Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, May 24, 1900, Image 12

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    Die Sanurttcrin.
sumorcikt von 'i. itlwkgtr.
.Uit freue ich mich. Fräulein Suff,
da sie endlich wieder vier Nil: vuv
s,n Sie sliidj." daß Sie unvcrantwort
lich lange ausgeblieben sind? ES muß
Ihnen sehr gut in der Großstadt er
gangen sein und entsetzlich cci ijaorn
Sie natürlich lernt, nicht wahr.
.Wir Böolicr werden davon profttiren
können."
Sie Spötter! Allerdings.- Herr
Toktor. entsevlich viel bade ich gelernt.
tai können Sie mir glauben. Und
Sie werden in Zukunft gar nicht mehr
nötbia sein im Grundbof. oder nur )tl
ten. denn hören Sie ich habe
einen SamariterkursuS mitgemacht!
Ja lachen Sie nur. Sie. Sie ich
verstehe jetzt eine Menge davon, und
wenn ich auch gerade noch keinem Men
schen einen Arm abschneiden möchte, so
bin ich doch im Stande, jedweden
Schaden kunstgerecht zu verbinden, Er
trunkene. Erstickte u. s. w. in's Leben
zurückzurufen. ES ist gar nicht so
schwer, und wozu Sie ich meine die
Herren Aerzte sich so jahrelang auf
den Universitäten herumtreiben. daS ist
mir unverständlich."
.So, hm. na schön. Fräulein
Suschen! Also ich bin abgesetzt, in
optima forma"! Wir machen das in
Zukunft alles selbst im Grundhof! Ich
armer, unnützer Kerl! Na. ja. ich sag'S
ja immer, heutzutage kann man sein
Bündel schnüren. Wer nicht Natur
hcilmethodler ist, der geht in den
SamariterkursuS und macht nachher
alleS selbst! Aber, hören Sie mal.
Fräulein Suöchen. wenn ich auch als
Leibmedikus sozusagen abgesetzt bin,
als guter Freund darf ich mich am
Ende noch manchmal hier blicken laffen?
Denn das könnt ich ja gar nicht aus
halten. Jetzt, wo Sie wieder hier sind.
Sie liebes Mädel! Ich hab ja die Tage
gezählt! Fragen Sie nur den Papa,
kleine Suse, wie oft ich mich erkundigt
hab', ob die hohe Schule noch nicht
glücklich absolvirt sei. Denn, unter
uns gesagt, SuSchen, eS fehlte mir im
mer 'was, wenn ich kam und hörte Ihr
liebes Geplaudcr nicht, Ihr fröhliches
Lachen, welches mich immer an Vogel
gezwitscher erinnerte. Also, nicht wahr,
alß guter Freund darf ich kommen, so
oft ich will?
Aber natürlich. Herr Doktor, es ist
mir sogar sehr lieb. denn, aber daS
nur im Vertrauen, ich habe große
Pläne für die Zukunft. Sehen Sie.
was ich da vorhin sagte, ich könne schon
alles Medizinische, das war natürlich
Unsinn. Ich kann ja eine ganze Menge,
aber zur Aerztin langt's bei weitem
nicht. Und Aerztin will ich werden,
unbedingt! Es ist meine Pflicht, nach
dem ich erkannt habe, daß meine Be
gabung ganz entschieden auf diesem
Feld liegt."
.Das glaub ich auch!"
Ach. wie schön! Nun hab' ich schon
einen Bundesgenossen und was für
einen! Hören Sie, lieber Herr Doktor,
im bin Ihnen sehr dankbar. Wie nett,
daß Sie so vorurtheilöfrei sind und mir
beiftehen wollen! Also, eS gilt ver
einte Kräfte führen zum Ziel! Sie wer
den so nach und nach den Papa von
seiner schlechten Meinung über die ge
lehrten Frauen zurückbringen. Er hält
daS alles für Unsinn. Eile hat's ja
auch nicht. Ein paar Jährchen warte
ich noch; inzwischen übe ich mich etwas
ein eS wird ja doch ab und zu 'mal
etwas passiren irgend ein Unglücks
fall
.Sehr menschenfreundlich, Saschen!"
Ach Gott, so mein' ich's ja nicht.
Ich wünsche gewiß keinem Menschen
etwas Böses, aber man muß doch Ge
legenheit haben zum Gott, so verstehen
Sie mich doch nur"
.Gewiß! Und ich verspreche Ihnen
feierlich, liebes Suschen, daß ich alleS
thun werde. Sie zu einer Doktorin zu
machen. Hier mein Hand darauf!
Und nun muß ich mich auf den Weg
machen. Vielleicht begegne ich Ihrem
Herrn Papa noch ich habe eine Kaf
fenangelegenheit mit ihm zu besprechen.
Adieu für heute, nieine liebe Kollegin
.in fpe". Darf ich sagen, auf Wieder
sehen? Wo ich eigentlich gar nicht mehr
nöthig bin! Ja. so. als Freund und
Bundesgenosse darf ich ja noch. Also
auf Wiedersehen!"
.Auf Wiedersehen!"
DaS Gespräch zwischen Suse Herwig,
der einzigen Tochter des Amtsraths
Herwig in Grundhof, und dem noch
jungen Hausarzt der Familie, dem
Doktor Klaufer, hat am Morgen statt
gefunden. Beim Mittagessen erst sieht
Suse den Papa, der die Erntearbeiten
beaufsichtigt hat. wieder. Sie plau
dert ihm allerlei von den Ereignissen
deS Vormittags, und des VaterS Auge
ruht voll Freude auf dem bildhübschen
Töchierchen. dem Liebling des ver
wittweten ManneS. Nur, daß sie eine
wichtige Unterredung mit dem Doktor
gehabt, berichtete die Heute Beriqwore
rin nicht.
AIS abgegessen ist und der Amtsrath
sich wieder verabschieden will, hält ihn
Sule noch mit einer Bitte zurück. .Acy.
liebste? Papa, könntest Du mir nicht
heute Nachmittag den flinken Polen
jungen, den Äanusch, überlassen? Die
' . " ... n rr . . -l.ciiiil v
Ananasapskl Uinen gcpuui! iioen,
nd der Janusch kletterte wie'n Eich
Hörnchen. Auf dem Feld wird er schon
u entbehren fein er ist ja doch mehr
eine Spielkatze."
Meinetwegen. ÜUnne. Freut mich.
interessirft und der Mamsell die Arbeit
abnimmst! Und Tu haft recht, drauß.'n
nützt der Bub' nicht viel ich hab' ihn
la auch nur dem älteren Bruder zu
Liebe angenommen bei der diesjährigen
Rüdenkampagne. Na. der Januich
wird nicht böe sem über den Wechsel.'
.Tanke schön, Väterchen, sollst ein
mal sehen, wie fleißig wir sein wer
den. Gilt e doch Deinem Lieblings
apfel!"
.Schon gut kleine Hexe. tu. sag
mal, der Toktor war ja heute Morgen
da. Er traf mich noch auf dem Weg.
Freute sich der. daß Tu wieder hier
bist! Ganz gefährlich schien mir die Ge
schichte. Na. ist ein Prachtkerl, unser
Toktor. und ich hab nichts dagegen ein
zuwenden, wenn Tu gute Freundschaft
mit ihm hältst. Adieu. Kleine, gieb mir
'n Kuß."
Der AmtSrath geht, und Fräulein
SuSchen ist ordentlich zerknirscht. Der
gute Papa, der meint der Toktor wäre
. bm. zu komi ch! uevrigens. oitor
Klauser hätte zum Papa ein bischen
anders von ihr reden sollen, wirklich an
eine LiebeSgeschichte zu denken. Komisch
altmodisch! Er ahnt nicht, daß ihr
Bündniß mit dem Tottor ganz andere
Zwecke verfolgt. Und der Toktor
hm eigentlich hat sie geglaubt, es
würde ihm ein biSchen leid thun, daß
sie gar nicht daran denkt, zu heirathen
Dennoch eS ist gut so. Denn den Ge
danken, dem armen, lieben Doktor einen
chmerz zuzufügen, könnte ne gar nicht
ertragen! und früher hat su selbst
manchmal geglaubt, er sei lbre Be
stimmuna. emst bah weg damit
Sie hat hohe Ziele! Zunächst allerdings
nur einen Apfelbaum. Also schnell an
die Arbeit! Suse bindet eine riesige
Schürze vor. setzt den Helgoländer auf
den Lockenkopf und begiebt sich auf den
Hof. wo der Polenjunge, der hübsche,
schlanke Janusch, schon der jungen
Herrin harrend an der Mauer lehnt.
Er zeigt ihr lachend die weißen Zähne.
DaS soll heißen: Ich freue mich, daß
ich Dir helfen darf!" Denn er versteht
kein Wort Deutsch, und Suse kann
sich nur durch Geberden mit ihm ver
ständigen.
Die heiße Sommersonne liegt über
dem Obstgarten, den Suse betritt, ge
folgt von ihrem Liebling, dem Janusch.
Sie haben sich beide mit Körben be
laden, und nun schleppt Janusch die
lange Leiter herbei und ersteigt den
Baum und pflückt eifrig, und die Suse
hält die Schürze auf. um die herrlichen
Früchte einzeln aufzufangen. Es ist
eine Strapaze bei der Hitze, aber Suse
macht sich nichts daraus. TaS energische
Dämchen ist bestrebt, alleS, .ras sie sich
vorgenommen, mit Eifer auszuführen.
Und der sonst so faule Janusch schafft
heute ganz tüchtig, der jungen Herrin
zu Liebe. Jetzt entdeckt er ein paar
prachtvolle, große Früchte an einem
Außenaft und sucht mit der Geschwin
digkeit einer Katze sich zu ihnen hinzu
winden. Suse bemerkt sein Borhaven
und wehrt ihm angstvoll ab. Das ist
zu gefährlich! Aber der Janusch zeigt
ihr wieder sein ganzes Gebiß und leuch
tet sie mit seinen schwarzen, feurigen
Augen an: Schadet mir nichts. Her
rin!" So ungefähr-lassen sich die Ge
berden deuten.
Suse hebt nochmals beschwörend, ab
wehrend die Hand und ruft: Nie
nie Janusch! Nein, nein. Janusch!
Doch er ist keck und wagehalsig, legt
sich lang auf den schwachen Ast ein
Krach, ein Schrei ein Rauschen, und
da liegt der .arme Junge am Boden
und schneidet die zämmertichsten Grl
Massen.
Suse, tödlich erschrocken, faßt sich als
tüchtige Samariterin rasch und will ihm
beim Aufstehen behilflich sein. Doch es
geht nicht; aus deS Janusch Geberden
geht hervor, daß er einen Fuß gebrochen
hat. Suse holt die Mamsell und eine
Magd, und die Beiden tragen den
Patienten auf einer auSgehobenen Lat
tenthür so hat es Suse gelernt, sich
in Unfällen zu helfen in das Knechts,
zimmer auf'S Bett.
Ein NachbarSjunge wird sofort in
die Stadt nach dem Ärzt geschickt, aber
Suse beschließt, inzwischen einen Noth
verband anzulegen. Der Janusch jam
mert laut und. schreit, sobald sie an sei
nen rechten Fuß kommt: Ni. ni,
panienka, ni. ni " und windet sich wie
ein Verzweifelter. Suse macht eine
strenge Miene nnd läßt sich nicht be
irren. Im Gelenk scheint's nicht zu
sein, jedenfalls nur ein leichter Unter
schenkelröhrenbruch. Wenn der Junge
sich nur nicht so aufführen wollte! Jetzt
wird er gar grün und gelb im Geficht
und schließt die Augen. DaS ist gär
nicht so übel, eine kleine Ohnmacht!
Nun kann die Samariterin ungestört
ihren Verband anlegen. Schienen hat
sie nicht zur Verfügung, aber starke
Vavve thut'S auch, und Binden und
Watte sind vorräthig. So ein Herr
licher Verband, und nun soll der
janusch noch ein GlaS Wein bekom
men. Er trinkt es heulend aus und
heult fort, bis er schließlich einschläft.
Nach zwei Stunden langt endlich
Doktor Klauser an. Sie geleitet ihn
ganz stolz zu ihrem" Patienten und
der Doktor macht natürlich zunächst den
Verband los unter lobendem, betsäl
liaem Schmunzeln.
Schön, sehr gut. ganz kunstgerecht
mein Kompliment, grauttln oue
am. Entschieden Begabung! Dann be
wegt er den Fuß hin und her. rückt und
zieht am Unterschenkel und ein kurioses
Lächeln fliegt über sein Antlitz. Bei der
Untersuchung stößt er zufällig an den
anderen Fuß und der Janu,cy zu zu
sammen. wie im Schmerz. Ter Arzt
versucht uun. den Jungen auk die
Beine zu stellen, vergebens! Mit einem
Webruf knickt er zusammen. Jetzt
tagt'S dem Toktor. Noch einmal beugt
er sich über den Patienten, dann flüstert
er Suse zu:
.Meine liebe Kollegin der Verband
war prachtvoll, ganz kunstgerecht, nur
ein kleiner Fehler ist Ihnen passirt
Sie haben den fallchcn Fuß verdun
den! Ter linke ist gebrochen, nicht der
rechte. So, nun wickeln Sie mir die
Binden hübsch auf und reichen Sie mir
die Sichea zu."
Btutudergoiien peht die arme
Samariterin, die künftige Aerztin vor
ihrem .Vundesgenonen".
.O. wie ich mich schäme, und die
Mamsell, die Hat'S gesehen!" Toch
Klauser klopft ihr tröstend aus die
Schulter: Ich verrath'S keinem Men
schen. Ter Junge merkt's gar nicht,
der ist ja vor Angst halb von Sinnen.
Und die Mamsell, die soll nur kommen
und behaupten. Sie hätten den rechten
Fuß verbunden. Ta werd' ich einfach
grob und versichere ihr. sie leide an
Sinnestäuschungen, das fei ein höchst
bedenklicher Zustand."
Nach einer Weile ist der richtige Fuß
wohlverbunden und der Janusch liegt
ganz zufrieden im Leite und macht
Miene, wieder zu schlafen."
Suse, tief niedergedrückt, gibt dem
Toktor daS Geleite. Tcr wendet sich
im halbdunklen Gang zu ihr mit den
Worten: Heute früh gab ich Ihnen
das Versprechen. Ihnen getreulich zu
helfen, daß Sie eine Doktorin werden
könnten. Nun. mein Vorsatz ist heute
Nachmittag noch fester geworden.
Wenn's auch nicht der rechte Fuß'' war.
der Verband war vorzüglich! id Sie
können in kurzer Zeit schon die ersehnte
Würde erlangen. Suse, ein Wort.
und Sie sind Doktorin, sobald Sie
wollen. Ohne erst noch zu ftudiren.
Sie brauchen nur meine Frau zu wer
den meine liebe, kleine Doktorin!
Daran dacht ich ja nur bei meinem
Versprechen heute! Gott, ich freue mich
schon, wie trefflich Sie mir deistehen
werden. Und die Diagnose die über
lassen Sie mir. nicht wahr? Und nun,
ein Wort soll's so sein? Suschen,
ich hab' Sie ja so unendlich lieb sagen
Sie ja "
Ich muß wohl. Sie Schlimmer"
unter Thränen lächelnd spricht's das
junge Mädchen sonst erzählen Sie's
am Ende allen Leuten, wie ich mich
blamirt hab'."
Also mein. Suse?" - .
Tem!"
Sühne.
Skizze von Wilhelm Müller-Weil-
bürg (Hamburz).
Es ist zwei Uhr Nachts.
Aus dem noch hell erleuchteten Vor
tale eines vornehmen Hotels in Koblenz
treten zwei Offiziere hinaus in das
Dunkel der Straße.
Warst Du toll. Rantlow. so mahn
sinnig zu Pointiren? Dieser Bankhal
ter und belgische Sportsmann Marquis
yautetort ist sicher ein Abenteurer.
wenn nicht etwas schlimmeres," redet.
owie beide außer Hörweite der Hotel
dienerschaft sind, der ältere der Offiziere
lernen jüngeren Gefährten an. Du
mußt eine Unsumme verloren haben.
Gerhard."
ES ist alles aus. Laß mich allein.
Klitzing. .Ich gehe noch eine Stunde
die Rheinanlagen entlang."
Gute Nacht."
Der gewitterschwüle Maitaa neigte
sich dem Ende zu.
Seltsam bleich, mit einem eigen
thümllchen weißlichen Metallschimmer
liegt der Himmel über den hohen, stei
len Waldbergen am Ufer der Lahn,
blickt der Horizont durch die 'Luken
zwischen den dunkelgrünen, dichtbelaub,
ten Wipfeln der Bäume des Emser
Kurparks.
Tief im . Westen hängen schwane.
massige Wolkengebilde, finster, drohend.
eine Wetternacht kündend.
Von dem Munkpavillon herüber
ertönen gedämpft, eine Klage grollen
der Schwermuth, eine Weise voll todt
banger Trauer, die Prachtakkorde von
Franz Schuberts seelenerschütterndem
Liede Am Meer."
In einem größeren, salon
artigen Parterreraume der Villa Belle
vue. eines der im schloßähnlichen Stil
erbauten, mit Plattformen versehenen,
thurmgekrönten Gebäude am linken
Ufer des Flusses, sitzt am offenen Fen
ster, dessen Vorhänge und Seidenpor
tieren weit zurückgezogen sind, eine
Dame, sie schaut in Gedanken versun
ken hinaus in den schweigenden Garten,
in die stille Feier des Frühlingsabends.
Ein schweres Duftgemisch von mit
der, Rosen und Jasmin erfüllt die
Luft, be: der nagenden Dämmerung
und Gewitterstimmung viel stärker sich
geltend machend als am Tage.
Die feinen, edlen, durchaentiaten
Züge des Profils der alten Dame heben
sich scharf ab von dem satten Gelbbraun
der Portierenseide. DaS vornehme,
von schneeweißem Haar umrahmte
Antlitz erscheint in der seltsamen Be
leuchtunq des von außen hereinfallen-
den, matten letzten Lichtes ungewöhnlich
blaß. In den blaugrauen Augen
liegt ein Ausdruck tiefen Ernstes, von
Sorge und innerlicher schmerzlicher
Erregung, von HerzenSqual und kum
mervoller, zweifelnder Erwartung.
Langsam steigen die Schatten der
hereinbrechenden Nicht aus dem Thale
der Bergadhänge hinan. Trüben in
der Wandeidahn und der Römerftraße
flammen -die Lampen auf.
Ta knirscht drunten im Garten der
KieS der Wege unter den raschen
Schritten eines sich Nähernden. Tie
Erzscheibe eineS SchleppiadelS klirrt
gegen die Stufen der Marmortreppe
In das Gemach tritt eilend ein heran
gewachsener, jüngerer Mann in der
Uniform eines Offiziers eines preußi
schen GardeJnfanterieRegimentS.
Tie alte Tame hat sich jählings von
ihrem Sitze am Fenster erHoden.
Gert! Eine angstvolle Frage zittert
durch den kurzen NamenSruf.
Mutter! Ter Offizier faßte die rechte
ftanh tttr si5riitn unk lent k,inn litt
flttt Arm wie beruhigend um die Schul
ter der Erregten.
Gert, so sprich doch! Tu bist gerettet?
Du hast Hlltt gesunden?
Liebe, theure Mama. eS war alles
vergeblich.
Tie Tame scheint zusammenbrechen
zu wollen. Ein Stöhnen dringt au
ihrer Brust. Doch mit einer gcwalti
gen Willensanstrengung hält sie sich
aufrecht und steht, indem sie dem
Manne, wie vor etwas Furchtbarem
erbebend, forschend m die Augen blickt
$tn, mein Kino,- nur das eine
nicht. Nicht die Waffe. Nicht den
Tod."
Mutter, was bleibt mir sonst? Ich
muß den Weg gehen, den schon so man
cher meiner Kameraden gegangen ist.
O, das Spiel! DaS elende Spiel!
Und konnte Dir keiner helfen?
Keiner.
Toch, einer kann es. In den quäl
vollen Stunden deS heutigen Tages
kam mir wie eine Offenbarung von
oben dieser Gedanke der Rettung:- Du
weißt General Arimondi war ein. in
timer , Freund Deines verstorbenen
Vaters. Du selbst haft ihn in Rom ken
nen gelernt. Er ist zum Befehlshaber
der Italiener in Abessinien ernannt
worden. Arimondi verschafft Dir
einen Posten in der italienischen Armee.
Du fährst noch diese Nacht nach Kob
lenz zurück und von dort unverzüglich
nach Süden. Gerhard, mein Einziger.
gieb mir Dein Ehrenwort, daß Du
meinem Wunsche, meinem Befehle Folge
leistest. , DaS Andere würde ich nicht
überleben.
Mutter, wer auf der weiten Welt
wird dann nachher auf mein Wort und
meine Ehre noch etwas geben außer
Dir. Dann, bin ich ein von meiner
eimath ausgestobener, für meine
ameraden ein Verfehmter. Doch es sei.
Vielleicht kann dort gesühnt werden,
was ich hier im Leichtsinn gefehlt habe.
Gott segne und beschütze Dich.
Auf der Straße, einer durch viele
Menschenalter zurückreichende Durch
Märsche wandernder Völkerstämme dem
Boden eingeprägten Spur, die über
AddiCherascolli in Aethiopien zwischen
den Bergen Semajetä und Roja in den
Thaltessel von Adur hinabführt., mar
chirt im Morgengrauen des 1. März
1396 ein italienisches Operationskorps
unter Führung des Generals Albertone.
Die Brigade besteht aus weißen Trup
pen. Bergfaglieri's, sizilianischer und
erythräischer Artillerie, einer Bergbat
terie, Askani s und den irregulären
Banden der Eingeborenen. Zu dersel
ben sind vor kurzem die Ueberrefte der
Truppen des Generals Arimondi. des
Kommandanten von Tigre, sowie ein
Theil der Besatzung der Festung
Maialle, der Ueberlebenden aus der
unglücklichen Schlacht bei Amba-Alagi,
gestoßen.
In der Ferne vor der Kolonne er
hebt sich ein Labyrinth von Felsen mit
grotesken, phantastischen, himmelan
starrenden Kuppen und Zinnen, iäh
lings einfallenden, schmalen, steinwün
digen Pässen und zerklüfteten Schluch
ten, ein Terram wie geschaffen für
Hinterhalte und Ueberfällc.
Links seitwärts erstreckt sich die Land
schaft von Abba-Garima.
Auf diese marschirt die Truppe zu.
chweigende Ruhe liegt über der
Weite, Krieg und Aufruhr scheinen
beendet, die fanatisirte Bevölkerung
fortgewandert zu fein.
Plötzlich speien die Bergthaler eine
ungeheure Masse von Feinden auS. Wie
entfesselte Lavaströme wälzen sich die
Schaaren des Negus aus den Engel
die Höhen herab. Mit wildem Unge
ftüm werfen sich jetzt die Schoaner und
Galla auf die Avantgarde auf die
Flanken der Italiener.
Eine rasende Wogenorandunq von
Bewaffneten umtoft ringsum die Bri
gade. Das Feuergefecht geht bald mein
furchtbares Händgemenge über, in wel
chem die riesige Ueberzahl der Abessinier
die Bataillone Generals Albertone zer
splittern und aufreiben. .
Voran die Paschas, daS flatternde
Löwenfell über die Schulter, keilen sich
die schwarzen Teufel in die Kolonnen
des Operationskorps, das dem mör
derifchen Anprall heldenmüthigenWlder
stand leistet.
Doch alle Tapferkeit ist vergeblich.
Die gewaltige Uebermacht erdrückt jede
Gegenwehr.
Vor den sizllianlichen Batterien, deren
Bedienungsmannschaft gefallen ist,
kämpft zuletzt noch ein großer, blonder,
blauäugiger Offizier, umgeben von
einer kleinen Schaar Bersaglieri.
Es ist Gerhard. Graf Rantlow, der
bereits bei Amba.Alagi sich auögezeich
net hat.
Da fährt ihm der Speer emeZ Amhara
in die Brust und wirft ihn nieder.
Vor feinen Ohren rauscht es wie oie
Wellen deS fernen RdrinS.
Noch einmal schweifen seine Blicke
hinüber nach den zackigen Felsen .der
Ehrendreilftein" murmelt er. Tann
wird es Nacht vor seinen Augen. Ueber
ihn und seine niedergemetzelten Kriegs
gesahrten ergießen sich die siegestrun
tenen Horden der Abessinier auf daS
kId von AdbaGarima. daS Leichen
feld der Brigade Albertone.
? deutsch
WaS unS auS nieoer'm Erdenftaube
Zu Sonnenhöb'n begeisternd bebt.
Was Liede. Ehre. Muth und Glaube
Mit neuem Lebensmark belebt.
Was. wie auf jungen Adlcrfchmingen,
xurcy uns re eele mächtig zieht,
WaS alle Herzen miedcrklingen:
Es ist daS alte, deutsche Lied.
Wenn kaum der Mensch, zum Licht ent
sprungen.
Tes ersten Lautes wurde kund.
Wird ihm ein Schlummerlied gesungen.
Andächtig von der Mutter Mund.
Und wenn verhallt deS Herzen Schlüge,
Begleitet ihn als Sterbesang
Auf seinem letzten Erdenwege
Ter Glocken ernster Trauerklang.
Wo auf dem weiten Erdenrunde
Tie deutsche Zunge traulich klingt.
Wo in des AdendS Feierstunde
Der kühle Wein im Römer blink.:
Ta tönt des deutschen LiedeS Weise,
Da rauscht der deutschen Männer Chor.
Ta ringt zum ew gen Sternenkreise
Sich Menschenglück und Leid empor.
Ob gold'ner Friede durch die Lande
Gesegnet seine Blüthen streut.
Ob von dem Rhein zum Donaustrande
Der Krieg die düstern Schrecken beut
ES wird daS Vaterland bestehen.
So lang noch klingt durch Berg und
Thal
Des deutschen Sanges Friedensmehen.
Tes deutschen Liedes Sturmchoral.
e.o r g Fischer,
Di rthe.
Noch im achtzehnten Jahrhundert
war die Myrthe. welche wir heut au
gemein mit dem Gedanken an eine
Hochzeit zu verbinden Pflegen, ein sei
tener Brautschmuck, denn die Chronik
berichtet, daß die Tochter eines Stadt
syndikus aus Halberstadt 1760 auf
dem Wege zum Altar des seltenen
Kranzes wegen. ein Kranz auS
künstlichen, aus Paris bezogenen
Myrthen,. besonders angestaunt
wurde. Noch heute soll sich dieser
Brautfchmuck als Art Reliquie in den
Händen der Nachkommen befinden.
Allerdings hat schon zwei Jahr
Hunderte vorher eine Tochter Jacob
Fugger'S sich als eine der Ersten, die,
anstatt des Rosmarin-Kranzes. Myrthen
trug, statt des für Bräute üblichen, mit
dem immergrünen ReiS geschmückt, das
allmSlig zum Sinnbild der Veremi
gung zweier Herzen in Lust und Leid
geworden ist; aber es hatte wenig Nckch
ahmung gefunden. Ziemlich sicher
geht aus diesen Reminiscenzen hervor,
daß die Myrthe zuerst in solche Städte
gelangte die mit Griechenland und
Italien in Handelsverbindung standen,
wie Nürnberg und Augsburg, und daß
Deutschland zuerst den'Myrthenzweigen
das hohe Vorrecht eingeftand, Symbol
der Bräute zu werden. Einen genauen
Anhaltspunkt, feit wann die Myrthe
einheitlich zu solchem Schmuck erwählt
ward, finden wir in den Büchern, frühe
rer Jahrhunderte nicht.
Altdeutsche Bräute pflegten mit lang
herabwallendem Haar an den Altar zu
treten, ein Brauch, der sich für fürst
liche Bräute noch ziemlich lange erhielt,
denn unter den preußischen Prinzessin!
trugen die meisten im neunzehnten
Jahrhundert noch Locken 'zur Braut
Toilette. Daß sich Fürstinnen mit
Kränzen aus Myrthenzweigen schmück
ten, ist erst in neuerer Zeit Sitte ge
worden; früher wurden nur einzelne
Myrthenreiser an die Krone befestigt.
In Frankreich, Italien. Belgien,
den Niederlanden und der Schweiz ver
tritt Orangenblüthe (in Deutschland
der Schmuck der Wittwen) die Stelle
der Myrthe.
In England ist der Myrthenbaum
erst seit 260 Jahren heimisch, und dort
wnd ebenso wie in unserem Adoptiv
Vaterlande -die Orangenblüthe als
Schmuck der Braut bevorzugt.
Dienftbotenmali.
Der Herr Baron ist leider aus
geritten; aber wenn der gnädige Herr
sich einige Augenblicke gedulden wollen.
er wird sogleich zurückkommen fein
Pferd ist schon da!"
in Idealist.
Richter: Erzählen Sie, was Sie
von der Sache wissen!"
Zeuge (schwärmerisch): .Herr Rlch
ter, ich hab' noch nie in meinem Leben
eine so schöne Rauferei gesehen!"
Immer zerstreut.
.Professor: ..Herr Wirth, bringen
Sie mir die Speisekarte!"
Der Wirth: nebt aus der
Thür!"
Prosessor: .Also bringen feie Mir
die
Thüre!" ,
Die unfehlbare Schneidigkeit.
..Nun. F,err Leutnant, wie viel Zeit
haben Sie gebraucht, bis Sie radeln
konnten?"
.Keine. Gnädigste. Rad gesellen.
drauf gesetzt und weg war ich."
Xt Z5rödj,kr.
?? Xtltai r f(t
Süd. füh! Ti sünd de Ogen itatt,
Na. drei den Kopp nich weg!
Wenn Ti man satt. Kind, ween Ti satt!
So nu. wat fehlt Ti? Segg!"
Ja. wat mi fehlt! Weet ick et denn?
Mi kloppt dat Hart so lut.
Bald mut ick lachen un bald ween.
Och Gott, ick hol't nich ut!
Un Nachts, denn wühl ick hin un her.
AS har'ck wat BöfeS dahn.
Tat beste Äeten smeckt nich mehr.
Kann up de Been kum ftahn."
De Oolsche kiekt ehr an un lacht:
Tat Fröhjohr kömmt, min Kind;
Hev mi doch halfmeg'S so wat dacht.
Man iS ja ock nich blind!
Ti geiht dat grad aS NaberS Jan,
De fchrivt unS hier en Breef.
Tat he ahn Ti ni leben kann.
He hett Ti gar to leev.
Den fteeg dat Fröhjohr ock to Kopp;
Na, lat em mi man kam! "
Du lachst? Da hört doch AllenS up!
Wollt Tu em denn to'n Mann?"
Ob ick em will? Wie geern. wie geern!
Nu weet ick. wat mi fehlt.
Wat wär' ick doch för'n dumme Teern,
Hev mi um gornix quält!
Ja. Moder. Moder. Du haft Recht!
Nu iS dat Fröhjohr kam
Un hett unS Glück un Seaen bröcht.
Uns Beide mi un Jan!"
probiern.
Junge Frau (zu einer Freundin):
Ich weiß nicht, da hat der Pfarrer bei
der Trauung gesagt: Mann und Frau
sind EinZ." Mein Mann und ick find
aber immer uncins!"
Ada.
Frau Meisterin (zum Lehrjungen,
der eben vom Meister eine derbe Ohr
feige bekommen hat und sich nun die
dicke Backe hält): Junge. waS ist Dir
denn?"
Lebriunae: ..?ick sviele den esckml
lenen!'
Salomoniscke Weisheit.
Vater (zu seinem sich selbsjftändia
machenden Sohne): Und merke Dir
mein Sohn, wenn's Dir nicht gleich
gelingt. Geld zu machen. probir'S noch
malZ."
Sohn: Und wenn's mer aber ae
lingt?"
Vater: Dann probir's auch noch
mals."
Sicher ist sicher.
Braut: Du willst unser Verlöbnis,
aufheben. Paul, weil ich mit Anderen
kokettirt habe? Thue das doch nicht, ich
will mich ja auch bessern!"
Bräutigam: Bessern? Nein, weißt
Du, diese Procedur würde mir zu lange
dauern und wer weiß, ob eS hilft. Da
nehme ich mir lieber eine neue Braut!"
Fein gegeben.
Herr Beitels schenkt seinem Kommis
zum Jubiläum einen verschlossenen
Karton. Freudestrahlend eilt Leviu
an seinen Platz zurück, um mit vor
Erwartung zitternden Händen daS
Päckchen zu öffnenund gleich darauf im
höchsten Grade enttäuscht zurückzufah
ren: das wohlgelungene Bildniß des
Prinzipals lächelt ihm entgegen. Bei
tets ist leise von hinten an seinen Kam
mis herangetreten: Nu. waS sage Se
zu mei' Geschenk?"
Sieht Ihnen sehr ähnlich!"
Fein gegeben,
Dame (zu ihrem Tischherrn, welcher
mährend der Tafel nicht ein Wort ge
prochen bat): .Wi sen Sie. Sie sollten
doch Professor Lehmann konsultiren.
der ist -peziallft für Sprachleldende."
Gute Ausrede.
Richter: Sie haben also ein falsches
Alter angegeben?"
Angeklagter: Falsch nicht, denn ich
war ja vor vier Jahren so alt!"
Gediegen ausgedrückt.
August. Dein Haar ist ja so r
zaust?"
Lehrling: Ter Meefter hat sich mir
nur wieder mal in Erinnerung jebracht."
Stolz,
Richter: .Welch' ein Geschäft treiben
?ie?" -
Strolch (sich in die Brust werfend):
Ich bin Geldentleiher.'
In der Bp
Man merkt, daß die Stimme unse
rer Primadonna futsch ist."
.Ja, leider merkt sie eS nicht."
SeldftverstZndlich.
Bekannter: Glauben Sie auch. Lerr
Unteroffizier, daß wir Menschen alle
vom Affen abstammen?"
Untero nzier: Ja. aber selbstoer
ständlich nur die Civilisten!"
kiönscbe Lmgegnung,
öobeit: ..Ich babe mUr hn ttg,,.
men auch nicht eine schlechte gefunden."
yosiing: Lurchi,aucht. es bat eben
eine Pflaume madig zu sein gewagt."
Schusterjungen'Swlz.
Dein Meister bat Dich also au dr
Lehre weggejagt."
Hafte ooch schon von meinem Sturie
jehört?"
daß Tu Dich so für den Obstgarten
.