Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, May 24, 1900, Image 9

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.C2' Js
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sicimacfclKt.
Zlovclllile ton 2? i c t o t (?o tit n.
Socmaria ist ein lltirti Fischerdorf
in einem verlorenen Winkel der Xoua
renez. Zu Seiten der Ebbe ruben die
wenigen Häufer, aus denen es besteht,
auf einer ungeheuren Tandfläche, die
eine gewisse Aehnlichkeit mit der Wüste
bat. was der Landschaft einen gewissen
Charakter von Größe und Echmermnth
verleiht. In dem kleinen Hafen, der
m Ufer vollständig trocken ist. liegen
die Schiffe auf der Seite. Man bemerkt
keine lebende Seele. TaS Torf erscheint
wie unbewohnt.
Auf der Landseite jedoch wachsen die
Apfelbäume in großen, sonnigen Höfen,
und die Besitzungen bieten einen freund
lichen Anblick, der zu der wüsten Trost
losigkeit. die die Dünen und die sich in'S
Unendliche ausdehnenden Sandflächen
aufweisen, einen grellen Gegensatz
bildet.
ES war 27. Oktober.,
Die Sonne ging mit röthlichem
Lichte in goldenem Nebel unter und
ließ ihre noch warmen Strahlen auf die
endlose Jläche feinen SandeS fallen,
als Daniel Ponkerlo in dieser sanften
Dämmerung am Endziel feine letzten
TagemarscheS anlangte und sich dem
HeimathSorte näherte. daS er nach
siebenjähriger Abwesenheit wiedersehen
sollte.
Wie viel Dinge waren seit jener Zeit
verflossen, die aus ihm einen anderen
Mann hatten machen und so viele Er
innerungen aus seinem Gedächtniß
hatten auslöschen müssen! Doch daS
Heimweh nach seiner theuren Bretagne
hatte ihm ftetS bei all den Widerwärtig
keiten. die er durchzumachen gehabt, das
Herz bedrückt. Und sobald er frei war.
hatte er sein geringes Besitztum zu
Gelde gemacht und war d:m Instinkt
gehorchend, der die Schwalbe jeden
Sommer in ihr Nest zurückführt, in die
Heimath zurückgekehrt.
In dem Dorfe hielt man ihn für
todt, und thatsächlich war der Alb
troS". an dessen Bord er zum Fischzug
abgesegelt war, niit Mann und MauS
in den nördlichen Regionen deS Atlan
tischen OceanS untergegangen.. Nicht
ein Matrose war bei diesem Schiff
bruch am Leben geblieben, wie die
authentischen Berichte besagten, und der
Tod aller Seeleute, aus denen die Be
mannung bestand, war ihren Familien
vom MarineMinisterium offiziell mit
getheilt worden.
Thatsächlich aber war Daniel Pon
kerlo, der letzte und einzige Ueber
lebende, halbnackt und ausgehungert,
an die Küste von Labrador gespült
worden, nachdem er sich drei Tage lang
auf einer schwachen Planke gehalten
und dem Ansturm der Wellen Stand
gehalten hatte.
Er war einer Schaar Flibustier jn
die Hände gefallen, die ihn wieder sei
nen Willen an ihren abenteuerlichen
Streifzügen theilnehmen ließen und
ihn schließlich in die wildesten und un
bewohntesten Regionen, um Gold zu
suchen, mitnahmen. Dort war keine
Verbindung mit der lebenden Welt
möglich. Die strengste Disciplin
herrschte unter diesen Männern, die
sich erst nach sieben Jahren trennten,
nachdem sie die härtesten Arbeiten voll
führt, ohne namhaften Gewinn erzielt
zu haben. Daniels Antheil war indes
sen groß genug, um ein kleines Ver
mögen zu repräfentiren., mit dessen
Hülfe er bescheiden, aber vor Sorgen
geschützt, in der Heimath leben konnte.
Je mehr sich der Wanderer dem
Dorfe näherte, desto lebhafter wurden
seine Erinnerungen. Er sah in Ge
danken seine theure Mariane wieder,
die er zur Frau genommen und nach
der Hochzeit in sein kleines Häuschen,
drei bis vierhundert Meter vym Hafen
geführt hatte. Dort hatten sie ein
Jahr zusammen gelebt, ein Jahr des
Glücks, ein irdisches Paradies, dessen
Erinnerung ihn in allen Leiden ge
tröstet hatte.
' Ja, er sollte diesen geliebten Erden
Winkel wiedersehen, doch würde er auch
sie. die sanfte Mariane. noch wieder
finden? Und wenn er sie wiederfand,
würde sie noch dieselbe sein?
Sein Herz klopfte vor Angst. wäh
rend er diese Fragen vorlegte.
Dann erstanden neben diesem lieb
lichen Gesicht noch andere Gesichter in
seiner ErinneruHdie Gesichter von
Verwandten und Freunden, vornehm
lich das seines Freundes Yves Clourett,
dem er eine? TageS bei einem Sturm
in der Bucht von Douananz das Leben
gerettet hatte.
.
.
Bei Einbruch der Dunkelheit bemerkte
Daniel unter heftigem Herzklopfen sein
HauS und erkannte seinen Obstgarten.
Sr ging an der Hecke vorbei, trat in die
kleine Besitzung und wandte sich leich.
im Schrittes dem Hause zu. Die
Thür und die Fenster waren weit ge
, öffnet.
Er trat ein. Niemand zu sehen,
weder in dem Zimmer rechts, aus dem
man eine Vorrathskammer gemacht
hatte, noch in dem größeren links, das
wie früher als Küche. Eßzimmer und
Schlafftube diente. Daniel fand dort
noch den Brodkorb, der vermittels eines
Strickes bis zur Decke hinaufgezogen
wurde; vor dem Herde hing ebenso wie
früher die Lampe.
Plötzlich siel Daniel em metallischer
Glanz in'S Auge; an der Wand hing
neben dem Herd, die .Jeanette'
Marianes, die, kleine Kette mit dem
Der
Jahrgang 21.
Goldkreuz, die er ihr am Tage seiner
Hochzeit geschenkt hatte.
Bei diesem Anblick traten dem Wan
derer die Thränen in die Augen.
Doch fast in demselben Moment be
merkte er gegenüber, neben einem an
der Wand hängenden Jagdgewehr eine
Blouse und einen Münnerhut.
Wie geblendet fuhr er zurück und
jetzt bemerkte er plötzlich, als er sicher
wieder zum Fenster wandte, im Hin
tergrunde des GartenS .beim letzten
Scheine der Dämmerung feine theure
Mariane. die schön und glücklich auf
ihn zukam.
Sie hielt ein kleines Kind auf dem
Arme; ein anderes, das etwa vier Jhhre
zählen mochte, ging neben, ihr und
klammerte sich an ihre Röcke.
Und Mariane ging nicht allein. Ein
Mann begleitete sie mit ruhigem
Schritte, der den befriedigten Blick des
Herrn auf die Bäume warf. Und in
diesem Manne, der augenscheinlich der
Gatte der Frau und der Vater der bei
den Sinder war. erkannte er seinen
alten Freund YveS Clourett.
Wäre der Blitz auf das Haupt des
Unglücklichen niedergefallen, er chätte
ihn nichk mehr zu Boden schmettern
können; in einem Augenblicke erkannte
er die ganze Größe seines Unglücks und
fühlte, iaß eS nicht wieder gut zu
machen war.
Was sollteer thun?"
Der Zorn stieg in ihm auf; doch er
bezwäng sich. Er überwand auch die
grausamen Qualen der Eifersucht und
entschloß sich mit der hastigen Schnei
ligkeit, zu der sich nur wahrhaft heroi
sche Seelen aufzuschwingen vermögen,
zu entfernen.
Er entschied sich auf. der, Stelle für
daS größte aller Opfer.
Bevor die Besitzer der Wohnung ihn
hatten bemerken können, stürzte Daniel
nach dem Gange, der die beiden Stuben
trennt, doch vorher riß er die kleine
goldene Kette MarianeS von der Wand
und steckte sie in die Tasche; dann
wandte er sich nach der Hinterthür, die
auf den Garten hinausführte, durch
schritt denselben leise, sprang behend
Über die Hecke und entfloh wie ein Dieb
über die Felder.
.
V
Als daS Ehepaar Clourett in'S Haus
zurückkehrte, entdeckte sie dort nichts
Außergewöhnliches; kein Zeichen ver
neth ihnen für den Angenblick den elt
samen Besuch, den ihr ruhiges Häuschen
eben empfangen hatte.
Die bescheidene Abendmahlzeit bestand
auS einiaen Kartoffeln und einem
Fruchtkuchen, den man mit einigen
Gläsern Apfelwein begotz.
Nach diesem Abendessen durchflog
Aves Clourett wie gewöhnlich den
Kalender, der die übliche Lektüre der
niederbretanischen Bauern bildet, und
machte feine Frau unter Andern darauf
aufmerksam, daß man den 27. Oktober,
d'. h. wenige Tage vor Allerseelen,
schrieb. ' '
AIS die Kinder zu .Bett gebracht
waren, legten sich die Ehegatten selbst
zur Ruhe und verfielen bald in tiefen
Schlummer.
Draußen warf der Vollmond sein
scharfes Licht auf die Erde und zeichnete
mit schwarzem und geradem Strich die
Obftbäume auf dem grünen Rasen ab
Er glänzte über dem hohen Meere, das
seit ungefähr einer Stunde gegen die
Rhede anlief und ste mit sroyttchem
Leben erfüllte, während die Flvthen in
tausend beweglichen Streifen sich am
Ufer brachen.
Genau um 11 Uhr erwrachte Mariane
und empfand plötzlich eine unaussprech
liche Angst.
Im Rahmen des offen gebliebenen
Fensters sah sie deutlich den verstorbe
nen Daniel Ponkerlo. der seine schwar
zen Augen vorwurfsvoll auf sie richtete.
Sie stieß einen Schrei aus und
streckte bleich und zitternd ihre Hand
nach dem Fenster aus. Der Schatten
war verschwunden.
WaS giebt's?" rief Yves Clourett,
den der Schrei seiner Frau aufgeweckt,
erschrocken.
Um Gottes willen! schrie diese zit
ternb. ich habe eben meinen verstorbe
nen Mann vor dem Fenster gesehen, ge
nau so. wie ich Dich sehe!"
Welche Thorheit!" versetzte YveS.
stürzte auS dem Bett und kleidete sich
haftig an.
Dann nahm er sein Gewehr, verließ
daS Haus und machte die Runde um
daS HauS. doch bald kehrte er wieder
zurück, ohne etwas entdeckt zu haben.
Nun schloß er das Fenster und legte
sich nieder, indem er zu seiner Frau
sagte:
Du haft geträumt, denke nicht mehr
daran und schlafe."
Daniel, der feine Mahlzeit in einer
abgelegenen Herberge eingenommen und
den Abend, in die bittersten Betrach.
tungen vertieft, zugebracht, hatte die
Gegend nicht verlassen wollen, ohne
Mlmmm
Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger.
Die, die er so heiß geliebt, noch einmal
wiedergesehen zu haben. So hatte er
denn die Stunde benutzt, in der Jeder
ruht, und war, ohne von einer lebenden
Seele bemerkt zu werden, an MarianenS
Haus vorübergeschritten.
Der Zufall war ihm günstig ge
wesen, denn er hatte sie längere Zeit
während ihreS Schlummers betrachten
können.
Doch der Schrei des Entsetzens, den
sie auSgeftoßen, hatte ihn fortgescheucht
und er hatte schnell entfliehen müssen,
und jetzt huschte er, als wäre er wirklich
daS Gespenst, das Jeder in den geheim
nißvollen Stunden der Nacht fürchtet,
mehr über den Boden, als er lief: '
verließ das friedliche Dorf Locmaria
für immer.
Als Mariane am nächsten Morgen
aus einem schweren Schlummer" er
wachte, bemerkte sie zu ihrer großen Be
ftürzung, daß die kleine goldene Kette
verschwunden war.
Diese? geheimnißvolle unerklärliche
Verschwinden denn die beiden Gatten
hatten Niemanden in ihr Zimmer treten
sehen stimmte die junge Frau lange
Zeit traurig uud nachdenklich.
Unbestimmte Gewissensbisse erwachten
in ihrem Herzen, und bei der Erinne
rung an die plötzliche Vision denn sie
vergaß den Augenblick nicht, wo der un
bewegliche Schatten Daniel Ponkerlo's
vor dem Fenster erschienen war fragte
sie sich manchmal, ob sie nicht schlecht
gehandelt hatte, als sie sich nach nur
zweijähriger Wittwenschaft wieder ver
heirathet hatte.
Grade ein Jahr nach den eben er
zählten Ereignissen fand Mariane, als
sie Morgens die Augen aufschlug, die
kleine goldene Kette an demselben Platze
wieder, an dem sie früher gehangen
hatte.
DaS war ebenso unerklärlich wie
das Verschwinden, denn weder sie noch
ihr Mann hatten auch dies Mal
Jemand das Haus betreten sehen.
Die Sache hatte sich folgendermaßen
zugetragen:
Wenn Daniel auch einft, als einziger
emer ganzen Bemannung einen schreck
lichen Schiffbruch überlebt hatte, so
hatte er doch nicht, den moralischen
Schiffbruch zu überleben vermocht, in
dem alle seine Hoffnungen untergegan
gen waren; von diesem Augenblick an
war er nur noch ein Körper ohne
Seele, und so irrte er durch die Welt,
oyne tyiua oder Trost nnden zu
können.
An einer unheilbaren Schwermuth
leidend, wagte er bei jeder Gelegenheit
m der geheunen Hoffnung sein Leben,
hier endlich den Tod finden zu können.
den sich selbst zu geben, fein Gewissen
ihm verbot. In Chicago wurde er bei
einem Brande, wo er Wunder der
Tapferkeit vollbracht, von einem bren
nenden Balken getroffen und tödtlich
verwundet. Man schaffte ihn ; in's
Hospital und er ftarb dort einige Tage
später.
Endlich hatte er die Ruhe' gefunden,
Doch bevor er starb, hatte Daniel
noch einen getreuen Vollstrecker seines
letzten Willens zu finden vermocht. Er
hatte zum Bettnachbarn einen bretoni
fchen Matrosen Namens Closmadene.
der aus einem Dorfe in der Nähe von
Elosmarla gebürtig war und nach fei
ner Genesung in feine Heimath zurück-
lehren wollte. Daniel vertraute ihm
die kleine goldene Kette an und empfahl
ihm. sie genau am 27. Oktober, dem
Jahrestage seines Erscheinens in
Mariane's Hause in der Stube an
Ort und Stelle aufzuhängen. Vor
Allem aber bat er ihn, Niemanden die
näheren Umstände seine? Todes zu ver
rathen und Alle glauben zu lassen, sein
Hinscheiden wäre schon vor sieben Iah
ren erfolgt.
Als er in'S Dorf zurückgekehrt war,
führte Closmadene,, Dank den Angaben,
die man ihm geliefert hatte, sein Ver
sprechen buchstäblich aus, so daß Jves
Clourett, nachdem er die kleine goldene
Kette wieder entdeckt hatte, mit vollster
Ueberzeugung zu seiner Frau sagen
konnte:
Die Seele des verstorbenen Pon
kerlo ift heute Nacht wiedergekehrt.
Deine Prüfung ift beendet; er verzeiht
Dir!"
Mariane lächelte traurig und sagte.
an den Todten denkend:
Der arme Mann!"
Und sie ahnte nicht, daß dieser Ge
danke des Herzens jenseits des OceanS
daS kaum geschlossene Grad Daniel
Ponkerlo? mit seinem Flügel streifte.
Blutiger Ueberland Verkehr.
Wie Märchen auS altersgrauer Zeit
lesen sich heute die Geschichten von dem
ehemaligen, kämpfereichen Passagier
uno GUterderkeyr nach unserem fernen
Westen und Südweften. Und doch leben
i
noch Zeugen und Theilnehmer dieser
abenteuerlichen Kämpfe mit den Roth
häuten, welche gerade in den letzten zwei
Jahren, ehe das Dampfroß durch diese
Gegenden zu schnauben begann, am ge
fährlichften auftraten.
TaS waren noch die Tage der Pony
Expreß und des schwerfälligen Omni
buS. Stage Coach genannt. Nach
Passirung der ersten 30 Meilen vom
Missourifluß auS war keine Kutsche zu
irgend einer Zeit vor einem Angriff
sicher, bis sie San Francisco erreichte!
Die OmnibuS,Stationen". die auf
dem ganzen, langen Pfad alle 15 Mei
len angelegt waren, gehörten zu dem
Merkwürdigsten, was in dieser Art je
dagewesen ift. Sie waren weiter nichts
als Löcher oder Keller wobei aber ja
nicht un Weinkeller u. dergl. zu denken
ist von 4 bis 5 Fuß Tiefe, mit dicken
Holzbrettern oder Balken bedeckt, auf
denen wiederum zwei Fuß Erde lagen.
Ein ebensolches Loch war auch die zuge
hörige Stallung.- und HauS" und
Stall waren gewöhnlich durch einen
unterirdischen Gang verbunden: beide
waren mit Schießluken versehen, und
die Thüren bestanden aus schwerem
Balkenholz oder waren mit Kesseleisen
bedeckt. Jede dieser Stationen hatte
ein Dutzend oder mehr Angriffe auszu
halten. Ihrer ganzen Anlage nach
konnten sie von den Indianern nicht in
Brand gesetzt werden, und es war sehr
schwer, sie im Sturme zu nehmen.
Dennoch ist gar manche durch Belage
rung oder durch allerlei Schliche gefal
len, und die kleine Garnison (vier oder
acht Mann) niedergemetzelt worden.
Niemals ist größere Tapferkeit und
Verwegenheit gezeigt worden, als von
den Angestellten dieser Stationen und
den Omnibus-Kutschern. Die Gesell
schaft schonte in keiner Weise das Leben
ihrer Angestellten, und für jede Station
bestand thatsächlich die Ordre: Ver
theidigt Eure Station unter allen Um
ständen, und nur der letzte Mann, der
am Leben bleibt, soll sich durch die
Indianer hindurchschlagen, wenn er
kann!" An Hilfe von anderen Stativ
nen war nicht zu denken; dazu war die
Entfernung, unter den damaligen Ver
hältnlssen, viel zu groß.
Bei einem Angriff auf einem Omni
bus verwandelte sich jeder Passagier,
mindesten? jeder männliche, in einen
Kämpfer. Und in den letzten zwei
Jahren vor der Eröffnung der Pacinc
bahn fuhren auf jeder ' Fahrt nach
Westen oder nach Osten, durchschnittlich
fünf Passagiere mit, und gar manche
derselben waren Frauent An einigen
Punkten auf dem langen Wege ritt
eine Wache ein paar Meilen mit dem
Omnibus, aber auf dem allergrößten
Theil der Strecke waren Kutscher und
Passagiere ganz auf die Selbsthilfe an
gewiesen. Kaum eine Woche verging
ohne eine neue Tragödie. Die meisten
Angriffe erfolgten, wenn eine Kutsche
gerade einen steinigen Weg hüqelauf
wärts zu fahren hatte Dann war der
Omnibus einSchl achtenwagen
im verwegensten Sinne des Wortes,
und der Kutscher mußte gleichzeitig
Lenker und Kämpfer sein, während die
Passagiere aus den offenen Thüren
feuerten.
Endlich entsandte die Regierung., auf
die dringenden Vorstellungen der Oder
land Comp." hin. den General Cufter
mit einer Cavallene Brigade, um den
Pfad durch Kansas zu säubern. Ueber
diese Expedition berichtet ein Theilneh
mer:
Vierzehn Stationen waren von den
Cheyenne-Knegern angegriffen und vev
nichtet worden und auf einer Strecke
von beinahe 200 Meilen gab es keinen
Omnibusverkehr mehr. Cufter konnte
nicht hoffen, gegen die Horden im offe
nen Felde einen Entscheidungsschlag zu
führen: aber er beschloß, seine Gelegen
heit abzupassen. Grausige Bilder
boten sich uns, als wir den Pfad von
Station zu Station verfolgten, Bil
der von Tod und Zerstörung nach ver
zweifelter Vertheidigung. Einen An
griff auf einen Omnibus sahen wir in
der klaren Luft eines Sommer Nach
mittags auf einer Entfernung von drei
Meilen an, ohne Hilfe bringen zu kön
nen! Unpassirbare Stromschluchten
lagen zwischen uns und dem Schau
Platze, und wir mußten einen weiten
Umweg machen und trafen erft lange
nach dem Abzug der Indianer dort ein.
Leichen zu begraben das war Alles.
was uns übrig geblieben war.
An der Station Whlte Hnrse fielen
endlich die Würfel. Auch diese wurde
belagert, und wir hörten schon von
Weitem die Büchsen knallen und muß
ten, daß sie sich hielt. Sie lag unge
fähr mitten auf einem langen, kahlen
Hügel. Nach Westen zu war eine
trockene Schlucht, die aber eme Sack
gasse bildete und Uferbänke von etwa
20 Fuß Höhe hatte; indeß bot sie den
besten Zugang zu der Station. Der
Häuptling Spotted Horse" und etwa
n
No. l.
150 seiner Krieger hatten sich hier fest
gesetzt, und eine Abtheilung bewachte
den Psad nach Osten. Unsere Späher
gaben uns darüber genauen Bericht.
Offenbar war es in diesem Fall auf ein
Aushungern der Garnison abgesehen.
Zwischen Nacht und Morgen überfielen
wir die Belagerer, und eS gab ein gräß
licheS Blutbad in der Schlucht, mit
Carabinern und Säbeln. Jn einer
halben Stunde war der ganze Kampf
vorüber, welcher von der Garnison
durch einen wüthenden Ausfall unter
stützt wurde, und wir zählten in der
Schlucht 73 und oben 22 todte Jndia
ner. Unser Verlust betrug 3 Perwun
dete. Binnen einer Woche suchten die
Cheyennes um Frieden nach und wur
den auf eine Reservation gebracht."
Der Rönigsmantel von Hawaii.
Ueber dem Palaste der Nachkommen
KamehamehaS auf Honolulu weht die
amerikanische Flagge; der Königsman
tel auS den Federn von Paradiesvögeln
wird nicht mehr an den Festtagen des
fröhlichen Volkes der Hamaii-Jnseln.
sondern nur noch als Seltenheit gezeigt.
Händler haben die letzten seltenen Stücke
der königlichen Federmäntel aufgekauft,
und ein Amerikaner erstand unlängst
einen solchen für fast eine halbe Mil
lion Mark! Das Museum für Völker
künde in Berlin hat noch rechtzeitig
einige der überaus reizenden und werth
vollen Federnarbeit, wie inan sie vor
50 Jahren auf der Inselgruppe billig
erstehen konnte, erworben.
Solchen Federschmuck herzustellen,
war Aufgabe der Frauen und Mädchen
der adligen Kriegerrasse der Inseln.
Die Könige unterhielten, um diesem
Damen den Stoff zu ihren zierlichen
Arbeiten liefern zu können, ein ganzes
Heer von Vogeljägern. Die Jagd galt
besonders dem überaus scheuen Mamä
dem gelben Paradiesvogel. Eine
sehr beliebte Art. den so schönen Feder
träger einzufangen, erinnert sehr an
den bekannten Fang eines Affen durch
pechgefüllte Stiefel. Die Jäger putzten
einen jungen Baum mit dichtem Ge
zweige durch allerhand bunte Fähnchen.
Fäden, Bänder, Netze seltsam heraus,
bestrichen die Zweige, Bänder u. f. w.
mit einem cus dem Safte des Brot
baumeS hergestellten dicken Leim und
stellten den Wunderbaum mitten im
Walde auf. Die Vögel bestaunten das
seltsame Ding, ließen sich darauf nieder
und waren gefangen. Netze und Spreu
kel waren an anderen Orten für die
armen Gesellen bereit gestellt, um sie zu
verderben.
Die Federmäntel für die Adligen
wurden auS vielerlei Federn gefertigt.
Der Königsmantel mußte ganz aus
dem prachtvollen Gefieder deS Paradies
Vogels hergestellt sein. Zum Mantel
gehörte ein Helm, ähnlich dem der alten
Griechen, nur daß er. anstatt aus Erz.
ebenfalls aus bunten Federn gemacht
war. Das Gerüst der Mäntel bestand
in einem nerlicken Nekaewebe. aeker.
tigt aus Pflanzenfasern. Auf das Netz
muroen nie geoern. große und kleine,
so geschickt, so sorasam aenäbt. dak dn
Ganze so eben, so weich, so gleichmäßig
erschien, wie das Sammtgefieder eines
oer veichwlngten Gäste deS Urwalds.
Der Köniasmantel war. nack dir hm-,
wiegenden Farbe des Mamu, gelb, und
oieie Farve auch m China und bei
den Inkas von Alt-Peru die alleinige
Lsaroe oer ynaiuei galt als Tadu.
Der Mantel des berühmten Kameha
meha maß am Rücken 2.10 Meter, um
die Taille 4.40 Meter. Er ist aan,
Mamu-Federn hergestellt und obendrein
verziert vurcy einen schmalen Rand von
purpurrothen Federn des Uh-Vogels.
Bei anderen besten, als hierücben
Regierungshandlungen trug der Be
Herrscher derHawaii-Jnseln bunte Feder
Mäntel, die vielleicht noch prächtiger
aussahen. Seine Adliaen erscki?nn
ebenfalls in bunten Federmänteln und
eoeryelmen zur Rathsversammlung,
die so einen aleick imdosant?n mi? Mt.
samen Anblick haben muß. Von dem
Werthe solcher Mäntel, deren Besitz nur
den Reichsten im Lande möglich war,
giebt, die Ziffer der Vöael einen Re.
griff, die man zu einem einzigen
Könlgsmantel brauchte, an 30.000.
Lange, nachdem die Dynastie die euro
päische Kleiduna angenommen Bart
erschien der Souverän am Krönungs-
rage im 'camu.cantet; auch Königin
Liliuokalani hat ihn noch getragen und
1338 nahm auch nocb ein Whiiner ?n
seinem Federmantel an der Eröffnung
des Parlamentes Theil. Nun ist der
Brauch geschwunden und die nck nnn,
troffenen Mäntel wandern für hohe
Preiie in marilakenlabmette.
Sympathi und Antipathie gegen
Hatten.
, Jeder wird auS seiner Umaebuna
Beispiele von Personen nennen können.
die eine instinktive Vorliede bezm. Ad
Neigung gegen Katzen besitze!', und sie bei
jeder Gelegenheit äußern. Manche
Leute werbt sofort von einem Gefühl
der Unrude und Undehaglichkcit defal
len. wenn sich eine Katze in ihrer un
mittelbaren Umgebung befindet, ein
Gefühl. daS körperlicher Furcht sehr
nahe kommt und sich erst legt, wenn die
Katze hinausgeschafft worden ist. ES
sind sogar Fälle bekannt, wo sich ein
derartiges Unbehagen bei Leuten be
merkbar machte, die die Katze noch gar
nicht gesehen hatten. Auch bei sehr be
deutenden Persönlichkeiten, wie bei
Napoleon und Wellington, soll sich eine
derartige Jdiosynlrasie zu öftern Ma
len gezeigt haben. Man erzählt ferner
von einem Dänen mit herkulischem
Körperbau, der einen solchen Abschelk
vor Katzen hatte, daß er. nachdem man
auS Scherz in eine Schüssel auf der
Tafel, zu der er eingeladen war. eine
Katze gesetzt hatte, in einem WuthauS
bruch feinen Gastgeber erschlug. Umge
kehrt gibt eS, wie Jeder weiß, zahlreiche
Katzenliebhaber, meist unter Damen
mittleren Alters. Die Zärtlichkeit mit
der sie ibre vierfüßigen Freunde be
handeln, ift ein nie versiegender Quell
für bessere und schlechtere Witze. Sel
ten aber hat man bei einer Person eine
derartige Zuneigung für Katzen be
merkt, wie bei Dr. Stark, einem Arzte,
der bei Ladysmith gefallen ift. Dr.
Stark hatte sich eine Zeitlang mit der
Erforschung der Vogclwelt von Süd
Afrika beschäftigt, meldete sich aber
beim ersten Ausbruch des Krieges zum
ärztlichen Dienste. Als er durch die
Explosion einer Granate tödtlich getrof
sen wurde, rief er noch im Fallen auS:
Sorgt für meine Katze (take care of
ray cat)!" Zunächst glaubte man,
daß der Sterbende von seinem Katalog
gesprochen hätte auch dieses Wort
wird im Englischen zuweilen cat" ab
gekürzt. Als die Angehörigen aber von
feinem Tode und jenem AuSrufe hör
ten. wußten sie sofort, daß der Natur
forscher wirklich an seine Katze gedacht
hatte. Er hatte oft davon gesprochen,
daß er seine Gedanken nicht genügend
sammeln könnte, wenn sich keine Katze
in feiner Nähe befände. Dabei war
es ihm verhältnißmäßig gleichgiltig. ob
es eine bestimmte Katze war; es kam
eigentlich nur darauf an, von einem
Vertreter dieses Thiergeschlechtes beglei
tet zu sein. Ob er seinem Lieblings
studium, der Ornithologie, oblag, oder
ob er eine Partie Schach spielte, er
mußte immer dabei eine Katze auf dem
Knie haben. Schon als Knabe hatte
er sogar bei Klav)erübungen eine Katze
auf dem Schooße gehabt. Man hat
vielleicht nie von einem Beispiel gehört,
in dem die Vorliebe einer Person für
ein Thier von so großem Einfluß auf
das ganze Geistesleben gewesen wäre,
und der Fall ist um so merkwllrdi
ger, als sich Katzen und Vögel be
kanntlich sehr wenig miteinander ver
tragen.
ostspielige T-ttette.
' Ein Blick in die Londoner Toilette
geheimnisse spielte sich jüngst dort vor
dem .Richter ab. Vor diesem erschien
Oberst Maxwell Herion als Vertreter
feiner Frau gegen die erste Schneiderin
Londons, Madame Mercier. Mistreß
Maxwell Herion hatte für Toiletten,
die sie feit anderthalb Jahren anfertigen
ließ, eine Rechnung auf 8400 Pfund
Sterling ($42,000) bekommen, und der
Oberst ist kaum im Stande, seine von
Zorn zitternde Stimme verständlich zu
machen, während er die Rechnung lieft.
Da heißt eS; Ein weißes Atlaskleid
300 Pfund Sterling (11500); ein
saphirblaues Hofkleid 180 Pfund
Sterling ($900); für ein Sommerkleid
(Batist) 80 Pfund Sterling ($400);
ein blaues Satinkleid 50 Pfund
Sterling (250); ein schwarzes Gaze
kleid 90 Pfund Sterling ($450)."
Der Oberst fährt färt: Jetzt kommen
die Kleinigkeiten: für die Umänderung
eines Kleides in Fgon 20 Pfund
Sterling (100 Dollars); Zubehör 15
Pfund Sterling ($75)." Die Schneide
rin gebärdete sich gleich einer beleidigten
Fürstin. Sie saot: rnn
Kleider, ich schaffe Kunstwerke. 5ch
kann aus meinen Büchern den Beweis
liefern, daß jede Toilette nack dem ffnfc,
Wurf eines Malers gearbeitet wird.
und daß ick selbst für tehe Kki. Krt
Pfund Sterling ($250) zahle." Der
Oberst ruft: .Wenn das tnnhr ist hnnn
soll den Maler. Sie. selbst und Ihre
Kundinnen der Henker holen!" Der Rich
ter. Mr. Crumv. erkuckt hn rMttrt
Krieger, sich zu fassen, und diese Mah-
nung kommt zu rechter Zeit denn der
Gatte wird verurtbeilt. die erfm
der Schneiderin voll ,u beiablen. R,
dauernd meint der Richter: Wer in
einem derartigen Geschäfte seine Ein-
raure ve,orgk. mutz auch seiner Eitelkeit
horrende Opfer bringen."
Bom Mund genommen.
Eine Dame kommt tw ntt
athemlos. grade als sich der Zug in Be-
megung ,e?r. aus die Station. In
ihrer Aufregung hascht sie vergebens
nach Athem und Worten, um ihrem '
Aerger Ausdruck zu verleihen. In die
sem Moment stürzt ein ältlicher Herr
schweißtriefend und keuckend auf hn
Perron. Hätt' 's jetzt nicht noch eine
Minute warten können." ruft er, dem
abfahrenden Zuae nachblickend nk u,
nen Öandkoffer wütbend ank k-n
" II vi WWIH
schleudernd.
Dame (erfreut): O. ich danke ?!b
nen sehr, gerade das wollt' irfi ,k,
selbst sagen!"