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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (May 17, 1900)
Das Glück von 21Iona:o. Erzählung aui der teqknwart. Von Her verl van w i n o e n. So ahnungslos wie jener Mann, der nach cricko ging und unter die Ran der fiel, m ich an einem angenehm warmen Märzmorgen. von Mentcme kommend, in Monte Curlo ein. Ta erging es mir wie so unendlich dielen andern, die Geldgier oder Leichtnnn . oder Harmlosigkeit in das große Neg treibt, das an der allcrgiinftigsten Stelle der schönen Riviera für die Gim vel beider Welten aufgeftcllt ist. Ein angenehmer ElückZfall hatte mir er laubt. nach mehreren Jahren sehr ange ftrengter und nervenzerreibender Arbeit einen ganzen Winter in Italien zu vev bringen. Sizilien, Neapel. Rom. Florenz? Und nun. da die Sehnsucht nach dem deutschen ftrühling mich mäch tig zurückzog, zum schönen Beschluß von Genua aus die Fußwanderung mit leichtem Gepäck, aber leidlich gefülltem Beutel und aller Sorgen ledig, m ge muthlichem Bummeltempo die Riviera entlang. In Monte Carlo wollte ich natürlich nicht spielen. Nur einmal iu die Spiel Hölle hineingehen. .So was muß man gesehen haben." Denn so einen Schnack oder irgend ein Sprichwort hat man ja immer zur Hand, wenn man einen Unftnn machen will. Außerdem: Mich kriegt die Bank nicht; ich sehe mir ja nur den Scherz an, spielen thu' ich überhaupt nicht und wenn ich schon spiele ich bin ja so kaltblütig." Und so weiter. Ich war also im Kasino. Mir im ponirte die Sache ganz und gar nicht. Die hohen Säle mögen ja prächtig aus gestattet fein, mir machten sie einen öden und gleichgültigen Eindruck. Die Croupiers saßen wie verschlafen da, die Spieler an den Roulettetischen machten gelangweilte Gesichter. Es lagen keine Goldhaufen umher; die meisten setzten mit Fünffrankenthalern. Keine Leidenschaft. Keine Verzweif lung. Kein ruinirter Spieler, der hin ausschleicht, den Bankerott im Blick, den Tod im Herzen, den Revolver in der Rocktasche. Ich blieb bei dem Roulettetisch stehen. Was die ganze Geschichte bedeutete, konnte ich nicht verstehen. Tie Num mein, das erschien ja ziemlich einfach. Aber die Spieler schoben ihre Einsätze auch an den Rand der Zahlenreihen, fetzten das Geld auf den Strich zwischen zwei Nummern, auf das Kreuz zwischen vier Nummern. Ich hatte von alle em keinen Begriff. Da vor mir sah ich ein größeres Feld, das durch einen rothen Tuchfleck kenntlich gemacht war. Das war doch zweifelsohne Rouge. So was mutz man mitgemacht haben." Also 'rauf mit einem Fünf frankenstück. Wie ich mein Geldstück hinlegte, drängte sich ziemlich rücksichtslos ein junger Engländer oder Amerikaner an mir vorbei, die Hand voll von Gold fluaen gauend, die er uoer den ganzen Tisch weg auf alle möglichen Nummern vertheilte. Dann klapperte die Elfen beinkugel in die Maschine hinein, der Croupier rief eine Zahl aus. Die ganze Menge von Gold und Silber verschwand von den Zahlen, von den Rechen der Croupiers eingezogen. Doch einige Stücke und kleine Häuf cyen waren liegen geviieoen, und nun wurden mehrere Goldäulen dem Eng lünder zugeschoben. Wieder begann et seine Goldstücke auszustreuen. Nach dem dritten Coup hatte er einen ganzen Berg von Gold vor sich liegen. Also doch ein bißchen, wie man in Romanen 7 n rtr"l x- L. i F lies!! viaa) oem sunnen lioup yane er nicht einen einzigen Louis mehr. Er fluchte, einige der Spieler lächelten, und er verschwand. Mich hatte der kleine Vorfall unwill kürlich ein wenig interesstrt. und ich hatte an meinen eigenen Einsatz gar nicht mehr gedacht. Plötzlich hörte ich einen Zuruf, der. wie es schien, mir galt: La rnasse est.ä vous, mon sieur!" Diese Anrede kam don dem am unte, ren Ende des Tisches sitzenden Croupier, oer loeoen eine alle warne Mit einer wahren Galgenvisage verhindert hatte, sich deS ihr nicht gehörenden, auf dem rothen Feld liegenden Geldes zu be mächtigen. Es waren mehrere Silber- stücke und sogar ein Häufchen Gold. Richtig, Roth hatte fünfmal hinter einander gewonnen, wie mir nachträg lich ein Blick in die Aufzeichnungen eines vor mir sitzenden Spielers be ftältgte.. Aus meinen fünf Franken waren hundertundsechzig geworden. Schleu- nigft nahm ich den Betrag an mich. und es war höchste Zeit gewesen; die schwarze Farbe gewann, und alles Geld wurde vom rothenFeld eingezogen Tie Wahrheit zu sagen, ich fühlte mich durch diesen gewinn von hundert fünfundfünfzig Franken innerlich sehr gehoben und kam mir als em sehr ge riffener Spieler vor, obgleich ich doch eigentlich ganz bewußtlos den Gewinn gemacht hatte. ES war erst halb ein Uhr Mittags. Ich beschloß daher, im Restaurant deS Hotel de Paris ein Frühstück nach allen Regeln der Kunst einzunehmen, daS ich mir fonft, meinen Verhältnissen nach, nicht hätte leisten können. Mich kostete ja heute daS Geld nichts. Als ich hinausging, hörte ich, wie ein Deutscher zu einem andern sagte: .Der Tag fangt gut an: gleich die erste Taille am Trente-et-Quarante kostet mich zwanzigtausend Franken, zwei Drittel meines ganzen Spielver mögens." Sein Begleiter erwiderte achselzuckend: Mir hat's die Bank billiger gemacht, sie hat mich nur auf fünf LouiZ eingeschätzt: allerdings waren hundertundzmanzig Franken all mem Hab und Gut. Ich dachte so bei mir selbst: Ansän ger! ihr könnt eben nicht spielen! TaZ Frühstück war gut gewesen. ich hatte dazu eine ausgezeichnete lafcbe Champagner von Aq getrun ken. sunen. wie man ihn leider m Teutschland gar nicht mehr bekommt. wo der entsetzliche Extra Try grassirt. Der starke Mokka, das .Supplement", in einem Gläschen uralten, öligen Cog nacS bestehend, die blauen Wolken einer gigantischen Garcia, einer wahren Festrüb?" daS alleS hatte mich in wohligste Stimmung versetzt. Ein fürstliches Trinkgeld belohnte den lie benswiirdigen Ganymed, der mich mit einem huldvollen: "An revoir, My lord!" verabschiedete. In meinen Taschen verblieben nach der kavaliermäßigen Extravaganz dieses Frühstücks von dem Spielgewinn noch reichlich hundert Franken. Draußen lachte die Sonne am blauen Himmel, die Berge lagen im Duft, die Blumenbeete leuchteten fo bunt wie möglich, die Palmen wiegten leise ihre Wedel. Und ich ging in's Kasino. Natürlich nicht, um zu spielen. Gott bewahre! Nur zum Abschied noch schnell einen Blick hineinthun. Die Luft m den Spielsälen war in zwischen entsetzlich schlecht geworden. Die Tische waren dicht umringt; kaum konnte man zwischen den Schultern und Gesichtern der drei Reihen von Spielern hindurch das Spiel verfolgen. Plötzlich hörte ich neoen mir eine fette Stimme in deutscher Sprache sagen Nee, nu sehn Se doch blos mal an jetzt is 's dritte Dutzend siebzehnmal schon nich' rausgekommen. Ta müßte man doch mal mit n unfer rangehen Ich sah, wie der Sprecher und noch ein andrer Herr jeoet ihr Silberflück auf ein kleines, mit 12D bezeichnetes Biere unten am rothen Feld schoben ies ichien mir gewii ermaßen ein Fingerzeig zu fein. Ich legte einen Louis mit hinzu. Jetzt pel die Kugel. V mgt - quatre, noir, pair et passe!" verkündigte der Croupier. Sehn Se, beinah! Bierundzwanzig ist rausgekommen; mit fünfundzwanzig hätten wir schon gewonnen gehabt Na.noch einmal mit Muth und Kraft Ich setzte ebenfalls noch einmal zwei Louis. Und dann noch einmal wieder zwei Louis. Die hundert Franken, der Rest des Gewinns, waren weg. Ich wandte mich um und wollte weg gehen. Da schoß es mir durch den Kopf: Tie SechZunddreißig wird her auskommen! Ich nahm meine Brieftasche heraus, Einen Hundertfrankenschein nochmal aut's letzte Dutzend! Dann zweihundert Franken. Tann dreihundert. Tann vierhundert. Das letzte Dutzend kam nicht. Mein Geld war hin. Ich stocherte im Portemonnaie herum. Zwei Goldstücke und ein bis chen Silber und Kupfer waren noch darin. Die zwei Louis auf die Sechs unddreißig das könnte alles wieder einbringen notabene, wenn sie käme Ach Unsinn. Ich schob daS Porte, monnaie in die Tasche zurück. Da rief der Croupier: Trente - six, rouge, pair et passe!" Ich ärgerte mich schmählich. Dann verspielte ich noch eines von meinen beiden Zwanziqsrankenstücken Dann ging ichauf's'Telegraphenamt. Ich depeschirte an einen Onkel in meiner Vaterstadt bei dem ich einiges Geld stehen hatte: Ganzes Reisegeld verloren. Sofort telegraphisch tausend Francs poste restante Monte Carlo So! ES war drei Uhr. Um neben konnte ja wohl das Geld da sein. Um, echs war ich wieder auf dem Postamt. Geld war nicht da. bloß ein Telegramm vom Onkel: Nach Monte Carlo keinen Pfennig!" Der Onkel telegraphirte am nächsten Tage das Geld nach Nizza, wohin ich es erbeten hatte. Unschuldvolles Ge müth eines deutschen Kleinstädters! So bald ich das Geld hatte, fuhr ich nach Monte liarlo zurück, unterwegs siu, dirte ich verschiedene Systeme, unfehl, bar an der Roulette zu gewinnen, die ich für fünf Franken mir gekauft hatte Ich glaubte zwar nicht daran, daß man wirklich mit einem Anfangskapital von yundertundsünfzig Franken in zweiund mnnig agen eine Million gewinnen könnte. Ich ersah aber aus den Schriftchen die Einrichtung der Rou- leite, welche Sätze man machen kann, und welche Gewinne für die verfchie denen Chancen ausbezahlt werden. An diesem Abend gewann ich meine taufend Franken vom Tage vorher zu rück und noch fünftausend dazu. Aha, du dummer, alter Onkel du! Mit den siebentausend Franken, die ch in der Tasche hatte, gedachte ich mir nun ein kleines Vermögen zu erwerben. Ich wollte noch vier Wochen in Monte Carlo bleiben, vorsichtig spielen und jeden Tag mein Vermögen um zwei taufend Mark vermehren. Am Ende eines Monats würde ich fünfundscchzig tausend Mark besitzen. , Davon würde ich vierzigtaiisend in dreiprozentiger Reichsanlcihe bei der Reichsbank depo nircn und die Depotscheine meinem guten Onkel übergeben na, der würde ein Gesicht machen! Mit den sünfundzmanzigtausend aber würde ich ein Jahr lang reisen in aller Behag lichkeit, ohne auf den Groschen zu sehen. Etwa fünftausend Mark würde ich ja wohl übrig behalten. Damit wollte ich dann wieder nach Monte Carlo gehen. Und so weiter! Fünf Jahre wollte ich so leben. In fünf Jadren kann man die ganze Welt sehen. Nach fünf Iah ren würde ich. einschließlich der aufge laufenen Zinsen, etwa eine Viertelmil lion besitzen. Man muß bescheiden sein; mehr wollte ich vom Glück nicht verlern gen. In fünf Jahren würde ich drei unddreißig alt sein. Tann wollte ich mir ein Häuschen und einen Garten ten kaufen, irgendwo in einer schönen Gegend in Teutschland, mit Bergen, Wald und Wasser. Und in dem Hause würde ich all die Erinnerungen von mei nen Reisen aufstellen: bunte Stoffe und Waffen, Muscheln und fremdartiges Hausgeräth und Photographien. Und so groß sollte das Häuschen sein, daß es noch Platz hätte für einen zweiten Menschen, einen recht lieben, eine Sie. Und noch für kleine neue Menschen, wenn der liebe Gott sie uns bescheercn wollte. Und eine richtige deutsche gute Stube sollte in dem Hause sein. Und über dem Sofa an der Wand in einem drei ten goldenen Rahmen ein Bild vom Fürsten von Monaco, aüch von der Frau Fürstin ein Bild, falls es eine gäbe, worüber ich im Augenblick nicht unterrichtet war. Denn von Monaco sollte 1a all dieses Glück, all diese Zufriedenheit kommen Die nächsten vierzehn Tage spielte ich fast ununterbrochen. Mittags um zwöl war ich schon im Kasino, und um Mit ternacht verließ ich ihn erst, wenn am letz ten Roulettetisch der Croupier verkündet hatte: "Messieurs, a la uerniere Ich aß nicht mehr ordentlich; es gab Tage, an denen ich nur eine Kleinigkei am Büffet des Kasinos zu mir nahm Ich schlief auch nicht gut; kaum war ich eingeschlummert, so begann im Traum die Roulette sich zu drehen. Ich erwachte, der Schmeiß rann mir über das Gesicht, und ich griff voll Angst nach der Brieftasche, die neben meinem Bett auf dem Nachttischchen lag Die Brieftasche war beruhigend voll Denn ich gewann fortwährend. E ging zwar nicht so programmmäßig wie ich es mir ausgedacht hatte: jeden Tag sünfundzwanzighundert Franken Einmal, am vierten oder fünften Tag, war ich 'sogar bis auf fünfhundert Franken herabgekommen. Von da an aber gewann ich unaufhörlich, und nach vierzehn Tagen verfügte ich über drei unddlerzigtausend Franken, die ich in schönen glatten Tausendern in der Brieftasche immer bei mir trug. Am sechzehnten Tage meines Aufent Haltes in Monte Carlo es war ein Montag gewann ich am Vormittag gleich in der ersten halben ' Stunde sechstausend Franken, mehr, als ich sonst je an einem Tage erspielt hatte. Ich ging einen Augenblick m die An lagen, und als ich von der Terasse aus das Meer und die herrliche Landschaf vor mir ausgebreitet sah, kam mir der Gedanke, auf ein paar Tage die dum pfen Spielsäle zu meiden und mir einen Ausflug nach Nizza und Cannes und den Lerinischen Inseln zu gönnen. Verdient hatte ich es wohl, ich hatte ja heute schon mehr als das doppelte Ta gesprogramm absolvirt. Und in der Tasche fünfzigtausend Franken! Nicht doch, es waren ia nur neun, undvierzigtausendfünfhundert! ' Nun die kleine Differenz werden wir ja bald voll haben! Und ich ging eilends ins Kasino zurück. Ich ließ mir nicht einmal Zeit, den Hut in der Garderobe abzunehmen, sondern nahm ihn unter den Arm und ging durch die Roulette säle hindurch geradewegs an den ersten Trente-et-Quarante-äusdl. Zehn Minuten darauf stürmte ich durch die Palmenallee meinem Hotel zu Stumpfsinnig murmelte ich mechanisch immer wieder eine alberne Studenten redensart vor mich hin: Erstens omnit es anders, zweitens als man denkt. Das Geld war im Kasino ge blieben. Als ich an den Tisch getreten war. hatte Roth siebenmal hintereinander geschlagen. Ich ging mit fünfhundert Franken auf Schwarz, dann mit tau end. dann mit zweitausend. Dann wurde ich ungeduldig. Der Hut ge nirte mich. Da ich ihn unter den Arm eingeklemmt hatte, konnte ich die Scheine chlecht aus der Brieftasche hervorholen. Ich warf dreitaufend Franken auf den Tisch, dann immer wieder sechstausend auf Schwarz. Und immer, immer, immer von der monotonen, gleichgültigen Stimme des Croupiers: "Rouge gagne." In fünf Minuten hatte die Bank mich erledigt. Vollständig, gründlich, für immer. Denn daS stand für mich fest: So fort im Hotel die Rechnung bezahlen, abreisen und niemals wiederkommen. Niemals! Zu allem Pech stellte sich heraus, daß die Wochcnrechnunz im Hotel, die ich noch zu begleichen hatte, meine Baar schaft noch um ein Geringes überstieg Reisegeld mußte ich doch auch etwas haben nun. da war also nichts zu machen, ich mußte noch ein paar Tage in Monte Carlo bleiben. Ich traf also mein Abkommen mit dem Wirth, be zahlte ihm dorläusig die Hälfte seiner Rechnung, womu er gern zufrieden war. und wartete nun. bis Geld auZ Teutschland einträfe. An den Onkel hatte ich nicht telegra, vhiren oder schreiben können. In dem Uebermuth meines SpielerglückZ hatte ich ihn täglich auf Postkarten angeulkt. TaS schien ihm nicht sehr imponirt zu haben. Ich hatte deshalb an daS Bankhaus schreiben müssen, bei dem mein kleines Vermögen deponirt war. Telegraphisch war das natürlich nicht zu erledigen Trei bis vier Tage mußte ich also war ten, bis mein Brief angekommen, war Dann würde ich eine telegraphische An Weisung erhalten. Und dann würde ich abreisen. Sofort. Nach Teutsch land! Und ohne Aufenthalt unter wegS! ES war merkwürdig, wie wohl ich mich jetzt fühlte, wo ich 'all daS Leid wieder los war und mit den paar LouiS in der Tasche in der Welt herumstieg. Ich schlief vorzüglich in meinem breiten französischen Himmelbett. Essen und Trinken schmeckten mir, und niemals, beuchte mir. hatte die Sonne schöner geschienen als auf diesem wunderbaren Fleckchen Erde. So lange ich spielte, war ich nicht über den Kasinogarten hinausgekommen; kaum daß ich zuwei len von der immer menschenleeren Ter raffe aus einen Blick über das Meer hin geworfen hatte. ?!nn streifte ich nach Herzenslust in den Bergen und am Meere umher. Inzwischen waren schon fünf oder sechs Tage vergangen, seitdem ich den Brief an meinen Bankier abgesandt hatte, und es beunruhigte mich, daß keine telegraphische Postanweisung kam. Es war mir fast, als ob Kellner und Portier in meinem Hotel mich etwas sonderbar von der Seite ansähen. Ich depeschirte und erhielt sofort zur Ant wort: Senden in's Ausland nicht tele graphisch. Erbetenes unterwegs." Na, dann mußte es ja bald kom- men. Wirklich kam es schon am nächsten Vormittag, gerade als ich beim Früh, stück saß. und der es mir brachte, war kein andrer als mein Onkel. Mit der Vertilgung eine.r vortreff lichen Languste in Remoulade beschäf tigt. hatte ich plötzlich das Gefühl, daß mich Jemand, scharf fixire. Ich blickte auf. und da stand er an meiner Seite in seiner ganzen Größe. Breite und Dicke. Nach allen drei Richtungen leistete er ganz Ansehnliches. Aus dem breiten, rvthen Gesicht blickten die blauen Augen mit einem Ausdruck, ge mischt aus Zorn, Gutmüthigkeit und unendlicher Ueberlegenheit, der mir von früher her sehr gut bekannt war, auf mich herab. Was nun kommen würde, wußte ich ganz genau, und richtig, unbekümmert um die andern Gäste legte er sofort los mit seiner Bären stimme: Na. nu sag blos mal. mein Jung. was machst D hier für n dummen Kram! Bischen in Monte Carlo den russischen Fürsten spielen, was? Bis die Moneten alle waren! Menschenslmd was denkst Tu blos, ganz Klütendor steht Deinetwegen auf'm Kopf! Ich als Dein lelbastiger Onkel konnte die Fragerei nicht mehr aushalten. Darum bin ich mit Tille ausgekniffen. Nu sind wir also hier in Monte Carlo. Na, denn wollen wir man erst mal 'n bischen was frühstücken." Hinter dem Onkel kam jetzt wie eine chmucke Brigg hinter einem Vorgebirge e,ne Tochter Mathilde zum Bor chern, die mich mit vieler Freundlichkeit, aber auch mit ein wenig Schelmerei im Blick begrüßte. Es war mir nicht angenehm. gewissermaßen wie ein auf einem Dum menjungenstreich ertappter und ausge scholtener Schüler vor ihr zu stehen Denn sie war es ja gerade, die in jenen Träumen vom Häuschen mit der guten Stube die zweite Hauptrolle gespielt hatte. Ich raffte daher all meinen Mannesstolz znsammen und erwiderte dem Onkel in möglichst kühlem und höflichem Ton: Ich danke den ttlutendoriern tut die freundliche Theilnahme, die sie meinen Angelegenheiten widmen. Wurdest du es aber nicht für vai ender rinden, mir auch guten Tag zu sagen, ehe du früh tückst? Außerdem könntest du mir gleich das Geld geben. Das hast du ja doch wobl mitacbracht?" ..Jawoll. das hab' ich. Na, nu sei man bloß nicht so ungemüthlich." Ta bei reichte er mir seine Hand hin, indem er sich behaglich am Tisch niederließ, an dem auch Mathilde schon Platz genom men. Kellner, bringen Sie mal schnell ne Flasche guten Rothwem mit drei Gläsern und dann zwei Portionen Beefsteak ä la Meyer! Nicht zu wenig Kartoffeln bei. hören Sie?" Der Kellner machte em elwas er aunteS Gesicht, da er wahrscheinlich von dieser norddeulscyen elliaiee noch nie etwa? gehört hatte. Schließ lich ließ sich dann mein guter Onkel. nachdem der Kellner ihm ein Dutzend Gerichte mit lauter zwölfsilbigen fran ösifchen Namen vorgeschlagen hatte, die ' Yi: w. Lui.n. er aue mn einer vame ocs yumnni Mißtrauen? anhörte, durch mein Zu reden vewegen, es auch mit einem Dejeneur. wie es das Hotel um diese Tageszctt in vorzüglicher Zubereitung bot. zu versuchen. .ieh sol Na. nu will ich dir man erst mal dein Geld geben. Hier. Sechs hundertundzwanzig Francs, das macht fünfhundert Mark. Der Bankdirektor hat eS mir selbst so gegeben Tanke! Ader weißt du. etmaS komisch finde ich cS vom Bankdirektor. daß er das Geld nicht an mich schickt. sondern eS dir mitqicdt, Ja, mein Lieder, daran bin ich schuld. Ich habe eS ldm so vorge, schlagen. Ter Glaube an deine Tugend ist in Klütendorf bedenklich gcschwun den. Erst erzählten sie von dir. du hättest hier eine Million gewonnen. Aber wie kommen die Menschen nur aus io etwas? TaS kommt von deinen Postkarten an mich. Die lesen natürlich die Post beamtcn und der Briefträger und daS Dienstmädchen. Auf ein paar Nullen mehr kommt es doch den Leuten bei sol chen Gelegenheiten nicht an. Und was dann noch an der Million fehlte. daS haben sie einfach damgelogcn. Na. warum nicht? So 'n Thema hatten sie doch in Klütendorf schon lange nicht mehr gehabt. Als dann drei, vier Tage lang keine Postkarten mehr von dir kamen, verbreitete sich mit Blitzesschnel ligkeit das Gerücht, du hättest die Mil lion wieder verspielt und dein bißchen Vermögen noch dazu. Und dann hüt test du dich selbst abgemeuchclt. Ob mittels Revolver. Gift oder Mittel mcer. darüber stritten sie sich noch. Das ist ja nett von ihnen. Schließ lich muß ich ihnen noch dankbar sein. daß sie das Aufhängen vergessen haben." Ach so, nein, das haben sie nicht, Aufgehängt haben sie dich natürlich auch. Schließlich wurde mir die Sache zu dumm, als sie sogar ins Wochenblatt kam " So?" ., ja, und sogar mit Einzelhei ten. Da rückte ich erst dem Nachbar Zeitungsmann aufs Dach und sagte ihm ganz gehörig meine Meinung Dann ging ich auf die Bank, ich habe ja Generalvollmacht von dir. und er kündigte mich, ob du wirtlich dein Guthaben abgefordert hättest. Ta war gerade dein Brief angekommen. Nun, geärgert hatte ich mich in Klütendorf ja gerade genug. Das Wetter war auch so ein richtiges deutsches Früh lingswetter mit Schnee und Hagel, Tille konnte etwas frische warme Luft auch nicht schaden. Kurz, ich faßte schnell meinen Entschluß und sagte dem Direktor, ich wollte Dir daS Geld ftlvt dringen, weil ich mit meiner Tochter ohnehin nach der Riviera reiste. Er fand das ja auch sehr ver nunsllg uno vor allen Gingen viel tche rer." , Wieso. Ich denke die Post ist doch recht zuverlässig?" Ja. das wohl; aber wer konnte wissen, ob du dieses Reisegeld nicht wieder am grünen Tisch verheertest. Danke für daS hübsche Kompliment, Nun ja, man hat schon Beispiele er lebt. Du konntest ja auf den Gedan, ken kommen, die Million zurückgewin nen zu wollen. Na. einerlei, nun sind wir hier. Heute wollen wir uns die Gegend hier ein bischen ansehen. Am besten ist es, wenn du uns gleich in die Räuberhöhle hinüberführst; denn das ist ja wohl eure Hauptfchenswürdigkeit hier. TaS mutz ich sagen: Neugierig bin ich mächtig darauf und Tille wohl jedenfalls auch, was?" Ach nein. Papa, ich mag so etwas gar nicht sehen. Tie Gesellschaft soll ja so sehr gemischt da sein. Ich möchte viel lieber, wenn wir mit Vetter Ar, thur unter den Palmen spazieren gin gen Mich, lieber Onkel, bitte ich eben falls zu entschuldigen. Ich habe mir das Wort gegeben, niemals wieder einen Fuß in jenen sogenannten Tem, pel des Glücks zu setzen. Wenn du durchaus hineingehen willst, so rathe ich dir, laß mir deine Brieftasche hier. Mathilde und ich wollen sie sehr sorg fällig spazieren führen." Tu bist ja recht gütig. Aber, mein Junge, nun will ich dir mal was sagen: Senator Friedrichen aus Klütendorf braucht keinen Vormund. Und mit einem hoheitsvollen Blick auf uns Beide entfernte er sich, mit schweren Schritten dem Kasino zuwan, delnd. Wie wohlthuend war mir das mun, tere Geplauder und fröhliche Lachen meiner hübschen Cousine! Was mir in dem halben Jahr im welschen Land an holder Weiblichkeit nahe gekommen war, hatte ich so ziemlich aus meine Wirthinnen beschränkt. Die waren eine wie d,e andere gcwe en: chwarz unu uuu uuv 1 wiiM hui wuuuuuy i K schnatternd. Nun hörte ich wieder und aelb und fett und unermüdlich langentbehrte liebliche Laute von frischen rothen Lippen, helle blaue Augen blick- ten mich an. und aus blondem Haar umwehte mich leise ein süßer Mädchen duft. Des protzigen Glanzes der Kasino- Parkanlagen war sie bald überdrüssig. DaS ist alles wie die Schaufenster' auslage eines Blumengeschäfts für reiche Leute." meinte sie. Und dann ' ui :B nn, adln rtiriit? e N !I o n i. denn nickt bier in der Näbe etmaS richtiges ErüneS und richtige bunte Blumen?" i.a juant q sie yliillUs UN oen zer- e " , ! . ; X. f:. f. t v ... Husteten, blumcnüb.rsxonnenkn. griin beschatteten Klippenrand von Monaco. Hier saßen wir lange schweigend auf einer Steinbank und blickten hin aus in die unermeßliche, majestätische Größe des stillen, kaum bewegten Meeres. UnS war feierlich zu Muthe. Tann, unwillkürlich angetrieben, be gann ich mit halblauter Stimme von meinen thörichten Spiclerphantasien ihr zu beichten. AllcS. alles, sagte ich ihr. auch daS vom Häuschen und der guten Stube und der lieben Sie. Und als ich geendet, lag ihr blonder Kopf an meiner Brust. Ich zog sie schweigend empor und küßte sie als meine Braut. Unbeschreiblich glücklich waren wir. Ter gute Onkel, der inzwischen ohne fein Wissen zum Schwiegervater avan cirt war. empfing uns in sehr schlechter Laune. ,Was sind das doch für unzuverlüs. nfle Menschen, die jungen Leute in jetzU er eu, z.'aen ne mich alten Mann den ganzen geschlagenen Nachmittag in e,em von allen guten Geistern verlas enen Aeji allem k" Aber ich denke, so für ein paar Stunden ist ist es doch ganz nett hier. Ta sind doch die Palmen und andere seltene Gewächse und die schöne Aus ficht, und dann warft du ja doch auch im Kasino, wo eS so sehr interessant ist." Ja. das war ich! Höre. du. das Spielen soll ein Vergnügen sein? Nicht ein Bischen!" Ja. hast du denn gespielt?" Natürlich! Was sollte ich denn an derS anfangen? Ihr kamt ja gar nicht wieder, und keine Menschenseele wußte, wo ihr hinwart. Ich sage dir. vor mir selbst hab ich mich geschämt wie ein Pudel, ich alter Kerl. Und Blut habe ich dabei geschwitzt. BiS AllcS alle war! Ta hatte doch die liebe Seele Ruhe. Kinder, wo kriegen wir nun man bloß das Reisegeld für uns beide her?" Ja. siehst du lieber Onkel und Papa, so ist eS hier; der eine verliert und der andere aewinnt. ?ch babe mir heute Nachmittag diese kleine Braut ge Wonnen. Und wenn du ein lieber Nava bist und uns erlaubst, daß wir zum vdt hcirathen, dann will ich dir auch 0a !nei,egeio innen! Tiefer Tag endete noch sehr der gnügt. Anfangs war. der gute alte Senator etwas bedrückt. Ich diagno stizirte, datz sich bei ihm eine moralische Rede, wahrscheinlich über das Laster des Spiels, die er mir am Vormittag hatte halten wollen, versekt bätte. Meine Vermuthung war richtig. Und nachdem er auf allgemeines Verlangen diese Rede, zu der er selbst ein gesundes Beispiel abgab, gehalten hatte, wurde die Stimmung sehr animirt. Es wurde viel Champagner getrunken. Auch der freundliche Hotelwirth, der mir so muthig Speise und Trank auf Pumv verabreicht hatte, nahm an unserm klei nen Feste theil. Mit dem Reisegeld begann es schon. bei dem fortgesetzten Durst, den wir, und besonders der junge Schwiegerpapa ent wickelten, etwas windia aus,usebcn. Ich äußerte fo etwas zu meiner Braut. Tie aber antwortete mit einem sehr schlauen Lächeln: ..Hab' nur keine Anast. Als USaba mir sagte, daß wir nach Monaco woll. ten. dachte ich fo bei mir selbst: Monte Carlo? wer weiß? Und da nahm ich zur Vorsicht meine Sparbüchse mit. Hier hast du das Geld; eS sind dreihun dertMark." Am nächsten Taae reisten wir nfi. Der Gastwirth meinte, als wir ihm zum Abschied die Hand schüttelten, fel ten führe von Monte Carlo eine Gesell schaft in so fröhlicher Stimmung ab. Nun sitzen wir alle in JfflfitenöorF. .rr enaior 1 1 BUkaermei ter nrmnr srr ! n m , ... oen und hat an Umfang und Würde noch erheblich zugenommen. Ich wirke dort in kleinem Kreise, zufrieden meine Psiicyl lyun zu dürfen, an der Seite meiner guten ftrau Matbilde. q eigenen vauscyen yat es noch nicht ge , .." "' langt; wir fühlen uns aber in unserer engen !viletyswohnung wohl. Zwar haben wir nicht einmal eine gute Stube, aber ein herrliches großes Sofa steht in unserm gemüthlichen Fomilienzimmer an ocr Ä?ano. AIS Wir es einr hM sagte ich halb im Scherz zu meiner rau: Was meinst du. wäre da mrf,t in, iiyuner Piag. UM Die Bilder von TJ.x cnt.i- l . oem ur,ienpaare von Monaco aufzu hängen?" 13 Ach nein, ach nein!" saate fip na, uHiuiiy. ,ey! mir yaven ja dort Glück gefunden, und die Stelle, die alte Steinbank hoch über dem Meer, nmfi hui:j. r:.ti . . '. r W "V'V" -""""ung 1KIä ing ,."u" ÜD" denke, wie - ' " vi mer. bethörter Men jcyen haben diese beiden auf ihr Gewis ,en geiaoen. wie viele Tllnni i, wie viel Blut!" Ueber dem aroßen Sasa frnf die vier Bilder unserer lieben Eltern angebracht. Freundlich blin - ,,k unser stilles Glück. ' ' Und wenn meine ftrau nnfm tn;. nen .sein Schlummerlied finat. dann Ä' Ul9 "ien die guten alten Ge .. ..,..' . . . "', vmiii er große Ehrgeiz liegt in unserer eele. der kleine wird durch die Ersolae irntd.d. -..v. . ' umuiue erregt. i s i