Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 22, 1900, Image 11

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Wefibcnj cf John Ritsch. EZq..
Großer Neu York.
Mist Editer!
Ich sein schun
wikdrr kwol in Un
gnad gksallk und
zwar nrt nor bei
der Alti. sonnern
beim ganze weibliche
Branch dun der Fä
mily bis enunner
zum Upftairs Statt
wemädche un dcm
Ndrsgörl dun meim
Enkelkindchk. Un deS
Schönste derbei is,
Ich weeb noch gor
net emol, was Ich
eigentlich gethan hen.
Im Eegetheil hen Ich der Alti un der
TZaud un der Fämily at large k ä
lriöfeiS gebracht, bei mich beim Foto
grösser abncmme ze losse un zwar als
Gruppebild, mit meim Enkelkindche i('
samme. (53 war schun vor e paar Zäg.
TaS heißt, wo Ich mich hen abnemme
loffe, deS war 'vor e paar Zäg. Daß
die Alti angefange Hot, mich ze datiern,
deS iS schun k halbes Jahr oder da
'rum. Endlich awwcr hen Ich mer
nimmer helfe könne.
Ich sag Jhne. Mister Editor, es war
genug, um einige Mann' krüsi ze mache,
die PriperöschenS, wo in der Fämily
for deS Fotogräffe gemacht worn sein.
Die Alti un die Maud hawwe sich neue
Hüt gckaaft un vun erer Treßmäkern
im HauS tailormade Suits mache losse.
Tann hen Ich gehört, daß die Eliza
beth (deS is. was mci annere Tochter
iS) aach mitgchn sollt. Tann hat die
Alti inviftirt. daß Ich mer die Haar
schneit? un mein Bart trimme loffe
müßt. Well, des Opfer hcn Ich aach
noch gebrocht. Wie awwer vorgestern
Morche. wo daS Festiwwel Hot sei solle,
aach noch die MisseS Meyer un drei
annere Lady.FrentS vun der Alti ihr
Erscheinung gemacht hawwe un Ich
gehört hen, die wär'n inwcitet worn,
mitzegehn un present ze sei bei der
Zcremoni, da hen ich die Lein gezoge.
Mister Editcr. Ich thät entweder alleinig
gehn mit dcm Enkellindche oder es thät
iwwerhaupt nix aus der gotomia
losfearaffirerei wem. Un da darzu
hen ich geftocke. Finelli hen mir doch
e KompromeiS aenetscht. da dos Nors
görl mitgegangc. das heeßt of course
in der Kärridsch mitgefahrn is.
Mer sein auch füft beim- Fotogräffer
arreivt. Troßdem Ich gesagt hen, wer
Ich bin. hen Ich doch e Bißle warte
muffe. ES war e ziemlicher Kohnidl
zent, das; im Wartezimmer vun dem
Fotogräffer einer vun meine intimste
ffrents war. wo sich aach mit seim En
kelkindche Hot abnehme losse wolle. Ich
weiß de Name net vun meim intime
Frent. awwer Ich kenn en ganz genau
Ich treff en jede Woch emol beim Früh
schoppe.
Ich hen de Vorschlag gemacht, daß
mir zwei Großväter derweil Ein's
trinke sollte. Tie Alti Hot nämlich zu
Allem getendet. da Ich die Haar ge
schnitte un de Bart getrimmt krieg, do
Hot fe derzu getendet, awwer daß Ich
en ornliche Eye-opener gekriegt hätt,
do bot se n i t derzu getendet. Well,
eS war gut, daß mer des hcn nachhole
könne. Wie mer zurüagekimme sein.
do hat der Fotogräffer gesagt. Ich
thät jetzt dra kumme. Unser Nörsgnl
Hot in der Zwischezeit uff die zwei
Kinner uffgepaßt gchatt, weil mei in
timer Frent (Ich glaab er is im Wei
bilsncß) Niemand bei sich gehatt Hot.
Ich hen also schnell mei Enkelkindche
genomme un sein in die Gällerie un
mci intimer ivrcnt (Ich glaab doch net,
daß er im Weibüsncß is. Ich glaab er
derkaaft Sggarn) Hot sei Enkelkindche
wieder genomme. ,
Mister Editer! Hen Sie scho emol
sich fotogräffe loffe? Tes is einer vun
de härteste Jobs, die's uff der Welt
Uwwerhaupt gebt. Ich loß mer noch
liewer en Zahn auszieche, als for mei
Leikncß ze sitze. Se eigenes Leikneß
allcenig ncmme ze loffe, des is awwer
noch gar nix. offe sie sich awwer
emol mit Ihren Enkelkindche abnemme,
wann Sie an die Wördfch vun In
säniti limme wolle. Tavo, daß des
Kindche sich immer uff mein Schooß
so zerrecht gesetzt Hot, daß es mci große
Deimond verdeckt Hot, will Ich noch
gar nix sage. Awwcr jedesmol. wann
AllcS ready war un der. Fotogräffer
gcsogt hott, jetzt recht frcindlich, Hot
des Gör angefange ze brülle.
Un dem Fotogräffer war Ich noch
net freindlich genug. Jcß frag Ich
Jhne, Mister Editer. wie kann mer e
sreindliches Gesicht mache mit eme
Baby uff em Tchooß? Des Baby Hot
nämlich deffelbige Trommel wie unser
Klcimät. Es foffert immer unner
der gcncral Hjumillity. Wie der Foto
gräffer wieder waS vun em Schmeil
gesagt Hot, sein Ich in Gedanke uffge.
stannc. Ich hen vcrstanne, mer sollte
en Schmeil ncmme an der nexte Eck.
Un wie er dann, wie grad höchstens e
Aufnahme verunglückt war, gcsogt Hot.
Ich sollt mer die Lippe e Bißle feucht
mache, hen Ich gesagt. Ich thät so frei,
sei. un Ich thät en halbe Schoppe Mo'
sei nemme. Er Hot awwer blos ge
meent gehatt, Ich sollt mer die Lippe
mit der Zunge e Bißle anfeuchte.
Well, Mister Editer, endlich war es
iwwerftanne. Es Hot wenigstens e
Stund un e halb gedauert. Der Foto
gräffer Hot mich schun dreivertel der,
rückt gemacht gehatt. Er Hot mer mei
grpp enuff un erunner un rüwwer
un nüwwer gedreht, dann Hot er de
Hinnerkopp in e Attätchment ringe
schraubt, wie Ich mer ungefähr vor
stell, daß eS in die elektrische Stuhl in
Sing Sing und Auburn in JuhS iS.
Un dann Hot er gesogt. Ich soll recht
leschär un natürlich sixe un freindlich
ausgucke.
Könne Tie mich blamirn, Mifter
Editer. daß Ich. wie deS endlich vor
bei war. mit meinem intime Frent (Ich
glaab iwwrigenS. er iS net im Sög
gar, sonnern im Whis!eyBüsneß)
noch en Schmeil genomme hen? Unser
NörSgörl Hot of course wieder die zwei
BabieS mcinde müsie.
Jetzt soll mer denke, daß Ich da der
for Tank verdiene thät. No! Am erste
Tog Hot die Alti noch nix gesogt. Heini
segt sie zwar aach nix. awwer Mister
Editer, de Face! Un die annere WeibS
leit im HauS, die tricte Mich, als wann
Ich k Kriminell wär oder die Beulepeft
hätt.
Un Ich kann gar net ausfinne wo
drein mci Kreim eigentlich konfift, denn
Ich krieg gar kee Antwort. ES iS um
die Kränk ze kriege.
Ihnen dasselbe wünschend
Mit RigardS
YourS
John Ritsch. Esq.
Pi ES. Ich hen eS jetzt erausge
kriegt, warum die WeibSleit so falsch
sein. Tes NörSgörl bat mer's gesagt,
nachdem Ich es mit ener ZweiTollar
Bill gebreibt hcn. Nämlich die Pruhfs
sem heit gckimme. ES Hot sich erraus
gestellt, daß Ich aus Versehe mei in
time FrentS (Ich glaab doch eher, daß
er ,m BrauerelBüfnek ts) fei Enkel
kinche erwischt gehatt hen, wie Ich mich
hen abnemme solle. Trum hat deS
Görl aach so fürchterlich gekrischc!. . .
Rriegsgefangen.
Ein steinet Rückblick. Ln K. Fr.
TaS hcldcnmüthige Volk der Boeren,
welches mit so großer Kraft und Enev
gie gegen das mächtige England kämpft.
hat neben einer Tapscrkclt schöne Be
weise von Menschlichkeit abgelegt durch
die geradezu liebenswürdige BeHand
lung seiner Gefangenen. In Pretoria
wimmelt es augenblicklich von englischen
Kriegsgefangenen, Soldaten und Cm
zieren. In der freundschaftlichsten und
kollegialsten Weise verkehren Boeren
Soldaten, und Generäle mit ihnen.
nichts mangelt ihnen, nur eben die
ffreihcit. In der letzten Zeit der Ge
schichte haben sich die kriegführenden
Mächte überhaupt einer menschenwür
digen Behandlung der Gefangenen be
fleißigt. Nur die Herren Engländer
machen bekanntlich noch immer eine
rühmliche" Ausnahme! Tas beweist
am besten der spanisch-amerikanische
Feldzng, wo sich die Amerikaner als
echte Gentlemen ihren Gefangenen ge
genüber gezeigt haben. Als der spani
sche Admiral Eervera nach dcm Verluste
feiner Flotte sich zu seinen feinden be
geben mußte, begrüßte ihn der Befehls
habcr der amerikanischen Flotte, Admi
ral Schien, nicht nur mit den Worten:
Ich beglückwünsche Sie zu der eminen
tcn Tapferkeit, welche Ihre Soldaten
und Offiziere an den Tag gelegt ha
den," sondern stellte ihm auch seine ei
gene Kabine auf dem Admiralsschiff
zur Verfügung.
Andere Zeiten, andere Sitten, auch
in der Behandlung der Kriegsgcfan
genen. Im Alterthum begnügte man
sich nicht damit, die Gefangenen als
Sklaven wegzuschleppen oder zu verlern
fen. man marterte sie auch unter den
gräßlichsten Qualen und Foltern lang
tarn zu Tode. So handelten die Sky
then, die alten Gallier. Perfcr, Griechen
und Römer. Humaner hierüber dach
tcn nur unsere Vorfahren, die alten
Germanen. Sie ließen es an der Ge
fangennahme. Fesselung und 'Be
wachung genug sein, und gaben sie
gegen entsprechendes Lölegeld frei.
Wenige Beispiele von der barbarischen
Behandlung der Gefangenen im Alter
thum mögen hier angeführt werden.
MithridatcS ließ den Gefangenen
glühendes Gold in die Kehlen gießen.
Julius Cäsar befahl, daß ihnen die
rechte Hand abgehauen wurde, und be
hielt Vercingetorix neun Jahre in vte
fangenschast, um ihn schließlich am
Tage seines Triumphes schmachvoll töd
ten zu laffen. Eine noch unwürdigere
Behandlung mußte der römische Kaiser
Valerius erdulden, elcher vom Kaiser
Sapor von Persien gefangen genommen
wurde. Er diente seinem Besieger als
Wagenpferd so lange, bis er vor dcm
Triumphqefährt elend wie ein Thier
zusammenbrach. Auch das Mittelalter,
welches bekanntlich durchaus nicht so
dunkel war, wie Geschichtsfremdlinge
meinen, hielt Kriegsgefangene nicht für
ebenbürtige Menschen. Sonderbarer
und zugleich bezeichnender Weise thaten
es auch damals schon di: Engländer
allen anderen Völkern voran. Heinrich
V. von England soll den Ausspruch
gethan haben: Ein Krieg ohne Grau
samkeitcn und Mißhandlungen von Ge
fangenen ist überhaupt kein Krieg."
Im verflo sicnen Jahrhundert hat der
Feind oft Gelegenheit gehabt, dem Be
siegten gegenüber feine Großmuth zu
beweisen. Als der französische Feldherr
Marceau in der Schlacht bei Alten
kirchen tödtlich verwundet und gefangen
genommen wurde, kam sofort der öfter
reichische Gcncr Kray zu ihm. tröstete
den Helden, blieb an seinem Lager, bis
er verschied, und sorgte sür ein Pomp
hafteS Leichendegängniß, das durch em
berühmtes Gemälde verherrlicht wurde.
Als Napoleon den unglücklichen Feld
zug gegen Rußland unternommen hatte,
ist eS deS Oefteren trotz deS HaffeS der
Rusien gegen die Franzosen vcrgekom
men, daß ermattete und halb erfrorene
französische Soldaten auf freundlichste
Weise im russischen Biwak aufgenom
men wurden. Ten Russen standen
beim Anblick dieser Jammergestalten
die Thränen in den Augen, und sie
riefen ein über daS andere Mal auS:
O diese armen Leute die wackeren
Soldaten!" Ter Herzog von Aumale,
welcher in die Gefangenschaft deS Ka
bylenführerZ Addel Kader gerieth,
konnte nicht genug den Edelmuth und
die menschenfreundliche Gesinnung sei
neS Feinde? loben. Im französisch
deutschen Feldzuge endlich haben die
Gefangenen beider Theile nicht über
schlechte und menschenwürdige BeHand
lung zu klagen gehabt. Die meisten
zivilifirten Staaten haben heute Gesetze,
welche die Kriegsgefangenen unter
Staatsschutz stellen und sie vor jeder
Beleidigung und thätlichen Angriffen
auf das Energischste schützen.
U?ie man den Einbrecher em
pfängt.
Eine schmucke kleine Villa in einer
Londoner Vorstadt wird von einem seit
sechs Monaten verheiratheten Pärchen
bewohnt. Ter junge Ehemann, der
anfangs durchaus kein Talent zum
Pantoffelhelden zeigte, und ein bis
zweimal in der Woche die halbe Nacht
im Club verbrachte, ist feit Kurzem
sehr häuslich geworden. In Bezug auf
die Ursache, die ihn so verhandelt hat,
wird ein recht ergötzliches Geschichtchen
erzählt.
Herr Smith pflegte seiner Gattin,
bevor er an den Clubabenden sein
Heim vrrließ. in liebevoller Weise
allerhand gute Lehren zu ertheilen.
Vor Allem warnte er sie wiederholt,
das Fenster der zu ebener Erde gele
genen Küche offen zu lassen. Tie junge
Frau that dies aber immer wieder aus
ihm unerklärlichen Gründen. Daß es
nur geschah, um ihn zu ärgern.ahnte
er nicht. Ebenso wenig schien er eS zu
bemerken, daß seine Ehelichste sich durch
sein häufiges Ausgehen ohne sie schwer
gekränkt fühlte, obwohl sie nie etwas
sagte. Als er nun unlängst, kurz nach
dem Abendessen oder vielmehr dem
späten Diner auch wieder aufstand, um
sich zum Club zu begeben, sagte er:
Eloise, ich muß Dich ernstlich bitten,
das Küchenfenster geschlossen zu halten.
Bedenke doch, Kind, daß während mei
ncr Abwesenheit nur zu leicht ein Ein
brecher hineinsteigen kann. Tu fetzt
Tich der Gefahr aus, im Bett ermordet
zu werden, zum Mindesten aber könnte
uns das ganze Hochzeits Silberzeug
gestohlen werden, also vorsichtig,
Liebling.
Ter Liebling aber rümpfte nur ver-
üchtllch das Näschen und meinte pikirt.
daß an dem Hochzeits-Silber absolut
nicht? gelegen fei. , Dabei wurde das
Wort Hochzeit" scharf betont.
Achselzuckend entfernte sich der Gatte
Gegen 2 Uhr stand er wieder vor seinem
schweigend und verdunkelt daliegenden
Hause. Schon wollte er aufschließen,
als ihm plötzlich das Küchenfenster ein
fiel. Richtig, das Fenster war unver
riegelt. Er stieß es ziemlich geräusch-
voll auf und horchte. Nichts rührte sich
in der Wohnung, nur das Papier, das
eine auf dem Herde stehende Schüssel
mit Brodteig bedeckte, knisterte leise.
Welche vorzügliche Gelegenheit für
einen Einbrecher," dachte Mr. Smith
bei sich. - Kurz entschlossen legte er zu
erst seinen Cylinder auf den Tisch, zu
dem er vom Fenster aus reichen konnte,
und warf seinen Ueberzieher auf einen
Stuhl. Dann kletterte er hinauf, und
um seinen guten schwarzen Abendanzug
nicht in allzu nahe Berührung mit dem
staubigen Fenstersims zu bringen, ließ
er sich rückwärts in die Küche hinein.
Als er seine Schultern mit einer letz
ten Anstrengung durch die Oeffnung
zwängte, ertönte ein durchdringender
Schrei. Im nächsten Moment wurde
die Schüffel mit Teig über seinen bloßen
Kops gestülpt, sodaß er jedesmal, wenn
er seinen '.vcuno onneic, einen royen
Kloß verschlucken mußte.
Gellendes Geschrei erschütterte die
Luft, es kam jedoch nicht aus feinem
Munde, der noch zu vollgestopft war,
um einen Laut durchzulasscn. Ter
Schüssel hatte er sich schon entledigt,
aber sehen konnte er noch nichts. In-
zwischen flogen von allen Seiten Ge
schösse in Gestalt von Kasserollen und
anderen Küchengeräthen auf ihn zu.
Endlich war es ihm gelungen, Augen
und Mund freizubekommen, und dann
klärte sich auch bald die merkwürdige
Situation auf. Es dauerte fast eine
Stunde, ehe sich der verkannte Hausherr
mit Hülfe seiner geistesgegenwärtigen
Gattin vollkommen gesäubert hatte.
Er war nur froh, daß er die klebrige
Teigmasse aus feinem Haar entfernen
konnte, ohne durch die Prozedur ganz
kahl zu werden. Tie Gatten machten
einander keinen Vorwurf. Beim Früh
stück am nächsten Morgen aber konnte
sich Mr. Smith nicht enthalten zu sa
gen: Siehst Du, mein Liebling, wie
recht ich hatte? Ein Glüä für Tich, daß
es kein wirklicher Einbrecher gewesen
ist." Und der Liebling antwortete:
Mein Himmel, ich wußte ja, daß Tu
eS warlt. Glaubst Tu denn, daß ich
einen wirklichen Einbrecher so behan
dein würde?" Seitdem läßt sich der
übertrumpfte Ehemann nicht mehr im
Club sehen.
X,röw' ift l-s:
Man schreibt auS Madrid unter'm
13. Januar: Gestern Abend hat sich in
Valencia, wo jetzt Jahrmarkt ist. ein
äußerst auslegender Vorfall abgespielt.
Eine Zirkusdude gerieth in Brand,
und da ein ziemlich heftiger Wind
wehte, wurde sie in kurzer Zeit von
Feuer gänzlich zerstört. Glücklicherweise
war daS Wetter regnerisch, so daß der
Jahrmarkt äußerst schwach besucht war.
Tas Feuer sprang aber auf eine andere
Bude über, in der Thierbändiger Mal
len eben im Löwenkäfig eine Vorfiel
lung gab. Als der Mann daS Zeltdach
seiner Bude in Flammen sah, dachte er
bloS daran, sich in Sicherheit zu drin
gen und verließ schleunigst den Käsig.
Dabei aber vergaß er. die Thür des
Zwingers zu schließen und zwei Löwen
benutzten die Gelegenheit, um das Freie
zu suchen. Man kann sich den Schrecken
der Zuschauer vorstellen. Viele Frauen
sielen in Ohnmacht, Alles schrie und
drängte sich den Ausgängen zu. In
dessen hatten die Löwen den Marktplatz
betreten und schlichen brüllend in der
nur vom Schein der Petroleumlampen
der Buden gemilderten Dunkelheit um
her. suchend, wen sie verschlängen.
Eine unbeschreibliche Panik bemächtigte
sich des Publikums. Alles rannte ent
setzt der Stadt zu. Ein 24jähriger
Arbeiter stürzte sich tollkühn auf einen
der Löwen und wollte ihn an der Gurgel
packen, wurde aber von der Bestie zu
Boden geworfen und erhielt lebensge
führliche Tatzenhiebe und Bisse. .Ein
anderer Arbeiter, der feinem Gefährten
Hilfe leisten wollte, wurde ebenfalls
niedergeworfen, kam aber mit dem
Schrecken und zerrissenen Kleidern da
von. Inzwischen waren die Behörden
von dem Vorfall in Kenntniß gesetzt
worden. Ter Zivilgouvcrneur erschien
an der Spitze einer zahlreichen Abthei
lung Infanterie und Kavallerie auf
dem Schauplatz der Vorgänge. Tie
Soldaten gaben etwa 100 Schüsse ab
in der Richtung, wo man die wilden
Thiere vermuthete. Es ist ein wahres
Wunder, daß durch diese Schüffe Nie
mand vcrwundct wurde. Tem Thier
bündiger Mallen gelang es, einen der
Löwen zwischen zmci Bretterbuden zu
erwischen, ihn einzuschüchtern und nach
dem Käfig zu bringen. Ter andere
Wüstenkönig verwundete noch zwei Ka
stanienverkäufer, die ihm in die Klauen
fielen. Hierauf verfügte er sich in das
Haus Nr. 17 der Calle de Rivera. Er
sprang die Treppe hinauf bis zum ober
sten Stock und setzte sich schließlich neben
einem Schornstein auf das Tach. die
Stadt zu feinen Füßen verächtlich be
schauend. Tie Gasse wurde von den
Truppen abgesperrt und Mallen, eine
zahme Löwin vor sich schiebend, stieg
zum Flüchtling hinauf. Diesem warf
er aus kluger Ferne zahlreiche Fleisch
stücke vor und schließlich gelang es ihm,
das Thier beim Ohr zu fassen und die
Treppe hinunterznbugsiren. Unten im
Hof wurde der Löwe glücklich in einen
Käsig gesperrt.
Tr Prachtstfftl von Ulm.
Von der Leitung des Germanischen
Museums in Nürnberg wird mitge
theilt: Historisch bedeutsame Möbel
stücke find außerordentlich selten. Wenn
solche überhaupt sich vorfinden, so sind
sie als Reliquien fürstlicher oder ande
rer Familien in festen Händen. Um
so freudiger begrüßte das Germanische
Museum die Gelegenheit, wenn auch
um hohen Preis, 'ein derartiges, kürz
lich ausnahmsweise im Handel aufge
tauchtes Stück zu erwerben, nämlich
einen Prachtseffcl aus dem ehemaligen
Besitz der freien Reichsstadt Ulm. Das
Gestell des Lehnsessels aus geschnitztem,
n-i aber dock, oescbmackvoll veraolde
tem Nußbaumholz, baut sich in der
Hauptsache aus karyatldenartigen, an
dem rückwärtigen Theil übereinander
gestellten Frauengestalten auf, die auf
Löwenklauen ruhen. Ten herrlichsten
Schmuck erhält das Prachtmöbel aber
durch seine Stickereien. Diese, in Gold
und Silber mit sparsamer Verwen
dmicj farbiger Seide auf schwarzem
Sammct applicirt. bedecken Sitz,
Rückcntheil und Lehnen. Tie Stickerei,
aus reichem mit stilisirten figürlichen
Elementen durchsetztem Ornament be
siebend, entzückt ebenso sehr durch die
meisterhafte Zeichnung, wie durch ge
radezu vollendete technische Ausführung.
Welchem Zweck das koslvare licooel,
das nach feinen stilistischen Merkmalen
in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts
gesetzt werden muß. gedient hat, ent
zieht sich allerdings der genauen Fest-
stellung. Wegen der ,n der Mitte der
Stickerei des Rückentbeils angebrachten
Mavvcn. dem kaiserlichen Dovveladler
und dem Ulmer Stadtwappen, ist viel
leicht die Vermuthung angebracht, daß
der Sessel anläßlich einer Huldigung
bei der Tbronbestemuna eines mwxs
gedient habe. Die trotz mannigfacher
kleiner Schäden ausgezeichnete Erhal
tung des seltenen Stückes beweist, daß
es Jahrhunderte lang in hohen Ehren
gestanden hat.
Zu gut verwahrt.
Dem Herrn Professor fällt, als er
Abends zu Hause angelangt ist. ein.
daß er heute Nachmittags, in seiner
Eigenschaft als Dekan, 2000 maxi ein
genommen, in dem Fakultätsschrank
verwahrt, den Schlüssel aber dort nicht
abgezogen hat. Er führt mit dem näch
sten Vorortzug in die Stadt zurück,
klingelt an der Universität den Portier
heraus und läßt sich das Dekanat?
zimmer öffnen. Aber welch' ein
Schrecken! Der Schlüssel ist abgezogen.
Ten wird wohl Jemand vorsichtZhal
der an sich genommen haben!" meint
der Portier.
Ja, Sie Leichtsinn!" sagt der Pro
fessor. Wird wohl Jemand! Und
wenn er bei Nacht wiederkommt der
Jemand und stiehlt die 200 Mark?..
Ich bleibe hier!"
Er verbringt eine unbequeme, qual
voll durchängftigte Nacht.
Früh am anderen Morgen erscheinen
seine Angehörigen, die sich sehr um ihn
gesorgt haben. Mit ihnen kommt der
Pedell. Ter Schlüssel ist hier!" sagt
dieser. Ich habe ihn abgezogen!"
Gott sei Tank!" ruft der Professor.
Alles athmet auf. Man öffnet den
Schrank. Ta fehlen die 2000 Mark.
Ter Profeffor sinkt in einen Stuhl.
Also doch gestohlen!" murmelte er.
Aber da liegt ja ein Zettel!" meint
der Pedell. Eine Quittung!.. . Soll
ten die Diebe so bodenlos unverschämt
gewesen sein "
Ach," erinnerte sich der Herr Pro
feffor, wie er den Zettel lieft, und
lächelt verlegen, ich hab' ja das Geld
gestern Nachmittag bei der Bank ein
bezahlt!"
Ein preisgekrönte BolkSdichterin
Tie in Kiel erscheinende Nord
OstseeZeitung" hatte im Juli des vori
gen Jahres ein Prcisausfchreiben für
ein Lied auf Kiel" erlassen, das zu
einer sangbaren Weise für die Bewoh
ncr Kiels bestimmt war. Unter 134
Einsendungen ist der Preis von drei
hundert Mark einstimmig Frau Stine
Andresen in Boldirum auf Föhr zuer
kannt werden. Tie Dichterin, eine
friesische Müllers-Wittwe. ist am 23.
Dezember 1849 auf einer jetzt im Meer
versunkenen Hallig bei Föhr geboren.
Sie hat mit dem Prcisliede den vielen
Proben ihrer ungewöhnlichen dichten
fchen Begabung eine neue hinzugefügt.
Stine Andrescn ist als Volksdichterin
nicht mehr unbekannt. Ihre Lieder
sind als Buch herausgegeben und zeichn
nen sich durch eine anschauliche Kraft
der Naturschilderung und durch plastl
sches Herausarbeiten landschaftlicher
Bilder aus. Ihre Schöpfungen haben,
wie die Verse der ostpreußischen Bäuerin
Johanna Ainbrosius, auch vor der ern
sten Kritik Würdigung und Anerken
nung gefunden. In dem preisgekrön
ten Liede besingt sie Kiel als die stolze
wunderschöne Königin am Ostsee
strand". Ter zweite Vers lautet:
Deine Brust, die lebenswarme
Bietest Tu dcm Sturme dar,
Kraftgestählt find Deine Arme
Und Dein Aug' ist scharf und klar,
Festgefügt aus Stahl und Eisen
Schlingt ein blitzend Gürtelband
Sich um Deine schönen Glieder: '
Königin am Oftseestrand!
Vom Regen in die Traufe.
Die ttcue Herrin eines Rittergutes
pflegte ihre Untergebenen oft unnöthi
gerweise zu nörgeln, und durch Besser
wissen zur Verzweiflung zu bringen.
So auch den alten Gärtner, ein Fakto
tum des früheren Besitzers. Eines
Morgens läßt sich der Vater der Gnä
digen. der am Abend zuvor angekom
men war, unbekannter Weise in ein
Gespräch mit dem Alten ein, und spricht
ihm feine Anerkennung über den guten
Zustand des Gartens aus. Ach. es
ist ja doch alles umsonst, der dummen
Gans, der gnädigen Frau, ist ja nichts
recht zu mache? "
Höchst amüsirt giebt der alte Herr
fein Erlebniß bei der Mittagstafel zum
Besten. Seine Tochter jedoch versteht
keinen Spaß, läßt den Gärtner auf ihr
Zimmer, rufen und ertheilt ihm eine
gehörige Rüge. Verzeihen Sie, Ma
dam," erwiderte der Alte, es war sehr
unrecht von mir. aber ich habe nicht ge
dacht, daß der alte Esel es gleich wieder
sagen thät."
Ein solides und bequemes Nest.
Das ornithologische Museum von
Solothurn in der Schweiz ist um einen
merkwürdigen Gegenstand bereichert
worden, der wohl einzig in feiner Art
sein dürfte. Es ist ein Vogelnest, das
nicht weniger als 32 Zentimeter im
Umfang hat und ganz aus stählernen
Uhrfedern konstruirt ist. Während des
Sommers bemerkte ein Arbeiter einer
großen Uhrmacherwerkftätte der Stadt,
daß eine Schwalbe, die auf einem be
nachbarten Baum nistete, oft in den
offenen Arbeitsraum flog und im Ta
vonfliegen irgend etwas aus der Werk
stätte, sei es ein Metallspänchen, oder
gar eine stählerne Uhrfeder im Schnabel
mitführte. Vor einigen Wochen nun,
nachdem die Schwalbe längst mit ihren
Genossen in ein wärmeres Land gezogen
war. kam der Arbeiter auf die Idee,
auf den Baum zu klettern and das ver
lassene Schwalbennest anzusehen. Und
o Wunder! Tiefes Nest war ganz und
gar aus Uhrfedern zusammengefetzt und
bildete gleichwohl eine weiche' und sehr
leichte Wiege.
Untcr Kammerkätzchen.
Anna: Sag' nur. Tu bist ja heut'
so nachdenklich?"
Minna: Ja, denk' Tir. da hat mir
gestern ein Herr unseres Besuchs beim
Weggehen in der Dunkelheit einen Kuß
gegeben; nun finde ich immerwährend
nach, wer's gewesen sein könnte; der
Kuß kam mir so sehr bekannt vor."
Ein Unzvfnkdknn.
Aber. Herr Prinzipal, ich bitt' Sie.
mich nicht gleich so heftig anzufahren!
Mir ist'S nicht an der Wiege gesungen
worden, daß ich später Häring: vertäu
fen würde!"
,Nu'. woll'n Se vielleicht gleich an
fangen mit Walfisch?"
Uederrnmxelt.
Cdef: Nun. bat der Zahnarzt
die Rechnung bezahlt?"
Lehrling (kleinlaut): Ach. ich bin
ia oar nickt ,u Wort ockommcn. Wie
ich hereintrat, hat er mir sofort einen
Zahn gezogen und dasur yade icy
sogar noch zwei Mark zahlen müssen!"
Ier Swdicsns.
Bauer (zu seinem Sohn): Sag'
Michel, was ward's noch koste, bis Du
e Bauchweh kurire kannst?"
Schwierige 5ache
Beamter: Die Errungenschaft mäh
rend Ihrer zwanzigjährigen Ehe be
trügt also 12.000 Dollars. Darf ich
fragen, womit Sie sich diese Summe
errungen haben?"
Herr: Durch ein Erbschaft!"
Er kennt ibn genau.
A: Glauben Sie, daß der fidele
Bergmüller geistesgestört war, als er
sich an dem Hahn der Wasserleitung
erhängte?"
B: Unbedingt, denn in normalem
Zustande hat er nichts von der Wasser
leitung wissen wollen!"
Line gesunde Natur.
Richter (zum Zeugen): Als man
Sie bei dem Bahnunglücke aus den
Trümmern des Wagens hervorzog,
waren Sie damals beim Bewußtsein?"
Zeuge: Tas weiß ich nicht, ich hatte
damals geschlafen."
Die zukünftige rau Schwiegermama.
Frau: Also Sie können mir die
Partie für meine Tochter empfehlen?"
Heiraths-Vermittler: Unbedingt
einige kleine Eigenthümlichkeiten hat
der Mann allerdings."
Frau: Nebensache die wollen wir
ihm schon austreiben!"
Immer derselbe.
Ter berühmte Chemie-Profkssor Ka
limeyer hat einen Auftritt mit feiner
Frau, die schließlich in Thränen auS
bricht. Deine Thränen rühren mich
nicht," sagt er nach kurzem Nachdenken,
denn was enthalten sie? Eine unend
lich geringe Menge von phosphorsaurem
Salz und eine Spur von chlorsaurem
Natron! Alles andere ist Wasser!"
Immer vornetsmcr.
A: Wie kommt's, daß der Eßsaal
beim Lord W. jetzt Abends dunkel
bleibt? Um 6 Uhr war doch sonst dort
die Diner-Stunde?"
B: Das war der Lady nicht mehr
fein genug, da alle ihre Bekannten zu
dieser Zeit aßen. Sie verzehren daher
ihr Diner jetzt am nächsten Morgen um
6 Ubr."
Skrupulös.
Staatsanwalt (der im Restaurant
einen Hasenbraten verzehrt, für sich):
Der Has wird doch hoffentlich kein oe-
wilderte? sein!"
Die gute Freundin.
Braut: Ja, mein Bräutigam liebt
mich blindlings."
Freundin: Wenn ich Tich so an
sehe, glaub' ich's."
Immer zerstreut.
Tame: Die Schwalben ziehen auch
schon fort, Herr Professor."
Hm, hm. schade, aber Sie werden
doch mit ihnen im Briefwechsel blei
ben?" Bescheidener Anfang.
Freund: Also, was zahlt Dir der
Direktor, der Dich engagirt hat?"
Junger Sänger: Fünfzig Mark
monatlich und das Abendessen! trium
phirend): Habe ich Dir nicht gesagt,
daß in meiner Kehle Millionen stecken? !"
Aus der Schule.
Lehrer (zum Schüler): Teklamire
mir aus dem Lied von der Glocke" die
Stelle, wo von der Hausfrau die Rede
ist!
Der kleine Paul: .Webe, wenn sie
losgelassen!"
Mildernder Umstand.
Vertheidiger: Aucb bedenken Sie.
meine Herren, daß der Angeklagte.
wenn er '.wem und Dein Herwechselt,
nicht zu hart verurtbeilt werden Kars.
denn er hat nur die Elementarschule
besucht und wenig von Grammatik ge
lernt!" Tin Vorschlag.
Miether (Angestellter): Denken Sie,
mein Gesuch um Gehaltsaufbesserung
ist wieder abschlägig beschieden worden."
Hausherr: Wissen Sie was, ich
werde Sie vom nächsten Monat ab stci
gern, da haben Sie doch wenigstens
einen vernünftigen Grund, Aufbesse
rung zu verlangen!"
Rindliche Lrage.
Papa: Mark' Tir, Karlchcn, man
muß gegen alle Menschen freundlich
und höflich fein!"
Söhnchen: So Papa? Warum seid
Ihr denn aber, Tu und der Lehrer, so
oft gegen mich grob?"