Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 15, 1900, Image 14

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    ffllküA
.VolhUc veil U. 3 t V-
Der diente Vorhang senkte sich lang
sam hcrad und vereitelte die letzten Per
fuebe ter llatnijeubcn. bravoruscnden
Meng?, ihren Liebling noch einmal her
vorzujubeln. Viele entfernten sich reg
nirt, während ein großer Theil nach
dem kleinen Psortchcn drängt, durch
welches die Echinspieler daS- Theater
betraten und verließen, um hier den gc
feierten Helden dieses Abends noch (in
mal zu sehen. Tenn er war großartig
aewesen. einzig, unübertrenlich, dar
über waren alle einig, die, seiner war
tend. hier standen und, während sie die
Leistung des Künstlers besprochen, sichs
nicht entgehen ließen, auch fein Privat
leben möglichst genau zu beleuchten
TaS vielköpfige Ungeheuer Publikum"
versteht ja fa selten, den Künstler vom
Menschen zu trennen. Viel Neues er
fuhren freilich die guten Leutchen nicht;
denn daß Carlsberg aus guter Familie
war, seinen Toktor juriS gemacht und
dann einer Ächausplelerm zu Liebe zum
Theater gegangen und dieselbe später
gehcirathct hatte, wußten fle längst
Lebte doch Carlsberg schon seit drei
Jahren mit Frau und Kindern in einer
hübschen kleinen, am Fuße des Eberts
dergeS gelegenen Villa. Seine Mittel
erlaubten ihm das. denn außer einer
guten Gage bezog er von feinem Privat
vermögen noch ansehnliche Zinsen, die es
ihm gestatteten, Frau und Kindern das
Leben so angenehm wie möglich zu ae
stalten. Aber nicht nur für sich und die
Seinigen hatte der junge Künstler
offene Hände, das Häuschen am Ebcrts
berg war feiner Gastlichkeit wegen
Vielen bekannt und feiner Mildthätig
leit wegen von Vielen geliebt.
In dem Korridor, auf welchen die
Thüren der Herren Garderoben gin
gen, standen zwei Schauspieler, abge
schminkt und in Straßenkleidern, die
allem Anschein nach auf Jemand warte
ten und sich inzwischen die Zeit damit
vertrieben, die hcntige Aufführung zu
kritisiren.
Carlsberg hatte entschieden seinen
guten Tag," meinte der Eine, ein älte
rer Herr, der in der heutigen Othello
Aufführung" den Vater Desdemonas
gespielt hatte.
Hm," pflichtete ihm der Jüngere,
.Casfio", bei, wann hat der nicht sei-
nen guten Tag s Ter hat s leicht, 's ist
eben ein Genie, da kommen wir Andern
nicht mit."
Na, deswegen haben wir doch auch
unsere Existenzberechtigung," knurrte
der Alte; 's 'kann nicht lauter Genies
geben, und man kann auch, ohne Genie
zu sein, einen guten Namen in der
Theaterwelt haben."
Gott sei Dank!" stimmte ihm Cassio
bei. Wir hätten gar zu viel Nullen,
wenn nur die genialen Künstler zähl
ten. Für den Carlsberg ist's übrigens
ein Glück, daß sein Engagement mit
dem Hof-Theater perfekt geworden ist,
denn in der letzten Zeit war's fast'nicht
mehr mit ihm auszuhalten."
Er war sehr nervös, es fiel mir auch
auf den Proben auf."
Schauderhaft, rein wie ausge
tauscht, launenhaft, hysterisch, mit
einem Wort, unausstehlich."
Lieber Freund!" belehrte ihn der
Alte. Studiren und spielen Sie einen
Othello zum ersten Mal, da werden
wir ja sehen, wie Sie sich benehmen.
Und wie hat ihn Carlsberg gespielt!
Es war eine Meisterleistung. Und da
bei ist er achtundzwanzig Jahre alt.
WaS der noch vor sich hat! Glauben
Sie mir, wir werden noch einmal stolz
darauf fein, fo freundschaftlich mit
ihm verkehrt zu haben, wir werden uns
noch lange des heutigen TageS erinnern,
an dem er uns eingeladen hat, die
fünfte Wiederkehr feines Hochzeitstages
zu seiern."
Mit diesen Worten behielt der alte
Herr Recht, aber in anderem Sinne, als
er es gemeint hatte.
Bald darauf kam Carlsberg mit
Jago," im Privatleben sein bester
Freund, aus der Garderobe, entschul-
dlgte sich bei den Kollegen, daß er sie
warten ließ, und ging dann mit ihnen
dem Ausgang zu. Draußen empfing
ihn das Bravorufen und Händeklat
sehen der wartenden Menge; aber was
ihn fönst erfreuet hatte, beachtete er
heute kaum. Ohne Gruß und Dank
stürzte er nach dem Wagen, den ihm
der Theater Diener besorgt hatte,
winkte die Kollegen zu sich und trieb
den Kutscher an, zuzufahren.
Bald war er an der etwas isolirt
liegenden Villa angekommen, in deren
erleuchtetem oberen Stock eine kleine
Gesellschaft die Ankommenden erwar-
tete. Auch hier wurde er mit Compli
menten überschüttet, die er mit ironl
schem Lächeln und ohne Dank oder Ev
widerung hinnahm. Der besorgte
Blick seiner Frau wich nicht von ihm
Sie hatte der Vorstellung beigewohnt
sich aber gleich nach Schluß derselben
entfreut, um die letzten Anordnungen
für ihre kleine Abend Gesellschaft zu
treffen. Jetzt drängte es sie. ihm ein
herzliches, anerkennendes Wort zu
fagen, und sie benutzte einen Moment,
in dem ihr Mann abseits von den
Anderen stand, um seine Hand zu
drücken und ihm zuzuflüstern: Mein
Herz! Wie stolz war ich heute auf
Dich!"
Ter gequälte ironische Ausdruck der
schwand einen Augenblick aus Carls
bergs Zügen, als er antwortete: Ja,
mein Lieb, Tu meinst's ehrlich, nicht?"
Aber, Fritz, Tu weißt doch, und
Du hast' ja heute selbst gehört; hätt'i Und die Kinder?
ich jenul einen solchen Othello gehabt, ; das l'iutieihaj.
gla.ib' mir, ich tuiitde auch ei:ie andere , muß leben!"
schrie vUMjtich weiß ictit, es giebt nur noch eir.:n Weg
..Nein, ich will leben, sie mutz im Verlaute der Scene das
De-ücmcna gespielt haben!
Aber was tonnte sie zu ihrer Stellung
öaiiifrauoiipflutten, tuclcfce die junge iitjuiif tfütcheuf Sie ierrc.uf den Ge-
Fiaa abriefen, machten dem Zwie danken schnell tukder, er würde sie ja
eingegotl haben, noch ehe !te die Korn
gc sprach
wendete
ein Ende, liiio
sich wieder seinen
Carläbcrg
unter denen sich auch zwei
en zu.
nut dem
Familien be-
Künstler befreundeten
fanden.
Sagen Sie, lieber Carlsbcrg,
nagle endlich eine der Damen, wie
sind Sie nur auf die Idee gekommen
hier Ihr Nest zu bauen? Im -ommer
mag's ja noch angehen, die Villa liegt
in dem großen Garten wie ein Csterei
im Grünen; aber im Winter, das muß
doch einfach trostlos sein. Keine Nach
barfchaft, nicht einmal die Aussicht au
die Straße haben le!"
Nein, nicht einmal das," bestätigte
der Künstler lachend, denn hier in den
Vorderzimmern trennen uns ich
glaube 100 oder 150 Quadratmeter
Garten von der Straße, und die Hin
tcrzimmer gehen auf freien Feld und
eine einsame, holperige Gasse. Aber ich
habe mir diese Wohnung ausgesucht,
weil ich hier ungestört und ohne zu
stören studiren kann. Wir sind die
einzigen Miether hier, auf eine Vicv
telstunde im Umkreis ist keine Meiv
schenieele. die mich hören könnte, wie
ich nachlässig meine Rollen studire."
Ehe er seine Ansichten weiter entwickeln
konnte, rief seine Frau zu Tisch.
Tie Mahlzeit verlief unter fröhlichem
Geplauder, an dem sich der Wirth so
gut wie gar nicht betheiligte. Man
schob das der natürlichen Abspannung
zu, welche die Aufregungen des heun
gen Abends für ihn im Gefolge gehabt
hatten, und das war auch die Veran
laffung, daß sich die Gäste früher
empfahlen, als es wohl sonst der Fall
gewesen wäre.
Künstler sind meist ein nachtschwär-
mendes Völkchen, deshalb war es auch
durchaus nicht wunderbar, daß Elling,
als er mit seinen Kollegen auf der
Straße stand und auf die Uhr sah.
agle:
Kinder, es ist erst halb 12, ich geh'
noch nach dem Ebertsberg 'rauf, 'n
Glas Bier trinken. Wer kommt mit?"
Nachdem die Trei sich darüber der-
ständigt, daß es nur fünfzehn Minuten
weit bis zum Restaurant Ebertsberg,
sei, pilgerten sie elnträchtiglich hm.
Die Frau des Künstlers bemühte sich
indessen, in dem Speisezimmer mit
Hilfe des Mädchens wieder ein wenig
Ordnung herzustellen. Tann ging sie
nach dein Kinderzimmer, um sich zu
überzeugen, daß ihre Lieblinge schliefen.
Als sie über den Korridor nach dem
Schlafzimmer ging, hörte sie ihren
Mann in feiner Studirstube, die von
dem Schlafgemach durch zwei nur mit
Portieren abgeschlossene Zimmer ge
trennt war. herumhantiren. Er konnte
also noch nicht zur Ruhe kommen, trotz-
dem ihm dieselbe heute so nöthig war.
Da sie aber aus Erfahrung wußte, daß
er in solchen Stunden nervöser Ueber
izung vernünftigem Zureden nicht zu
gänglich war, begab sie sich zur Ruhe
und verfiel schnell in einen tiefen
traumlosen Schlaf.
Wie lange sie in demselben lag
wußte sie nicht, aber plötzlich wachte sie.
von einem Gefühl des Grausens ge
schüttelt, auf. Was war ihr denn?
Nichts! Und doch halte sie das Gefühl
gehabt, als ob ein eisiger Wind über sie
hinwehe, der ihr das Mark gefrieren
ließ. So mußte es Einem zu Muthe
sein, den des Todes Flügel streifen.
In einer Sekunde war sie wach und bei
vollem Bewußtsein.
Eine lähmende Angst bemächtigte sich
ihrer. Sie fühlte, daß etwas Unbe
stimmtes. Schreckliches ganz in ihrer
Nähe ei.
Sie will rufen, aber der Schrei er
stickt in ihrer Kehle. Da da ist es ja
das Gefürchtete dort löst es sich aus
den Falten der Portiere und schleicht
heran in bekannter Gestalt mit
eigenthümlich starren Zügen mit
Augen, in denen der Wahnsinn lodert
ihr Mann.
Ein Blick in diese Augen hatte ge-
niigt, der Armen die grauenvolle Wahr
hcit zu enthüllen. Von Todesangst
überwältigt, schloß sie die Augen wie
der und drückte sich tiefer in die Kissen,
unfähig, zu denken.
Dieser Zustand dauerte ein paar
Sekunden, ein paar Ewigkeiten. Dann
ließ das Sausen und Brausen, das ihr
wie Meeresfluth im Ohr tönte, nach
Mit äußerster Willenskraft zwang sie
stet), su hören und mit halboffenen
Augen zu sehen, was vorgehe.
Jetzt hört sie ihres Mannes
Stimme:
Doch Dein Licht ausgethan, Tu
reizend Muster herrlichster Natur,
Nie find' ich den Prometeussunken wie
der, Dein Licht zu zünden!"
Einen Augenblick athmete sie erleid
tert auf. Was war sie für eine Thörin
gewesen, sich so zu ängstigen, weil ihr
Mann seinen letzten Othello-Monolog
noch einmal durchsprach! Aber da kam
die Erinnerung wieder an den Blick,
mit welchem er dort unter der Portiere
gestanden, an diesen stieren, wilden.
lauernden Blick, und warum sprach er
den Monolog hier, statt in seinem
Studirzimmer?
Nein, es war kein Zweifel möglich;
wenn dieser ParoxiSmus andauerte, war
ihr Tod unausbleiblich! Tenn erspielte
jetzt nicht mehr, er war der wahnver
blendete Mörder Othello, und sie war
hm nur noch Desdemona, die der un
glückliche Mohr tobten muß.
doithür erreicht hatte. Scheinbar er
wachen und ruhig mit ihm reden? Viel
leicht rief das den irrenden Geist noch
einmal in die Wirklichkeit zurück, viel
leicht beschleunigte sie aber auch damit
die Katastrophe.
Gleichviel, etwas mußte geschehen, si
konnte dies passive Abwarten nicht län-
ger ertragen.
Jetzt sprach er die letzten Worte sei
nes Monologs, und noch ehe sie der
itungen waren, negtete ncy die zunge
Frau, die Augen aufschlagend und sich
aus den Arm stützend, halb auf
Carlberg trat einen Schritt zurück
und sagte dann, der Rolle getreu, mit
wunderbarem Ausdruck, die ganze
Tragödie des Augenblicks in die zwei
Worte zusammenfassend: Sie wacht!"
Einen Augenblick rang die arme
Frau nach Athem, die Kehle war ihr
trocken und zugeschnürt, aber der Ge
danke an ihre Kinder gab ihr die Kraft,
mit scheinbarer Ruhe zu fragen:
Du hast noch studirl?"
Fast schien es. als wolle der enl-
flohene Verstand zurückkehren; der
Künstler fuhr sich langsam mit der Hand
über die Stirn und sagte dabei fast
tonlos:
Ich? Ja, ich studire meine Rolle,
denn ich habe heute erbärmlich ae-
spielt. Das Volk hat mich verhöhnt.
mich Aber ich will s ihnen
schon zeigen: der Erste will ich wer
en, die ganze Welt soll sich vor mir
beugen, nur vor mir, es darf keinen
größeren Künstler geben als mich! Nir
gends und niemals mehr! Aber noch
bin ich s nicht. Mein Othello. -darf
keinen besseren geben als mich.
nicht Rossi, nicht Salvini, sei
nen, leinen : Man darf sie nicht
mit mir in einem Athem nennen!
Ter wahnsinnig Eraltirte hielt einen
Augenblick inne und starrte verzückt
seniler zu gewinnen av:n und den
Sprung aus die Gasse wagen. Gott
wird i';r deislehen, sie muß so viel Kraft
beHallen, um bis zu Menschen fliehen
zu könne, die sie schütze und ihren
Kindern die Mutter erhallen.
Schon spricht Othello von Cassio.
von dem Tuch, und langsam, schieß
pend, als tonne sie so die Augenblicke
bannen, entlegne! dir unselige Tesde
mona: So hat er's dcnn gefunden, nie
hab ich'S ihm gegeben, ruf' idn her, daß
er bekennt, wic's ist!" Er hat be-
kann!!
Schon während diese?
Reden hat sich Desdemona langsam auf
gerichtet, nun glitt sie vom Bett herab
und suchte schnell das Nächstliegende
Fenster zu erreichen, und während ihre
Hände bei den Worten Ach. meine
Furcht, erklärt mir's wie? er todt?" den
Riegel desselben nur zu umklaininern
schienen, versuchten sie, ihn zu öffnen.
Es war die höchste Zeit, denn was
war das? Vom Ende der Straße her
tonten Stimmen, sie glaubte sogar
einige Takle einer viel gesungenen Me-
loote zu unter qeioen nayer. immer
naher ja, diesmal war es wirklich
die Rettung in der letzten Stunde. Vor
Aufregung zitternd, drohte das arme
Weib in die Knie zu sinken, als sie nun
stammelte: O Gott, er ist verrathen,
ich verloren!"
Immer näher kamen die da unten.
schon unterschied sie bekannte Stimmen.
es waren seine Kollegen, die ein glück
licher Zufall hier noch einmal vorbei-führte.
Da erwachte neue Hoffnung in ihr,
gab ihr neuen Muth, neue Kraft des
Widerstandes. Ihr fieberndes Hirn
luchie ein x'nttct, den wagenden ein
Zeichen zu geben. O, hätte sie die Tritte
Jener beflügeln können! Schon packte
er sie, um sie nach dem Lager zurückzu
schleppen, da schlug sie mit der frei
gebliebenen Rechten gegen die hohen
Scheiben, daß die Splitter klirrend
umherflogen, und mit diesem Geräusch
mischte sich ihr verzweifeltes Hnfege
schrei, welches die gemüthlich Anschien
sein wird. Da aber jtde Revision eine
üderrasche".ke" sein soll, und die Morse
streifen zur Prinüng monallich eilige
sandt werden müssen, weil früher mit
na oben, dann nahmen eine IStlae oernoeit vewog, im winrm nti au
einen anderen Ausdruck an; er war das einsame Haus znzustürzen
nicht mehr der nach Größe strebende Unbekümmert um die noch im Fen
Schwärmer, fondern wieder Othello, stcrrahmcn steckenden Glassplilier um
der unerbittlich sich Rächende, der nun klammerte sie denselben unter fortge
fragte: setzten Hilferufen und fühlte in der kc
Hast Tu zu Nacht gebetet, Tesde- lossalen Erregung dieser Stunde nicht
mona?" einmal, daß ihr Blut aus zahlreichen
Höre mich an, eine Sekunde nur!" schnitt uud Rißwunden von Händen
öhnle die Unglückliche. Aber er wie- und Armen floß
verholte nur dringender:
Hast Tu zu Nacht gebetet, Tesde-
monak"
Fritz, ich beschwöre Tich bei allen
Heiligen!"
Erschreckt schwieg sie, er hatte sie mit
eisernen Händen gepackt und halb
Mit der Kraft des Wahnsinns suchte
der Rasende sein Opfer loszureinen
mit der Kra 1 der Mutterliebe wioev
stand sie ihm und rief den Reitern zu
die Thüren zu erbrechen und zu kom
men fo schnell wie möglich.
Schon waren sie im Haufe-verschwun-
emporgerisf en, schüttelte sie wild und ries den, schon krachte die glurlhür unter
gellend: ihren Tritten, als Carlsberg, die Nutz-
Ah, Tu bist auch gegen mich. Du losigkcit seiner Bemühungen einsehend,
hast Tich mit meinen Feinden verschwo- Plötzlich davon abließ, um im nächsten
ren. aber das soll Tir nichts helfen Augenblick seine Hände fest wie einen
und ihnen auch nicht! Du wirst die Schraubstock um den Hals seiner Frau
ecene spielen fo spielen, wie ich sie zu legen.
im Kopfe habe!" Schon hörte diese im Nebenzimmer
Bet den letzten Worten halte er sie die schrille ihrer Befreier nur die
losgelassen, die bebend und vor Angst schwere Portiere trennte Jene noch von
selbst halb wahnsinnig wieder in die ihr da vergingen ihr die Sinne und
Kissen zurücksank und auf seine erneute
Frage halb willenlos antwortete
Ja, mein Gemahl!"
Sie war verloren, es gab keine 9tei
tung mehr für sie, das stand fest, wenn
nicht Gott ein Wunder that und ihr da
draußen auf dem' einsamen Weg einen
Retter schickte. Aber umsonst strengte
sie ihr seines Gehör auf'S Aeußerste an.
alles blieb still, und sie hörte nur das
mit gurgelndem Möcheln brach ie in
demselben Augenblick zusammen, in
welchem die Schauspieler hereingestürzt
kamen.
Nur mit großer Anstrengung gelang
es ihren vereinten Bemühungen, noch
zu rechter Zeit die Hände des Unglück-
lichen vom Halse seines Weibes zu
lösen und ihn zu binden. Dann erst
konnten sie sich mit der fast leblosen.
rasche, ungleichmäßige Pochen ihres Her- blutüberströmten Frau beschäftigen
zens und die schöne, sonore Summe angfam eruone ne sich wieder. Zyr
ihres Mannes. er ter Bim nel aus den Galten, den
Bist Tu Dir irgend einer Schuld die Schauspieler mit herabgerisscncn
bewußt und hast des öimmels Gnade Porlierenschnllren gefesselt halten. Aber
nicht versöhnt, so flehe gleich darum!" sie wandle sich schaudernd ab vor dem
Ras fokale nun Rede und Gcaen- haßerfüllten Blick, den er ihr zuwarf,
rede. Er spielte mit einer Leidenschaft. Während einer der Schau,pielcr nach
die sich in's Maßlose steigerte und sein einem Arzt gtng. theilte die zunge Frau
Weib jeden Augenblick .fürchten ließ, den Kollegen mit, wie alles gekommen,
daß er den Faden der Dichtung verlie
ren könne, ohne jedoch den Endzweck,
den Mord, zu vergeben.
Da täuscht sie ihre fieberhaft er
regle Phantasie, oder waren das wirk
Itch? Leise wie ein Hauch, um kei-
nen Ton der Außenwelt zu verlieren.
stammelte sie: Dann qüt'qer Himmel.
erbarm Dich mein!
Ja, es dauerte fort, näherte sich mehr
und mehr ein schwerer, fester Tritt,
der hallend in der stillen Nacht von dem
holprigen Pflaster widerlönte.
Gerettet: rubelte es tn ihr. TaS war
der Wächter, der seine Runde machte
Noch ein paar Sekunden dann würde
sie ans Fenster stürzen und den mittler-
weile ganz nahe Gekommenen zu Hilfe
rufen.
Sie hörte kaum noch, was Carlsbera
sprach, und antwortete nur noch mecha
nisch; ihr ganzes Leben hing an dem
Schall der dröhnenden Schritte, die
allmächtiger Gott nein nein
und doch doch die Schritte ent
fernen sich, klingen schwächer und
chwächer fo ist kein Zweifel mehr
möglich, der Wachter tst tn das kleine
Gäßchen eingebogen, welches sich, den
Feldweg mit der vorn am Garten vor-
beiführenden Straße verbindend, zwi-
chen den Gärten hinzieht.
Die furchtbare Enttäuschung droht
hr auf's Neue die Sinne zu trüben;
aber sie muß ja leben, und die blei
chen, bebenden Lippen fahren fort,
Worie zu stammeln weiter und wei
ter geht die gräßliche Komödie, dem
Ende zu und welchem Ende! Sie
und erfuhr von diesen, daß sie in über
wüthiger Laune den kleinen Umweg
gemacht, um dem Hochzeitspaar zur
freier des Tages noch cm Ständchen zu
bringen.
Dieser Laune dankte sie ihr Leben.
Carlsberg starb nach wenigen Mo-
nalen im Irrenhause an VcrfolgungS-
Wahnsinn.
Die ganze staot trauerte mit der
mnqen Wittwe, deren tnniq tcs weoet
in dem Wunsch gipfelt, daß das ent
setzliche Schicksal des Vaters nie einen
schallen auf den Lebensweg ihrer Km-
der werfen möge.
Die neue katerne.
Humoreske von Paul Fleischmann.
Weißt Du. Papa." schrieb der Assi-
stenl an seinen Vater, einen Berliner
Eizarrenkaufmann, dieser neue Direk
tor soll nämlich ein Licht sein, das in
alle dunkle Ecken leuchtet! Und da ist
meinem Vorsteher hier alle Ordnung
plötzlich nicht mehr ordentlich genug.
An die vergilbteten Aktenschwarten
muß ich neue himmelblaue Schwänze
kleben; er donnert im Güterschuppen
herum oder sitzt hier und kratzt unter
anzüglichen Seitenblicken auf mich die
altehrwürdigsten Klere aus den Ge
schäftsbüchern; und fast tagtäglich
großes Scheuern und Lüften der
ganze Bahnhof niest und hustet schon.
Die Station N., auf Berlin zu.
hat der Schlauberger um Bahndepesche
ersucht, sobald der Direktor unterwegs
unier Tie!isl?epeschen Volkamen, wie:
Profil. Leute! Prachtvolles Kulm
bacher angestochen! oder Giatulire zum
Zirnllingöpärchen!" und ähnliche, fo soll
die Depesche lauten: Neue Laterne
kommt mit Zug so und so!" Denn da?
fällt nicht auf, weil N. als Dep?tsta
tion uns solche Sachen liefert. Nicht
übel wie? Auch der Papa Wirth
hat gelacht, denn ich Hab'S natürlich
Erna erzählt, und die ihrem Papa.
Aber jetzt läuft der plötzlich mit einem
Angsllopf umher; er glaubt, die neue
Laterne" werde auch in sein Geschäft
hineinleuchten und ihm die Pacht stei-
gern! Und darin ist cr likltch. cr mochte
nicht gern fort von Iner, wo er neben
bei durch Holz- und Kohlenhandel einen
schönen Groschen zurücklegt.
Und nun zum Schluß die traurige
Hauptsache! Weißt Tu, was er Dir
auf das Anerbieten, ihn in Sachen
Erna und ich" mal zu besuchen, er
widern läfit? Er verzichtet dankend.
aber ein für allemal" auf Deine werthe
Bckanntichafl! Erna soll einmal
einen Geschäftsmann hcirathen. und
dabei bleibt er trotz ihrer und meiner
Bitten, und obwohl er mich, ich weiß
es. ganz gern Hut und obwohl ihm klar
ist. daß ich seine Tochter anständig er
nähren könnte. Siebst Tu, lieber
Papa, das ist eigentlich der einzige
dunkle Punkt auf Bahnhof A.. aber
leider, leider, in den bringt keine
neue Laterne" ein neues Licht!"
Der Assislenlen-Papa war ein Mann
von kraftvoller Logik. Seine Antwort
lautet höchst einfach. Lieber Maz.
schrieb er, wenn Eure Liebe aussichls
los ist, was folgt daraus? Daß Ihr
sie aufgeben müßt. Und wenn Ihr
sie aufgeben müßt, was folgt daraus?
Daß Tu Deinen neuen Direktor, wenn
er bei Euch sein wird, um Deine 33er
fetzung bittest. Ich werde Tich morgen
mal besuchen, da berathen wir das
Nähere. Kümmere Tich indessen zu
nächst gar nicht um mich und sag's Nie
manden. Ich möchte mir nämlich gern
mal unbekanntcrmaßen im Wartesaal
Teine kleine Flamme ansehen und deren
unerbittlichen Vater "
Tags darauf stieg in A. ein älterer.
bärtiger Herr aus und nahm im Warte
faal dritter Klasse dem Büffet gegen
über auf dem Topha Platz.
Ein Bier, bitte!"
Ter Wirth bediente die wenigen
Gaste selbst. Er brachte das Bier.
dann nahm er seinen Platz am Büffet
wieder ein.
Unbegreiflich!" sagte sich der
Fremde, nachdem er Jenen eine Weile
beobachtet, ganz unbegreiflich! Scheint
ein ganz netter, weltgewandter Kerl zu
sein und dabei doch so eigensinnig?!
Mag er die eigene Stellung noch so
hoch schätzen, am Ende giebt's doch in
jedem Beruf Licht und Schatten
Na. was kann es helfen! Schwamm
d'rüber!.. .." Aber die Tochter hätte
ich doch gern mal gesehen. Wo steckt sie
nur?"
Er machte sich's in seiner sophaecke
bequem und bestellte ein neues Glas
Bi?r, dann, nach einer längeren
Weile, ein drittes.
Tem Wirth war der unbekannte
Herr inzwischen nicht wenig aufgcfal
ich. in, an ii er, .wenn tet) nur
eigentlich wüßte, wer der da auf dem
Sofa ist! Er kam doch mit dem Ber
liner Zuge, aber Geschäftsreisender ist
er wohl nicht, einen Musterkoffer hat cr
nicht, na, und wenn er sonst in A.
oder Umgegend was zn thun hätte, in
jedem Falle. wäre er doch längst auf den
oaen! Stall dessen sitzt er hier, als ob
bei dem scheußlichen Winterwetter
extra nach Bahnhof A. gekommen
wäre, um zu kneipen. Es giebt wohl
Berlin kein Bier mehr?! Na,
mir kann's ja recht sein Ader wie
mich der unangenehme Kerl immer be
obachtet, mich und Alles, was hier vor-
geht! Was will er denn von mir?"
Plötzlich ichrcckt er fast zuiammen,
as Blut steigt ,ym zu ops schnell
innt er noch etwas nach, aber nun
ürzt er wie im Fluge zum Slalions-
Vorsteher Herr Vorsteher, Herr
Vorsteher also Sie wissen noch gar
chls, was? Na. dann hören Sie blos
. also bei mir im Warlesaal auf
dem Sopha sitzt er Ihre sogenannte
neue Laterne"!! Ja. wahrhaftig! und
ch lasse mir gleich den Kopf abfchnei
den, wenn er s nicht tst! So ein i
neuer Direktor wird doch nicht offen in
erster Klasse oder im Extrazug kom
men; er nui es naiunicy aus, oa er
uf den Stationen noch unbekannt ist.
und revidirt Anfangs nach Möglichkeit
blos mcognito! Ach so, sie met-
neu. Ätaiion yar man oepeM
aber Liebster. Bester! Wie schwer-
ällig! In N. wird man ihn eben auch
och nicht kennen!"
Ter Vorsteher wgr sehr nachdenklich
geworden. Rasch die Uniform straff
gezogen, Haar und Bart glatt ge
strichen und die Tienstmicne erster
Klasse aufgesteckt dann eilt er
denn der Direktor will ja zunächst un
erkannt bleiben in den Raum hin
ter'm Warlesaalbuffet und faßt hin
ler dem Guckloch im grünen Vorhang
Posto.
Jetzt bestellte der Fremde eine Stulle
mit Schweizerkäse".
Na, so eine Rafniurhen! denkt der
Wirth. Der äße doch gewiß lieber
ein Kaviarbrödchen! Aber natürlich ....
Na. Erita'chen, mach 'ma! eine pllfci e
Stulle z irecht Primabuttcr. n,e:,:,t
weaen iin gerb och gestrichen, nid d.-t
Käse zentimelerdick " Und als sie see
tig war: Servir Du ihm das Bro.
mein Kind! Solch ein großes Z liier
bat auch gern Augen für ein hübsches
Mädch'-n!"
Ah wohl Ihr Fräulein Tochter''
fragte der Fremde mit Interesse.
Im Sturm eilte der Papa Wirth
zum Soph, auf dem Wege deibin mit
Gekrach kieit Stuhl umreißend. Za
dienm! Zu dienen. Herr Chcsdirek
oh. Pardon!" Er preßt sich die Haid
krampfhaft auf den Mund.
Ein hübsches Kind!" meinte der
Fremde und strich sich ernst den Bart,
nachdem er noch soeben ein Lach'ln nicht
hatte unterdrücken können, ein g,i,!.
reizendes Kind! Nur ein bischen blaß
und ernst, wie's scheint"
Gott, ja." der Wirth ließ die
Stimme etwas sinken wie daö
manchmal so ist.... Nämlich, sie hat
ein Verhältniß zu dem jungen AüU
stenlcn hier na. und ich hätte ja
auch sonst gar nichts dagegen gehabt,
nicht das geringste, aber ich wollte
nicht, daß meine Tochter einen Be
anilen "
Der Fremde blickte auf und wie
ein Stich durchfuhr eS plötzlich den
Anderen. Na nun gab's nicht
blos Steigerung, jetzt war die Kündi
gulig sicher!
Die hellen Schweißtropfen standen
dem Papa Wirth auf der Stirn.
Indessen hm tndenen," beeilte
er sich plötzlich trotz der Pause unter
krampfhaftem Husten wiederanzuknü
pfen da war hm, hm das war
selbstredend nur ein Vorwand hm
jawohl, denn das wäre ja Unsinn
nein, nein, Erna, schien mir nur noch
ein bischen jung damals jawohl
nun, nun, zum Beweise "
Et flüsterte feinem Liebling etwas
ins Ohr ein erschütternder Jubel
schrei sie hat ihren Max und da legt
auch schon der Papa Wirth ihre Hände
ineinander, glücklich und in innerster
Herzensfreude strahlend wie das junge
Paar selbst
Na, nun sehen Sie mal," meinte
der Fremde lächelnd. Hatten Sie da
nicht doch ein bischen lange gewartet?
Von demBcsuch deöVaters des Assistenten
wollten Sie. wenn ich nicht irre, noch
letzthin nichts wissen!"
O, was das anlangt ! Ich
wünschte, er wäre heute hier, um die
Verlobung feiern zu helfen. Mit lau
send Freuden schlösse ich ihn in meine
Arme und "
So? Na, liebes Tickcrchcn." rief
jetzt der Andere launig, indem er sich
erhob, doch zögern Sie nur auch da
mit nicht länger wie nöthig ich
bin nämlich der Vater!"
Kurze Verblüffungs- und Ueber,
raschungspause hinterm Büffet schoß
mit dröhnendem Lachen der Stalions
Vorsteher hervor dann ein paar
stürmische Fragen und Erklärungen
und nun allseilige Freude, Heiterkeit,
Jubel, Glückwünsche, alle?, alles bunt
durcheinander.
Humor in der Schulstube.
Ein heilerer Vorfall, der sick in einer
Dorfschule des Kreises Bunzlau in
Schlesien zutrug, bewahrte einen Sebii.
ler vor der ihm. zugedachten Züch
tigung. Der zweite Lehrer des Dorfes
war von der Ableistung einer sechs
wöchigen Uebung aus Posen in die
He.math zurückgekehrt. Die Schul
linder hallen es sich nicht nehmen las
fen. ihrem Lehrer einen ehrenhaften
Empfang zu bereiten. Sie halten
fleißig die Hände gerührt und überall
im Klassenzimmer Blumenschmuck an
gebracht. Nicht nur die Eingangsthür,
fondern auch Katheder und Stuhl wa
ten mit Guirlanden geschmückt. Die
freudige Ueberraschung des Lehrers war
hierüber groß, sodaß die erste Schul
stunde einen urgemüthlichen Verlauf
nahm. Aber schon in der nächsten
Stunde tief ein Schüler den Zorn des
Lehrers hervor, sodaß dieser dem Faul
pelz die Kehrseite mit ungebrannter
Asche" bearbeiten wollte. Er ging auf
den Platz zu, wo er das Stöckchen auf
bewahrte. Als er jedoch das spanische
Rohr erblickte, da war im Augenblick
sein Zorn verraucht, und ein Lächeln
überflog seine Züge, denn auch der
Stock war reich mit Blumen umwnn
den. Es wäre schade aewesen. k
Arrangement zn zerstören, weßhalb der
cineiyater noch einmal verschont blieb.
Bom TerenissimuS.
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validenhnus zu besuchen, zu dein am
Thor stehenden Veteranen, der die eine
Hand in der Binde trügt): Sagen Sie
mir, mein Lieber, ihr Arm ist wohl im
Feldzuge blessirt worden. Aeh, was?"
Invalide: Zu Befehl. Hoheit!"
Serenissimus: Sehen so fatigirt
aus. Arm thut wohl noch weh ?"
Invalide: Das nicht, Hoheit, aber
der Arm wird manchmal sehr müde und
schläft mir ein."
Serenissimus: So, so, schläft ein ?
Hm, hm. Ja erlauben Sie mir gü
tigst, da müssen Sie halt abwechseln
mit dem Arm." (Zu seinem Adjutan
ten gewandt): Bitte den Mann hier
über genau belehren zu lassen."
Bescheiden.
Herr (als Gast): Sie verleiben.
gnädige Frau, wenn ich mir das größte
eiua yeransnk!)!i-.e, ,h denke aber, eZ
ist das beste."
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