Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 11, 1900, Image 11

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    Der svrr ZU;r.
fi'.moutU v:n Eugen s o l a n i.
I5r trat eint ausfällige Erscheinung,
der Herr Major. Ob er er freilich je
malz Major gewesen sei oder überhaupt
beim Militär gedient habe, wußten wir
beiie nicht. Ader wir nannten ihn so,
wir. meine Frau und ich. seitdem er in
unserem GesichtZkreiZ in die Erscheinung
getreten war.
Wir sahen ihn eines -Sonntags in
den Gartcnanlazen der Stadt spazieren
gehen, eine stattliche Erscheinung, in
etwa, altmodischer, aber immerhin
diflinguirter Kleidung. Er trug einen
grauen Yylinderdut. der sicher einmal,
alS er modern war. viel Geld gekostet
haben mochte. Aber es kann wohl ein
paar Tezeniiikn her gewesen sein, als
solche Hüte in Mode waren. Tazu
trug er einen langen anschließenden
Rock, der ihm ein wenig bequem saß,
und Beinkleider von feinem Stoss, alles
im schnitt und in der Stoffart nicht
modern, aber doch den Eindruck der
Eleganz hervorrufend, nicht gerade der,
was man so nennt, verblaßten Eleganz,
sondern eher konnte man denken, einen
Herrn vor sich zu haben, der wohl auf
seine Kleidung etwa? achtet und giebt,
der aber über daS Alter hinaus ist, wo
man sich noch nach der Mode richtet,
sondern dem die Bequemlichkeit und be
hagliche Gewohnheit mehr gilt.
Tie Kravatte. eine einfache, glatte.
schwarze Ripskravatte, war sorgfaltig
gebunden. Ueber dem Arm lag leger
ein Paletot; in der einen Hand trug er
einen einfachen Spazierftock mit weißer
Elfenbein oder Knochenkrücke, in der
andern Hand ein Paar Glaceehand
schuhe.
So schlenderte er einher, blieb hier
an einem Roßkastanienbaum stehen.
dessen reichen Blüthenschmuck er aus
Interesse beobachtete, dort sah er dem
Spiel eines Kindes zu. um dann wieder
langsamen, aber elastischen Schrittes
si -1 1 f : i ir r i. . . - r
eine sllliinqe enqjcinung icmes
Weges weiter zu schreiten.
TaS muß ein ehemaliger Militär
sein!" meinte meine Frau. Wohl ein
Ma or oder Oberst a.
TaS zu erkennen, liebes Kind, be
darf es keiner allzu großen Menschen
kcnntniß; das sieht man dem Mann
auf tausend Schritt Entfernung an!"
AlZ wir uns dann vom Spaziergang
aus in ein Gartenlokal begaben, wollte
es der Zufall, daß wenige Minuten
nachher auch der alte Herr eintrat und.
da er keinen Platz m ganzen Vokal wer
tcr fand, an unsern Tisch sich setzte.
nachdem er höflich um die Erlaubniß
hierzu gebeten.
Er hat ein kluges Gesicht, eine hohe
Stirn." flüsterte meine Frau mir zu,
er kann vielleicht wohl auch ein Ge
lchrter sein!"
Ach, keineswegs," gab ich flüsternd
zurück. ..ein Militär, nichts weiter, ein
Major a. T.. das siehst Tu doch auf
den ersten Blick!"
Seitdem hieß der Alte mit dem alt
modischen arauen Eylinderhut ..der
Herr Major" in unseren Gesprächen.
Und wir sprachen nicht selten von
ihm. Man sah ihn oft auf der Straße
Ter alte Herr hatte ja doch wohl nicht
viel zu thun; ein Major a. T.l Er
schien viel spazieren zu gehen.
Einmal kam meine Frau freudig er
regt nach Hause: Tu. ich habe mit
ihm gesprochen!"
.Mit wem denn, mein Kind?"
Mit dem Herrn Major!"
So?! Wie kam denn das?"
..Ich saß mit Trudchen in den An
lagen auf einer Bank; das Kind malte
Figuren in den Sand. Plötzlich kam
er deS Weges und fetzte sich zu uns auf
dieselbe Bank und sah dem Treiben deS
KindeS zu. Er scheint Kinder sehr gern
zu baben. Tann fragte er die Kleine,
wie alt sie sei, und mich in höflicher
Weise, ob das mein einziges Kind sei
Ach, er thut mir so leid, Männel !"
Weshalb denn, mein Kind?"
Ach, es klang so schwermüthig. als
er dann ausrief: Ja. Minder macyen
viel Freude!" Ich wagte eS gar nicht.
ihn zu fragen, ob er auch Kinder ge
habt. Er macht wirklich einen sehr
vornebmen Eindruck. Als ich dann
weiter ging, erhob er sich und machte
c ne tiefe Berveugung. Wiriiia, ein
ritterlicker alter Herr, der Herr Maior
Ich bin zu neugierig, wie er heißt. Er
ist gewiß vom Adel r
Sckon möalich! Aber jedenfalls der
armter Adel. Neulich sah ich ihn mit
einem oroken Backet über die Straße
gehen. TaS paßte so gar nicht zu seiner
sonst so vornehmen r,cyeinung. vw
GiDit. wenn er nur auf seine kärgliche
Pension angewiesen ist. kann er keine
großen Sprünge machen, der Herr
Major!"
Nun scheint er ganz allein dazu,
flehen! Ich habe ihn noch nie mit Je
rundem. Krau oder Kind, gesehen
Tcr käme gewiß gern zu Einem, hat
vielleicht gar keinen Bekanntenkreis
hier! Wär' eine ganz hübsche Zierde deZ
?nlnns' err Maior von X. oder viel
leicht gar Baron oder Graf; man kann's
gar nicht wmen!"
So svrackcn wir öfter vom Herrn
Major! Er war eine Erscheinung, die
man so leicht nicht aus dem Gedächtniß
verlor oder im Gewühl der Straße
übersehen konnte,
lsiiirs ?aacs saß ich am Schreibtisch.
in meine Arbeit vertieft, so daß ich gar
nicht gehört, daß es an der Vorsaalthür
gcklinqclt hatte.
Tftürzt plötzlich meine ,zrau ganz
erregt in mein Zimmer herein mit den
Worten:
Männel. der Herr Major!"
Na schön, laß ihn doch gehen? TeS
halb brauchst Tu mich doch nicht in der
Arbeit zu stören. Ich sah ihn gestern
auch hier vorbeigehen!"
Nein, er ,ft da!"
Wo?"
Na, bei uns! Er ist im Talon und
will Tich sprechen!"
Wie kommt er denn zu uns?"
.TaS weiß ich doch nicht ! Sei doch
nicht so schwersällig; mach' Tich sauber
und geh hinein! Sieh nur. wie Tu
wieder aussiehst. Tob Tu hier im
Hause in Pantoffeln herumläufst, mag
ja noch angehen. Aber einen so
schmutzigen Kragen brauchst Tu wirk
lich nicht zu tragen. Wenn ich nicht auf
Tich achte, läßt Tu Tich aber auch zu
sehr gehen. Tu kannst doch solch' eiueu
Herrn nicht eine halbe Stunde anticham
briren lassen! Nun schnell, mach Tich
nur fertig!"
Und während ich Toilette machte,
erzählte mir meine Frau, daß das
Mädchen zum Kaufmann herunterge
gangen, um zum Mittagessen einzu
holen, und da sie. meine Frau, daher
selbst die Borsaalthür geöffnet habe und
ganz perplex gewesen sei. als der Herr
Major plötzlich vor ihr stand. Er habe
nach dem Herrn Gemahl gefragt,
worauf meine Frau ihn in den Salon
führte und ihm einen Platz anbot, den
er mit vornehmer Bescheidenheit ad
lehnte.
Na. so geh' doch wenigstens zu ihm
hinein und entschuldige mich; ich würde
gleich erscheinen!"
Schüchtern trat mein Weibchen in den
Salon, und ich hörte durch die ange
lehnten Thüren, wie sie zu dem Gast
sagte: Aber bitte, nehmen Sie doch
Platz, Herr Ma mein Herr, mein
Mann wird gleich erscheinen!"
O, wenn ich störe," hörte ich ihn in
feiner abgemessenen Sprechweise erwi
dern. so kann ich ja ein andermal zu
brem ßenn Gemabl kommen!"
Nein, Herr Ma mein Herr, Sie
stören durchaus nicht ! Aber da kommt
schon mein Mann!"
Und mein Frauchen verschwand aus
dem Salon, kam mir entgegen und
wußte mir noch schnell, bevor ich in den
Salon trat, zuzuflüstern: Fordere ihn
nur auf. daß er seinen Besuch recht
bald gemüthlich wiederholt ! Tas wäre
doch ein sehr netter Berkehr für uns!'
Guten Tag. mein Herr! Bitte, be
halten Sie doch Platz! WaS verschafft
mir das Vergnügen JhreS Besuches
..Sie chneben mir getern eine
Karte!"
Ich? TaS muß wohl ein Irrthum
sein!" , -
Nein, ich sollte Sie heute Vormittag
um 12 Uhr besuchen. Sie haben einige
alte Kleider zu verkaufen!"
Ach so! Sie sind der. der in der Zei
tung annoncirt. daß er die höchsten
Preise für alte Sachen bezahlt. eo,
o!"
Ich öffnete die Thür, hinter welcher
natürlich meine Frau stand und at
horcht hatte. Wir sehen uns lachend
an und hatten Leide Mühe, nicht laut
herauszuplatzen.
Mäuschen," sagte ich. zeige doch
dem Herrn die alten Sachen, die wir
verkaufen wollten. Wenn Tu jetzt keine
Zeit hast, sie herauszusuchen, so kommt
der Herr vielleicht auch gemüthlich
wieder!"
Aber meine Frau hatte Zeit, und der
Herr Maior" besah sich die alten Klei
dungsstücke mit großer Würde und eben
solcher Sachkenntniß, und hatte aus der
heiteren Stimmung, m der wir uns de
fanden, den Vortheil, da wir sehr
rasch auf sein Gebot eingingen, obwohl
er keineswegs d,e höchsten Preise"
zahlte.
Aber wir waren froh, wieder allein
zu sein und unS so recht von Herze? vor
Lachen ausschütten zu tonnen über un
fere eigene Mystifikation.
Warum hast Tu denn nicht den
Herrn Major gleich zur Gesellschaft ein
geladen," neckte ich meine Frau, alS der
Trödler uns verlaffen hatte; welch'
eine Zierde des Salons!"
Und meine Frau revanchirte sich, in
dem sie. ihn durchs Fenster nachblickend,
ausrief: Wenn er mit einem Pack alter
Sachen dahergeht, sieht man's doch
gleich auf den ersten Blick, daß er ein
Major oder Oberst a. T. ist." ,
Familien Ausflug.
Residenz of John Ritsch, Esq.,
Größer Neu York.
Mister Editcr!
Es gebt Leit. wo blos immer an ihne
sclwer denke un die Fämilie die kann
sor ihretwege sehe, wie sie alleenig wei
ter kimmt. For Jnftenz, blos um e
Velwlet ze nennen, tor
Exempel im Sommer.
Ta gebt eö Männer,
wo alleenig noch Ju
ropp gehn un in Saus
un Braus lebe un die
Frau un die Kinner
müsse hier bleibe. Oder
sie schicke die Frau in
die Countrq boarde un
stürze sich hier in de
Strudel der Bergnü
gungen. Tes kann Ich
net achte. Teswege hcn
Ich aach, nachdem daß
mei Alti vun Juropp
rück war, derzu ge-
tendet..daß die Fämilie wieder hier
vereinigt werd un konsequentli sein
mer jetzt wieder all hie beisamme un
die Alti is jetzt, wann sie ihr Tempcr
un ihr schimpfende Zuständ kriegt, net
mehr alleenig uff Mich angewiese. son
nern kann zwischedorch aach als emol
mit die Kinner schimpfe un ihr Kicking
iS gerechter verthe:lt unner alle Mem
berS vun der Fämilie, als wann Ich
alleenig mit ihr wär.
E Mann wie Mich iZ aach immer
druff auS. der Fämilie als emol en
gute Zag ze mache. Ich hen also vor
gestern der Alti erklärt, daß Ich ihr
morge. deS heißt gestern, en gute Zag
bei Weg vun erer Excurschen un
FSmilie.Picknick mache that.
Jetz denke Sie wahrscheinlich, daß
Ich Ihne nachfolgend to.suit e TeS
kript'chen vun der Excurschen schicke
thät. Wann Sie deS werklich denke,
da pruvt es bloZ, daß eie im verhei
rathete Ehclebe mit erer Frau noch
wenig Expirienz hawwe. Wie ich näm
lich der Alt, deS gesagt hen vun dem
gute Tag und der Excurschen mit Fä
miliePicknick. da Hot se erst emol an
gefange zu denke, weil'S ihr so schlecht
gehn thät. indem daß nämlich annere
Fraue icden Tag so e Excurschen mache
könnte, sogar die ärmste Leit thäte jede
Tag nach dem Eiland ((Ionen of course)
gehn, nor sie müßt ihr Lewe dcrheim
vertrauern.
Ich hen gesagt, mer sollte emol
morge (DeS is als wie gestern) de An
fang mache un wenn'S Uns gefalle thät.
dann könnte mer ja öfter so Excnr
schens mache.
Ta Hot die Alti gesagt, vun morche
(als wie gestern) könnt gar tel Red sei
Ter ExcurschcN'Treß vun der Maud
ihrem Bäby wär in der Wasch un thät
erst üwwermorche zerückkimme. Un die
inner vun Meiner annere verheirathete
Tochter brauchte all around neie Stiw
wel un deswege müßte sie. die Alti.
un die verheirathete Tochtet un die
Maud un t Freindin vun der verhci
rathete Tochter un e Lädy. wo ihr Bru
der früher en Schuhstore gehatt Hot un
sich deswege uff den Article versteht, am
Samstag in die SchuhstoreZ schuppe
gehn, weil am Samstag die beste Schuh
bargainS sein.
Jetz hen Ich in Vorschlag gebracht.
daß mer verleicht nexte Woch die Efr
curschen machen könnte. Ta Hot mer
awwer die Alti explähnt, daß sie nit
wie e Vogelscheuch uff so e Excurschen
wollt un der Mann hätt aach nichts an
zeziehe. Sie müßte also nexte Woch
fchappe gehn, sor die Goods for Som
nier-Waifts for Excurschen Purposes ze
kcka e.
Na, hen Ich gesagt, da verschiebe
Mir's halt noch e Woch, ben Ich ge
sagt. Tes war awwer aach nitt, denn
in der Woch nach der folgende Woch da
müßte die WaiftS aus die Goods, wo
in der folgende Woch gekaaft wern, erst
gemacht werden.
Well," hen Ich gesagt, da warte
Mir bis die Woch nach der Woch. wo
uff die nexte Woch folgt. Tes war aw
wer wieder nix. Tann die Woch wär
grad die Woch, wo die Gorte ngemacht
wern müßte. Un die Woch druff da
würn wahrscheinlich die Pietsches rei
zum Eimache un in noch erer Woch die
ganz kleine Görkcher un dann die Senf
gorke. in wieder erer Woch wär die Zeit
da for die Fall un Winter-Goods
fchappe ze gehn. Korz. es is ausge
törnt, daß bkvor Tizember kei Chance
wär for unser Sommer-Excurschen mit
Fämilie-Picknick.
Jnzwische lest awwer die Alti jede
Tag die Excurschen- un Sommervcr
anügungs-Aedverteisments un seifzt,
wie es annere Leit gut hätte, wo vun
ihre Männer ausgenomme wern thäte.
nor sie alleenig hätt nix vun ihrem
Lebe un müßt ihr ganzes Dasein am
Kochofe vertrauere un könnt nix mit
mache un thät nergendS hingenomme
wern.
Ich hen de Vorschlag gemacht, weil
so e größere Excurschen so viel Trow-
wel un Priperäschens macht, un so viel
im Weg is, blos jede Woche e paar
Mal en kleinere Ausflug. bloS so
Spazierfahrt oder so was ze mache.
Awwer damit Hot'S aach sei eigene Be
wandtniß, Mister Editer. Nämlich
wann es e heißer Tag is, da meint die
Alti, es wäre Grausamkeit, sie ze
zwinge, bei so eme Wetter sich uffze
panzern und sich in der Sonnehitz
schmorn un brate ze losse. Un wann'S
e kühler Tag iS. da fegt die Alti,
wann'S kühl is, da wär'S überall schö,
da bräucht sie net in der Welt erum ze
kutschiren.
Feinelli hen Ich. so doch was for die
Fämilie ze thun, gesagt. Mir wollte
alS emol autseit esse. Da sein ich am
wer erst recht dermit ereigefalle. Wann
Ich en Platz genannt hen, wo abselut
net gege des Esse ze kicke is, da Hot die
Alti gesagt, sie thät sich der Sünd
förchte, so viel Geld auszegewwe. Hen
Ich en billigere Platz genennt, da Hot
die Alti gewußt (entweder aus personell
Expirienz oder dorch e Lädy-Frent),
daß sie dort schlechtes Salatöl juhse
oder mit Schweineschmalz statt mit
Butter koche oder daß des Salz net gut
wär oder ergend so was.
Korz. es helft Alles nix, Mister Edi
ter, Ich werd es üwwer Mich ergehn
losse müsse, jeden Glocke geschlagene
Tag Mir vorjammern losse ze müsse,
daß die Alti nergends hikimmt. Ich
werd froh sein, wann erst emol der
Schnee fällt.
Bis dahin sein Ich einstweilen so lang
Mit RigardS
VourS
John Ritich. Esq.
las Rauch und Zreithtater.
Ter frühere Kodurger Intendant P.
v. Ebart erzahlt in Buhne und Welt":
Fürst Günther Friedrich Karl der Erste
von Schwarzdurg'Sondershausen hatte
am 15. Oktober lfcll einen Zollan
chlußvertrag mit Preußen unterzeich
net und erhielt unbeschadet seiner
landesherrlichen HoheitSrechte" von
Preußen eine Bauschiumme von 15,000
Thalern. Ter. Fürst dankte Neige
rührt für diese? neue Zeichen königlicher
Hochherzigkeit' und konnte nun mit
diesem Gelde wieder seinen Neigungen
leben, vor Allem sein Rauchtheater"
eröffnen. TicfeS Theater, eines der
ersten wirklichen Hoftheater zu Beginn
des 19. Jahrhunderts, kostete eine be
deutende Summe. ES war im wahren
inne des Wortes ein Hoftheater.
Eintrittsgeld wurde nicht erhoben. Nur
Personen, die keine Schmarzdurger
waren, hatten beim Besuch deZ Theaters
ein sehr mäßiges Entree zu zahlen.
Toch soll die Kontrolle niemals ängft
lich gehandhadt worden sein, schlim
mer stand eS mit der Vertheilung der
BilletS; jede Familie sollte nur eins
erhalten. waS schwer durchführbar war
und manche Befchwerde mit sich brachte.-
Tie Tamen gingen bereits um vier Uhr
die Vorstellungen singen erst um
sieben Uhr an in daS Theater, um
einen guten Platz zu erlangen: um aber
nicht drei Stunoen lang müßig auf den
eroberten Plätzen zuzubringen, nahm
jede der guten Bürgerfrauen ihren
Strickbeutel mit.
Tas Theater hat sich so. wie es 1820
erbaut wurde, bis auf den beutigen
Tag erhalten. Es besteht auS Parkett.
Parterre, zwei Reihen Logen und Gal
lerieraum; innerhalb und äußerlich ist
eS freundlich und zweckmäßig einge
richtet, und auch an geräumigen Gde
roben und Musikzimmern ist kein Man
gel. Vom Schloß aus führt ein ver
deckter Gang bis dicht an das Theater
gebäude. Ter alte Fürst erschien jeden
Abend im Theater in Jagdkoftüm:
offener, kurzer grüner Rock, schwarze
Krawatte, weiße Piquewefte, weiße
wildlederne Beinkleider und hohe Stie
fel mit Sporen; er nahm mit seiner
Umgebung in der ersten Reihe des Par
ketts Platz, die Tamen des HofeZ neben
ihm. die Kavaliere in der zweiten Sitz
reihe. Wenn der Fürst bei feinem
Platz angelangt war. wandte er sich um
und grüßte, sich nach allen Seiten vev
neigend. Vor dem hohen Herrn lagen
auf einem Tische seine Meerschaum
pfeifen, auf einem anderen Tische stand
ein silberner Teller mit Apfelsinen, die
der Fürst mit Dukaten spickte. Gefiel
ihm die Leistung eines Tarstellers, ,fo
warf er eine Frucht mit dem Bemerken
auf die Bühne: Sing Er, oder deklg
mire Er diese Stelle noch einmal!"
Aber eben so deutlich drückte er auch sein
Mißfallen aus. Konnte einer von den
Künstlern seine Rolle nicht, so rief er:
Auf die Wache, lernen!" Und nach
beendeter Vorstellung wurde der Künste
ler durch zwei Heiducken auf die Haupt
wache abgeführt, wo man ihm vierund
zwanzig oder achtundvierzig Stunden
Zeit vergönnte, feine Rolle gründlich
zu lernen.
Ter Günstling des Fürsten war der
im Jahre 1806 zu Berlin geborene
Schauspieler und Sänger Ferdinand
Heckscher. Heckscher war ein vielseitiger
Künstler. So sang er die Rolle des
Sarastro in der Zauberflöte" und
spielte den Posa ünd Wallenstein sowie
den Maffru in dem Unterbrochenen
Opferfeft". Eine seiner Glanzrollen
war die deS Zolky in Ter alte Stu
dent" von Maltitz. In diesem längst
vergessenen Schauspiel, das dem Für-
ften außerordentlich genel, rief er mit,
ten'im Dialog: Heckscher, Du bist ein
ganzer Kerl, daS haft Tu gutgemacht!"
sah der Fürst Gäste bei rch im Thea
ter, die sich lobend in einem klassischen
Stücke über den Schauspieler ausspra
chen, so kam es wohl vor. daß er auf
stand und zum Beispiel dem Ferdinand
in Kabale und Liebe" zurief: Heck
scher, die denken hier, Tu bist blos ein
guter Schauspieler; zeige ihnen, daß
Tu auch singen kannst, singe einmal die
oder die Arie! Hermstedt, gib ihm den
Ton an!"
Tie littst einen Kontrakt ,u lösen
ist in Künstlerkreisen wohlbekannt; sie
zeigt sich je nach den Umstünden stets
wieder von einer neuen Seite. P
Lindau erzählt darüber in der ,,Ju
aend" einige Anekdoten. Unter ande
ren die folgende: Als Karl von Buko
wies an der Spitze deS Wiener Stadt-
Theaters stand, war ein Komiker bei
ihm engagirt, der möglichst bald dem
verlockenden Rufe einer anderen Bühne
folgen wollte. Karl von BukowicS ftu
dirte ein Stück wieder ein, das unter
Laube schon mehrfach gegeben worden
war. Bukowics sagte dem Betreffen
den bei der Auftritts-Szene:
Sie kommen von rechts."
, Ich bitt schön." antwortete der Ko
miker, ich komme durch die Mitte."
Von rechts, sag ich Ihnen "
Aber. Herr Direktor, ich habe das
Stück zehn Mal unter Laube gespielt,
ich komme durch die Mitte."
Und ich sage Ihnen." ruft Buko
wics mit erhobener Stimme in ärger
licher Stimmung: Sie kommen von
rechts! Wer ist denn hier Regisseur?
Sind Sie es. oder bin ich eS?"
Ich bin kein Regisseur." antwortete
der Komiker, und sie sind auch kei
ner. Herr Direktor!"
Natürlich erfolgte die gewünschte Ent
lassung wegen grober Ungebühr.'
Leopold Greve, der Typus deS be-
ständig zu Ulk aufgclcgtcn Komödian
tcn, war im Berliner Schauspielhaus
angestellt, wurde sehr wenig beschäftigt
und sehnte lich fort. Er reichte wieder
holt sein Entlassungsgcsuch ein. eS
wurde immer abschlägig beschicken.
Wochenlang ging Greve spazieren, ohne
den Fuß auf die Bühne zu setzen. Ta
begegnete er eincS Mittags Unter den
Linden dem damaligen General'Jn
tcndanten Herrn von Hülsen, der ge
rade zwei oder drei Tage vorher das
so und so oft schon erneute Entlas
sungS-Gesuch wieder abgelehnt hatte.
Greve trat mit schnellen Schritten auf
den arglosen (!encralJntcndanten zu,
zog höflich den Hut und sagte mit ver
kindlichstem Tone:
Ach, könnten Sie mir vielleicht
sagen, wo daS königliche Schauspiel
haus ist?"
Hülsen gab keine Antwort. Am fol
genden Tag war Greve auS dem Ver
bände deS königlichen Schauspielhauses
entlassen.
TeolePort."
Im neuesten Heft von Vilhagen und
Klasing'S Monatsheften entwirft Wil
Helm Jensen ein Eharakterbild von
Klaus Groth. wobei er u. A. eine sehr
bezeichnende v Anekdote erzählt. Ter
Lieblingsplatz m dem Hause deS ver
ftorbenen TichterS. in seinem saft ganz
mit Wcinlaub. Aristolochia und Epheu
übersponnenen Hause in Kiel war die
Gartenpforte; häusig fand mau 'ihn,
besonderes in späteren Jahren, auf die
Pforte gelehnt, und über sie in den
Schwanenweg, eine Art Miniatur
Riviera" von Kiel, hinausblickendTie
Pforte verursachte beim Auf- und Zu
gehen einen eigenthümlich knarrenden
Zon. Groth wurde dadurch zu einem
stimmungsvollen, unter dem Titel
Min Port" veröffentlichten Gedicht
angeregt, in dem er aufzählte, bei wel
chen Anlässen ihm die Pforte sein hal
bes Leben lang so geknarrt habe als
er mit seiner Frau m daS HauS
zogen, wenn liebe Freunde und wenn
leidige Botschaften eingetroffen, wenn
Särge herein und wieder hinausge
tragen wurden, und zum letzten Male
werde sie knarren, ohne daß er eS höre,
wenn man ihn selbst so fortbringe,
Anhänger des TichterS, so wirdnun
erzählt, die es sich zur Aufgabe gemacht
hatten, durch Vorlesungen aus dem
Ouickborn" auf die Gcmüthsverfeine
rung der holsteinischen Landbevölkerung
einzuwirken, brachten bei einer solchen
Gelegenheit in einem Dorfe auch das
Gedicht Min Port" zum Vortrag.
Tiefe andächtige Stille herrschte bis zur
Beendigung der Vorlesung. Befrie
digt fragte der Vorleser die Zuhörer,
wie ihnen denn die Tarstellung gefallen
habe. Sie schwiegen. Nur ein alter
Bauer, der in der vordersten Reihe saß,
antwortete bedächtig: Ja, dat werr jo
rlchtl schön, Herr Toktor. Ick meen
man. worüm de Herr Professor de ole
Port nich mal smeeren taten hatt, denn
so weer jo dat hele Gedicht nich nödig
West...."
Tie letzten Worte" des Generals
Desair.
Auf der Place Tauphine in Paris.
hinter dem Justizpalaft. wird, wie die
,.Fr. Z." berichtet, wieder der vor etwa
dreißig Jahren abgetragene Tesaix
Brunnen aufgestellt werden, der nach
der Schlacht von Marengo errichtet
worden war. Unterhalb der Büste Te-
saix, die von einer Frauengeftalt be
kränzt wird, war, als der Brunnen
abgetragen worden, der' legendäre Satz
eingegraben, den Tesaix erwiesener
maßen nie gesprochen: Saget dem er
sten Konsul, daß ich mit dem Bedauern
sterbe, nicht genug für die Nachwelt ge
than zu haben." Tiefer Nachwelt" hat
die Nachwelt merkwürdige Aenderungen
bereitet. Ursprünglich stand dort: nicht
genug für die Republik gethan zu
haben"; daS Kaiserreich ersetzte das
Wort Republik" durch Ruhm". Tie
Julimonarchie fand Frankreich" Pas
sender und die zweite Republik natür
lich Republik" noch richtiger. Das
zweite Kaiserreich begnügte sich mit der
Nachwelt", und jetzt wird neuerdings
die Republik" auf dem Denkmal
siguriren.
Interessante Denkmünze.
Eine sehr , interessante Denkmünze,
die Friedrich der Große 1759 in der
3rit des siebeniübriaen Krieaes in sei
nem Zorn über die süddeutschen Städte
schlagen ließ, wurde diefer Tage in AI
tendorf bei Langschede beim Graben
aufgefunden. Die eine Seite der Denk-
münze zeigt das Bild Friedrichs des
Großen, die andere den Spruch:
Nuernberg
und Frankenfurt
Will ich's denken
Bayreuth
Und Anspach will ich's
schenken
Bambcrg und Würzburg
will ich's weisen
Daß ich bin der
König in
Preußen.
Lin Schlankopf.
A: Wissen Sie nicht die Adresse
des Toktor Klein?"
B: Jawohl, er wohnt in der Karl
ftraßc." A: Welche Nummer?"
B: Ja, die weiß ich nicht, aber Sie
können sich gar nicht irren, sie steht an
der Thür."
3n der höchsten IVuii.
Burcauvorftchcr (zum Hausdiener):
?liisin ?i hi Ihiir nickt so 111.
Sie nervenloscr Kerl Sie. sonst ver
läge ich sie wegen Zhürquälerci:'
tTcbcnfae.
A: WaS. die alte häßliche
-chachtcl
willst Tu hkirathen?"
B: .Alt? Häßlich? TaS ,st Neben
fache, wenn man eine Eeldschachtel
braucht."
SrSßlich.
.Sie haben einen sehr kahlen Kopf.
Sie sind gewiß auS Kalau?"
Toch nicht. Ebensowenig wie Ihr
geistvoller Witz, von dem man auch nicht
behaupten kann, daß er an den Haaren
herbeigezogen ist!!"
Pas ist was Anders.
Dame: ..Der wnd. den Sie an
mich gestern verkauft haben, hätte bald
mein Töchterchcn aufgefressen."
Liundevcrkäufer: Na. Sie wollten
doch tinen Hund haben, der Kinder
gern hat." ,
i, ei.
..Nil. Gevaddcr. icd babe zeberd. Se
wollden wieder heiraden!"
Ei, wo denken Sie hin, da hätte ja
de aan Scbdärberei von meim Säli
gen sozusagen quasi gar genen Zwegg
geyaoo:
Kindermund.
Besuch: Karlchen um wieviel Jahre
ist denn Deine Schwester älter als Du?"
Karlchen: Ich weiß nicht recht!
Zuerst war sie 21 Jahre, dann wurde
sie 20, und jetzt ist sie 13. . . . Nächstens
werden wir Zwillinge fein!"
Unbeabsichtigte Nlirkung.
Arzt: Hier, HerrPiepSmaier, haben
Sie die gewünschte Rechnung für ärzt
lichen Rath. Sie beträgt 15 Dollar?.'
Nun hüten Sie sich ja.vor jeder Auf
regung, vor allem gehen Sie jedem
Aerger aus dem Wege, der ist Gift für
Sie."
Picpsmaier: So, Herr Doktor,
dann will ich man Ihre Rechnung
lieberst zurückgeben."
Diensteifer.
Der alte Diener Petermann wurde
von feinem Herrn beauftragt, mehrere
Briefe auf die Post zu tragen. Hast
Tu sie alle besorgt?" fragt ihn sein
Herr, als er zurückkommt.
Oh! Gewiß!" antwortete der eifrige
Tiener. Dann fügt er in befriedigtem
Tone hinzu: Es war einer dabei, auf
dem dringend stand, den habe ich zuerst
in den Briefkasten geworfen!"
Gemüthlich.
Bauer (zu einem andern): Weißt.
Nachbar. Du bist a rechter Ochs!"
Geh'. . laß mich mit Deinen
Schmeicheleien in Ruh'!" ,'
weiter nicht schlimm.
Sommergast im Seebade: Na,
hören Sie mal, diese Wohnung ist denn
aber doch gar zu schmutzig."
Vermietherin: Wat schabt dat? Sei
gähn jo doch jeden Tag in de See
baden!"
Poesie und Prosa.
Er (vor dem Hause feiner Angebcte
ten an einem schönen August-Abend
singend):
Starrend vor Frost
Steh' ich an Deinem Fenster
Sie: Aber. August, bei die Hitze?!"
worauf es ankommt.
Ziinmervermietherin: Mit Klavier
kostet die Stob? dreißig, ohne Klavier
zwanzig Mark!"
Hen: Ich habe selbst emJnstru
ment!"
Zimmervermiethcrin: Ja, das müf
sen wir doch auch anhören; da kostet 's
Zimmer also dreißig Mark!"
Tin Bberschwerenöther.
Leutnant: Das heißt, Jnädige, mit
Ihnen möcht' ich auch nicht beim Ge
Witter allein im Walde fein!"
Die Gnädige (frappirt): Wie so
denn nicht, Herr Leutnant."
Leutnant: Aeh, selbstverständlich.
Weil Jnädige jar zu große Anziehung?
kraft besitzen!"
Im Gerichtssaal.
Präsident: Der Herr Staats-Anwalt
beantragt Ihre Verurtheilung. Was
sagen Sie dazu, Angeklagter?"
Angeklagter: Ich verurtheile seinen
Antrag."
Kontrastwirkung.
Fräulein A: Ich lese bei heißem
Wetter immer tieftraurige Romane."
Fräu ein B: Weshalb denn?"
Fräulein A: Weil es mich darnach
kalt überläuft!" w
Kaum zn glauben.
l'ab(?ißl ört, der berühmte
Iord?n! ,ft ja iC' fflslr öeflbclt
Hm. Sollte man es glauben.' daß
Jemand auf der Tonleiter so hoch stci
gen kann?!" '
Schlußfolgerung.
Richter (in einem Hochstapler.Prozeß):'
Wie kamen Sie dazu, dem Angeklaq
Fürst?" " fd auswärtiger
. Zeugin (schluchzend): Er hatte
immer was im Krönchen."