Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 01, 1900, Image 9

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Der 2iJrpcM:ibt mein!
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(R.a drtiviertel Wkgeftunden von
chwertt. einer Stadt, die neuerdings
die Ehre hatte den Tchah von Perfien
tine Kalbe Stunde zu beherbergen, liegt
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-iinyuii .vocystkn-. Denen vm
wohner zum Theil Ackerwirthschast be.
iTfihftt mm iinhfti ins Mfitfdl!
"VVHII UU llUlllllllKil
Zechen oder Hütten Verdienst suchen
i ucy slnoen.
In dieser Ortschaft girbt's sehr alte
Leute, deren Gedächtniß Überraschend
frisch geblieben: diese .Alten" will ich
heut aussuchen und befragen über eine
Geschichte, die mir neulich bruchweise
erzühlt wurde.
Ich nehme also den ffiirS N. N. C.
und segle mit voller Fahrt den Berg
hinan bis zum Höchsten, niste mich dort
in einer menschenleeren Wirthschaft ein
und lasse mir hier von einein drallen
MSdchen eine Flasche Bier kredenzen.
Au. au! wie schaal eS mundet, dieses
Bier! Gewiß. eS hat feine Herbstzeit
wie die Natur. Heda. Fräulein,
geben Sie mir doch, bitte, irgend ein
anderes Getränk!"
Ja, wat wällt denn häbben 'n
guden Korn?"
Parbleu, ma belle, wenn Sie nichts
Besseres haben, will ich schon mit einem
guden Korn" fürlieb nehmen und, ..
warten Sie mal ! Sie haben, wie man
mir sagte, Nachbarn, alte Leute, die
noch recht genau die Geschichte von
Schulte's Rappen zu erzählen wissen
v!. r: x. . -1 v . . C
luiuuni oie iicu iudiji ouzu uriuriKii
einige halbe Schoppen" in meiner Ge
sellschaft zu leeren und wollen Sie die
Güte haben, jenen meine Einladung zu
übermitteln?"
Zwei-, dreimal mußte ich der länd
lichen Schönheit mein Anliegen wieder
holen, eh' sie'S recht begriff; dann aber
antwortete sie schnippisch, sie wolle die
Einladung wohl besorgen und zweifle
auch nicht daran, daß bei olle X un dei
olle O" kommen würden, ower Houch
dütsch küren könnet dei net dat segg
ick Jnk män!"
Bald nachher faßen die zwei alters
graue aber noch recht rüstig ausschauende
Männer an nieinem Tisch und be.
richteten mir opp Plattdütsch" wie
folgt:
Vor etwa neunzig Jahren war'S, als
französische Truppentheile die Trüm
mer der unbesiegbaren Armee hier,
dieser sogenannten Pariserftraße ent
lang zogen das Heer des mächtigen
Imperators befand sich auf dem Rück
zuge und wurde von russischer Reiterei
hart bedrängt.
An einem Spätnachmittage dieser an
Aufregung aller Art so reichen Zeit,
langte eine völlig erschöpfte französische
Trainkolonne hier an und suchte und
fand Unterkunft in den damals noch
wenig zahlreichen Kotten und Gehöften
unseres Ortes.
Diese Franzosen waren noch gar nicht
schlimm: sie nahmen dankend das an,
ums man ibnen bot. und aus Mitleid
bot man ihnen schon, soviel man zu
bieten eben noch hatte opulente Mahl
zeiten. exquisite Speisen konnten nicht
aufgetischt werden, denn Schränke und
Keller waren so ziemlich leer; es war
des hungrigen Volkes schon die helle
Masse hier gewesen, und immer und
immer wieder hatten die Vorrathskam
mern herhalten müssen.
Etwa zwei Stunden mochten nach
dem Eintreffen dieser Kolonne bergan
gen sein. Reiter und Pferde pflegten be
reits der wohlverdienten Ruhe, als zwei
Ordonnanzen im wilden Galopp heran
sprengten. Bald darauf schmetterten
die Trompeten Alarm, die Kolonne
sammelte sich, saß auf und fort ging s
im eiligen Trapp hinaus, in die bereits
eingebrochene Nacht.
Noch wußte man nicht recht, was die.
fer eilige Abzug ,u bedeuten habe; in
den Spinnftuben saßen Bauern und
Gesinde, in eifrigem Gespräch, allerlei
Möglichkeiten erwägend, als w,e ein
Lauffeuer sich von Gehöst zu Gehöft die
Kunde verbreitete:
Die Russen, die Kosaken kommen !
Diese Kunde erreichte auch den Bauern
Schulte den Vorgänger Winkel,
manns; das Gehöft wird beute von
Ueberacker bewohnt -. ein Mann von
etwa sechzig Jahren und herkulischem
Körperbau, dem man eS wohl ansah,
daß er im Stande gewesen wäre, einen
jüngeren Mann zu bezwingen.
' Dieser Schulte, der. d.es se, beson
derS e wähnt, ein herzensguter Mensch
war. ordnete Alles an zum Empfang
der Alliirten" und wartete dann ruhig
?? 7" . w hrftr aelaat. der Men.
ver iu "" " " .".
leben, die da kommen sollten.
1 e kamen, diese Menschen: halb-
wilde, pelzumflossene Gestalten auf
Lnen,Mgen
uchend betraten sie daS Gehöft, das
ihn?n gastlich feine Tho
und sie verlangten mehr, als der
Baue ihnen geben konnte und sie w
lästigten' die Mägde...,, schlugen die
Knechte. . ' .
Von einer Abwehr, von einem Wi
verstand nnte selbstverständlich bei der
Numerischen Uederza die er Band -len.Eohorte
nicht die Rede jetn, o
JSfete man denn, die Fauft w der
5JS8rtVllnfll
IaiSit einet Fertigkeit, die von langer
i, ÜA imatt hatten die Kerle alles
SBW
1 in den Satteltaschen . unterge.
i ju Inbafe fit im Falle eine plötz.
MMö' w
Jahrgang 21.
lich versehen waren; als dieses Geschäft
erledigt, befahl ihnen der mitanwcsende
Wachtmeister, sich in den tallungen
zur Ruhe zu begeben und folgte ihnen
selbst dorthin.
Der alte Schulte athmete wie be
freiend auf; sein Auge flammte, seine
Hünengestalt reckte sich kerzengerade und
seine Lippen murmelten:
Oh, daß ich doch zwanzig Jahre
jünger wäre!"
Lange dauerte indessen diese Erregt
heit nicht; die Verantwortung für sein
Gesinde. daS ausgeprägte Pflichtgefühl,
das dem westfälischen Bauer innewohnt,
veranlaßten ihn, seinem Baumeister den
schleunigen Befehl zu ertheilen, Knechte
und Mägde nach dem nahe gelegenen
Ort Sommerbcrg zu geleiten und dort
zu verbleiben, bis die Kosaken die Ge
gend verlassen. Erst nachdem er sein
Gesinde in Sicherheit vermuthete, dachte
er daran, die eigene Schlafstätte aus zu
suchen. Eben war er im Begriff, diesen
Entschluß auszuführen, als auf der
.Tenne" ein sporenklirrender Tritt hör
bar wurde; einige Sekunden später ei
schien die Gestalt deS UnterosfizierS im
Rahmen der Thür.
Auch dieser war wie Schulte, groß
und kräftig gebaut, aber welch' ein
Kontrast in beiden Männer Gesichts
ZUgen! .v.r
Der Russe mit seinen wulstigen, von
Sinnlichkeit zeugenden Lippen, struppi
gem Bart und kleinen, listig-böse fun
kclnden Augen, mit fernen Waffen und
in Thierfellen gehüllt, machte den Ein
druck eines Parias der gefährlichsten
Sorte, dem der Teutsche mit seinen
Blauaugen. im schlichten, blauleiiienen
Kittel zwar Waffen, aber auch furchtlos
gegenüberstand.
I gebrochenem Deutsch inszenme der
Russe, nachdem er die Stube betreten.
folgende Unterhaltung:
Väterchen hat schön, schwarz Ferd;
Iwan Jwanowitsch schön grau Ferd
tauschen?"
.Nee. Wachtmeister, den Rappen hab
ich mir selbst gezogen und den will ich
behalten."
Aber Iwan will haben schwarz
Ferd. Iwan will schreiben Schein für
Geld. Wieviel fünfzig Rubel un
graue Ferd ?"
Ich aber will weder ein graues
Pferd noch einen Schein; ich behalte
meinen Rappen!"
schwer fällt dabei die Hand des Mär
kers auf die eichene Tischplatte; es tuet
terleuchtet in den Blauaugen.. ..
Die stahlgrauen Aeuglcin des Russen
aber funkeln bösartig und mit ironi
schein Lächeln antwortet er:
Gut, Väterchen: nicht schein, nicht
graue tfero aoer man ncmnen
schwarze Ferd, Iwan schlafen in Stall
mit sechs Mann...."
Nach diesen Worten verließ er droh-
nenden Schrittes die Stube und das
Haus, um sich thatsächlich zum Pferde-
stalle zu begeben, wo sechs seiner Lands
leute es sich bequem gemacht hatten.
Ohne weitere Umstände legte er sich zur
Ruhe und zwar neben den begehrten
Rappen.
Nach seinem Abgang blieb der Bauer
wie betäubt stehen. Wie? hatte er recht
gehört ? nehmen wollte der Russe den
Rappen, seinen Rappen, den er hatte
aufwachsen sehen, den er gepflegt, den
er liebte beinahe wie ein Kind? Nim
mermehr. das würde er nicht leiden!. . .
Halb wahnsinnig stürzte er zur Kam
mer. riß die Flinte von der Wand und
hing sie verzweifelt wieder auf.
Was konnte er allein gegen einem
Dutzend? Ader gab's denn gar keinen
Ausweg? Er sann nach doch, eine
Möglichkeit gab's, das Pfrd zu behal
ten." Daß er auch nicht eher daran ge
dacht hatte! Die Sache war ja so ein
fach ! ' Er würde morgen Früh zum
Rittmeister gehen, um Beistand bitten;
der würde doch zweifellos sein gutes
Recht anerkennen, den Diebstahl zu der
hindern.
Etwas beruhigt, letzte sich der alte
Mann, der mit dem Morgengrauen sich
auf den Weg machen wollte, auf eine,
die Stelle eines Sophas vertretende
Holzbant und verfiel verhältnißmäßig
bald in eine leichten Schlummer.
Wie lange er so gelegen haben mochte,
wußte er später selbst nicht anzugeben.
Plötzlich aber wachte er auf. Trompe
tensignale schmetterten scharf und schnei
big in die Frühmorgendämmerung;
Pferdegetrappel, Waffengeklirr, fremd
klingende Kommandorufe. . .was sollte
daS nun wieder bedeuten?
Ein Blick zum Fenster hinaus gab
dem beklagenswerthen Bauern Auf
klärung. Da ritt er schon vorüber der
Rittmeister, den er um Beistand bitten
wollte, da kamen sie einzeln heran die
Kosaken, die er beherbergt, da sprengten
sie über den Hof, durch seinen Garten,
rücksichtslos alles niederreitend. waS sich
auf ihrem Wege befand.
Der Rappe war nicht mehr zu
retten, der Hund, der Dieb von einem
IT5
Mima
Beilage zum Nebraska Ätaats-Anzeiger.
Russen mußte im nächsten Augenblick
mit ihm erscheinen .
Plötzlich wurde ihm weich, dem alten
knorrigen Bauer; er schluchzte laut auf
vor Welj und ohnmachtiger Wuth.
Dann näherte er sich dem Fenster und
seine Lippen murmelten leise: Einmal
noch will ich dich sehen, mein treues
Thier!" Aber der Rappe kam nicht.
Schon wareil die letzten Reiter in der
Dämmerung verschwunden, nur einige,
die sich verspätet, kamen "venire a
terre" vorüber zu jagen sollte der
Russe, eine Kugel oder sonstige unan
genehme Verwickelungen befürchtend,
mit seinem Rappen durch den Obstgar
tcn davongeritten sein? .
Der Bauer beschloß, sich Gewißheit
hierüber zu verschaffen, verließ die S tube
und ging zum Pferd'stall.
Sehen wir nun. was sich mittlerweile
hier ereignet hatte.
Beim Eilruf der Hörner hatten die
Kosaken hastig ihre Thiere gesattelt und
waren auf Befehl ihres Wachtmeisters
davongesprengt.
Dieser aber machte sich daran, den
Rappen aufzusatteln.
So schnell wie er sich vorgestellt, ging
diese Manipulation aber nicht von stat
ten; er blähte sich und stieg, sodaß sein
Räuber, obwohl er ein perfekter Reiter
war, es nicht vermochte, den Sattelgurt
zu sichern, ungeduldig wurde und schließ
lich in Wuth gericth.
Unter lautem Fluchen lockerte er seine
Kosakenpeitsche und schlug wiederholt
mit dem kurzen schweren Stiel nach dem
Kopfe des Thieres, das vor Schmerz
stöhnend, endlich zitternd stand.
Der Bauer lvar unbemerkt in den
Stall getreten und hatte, anfänglich
noch unentschlossen, dem Treiben zuge
sehen. Als er aber gewahrte, wie der
Russe sein Lieblingspferd mißhandelte,
da war der Kampfesmuth der Germa
nen, der weder Furcht noch Erwägung
kennt, in ihm erwacht. In Hemds
ärmeln und unbewaffnet stürzte er vor,
seinen Rappen zu schützen.
Hochauf bäumte sich das Roß und
neben ihm kämpfte sein Herr einen
Kampf auf Leben und Tod!
Ein minutenlanges, wildes Ringen
des halbwilden Russen in voller Man
neskraft mit dem deutschen Greis
aber dieser Greis steht aus heimathlicher
Scholle, dieser Greis ist ein Westfale,
der mit Löwenmuth sein Recht ver
theidigt!
Immer wilder tobt der Kamps, un
aufhörlich bäumt sich das Roß. da
der Deutsche hat mit jugendlicher Krast
seinen Gegner erfaßt, feine Muskeln
spannen' sich in äußerster Anstrengung
und im nächsten Augenblick schmettert
er den Russen zu Boden.
Kaum hat er indeß seinen Feind ge
morsen, als dieser, im Stroh liegend,
blitzschnell sein Pistol zieht und in maß
loser Wuth Feuer auf seinen Gegner
giebt.
Der Greis ist getroffen, er taumelt.
ermannt sich aber sofort, ergreift die
Lame des Attentäters einen Stoß
der Kampf ist beendet.
Die zurückkehrenden Knechte fanden
ihren Herrn neben dem Kosaken lie
gend; letzterer war todt. Der Bauer
aber lebte und genas. Im Wund
fieber wiederholte' er stets die Worte:
Der Rappe bleibt mein!"
Auf dem Heimwege sielen mir die
Worte ein. die Shakespeare Heinrich
dem Fünften in den Mund legte, und
diese parodirend murmelte ich:
Mein ist das Roß, ich zog es mir,
Mein Recht ist klar mein bleibt das
Thier.
Und ich behalt' es. ob die ganze Welt
Sich mir zum Kampf entgegenstellt!
Die
Spielleidenschaft
Chinesen.
der
Die Chinesen sind leidenschaftliche
Spieler, man kann sogar sagen, daß
die Spielwuth einen der bemerkcns
werthesten Charakterzüge des Volkes
bildet. Wenn der oberflächliche Beob
achter hiervon nicht viel bemerkt, so
liegt dies darin, daß alle Glücksspiele
gesetzlich verboten sind. Hiernach rich
tet man sich insofern-einigermaßen, als
man es vermeidet, die Sache gar zu
dreist und offen zu betreiben. Trotz
dem hat es für Jedermann, der sich
etwas näher darum bekümmern will,
keine Schwierigkeit, zu erfahren, daß
eS in allen chinesischen Städten Straßen
giebt, wo sich eine Spielhölle neben der
anderen befindet. , Die hohen Man
darinen find hiervon meistens auch
unterrichtet, aber sie drücken beide
Augen zu, weil sie nur zu gut wissen,
daß sie wenig oder gar nichts dagegen
machen können. Der Grund dieser
HUlflosigkeit liegt in dem alten KrebS
Ichaden Ehina S: der allgemeinen Be
ftechlichkeit der Beamten, besonders der
untern. ES mag Fernstehenden über
trieben klingen, aber eS ist thatsächlich
I
wahr: die mächtigsten Satrapen, die
die Bcfugniß haben. Lieferungen von
Panzerschiffen und schweren Geschützen
zu vergebt!,, sind außer Stande, in
ihrer eigenen Hauptstadt die Spiel
Hollen einigermaßen zurückzudrängen.
Wollten sie es versuchen, so mürven sie
einem einmüthigen und zähen passiven
Widerstände der gesammten unteren
Mandarinenschaft begegnen, vor dem
sie bald genug die Segel streichen muß
ten. Weit mehr als die Beamten ver
mag in solchen Fällen das Acltcsten
collegium eines Stadtbezirks oder eines
Dorfes. Dieses Eollegium ist eine sehr
charakteristische Erscheinung im Reiche
der Mitte, die vor allem beweist, daß
das Volk lange nicht so absolut und
despotisch regiert wird, wie man im
Abendlande vielfach glaubt. Das Col
legium wird alljährlich von den Fa
milienhäuptern eines Bezirks gewählt.
Sein Vorsikcnder, glückliches Haupt"
genannt, ist immer ein wohlhabender
und allgemein geachteter Mann. Man
erwartet von ihm, daß er in allen
Fällen, wo Hausbesitzer infolge von
unverschuldeter Noth den jährlichen
Beitrag nicht entrichten können, in die
eigene Tasche greife oder andere wohl
habende Leute ohne viel Aufsehens mit
dazu heranziehe. Von den Beiträgen
werden gewöhnlich die Ausgaben für
religiöse Ceremonien, für Theatervor
stellungen und dergleichen bestritten.
Meistens bekümmert sich das Aeltesten-
cvllegium nicht viel um andere Sachen.
Gelegentlich trotzen aber auch mehrere
solcher Collegien zusammen mißliebigen
Mandarinen, und zwar fast immer mit
Erfolg. Niemand im Volke wagt es,
die Anordnungen eines Kollegiums zu
mißachten. Treiben es die Spieler
eines Ortes also einmal gar zu arg. so,
daß es dem zuständigen Collegium zu
bunt wird, so verbietet es kurzer Hand
alle Spiele auf offener Straße oder in
den Häusern, mit denen ruhestörender
Lärm verbunden ist.
Manche der Spiele gleichen oder
ähneln den in Europa üblichen. Auch
an Bauernfängern und Schleppern
fehlt es nicht, die es an Geriebenheit
mit denen europäischer oder amcrika
nischer Hauptstädte aufnehmen können.
Besonders in Shanghai mit seinem
gewaltigen Verkehr und seinen Hunder
ten von Vergnügnngslokalen steht die
ses Gewerbe in hoher Blüthe. Wir
finden da genau dieselbe Methode wie
hier: höfliche und gefällige Leute ma
chen sich an einfache Landlente heran,
um ihnen die unerhörten Sehenswür
digkeiten von Shanghai zu zeigen;
später fängt man wie zufällig ein
Spielchen an. wobei der Fremde erst
gewinnt, schließlich aber feine ganze
Habe einbüßt. Zuweilen gelingt es.
die Gauner zu fassen, die dann vor
den sogenannten gemischten Gerichtshof
kommen.
Wir wollen einige der für China
charakteristischen Arten des Spieles an
führen. Da ist vor Allem die Wai
sing Lotterie in Kanton zu nennen,
die eigens für die öffentlichen Prüfun
gen eingerichtet ist. Im Abendlande
kann man sich schwerlich einen rechten
Begriff von der Begeisterung machen,
womit in einem Bezirk oder Stadt die
Nachricht aufgenommen wird, ein von
dort gebürtiger Candidat sei bei einer
der höheren Prüfungen besonders er
folgreich gewesen. Die ganze Gegend ist
dann in Aufregung und gratulirt den
Glücklichen, wenn er in seine Heimath
zurückkehrt. Die Angehörigen hängen
große rothe Tafeln an ihren Häusern
auf. worauf in mächtigen Schriftzei
chen zu lesen steht, welche Ehre der Fa
milie widerfahren ist. Wer sich bei den
Prüfungen in der Provinzialhauptstadt
sehr ausgezeichnet hat, wird von den
höchsten Mandarinen zur Tafel gezo
gen, und wer vollends zu den drei Can
didaten gehört, die das alle drei Jahre
in Peking abgehaltene Examen für den
Grad eines Hanlin am besten bestehen,
wird sogar dem Kaiser selbst vorgestellt
und dann von diesem bewirthet. Auf
diese allgemeine Theilnahme an Prll
fungsangelegenheiten baut nun der
öffentliche Lotterieunternehmer seinen
Plan. Er verschafft sich die Namen der
Kandidaten eines bestimmten Bezirks
und erläßt darauf eine öffentliche Auf
forderung, auf zwanzig von diesen Na
men zu wetten. Wer in dem betreffen-
den Bezirk bekannt ist und sich an der
Lotterie zu beteiligen wünscht, zieht
zunächst eifrig Erkundigungen über die
Kandidaten ein. Hat er dem Unterneh
met die gewählten Namen mitgetheilt,
so erhält er ein Loos. Wer die meisten
richtigen Namen getroffen hat, gewinnt
natürlich. Meistens giebt es bei der
artigen Lotterien nur ein paar verhält
nißmäßig hohe Gewinne und sonst lau
ter Nieten.
Thiere miteinander kämpfen zu lassen
und auf den AuSgang des Kampfes zu
wetten, ist in China nichts Ungewöhn
licheS, besonders im Süden des Landes.
trl
$ 1 1
No. 24.
Es ist hicr aber ein viel harinloseres
Vergnügen als in manchen christlichen
Ländern. Denn meistens nimmt man
dazu eine Art Grillen, die in Süd
v hina viel auf den Leckern vorkommen.
Zwei dieser Thierchen iverden in eine
große Schale gesetzt und dann gegen
einander aufgereizt. Sie fallen' sich
meistens mit großer Wuth an, sodaß es
ohne den Verlust von Leben oder Glie
dern nicht abgeht. Aehnlich macht man
es mit Wachtelhähnen; doch lassen es
diese selten bis zum äußersten kommen,
sondern der unterliegende Hahn hüpft
gewöhnlich, wenn er genug hat, von
dem vergitterten Kampftisch herab auf
die Hano seines Herrn. Die Wetten
bei derartigen' Gelegenheiten belaufen
sich oft auf Hunderte von Tollars.
Ein sehr gewöhnliches und einfaches
Glücksspiel, das besonders auf den
Straßen von Kanton häufig zu sehen
ist. heißt Fantan. Der Banlhaljer hat
dabei einen Haufen blanker Kupfer
stücke vor sich liegen, wovon er zwei
Hände voll nimmt und mit einer um
gekehrten Schale bedeckt. Nun müssen
die Umstehenden rathen, wie viel Slücke
übrig bleiben, wenn der Haufen durch
vier getheilt wird, ob eins, zwei, drei
oder keins. Wer richtig räth, gewinnt
sehr viel, wie eS überhaupt bei den
chinesischen Spielen Grundsatz ist, lieber
wenige und hohe Gewinne als viele und
kleine zu haben. Steht eine große An
zahl von Chinesen bei einem Manne,
der auf der Straße seine Früchte feil
hält, so kann man da auch sicher fein,
daß sie ein Glücksspiel herbeigelockt hat.
Meistens hält ihnen der Verkäufer eine
große Apfelsine entgegen und fordert sie
auf. die Zahl der Kerne darin zu
rathen. Viele Umstehenden thun dies,
und jeder setzt einige Kupferstücke auf
die von ihm genannte Zahl. Durauf
löst der Händler die Schale ab, zertheilt
die Frucht und zählt unter allgemeiner
Spannung die Kerne. Wer die richtige
Zahl gerathen hat. erhält den dreifachen
Einsatz, und die beiden, die ihm zu
nächst kommen, erhalten den doppelten
Einsatz ausgezahlt, während alles an
dcre Geld dem Verkäufer zufällt.
Eine andere Art des Spielens besteht
darin, daß ein Obst- oder Kuchcnhünd
ler den Vorübergehenden Zettel mit
kurzen Sprüchen hinhält, worauf ein
Schriftzcichen ausgelassen ist, das auf
der anderen Seite stehen, und daß er sie
zu errathen auffordert. Der Gewin
ner bekommt hicr den fünffachen Ein
satz. So könnte man noch mancherlei an
führen. Die Lust am Wetten und
Spielen sitzt eben von Jugend auf in
jedem Chinesen. Schon halbwüchsige
Buben spielen um Geld, sobald sie ein
paar Kupferstücke besitzen. Die Spieler
haben auch ihre eigene Gottheit, näm-
lich einen grimmig aussehenden Tiger.
der ein großes Kupferstück in den Tatzen
hält; sie nennen ihn Seine Excellenz
den geldgreisenden Tiger". Besonders
zu Neujahr wird dieser Gottheit viel
Verehrung erwiesen, denn an diesem
Feste kann sich nicht leicht jemand der
Theilnahme an der dann allgemein
ycrrlchenden Tpielleidenschaft entziehen,
auch nichl. wer ,,ch Mit davon srei zu
vauen weitz.
Ein guter Magen.
Vor einer Reihe von Jahren bewirthl
schaftete ich so erzählt ein Leser der
Verl. Tägl. Rundsch." ein großes
Gut in Masuren, dessen Besitzer nicht
dort wohnte. Ich hatte unter meinen
Arbeitern einen Polen, der sich recht
anstellig und gewandt zeigte um daher
meist auf dem Hofe zu allerhand Dienst-
Verrichtungen herangezogen wurde. Er
versah nebenbei das Amt eines Stiefel
Putzers bei mir, dem er in einer Kam
mer die an mein Wohngeinach stieß,
nachkam. Auf dem Lande wird das
Schuhzeug weniger der Prozedur des
Wichsens als der des Schmierens unter
zogen, und demzufolge bestand das
Putzmaterial der Hauptsache nach aus
schwedischer Jagdschmiere, von der ich
ihm eine ganze Batterie Schachteln bei
seinem Dienstantritt Überwies. Nach
einiger Zeit machte ich die Wahrnch
mung, daß besagte Schmiere unglaub
lich schnell auf die Neige ging. Da ich
meinen Polen im Grunde genommen
für eine ehrliche Haut hielt, das Aus
sehen seiner Stiefel mich auch belehrte.
daß sie niemals mit einer Fett- oder
sonstigen Bürste in Berührung kamen,
yo stellte ich ihn nicht zur Rede, sondern
beschloß, es dem Zufall zu überlassen,
mir das räthselhafte Schwinden der
Schmiere zu erklären. Eines Tages
hatte er seine Putzkammer sehr schleunig
verlassen müssen, um ein fortgelaufe
nes Füllen einfangen zu helfen, als ich
den Ort feiner bürstenden Thätigkeit
betrat, um mir ein Paar andere Stiefel
zu nehmen. Als mein Blick auf den
Tisch siel, bemerkte ich eben den
üblichen Putzgeräthen ein Stück Brod,
daß ungewöhnlich schwarz aussah. Bei
tiiiatz ?,'ts!chti,,,:,ng körnte ich feßftel
!rn, des dir Brod mit einer stn'flrz
j lichtn Vl; destiicht:, war. die kS so
dui.ttl e:ii.e!llcn ließ. Nknaitrig ge
Word?::, rahm ich die Slulle in die
'Hand und fi:hi!e sie an ineine Nase
lern Z:re:cl. der E!le ichmitrte nicht
allein meine Stiefel, sondern euch sei
Brod mit dtm schwedischen Ltdcrfett.
Als ich ihm zu Weihnachten u. A. ein
halbe? Dutzend Schachteln Ledeifett
verehrte, genügten der dankbare AnS
druck feines Gesicht? und daS Küssen
meines RockschooßeS allein schon, vix
zu zeigen, daß ich ihm ein: wirkliche
Freude bereitet halte; aber er füte
auch noch ganz begeistert hinzu: .Wird
sich schmcck.'n scrre gut!"
Mtkglückt.
Lange hatte ich gesucht, bis ich daS
Plätzchen fand. Es lag unter einer
überhängenden Felswand, zwischen ad
gestürzten Blöcken und prächtigen Lär
chen. Dr Boden war mit elastischem
Moos bedeckt, und, was die Haupt
sache, kein Sommerfrischler wußte
darum. Da lag ich nun seil Jahren,
während meiner Urlaubszeit. täglich;
las. schlief, oder starrte träumend in
die ziehenden Wolken.
Als ich heute wieder kam. saß zu
meinem größten Schrecken ein Frauen
zimmer dort, strickte und las in der
Gartenlaube".
Wäre mir ein Bär begegnet, ich hätte
nicht stärker erschrecken können!
Ein Bär! Das war ein Himmels,
funke!
Leise schlich ich von dannen und
gcradewegs zu meinem Wüth, von dem
ich wußte, daß er über dem Bett eine
Flinte auf einem großen Bärenfell
hängen hatte. Schnell erzählte ich ihm
mein Erlebniß und gab ihm zu ver
stehen, daß es mit meinem Landaufent
halte in dieser Gegend vorbei wäre,
wenn mir jenes Plätzchen nicht gewahrt
bleibe. Dann bat ich ihn um leihweise
Überlassung des Felles. Er schmun
zelte mich vcrständnißvoll an und lieh
mir das Fell. Den ganzen Nachmit
tag Übte ich auf meinem Zimmer daS
Brummen und den Sohlengang.
Nächsten Tages ging ich mit dem Fell
zeitlich nach meiner Einsamkeit und
versteckte mich hinter einem Blocke.
Noch wartete, ich keine halbe Stunde,
da kam sie mit Strumvs und , Marien.
lande" und setzte sich auf meinen
Stammsitz. Mit drohendem Ge
brumme trottete ich hinter dem Felsen
hervor. Ein entseklicker Sckrei hi-rf
zitterte die Luft, und mit Sätzen, die
ich oem oiacn vrauenzimmer nimmer
zugetraut hätte, stürzte sie zu Thale.
Ich unterdrückte mit Gewalt ein
bärenmäßiges Gelächter und wälzte
mich vor Vergnügen auf Fell und
Moos. Gelungen! Das wr nin
einziger Gedanke.
Anderen Taaes. als ick wid?? kam
saß sie wieder da mit Strumtif und
Gartenlaube", hatte aber des Wirthes
Bärenflinte im Arm .... fei? mnfint
eben auch beim Bärenwirth.
Die Kunst des Geigenbaues
Eine bemerkenswerthe Neuheit auf
dem Gebiete des Geiaenbanes ist dn
dem letzten Jahresberichte der Handels,
kammcr von Planen zufolge seit eini
gen Jahren im benachbarten Marien-
lirchen mit Erfolg angewandte System,
wodurch ein den alten italienischen
eigen gielchwerthiges Instrument her
gestellt werden soll. Es geht von der
Thatsache aus, daß in den Rosonanz.
platten der Geigen nicht blos fortschrei
tende Schallwellen im Ton der an
gestrichenen Saite, sondern auch trans
versale Schwingungen im Eigenton der
Platten auftreten. Dich Eigentöne
der Holzplatten werden durch Äbftim
men in der Quarte oder Quinte in ein
harmonisches Verhältniß zu einander
gebracht, so daß sich die transversalen
Schwingungen nicht mehr stören. Die
beiden harmonisch abgestimmten Plat
ten zwingen vielmehr durch ihre regel
mäßigen, zu einander passenden
Schwingungen die Saiten selbst zu
regelmäßigen Schwingungen und zur
Bildung von rein harmonischen Ober
tönen. Diese Geigen, deren Herfiel
lung besondere Aufmerksamkeit erfor
dert. sollen sich durch einen außer
ordentlich guten Ton auszeichnen.
Zerstreutyett.
Die rau eines anoesebenen 5KM
sors. der eine kleine Besitzung nicht weit
von der Residenzstadt besaß, wurde von
einem , Krampfe befallen und schnell
mußte sich ein Bote bereit machen, um
den Doktor zu rufen. Wäbrenddss-n
schrieb der Professor einen Brief an den
Arzt, und kaum hatte er das Schreiben
geschlossen, so trat auch bereits der Uns
ern, meldete sich und theilte gleichzeitig
mir, oay Die Gemahlin des Gelehrten
sich inzwischen völlia erbakt habe. q?n
gut." sagte dieser, warten Sie noch
einen Augenblick, Johann, ich muß dem
rief noq einige Worte hinzufügen."
und setzte als Nacklckrist hrti-ntitn
Meine Frau ist aam wieder berettkN.
und Sie brauchen also nicht zu kom
men." Die btdt ftraii.
Die besten Vrau'n fn fnnt ein ShmA
Der Viele wohl mag bestechen
ino liuemal die, von welchen die Leut
Am allerwenigsten sprechen.
Ich aber sage selbst auf die Gefahr,
xtn Weipenneper zu stechen
Die besten ttrau'n Rnh nWemni w,t
Die selbst am wenigsten sprechen. '