Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 03, 1901, Image 9

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Züic ein Wcpfn(!tTj;ia bewegt sich das
fechtende BurentK durch den roth'
braun schimmernden AdeiidSunft. Das
ganze Zbal deZ ßlipfkufieS ist van dem
dllslkrn taft füllt. Tie schweigenden
Reiter scheinen aus blutiger gluth
kmporgctaucht und hin und wieder in
einem Blutmeer zu verschwinden.
Maud blickt ihnen von ihrem wieder,
gewonnenen Sitz auf vem zrlenhltgel
triuinvhirknd nach. Ein harter, fast
grausamer Zug giebt ihrem feinen
klassisch ebenmükiaen Antlitz etwa? von
der Wildheit einer Medea. Sie
schwelgt in der phantastische!, Poistel'
lung. das; alle diese dunklen, müden
MSnnergeftalten in den offenen Pur
purrachen eines großen Ungeheuers
hineinreiten. IBie hat sich doch das
griine Natal so roth gefärbt, bis es so
weit tarn! Ströme von Blut mußten es
von dieser unsauberen Landplage rein
waschen. Wer das Schwert zieht, soll
durch daS Schwett umkommen! Tod
und Vernichtung den frechen Bauern,
die ti wagten, ihre plumpen Fitße ge.
waltfam auf britischen Boden zu setzen '.
Glcichgiltig. wer als Erster dieses zu.
kunstSreiche Land betreten hatte! Dazu
war der Bauer doch da. um mit seinen
groben Fäusten Bahn für englische Bil
düng und Verfeinerung zu. brechen.
Seine Knochen waren gerade gut ge
rüg, um den Boden zu düngen, auf
dem AltEngland ernten wollte.
Vor diesem unglückseligen Kriege
lebte es sich so schön im gesegneten Na
tal! Nur auf den Wassersport muhte
sie Verzicht leisten, da der reihende Lauf
der Flüsse ihn unmöglich macht. Sonst
aber schien die Natur wie geschaffen,
alle Launen und Liebhabereien einer
englischen Lady zu befriedigen. Nicht
einmal den Flirt brauchte sie zu ent
behren. Ladysmyth und ölettcoc
Tundee wimmelten von Offizieren und
Beamten, und für ihre Zerstreuung
während der einförmigen Tage zurück'
aeißiieiicn Landaufenthaltes sorgte der
wackere Nachbar Adrian. War er auch
dem Blut des verhahteir Burenvolkes
entsprossen, so hatte er doch keine üble
Erziehung genoffen. Vor allem war er
mit seinem frisch gerötheten, offenen
Antlitz, der lichtblonden Haarmühne,
dem Falkenblick der grohen, grauen
Augen, den Herkulesschultern und den
Theseusgliedern wirklich ein ganz an
nehmbarer Bursche. Sie hatte allen
Grund, ihn gut zu behandeln, ihm so
gar einige Freiheiten einzuräumen,
denn sie war nicht undankbar und
muhte anerkennen, daß er während der
Schreckenstage der Kämpfe um Lady
smith in aufopferndster Weise um ihre
Ruhe und Sicherheit besorgt gewesen
sei. Vielleicht gab sie ihm, der es
schwerlich wagen würde, die Tochter
. eines englischen Baronets geradenwegs
um ihre Hand zu bitten, gelegentlich zu
verstehen, daß sie nicht abgeneigt sei,
sich von ihm freien zu lassen. Er ge
hörte zu den wohlhabendsten Farmern
Natals, und sie konnte als seine Gattin
fortfahren, ein Hau? zu machen, einen
Schwärm munterer Gäste um sich zu
versammeln.
Nahm denn dieser Zug kein Ende?
Aus dem Halbdunkel des Ostens, der
immer tiefer in die brandigen Farben
verglühender Schmelzmaffen versank,
wuchs und wimmelte es tausendköpfig
hervor,' um in der Richtung nach dem
hohen schwarzgrauen Zackenkamm der
Drakensberge zu verschlvinden. Andere,
entferntere Schaaren, die nur ein lan
ger Schattenstreifen und das gelegent
liehe Aufwiehern und Schnauben eines
Rosses verrieth, schienen sich nordwärts
nach den Biggartsbergen zu bewegen.
Hohe Planwagen wurden von ihren
langgehörnten Zugthieren langsam
herangeschleppt. Dann schwankten zwei
himmelwärts aufragende Ungethüme.
die unschwer als mattenumhüllte Be
lagerungsgeschiitze zu erkennen waren,
schmerfällig heran. Endlich aufs neue
Reiter, einzeln, zu zweien, gruppen
weise Reiter, immer wieder Reiter.
Aus einer der dichtesten Gruppen löst
sich jetzt eine riefige Gestalt, die am
Gartenthor abspringt, das Roß fest
bindet und mit der Sicherheit eines Be
kannten deS Hauses zu Mauds ein
famem Rahesitz heraufeilt. Sie hat
den Kommenden erkannt, längst ehe ie
seine Züge unterscheiden kann. Es ist
Adrian, der mit dem Patronenbandelier
über der Schulter, dem Mausergewehr
in der Faust und dem breiten Schlapp
Hut im Nacken jetzt vor ihr steht, voll
kommen den verhakten Eindringlingen
gleichend, deren Abzug ihr ein solches
Triumphgefühl bereitet hat. , Adrian,
der begüterte, englisch erzogene Natal
Farmer, in den Reihen der Buschklep
per! Sie will den eigenen Augen nicht
trauen und ruft mit unsicherer, beben
der Stimme:
.WaS soll diese Vermummung, Ad
rian? Weshalb erschrecken Sie mich,
indem Sie im Gewand des Feinde?
dieses nur den Getreuen England? ge
öffnete Besitzthum betreten?"
.Ich bin nicht Ihr Feind. Maud
und will eS auch nicht werden." klingt
eS ernft und fest zurück. Ich glaube
i mir im Gegentheil ein gutes Recht dar-r-
auf erworben zu haben. Ihnen zum
Abschied noch einmal die Hand zu
drücken, ehe ich auf lange, wohl auf
immer, von hier scheide."
Sie haben sich den Buren ange
schloffen?' .Wie Sie sehen!"
Ml
Jahrgang 21.
Und werden gegen die Unseren
tämpicn?"
Wenn sie es wagen, den Krieg in
die Berge des freien BurcnlandeS zu
tragen bis auf die letzte Patrone in
meinem Gürtel, den letzten Bluts
tropfen in meinen Adern."
.Adrian, Sie sind .wahnsinnig!"
bricht sie loS und erfaßt feine beiden
Hände. Sie sind der Königin treu
geblieben als die meisten Afrikander
am Klipfluh Verrath begingen. Keine
Verdächtigung, keine Beschimpfung ver
mochte Sie Ihrer Pflicht abwendig zu
machen "
Er lachte kurz und hart auf: Ich
kenne nur eine Pflicht, und die ruft
mich zur Fahne meiner bedrängten
Brüder, die meiner Kräfte jetzt dringen
der bedürfen, als ie."
.Sie hätten ihnen vielleicht helfen
können, als der Kampf am Tugcla
noch unentschieden hin und herwogte.
Weöhalb haben Sie denn gewartet, bis
die gefährdete Sache zu einer verlorenen
wurde V
..Sie ist noch nickt verloren!"
Sie reden wider Ihre eigene bcffere
Einsicht. Ader verloren oder nicht. Sie
hätten jedenfalls früher mit besserer
Aussicht auf Erfolg in den Kan.pf ein
greifen können. Weshalb thaten Si
es nicht?"
Diese Frage kann ich Ihnen nicht
beantworten, am wenigsten beute!" Der
junge Afrikander stößt es schwerathmcnd
hervor, ftincn grauen Hut irampsyask
in den Handen drehend.
..Unterließen Sie es meinetwegen?
Hartnäckiges Schweigen des Mannes
und eine Bewegung, als ov er sich zum
Gehen wenden wolle.
' Adrian, antworten Sie, ich be
schwöre Sie. Unterließen Sie es auö
Rücksicht und Sorge für mich?"
..Wir wollen uns in dieser bitteren
Scheidestunde nicht noch das Herz
schwer machen. Maud!" Er sagt es mit
aedämbster Stimme, bebt dann mit
einem langen, traurigen Blick auf sie
grüßend den Hut und macht Anflatlen,
die Anhöhe wieder hinabzusteigen.
Ihr Blick kann sich nicht mehr ban
nend. verzaubernd in den feinen boh
ren. denn die Finsterniß beginnt beide
mit ihren trüben Schleiern zu umspin
nen. Ueber deu Dratensbergen glimmt
nur noch ein immer kleiner werdender
granatrother Fleck, und ein eisiger
Hauch dringt von der Flußniederung
herauf. Ein Schauer des Vergehens,
des Absterben überläuft sie. während
ihr Herz in fieberhaften Schlügen
pocht, und eiu Sturm blitzschnell dahin
jagender Gedanken und Empfindungen,
wie sie ihn bis dahin nie gekannt, sie
durchrast und schüttelt. Sie sieht sich
von einem furchtbaren Verluste bedroht,
und die Angst, die Verzweiflung reifen
einen Entschluß in ihr, in dem ihr
Stolz, ihre mädchenhafte Zurückhal
tung wie in einer elementaren Er
schütterung untergehen.
Schenken Sie mir nur noch einen
kurzen Augenblick Gehör!" fleht sie.
.Ich werde nicht viel Worte machen,
eine rasche Entscheidung thut noth.
Wenn auch Ihr Mund trotzig geschlos
fen bleibt, so sagt mir doch Ihr Blick,
Ihre Miene, der Klang Ihrer Stimme,
daß Ihr Bestes, Ihr Herz, mir gehört.
Leugnen Sie es, wenn Sie in diesem
ernsten, schicksalsvollen Augenblick dazu
fähig sind! Sie schweigen, ich
habe mich also nicht getäuscht: So
fordere ich denn von Ihnen, was mein
ist. Hören Sie, Adrian Valckenaer.
was ich. Maud Eoldeway. Ihnen zu
sagen habe. Ich erwidere Ihre Neigung
und will Ihnen Liebe für Liebe, Treue
für Treue geben. ,Jn der Schrift steht
geschrieben: Der Mann wird Vater
und Mutter verlaffen und seinem Weib
anhangen!" Unter jenen Leuten aber
besitzen ete nicht einmal einen lernen
Verwandten. Also gehören Sie mir
allein, wie ich Ihnen gehöre. Nichts
soll uns mehr trennen, es sei denn
der Tod!"
Nur ein balbunterdrücktes. dumvtes
Keuchen aus der Brust ihres Gegenüber
verräth etwas von dem turcvtoaren
Zwiespalt, der in ihm wühlen muß;
Endlich stöbnt er mit dem knirschenden
Widerstreben eines Gefolterten: Es ist.
als wollten Sie mir nur deshalb zeigen,
wie glücklich ich fein könnte, damit ich
erst mein ganzes Elend fühle. Glauben
Sie denn, da ,2 .onen letjt nur zu
danken, nichts von Ihnen zu fordern
habe? In der Schrift heißt eS doch
auch, daß das Weid dem Manne unter-
than sei, und da Dreier sein paupl
sein soll."
Was fordern Sie von mir?"
.Wenn Sie sich dazu entschließen
wollen, die Frau eines freien BurgherS
zu werden, dann unterwerfen Sie sich
den Sitten unseres volles. setzen
Bit sich hinter mich aus S Pferd, damit
ich schon morgen in aller Herrgotts
hübe mit ?ibnen mit dir vor unse
ren Feldgeistlichen treten kann. Und
-KLS
Beilage zum Nebraska Ztaats-?!n;ciger.
dann folge mir in die Feldschlacht, um
mir einen Trink frischen Wi'ia? in
die Feucrlinie zu tragen und meinen
Gürtel mit neuen Patronen zu füllen.
Bist du dazu bereit, du Stolze?"
.Mit Patronen, die für englische
Herzen bestimmt sind?" ruft sie er
bleichend. Niin. nimmcrmedr. so
lange da dreifach gekreuzt? Banner
noch auf afrikanischem Boden flattert."
So scheiden sich also von. nun ad
unsere Wege auf immer, denn ich bade
kein Haus mehr, in das ich mein Weib
führen kann. Mein Heim ist jetzt das
Veldt."
Kann Sie denn nichts von Ihrem
selbstmörderischen Entschluß abbringen,
Sie unglückseliger Mann?"
Mein Entschluß ist unerschütterlich,
denn mich bindet ein Eid."
So erklären Sie mir wenigstens,
was Sie zn dieser Verzwciflungsthat
getrieben hat," bittet sie in rührenden
Tönen. Hier finden Sie alles, was das
Leben degehrenswerih macht: Arbeit,
Wohlstand. Ehre, Liebe. Trüben er
wartet Sie nichts als Mühsal. Noth
und am Schluss; vielleicht der Tod eine
Verbrechers!"
Ich Mmag Ihnen nichts zu er
klären. Ich bin nicht schwachmüthig
veranlagt, das Unglück der Meinen
versetzt mich nicht in Trauer, sondern
in rasende Wuth gegen ihre unbarm
herzigen Ueberwinder. Es kam über
mich wie ein reihender Strom, der mich
packte und mit sich zog. Ich kann mich
nicht mehr rückwärts wenden, ich schaue
nur noch geradeaus, wohin es mich
treibt. Was hinter mir lag, versinkt
ür immer, und so sind auch Sie mir
ortan verloren, herrliche Maud, ein-
ziges Mädchen, das ja mein Herz besah
und besitzen wird, Weib meiner Seele
hienieden und in alle Ewigkeit."
Ja, in alle Ewigkeit will auch ich
dir die Treue bewahren!" schluchzt sie
mit brechender Stimme und stürzt in
seine ausgebreiteten Arme, die sie auf
fangen und wie ein verzweifelndes
Kind sanft hin- und herwiegen. Ihre
Lippen pressen sich durstig aufeinander.
Aber nur kurze Zeit dauert dieser
Rausch. Dann entreißt Maud sich des
Geliebten Armen und steht wieder mit
der ruhigen, verständigen Entschloffen
heit vor ihm, die von jeher das Erbtheil
der Töchter ihres Volkes war.
Wir lieben uns und haben unS
Treue geschworen." sagt sie mit feier
lichem Nachdruck. Wir werden uns
also, wenn wir beide am Leben bleiben,
eines Tages für immer verbinden, denn
Seelenverlöbniffe giebt es nur im
Kloster. Da du nun darauf bestehst, ins
Feld zu ziehen, und ich dir dorthin nicht
folgen kann, so müssen wir uns doch
schon heute ein Bild von dieser fernen
Zukunft machen."
Habe ich dein Wort, Maud, so sorge
ich mich weiter um nichts," lautete seine
einfache Antwort. Auf Natals Boden
kann ich meinen Fuß nur noch als
Sieger setzen. Behaupten meine Brü
der wenigstens ihr Land, so laffe ich
dich nach dem Friedensschlüsse über die
Grenze kommen. Geht alles verloren
und überlebe ich diese Schmach, dann
ist meines Bleiben? nicht mehr auf
afrikanischer Erde. Ich flüchte dann
nach dem holländischen Mutterlande,
und auch dort wirft du mich hoffentlich
zu finden wissen. In diesem Gürtel
steckt nicht bloß tödtliches Blei, sondern
auch Gold, das ausreichen wird, unser
bieder Leben zu erhalten. Ist dir das
alles klar?"
Vollkommen!"
Und bist du einverstanden?" .
Ihre festen, tapfren Hände finden
sich in langem innigem Druck. Ein
glühender Kuß, eine letzte leidenschaft
liche Umarmung. Dann wendet sich der
Mann und begiebt sich schleppenden
Schrittes, trotz des immer dichter wer
denden Dunkels wiederholt zu ihr zu
rückblickend, wieder zu seinem am Thore
harrenden Hengst.
Noch einmal schwenkt er seinen Hut.
dann donnern die Hufe auf dem fteini
gen Boden, daß eine Funkengarbe
durch die Nacht sprüht. Jetzt ist er in
den wirren Reiterklumpen hineinqe
taucht, und Maud glaubt nur noch eine
endlose, schwarze Riesenraupe zu sehen.
d,e sich rasch über die felsige Straße
bewegt.
Wie raich war nach dem Versinken
des TagesgeftirnS der letzte fahle Licht
fchimmer versprüht! Jetzt war eS tiefe
Nacht rings um sie her, frostig und un-
heimlich. Dürfte sie hoffen, daß über
ihrem Leben noch einmal die Sonne
emporstieg?!
Sie fürchtete an sich und der Welt
irre zu werden, wenn sie über das so-
eben Erlebte tiefer nachsann. Ein recht
persönliches Verhältniß verband sie mit
ihrem Herrgott, und oft hatte sie in
ihrem Abendgebet dem Lenker der
Schlachten nahegelegt, er möge sich
mehr für die Sache Englands erwärmen
und dafür Sorge tragen, daß möglichst j
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V-ftU fi i' i S t
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wenig Kugeln aus briti'chen Nodren
ihr Ziel verfehlten.
Jetzt senkte sie die Stirn und betete
unter stillem Weinen, daß seine allzu
mächtige Hand als Schirm über dem
theuren Haupte schweben möge, das sie
soeben noch, vor Weh fast vergehend,
an sich gepreßt, und daß sein allgegen
wärtiges Auge eine Leuchte auf des
Mannes Pfaden sei, der sich mit Mord
gebauten gegen Englands Söhne von
ihrer Brust geriffcn.
Der waschechte theile
!tal!al,ichk
Friuntiutict
in a 11 ti.
von 5. KZ V i !
Um die Vcittagsstunde eines Nooem '.
bcrtaaes des wahres lSöl) sahen im f
Gastzimmer des Gasthauses Zur Post"
in dem brandenburgischen Städtchen
T. der Herr Bürgermeister der Stadt
und Bruno Melchor. der Heldcnipicler
der chauspielercie ell chatt k,es xtl
tor?
M
Jueundus Schel!h?rn. die z:irj
Bsosten iind Bretter
j'
in . ihre
uiisgeschlageil. hatte, aus denen auch ich
als iiigendlichcr Liebhaber und Bonvj-
vant figurirte.
Etwa ein Jahr vor diesem vorbe -
1 . " . r . .
zeichneten November war Jra Ald,ridge.
der englische Neger - Tragöde, nach
Dentslsiid gekommen, um aus den
Bühnen feine einzige Rolle, den
Othello" in Shakespeare'S: Der
Mohr voll Venedig, " vorzuführen. Der
schlaue Neger, dem es bei feinen Gast
spielen hauptsächlich darum zu thun
war, seinen Beutel zu füllen, ver
schmähte nicht, auch den Tirectoren rei
sender Truppen, die ihn haben wollten,
seinen Mohren anzubieten.
So hatte ihn denn auch Direktor
Schellhorn für ein einmaliges Gastspiel
in T. gewonnen". Zum großen Aer
ger und Verbrüh Bruno Mclchors. da
dieser selbst den Othello" in allen
Städten, die wir besuchten, stets mit
koloffalem Erfolge vorführte.
Wohl ein sehr berühmter Othello
Spieler, der Neger Jra Aldridgc, Herr
Melchor? Wie?" fragte der Bürgermei
ster Herrn Melchor.
Der Heldenspieler antwortete nicht
sogleich auf diese Frage, aber in seinen
Augen leuchtete es. denn ein teuf
lischer Plan keimte urplötzlich in seiner
Seele.
Ein zweideutiges Lächeln begleitete
dann seine lässig hingeworfene Ant-
wort: Der echte, der waschechte Jra
Aldndae gewiß, HerrBUrgermcifter!
Wie sagen Sie Herr Melchor? Der
echte, der waschechte Jra Aldridge?" ent
gegnete erstaunt aufhorchend der Bür
germeistcr. Ja, meinen Sie denn.
die Persönlichkeit, die heute Abend
hier den Othello" spielen soll, fei
nicht der echte Neger Tragöde Jra
Aldridge?"
Habe ich nicht gesagt, Herr Bürger-
meifter," wich Bruno Melchor abweh-
rend aus. Nur so viel weih ich. wenn
ich der waschechte Jra Aldridge wäre, für
ein Spiclhonorar von einigen Thalern
käme ich nicht nach T. Mehr aber kann
ihm der Schellhorn beim besten Willen
nicht geben. Darüber haben ja Sie
selbst auch ein Urtheil. Herr Bürger
meister. Doch ich wiederhole: Ich habe
nichts gesagt."
Sie scheinen aber doch etwas zu wis
sen. Herr Melchor!" drängte forschend
der Bürgermeister.
Ich weiß nur, daß ich nichts weiß!"
declamirte Herr Melchor pathetisch,
fuhr aber dann ohne Verzug fort: Was
ich aber gehört habe, will ich Ihnen
nicht verschweigen, Herr Bürgermeister.
Ein ganz ausgewitzter Berliner.
Komödiant von leidlichem Nach
ahmungstalent. soll sich vortrefflich
schwarz angefärbt haben und nun als
vorgeblicher Jra Aldridge bei den
Direktoren der reisenden Theater und
dem Publikum der kleinen Städte sei
nen Othello famos an die Lampen
bringen. Ob's wahr ist, weiß ich nicht,
Herr Bürgermeister "
.Ader ich weiß genug, Herr Mel
chor, und man wird der Sache schon
auf den Grund kommen. Guten Mor
gen!" Tie Saat war gesät und schon keimte
sie auch so lustig empor, wie Bruno
Melchor nur wünschen konnte.
Ich habe Befehl, Sie stehenden
Fuhes auf das Rathhaus zu dem
Herrn Bürgermeister zu bringen,"
sagte der Polizcidiener Weiher zu dem
Neger Tragöden, als dieser gegen
vier Uhr Nachmittags in einem Lohn
fuhrwerk vor dem Braunen Hirsch"
vorfuhr, in deffen Saal die Bühne
stand.
Höchlichst erstaunt vernahm der
schwarze Tragöde den Befehl. Wohl
oder übel aber mußte er ihm Fslge
leisten.
Im SessionSzimmer auf dem Rath
hause stand hinter der geschloffenen
Schranke, neben welcher Weiher Pofto
o.
safte, nachdem er den Neger einge
führt hat!e. der Herr Bürgermeister;
mit ernster Amtsmiene, fax der!
Schranke präscntirtc sich eine Wasch-!
schüffcl mit dampfendem Wasser, ein!
Stück Seife in!S ein irische? Handtuch.
Der Eomödiant Jra Aldridge?"
sragte der Bürgermeister in strengstem
Jnquisitortone."
.. Yes, Sir!"
Neger? Wirklich ein aebnrenet
Neger?"
Well. Sir! Fron; tho S.-nesjal
nt the Su'.hin."
! Ein richtige? Berliner Kind!" mnr-
melte grinsend der Polizeidicner."
Sehr schön!" fuhr der Vürgeimei
ster mit einem ungläubigen Lächeln
ork, ,,'eyr Ichön das: viver oas "mk$
ordert Beweise, unwiderlegliche Be-
weise, die Sie in ertrinaen baden. Sie
weiden sich deshalb hier vor mir das
Gesicht waschen."
Jawohl! Hier das Gesicht waschen!"
echote Weider und dielt dem Tragöden
die Wa,a,,chw,et hin.
i ventandninlo? blickte dieler ein Paars
k... t.fv ...k w... ,,. ..
euniurn cuuo aui oe:i ourgcrmciner,
bald auf den olizeidiencr mit der!
Wa'chschüijk'.. Enylich begriff er. und!
as iifrikanisch? Blut sSöß ihm siedend-
! hcb durch die Ädern, seine Augensterne
schoben sich so weit zurück, dah nur das
Weihe der Augen sichtbar blieb. Seine
Rechte holte aus. und auf der Backe
des Polizcidiencrs knallte eine so furcht
bare Ohrfeige, dah dieser an die
Schranke taumelte, und der Bürger
meiner erschreckt hinter den Session?
tisch rctirirte.
Der empör!? Neger - Z ragöde aber
schüttelte jetzt den Staub von seinen
Füßen, lief die Treppe hinunter, schob
Herrn Schellhorit, der ihm an der
Rathhausthür fragenden Blickes ent
gcgentrat. ungestüm bei Seite und eilte
geflügelten Fußes zurück nach dem
Braunen Hirsch", wo er feinen Lohn
kutschcr sofort wieder einspannen lieh
und dann schleunigst davonfuhr. Kei
nen Augenblick wollte er noch in einem
Orte verweilen, wo man glaubte, seine
angeborene Hautfarbe auf ihre Wasch
echtheit prüfen zu müssen.
Auf dem Rathhause aber rieb der
Polizeidiener, nachdem er sich von sei
nein Schreck erholt hatte, eifrig mit dem
weißen Handtuchc seine geschwollene
Backe. Tann betrachtete er das Tuch
und deffen bleibenoe Unschuldsweiße
mit erstaunten Blicken und brach danach
auf's höchste verwundert in die Worte
an? Herr Bürgermeister! Der Kerl ist
wahrhaftig echt, nicht angestrichen!
Keine Spur hat er abgefärbt !"
Strengen Tones aber sagte der Bür
germeistcr: Sie täuschen sich, Weiher!
Der Kerl war nichi echt, war ange
strichen! Nur so gut war er angestrichen,
daß er nicht abfärbte. Sie verstehen,
Weiher!"
Sehr wohl, Herr Bürgermeister, ich
verstehe!"
Wegen der Ohrfeige selbstver
ständlich werden Sie bei der nächsten
Vertheilung von Extra-Gratificationen
an pflichtgetreue Beamte in erster Reihe
berücksichtigt werden. Man wird dafür
lorgen
Der Polizeidiener verbeugte sich dan-
kend devot.
Eine Stunde später wußte auch schon
die ganze ötadt, der schwarze Eomö
diant sei unecht, sei angestrichen aewe
sen. die aufmerksame Wachsamkeit der
Obrigkeit fei ihm aber sehr schnell auf
die Sprünge gekommen und habe so die
Theaterbesucher vor der beabsichtigten
Tautchung bewahrt.
Am Abend aber spielte Bruno Mel
chor wunderschön schwarz angestrichen,
mit hinreißendem Feuer den Otbello".
Es war die Ernte seiner Saat.
Die mibtrauische Magd.
Prinz Waldeniar von Mnemar! und
sein Neffe, Prinz Georg von Griechen
land, der Generalgouverneur von
Kreti, beschlossen kürzlich, einen Aus
flug per Fahrrad nach dem naheliegen
den Torfe Hellebät bei Helsingör zu
machen, um den dort wohnenden
Schriftsteller Svedstrup. der an der
Expedition des Prinzen Woldemar mit
dem Kreuzer Valkyrien" nach Ostasien
theilnahm, zu besuchen. Unterwegs
fing es stark zu regnen an. so daß die
Prinzen mit durchnäßten nd be
schmutzten Kleidern in der Villa des
Schriftstellers eintrafen. Tas Dienst-
Mädchen, welches sie empfing, betrach
tcte sie mit größtem Mißtrauen und
äußerte, sie sei allein zu Haufe und der
Herr werde erst in einer Stunde zurück
kehren. Ihre Unruhe wurde aber noch
größer, als die Fremden erklärten, daß
ne oie uaieyr des yerrn Ävedstrup
abwarten würden, und erst nach langem
Hin und Herreden entschloß sich tie
brave Magd, die beiden Herren in die
Wohnstube hineinzuführen, wo sie
ihnen Stühle an der Tbür hinstellte
während sie selbst mit ihrem Hunde.
ttr sein Mhr,'7i:!.:ge:! ierde ? Beiuch
leichiaZs de..t'.:ch uu-dzucktr. ,:, der
'.''eil'i Plajiiidbm. um deu i-fircviinmen
fu (Trenne:: ie'.aen : !o:u,,!i . . . .
Nachen die ihlrzen, die sich über die
un i'nc.tifönliAt'U Eingang köstlich
f:'rv.fuu':i, eine hiilbe Stunde ijeti'riitel,
.Miferten sie. dah nr die Heimreise an
treten milden und batet! da? Mädchen,
den: Herrn Svedstrup niitiutheilen.
dah
und
ihm
rinz Waldeinar von Dänemark
Prinz e?rg von ttriechenland
einen Besuch abgestattet' Hütten.
Das Mädchen betrachtete nochmals die
na''en Kleider dir Fremden, und
meinlk. daß die Herren sie zum Besten
hielten. Sie bat nun bis Herren, ihre
wirklichen Namen zu nennen . Prinz
fteorg näheiie sich dann dem Schreib
lische des Schrislftellers, wo sein Por
trait und das Bild seines Onkel? stan
den, und fragte die Magd, ob sie ihn,
den Prinzen, naed dem Bilde nicht er
kennen könne. Die Magd beantwortete
diese Frage mit einem bestimmten
Nein, denn die Bilder stellten die Prin
zen in Galauniform mit zahlreichen
OrdenSdekorationen dar, mährend die
beiden Fremden zwei gewöhnlichen. so-
gar recht beschmutzten Äadsahrern ähn
lich sahen, schließlich waren die Prin
zen genöthigt, jeden weiteren Versuch,
die Magd von ihrer Identität zu über
zeugen, nlifzugeben, und erst als sie ihr
ihre Visitenkarten und ein gute? Trink
geld überreicht hatten, fing sie an zu
ahnen, daß die beiden F'.emdrn viel-
leicht doch jene vornehmen Herren sein
s ro.inicn, sur oie ,i m ausgegeoeii
1 hatten. Vollkommen beruhigt war die
! Magd jedoch erst, als sie die Hausthür
.hinter den Fremden wieder ge'chloven
könnten, sür die sie sich
hatte,
(sin stolieö Geschlecht.
In Paris starb kürzlich die Herzogin
von Ehevreusc, eine der stolzesten und
kühnsten Vertreterinnen der royalifti-
schen Partei in Frankreich. Bei diesem
Anlasse sei daran erinnert, daß schon in
vielen früheren Generationen die Gat
tinncn der Herzöge von Ehcvreuse durch
Stolz und Geist sich bemerkbar machten.
Eine Herzogin von Ehebreuse wurde
mit ihren Toiletten, ihren Memoiren
tonangebend an des ersten Napoleon
Kaiserhofe, den sie nur besuchte, weil sie
damit ihre Familiengüter rettete. In
dessen rächte sie sich durch ebenso schnei
dige als boshafte Antworten, mit denen
sie Napoleon regalirte. Zu einem Em
pfang in den Tnilericn, erschien sie in
reichstem Brillantcnschmuck. Napoleon
bewunderte die Diamanten und fragte,
ob sie auch alle echt seien.
Mein Gott." erwiderte die Her
zogin. ich habe mich deffen nicht bei
allen Steinen versichert, aber für diese
Gesellschaft sind sie gewiß gut genug."
Merkwürdig, was Sie für rothe
Haare haben!" meinte der Kaiser.
Das ist möglich," erwiderte die Her
zogin, .aber e? ist jedenfalls daS erste
Mal. daß ein Mann mir das sagt."
Napoleon verbannte die imper
tinente" Person aus Paris und ließ ihr
Gnade zusichern, wenn sie um Ver
zeihung bitten wolle.
Eine Herzogin von Ehevreuse er
nicdrigt sich nicht," war ihre Antwort,
und die Herzogin starb im Jahre 1813
auf einem ihrer Güter, entfernt von
Paris, gebrochenen Herzens, aber unge
beugt in ihrem Stolze.
Vtne Erinnerung an Ludwig
Uhland.
Es war im Jahre 1857, eine sehr
große Anzahl Studirender war wegen
Uhland auf die Universität Tübingen
gezogen. Alle verehrten ihn hoch, be
sonders Norddeutsche, und unter diesen
speziell wieder ein Student aus Bre
men. dessen Verehrung an Schwärmerei
grenzte. So oft er mit seinen Komili
tonen Nachts bezw. Morgens nach Haufe
ging, wurde bei Uhlands Haus an der
Neckarbrücke Halt gemacht und dem
Dichter ein Ständchen gebracht, meist
durch Absingen des Liedes: Wenn
heut' Dein Geist herniederftiege". und
zwar muhten alle sieben achtzeilige
Strophen herhalten Uhland lud nun
einmal feine Söhne" zu einer frugalen
Abendmahlzeit ein. Ave waren enthu
siasmirt. Gesang über Gesang erscholl
und zuletzt stimmte der Bremer" das
obengenannte Lied an. mit seinen vielen
Strophen erklang es. der Geist" war
buchstäblich herniedergestiegen". Uh
land hörte zu und sagte am Schluß.
Das Lied gefällt mir gar nicht mehr,
heute würde ich es viel' kürzer machen,
eS hat der Strophen zu viele." Allge
meines Erstaunen! Hierauf sagte Uh
land: Ader meine Herren! Dieses Lied
kostet mich jede Nacht meinen besten
Vormitternachtsschlaf; wäre es kürzer,
so könnte ich wieder eher einschlafen!"
Von nun an durfte er ungestört schla
fen. Der Bremer" aber soll es. nach
Hause gehend, doch stets leise vor sich
hingebnimmt haben.
Mütterlicher Rath.
Bäuerin (iu ihrem Sohn, der zum
Militär einberufen ist): Noch
ein Z Toni: wenn s' ebda Krieg an
fang', hernach sei g'scheid und misch
Tich nit d'rein!"
Kalauer.
I: Der Kritiker, welcher Ihr Luft
spiel so schlecht gemacht hat. soll ja das
selbe gar nicht mit angesehen haben."
B: Er mu doch wohl."
I: Wieso?"
B: Weil er e! zu-schauerlich kriti'
sirt hat."