Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 15, 1900, Image 15

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    Die zweite Hochzeitsreise.
Z'-or dem Hstcl Zum alten Pins;
let yieit eine yoipernve tropfe an
in bet ein Herr und eine Tair.f faEen
Tcr Herr stiel bedächtig ans. (J3 war
eine drei'.schttttrizk (epatt, Anfangs
der Fünfziger, v-iii grauer Fu;schlapp
Hut mit rnWagcr cempe bedeckte den
Kopf. Auf d.-m jovialen Besicht ruhte
es wie röiylichcr Abglanz von gutem
Bordeaux. Z'.üs dem vollen Bart, dem
dichten Haar schimmerte silbern ein
Reis. Eine goldene Brille faß auf der
Nase und g'.b, wie daS goldene Brillen
nun einmal in thun pflegen, dem der
gnlizlichen Besicht einen Zug von Würde
und (wneiienlKit.
Ter Herr nahm den Hut ab. fuh
sich mit dem aschentuche über die
Stirne und wandte sich dann zum Wa
gen mit klnem ermunternden:
.Na. Alte!'
Tann streckte er ihr den Arm hin
auf den sie sich schwer beim Aussteigen
stützte: in diesem Augenblick neigte die
Droschke bedenklich zur Seite. Tie
wohlbeleibte Tarne prustete tief auf
Ihre 'etwas aufgeschwemmten Züge
ließen noch die Linien einstiger chön
hcit errathen und hatten einen frischen
Hauch der Anmuth bewahrt.
toie wandle ncy, langsam rings um
und sagte mit einem liebenswürdigen
Lächeln, welches weiße, kerngesunde
Zähne enthüllte:
Na. da wären wir ja wieder!"
Er wiederholte :
Ja, da wären wir ja wieder!"
Ein warmer, wiech zitternder Ton
klang in diesem Augenblick aus seiner
Stimme.
..Sieh' 'mal. da drüben. Alte,
immer noch die Apotheke Zum golde
nen Löwen" aber er funkelt nicht
mehr so lustig in der Sonne: nament
lich die Mähne ist stark verblichen!"
Aber das reizende PostHäuschen da
neben, Robby, mit den epheuumspon
nenen Fenstern ist ganz unverändert
geblieben. Weißt Tu noch, wie wir
damals gleich das Telegramm an die
Mama aufgegeben haben?"
Ter Dro chkenkutscher blickte von
seinem Bock mit stumpfsinniger Bcv
wunderung auf die Beiden nieder.
Ter Portier stand noch immer wartend
da. die goldgalonnirte Mütze in der
Hand.
Merkwürdige Reisende weshalb
sahen sie sich denn so neugierig nach
allen Seiten um ? Warum gingen sie
denn nicht in da3 Hotel hinein ?
Haben Sie vielleicht Zimmer Nr.
noch frei, das nach dem Garten 'raus
mit dem kleinen Balkon?" fragte jetzt
der Hcrr den Portier.
..Jawohl. Nummer 9 können Sie
bekommen!"
Tie beiden Gatten sahen sich an und
schmunzelten. Oben im Zimmer schrieb
er. halb über den Tisch gebückt, auf den
Meldunasttel. welchen der Kellner
vom Bloc gerissen hatte:
Sanitätsrath Robert Schlomann
und ffrau aus B."
Die Krau Sanitätsräthin hatte sich.
im Hut und Reiscmantcl, in eine Ecke
deS tiefaufstöhncnden Sophas gesetzt
und umsiug, leise nickend, mit einem
zärtlichen Blick das ganze Zimmer. Ihr
Mann hing feinen grauen Schlapphut
auf, zog den Rock aus, krempelte die
Hemdsärniel hoch und tauchte mit einem
Ah!" des Behagens halb in der großen
Waschschüssel unter.
Ein minutenlanges Schweigen.
' Aber Robby!" ertönte es dann vor
wurfsvoll aus der Sophaccke.
Was hast Du denn. Schatz?"
Als wir gerade heute vor fünfund
zwanzig Jahren in diesem Zimmer, der
er ten Etappe un erer vocyzcnsrei c.
endlich allein waren, da hast Du mich
in Deine Arme genommen und so innig
geküßt. Heute aber "
Entschuldige, Herzchen!"
Hastig erhäschte er das Handtuch,
uhr sich damit über Gesicht und Arme,
chlamvste auf das Eopha zu und
drückte seiner Frau einen Kuß auf die
Stirn.
Der Herr Sanitätsrath, immer noch
in Hemdärmeln, die Weste aufgeknöpft,
setzte sich in die andere Ecke des Sophas,
zündete sich eine Zehnpfennig-Cigarre
an und sagte:
Na, Dicke, die Bude ist noch genau
so, wie damals! Dieselbe erquickende
Tapete oder wenigstens dasselbe Dessin,
blaue Kirschen auf gelbem Grunde
Nichts hat sich hier verändert nur
wir!"
Nur wir." wiederholte die Frau mit
leise zitternder Stimme. Ihre Augen
feuchteten sich
Weißt Tu noch, Alte, wie ärgerlich
ich damals war, als ich unterwegs be
merkte, daß ich meine neue, englische
Zahnbürste hier hatte liegen lassen!?
Hahaha!"
Ja. Robby, Du warst schon damals
so zerstreut Du hattest sie in das linke
Schubfach der Waschtoilette gelegt, ganz
hinten!"
Mechanisch erhob sich die Frau Sa
nitätsräthin, zog das Schubfach ganz
heraus und stieß einen leichten Schrei
""RnUa. sie lieat ia noch da!"
Dann lachten Beide übermüthig, wie
die Kinder, bis zu Thränen.
Der Abend dämmerte heran.
Süße Jasmindüfte stiegen aus dem
Garten empor. Auf dem Balkon stand
das Paar, schweigend, von Erinnern,
gen umwobcn. Er legte seine Hand
mit sanftem Druck auf die ihre.
Weißt Du noch, Schatz, wie wir
damals hier oben am ersten Abend im
Zimmer speistm und daZ Mädchen die
Lampe herein backte und s ?g:e: W.:nr
w'.lnsien die Herrührten insnen g:
weckt x werden ?"
llndTu, Robbn. attiw?:t'!i: Um
elf Uhr!"
Es klopfte an der Thür. In Zim
mermädchni lochte die Lampe bereiii.
Der ani:ät,rzzh winkte sich um:
Wir möhten hier öden steilen, und
sagen Sie dem Kellner. bau er ein?
Flasche lZhampazuer mit 'raufdri-igt!"
Schön! Und wann wiinscheii' die
Herrschaften morgen geweckt zu wer
den ?"
Ter SaniiätZrath räderte sich:
Um sechs Uhr!"......
in neuer Sport.
Residenz vf John Ritsch.
Größer Neu York.
Esq..
Mister Editer!
Endlich emol hen ich es gestrocke.
Nämlich des Ding, wo gut is for Mei
Health. Ter Takter
Hot gesagt. eS wär
net n or ErerzeiZ bei
Spazierengehen un
Freiübunge un so
zeterer. fonnern die
Hauptsach wär, daß
ich net gar zu icsie
un gemüthlich lebe
thät. Ich müßt was
hawwe. wo ich In
terest drei nemm un
wo mir Erseitment
gebt weil sich sunscht
Mei Meind zu arg
uff Esse un Trinke
un annere sitzende
Akupäschen konzenträte thät.
Jetz manche Leit die werfe sich in so
enne KäS uff des Kartespicle Poker
oder Skat. Fmwcr wo thät da bei
Mir des Ezscitment ereikimme, denn
erstens: Was geb ich drum? un zwei
tens hen ich merkwürdiger Weis, trotz-.
dem daß sunscht blos die Dumme des
größte Gluck hawwe, e merkwürdige
Jntlinäschen for immer so gute Karte
ze kriege, daß ich beim beste Wille net
verlieren kann. Des Kartcspiele is als
aach kee Erseitment.
Ammer jetz hen ich's erauSgefunne
was des Ding for mich is. Un wiff
Äle, was es is. Heister Editer? Nuh
päperslese. Des heißt werklich lese
net blos, wie Ich es früher gemach
hen, die Hcadlines un die Racing
lps. ta gebt plenty Er eitment.
For Jnstcnz gestern hen ich Mir
ingiiitizcs Äonniagspapier gekaalt un
ben Mir vorgenomme, es ganz ze lese
Mister Editer, des sollte Sie aach emol
probirn. Des is regellcr Sport. Des
heißt, wann mer's de richtige Weg
thut. Also ich hen mit mer sclwer ge-
wett, ich tyat es fertig bringe, l'lox
chens um nein hen ich angefange. Um
zehn hen ich ausgefiggert, daß ich die
Page in verzig Miuutte gemacht hen un
daß des ze lang is. wann ich en Record
mache wollt. Ich hen also Mein Meind
uffgcmacht. daß es schneller gehn tbüt,
wann Ich net derber raache thät. Q
coutse nun zum Frühschoppe gehn war
gar kei Red.
Grad vor m Mittaqeffe hen ich ach
Pages geködert gehatt. Ich hen a.e
gesse und dann hen ich e Rubbing down
gekriegt un dann sein ich wieder eige,
start. Ich hen gemerkt, daß ich im
pruv in der Zeit. Ich hen nor noch
zweiunddreißig Minutte for die Page
gebraucht. Wo später es geworn is,
desto mehr Erseitment ls derber ereige
kimme. Feinelli Hot die ganze Fämili
Stack in der Sach genomme. Of
coursc, Mister Editer, die Pictures
ein e große Hilf. Da macht mer Zeit
derber, wann uff einer Page viel Pic
tures fein. Dagege is die Editorial
Page e böse Sach, wo Händicap ae-
gewwe wern sollt.
Well, Mister Editer, ich mutz gcstebn.
daß ich verlorn hab un so hawwe die
Members vun der ftämut, wo uff Mich
gewett hen. daß ich es fertig bringe
thät, des ganze Sonntags-Papier an
emc Sonntag auszelese. Anyhow hen
ich awwer en gute Record gemacht.
Ich hen 43 Pages gelcse un 72 Waren's
blos.
Um ein Uhr Nachts, wie ich es uff-
gegewwc hen, war ich m chweitz ge
badet un hen siwwe Pfund abgenamme
gehatt. Sonscht war awer mei Kon
dischen först Rät un ich glaab. ich hätt
noch zehn Pages mache könne.
Awwer net nor sonntags, fonnern
üwwerhaupt is des Nuhspäperlese e
chöner Sport, wo mehr Exseitment
derbei is, als uff'm Räceträck.
Am liebste gleich ich awwer, die spe-
chell Artikles vun Fimäls un annere
Weibslcit ze lese, wo drüwwer handle,
ob Märrädsch e Failure is oder wie e
Mann die Frau glücklich mache kann
un weizi wörsa. Des is zum Krank-
ache. Ich hen ornlich Lust gekriegt,
Mei eigene Biews in der Sach zum
Beste ze gewwe. Der Trowwel is
nor, daß dodorch Mei eigene Mär
rädsch e Failure wern könnt, wenn ich
des thät.
Jhne desselbe wünschend sein Ich so
lang
Mit Rigards
Yours
John Ritsch. Esq.
Bon einem furchtbar Zusammen
trefft mit einem Tiger
wird in The Wide World Magazine"
erzählt. Sam Barrett, der Held des
Abenteuers, der feit langen Jahren als
ein bekannter Theepflanzer in dem
Tistri't von Asinn teM
n Borganz seldit sollender
vimi VicesiDs tut ich int dein pin
gen Radcl'.n? von der Station beim
wir kehrten noch auf der Theeplant.
bei B. ein. wo unser Freund Jack Wil
liamson wobnte. Als wir auf der V
randa bei Whisky rnd coM saßen, er
zählte dieser:
.Gestern Abend hatte ich ein Abeu
teuer. Mein Ehowkeydar (Wächter)
wurde ge,zen 10 Uhr von einem Tiger
aus dieser Beranda fortgeschleppt
icin Vklrirei erweelte mich und viele
Kulis, die den Räuber mit Fackel
Bambusröhren und Stöcken verfolgten
io das; er seine Beute fallen ließ. Te
arme nrlche lebte noch, aber er war
schrecklich zugerichtet und starb heute
früh. Ta ich bestimmt vermuthete
daß der Tiger, der augenscheinlich ein
..Menschenfresser" war. wiederkommen
würde, um seine Beute zu holen, fragte
ich Jack, was für Waffen er habe. Er
holte eine ganze Anzahl Gewehre her
vor. die vertheilt wurden, und nach
zehn Uhr nahmen wir unsere Stellun
gen ein, um dem Tiger aufzulauern
Williamson und Radeliffe in jeder Ecke
der vorderen Beranda, ich in der hin
leren. vrne Vichler. bis aus eins ,m
mittleren Zimmer, das niedrig brannte,
wurden ausqelöscht. Wir warteten bis
IlUhr, oline daß sich etwas rührte,
Ich hatte mein Gewehr gegen die Wand
gelehnt und den Arm bis zum Ellbogen
aufgelegt. Plötzlich fühlte ich einen
rasenden Schmerz: mein Handgelen
war zwiichen den Kinnbacken deS Ti
gers! Ich suchte vergebens von dem rie
sigen Thier loszukommen. Ter Schmerz
war folternd, denn die großen Zähne
drangen durch das Fleisch bis auf die
Knochen. Jeder Widerstand war nutz
los. tch mußte dem Thiere, das mich
fortzog, folgen und stieg rückwärts die
Stufe zum Erdboden hinab und ging
neben dem Tiger her. während mein
Handgelenk immer noch in seinem Ra
chen blieb. Mein Hilfeschrei der Tiger
yat mich, helft mir um Gotteswillen
erweckte meine Freunde, die auf den
großen Rohrstühlen eingeschlummert
waren. Sie sprangen auf, stürzten in
den Bungalow und schlössen, zunächst
wie gelahmt vor Furcht, die Thüren
Ich ging inzwischen gezwungen neben
dem Menschenfresser" weiter, jeder
schritt verursachte mir todtliche Schmer
zen. Nach etwa 50 Yards näherten
wir uns einem Nullah, einem ausge
trockneten Wasserlauf, der die Grenze
zwischen dem Bungalaw und den Thee
mischen auf der andern Seite bildet,
In mir blitzte der Gedanke auf, daß ich
verloren sei, wenn das Ungeheuer mich
in den Nullah bekäme. Ich schrie noch
einmal, und jetzt eilte Radeliffe mit dem
Gewehr, auf das er ein Bajonett gesteckt
hatte, zu meiner Hilfe herbe,. Am
Rande des Nullah zog ich mich mit aller
mir noch gebliebenen Kraft zurück. Da
stellte sich der Tiger auf die Hinter
beine, legte die Vordertatzen auf meine
schultern, ließ mich aber keinen Augen
blick los. Das dauerte zwar nür Se
künden, die mir aber wie Stunden, wie
Jahre erschienen. Ich spannte jeden
Nerv, jede Muskel an. um dem Druck
des schweren Thieres zu widerstehen.
Dann zuckte ein Blitz, ein lauter Knall
folgte, der se te Griff liefe nach, der
Tiger sank zurück. Lauf, wenn Dir
Dein Leben lieb ist," schrie Radeliffe
mir zu, aber ich war durch den Schmerz
uns Blutverlust fo erschöpft, daß ich
erst einige Augenblicke nach ihm den
Bungalow erreichte.
Inzwischen hatte der Tiger sich theil-
weise erholt und jagte mich zum zwei-
ten Male. Als ich die Stufen er-
reicht, wurde ich vorwärts über die
Veranda gestoßen und siel gegen die
Thür des Mittelzimmers, die unter
meinem Gewicht nachgab, der Tiger fiel
todt über.
Diese zwei Zoll lange rothe Narbe
an der Backe brachte mir der Tiger mit
seinen Klauen bei, als er mir gegen
überstand. Bei dem ungewissen Licht
hatte Radeliffe Mühe, zwischen mir und
dem Tiger zu unterscheiden; erst als er
ganz nahe war. konnte er abdrücken
und mir so das Leben retten. Ich war
Monate lang krank, ehe ich mich er-
holte, und wäre fast an Blutvergiftung
gestorben."
Chinesische Gigerl.
China hat bekanntlich Alles was wir
aufzuweisen haben; es hat also auch
seine Gigerl". Wie sein abendländi-
eher Vetter, hat der chinesische Giaerl
manche merkwürdige Gepflogenheit.
Wenn ein Gigerl in China freilich
Ansprüche machen will, so muß er zu-
nächst eine schier unendliche Ahnenreihe
aufweisen können. Gehörte er einem
Geschlechte mit einer Geschichte von nur
50 Jahren an. so würde er zu den
Parvenus zählen und lediglich Spott
ernten. Seine Familiengeschichte muß
ein-, zwei- oder dreitausend Jahre zu
rückgehen. Geld hat auch in China
großen Einfluß, man kann damit sogar
'Aemter lausen, aber für die aesell-
chaftliche Stellung des Chinesen spielt
es keine Rolle. In China ist vor Allem
das Costüm wichtig; aber wenn es aus
zeichnen soll, kann es nicht gekauft wer
den, es muß ererbt fein. Bei großen
gesellschaftlichen Gelegenheiten hüllt sich
der chinesische Gigerl in das Costüm
einer Vorfahren, in gestickte Kleider.
reiche Pelze und legt das unveränder
liche Zeichen der Größe an, einen
Nephritring aus hellmeergrüner Farbe.
Ter Ring ist einen Zoll weit. Was
aber für den chinesischen Giaerl am
''w',crg
s iildW t,
rn.'fcen:
bese-rderS wichtig ist. daS sind seine
Fingernägel: sie de'eichnen Ang. Ein
f!l:ß u:iö Macht. Ter td lzyt sie
ander!!? , ld bis zwei Zoll lang wachsen.
Sie sin) oft wie Krallen gebogen und
sie beweisen, das? der Hochgedoiene"
weit öder jeder Ärdeit mit der Hand
erhaben ist. Wenn er nicht besonders
hoch im Range steht, so ist das Theater
seine Haupkeldolung: im ersteren Falle
kommen die Schauspieler zu ihm und
er geniest das Thealer zn Hause. Un
geschriebene Gesetze verlangen, daß der
chinesische Gigerl mit Bogen und Pfeil
umzi'gehen weiß und ein tüchtiger
Rei!,r und Spieler ist. Ohne Spiel
kein Gigl noblcsso oblie. In
der beschriebenen Kleidung, in dem
durch Generationen vererbten Geivän
dern, mit den Krallennägeln und dem
meergrünen Nephritring besucht der
chinesische Gigerl mit einem Gefolge
von Tienern die elegante Promenade.
Dabei hält er einen kleinen Zweig in
der Hand, auf dem ein braunes Vögel
chen sitzt; von Zeit zu Zeit wird dieses
bis zu 29 Fuß in die Höhe geschleu
dert, dann flattert es zwitschernd wie
der zurück. Trotz der äußerlichen
Prachtentfaltung kennt jedoch auch der
fashionable Chinese die Regeln der
Reinlichkeit und Hygiene, wie die
rolhhaarigen Teufel des Westens" sie
verstehen, nicht im Geringsten. Er
gewährt nur aus der Entfernung einen
malerischen und interessanten Anblick.
eistesgegenwart.
Vor einigen Jahrzehnten hatten noch
wenige deutsche Städte ein festes Thea
ter, fondern wurden von fahrenden
Komödianten von Zeit zu Zeit mit Vor
stellilngen versorgt. Scherz und Ernst
begleiteten die Fahrten der Thespis
karre, und manch' lustiges Stückchen
erzählten uns diese Irrfahrten der deut
schen Komödianten.
In das schöne Städtchen Vautzen
kam auch eines Tages eine solche wn
dernde Truppe, um Vorstellungen zu
geben. Tie Gesellschaft war klein und
deßhalb mußte der biedere Direktor, der
sonst nur an der Kasse zu sitzen pflegte,
mit herauf auf die Bretter, um Schil
ler. Goethe und andere arme Dichter
mit seinem sächsischen Dialekt zu der
unglimpfen, so daß sie sich sicher im
Grabe umdrehten.
Eines Abends wurde nun ein älteres
Lustspiel gegeben und der Direktor
spielte darin einen alten Doktor. Das
Stichwort fällt, der Komiker steht mut
terseelenallein auf der Bühne, aber der
gute Direktor ist noch lange nicht fertig
Mit Geistesgegenwart -beginnt der
Komiker zu improvisnen:
Na, wo bleibt denn der- gute alte
Toktor heute, er wird wohl zu lange
beim Frühschoppen sitzen aha. da
kommt er wohl?"
Aber wer immer noch nicht kam, das
war der gute Direktor, der sich bei der
Kasse zu lange aufgehalten hatte. Und
der arme Komiker fährt, in die Kouliss
hlneinleyend, fort: iey da, nun
bleibt er wieder stehen, ah, jetzt spricht
er wieder mit einer Dame; das chab,
ich noch gar nicht gewußt daß der alte
Doktor so liebenswürdig sein kann,
jetzt geht er weiter, jetzt kommt wieder
ein Herr auf ihn zu, Gott fei Dank, er
kommt hierher. Endlich!"
Doch im selben Augenblick tritt der
Direktor von der entgegengesetzten Seite
auf der Komiker sieht ihn erst einen
Augenblick starr an, dann sagt er schnell
Nun, saaen Sie 'mal, Doktorchen, wie
sind Sie denn so schnell um die Ecke
gekommen?"
Em schallendes Gelächter und reicher
Beifall lohnten die Schlaqfertlgkm des
Komikers.
Ein historisches Wachsfiguren
kabinet.
Es dürfte nicht allgemein bekannt
ein. daß steh in einer apeue oer on-
doner Westminster-Abtei eine seltsame
ammlunq von Wachsftguren beftndet.
Diese Figuren, die man in ungefügen
Glasbehältern aufbewahrt, sind von
bedeutendem historischen Werth und
Interesse. In Gewänder gehüllt, welche
die erlauchten oder berühmten Per-
onen, die sie repräsentiren. thatsächlich
getragen haben. Gesichter und Hände
von Künstlern nach Todtenmasken und
Abgüssen gemodelt, bilden diese wäch
fernen Statuen eine etwas unheimliche
Erinnerung an die Könige, Königinnen
und großen Männer, die in Englands
Pantheon ruhen. So lange es irgend
möglich war, wurden die Leichen selbst
zur !scyau gestellt; mußle oer arg
aber ans hygienischen und ästhetischen
Rücksichten geschlossen werden, so legte
man das aus Wachs modellirte Eben
bild des Verstorbenen auf den Deckel
des Paradesarges. Am besten erhalten
ist die Wachsfigur der Königin Elisa
beth. Man bekommt einen Begriff
von dem Charakter dieser stolzen Herr-
cherin, die zugleich so edel und so nied-
g handeln konnte, wenn man m das
vorzüglich nachgebildete, ernste, gealterte
und doch wirklich schöne, hochmüthige
Antlitz blickt. Karl II. steht da iu
einer prunkenden, mit dem Hosenband
orden geschmückten Robe. Lc:nge Man-
chctten von unschätzbarer Spitze fallen
über feine aristokratisch geformten Fin
ger. Diese verstaubte und nur selten
von einem menschlichen Wesen gesehene
Figur ist das einzige existirende
Monument" des lustigen Monarchen,
der wie man behauptet die vom
Parlament gestiftete Summe von 70,
OCO Lstrl. zur Errichtung einer würdi
gen Grabstätte für seinen Vater Karl I.
untersäilagcn hat. um sie ;u 'einen kost
ipieligen ÄmitilMeukS z:: v. rbrauchcn.
licht neb.n idm bat Lord R:'!'oi! Aus.
ötllung gesunden. Die Wachsfigur des
'leinen und doÄ so gros en Admirals
ist in eine Uniform gekleidet, die der
Sieger von Trafalgar wirklich getra
gen hat.
LSa'nm i di, Tracht der Seeleute
bkau?
In fast allen Kriegöfloiten sind die
Seeleute blau gekleidet. Tiefer Wahl
in htx Farbe der Kleidung l'kgt nickt
eine zufallige Gesckimacksrichtuiig zu
Grunde, sondern eine geschichtlich
Ueberlieferung. Vegetius schreibt in
seinem fünften Buche über militärische
Angelegenheiten der Römer die blaue
Farbe den Benetern zu, einem Volke,
welches im Alterthum sich an der nord
östlichen Küste Frankreichs, etwa in der
heutigen Bretagne, angesiedelt hatte
und unter allen Galliern von der
Schisisahrt am meisten verstand, - so
daß es fast eine Art von Seeherrschaft
aus dem Atlantischen Ozean ausübte.
Die Veneter hatten die Gewohnlieit,
ihre auf Entdeckungsreisen ausgehen
den Schiffe sowie deren Masten und
Segel blau anzustreichen; auch trugen
ihre Soldaten und Matrosen Kleidung
von ähnlicher Farbe. Der lateinische
Name dieser Farbe ist, wie der Schrift
steller bemerkt, wie der de? Volkes
Venetus" und deutet auf feinen
Ursprung hin. Von den Venetern nah
men die Römer diesen Brauch an. So
trug der Sohn des Pompejus, nachdem
er die Flotte Julius Cäsars besiegt
hatte, das Marineblau, obwohl ihm
als General der Purpur zustand. Von
den Venetern wird übrigens noch er
zählt, daß sie, da sie bessere Seeleute
als irgend ein benachbarte? Volk und
Herren vieler an einer stürmischen Küste
gelegenen Häsen waren, nicht nur
einen Tribut von allen ihre Gewässer
passirenden Schiffen erhoben sondern
ihre Reisen auch nach der englischen
Küste ausdehnten, wo sie den Handel
mit Zinn für lange Zeit Monopolist?
ten. Mit den Briten waren sie be
freundet,, wurden aber mit ihnen zu
fammen durch die Flotte der Römer
geschlagen.
Berechtigter Zweifel.
Einen starken Hirsch hatte, so lesen
wir in Wild und Hund", der Herr
Oberforstmeister feinem Freunde, dem
Domänenpächter, versprochen. Eines
schönen Tages fährt der Herr Amt,
rath auch bei der Oberförsterei vor mit
einem Briefe des Oberforstmelsters, in
dem der Oberförster gebeten wird, dem
Amtsrath einen guten Hirsch zu bnn
gen. Ter Oberförster hat nun aber
einen schlimmen Fuß und kann nicht
mit ins Revier, von den Förstern kann
auch Niemand gut abkommen, und so
geht ein Forstläufer, der den Wald wie
seine Tasche kennt, mit dem Gast,
birschen. Drei Tage wird gebirscht und
angesessen, aber zu Schuß kommt der
Gast nicht. Drei starke Hirsche hat er
zwar gesehen, aber sie wurden stet
flüchtig, ehe er auf Büchsenweite daran
war. Aergerlich klagt er sein Pech dem
Oberförster, und dieser knöpft sich den
Forstläufer vor: Krembke, was ls dat,
worümme kommt de Amtsrath denn
nicht zum Scheiten?" Ganz verdutzt
steht Krembke seinen Vorgesetzten an
Er weiß zu genau, daß der Oberförster
es gar nicht gern sieht, daß wildfremde
Leute seine Hirsche schießen, und des
wegen hat er jedesmal, wenn ein Hirsch
m Äicht kam, ihm einen freundlichen
Wink mit der Hand gegeben. Mit
liftigem Augenzwinkern blickt er den
Oberförster an und fragt erstaunt:
Je. Herr Oberförster, schall hee denn
würklich eenen scheiten?"
Ein kleines Miszverständnisz.
Ein Bauer ist erkrankt. Ter von
der besorgten Frau herbeigerufene Arzt
findet ihn in hohem Fieber. Er ent-
fernt zunächst von seinem Bett die vom
Dorfbader verordneten Federbetten, die
mit Centnerschwere bei 24 Grad Rsau
mur auf dem Armen lasten, sodann
gibt 'er neben der verordneten Medizin
der Frau den Auftrag, sie solle doch ja
für Kühlung sorgen.
Als er am nächsten Tage wieder-
kommt, findet er zu feinem Erstaunen
den Zustand des Bauern verschlimmert
vor. Das Fieber ist erhöht, dazu zeigt
der Kranke alle Anzeichen einer schwe
ren Verdauungsstörung.
..Wie ist denn das blos möglich.
Frau Huber?" sagt er zu der weinen
den Bäuerin, Euer Mann hat heute
viel mehr Fieber; habt Ihr denn nicht
ür Kühlung gesorgt !"
Freili, freili. Herr Dukter! Er cht
Hot se ihm ooch ganz gutt gethan!
Oberscht nachher, da wullt hei se gor
nimmer mehr fressa, der Bauer! Dor
bei hob ich ihm duch schonst de scheenste
gebroten, vun unfera Scheck'!"
,Was denn gebraten? schreit der
Doktor, dem was Böses ahnt.
Nu, was denn andersch als die Küh'
Lung', Herr Dukter!"
Besondere Bekanlagung.
Ter Kritiker Dr. Reißer hat den
Violinvirtuosen Pablo Kratzer wegen
ehrenrühriger Aeußerungen gefordert.
Der Musiker erklärte den Zeugen:
Sagen Sie dem Doktor, es fällt mir
nicht ein, mich mit ihm zu schlagen.
Wenn er mir den kleinen Finger weg
schießt, kann ich nicht mehr spielen, er
kann aber noch Kritiken schreiben, auch
wenn ich ihm den Kopf wegschieße!"
L!eiia?s!immk Stelen.
Junger Herr (aus ei.inn pfiri!!ichf:i
Balle): Trinken Lie gern Sltt. Fiäu
lein?" Fräulein OoftmüiV.idig): O
g,'wiß. mein Heir."
Junger Herr: ..Tann paffen wir
auszeichnet zusammen, ich trinke näm
lich auch gar zu gerne guten Sekt!
Wenn doch ,iur irgend Jemand käme,
der uns h.iüuie!"
tin Il,'eifenner.
Richter: ES liegt der Verdacht nahe,
daß Sie. außer dem zugestandenen Ein
bruch bei dem Weinhändler, auch die
fnilietn bei ihm e.usgeführt haben!"
Angeklagter: Bitte sehr, Herr Rich
ter. diesen Wein stiehlt man nur ein
mal!" perfid.
Rummel: Tu hast heute dem Brief
träger ein Trinkgeld gegeben hast
wohl einen Geldbrief bekommen?"
Bummel: A ee. Unverschämtheit
von meinem Schneider! Schickt mir der
Kerl die Rechnung als Geldbrief, damit
ich sie annehm'!"
Viel r erlangt,
Gattin: Jetzt kommst Tu nach
Hause? Es ist schon furchtbar spät."
Gatte: Aber nicht doch; es ist noch
gar nicht spät."
Gattin: Da hör' nur, die Uhr
schlägt eben, eö ist gerade drei!"
Gatte: Na, wenn Du solcher er
bärmlichen Uhr mehr glaubst, als Dei
nem Dir ehrlich angetrauten Gatten,
dann habe ich überhaupt nichts mehr zu
sagen."
Stimmt.
Mein Freund Lehmann läßt jeden
Tag drei bis vier Flaschen Rothwein
durch die Kehle laufen." ,
Nanu daS reine Rothkehlchen."
Aufmerksam.
Hausfrau (strickend): So,
nun
wären die Strümpfe auch fertig."
Besuch: Oh, das ist ja hübsch.
Dann darf man wohl zu dem neuen
Paar in Ihrer Familie gratuliren?"
Erste Lorge.
Gatte: Aber liebes Weibchen, wie
mußt Du gelaufen sein? Du bist ja
ordentlich violett im Gesicht."
Gattin: Mein Gott, wie wird da Z
zu meinem blauen Hut paffen."
RellnerinnenlVitz.
Kellnerin (zu einem jungen Stuben
ten): Nicht wahr. Sie studiren gewiß
Bergbau?"
Student: Wie kommen Sie dar
auf?" Kellnerin: Nun. weil Sie immer
eine so große Zeche machen!"
Falscher verdacht.
Herr (zu einem Weinreisenden):
Sah ich Sie nicht gestern in der X.
Straße aus einem Hause heraus
fliegen?" Weinreisender (beleidigt): Ich muß
doch sehr bitten, es war das Palais des
Fürsten von Z.I"
Alles Mögliche.
Köchin: ..Madame, mein Bräutigam
kommt for einige Tage hierher."
Frau: So, na da wollen Sie wohl
manchmal mit ihm ausgehen?"
Köchin: Allerdinas. Madame, und
ick wollte ooch noch fragen, ob er nich
for die paar Tage in's Jastzimmer
schlafen könnte?"
Macht der Gewohnheit.
Herr (zu einem alten Diener',: ..Darf
ich Sie um die Hand Ihrer Tochter
anpumpen?!"
Mildernd.
Nante (stark angeheitert): ..Jekt lass'
meine Alte aber blos 'was sagen; der
Mond ist auch wieder voll!"
Bescheiden.
Junger Manu: ..Wie gebt es Odilen.
mein Fräulein?"
Backrnch: So einem iunaen Müd-
chen wie ich bin, geht es überhaupt noch
garnicht!"
verdächtig.
Richter: .. Sie vermutheten din
sofort, daß der Angeklagte, der fick als
Student ausgab, ein Schwindler sei?"
Zeuge (Nachtwachter): ..Natürlick
denn ich hab' den jungen Mann noch
nicht ein einziges Mal nach Hause ge
bracht!" "
Gut für sich selbst xla'dirt.
Vorsitzender des Gerichts: ..AKn
Angeklagter, Sie werden nach der aan-
zen Strenge des Gesetzes verurtbeilt
werden. Haben Sie noch etwas zu be
merken?" Angeklagter: Ja. ick wollte mir
noch sagen, dat bei mir mit Strenge
nie wat auszurichten jewesen is, also
behandeln Sie mir lieber mit Jüte!"
Sin ehrlicher Finder,
Angeklagter, warum baben
denn das Portemonnaie mit ivn 91
Mark Inhalt, welches Sie am Abend
gefunden, nicht sogleich aus der Vnlii-
wache abgegeben?"
Es war schon zu spät, Herr Asses-
or!"
Nun, warum gaben Sie ? vm.
da nicht am folgenden Tage ab ?"
ja, oa war nix. mehr d'rinn, Herr
Assessor!"