Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 10, 1901, Image 12

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5 I r.
1.
fluii 6': itn cot:
FajntUtWancnbirgtjidt!;
K. gsrath. Man bis'utirtt über eins
bccii wich'ige Frage: die Hnrath
drr kinz'grn Torbter b utife3, i'.ud
UiMt tränn Mei.iung;verlchiedenheiten
zu Inas.
Aber ich versichere Tlch, Papa, ei
ist ein reizender Mensch und ich
liebe ihn!" erklärte Fräulein Ruth
emphatisch.
Jawohl, lieber Mann, Herr galt
ist ein sehr netter, angenehmer, intel
ligenter, distinguirter junger Mann.
Während der sechs Wochen, die wie zu
sinn men im Strandhotil zu Nordcrney
Verlebt, ist der gute Eindruck, den er
auf mich gemacht, keinen Moment ge
wichen."
Toch Herr Waldcnbcrg schien leine
wegs überzeugt.
' ,Tas mag Alles sein," meinte er
Aber wenn Ihr mit Jemand in benr
selben Hotel logirt und dieser Jemand
Euch gefallen hat, so ist damit noch
lange nicht gesagt, daß es auch ein
Ehrenmann ift. Ja, hätte ich Euch
diesen Sommer begleiten und mir per
sönlich ein Urtheil über ihn bilden kön
ncn. so wäre es etwas Anderes gewesen.
Männer haben einen schärferen Blick
als Frauen, und ich hätte schon derstan
den, seine wahre Natur zu ergründen.
Jedenfalls werde ich erst Referenzen
über ihn einziehen, ehe ich ihm eine
entscheidende Antwort gebe. Nicht
wahr, Julius?" wandte Herr Waiden
derg sich an feinen ihm gegenübersitzen
den Bruder.
Jawohl selbstverständlich!"
nickte dieser.. Darin bin ich ganz Tei
ner Meinung. Man engagirt doch nicht
einmal eine Köchin..ohne sich nach Mög
lichkcit über ihre Vertrauenswürdigkeit
zu informiren und sollte sich ohne wei
teres einen Schwiegersohn zulegen, ohne
Gewißheit darüber zu verschaffen, daß
man es nicht etwa mit einem Spitz
buben zu hat!"
Nun galt es also, Erkundigungen
über Herrn Falk einzuziehen. Ader auf
welche Weise? Man hatte keine gemein
samen Freunde, an die man sich wenden
konnte. Merkwürdigerweise hatten die
Tarnen, trotz ihres wochenlangen Bei
fammenseins mit dem jungen Manne,
der doch ebenfalls in der Berliner Ge
fellschaft bekannt sein mußte, niemals
' irgendwelche gemeinsame Beziehungen
entdeckt.
Wir werden uns an ein AuZkunfts
büreau wenden müssen meinte Herr
Waldenberg.
Doch Onkel Julius schüttelte den
Kopf.
Allzu unzuverlässig, diese Büreaus.
Nein, mein Lieber das Beste wäre,
uns selbst damit zu befassen."
Und wie denn?"
Morgen werde ich zu ihm gehen."
Aber wenn er nicht zu Hause ift?"
Das thut nichts. Sein Diener oder
seine Dienerin werden mir öffnen
ein Zmanzigmarkstück wird ihn oder sie
beredt machen."
Freilich, freilich! Aber an
genommen, daß Falk im Falle wir
seine Bewerbung genehmigen sollten
durch Zufall' erfährt, welche? Miß
trauen mir gegen ihn gehegt, und daß
Du, der Oheim, feine Dienerschaft
ausgeforscht hast?"
Aber Alter, werde ich denn so
dumm sein, meinen Namen zu nennen?
Und natürlich werde ich mich nicht eher
in seine Wohnung begeben, ehe ich
mich von seiner Abwesenheit überzeugt
habe."
Nun gut, ich gebe Dir "cart?
blanche", lieber Julius."
Also auf morgen, lieber Theodor.
Dann sollst Du die gewünschten Re
ferenzen haben."
2.
Zwei Monate waren vergangen, seit
Ernst Falk aus Norderney zurückge
kehrt, wo er. Dank dem Beisammensein
mit Ruth, einen köstlichen Sommer
verlebt hatte. In dem Wahne, daß
seine Liebe von dein Gegenstande er
widert würde, hatte er während der
ersten Zeit nach seiner Rückkehr im
Glückstranm geschwelgt, gehofft, daß
Frau Waldenberg den ihr gesandten
Brief, worin er ihr von seiner Liebe für
Ruth gesprochen, beantworten, ihn auf
fordern würde, ihr einen Besuch und
bei dieser Gelegenheit die Bekanntschaft
ihres Gatten zu machen; kurzum, daß
sie ihm zu verstehen geben würde, daß
seiner Bewerbung um Ruth's Hand
nichts im Wege stünde. Doch leider
mußte er bald die Eitelkeit seiner Hoff
nungen erkennen.
Keine Antwort! Der schlagendste Be
weis, daß eine Annäherung seinerseits
nicht erwünscht war; sei es. daß Ruth
selbst anderen Sinnes geworden war.
oder daß die Rathschläge ihrer Ellern
bestimmend auf sie gewirkt hatten.
Andere junge Männer hätten sich mit
einem "La raine est rnorte, vive
la raine!" über diese Enttäuschung
hinweggesetzt. Und Falk, der zwar
keine Reichthümer, doch eine vorzügliche
'Stellung - und ein sehr angenehmes
Aeußere besaß, hätte es an Gelegenheit
dazu nicht gefehlt.
Falk aber liebte Ruth aufrichtig,
rnd da er sie nicht erringen konnte, so
er entschl offen, unvermählt zu
Und um den mannigfachen
' un wohlmeinender Mütter.
Onkeln zu entgehen und
a.
bleibe u
Bemuhuu,,
Tanten und
denselben ein für aieincl klar zu
machen, daß sie fortan auf ihn nicht zu
zählen bitten, trollte er Berlin für
einige Zeit verlasien. Vo:; d, n neuen,
wechselvollen Eindrücke:, d.r Reiie er
hoste er Zerstreuung. Linderung seines
Herzwb?. Jnkolsiedesie?-, halte er sich
bei einem renommirte. Erporthause
um eine Anstellung als Repräsentanz
der Firma im Auslande beworben und
dieselbe erhalten.
Es w.:r zwei icn Der seiner Afc
iei'e, und Ernst Falk mit dem Lackcn
und Ordnen seiner Sachen beschäftigt,
eine Arbeit, die er seiner ältlichen,
etwa? undehrlsenkn Aufrvärterin nicht
überlaffen mochte. Er hatte dem Por
tier sagen lassen, daß er für Niemand
zu sprechen sei. nd war nun, angethan
mit einer großen Küchcnschiirze, die er
zur Schonung eines Anzuges umgelegt,
gerade im Begriff, seine reichhaltig, j
Bibliothek abzustauben und zu der-
packe, als plötzlich die Glocke ertönte
Nanu!" dachte er, wer kann das
sei? Ich habe dem Portier doch aus
drücklich erklärt, daß ich für Niemand
zu Hause bin. Wahrscheinlich Jemand,
der sich in der Etage geirrt hat. Nun,
geönnet wird jedenfalls nicht."
Abermaliges Läuten, doch diesmal
stärker, imperatorischer.
Ich muß doch mal sehen, wer t
ist, dachte Falk. Jst s einer meiner
Bekannten, nun so wird er das hier
herrschende Ehaos. im Hinblick auf
meine bevorstehende Abreise, begreiflich
sinken, und ist's ein Fremder, so sag'
ich ihm einfach: Herr Falk ift ausge
gangen, und man hält mich für seinen
Kammerdiener."
Beim Oeffnen fand Ernst sich einem
kleinen, ältlichen, kahlköpsigen Herrn
gegenüber.
Sie wünschen, mein Herr?"
Herr Falk zu sprechen."
Die auf Ernst? Lippen schwebende
Bemerkung er ist ausgegangen", ward
ihm jäh abgeschnitten.
Ja, ich weiß, er ift ausgegang"n."
fuhr der Fremde fort. Aber das hat
nichts zu sagen im Gegentheil
deswegen bin ich eben heraufgekom-
men.
Mit dem scheint es nicht richtig zu
sein," dachte Falk.
Sie sind natürlich sein Diener. . . .
sehr gut denn mit Ihnen habe ich
ebenfalls zu reden, einige Auskünfte
von Ihnen zu erbitten."
Er zog ein Goldstück aus der Westen
tasche und ließ es in Falls Hand glei
ten. Für Sie Freundchen nehmen
Sie Und nun beantworten Sie mir
gefälligst einige Fragen."
Falk zögerte. Was thun? Dem alten
Herrn das Goldstück vor die Füße wer
fe? Das wäre eine Grobheit gewesen.
Es ihm wiedergeben und seinen Na
men und Art bekennen? Das wäre
für beide Theile gewagt. Das Beste
war, seine Rolle weiter zu spielen,
schon um zu erfahren, um was es sich
handelte.
' Bitte treten Sie näher, mein
Herr!" sagte er. und führte den Gast in
seinen Salon, mitten unter seine auf
gestapelten Bücherberge.
Der alte Herr setzte sich und begann
in jovialem Tone: Sind Sie schon
lange in Herrn Falls Diensten?"
Bier Jahre." versetzte Ernst auf gut
Glück.
Bier Jahre?.... Ah. das ift heut
zutage , eine Seltenheit. Es muß also
ein guter Herr sein, wie?"
Er zögerte einen Augenblick mit der
Antwort. Tann aber dachte er; Pah.
was riskire ich denn dabei?"
O, ein ganz vortrefflicher Herr,"
erklärte er sodann, während er sich im
Stillen den'Kopf darüber zerbrach, was
diesen, alten Herrn wohl veranlaffen
mochte. Erkundigungen über ihn einzu
ziehen. Plötzlich kam ihm eine Idee.
Ich hab's!. . .. Ja. das wird es
sein! Irgend ein Abgesandter des
Exporthauses! Ehe der Chef den
Kontrakt unterschreibt, will er vor
sichtshalber noch einige Informationen
hinsichtlich meiner Vertrauenswürdigkeit
einziehen."
Und zur Beruhigung seines Gewis
sens gelobte er sich, das Verhör sireng
der Wahrheit gemäß zu beantworten.
Nun er einmal angefangen, sich für
seinen Bedienten auszugeben, blieb ihm
keine Wahl.
Der alte Herr ließ forschend den
Blick im Zimmer umherschweifen. Sie
meinen also, daß Herr Falk ein vor
trefflicher Herr ist?"
Jawohl."
. Sein Privatleben?"
Durchaus anstündig. solide und ge
regelt," versetzte Ernft. nur mit Mühe
das Lachen verbeißend.
Jähzornig?" fragte der alte Herr
weiter.
Aufbrausend?"
Kein Gedanke. Er ist der friedfer
tigste Mensch der Welt."
Aber wenn es nun einmal zu
Mißhelligkeiten zmischenJhnen kommt?"
Das ist noch niemals dagewesen.
Wir sind stets gleicher Meinung."
Ah. ausgezeichnet ! Das spricht so
wohl für den Herrn, als für den Die
ner. Dann würden Sie also wohl
kaum zu bewegen sein, Herrn Falk zu
verlassen?"
Falk vermochte kaum seinen Ernft zu
wahren. O, mein Herr, den Tag, an
oem ich mich von ihm trennen mußte.
würde ich schwerlich überleben und
er wohl auch nicht."
Weiterer Auskunft glaubte Onkel
JuliuS wohl nicht zu bedürfen.
..Wie da Herr, so der Knecht!" av;t
das Sprüchwort. Wer sich eine solche
Anhänglichkeit und Ergebenheit zu j?
werden vermocht, muß ei:: ajserlfffr.sr
Mensch sein."
Im Hi,'.au-ghn ließ er in der Bc
fricdigung seines Herzens noch ein
zweites Goldstück in des verdutzten Ernft
Hand gleiten und eilte dann hastig die
Treppe hinab, hocherfreut, seiner lie
ben Nichte so gute Kunde dringen
können.
3.
.Nun?" klang es ihm bei feiner An
kunft von allen Seiten entgegen.
Viktoria!" rief er. seinen Hut
schwenkend. Alles vortrefflich. Eha
r.:kter, Moral. Solidität, kurz AllcS.
Tu kannst ihm ruhig leine Tochter
geben. Theodor. Ja, angesichts seiner
vorzüglichen Eigenschasten ist es wahr
haftig schade, daß Tu nur eine Tochter
zu vergeben hast. Hattest Tu zwei.
so würde ich sagen : Gieb sie ihm alle
Beide."
Allgemeine Bewegung. Glückstrah
lend umarmte Ruth der Reihe nach
Vater. Mutter und Onkel.
Schnell. Papa, schnell, geh' zu ihm
oder schreibe ihm, daß er sogleich her
kommt!"
Jawohl, mein Kind, was soll ge
fchchen. Nun zögere ich keinen Augen
blick länger. Ich will ihn morgen zum
Diner einladen."
Des Onkels Miene umwölkte sich.
.Wie schade, daß ich morgen früh ab-
reisen muß! Wie gerne hätte ich bei
dieser Gelegenheit die Bekanntschaft
dieses ausgezeichneten Menschen ge
macht!" Aber zu unserer Hochzeit kommst
Tu doch wieder. Onkelchen?"
Natürlich."
4.
Das Weitere ift leicht zu errathen.
Welch ein glücklicher Zufall, daß
mein Kontrakt noch nicht unterzeichnet
ift!" dachte Ernst beim Empfang der
im freundlichsten Tone gehaltenen Ein-
ladung. Natürlich beeilte er sich, die
eingegangene Verbindung schleunigst
zu lösen. Daß die Exportsirma Alles
i aufbot, um ihn zu halten, war ihm in
Anbetracht der günstigen Auskunft, die
man durch seinen Diener erhallen,
nicht verwunderlich. Ernft amüsirtc sich
innerlich über diese harmlose Strategie,
die nun. infolge der veränderten Sach
lage, ganz unnütz geworden, während
er Toilette machte, nm sich dorthin zu
begeben, wo das Glück seiner harrte.
Mein Herr." sagte Waldenderg bei
der Begrüßung, ich weiß, welch gün
ftigen Eindruck Sie in Nordernet) auf
meine Töchter gemacht haben, die beide
den Wunsch hegen, die freundlichen Be
Ziehungen zu Ihnen zu unterhalten,
und ich würde mich freuen, wenn es
Ihnen bei uns gefallen sollte. Seien
Sie uns also herzlich willkommen."
Man kann sich denken, mit welchen
Gefühlen unser Verliebter diese der
heißungSvollen Worte vernahm.
5.
Nach sechswöchentlicher Brautzeit ist
der Hochzeitstag angebrochen. Der über
glückliche Bräutigam hat sich schon früh
zeitig im Hochzeitshause eingesunken.
Doch ein leiser Schatten drohte heute
sein Glück zu trüben. Onkel Julius
soll sogleich anlangen. Und dann . . .
welches Tableau! Ernst hat zwar
keine ausgesprochene Furcht, da er sich
von seiner Braut angebetet, von seinen
Schwiegereltern, die mittlerweile Gele
genheit gehabt, sich von der Ehrenhaf
tigkeit seines Charakters und Lebens
Wandels zu überzeugen, geliebt und ge
schützt weiß. Doch immerhin. . . welch
mißliche Situation, welch peinliche
Auseinanoersetzung. noch dazu an sei
nem Hochzeitstage! -
Der wichtige Moment ist gekom
men Man will zum Staudesamt
fahren.
Und Onkel Julius?" fragt Ruth
ihren Vater. Ist er noch immer nicht
da?"
Nein, ich habe soeben eine Depesche
erhalten. Sein Zug hat einezweistün
dige Verspätung. Wir müncn ohne
ihn zum Standesamt."
Und so geschieht es, zu Ernst's
wesentlicher Erleichterung.
Als die Neuvermählten vom Stau
desamt in's Hochzeitshaus zurückkehren,
ist der Onkel Julius soeben angelangt.
Bei Falk'S Anblick bricht ein
Zchreckcnslant von seinen Lippen.
Krampfhaft packt er seines Bruders
Arm. '
Theodor, was hast Du gethan?"
ruft er in Tönen des Entsetzens. Tu
hast Deine Tochter einem Bedienten
gegeben!"
Allgemeine Sensation.
Doch die Sache wird aufgeklärt und
endet mit allseitiger Heiterkeit, als
Ruth jetzt Frau Falk lächelnd be- j
merkt:
Ja, ja. Onkelchen, der gerade Weg
bleibt allzeit der beste. Welches Glück,
daß Du gleich an die richtige Adresse
gerathen bist. Ein Anderer hätte mei
nem Ernft vielleicht fälschlich Böses
nachgesagt. Dann aber wäre ich un
tröstlich und heute schwerlich seine .Frau
geworden. Das beste un sicherste Mit
tel, zu guten Referenzen zu gelangen
ift sie selbst zu ertheilen!"
Nebenbei eine sehr lukrative Sache,"
iügte Ernst, im Gedanken an die drei
Goldstücke, hinzu.
kandftnicher-k?uinor.
Gendarm (zum Landstreicher): Kün
nen Sie sich ausweisen?"
Landstreicher: Nee. ick werde blos
liberall ausgewiesen."
(Brekdvn erste 2oisc.
Ein lauter Sensur der Ungeduld er
tonte in einem Abtheil der zweite:, Wa
genllassc eines Schnellzuge. Ein jun
ges. kaum siebzehnjähriges Machen
hatte diesen Seufzer ausgcftoßcn. Ach.
wie langweilig war doch solch eine Ei
,'enbahnfahrt, von der sich die kleine
Grete so viel versprochen hatte! Sie
halte sich zum ersten Mal von ihren El
tern getrennt, um der Einladung eines
Onkels auf dem Lande zu folgen, und
die erste selbständige Reise mit großen
Erwartungen angetreten. Die Eltern
hatten sie dringend ermähnt, sich mit
keinem Fremden in ein Gespräch einzu
laden. Nun, zum Uebertrcten dieser
Porschrift war ihr hier keine Gelegen
heit geboten, denn sie saß ganz allein in
dem Abtheil. Und sie hatte doch eine so
große ebnsucht nach einem Rceab?n-
teuer! Die ganze Romantik eines
blutjungen Mädchenhenens spann ihre
Zauberfüden über ihr Sinnen, als sie
in die langweilige Landschaft hinaus
blickte, durch die der keuchende Zug
eilte.
mn greucr vnrf . er Zug lies in
die letzte Station vor ihrem Reiseziel
ein. Grete steckte ihr hübsches Köpfchen
zum vcnfter hinaus nd schaute mit
luftigen braunen Augen umher. Ihr
Blick blieb auf einem jungen Mann
haften, der mit einem Handköfferchen
auf den Bahnsteig trat. Sie war höch
lich interessier, als der junge, stattlich
aussehende Herr langsam den Zug ent
lang schritt. Jetzt hält er gegenüber
ihrer Thür an und stellt sein Köfferchcn
neben sich auf die Erde.
Ob er wohl mitfahren und vielleicht
gar zu ihr einsteigen würde? Das wäre
doch gar zu nett und würde sie entschü
digen für die bisher so langweilig der
laufene Reise. Sie trat erwartungsvoll
etwas von der Thür zurück, um ihn ein
steigen zu lassen. Toch leider schien er
gar nicht diese Absicht zu haben, denn
der den Zug entlang gehende Schaffner,
schlug bereits die offen stehenden Thü
ren wieder zu, und noch immer blieb der
hübsche lunge Herr gleichgiltig stehen
und würdigte die ihm bereitwillig Platz
machende Grete nicht einmal eines
Blickes. Das war doch wirtlich ärgerlich
und verletzte stark ihre Eitelkeit. So
ganz zu übersehen war sie doch eigcnt-
ich nicht mit ihrer hohen schlanken Ge
ftalt und dem von einer Fülle braun
goldigen Haares umgebenen frischen
Gesicht, in dem die strahlenden braunen
Augen besonders ausfielen.
Jetzt setzte sich der Zug langsam in
Bewegung, und da endlich ließ der
Herr seinen Blick wohlgefällig und gut
wüthig lächelnd auf ihr ruhen. Gretes
Unmuth war aufs höchste erregt. Was
hatte dieser eingebildete alberne Fant
nun auch noch zu lächeln, als ob er ihre
Gedanken durchschaut hätte und sich des
Eindrucks voll bewußt wäre, den er auf
sie gemacht hatte. Diese Einbildung
sollte ihm doch genommen werden. Und
noch einmal beugt sie sich aus dem
Fenster und streckt ihm blitzschnell ihre
Zunge, so lang sie ist. heraus. . . Noch
sieht sie, wie er sie erschrocken und ver
wundert anstarrt, dann lehnt sie sich
mit eincm.Gcfühl der Genugthuung in
die Polster zurück.
Da wird sie durch die plötzliche Rück
wärtsbewegung des Zuges erschreckt.
Was bedeutet denn das? Sollte ein
Unglück passirt sein? Der Zug läuft
immer weiter zurück; da ist schon wieder
das kleine Stationsgebäude, das man
ja eben erst verlassen hat. Mein Gott,
da steht ja auch noch immer der Herr,
dem sie die Zunge herausgestreckt hat!
Eine furchtbare Ahnung durchfährt sie.
Der Zug ist nur aus ein anderes Gleis
gefahren und scheint auf dem Bahnhof
noch länger halten zu wollen. Gewiß
wird sie nun der schwer beleidigte Herr
zur Rechenschaft ziehen! Da wird die
Thür aufgerissen. Ein schwarzer
Schleier breitet sich vor ihre Augen.
Sie hört, wie Jemand hineinspringt,
die Tbür zuschlägt und sich gleich darauf j
der Zug in Bewegung setzt.
Ihr Herz klopft heftig und glühende
Röthe bedeckt ihr Gesicht. Aenastlich
verharrt sie mit gesenktem Antlik und;
erwartet einen zornigen Tadel ihres
eneymen.
Doch Minute auf Minute verrinnt,
und kein Laut durchbricht die beängfti-
gende stille.
Da hebt sie endlich langsam den
Kopf und sieht scheu und flehend nach
dem gekränkten Herrn.
Ernft und forschend ruht sein Blick
auf ihr; doch sehr erzürnt scheint er
nicht zu sein, denn unbefangen, wenn
auch kühl und gemessen dringt jetzt seine
Frage an ihr Ohr:
..Gnädiges Fräulein reisen ganz
allein?"
Tief aufathmend und innerlich in
Gatt sei Dank stammelnd, richtet sie sich
auf und wendet ihm ihr hübsches Ge
sicht voll zu:
Ach ja. leider," seuszt sie, zum
ersten Male in meinem Leben. Ich
hatte mir das eigentlich ganz anders
gedacht und mich furchtbar darauf ge
freut. Aber nun bin ich sehr enttäuscht,
denn es war gräßlich langweilig, so
ganz allein zu reisen. Doch nun bin
ich bald erlöst, denn in Biesendorf steige
ich bereits aus."
So. schon in Bieikndorf? lautet die
kurze Entgegnung.
Ja. aber da bleibe ich nicht. Ich
fahre zu meinem Onkel zum Besuch
nach Schönweide. In Biesendorf werde
ich von einem alten Diener und dem
Wagen
turnn. u un van:: a:m i in
iurztt .".i naq cajü::wc!0e. idXen Nollegien: N::::, rri' ueUlU
wird'S wundersoL werden: ich will t ) Jhrm: htr. ras ich Ihnen UhvII
ten und fahren und mit dc .unbrii bcM" l.-i.ii har-r.if f.- - ... ;7M
spielen und in die Sialle und Scheunen
gehen. Der Zag wird viel zu kurz sein
sür all die Herrlichkeit."
Erschrocken hält sie plötzlich in ihrem
lebhaften Geplauder inne und erinnert
sich der Ermahnungen ihrer Eltern.
Nein, wie konnte sie sich nur wieoer so
vergessen und durch ihre Lebhaftigkeit
hinreißen lassen und noch dazu diesem
Herrn gegenüber, der ja garnicht auf
ihr G, sprach einging und ihr doch wohl
noq zurnre wegen lyres ungezogenen!
Lenchmni. Beunruhigt durch' den!
strengen Ausdruck seines Gesichte'?, wen-
det sie sich wieder dem Fenster zu und i
starrt hinaus.
Endlich ertönt ein Ps!?s, und der
Zug verringert seine Geschwindigkeit.
Wie erlöst springt sie auf. ordnet,
ohne einen Blick auf ihren Mitreisen
den. Hutschachtel, Handtasche und
Schirmrolle und wendet sich zögernd
der Thür zu.
Da legt sich schwer nd gewichtig eine
Hand auf ihre Schulter, und die furcht
baren Worte dringen an ihr Ohr:
Mein Fräulein, ich verhafte sie im
Namen des Gesetzes."
Verständnißlos starrte sie dem Herrn
in's Gesicht: Was wollen Sie. ich ver
stehe Sie nicht."
Ich bin leider in der unangenehmen
Lage. Sie verhaften zu müssen. Ich
bin Kriminalbeamter. Ihr Ankunft
ist mir signalisirt worden, und ich bitte
Sie. mir jetzt, um jedes unnöthige
Aufsehen zu vermeiden, willig bis zum
Wagen zu folgen. Alles andere findet
sich später."
Entsetzt und fassungslos sinkt sie auf
den Sitz zurück und bricht in lautes
Schluchzen aus. Aber ich bitte Sie.
mein Herr, das ist ja doch Unsinn, Sie
irren sich; ich bin ja vollständig un
schuldig... ich habe doch nichts gethan
außer, daß ich Ihnen die Zunge
herausgeftreckt habe."
Davon ist hier garnicht die Rede.
Was Sie sonst noch gethan haben,
werden Sie wohl selbst am besten
wissen. Ob Sie schuldig oder unschul
big sind, wird sich bald herausstellen.
Nun aber. mß ich Sie dringend bit
ten, auszufteigcn; es liegt in Ihrem
eigenen Interesse, mir gutwillig zu
folgen."
Und er faßt sie am Arm und hilft
der wie betäubt alles mit sich geschehen
Lassenden beim Anssteigen. Wie durch
einen Nebel sieht sie. daß ein älterer
Mann, ehrerbietig grüßend, auf sie zu
tritt, von ihrem Begleiter in ein kurzes
Gespräch gezogen wird und sich dann
mit ihrem Gepäck beladet. Wahrschein
lich ein Gehilfe des Beamten.
So. mein Fräulein, jetzt kommen
Sie bitte zum Wagen."
Sie fühlt sich einer Ohnmacht nahe
und läßt sich, ohne Widerstand leisten
zu können, wankend an den sie erstaunt
anblickenden Beamten vorbei zum
Wagen führen. Der Begleiter setzt
sich neben sie. der Schlag fällt zu,
und in schnellem Tempo rasselt das
Gefährt über das holperige Pflaftcr
davon.
Völlig gebrochen und haltlos lehnt
sie zusammengesunken in der Ecke und
schluchzt in ihr Taschentuch. Sie ver
mag nicht mehr, über die letzten Ereig
niffe nachzudenken und ihre Umgebung
in Augenschein zu nehmen, sonst Hütte
ihr der theils beluftigte theils Mitleids
und reuevolle Blick auffallen müssen.
mit dem sie der Kriminalist betrachtet.
Sie wird erst aus ihrer Betäubung
aufgerüttelt, als der Wagen plötzlich
anbält. Schaudernd drückt sie das
Taschentuch fester- an die Augen, in
dem Glauben, daß sie nun in's Ge-
fängniß geführt werden wird. Oh. die
Schande kann sie nicht überleben
Nanu. Grete. was ist denn das.
in Thränen ausgelöst? Guten Tag.
Botho, erkläre mir doch nur, was ist
denn passirt? Na, das ist ja ein netter
Einzug!"
Grete läßt die Hünoe vom Gesicht
sinken, und als ob sie einen Geist er
blickt, starrt sie dem den Schlag öffnen
den Onkel in's Gesicht. Mit einem
Schrei der Erlösung und des Ent-
,Men
springt sie auf und hangt zit-
ternd und schluchzend an seinem Halse
Ader Grete. um Gotteswillen. was
ist denn los? Beruhige Dich doch und
erzähle wir." Und fragend und Auf
klärung heischend, blickt er nach seinem
Schwager hinüber, der inzwischen seine
Schwester begrüßt hat und jetzt verlegen
naher tritt.
Ich muß Euch lieber Schwager,
und vor Allem das gnädige Fräulein
um Verzeihung bitten wegen eines klei
nen Scherzes, den ich mir erlaubt habe,
den ich aber jetzt tief bereue. Ich werde
Euch drinnen renmülhig die Geschichte
einer jungen Dame mittheilen, die
mich im Uebermuth herausgefordert
hat, und die ich dafür wohl ein wenig
zu grausam bestraft habe."
Mit einem warmen Blick um Ver
zeihung flehend, bietet er dem Fräulein
die Hand.
Grete zögert einen Augenblick, denn
aber, überwältigt durch das Glück der
Erlösung, schlägt sie gewahrend ein.
Als sie vier Wochen später Schön
weide wieder verließ, lachte Gott Amor
sich verstohlen in's Fäustchen.
Einige scher, Hafte Bemerkungen
de deutsche aisers
bei der Denkmals-Einmcihung in Tan
germünde werden von dort mitgetheilt.
Kaum angekommen, stellte der Kaiser
i
, o:e ?a n rinu; iVtrm ivr 5,.,:.
sprechender t)andb,weaui'a ans tat
Standbild aiser Karls I V. (ver Kai-
ler ist nämlich mit der Hand auf der
Tasche dargestellt): Ganz wie Mieiuel,
genau so!" Bald zog er den Kronpri.
zen zur Seite und sagte zu ihm: ..Geh'
und laß Dich vorstellen!" Der Ober
Präsident der Provinz Sachsen, von
Böttichcr, hörte diese Bemerkung deS
Kaisers und stellte die Vertreter des
allmärklschen Adels und andere Herren
dem Kronpliiiikn vor. AIs die Ent-
hüllung vorüber war. wollie der
Monarch fein Pferd besteigen, er
blicke den Kronprinzen in' der Nähe,
rief ihn zu sich Und sagte ,!;,: Junge,
komm her. Halte Deinem Pater 'mal
den Steigbügel!" Ter Kronprinz sprang
diensteifrig Hinzu.
Als der Monarch auf dem Wegenach
dem RatHHauc.platz an den Sängern
vorüberkam, die bei der Einweihungs
Feier gesungen hatten, rief er ihnen
zu: Ihr habt schön gesungen, bei der
kalten Witterung werden die Kehlen
leicht rauh, schmiert aber beute Abend
man tüchtig!"
Gute Auskunft.
Professor: Wohin.
Erster
Kolleqa?
Herr
Zweiter Professor:
gends."
Eigentlich nir-
Erster Professor: Ah. das ift schön.
Was machen wir dort?"
Zkdenkliche Fige.
Frl. A: Haft Tu schon das letzte
Bild unserer Freundin Ella gesehen?"
Frl. B: Sieht sie darauf hübsch
oder natürlich aus?"
Mitleidig.
Ihr Antrag ehrt mich. Herr Leut
nant, aber ich kann nicht die Ihre wer
den." Ah. wollen. Gnädigste wirklich Ihr
Dasein ohne mich hinschleppen?"
Ticssinniger Widerspruch.
Schwertranker zum Arzte: Herr
Doktor, sagen Sie mir offen, muß ich
sterben?"
Arzt Gewiß! Wann freilich, kann
ich noch nicht sagen. Hoffentlich aber
erst, wenn Sie gesund sind!"
Unter Diensttvten.
Meine Gnädige ift immer sehr auf
geregt, ich kann es kaum bei ihr aus"
halten." Oho, ich könnte ihr das schon ab
gewöhnen!" '
Vom Mediziner Stammtisch.
..Nun. und fanden Sie die Kugel in
dem Magen des Verwundeten."
Chirurg: .Nein, der Kerl hatte die
blaue Bohne bereits verdaut.
Zechervariante.
Gaft (zum anderen, nachdem beide
zu gleicher Zeit ihr Glas ausgetrun
len): Jetzt hatten wir einen gleichen
Gedanken. Herr Müller."
Ja. zwei Kehlen und ein Gedanke.'
Unglaublich.
A: Wird denn Dein Schatz Dir
treu bleiben?"
Köchin (deren Geliebter bei der China
Expedition sich befindet): Ja. schrieb
gestern, er schreibe meinen Namen in
alle Chinarinden!"
Abwehr.
Kunde (zum Friseur): Also in der
Mitte getheilt, dann kämmen Sie das
Haar auf eiikcr Seite hoch hinauf "
Friseur: Ich bitte, meiner Phan
taste keine Zügel anzulegen!"
Auch eine Aufklärung.
Trudchcn: Mama, hier in dem
Buche steht das Wort Laie was ift
das?"
Mama (in Verlegenheit): Laie?
Hm ja sieh' mal Laie, das ift
Jemand, der Einem etwas leiht." .
llamt ,-srage
Papa (auf den Elephanten zeigend,
welcher große Stoßzähne hat): Siehst
Du. Märchen, dies hier ift der Elephant,
das klügste von allen Thieren."
Märchen: Ach. nd das sind wohl
seine Weisheitszähne. Papa?"
Mißvechändniß.
Ein Stadtfräulein las in einer Er
zählung von einem armen Mädchen,
daß dasselbe sich und seine alte, kranke
Mutter mit Spinnen ernährte. Was, "
rief die Gebildete und warf voll Ad
scheu das Buch weg. lieber verhungern
als Spinnen essen!"
Ricdlig beurtheilt.
Hauelierr: Herr Doktor, wir dür
feil Sie doch morgen Afce,:o-l'eitI
schart el marien 1 M?e 'tfosa liest ilii ;
lyrischen Versuche vor. da:.n siuek
meine Flora einige Arien und i,ai i
Uhr haben wir ein kleines ?lberdes'?n . , "
Doktor: Sehr gütig ich uerde
um 8 Uhr erscheine,:!"
Lm Lchlaumaitt.
Wie kommt denn da?? Dem Herrn
dort schildern Sie die Verhältnisse in
Amerika so glänzend, daß man gleich
auswandern möchte, nd zu mir sagen
Sie immer daS Gegentheil!"
..Sind Sie doch still der ift ja
mein Konkurrent!"