Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 15, 1900, Image 12

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    Die ocidcn Ivittwcn.
Lgveilt uai laut Äani? sn
tf. Hilmar.
1.
Tag über hatte der Kampf gelobt.
ali dcr Abend herniedersank. er
ftummte dkr Schlachtenlärm. Todes,
schweigen herrschte ringsumher.
Westen war der Sieg? Man wußte
es nickt. VeraedenS befragte Mr. de
Pilleroy. ein von Alter gebeugter
(reis, die des Weges lommenven fcoi
baten. ES liefe sich nicht sagen: man
wußte nur. daß der Kampf heiß und
schrecklich gewesen, daß die Positionen
wiederholt genommen, verloren, zurück
erobert waren und daß die Zahl der
Gefallenen auf beiden Seiten sehr groß
sein sollte.
Mr. de Villeroy hatte auch seinen
einzigen Sohn in'S Feld ziehen sehen;
er stand als Kapitän bei einem Regi
ment der Mobilgarde, doch seit zwei
Monaten hatte man nichts mehr über
ihn vernommen.
Man denke sich daher die Freude des
GreiseS, als der gellibte Sohn an die
scm Abend plötzlich vor ihm stand.
Sein Regiment hatte TagS über im
ürgften Feuer gestanden; er war er
mattet, schweißbedeckt und pulverge,
schwärzt.
.Ich habe nur eben Zeit. Dich zu
umarmen, Vater, und Weib und Kind
an's Herz zu drücken, dann muß ich
gleich wieder fort, erklärte er.
Und so war eS. Nach kurzem AuS.
tausch heißer Zärtlichkeiten, die mit den
Thränen seines Weibes und Kindes
untermischt waren, mußte Jean de
Pilleroy sich wieder von seinen Lieben
trennen.
Vater." sagte er beim Abschiede,
wir haben einige unglückliche Käme
raden, welche durch Müdigkeit oder
Verwundung am Weitermarsch verhin
dert waren, auf der Strecke jurückge
lassen. Sie sind unterwegs zusammen
gebrochen. Sorge dafür, daß die Dorf
leute ihnen Hilfe bringen. Ihr werdet
einen jungen Offizier darunter finden,
der sich mit übermenschlicher Willens
kraft weiterschleppte. Thue für ihn.
was Du kannst. Vater. Er ist ein
Tapferer, der sich während des Kampfes
wie ein Löwe schlug. Falls er noch am
Leben ist, laß ihn hierher auf's Schloß
bringen und ihm jede nur mögliche
Sorgfalt attgedeihen." .
Nachdem dcr alte Herr feinem Sohne
die Erfüllung seiner Bitte verheißen,
zog dieser wieder feines Weges, mit
festem, energischem Schritt, trotz der
Prüfungen, die hinter ihm lagen, trotz
derer, die seiner harrten.
2.
Die Arme von sich gestreckt, lag der
Verwundete, wie todt an der Heer
ftraße. Voll unendlicher Vorsicht hob
Mr. de Villeroy ihn mit Hilfe zweier
Diener auf und ließ ihn auf einer schnell
improvisirten Bahre zum Schlöffe brin
gen. Er athmete noch, von Zeit zu Zeit
hob seine Brust sich leise.
Im Schlosse harrten Madame de
Villeroy und ihre zwölfjährige Tochter
Martha ängstlich des Verwundeten.
Die Gouvernante der Kleinen, ein etwa
zweiundzwanzigjähriges -junges Mäd
chen mit sehr sanften, sympathischen
Zügen, weilte bei ihnen. Alle Drei
eilten zu der Bahre und neigten sich über
den mit geschlossenen Augen bleich und
regungslos Daliegenden.
Wenige Minuten später ruhte der
junge Offizier auf weichem Lager. Mr.
de Villeroy wusch und verband seine
Wunden und betrachtete dann voll tie
fen Mitgefühls den Bellagenswerthen,
über welchen schon die Flügel des TodeS
rauschten.
Es war ein Mann von ungefähr
sechsundzwanzig Jahren, dessen Züge
der Schmerz nicht im mindesten verzerrt
hatte. , Er war von auffallender, fast
weiblicher Schönheit. Auf seiner Stirn
thronte der Adel einer reinen Seele, ein
kleiner, welcher lscynurrvarl umsattele
den schön gezeichneten Mund.
Mr. de Villeroy faßte seinen Puls;
derselbe schlug kaum merklich.
Plötzlich machte der Offizier eine Be
wegung. seine Lippen öffneten sich.
Susanne!" klang es leise, innig
durch den Raum.
Im selben Moment erschien auch der
Arzt.
Noch ein Verwundeter," bemerkte
er. DaS ist bereits der znianzigste,
mit dem ich heute zu thun habe."
Er näherte sich dem Lager und legte
das Ohr an das Herz des Blesfirten.
. Dann untersuchte er die Wunde.
Da keinerlei Bande zwischen Ihnen
" bestehen, kann ich ohne Rückhalt reden,
zumal der Unglückliche mich nicht hört
er hat kaum noch eine Stunde zu
leben."
O, der arme, arme junge Mensch!"
klagte Madame de Villeroy.
Der Verwundete regte sich abermals,
eine seiner Hände tastete wie suchend ins
Leere.
Der Brief Da!.. .. O, mein
geliebtes Weib . . . . Komm, meine Su
sänne, komm !"
Und jäh emporfahrend, richtete sich
der Leidende halb auf. Er befand sich
in einem 'Zustande hochgradiger siebe
rischer Erregung und phantasirte.
Susanne," wiederholte er, Su
sänne !"
Er hat von einem Brief gesprochen,"
bemerkte Madame de Villeroy; viel
leicht befindet sich derselbe in feinen
Kleidern: er dürfte uns möglicherweise
Anschluß über seine Persönlichkeit
geben."
Der Dolior untersuchte die Taschen
d Uniform und fand darin ein kleines
Portefeuille, welches das Portrait einer
wunderbar schöne Frau und einen
Brief enthielt. Er überreichte beide!
Madame de Villeroy. W." sagte
der alte Herr.
Der Brief war an Leutnant George
de Laincel adresfirt und trug als Unter
schrift den Namen Susanne, den dcr
Verwundete so oft gerufen hatte. ES
war ein lanzer. inniger Liedeserguß.
Susanne war George de Leincel'S Weib
und erst wenige Wochen vor Ausbruch
deS Krieges mit ihm vermählt worden.
Als Offizikr der MobilGarde hatte
Georg sofort mit seinem Regiment
abreisen müssen. Diese jähe Trennung
hatte die junge Frau mit Verzweiflung
erfüllt, und in den Zeilen, die Madame
de Villeroy in der Hand hielt, ergoß
sich ihr ganzes Weh.
O. wie bitte ich unseren Herrgott,
daß dieser schreckliche Krieg bald zu
Ende sei, daß Frankreich siegen möchte
und wir Beide, mein geliebter George,
bald wieder vereint werden!" schrieb sie.
Susanne!" tönte eS jetzt aber
malS. Und sehnsüchtig breitete er die
Arme aus: Komm, meine Geliebte,
komm!"
Und als seine Arme sich dann schlos
sen, ohne die Gestalt der so innig Er
sehnten, zu umfangen, schluchzte der
Verwundete schmerzlich auf:
O, Du haft mich verlassen! Du
fliehst mich! Susanne, warum bist
Tu nicht mehr da?"
Nur ein Herz von Stein hätte diesem
Schmerzens'Ausbruch gegenüber un
empfindlich bleiben können. Nur mit
Mühe vermochten Doktor Reval und
Mr. de Villeroy den Kranken im Bette
zurückzuhalten, da er in seinem Delirium
durchaus hinstürzen wollte, um dem
Phantom der Geliebten, die er vor sich
sah und doch nicht fassen und festhalten
konnte, nachzueilen.
Wollen Sie diesem Unglücklichen
eine Wohlthat erweisen?" fragte der
Arzt. Wollen Sie ihm Beruhigung
verschaffen? ES dürfte nicht schwer
halten, glaube ich.... Veranlassen
Sie Mademoiselle Leverdays, herzu
kommen und auf diesen Namen
Susanne zu antworten als wäre diese
es selb'st. Ich kenne ihre Hochherzig
kcit, ihren Edelmuth und bin über
zeugt, daß sie sich nicht weigern wird,
dem armen Sterbenden Trost zu brin
gen."
Heloise Leverdays war die Gouver
nante der kleinen Martha. Doktor
Reval hatte sie richtig beurtheilt. So
bald man ihr mitgetheilt, um wäs es
sich handelte, zögerte sie keinen Augen
blick, die ihr zuertheilte Rolle am Lager
des Offiziers auf sich zu nehmen.
Ich bin bereit," sagte sie, und traf,
mit einem Ausdruck unendlichen Mit
leids in den Augen, an das Lager des
Verwundeten, der erschöpft in die Kis
sen zurückgesunken war.
Nach einigen Augenblicken der Ruhe
ward der Offizier abermals von siebe
rischen Erregung erfaßt. Und wieder
brach es flehend über seine Lippen:
Susanne! Meine Susanne!"
Der Doktor bedeutete Heloise durch
ein Zeichen zu antworten. Sich über
den Kranken neigend, sagte sie langsam,
in süßem, leisem Tone:
Georg, lieber Georg, ich bin hier,
an Deiner Seite."
Hörte der Sterbende ohne zu sehen?
Erfüllte ihn, dessen sehnsüchtig ausge
breitete Arme plötzlich eine Frauenge
stalt umfingen, eine himmlische Selig
seit ? Jedenfalls schien das Delirium
plötzlich zu schwinden, und er sprach,
als wäre seine Frau wirklich an seinem
Sterbelager erschienen.
Du, Susanne, Du! Endlich!
.... O, nun kann ich ruhig sterben."
Nein, Georg, Du wirst nicht fter
den." versetzte Heloise. . Ich werde
Dich pflegen, Du wirst wieder gesun
den und wir werden wieder glücklich
sein."
Der Offizier zog das junge Mädchen
an sich. Sie widerstrebte nicht, ihre
Ausgabe war ihr suß. es beglückte sie,
auf diesem bleichen Antlitz einen Aus-
druck seliger Freude zu gewahren. Sich
über ihn neigend, stützte sie nnt einem
Arm seinen Kopf und streichelte mütter
lich sein dunkles Haar.
u, mein lyeures Wein, meine
Susanne," flüsterte der Leidende, ich
bin so glücklich!. . . . Ja, Du haft recht,
die Liebe ist stärker als der Tod!. . . .
Dank Dir werde ich leben."
Mit geschlossenen Augen an der
Schulter des jungen Mädchens lehnend,
glaubte er zweifellos fein Weib im Arm
zu halten und war jetzt vollkommen
ruhig. Er fühlte unter seinem Ohr ein
Frauellherz schlagen.
Der Doktor beobachtete ihn gespannt,
in ftummer Bewegung. Dann wandte
er sich zu Mr. de Villeroy:
Es geht zu Ende." '
Der Verwundete schien zu entfchlum
mern.
Susanne meine theure Su
sänne!" klang eS noch einmal leise,
ganz leise.
Und er zog den Kops des lungen
Mädchens, das durch kein Wort, keine
Bewegung den glücklichen Wahn des
Sterbenden zu stören wagte, näher
an sich. .
Und dann wie ein Hauch: Meine
Susanne, gieb mir Deine Lippen!
gieb mir einen Kuß."
Die Zuschauer die er o ergreifenden
Scene sahen plötzlich tiefes Roth in die
Wangen des jungen Mädchens steigen.
Aber die Trösterin war entschlossen.
ihrer Rolle bis zu Ende treu zu bleiben, 1
und widerstand dem leidenschastlichen
Drängen nicht. Kaum ein leichtes Er
beben Tann drückte sie. nieder
kniend, leise und fromm ihre Lippen
auf die des Verwundeten.
Als sie sich emporrichtete, eilte der
Arzt zum Lager. .
Der Kopf (George Laincels war hin
tenüder gesunken, die Arme hingen
schlaff hernieder, und als der Doktor
ihm die Hand auf'S Herz gelegt, hatte
dieses aufgehört zu schlagen.
Ader das Lächeln, da, um feine Lip
pen schwebte, der über sein Antlitz auS
aeaossene heilige Friede zeugten von
dem Glücke, welches er empfunden, als
er feine letzten Seufzer in einem Kuß
verhauchte.
3.
Diesen Kuß sollte Heloise nie mehr
vergessen. Unablässig stand ihr der
schöne Kopf deS sterbenden Offiziers
vor Augen, fühlte sie den zärtlichen
Druck seines Armes, immer noch
empfanden ihre Lippen daS sanfte
Brennen der gegebenen und empfange
nen Liebkosung.
Die entseelte Hülle George de Lain
cels war auf dem kleinen Kirchhofe von
Pierchamp, dem Nachbardorfe, beige
setzt worden. Ein Kranz bezeichnete die
Stelle.
Mit unermüdlicher Sorgfalt schmückte
Heloise das Grad allabendlich mit
frischen Blumen. '
Der Krieg war zu Ende. Eines Tages
erhielt Madame de Villeroy einen Brief
von Susanne de Laincel. die nun
erst die Beerdigungsftätte ihres Gatten
in Erfahrung gebracht hatte. Sie
dankte Madame Villeroy in herzlichen
Worten für alle Güte, die ihrem Georg
in seinen letzten Augenblicken zu Theil
geworden, und meldete ihre Ankunft,
um die Ueberführung der Leiche nach
dem Erbbegräbniß der Familie anzu
ordnen.
Eines Abends weilte Heloise ioie ge
wöhnlich am Grabe des Leutnants.
Beschäftigt, die welken Blumen durch
frische zu ersetzen, gewahrte Heloise
nicht, daß eine Dame in tiefer Trauer,
in Begleitung des TodtengräberS, den
kleinen Kirchhof betreten hatte.
Trotz ihres bitteren Schmerzes konnte
die Fremde beim Anblick des jungen
Mädchens am Grabe ihre Ueberraschung
nicht vergeben. ,
Sie kannten ihn, der hier ruht?"
fragte sie, nähertretend.
Ich habe ihm nur in der Stunde
seines Todes gesehen," versetzte Heloise
mit ernster Würde, aber die Umstände
waren derart, daß ich gewissermaßen
seine Wittwe geworden bin."
Ach, ich verstehe. Sie sind das edle
junge Mädchen, von dessen Aufopferung
am Sterbelager meines George ich durch
Madame de Villeroy gehört habe
Mein Fräulein, erlauben Sie mir, Sie
zu umarmen. Ich will mir den Kuß
holen, den mein Gatte Ihnen für mich
gegeben hat."
Und die beiden Frauen schlösse ein
ander innig in die Arme, drückten Lippe
auf Lippe und weinten miteinander.
Der Sechszehnender.
Humores? von Max Hirsch selb.
Zum Walde gehört ein Jäger, und
wenn der Jäger jung ist, gehört zu ihm
ein hübsches Mädchen, und wenn die
beiden, die Arme um einander gefchlun
gen, den umgrünten Pfad hinunter
wandeln, so ist das eine Freude für den
ganzen Wald.
DaS dachte auch der alte Förster Lös
sei, als er, durch den Wald schreitend,
in einiger Entfernung seine Tochter
Jenny in der angedeuteten Stellung
mit dem Forstgehilfen Karl Lauf lang
fam dahinwandeln sah. Trotzdem fuhr
er mit einem Donnerwetter dazwischen,
dem man es aber anhörte, daß es nicht
böse gemeint sei, um so mehr, als Karl
Lauf garnicht sein Untergebener war,
sondern beinahe ebenfalls ein selbststän
dlger Förster.
Wenige Worte genügen zur Ertlä
rung. Der städtische Wald des Ortes
Baumberg und königliche Forst lagen
neben einander. Der alte Löffel war
königlicher Förster. Karl Lauf war
trüberer toesiiure und letztster Stellver
treter des verstorbenen städtischen För
sters. Die Gemeinde Baumberg sollte
in nächster Zeit entscheiden, ob Karl
Laus endgültig die Stelle feines früheren
Vorgesetzten erhalten solle.
Müßt Ihr denn immer bei einan
der stecken? fuhr der Förster das junge
Paar an. Ihr lyut a völlig so, als
ob eure Verlobung eine ausgemachte
Sache sei und nicht, wie ich euch wie
derholt gesagt habe, von der Anstellung
abhinge."
Dazu sind jetzt freilich trübe Aus
sichten," grollte Karl, und weshalb
sollen wir unsere Jugend vertrauern,
weil eS dem dämlichen Bürgermeister
von Baumburg beliebt, seinem Verbum
melten Neffen die Stellung zu verschaf
fen, der von Forftsachen keine Ahnung
hat und einen Ochsen auf drei Schritte
fehlt."
Gegen Unglück kann der Mensch
nicht aufkommen," erwiderte der För
fter achsclzuckend. Du gehst jetzt zu
Muttern, Jenny ohne Widerrede!"
Dem geliebten einen Abschiedsblick
zuwerfend, entfernte sich das junge
Mädchen.
Und wir beide," wandte sich der
Alte an Karl, wollen unseren Kummer
im goldenen Schwan" begicßen."
Die Züge des jungen Mannes erhell
ten sich ein wenig, denn im goldenen
Schwan" gab eS ein gutes Bier, das
e:n richiiaer ,,ormann nie veraltet
Außerdem tröstete es ihn. daß der als
Schwiegervater Ersehnte ihn so auf
gleichem Fuße behandelte.
Im goldenen Schwan" befanden
sich der Bürgermeister, sein Adjutant,
ein früherer Aktuar, der ihm unter dem
Titel eines Adjunkten die schriftlichen
Geschäfte führte, der Apotheker Löffel,
ein Vetter de Försters und mehrere
Gemeinderäthe.
Der Bürgermeister der sich als groß
ßer Nimrod aufspielte und unerschöpf
lich im Erzählen von Jagdlügen war.
ließ sich in seiner gerade begonnenen
Erzählung durch die Eintretenden nicht
unterbrechen. Die neuen Gäste nahmen
ruhig Platz.
Da hörte ich plötzlich ein der
dächtigeS Knacken im Unterholz, ich
reiße die Flinte an die Backe, aber nichts
rührt sich. Nun. meine Herren, werde
ich ärgerlich. Ich stand unter der ein
lnen alten Weide am Graben. Sie
wissen, gerade an der Grenze deS kö
niglichen Forste?. To oft ich unter der
alten Weide stand, habe ich noch nie
einen Schuß verfehlt. Das ist die reine
Wahrheit, kein Aberglaube. Sie kön
nen sich meinen Acrger denken, daß mir.
wie verhext, nicht daS geringste Stück
Wild vor den Schutz kommen wollte.
Voller Wuth ergreife ich meinen alten
Kuhfuß, halte ihn mit einem gestreckten
Arm und drücke aufs Gerathewohl in
die dunkle Schauung hinein. In dem
selben Augenblick, in welchem der Schuß
kracht, wechselt ein starker Hirsch, ein
Sechzehnender, schnell wie der Wind
über eine lichte Stelle der Schonung
und meine Herren, ich setze nieinen
Kopf zum Pfande mit einer sol
chen Schnelligkeit, daß er in meinen
Schuß hineinspringt, sich einmal über
schlägt und dann regungslos liegen
bleibt."
Sapperment! Ein starkes Stück!
So etwas kann auch nur unserem
Bürgermeister passiren!"
Dem Bürgermeister schwoll bei diesen
Ausrufen der Kamm, er sah sich als
den Helden des Tages und wollte sei
nen Erfolg noch wo möglich in eine
bengalische' Beleuchtung rücken.
Ja, meine Herren, was ist denn da
zu wundern? Ich habe mehr als ein
mal solche Kerle zur Strecke gebracht,
wenn auch nicht immer einen Sechzehn
ender.
Auf dem städtischen Revier?" fragte
Förster Löffel lächelnd, nachdem er
Karl Lauf einen Wink gegeben hatte,
er möge sich auf einige Zeit aus der
Wirthsstube entfernen. Der junge
Forstgehilfe gehorchte fogleich und der
Apotheker Löffel folgte ihm auf dem
Fuße.
Natürlich auf städtischem Revier,"
versicherte der Bürgermeister, ich werde
doch nicht auf fremden Revieren wil
dern."
Sind Sie bereit, zu beschwören,
daß Sie viele Hirsche auf Ihrem Revier
geschossen haben?" fragte mit ernster
Miene der alte Löffel.
Natürlich! Müller!" wandte er sich
an seinen Adjunkten, Sie waren doch
auch dabei"
Was der Herr Bürgermeister be
schwören kann, beschwöre ich auch," ent
gegnete dieser diensteifrig.
Herr Bürgermeister," fuhr Löffel
fort. Sie scheinen sich nicht dessen be
wußt zu sein, daß Sie sich mit Ihren
jetzigen Mittheilungen thatsächlich einer
Anklage wegen Wildern ausgesetzt ha
den. Bitte, lächeln Sie nicht, ich will
es Ihnen gleich beweisen. Fünf Mei
len im Umkreis befindet sich kein anderer
Forst, als der Baumberger und der kö
nigliche. In beiden Forsten hat es seit
langer Zeit keinen Hirsch gegeben. Erst
vor zehn Jahren begann die Hirschzucht
im königlichen Forst. Das müssen Sie
sehr gut wissen, Sie haben also lönig
liches Eigenthum niedergeschossen und
sich nach eigenem Geständniß in wieder
holten Fällen der Wilddieberei schuldig
gemacht. Es ist meine Pflicht als könig
licher Förster "
Aber so seien Sie doch still," unter-
brach ihn der Bürgermeister, der merk
lich erblaßt war, wer sagt Ihnen denn,
daß es im Baumberger Forst keine Hir
fche gegeben hat?"
Meine Herren," wandte sich der För
ster an die umsitzenden Mitglieder des
Gemeinde-Rathes, können Sie. diese
Frage bezahen?"
Ich habe noch leinen Hirsch in un
serem Forst gesehen,'" sagte der eine,
aber da ich selbst nicht Jäger bin "
Ich habe noch niemals einen Hirsch
geschossen," fiel ein anderer ein, aber
es ist immerhin möglich"
Erledigen wir die Sache kurz," rief
der Förster, befindet sich jemand unter
den Anwesenden, der jemals im Baum
berger Forst einen Hirsch gesehen hat?"
Niemand rührte sich. Die Gemeinde
räthe gönnten dem Bürgermeister gerne
die Blamage.
Nun also," fuhr der Förster fort.
Halten wir noch dazu das eigene Ge
ftändniß deS Bürgermeisters, daß er
seinen Stand unter der alten Weide
an der Grenze des königlichen Forstes
hatte, so liegt der Wildfrevel klar zu
Tage."
Halt." wehrte sich der Bürgermei
ster, so leicht ergebe ich mich nicht.
Wenn unser alter Förster noch lebte, so
würde er bezeugen, daß wir in unserem
Revier ein paar ansehnliche Hirschfami
lien hatten."
Aber der lebt doch nicht mehr", warf
Löffel ein.
Er nicht, aber sein langjähriger
Gehilfe." rief der Bürgermeistcr. wo
ist Herr Lauf?"
Er befindet sich im Nebenzimmer,"
sagte der Wirtd. ich werve ihn
gleich"
Lassen Sie nur. ich rufe ihn selbst."
Im Nebenzimmer befand sich Karl
Laus mit dem Apotheker, welcher dem
Forftgehilfen den Plan auseinander
setzte, den der alte Förster entworfen
hatte.
.Mein lieber Freund." flüsterte der
Apotheker dem Bürgermeister lnZ Ohr,
nachdem er ihm bis zur Thüre entge
gengegangen war. wir haben hier
drinnen alles gehört. Sie werden de
greifen, daß die Aussagen deS Forstge
Hilfen Ihr Amt. Ihre bürgerliche Ebre
und Ihre Jagdehre abhängt. Wir
Gemeinderäthe fühlen unS mit dem
Bürgermeister solidarisch und wollen
das Unglück in jedein Fall von ihm ad
wenden."
Aber waS können wir thun?" ftü
fterte der Bürgermeister ängstlich zurück.
Sie müssen so thun, als hätten Sie
nur harmlose Jagdprahlereien aufge
tischt"
Nein, nein, ich würde es nicht, über
leben, mich so vor dem alten Löffel und
dem anderen zu blamiren. Bleibt denn
kein anderer Ausweg?"
Nur noch einer. Wir müssen den
Forstgchllfen bestechen, damit er aus
sagt, eS wären stets Hirsche. im Baum
berger Forst gewesen." k -:5
Wieviel müßte man ihm denn etwa
geben."
Geld? DaS würde er auf keinen
Fall annehmen. Sie müßten ihm die
Ernennung zum städtischen Förster der
sprechen."
DaS ist ein bischen viel," sagte der
Bürgermeister und setzte nach einigem
Zögern hinzu: Ich weiß nicht, wie ich
ihm die Sache beibringen könnte."
Lassen Sie mich nur machen."
Der Apotheker schritt auf den Forst
gehilfen zu.
Mein lieber Herr Lauf, dem Herrn
Bürgermeister ist sehr viel daran gele
gen, daß Sie vor der ganzen Gesell
fchaft erklären, im Baumberger Forst
hätten sich schon seit langer Zeit Hirsche
befunden."
Aber wie kann ich denn" begann
der Forftgehilfe achselzuckend.
Halt," schnitt ihm der Apotheker
das Wort ab, der Herr Bürgermeister
verspricht Ihnen, daß Sie in dem Au
genblicke, in welchem Sie die gewünschte
Erklärung abgeben, als angestellter
städtischer Förster sprechen."
Nach scheinbarem Kampfe mit sich
selbst gab der Forstgehilfe nach, alle
drei traten in das andere Zimmer zu
rück. Die Erklärung wurde abgege
den und von den Gemeinderäthen mit
scheinbarer Befriedigung, vom Förster
mit Zerknirschung vernommen.
Meine Herren," fügte der Apothe
ker hinzu, um das Eisen nicht erkalten
zu lassen, das Zeugniß des Herrn
Förster Lauf ift für uns von größtem
Gewicht, ich sage, des Herrn Förster,
denn der Herr Bürgermeister hat sich
seinerseits entschlossen, den bisherigen
Forftgehilfen in Anbetracht der an den
Tag gelegten Revierkenntniß zum städti
schen Förster zu ernennen. Wenn die
anwesenden Herren Gemeinderäthe, die
ja die Mehrheit bilden, derselben An
sicht sind, so dürfen wir wohl die Er
Nennung als vollzogen betrachten."
Die allgemeine Zustimmung blieb
nicht aus. Man beglückwünschte zuerst
den neuen Förster und dann den Bür
germeister ' wegen seines weisen Be
fchlusses. Als man den Ersteren aber
hoch leben lassen wollte, war er der
schwunden. Lassen wir ihn," sagte der alte
Förster Löffel, er wird wohl ein
Wörtchen mit meiner Jenny zu reden
haben."
Das Hoch wurde dann auf den Ab
wesenden ausgebracht. ,
Krisch Eier.
Dame: Sind die Eier frisch?"
Händler: Jawohl, Madame!"
Dame: Wissen Sie das auch ge-
nau?"
Händler: Ganz genau!"
Dame: Wenn Sie es nämlich nicht
genau wissen, dann kaufe ich keine!"
Händler: Aber, Madame, wenn sie
nicht frisch wären, dann würde ich es
doch nicht sagen!"
Dame: Neulich waren nämlich auch
drei schlechte darunter."
Händler: Na, diesmal werden Sie
aber keine schlechten finden."
Dame: Sie meinen also ganz be
stimmt, daß die Eier frisch sind?"
Händler: Jawohl!"
Dame: Sie nehmen die schlechten
zurück, wenn ich wieder welche vorfinde
und Ihnen dieselben dann zurück-
bringe?"
Händler: Nein, Madame, das thue
ich nicht. Ich hätte dafür garantirt,
daß sie frisch find, als sie 'reinkamen.
aber inzwischen sind sie ja schon alt ge
worden. Sie können doch nicht der
langen, daß die Eier ewig frisch
bleiben.
Die Dame verläßt wüthend das
Lokal.
Familienleben.
Mutter: Oscar, schäme Dich, Dein
Schwesterchen zu schlagen!"
Oscar: Wenn ich den vorlauten
Balg nicht bestrafen darf, dann pfeife
ich auf das ganze Familienleben."
Das Leben ist wie der Husten; wenn
er uns am lästigsten ift, hört er noch
lange nicht auf.
VitlMen
Ich bitte um die Hgr.d Jdrer
Tocdter!"
Kennen Sie denn meine Tochler?"
Ach nein, aber ich weiß, daß Sie
der reiche Herr Steinduber sind!"
Iröslliche Aufsicht.
Lude (zu Ede beim Antritt einer
I.'.jührizen Zuchthausstrafe): .Na. laß
man jut sind, Ede. wenn Du frei bist,
legen wir ooch 'n Achte! uff!"
Abgekürzt vnfhren.
A: Sie find ja jetzt Stammgast der
spanischen Weinstube?"
B: Ja. dcr Arzt hat mir sech,
Wochen Madeira verordnet."
weit zurück.
Freundin: Scheint auch eine recht
dumme GanS zu sein. Ihr neue?
Dienstmädchen?"
Hausfrau: .Na. ich sage Ihnen, wo
die herkam, da kannte sie nicht 'mal
einen Gerichtsvollzieher!"
3 m Lifer.
Geheimpolizist: Ihr Verdacht gegen
Ihren Kassirer ist nicht gerechtfertigt,
er lebt bescheiden und anständig "
Ehef: Herr, von dem Gehalt, foeU
ches ich ihm gebe, kann er aber absolut
nicht anständig leben!"
Seine Ansicht.
Baumeister: Befehlen Durchlaucht,
daß daS neue BlindenhauS mit großen
oder kleinen Fenstern versehen werde?"
Durchlaucht: Fenster? Wozu Fen
ster für die Blinden?"
Nie verlegen.
Stammgast (nach Erzählung einer
unglaublichen Geschichte): Aber, Herr
Oberförster, 's vorige Mal erzählten
Sie 's ganz anders!"
Oberförster: Ist mir halt zweimal
passirt!"
Grob.
21: Warum singt denn daS alte
Fräulein in jeder Gesellschaft: Mein
Liebster ist der Mann im Mond"?"
B: Weil der nicht herunterkommen
und dagegen sich erwehren kann."
NIodern.
Gauner (zum Anderen): .Du. näck
stens feiert dcr Willem sein fünfund
zwanzigjähriges Jubiläum als Ein
brecher. da könnten wir ihm eigentlich
alle zusammen einen silbernen Dietrich
schenken."
Mißverständniß.
Sie sollten sich doch nicht so über
großem Schmerze über den Verlust
Ihres Gatten hingeben ich weiß,
Sie verloren viel an ihm "
Ach Gott. ja. die halbe Pension!"
Protest
Frau (zu dem heimkehrenden Mann):
(miAxm fe! ITC rT.. -sl
.wiuuu iulcuci uict llul . . . . aii nifirii
natürlich der letzte im Wirthshaus!"
Mann: Bitte ebr, ich bin sogar
voranaeaanaen. wie uns der Mirtk
herausgelassen hat!"
Naive Frage. '
Märcken: Vava. ist denn fpfat mirs
lich der Sklavenhandel aufgehoben,
wie Du neulich erst sagtest?
Vava: ..?!a. oewik. Märcken! Sp-
halb zweifelst Du."
Maxchen: Nun, ich las doch heut'
erst in der Zeituna: ..Ein Sekretär
billig zu verkaufen."
proteft.
A: .Eigentlich eine sckcine Erkinknn
mit diesen Klappftühlen; wer kannte
das früher Stühle zusammenzuschla
gen!"
B: Was? Warum nickt aar! Mein
Vater selig hat mir oft erzählt, daß sie
früher in seiner Jugend beim Raufen
baden die Stüble wiammenaesckl?
daß die Fetzen geflogen sind!"
&n kotteriesviei.
Patient (beim Dorfbarbier): Na,
hören Sie mal, drei Mal haben Sie
nun schon angesetzt, und immer sitzt der
Zahn noch fest. DaS kann ja kein
Mensch aushalten!"
Dorfbarbier: Haben Sie nur noch
etwas Geduld. Jetzt, bei der letzten
Ziehung muß er ja herauskommen!"
Umschwung.
A: Gehen Sie heute mit zu Mül
ler's Abendgesellschaft?"
B: Nein, mich bringen keine zehn
Pferde von hier weg."
A: Fräulein Huber ift auch dort,
wie mir im Vertrauen mitgetheilt
wurde."
B: .Wie. meine Anaebetcte?
gehe mit."
A: Hm, wag also zehn Pferde nicht
vermochten, das bringt jetzt ein
Gänschen fertig!"
Der erste Gedanke.
A: Wäre es nicht reizend, wenn wir
alle Flugmaschinen hätten?"
B: Das weiß ich nicht; unsere
Gläubiger hätten doch dann auch
welche!"
Für alle Me,
Freundin: Liebe Ella, mein Tisch
Herr ist Amerikaner und kann nicht gut
Deutsch. Wie sagt man denn auf
Englisch: Bitte, sprechen Sie mit mci
ner Mama!?"
Viel begehren heißt viel entbehren.
i