Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 03, 1901, Image 12

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    Ein Feigling".
R'v,Kk,lt vsn AH. Zm-C- v. " ;:'
jiluiterao nur ging beute Ute Ui:tcr
l:2'i!t!ä an- Staminttfti) der lUtii'.i'-tei:
SiMnituk. ler bleiche Kellner mit
dc:i wasicidlaucn. ausditickslosen Äugen
uns d-m klattgcjcheitcNcn Haar hatte
schon dreimal Umschau gehalten und
szch kvps'chiitielnd in Dui Lorrau, ßei
Eeparat-Zimwers zurückgezogen. Die
Gläser wurden heute gar nicht leer und
die Herren Leutnants schienen gar nicht
bei Laune. Sie sprachen in abgcrisie
neu, halblauten Süßen, und wenn Ro
bert eintrat, verstummten sie gänzlich.
Ta hitte es gewiß wieder etwas ge
geben: aber Robert konnte kein Wort
erhäschen, das ihm Klarheit gebracht
Hütte.
Jetzt trat mit verschneitem Mantel
noch ein Nachzügler ein. .Ren guten
Abend. Kameraden!" schnarrte er.
schnellte mit einer geschickten Beweguuz
der rechten Wange das schwarzumran
dete Monolle aus dem Auge und ließ
sich den Radmantel abnehmen.
.Servus. Lemin!" gab die Tisch
runde zurück, warum so spät?"
Gleich, gleich'. Elendes Wetter.
was? Robert, fix einen Cognac
und die Speisenkartc; hab 'nen gran
diosen Appetit."
Ich fliege. Herr Baron." Und fort
schlich er mit geräuschlosen Schritten.
Er lehnte die Thüre des Vorraumes
nur an und hörte nun Leutnant von
Lewins stark accentuirte Stimme:
Endlich. Kameraden, der Schluß
dieser ehrlosen Sache! Ter Allmers hat
heute seinen Abschied genommen
schlichter Abschied natürlich wegen
Feigheit !"
..Pah. das ist nichts neues mehr.
Lcwiii! Stetten hat es uns schon vor
einer Stunde mitgetheilt, und dann:
das haben wir ja doch erwartet und ge
wußt." Robert schnippte mit den Fingern
und murmelte enttäuscht: Darum das
Heimlichthum! Das wissen ja die
Spatzen auf dem Dach, daß derlei
immer so endet." Und wie ein Feld
Herr, der seine Truppen befehligt, rief
er der Bufset-Dame zu: Einen Cog
'nac!" Dann ergriff er die Speisekarte
und übergab sie Herrn von Lewin.
Das Eis schien gebrochen, man
flüsterte nicht mehr. , Eine halbe Pom-
mery Mir Winkler Hasensprung.
Robert, ein Filet a la Esterhazy
Hummer in Gelees So schwirrte es
durcheinander, und' ein lang aufge
schossener Leutnant mit scmmelb!on
dem Haar und kühn emporgedrehtcm
Schnurrbart sagte wichtig: Nun wir
vor dem "faitaccoinpli" stehen, kann
man sich doch endlich die Entrüstung
von der Seele reden. Schauderhaft
eigentlich, mit solchem Charakter so
lange verkehrt zu haben!"
Für mich hatte fein übertrieben
artiges Wesen immer etwas UnHeim-
liches: ich ahnte förmlich, daß sich da
hinter etwas lichtscheues verbarg; solche
Naturen, die nie aus dem Gleichgewicht
gerathen, haben immer niedrige Gesm
nungen," warf mit hoch emporgehobener
Nase und groß aufgerissenen Augen der
Präses des TlfcheZ hin.
Ja, ja, und erinnere Dich nur,
Wülknik, wie er mit armen Leuten
immer liebäugelte und sich nicht genirte
in Uniform jeden Strolch anzu-
reden und Almofen auszutheilen!
Ja, ja. eine angeborene Neigung
nach unten!"
Nur einer an der Tischrunde hatte
bis jetzt geschwiegen; als eine Pause ein-
trat, sagte er ernst und ruhig: Ich
hab' den Allmers immer lieb gehabt
und habe ihn vielleicht bester gekannt,
als Ihr Alle; ich glaube, daß Ihr ihn
doch ein wenig verkennt. Ohne selbst
redend seine unqilalifizirbare Haltung
in der Duell-Affaire entschuldigen zu
wollen die ihn mir ja auch gänzlich
entfremdet hat . halte ich doch seinen
Hang zum steten Nachgeben, zum Wohl-
thun und sein allzu offen hervortreten
des Mitleid mehr für einen Erziehungs-,
als für einen Charakterfehler. Ihr
wißt ja doch Alle, daß ihm die Ansicht
eingepfropft wurde, das Duell sei ein
Mord."
Billige Ausrede das, um sein Ka
nonenfieber zu verbergen! Mit solchen
Prinzipien wird man eben nicht Offi
zier; die Armee braucht Männer, aber
keine Memmen!
Freilich, und darum wurde ihm
auch heute gerechter Lohn, nachdem wir
ihn schon längst in Acht und Bann er
klärten. Aber...."
Wie, Wuftrow, Sie haben ein
aber" in in solch' eklatantem Fall?"
rief hochmüthig ein schmächtiger, biet
cher Offizier.
Bon oben bis unien maß ihn der an
gesprochene Hüne, dann glitt ein
eigenartiges Lächeln über sein ernstes
Gesicht. Ja, Herr von Lewin. als
Mensch wage ich es, dem Menschen ein
aber" als Entschuldigung zu gönnen.
Ich sprach mit Allmers einmal vor
Jahr und Tag ganz objektiv über das
Duell, und als er mir, in die Enge ge
trieben, feine Ansichten kundgab, sagte
ich ihm befremdet, doch ehrlich: Wie
konnten Sie sich aber unter solchen Um
ständen den Offizierstand erwählen, wo
Sie jeden Tag in Zwangslage eines
Duells gerathen können?" Da lächelte
er gutmMhig und fein, so wie es seine
Art war, und meinte: Dem Vaterland
mit Gut und Blut zu dienen, war
immer mein höchstes Streben, und wie
sollte denn je an mich die Zwangslage
herantreten?. Ich, liebe alle Menschen
nicht zu 3:xn
und Hader: wo ober die Bruderhand
fiel; bereit ist zum versöhnenden Hand
schlage, wie fCinite da ein izlnenhandrl
erstehen? Und ul n Sie Herr Ka
rnerao. :;: meine:: Ä::?c:i jnebt e- doch
für AUmciö einen Äilveruisgrund,
denn er wurde ja von ScheUhora iÖrn:
1:4) in das Xi:t"l hi: eingeznunger::
Alles war provozirt das rotste", wir
doch Alle um fch;n, wie Allmers
sich benehmen würde.-
Da? ist ganz eaal und wascht ihn
nicht mehr rein.".
Nein, sicher nicht, aber ich wollte
nur feststellen, da er aanz richtig ur
theilte, als er sich sagte, er könne mit
seinem Charakter nicht leicht in einen
tffirpnfmnM verwickelt werden: er
wurde eben förmlich herausgefordert,
und was ihn jetzt ereilt hat. ist die
nothwendige Folge seiner Erziehung:
er ist quasi ein Opfer keiner An
schauuugen geworden!"
N,i ia. maa's sein, aöiinen wir ihm
die mildernden Umstände bei seiner
moralischen und gesellschaftlichen Ban
keratterkläruna! Möaen die Gründe
sein, wie sie eben wollen. Feigheit bleibt
Feigheit, und die schöne mmnaxfr
?nter. die er anschmachtete, wird
durch die coup de iorce" wohl end
lich über ihre llnentjchiedenyeit hinweg
kommen. Uederhaupt pyramidal un
verständlich, wie ein Mädel da nur
schwanken kann zwischen diesem lang
weiligen Gesellen und dem Ton Juan
Schellhorn!"
Glauben Sie wirklich, Wültnitz.
daß Allmers irgend welchen Eindruck
auf die reiche Erdin gemacht hat?"
Ich glaube es nicht nur. sondern ich
weiß es ganz genau; Luise Härtung ist
eng mit meiner Braut befreundet, und
es war für Schellhorn höchste Zeit, daß
sich Allmers unmöglich gemacht, sonst
hätte der wohl den Goldfisch geangelt.
Erst kürzlich äußerte sie zu Hermine,
sie meine fast, daß sie ihn, einen Wink
geben müsse, denn Allmers schreckte
scheinbar vor dem Reichthum ihres
Vaters zurück."
Wetter! Da begreife einer diese
Weiber! Echte rin de siecle"2?er
irrung. Unser fescher, schneidiger
Schellhorn, noble Erscheinung vom
Wirbel bis zur Zehe. Manieren wie ein
geborener Fürst, ein Reiter, Tänzer
und rnaitre de plaisir wie kein
Zweiter, von allen Frauen verwöhnt.,
und dieser charakterlose Allmers, mit
feiner kleinbürgerlichen Solidität und
der langweiligen Liebhaberei, in alten,
schmutzigen Schmökern herumzublät
tern nach der Weisheit vergangener
Großen!"
Laßt doch das Thema fallen. Be
arnM den Sebmäcklina! ?Xäs verbürge
Euch, die Härtung ist geheilt! Seit die
Tuellgeschichte ruchbar geworden ist,
schweigt sie sich aus über ihn "
tinrcnflirrenn trat der Bataillons-
Adjutant Leutnant schellhorn ein: eine
große und schlanke gigur. leiöperouBt,
kühn der dunkle Kopf mit den klar
blitzenden Augen."
Mahlzeit, Kameraden!" gab er auf
geräumt mit einem Siegerlächeln zu
rück. Robert. Roederer auf Eis!"
rief er sodann dem Kellner zu. und
sich mit Eleganz verneigend, ehe er sich
setzte, bat er die Kameraden Schenkt
mir die Ehre, heute meine Gäste zu
sein."
Bis tief in die Nacht hinein klangen
die Krystallkelche aneinander; Allmers
war vergessen begraben. Robert
schnarchte im Vorzimmer, und als sich
die heitere Corona heimbegab, da schlug
es zwei Uhr vom Thurm der Metro-
politankirche.
Der Glockenschlag der zweiten Mor
genftnnde drang auch in ein hell er
leuchtetes Zimmer der Hohenzollern
ftraße. wo ein bleicher junger Mann an
einem Schreibtisch saß. Neben ihm
lag ein versiegelter Brief mit der Auf
schrift: Frau Allmers. Jnspektorswittwe
in N. Ein zweiter Brief lag vor ihm,
und der Umschlag daneben trug in
markigen, festen Zügen die Aufschrift:
Fräulein Luise Härtung.
Auf dem großen weißen Bogen stau
den die Worte:
Gnädiges Fräulein! Unsere letzte
Unterredung, in welcher Sie mir so
beglückend und ehrenvoll Ihre Freund
schaft nicht versagten, giebt mir ein
Recht, diese Zeilen an Sie zu senden.
Heute wurde mir mitgetheilt, daß mich
die ganze entehrende Härte und die
Strenge militärischer Gesetze trifft. Ich
bin wegen Feigheit des Dienstes ent
lassen, weil ich es mit meinen Gttind
sätzen und meinem Glauben nicht der
einigen konnte, im Duell einen Men
schen zu tödten oder das mir von Gott
geschenkte Leben leichtsinnig preiszu
geben. Ein Geächteter und Verfehm
ter in den Kreisen, wo ich in treuer
Pflichterfüllung mich mit, ganzer Seele
meinem Berufe hingab, ziehe ich
nun in die Fremde, mir jenseits des
Ozeans ein neues Dasein zu gründen.
Wenn diese Zeilen Sie erreichen, liegen
Berg und Thal zwischen uns. Der
einzige Lichtblick, den ich mit hinüber
nehme, ist der Gedanke, daß Sie mir
vertrauten, daß Sie mich Freund
nannten: der größte Schmerz aber, der
mich erfüllt, ist, die geliebte Mutter
und Sie verlassen zu müssen.
Glauben Sie auch ferner an mich,
her ick lieber ein Geächteter vor cn
Menschen bin, als ein Ruchloser vor
meinem Schöpser.
Kurt Allmers.
Langsam schob der Mann den Brief
in den Umschlag, fuhr sich nervös mit
uns tnei::e Xui.
der schlar.kcn uicr. Hur.c !::rch das
dunkle Haar ur.S preßte wie. in ixt
Haltens in -chmerz die Lippcn hn zu
sammen. Plötzlich fpra.ig er eilig auf, sah nach
der Uhr. vfnchlef, leinen Handkoffer,
überzählte sein IV. 5, hüllte sich in
einen langen Mantel u::d schritt, sich
gewal'.sam ermannend, die Treppen
hinab, durch das knarrende Hau-thor
auf die schneebedeckte Straße. Wie er
hastig dem Bahnhöfe zuschritt, über
sann er, ob auch alle seine Angelegen
heiten geordnet seien; er glaubte, nichts
vergesien zu haben. Zeit ihm am
Morgen mitgetheilt worSen war. was
er seit den Wochen seiner Tienstent
lassung in fieberhaftem Wehgefühl
hatte kommer: sehen. hatte er ruhig und
ernst Alles ausgeführt, was zur Ord
nung seiner Angelegenheiten nothmen
dig war. Seine Hausleute wollten
ihm seine Briefe. Effekten und Bücher
besorgen, und er konnte beruhigt her
ausziehen, einem neuen Lebenskämpfe
entgegen. .Um 5 Uhr dampfte der Zug
nach der fernen Seestadt ad, anderen
Tages wollte er schon auf dem großen
Waffer sein.
Der gewesene Offizier saß allein im
Abtheil ein schriller Pfiff, und es
ging hinaus in's Ungewisse. Von der
Kaserne erklang das Signal, das die
Soldaten weckt; da ging es ihm weich
und weh vom Herzen zu den Augen
denn er hatte seinen Beruf geliebt wie
nur Einer, uild als er sich die Thräne
aus dem Auge wischte, zitterte ihm die
Fuge durch die Gedanken: Bin ich
denn wirklich zu weich für einen
Mann?"
Ta plötzlich, wie ein Blitzstrahl
aus heiterem Himmel, ein Schnauben,
Krachen und Schreien ein grä-
licher. endloser, vielstimmiger Jammev
ruf aus gefolterten Menschenherzen, ein
aualvolles Stöhnen und Schluchzen
wie eine Betäubung kam es über
Allmers und der Zug stand wie ein zu
sammenbrechender Trümmerhaufen im
Morgendunkel , . , Was war geschehen?
Er suchtü sich zu besinnen, er griff an
die Stirn; feucht rieselte es aus klaf
fender Wunde über seine Hände, und
der Schmerz benahm ihm fast den
Athem. Die kühle Morgenluft drang
durch die zersplitterten Scheiben wohl-
thuend zu ihm herein aber er hörte
auch das Aechzcn. Stöhnen und Jam
mern. Seine Arme waren heil, er der-
mochte sich aufzurichten: nur der Kopf
schmerzte, aber was lag daran? Trau-
ßen rief das Jammern hilfsbedürftiger
Mitmenschen. Er versuchte die Thüre
zu offnen sie war eingeklemmt: da
umwickelte er die Hand mit dem Man-
telkragen und schlug die Glassplitter
ar.s den Fensterrahmen. J'etzt war der
Weg gebahnt: er zwängte sich hinaus,
er konnte retten, helfen!
Wie ein Lauffeuer ging die Schreckens
künde in dämmernder Frühe durch die
Stadt; ein gräßliches Eisenbahnunglück
war geschehen: Militär und Feuerwehr
half bei den Aufräumungsarbeiten und
trug die Todten und Verwundeten in
die Spitäler. Ein Kommando unter
Leutnant Wuftrow trug behutsam
einen Schwerverletzten mit feinen,
durchgeistigten Zügen. Die Geretteten
wußten zu erzählen, daß er mit klaffen
der Kopfwunde, wie ein Held an den
Rettungsarbeitcn sich betheiligt hatte.,
bis er zusammenbrach.
Als die Personalien festgestellt wur
den. ergab es sich, daß der Leutnant
a. D. Kurt Allmers," der auf der Liste
der Schwerverletzten stand, sich gleich
zeitig um die Rettung der Verunglück
ten in erster Linie verdient gemacht
hatte.
In der rheinischen Weinstube geht es
heute lebhaft zu am Stammtische;
Robert lauscht an der angelehnten
Thüre, und seine wasserblauen Augen
glänzen zur Buffetdame hinüber. Leut
nant von Wülknitz ist scheinbar sehr er
regt; schnarrender denn je spricht er
das r," und die Kameraden wissen es,
daß er dann immer ärgerlich ist.
Ich sag' es Euch, meine Hermine
bat es ja schwarz auf weiß! Der alte
Härtung hat ihn aus dem Kranken
hause abgeholt, sobald er transport
fähig war. Auf seinem prächtigen
Gute in Franken hat die Luise ihn sel
ber gesund gepflegt, und seit acht Tagen
ist sie mit ihm in Rom, auf der Hoch
zeitsreise!" Skandal!" preßt Schellhorn her
vor, ich habe ihr doch selber deutlich
und klar gesagt, daß er ehrlos wegen
Feigheit quittiren mußte!"
Ach, was liegt den Weibern daran!
Das nennen sie interessant; unsere Zeit
ist halt ganz abnorm! Weil er da in
sentimentaler Anwandlung ein paar
Arbeiter aus den Trümmern hervor
gezogen hat, nennt sie ihn in ihrem
Briefe mit Begeisterung einen Helden
und einen Märtyrer seiner edlen Ge
smnungen!" Schande! Lassen wir da? ekle
Thema fallen! Was meint Ihr, spülen
wir Alles, mit einer Pulle Sekt hin
unte;?" fragte Schellhorn.
Da erhebt sich Wustrow: Kamera
den. seid heute meine Gäste!"
Alle schauen ihn verwundert an;
seine Augen strahlen wie von innerem
Glücke beseelt. In wirren Fragen
schwirrt es um den soliden, mäßigen
Wuftrow: Hast Du das große Loos
gewonnen? Hak sich eine Erbiante
schlafen gelegt, alter Junge?"
Er lächelte: Ja. so etwas Aehn
licheS!" Robert läßt die Stöpsel knallen, und
wie die Wlajir znetuanderklingea und
Die Leutnant; luütu tigert: Prr!:l
j WuftrotD, sollst l.den!" H Denkt er
jüillaetgnü-t vor kick hin: Ich gönne
th von Herzen Xeiii Gluck, lieber
Allmers, denn nicht nur Teine Luise
kennt Tein biedere?, aber tapfere? Herz,
auch ich kenne es. ob Tu auch wegen
Feigheit entlaffen werdest!"
Scbrrxnv Stunlv.
ZUt von Leo i' 1 1 1 h 0 1 .
Sie halten der Jraa den jammern
den Knaben gebracht. Das Rad des
Pserdebahnmagens war über den klei
nen Fuß gegangen und hatte ihn fast
vom Körper getrennt. Mehrere Aerzte
waren gleich zur Hand gewesen, hülfs
bereit, mitleidsvoll Tas Zimmer
glich einer Schlachtbank. Tie Frau
siel in Ohnmacht und weinte nicht
Starren Auges vor sich hinblickend.
hielt sie ihr Kind im Arm. half dann
die Kleiderchen ablösen und fragte
nichts Nur in den Mienen der
Aerzte versuchte sie zu lesen
Die Aerzte untersuchten das über
fahrene Kind, das nun wimmernd auf
dem Bette lag.
Weiß eS Ihr Gatte schon?" fragte-
der Professor, der nebenan tn der Klinik
wohnte, dessen gütiger Blick immer
abzubitten schien, wenn die Hand einen
tiefen Einschnitt gemacht hatte.
Sie schüttelte heftig den Kopf.
Er soll es auch nicht erfahren."
bauchte sie, wenn es irgend zu vermei
den geht."
Sie sah sich erschreckt um. ob nicht
ein Unvorsichtiger es verrathen könnte.
dann wendete sie jäh den Blick zur
Uhr....
Erst N2 Uhr vor zwei Stun
den kommt er nicht aus dem Comptoir
, , . . vielleicht ist bis dahin "
O gewiß." sagte der Professor, bis
dahin ist ta Alles längst vorüber. , ,
Inzwischen war viel herbeigeholt
worden: Instrumente. Verbandstoff
und Anderes der polirte Tisch in
der Mitte wurde frei gemacht
Jetzt, bitte, verlassen Sie uns,
liebe Frau." bat der Hausarzt und
führte die arme Mutter zur Thür.
Einen schmerzlichen Blick warf sie noch
auf das fast bewußtlose Kmd, dann
wankte sie hinaus.
Um 11 Uhr hatte ihr Liebling, ihr
Bob. aus der Schule kommen sollen,
der Bruder Paul hatte ihn stets be
gleitet
Wie sie heute gewartet hatte, wie oft
sie zum Fenster gelaufen war und wie
der zurück das Ausbleiben der Kin
der hatte sie beängstigt. . . grade wollte
sie das Mädchen schicken, da hatte der
Wagen vor dem Hause gehalten, auf
der Treppe war so ungewöhnliches Pol
tern gewesen, dann hatte man an der
Klingel gezerrt und Paul war in's
Zimmer gestürzt, weinend, jammernd:
Mama, ich konnte nicht? dafür "
Und dann kein Traum nein,
Wahrheit, schreckliche Wahrheit der
junge Militärarzt, der drüben wohnte,
er schleppte etwas Bewegungsloses aus
den Armen .... und sie sah es und
fühlte ihr Herz still stehen ..... ihr Bob
mars, ihr süßer, herziger kleiner
Junge....
Und das Alles war nur eine halbe
Stunde her ... . vor dieser Spanne
Zeit war sie eine glückliche, beneidete
Mutter gewesen, und nun liegt ein
jammerndes Weib auf dem Boden und
ringt die Hände, die gerühmte Stand
haftigkeit ist verschwunden, Thränen
ströme ergießen sich aus den Augen,
Stoßgebete steigen zum'Himmel.
Wie schnell die Aerzte sich zusammen
gefunden und besprochen hatten, die
zwei jüngeren waren fortgegangen, drei
waren geblieben, drei marterten nun
des geliebten Jungen zarten Körper. , .
Operation", so hatten sie einstimmig
gesagt.
Aber was, was wollten sie Nur ope
riren, wo wollen sie hineinschneiden in
das rosige Fleisch? Was bedeutete der
mitleidige Blick des Hausarztes, sein
stummer Händedruck?
Hing nicht das eine Beinchen wie
leblos herunter, ganz schlaff
Allmächtiger Gott, wie durften sich
solche Gedanken nur heranwagen, nein,
nein. nein, das kann ja nicht sein, das
märe ja grauenvoll, ihr Bob, ihr g
liebter, holder Junge ein Krüppel
die schreckliche Phantasie, die ihr das
vorspiegelt, nein, das kann der Profes
sor nicht gemeint haben sie springt
auf. läuft im Zimmer auf und ab.
leise kommt die Köchin herein und sieht
mitleidig auf die fassungslose Herrin
. . mit den rothen Händen streichelt
sie sanft den Arm der betenden Frau
und weint laut
Wars nicht ein Geräusch im Neben-
zimmer?
Die Frau stürzt an die Thur, horcht.
nein, still ift's.... nur leise Worte
werden gesprochen mal klirrt ein
Instrument oder das Wasser plätschert
leite
Das Kind ist ruhig gewiß de-
täubt, es zieht durch die Thür wie ein
füßlicher Duft nun schwankt sie
soll sie hinein, soll sie sich Gewißheit
holen, den Aerzten in den Armen
fallen, wenn sie daS Messer heben?
Sie windet sich m unsagbarem
Schmerz
Lieber todt...." stöhnte sie endlich
in die Kissen des Sophas lieber
todt will ich ihn sehen, als vcrftüm-
melt...."
Sie schaudert.
Erbarme Dich, Gott, betet sie. Du
großer, miileioig r 2üUr, Set Xu :,ü:
dic i'-uuiüg geschickt dan. asU d
ugl:tck.i.ie 0;e!.icrf v?i: Vetder,
ich !?;2 .? ernftren ich ::il
:ui
a'.bh
miur
und nicht !'a.cn
Tie Tbür ging auf, der Ite Hai!?,
arzt kam liebeol?ll z:: Ler ?5eklagkiiz
lrertden. Wollen Sie warten, di
Ihr Gemahl geholt wird, od.r wollen
Sie das hier Wicht. ge entscheiden, liebe
Frau?"
Sie nickt ftuniin uns preßt die Hand
des Freundes,.,, dann hört sie wie
aus weiter Ferne Füßchen ver
loren, keine Möglichkeit zu erhalten, ,.
wenn nicht gleich entfernt, könnte keine
Rettung für das Kind lein, dann müsse
es sterben"
Sterben!" schreit sie aus und sieht
den Alten wie wahnsinnig an. Nein,
um Gottes Barmherzigkeit willen, nein,
laßt es nicht sterben, nur nicht sterben,
es geschehe, was geschehen muß, nur
nicht sterben "
Und wieder ist sie allein und sieht
starr vor sich hin und träumt mit offe-
nen Augen sie sieht ihr Kind fast
gesundet, mit allen Hülfsmitteln der
Wissenschaft und ärztlichen Kunst, sie
zaubert sich die dunklen, strahlende!'
Augen des Knaben vor und sein süßes
Lächeln, sie denkt an den aufgeweckten
Geist, sieht, wie die geschickten Händchen
spielen und arbeiten.
Ja. nur leben, leben," ringt es sich
aus der gepreßten Brust hervor. Gott
bort oben. Tu darfst es nicht gehört
haben, was ein Mntterherz in mahn-
sinnigem Schmerz von Tir gefordert
hat. nur leben laue thn mir, dann will
ich Dir danken, lo lang ich athme, .
Ein Geräusch im Borzimmerl Sie
erschreckt,,., mit eiligen Schritten
nähert es sich,.,, ein bleicher Mann
schaut durch die Thür..,, sie springt
auf.
Du.. ,. Tu weißt,, .."
Mein Weib, mein armes Weib,
was mußt Du gelitten haben,, und ich
nicht bei Tir in dieser schweren
Stunde!"
Der Mann weint laut und hält sie
fest im Arm. Sie schmiegt sich an ihm
und versucht zu lächeln.
Auch die andere Thür ist geöffnet.
Der Professor mit den milden Au
gen, die jetzt eigenthümlich glänzten,
steht vor dem Ehepaar, das sich noch
immer umschlungen hält.
Jetz aber siebt ihn die Frau.
Ist es todt?" ruft sie in ahnungs
voller, unterdrückter Angst.
Nein.es lebt." sagte der Arzt, und
es wird weiterleben, und Siewerden
in Zukunft noch viel reude Titi dem
Kinde haben."
Es lebt, hörst Du es denn, mein
Mann, und es wird leben, glaube es
doch nur, sie sagen es ja Alle, ach zittere
doch nicht o wir Beide wollen un
fern Bob schon pflegen, er soll unser
Beste- sein, so lange wir athmen. .
komm her. Paul, komm, Du .armer
Junge, Du wirst auch das Brüderchen
immer lieb haben, und mehr noch wie
zuvor, nicht wahr, es wird ja Alles,
Alles besser werden
Und sie lächelt unter Thränen und
ringt sich die feinen Hände fast mund."
Und dann schlägt die Uhr!
Welche Summe von Freuden wird
aufgewogen durch solche Stunde im
Leben einer Mutter?
Bergesse.
Ter alte Amtsrath hatte sein Weib
verloren. Es war der wuchtigste Schlag,
den ihm das Leben versetzt hatte. Seine
Helene war ihm unersetzlich.
Seit sie unter den alten, raunenden
Lindenwipfeln auf dem Magdalena-
Kirchhof eingegraben lag, der nun das
Ziel der täglichen Spaziergänge des
Greises wurde, war es unsagbar öde
und leer in seinem Hause.
Tie alte, traute Heimlichkeit schien
mit ihr auf immer geschwunden zu
sein. Wenn auch wie sonst die Sonne
durch die blanken Fenster auf die Die
len und verschnörkelten Möbel fiel
der Sonnenschein der glücklichen Tage
war fort und konnte niemals wieder
kommen. Es war ein paar Wochen nach dem
Begräbniß. Ein unfreundlicher Herbst-
nachmittag, kalt und stürmisch, lag
über der Welt, und es ging schon stark
dem Zwielicht entgegen.
Am Himmel, der den ganzen Tag
die Sonne nicht hatte sehen lassen, fto
den wüste Wolkenballen und die Luft
war voll irrender Blätter. Die Apfel
bäume im Garten rauschten und schlu-
gen mit den Wipseln aneinander, und
von dem Dach der Laube gingen die
gewaltsamen Töne einer Aeolsharfe
aus, die man heradzunehmen vergessen
hatte.
Der Rath laß in der Stube am
chreibtisch und las in Storm's No-
velle Pole Poppenspäler". Das war
feie Erzählung, die er stets vor allen
anderen des großen Holften lieb gehabt
hatte. Er las sich hinein, in die her
zige Kindergeschichte, daß er sein Leid
darüber vergaß. Storm war immer
sein Tröster gewesen, jetzt, in seinem
größten Schmerz, war er ihm doppelt
ein Freund.
Er las und las. und sein Gesicht
hellte sich auf. Es war. als ob all
die Runzeln und Falten daraus ent
schwänden. Und nun kam er an die szene, wo
sich die beiden Kinder, aneinander ge
schmiegt, zum nächtlichen Schlaf in die
alte ifle denen, oas war sie ,eo,onrie
Stelle in dem Buche. Er kannte sie
wohl, er hatte sie oft mit Helene ge
! lekn. ja, jie .!'.. ; ' c-. .:ch ein
m s! utren. r.e !i;:ie -ie iVrt, ir arm.
; Tl.. H,ie,:e.- jgu- er i :d drücke
j die "-"'.ili-- yuitl, Senn re X intmeiiiitj
i nun stattet .H'ti'Prden.
Es kam keine Anuctt. Und slik
tStirr.iiit 'Lina h t'el:ia;n h.iQenb in
l de:: nurreriuain. EttfMr.t hob er
den Kops. Und als er nun den leeren
Ltdnnuhl iah. auf den die Geranien,
die sie ko sehr liebte, von dem Fenster
breit hernnterblnilten. wurden seine
Augen größer und größer. , . .
Er Halle ganz vergessen, daß sie ge
Horden war.
V3t gukki 03runS.
. A (in der Kneipe): Na. See M aller
geht ja jetzt immer so pünktlich nach
Hause '.'
B: Ja. wissen Sie. neulich ist er
mal nach zehn gekommen, da hat sich
seine Frau an's Klavier gesetzt ud
ihm eine Stunde lang was vorgesun
gen. seitdem gebt er immer zur rechte
Zeit."
Rechtzeitige l)U
Ist's mir aber miserabel. Llsi
ich fürcht' ich werd' recht krank! Haft
Tu doch zum Doktor geschickt?"
Natürlich. ich hab' ihm geschrie
den, et soll morgen in aller Frühe
kommen!"
Morgen erst?! Tu bist wobl nicht
recht gescheidt?"
Ja. wa? hilf! denn beut' der Tok
tor wo ich 's Ganferl für'n Mittag
schon eing'salzen hab?!"
Aus dem Lra,en,
Was werden Sie thun. Herr Ka
didat, wenn Sie beim Zahiiziebe
einem Patienten den Zahn abbrechen?"
Ich werde ihn mit der Versicherung
trösten, daß derlei ja sehr häufig vor
kommt!"
5chreckenskmd.
Braut zu ihrem Verlobten): Pap
freut sich sehr. Dich bald kennen z
lernen!"
Tie kleine Elfe: Jawohl. Pap
sagte schon oft: ich bin nur neugierig,
wie der ausschaut, der Dich mal hei
rathet!" Boshaft
Wirthin: Jetzt ist mein Mann schon
wieder seit vier Stunden fort!"
Gast (gutmüthig): Na. darüber
müssen Sie nicht gleich so ärgerlich
sein!.,,. Der will halt auch einmal
gern ein gute? Glas Bier trinken!"
U?arnimz.
Neue Köchin (bei dem ersten Wort
Wechsel mit der Hausfrau): Gnädige
grau, ich muß Sie darauf aufmerksam
machen, daß ich eben meine AutobU-
graphie schreibe, und daß Alles, was
Sie zu mir sagen, demnächst im Dnke
erscheinen wird!"
Kleines Mißverständniß.
Professor: Nun Vermögen ist
nicht gerade die Hauptsache zum Stu
dium für Ihren Sohn; aber Wisse;
durst muß er haben!"
Rübenbauer: Wissen S , Durft bat
mei' Nazi g'nug, Herr Professor!"
Unbkwußre Grobheit,
Herr: Herr Huber, an Ihre
Aermel saß eine Bremse, ich habe sie
eben fortgejagt!"
Frau Huber: O. Gott, eine
Bremse!"
Herr Huber: Nu, was ist denn da
weiter?"
Frau Huber: Nu weeßte. das sind
die Viecher, die sich immer an's Rind
Vieh setzen!"
Unvorsichtig
Studiosus: Ich kann meinen Ver-
pflichtungen mit dem besten Willen
nicht nachkommen! Sie glauben gar
nicht, wie durch diese fortwährenden
Ltudenten-Pump-Witze unser Kredit
untergraben wird!"
Hausherr: Aber ich bitte Sie. durch
Witze läßt sich doch kein vernünftiger
mensch veeinslussen!"
Studiosus: So! Nun, da könnte
ie mir ja gleich 50 Mark pumpen!"
Sonderbare Entschuldigung.
Frau (zu ihrem spät in der Nacht
nach Hause kommenden Man):
Mann, Mann, es scheint mir. Du
haft heute zu tief in's Glas geguckt."
Mann lallend : Ich zu tie
Du weißt ja, ich bin kurzsichtig."
Schlau.
Gast (zum Wirth): Bringen Sie
mir ein Beaffteak aber ein großes!
Wissen Sie, ich bin schrecklich nervös
jede Kleinigkeit regt mich auf!"
k?inausgegeben,
Mein Herr. Sie scheinen niedt
; wissen, was sich gehört! ?!ch habe i
Hause Knigge'S Uingang mit Men-
lchen' . ich irnu hnen das Bucd ai:r
acht Tage leihen!" Sehr gütig! kö,!
neu Sie c? denn so lange entdebren?"
Zn Permanenz erklärt.
,Aber, wann wollen Sie mir denn
endlich einmal meine Rechnung bezah
len? Ich kann doch nicht jeden Tag zu
zynen lausen:
Welcher Tag würde Ihnen denn
am Besten passen?"
Ävnnadcnd: da bad' ich oerade
nick:- Besonderes vor!"
Gut. koinmen Sie jeden Sa,
abend!"