,
küssen alte Generale mit schimmligem
Schnauzbart und küssen sich ganze Re
gimenter. Ja, sogar der Kaiser küßt
seine Offiziere und bei einer Revue
werden eben so viel Küsse ausgetauscht.
wie Schüsse abgegeben. Hat sich ein
Corps kleiner Kadetten die Anerken-
nung des Kaisers erworben, so wird
der kaiserliche Gruß dem anführenden
Knaben zu Theil, der ihn in herz
lichster Weise seinem Nachbar.' dieser
wieder dem Nächsten u. s. s. weiter
giebt, bis sich die ganze jugendliche
chaar geküßt hat.
Nach einer Unmenge solcher intimer
Begrüßungen zu schließen, müßten die
Ehen in höheren Gesellschaftskrelfen
wirklich Muster häuslichen Glücks sein
Der Mann betritt oder verläßt nämlich
kaum jemals ein Zimme, ohne seine
Gattin auf die Stirne, Wange od die
Hand zu küssen
Scherzfrage.
flTiofAon Wlernthertt rtirtifit firfi TW
W4Wfi.i i(iu v mwHfi 'f 'ifc
ionin Irfiiilhin rnelfatr in Stnfirrrth fi
JllllV V.Vt, fc.v V. tv vw
Ci . Ml. 4.14 (Tv..-
gi, uuei r iiui iciicu ucuupiv jttt
.-rxrnt:!
yuyiiuniuii .
Mas kann man Demieniae mt Last
legen, der sein Rad durch eine belebte
Straße führt? Oessentllche Räbels-
uhrerel .
Was thun zwei Rabfabrer. welche
insolae einer bemaen Eollinon lbre
Räber zertrümmern? Sie rabe-
brechen , oyne oen 'cuno aurzuiyun.
Ulrtic j phn tsMPtt hPttctit itnitmcn
der Kleidung eines Radlers und seiner
wviwv .v v I v V 0 I 1
CM rjs' .sl CM'W. Ct . s a
Maiqinek eioe iino oes aoiers
Fahrzeug".
Was gilt von Jemand, der während
der Fahrt tüchtig in Schweiß geräth?
Er kommt in sein Fahrwasser".
Warum gehören die Radfahrer zu
den kenntnißreichften Leuten? Weil
sie Aller erfahren" müssen.
Unniithige Vorsicht.
Vater: Karlchen, ich hoffe, daß Du
in der Penston keine Schweinewurft
ßt, eS könnten leicht Trichinen dann
ein!"
Karlchcn: Ach. die schaden mir
nicht, die Frau Professor schneidet die
Wurst so dünn, daß die Trichinen alle
zerschnitten werden."
Das Leben ift nicht so kurz, daß
man nicht immer noch Zeit zur Höflich-
keit hätte.
Lob befruchtet die Seele, wie den
Acker milder Regen, damit die Saat im
ersten Wüchse nicht sterbe.
Wer sich an seine eigene Kindheit
nicht beutlich erinnert, ift ein schlechter
Erzieher.
Selbst der bescheibenfte Mensch hält
mehr von sich, als sein bester Freund
von ihm hält.
Vu 3uvlf 2U0!MK
JnrtH kViln K Snr'ii h'f fs.tl
,..., ff 1 . 1 il V VU(llV il .'UV UUV,
Uin jeder hat seinen eigenen Stand!
! Tiifc 'VÜÄ riifitt.i mirs iifm.i.tit
' ..- .'.'N ),...,.,
T(x liebe Gott sie streng bewacht.
Der Januar, ein prengcr Held,
Bedeckt mit Schnee unb Eis das Feltzi
Die Winde wehen eifiz kalt.
Und tiefer Friebe herrscht im Wdb.
Der Februar kommt, wie Mannt,
Mit Earneoal in Stabt und Land:
Im Ballsaal führet Lohcngrin"
Zum icinj bie Italienerin".
Tcr März thaut wieder weg btn
Schnee:
Tie Weide reckt sich in die Höh',
Der Frühling tritt hervor und lacht:
Schneeglöckchen! Schnell nun aus
gewacht! Als wilder Mann" herrscht der April,
Er spricht: Ich mach', wie ich es will!"
Was er durch Sonne lockt herbei.
Schlägt er burch Hagel oft entzwei.
TX'r M a i mit lieblichem Gesicht
Maiglöckchen in die Wiese fl,cht:
Der Lenz erwacht vom Wiiitcrtraum.
Das Vöglein baut sein Nest im Bau.
Der Juni lockt uns in den Wald,
Wo hell der 'hor der Sänger schallt:
Klein Häschen lebt in Saus und BeauS.
Lacht obendrein die Jäger aus.
Der Juli kommt in leichter Tracht,
Hat Ferien uns mitgebracht.
Und da er heiß am Leib unS brennt.
Geh' wir in's nasse Element.
August, dcr führt im Erntckrunz
Tie Schnitterin zum frohen Tanz:
Tie Erde lohnt mit hohem Preis
Tem Landmann seinen sauren Schweiß.
September kommt beladen schwer
Tcr Aepsclsack. dcr drückt ihn schr.
Und Pflaumen, wie die Eier groß.
Legt er den Kindern in den Schooß.
Oktober kehrt beim Winzer ein
Und füllt den K.Äcr ihm voll Wein.
Damit, wenn wir einst werden krank,
Uns laben an dem kraft'gen Trank.
Kommt der Novem ber in das Land,
Kriegt's Häschen eins auf's Fell g,
drannt; Eh' Lampe sich im Kohl versteckt.
Hat ihn dcr Jäger schon entdeckt.
Deze m ber kommt mitEhristkindlein,
Zu schmücken Schloß und Kämmerlein.
Und Engclsstimmcn flüstern leiS:
Dem Herrn sei Ehre, Lob und Preis!"
Und sind sie wieder all' zu Haus
Vereinigt beim Sylvesterschmaus,
Dann tlitt bas Neujahr vor uns sagt:
Ihr habt es Alle gut gemacht!"
Auch ein lieirathsantrag.
Fräulein: Ich habe jeden Tag leb
Dollars zu verzehren!"
Herr (schüchtern): Sollten davo
nicht zwei Personen leben können, gn
digeö Fräulein?"
Auch ein Gebrechlicher.
Tu bettelst also nicht an eine
Orte, sondern balb hier, bald dort?"
Lahmer Bettler: Jawohl, ich bettle
als fliegender Lahmer."
Gatten-Voslzeit.
Gattin: ..Wir brauen find nun ei-
mal Räthsel!"
Gatte ldeen Frau falsche aa.'
Zähne u. s. w. hat): Na, Du bi?
jedenfalls eins, das sich jeden Abend
selbst auflöst."
Diagnose.
Ich weiß nicht, was das ift. Herr
Doktor, mein Mann spricht immer im
Schlafe!"
Ach, gönnen Sie ihm daS er
wird wohl bei Tag nie recht zu Work
kommen!"
NtoSerne .ingkeit.
Gatrin (Abends in der Zeituna
lesend): Hier im Morgenblatt' steht
ja Fräulein Jdas Berlobungsanzeigek"
walte: und hier im Abendblatt"
les' ich gerade die Auslösung!"
Auriose Ehrlichkeit.
?!ch hab' dem Eckarts Ifi
Mark geliehen. Glaubst Du. daß ich'
zurückbekomm'?"
O, der Schorschl ist eine ebrlicie
Haut auf den kannst Du Dich ver
lassen!.... Der zahlt's zurück, und
wenn e?'s ftehlen müßt'!"
Nobel.
Herr Kommerzienrath, sie sind trirk-
lich großartig eingerichtet!"
Ich sag' Jhne', sogar unser Laub
rosch hat e' Marmor-Treppche'!"
Unbedacht.
Wirth (entrüstet): Wie. ein Mark
st Ihnen zu theuer für den Hasenbra-
ten?".,,. Sie benken wohl, bei uns
lettcrn bie Hasen nur so zum Dach
enfter herein?"
Pim Nndelmei auf dem Ball.
Kellner, der Champagner ift nicht
kalt genug der musizirt zu stark!"
Bosdaft Replik.
Alte Kokette: O. mich wollte
auch schon 'mal Einer entführen!"
Herr: Das kann aber doch nur ein
Lämmergeier gewesen sein!"
Alt werden heißt sehend werden.
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