Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 18, 1900, Image 12

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    Litt.' $abü mit Illuster Iftziiln
Si-jsii4)t Reise äilxiuiucr vo (i. i
ES war bitterkalt, IdblMur uns
Ostpreußen, die wir doch schon ein
gutes Stück Äülte vertragen. Aus
Polen sollten wieder einmal Wölfe
über die Grenze gekommen sein und
Maturen unsicher machen. So war das
iesprSch auf Wolfsadenteuer gekom.
me. Eden Halle mein Gegenüber die
Geschichte eines rul i chen jungen Man
neS erzählt, der mit schwarzem Haar
seine Heimath verließ und nach wenigen
Tagen mit schneeweißem Haar wieder
kam; er hatte Schreckliche inzwischen
erlebt. Von einem ganzen Rudel Wölfe
angefallen, halten er und sein Kutscher
schließlich, die Pferde den hungrigen
Bestien preisgebend, sich unter den um
gestürzten Schlitten gerettet und mit
Mühe und Noth die wüthenden Wölfe
so lange von sich abgewehrt, bis ihnen
zusüllia desselben Weges kommende
Bostschlitten. deren Passagiere gut bt
waffnet waren, zu Hilfe kamen und sie
aus ihrer entsetzlichen Lage befreiten.
.Ich kann mich in eine solche Lage
sehr gut hineinversetzen, meine Herren
nahm mein Nachbar zur Rechten das
Wort, denn ich selbst habe mich einma!
nur durch meine Geistesgegenwart und
die Kraft meiner Fäuste davor bewah
ren können, von einem Wolfe zerfleischt
zu werden, der schon halb in meinen
Schlitten gesprungen war." Ter so
sprach, war ein großer, kräftiger Mann
mit energischen Gesichtszügcn. ein Inge
nicur, der erst kürzlich von Kasan hier-
her gekommen war. Auf unsere Bitten
begann er zu erzählen:
Es war ein sehr strenger Winter:
die Temperatur schwankte wochenlang
zwischen 20 und 40 Grad Reaumur,
Ich war in Kasan in einem Bureau be
schaftigt und wollte eines Abends gerade
die warmen Geschäftsräume verlassen,
da bekam ich die Ordre am nächsten
Morgen nach dem etwa 250 Kilometer
weiter nördlich gelegenen llrskum im
Gouvernement Wiatka zu fahren, um
dort über den Ban eineö industriellen
Werkes zu unterhandeln. Seit 15
Jahren hatte ich in Rußland viele ahn
liche Fahrten gemacht und war daher
mit den Relieverhältniiien genugend
vertraut. Rasch entschloß ich mich, noch
an demselben Abend abzufahren, um
schneller vorwärts zu kommen; denn in
der Nacht wird wenig gefahren, und
man hat dann nur selten einem anderen
Gefährt auszuweichen, was namentlich
im Winter mit längerem Aufenthalt
und großem Kraftaufwand für die
Pferde verbunden ist, da die Geleise
für eine Schlittenspur eingefahren sind
und rechts und links vom Geleise der
Schnee lose liegt, so daß bei einem Ab
biegen vom Geleise die Pferde bis an
den Bauch im Schnee versinken.
Kurz entschlössen bestellte ich mir also
gleich auf dem Wege nach meiner Woh
nung eine Troika (Dreigespann). Mein
Jamschtschik (Fuhrmann) gehörte einer
Wolni Poscht" an. so nennt man in
Rußland freie aus Bauern bestehende
Postgesellschaften, mit denen man btlli
ger und besser reist, als mit der kaisev
lichen Post.
Mein Gefährt behielt ich für die ganze
Reise, es war ein hoher Kastenschlitten
mit tiefen Seltenausschnlttcn zum Ein
und Aussteigen, und starken Stütz-
spreizen, die vorn am Kutscherdoa be
festigt waren und am Hinteren Ende.
über eine Elle weit vom Schlittenkasten
abstehend, von einer Querstange getra
gen wurden. Diese Stützspreizen, die
auf meiner Fahrt noch eine wichtige
Rolle spielen sollten, verhindern das
Umschlagen des schmalspurigen Schlit-
tens.
Wohlverpackt saß ich bald im Schlit
ten. Mit meinen gewöhnlichen Stiefeln
ftak ich in langen weichen Filzstiefeln;
Jltispilz und darüber ein großer Wasch
bärreisepelz. ferner eine warme Pelz
mütze vervollständigten mein Reise
koftüm. Außerdem nestelte ich mich be
quem in Kiffen und wollene Decken ein:
zum Ueberfluß packte mein Roffelenker
noch meine Beine gehörig in Heu ein,
dann warf auch er seinen Tulup (gro
ßen Schafspelz) über und setzte sich auf
den Bock, sofort die übliche Unterhal-
tung mit den Pferden beginnend. ,,Nu
rebjata! nie daloko!" (Nun, Kin
der, es ist ja nicht mehr weit!") "Xu,
nu! barin na tschai dass." (Nun,
nun! Der Herr giebt was für Thee!"),
mit solchen und ähnlichen Zurufen,
bald tadelnd und drohend, bald lobend
und anfeuernd. In sausender Ge
fchwindigkeit flog der Schlitten dabin,
bergauf, bergab, durch Dörfer, über
Brücken und Eisflächen.
Mehrere Stationen waren schon vor
über. Ueber mir der in voller Pracht
glitzernde Sternenhimmel, den ich nur
durch einen schmalen Ausguck aus mei
ner Pelzumhüllung sehen konnte. Der
Mond war inzwischen aufgegangen und
verbreitete fast Tageshelle um uns
gerade zu rechter Zeit.
Die Straße, auf der wir nun fuhren,
war der große Hauptweg zwischen Kasan
und Wiatka, einige hundert Schritte
breit in Rußland eine Seltenheit
und auf beiden Seiten durch mächtige
Waldungen begrenzt. Die Geleise
liefen an jeder Seite am Waldesrand
entlang.
Plötzlich lenkt mein Tartar die Pferde
vom rechten Geleise durch den tiefen
Schnee nach links ab, so daß sie nnr
mühsam im Schritt vorwärts kommen.
Höre. Freund! Weshalb bleibst Du
denn nicht auf dem Wege rechts?"
Herr, eine Strecke weiter liegt aus.
den: rechte:! Geleite ein izöles Pferd.
und da finden sich in der Nacht oft
Wöl'e ein. Bei dem starken Frost und
tiefen -ch:: sind sie Hungrig; Hasen
finden sie nicht, die vergrabe:: sich im
Sch::ee."
So, so, Freundcheiil Ta muß ich
wohl mein Schieneug bereit halten?
Nein, mein Herr! Nicht schießen
Selbst wenn Sie einen Wolf nieder
strecken, bekommen wir durch den Schuß
die andern auf den Hals.
Mittlerweile hatten wir das linke
Geleise auf der anderen Seite des Weges
erreicht, und in flottem Trabe ging's
wieder weiter.
Nach einiger Zeit winkt der Tatar mit
der Peitsche nach rechts hinüber. .Sehn
Sie. Herr, dort den dunklen Fleck? Das
ist das gefallene Pserd und ja
sehen Sie zwei Wölfe sind dabei. Nur
nicht schießen. Herr!"
Obgleich ich gern geschossen hätte
ich hatte zwei große Revolver und eine
vorzügliche Tscherkessenbüchse, scharf ge
laden, bei mir war mjrs wiederum
ganz lieb, mich nicht aus meiner war
men Umhüllung herauszuwickelu. So
fuhren wir flott auf etwa 200 Schritte
an der Gruppe vorbei. Die Bestien
sahen uns eine Weile neugierig nach,
um sich dann wieder ihrer Beschäftigung
zuzuwenden.
'Tot ras nitchewo, bar in!"
(Diesmal war's nichts, Herr) sagte der
Fuhrmann, sichtlich beruhigt.
Ader dann gab's mit einem Mal ei
nen scharfen Ruck, und die Pferde jag
ten mit angelegten Ohren in rasendem
Galopp davon. Ich richte mich auf und
sehe mich um ein riefiger Wolf in ge
streckte, Lauf hinter uns!
Das Schießzeug aus dem tiefen Heu
unterm Sitz hervorzuholen, war's nun
zu spät; da sehe ich den grauen Bur
ichen auch schon links neben mir an dem
niederen Ausschnitt des Schlittens. Im
selben Augenblick machte er einen
Sprung und schlug mit den Vorder
tatzen auf die niedrige Stelle der Schift
tenwand aber auch eben so schnell war
er meinem Blia entschwunden die
ausgelegte Seitenftrebe hatte ihn abge
stoßen.
Der Tatar schrie unaufhörlich im
höchsten Diskant und machte jetzt auch
von der Knute Gebrauch, um die Pferde
zur rasendsten Eile anzufeuern. Trotz
des gewaltigen Getöses, das der Tatar,
die Pferde, die Glocken, das Aechzen
und Kreischen des Schlittens verursach
ten. hörte ich doch bald wieder das
Schnaufen des unkindlichen Raub-
thieres an meiner Seite. Dies
mal schien er es auf die Pserde abgesehen
zu haben; vor dem energischen Hinten
ausschlagen des galoppirenden Seiten
Pferdes zuckte er aber doch einige Male
zurück. Da, ein mächtiger Seiten
sprung, und er ist mit beiden Vorder
tatzen im Schlitten. Im selben Tlo
ment greife ich mit der linken Hand
nach seinem Genick und drücke ihm den
Kopf mit aller Kraft herunter. Schnell
habe ich auch schon mit der rechten Hand
nachgesakt und drücke nun mit beiden
Händen den Hals meines unheimlichen
Gastes so fest auf die scharfe Schlitten
kante, daß die Bestie laut aufkreischt,
bald seine Zunge zum Rachen heraus
hängt und die stieren Augen roth unter
laufen. Machtlos liegt der riesige Leib
auf der Seitenstrebe des Schlittens wie
reitend, die Hinterläufe schleifen am
Boden nach, so daß der Wolf keinen
festen Halt hat und von seiner Riesen
kraft nicht Gebrauch machen kann. So
geht die tolle Fahrt weiter, fast Kopf
an Kopf mit der Bestie, deren heißer
Athem mein iGesicht streift.
Jetzt erst sah sich der Tartar um, er
kannte sofort die Situation und sagte
scheinbar ruhig: Aha, Herr! Haben
Sie ihn gut? Werden Sie ihn auch
halten können?
'Ja, ja, so leicht lasse ich ihn nicht
los; wenn meine Hände nur nicht er
frieren!"
Herr, Herr! Es ist nicht mehr weit
bis zur Station! Der Wolf wird Ihre
Hände schon so lange erwärmen! Aber
halten Sie ihn nur fest, denn wenn er
jetzt freikommt, gibts ein Unglück.
Nur festhalten. Herr!"
Und ich hielt fest; in rasender Eile
flog der Schlitten dahin, Freund Jse
grim röchelte da plötzlich Hunde-
geheul Isegrim zuckt, macht verzwei
feite Anstrengungen, noch kann ich in
meiner Stellung nicht erkennen, was
geschieht, da eine Wendung des
Schlittens und wir fahren in den
Bauernhof die Station! Ringsum
Hundegeheul und Menschenrufe.
Jetzt Herr, noch einen Augenblick
festhalten!"
Der Schlitten steht. Die Pferde
zittern und stoßen schreckliche Laute aus,
wie sie es nur thun, wenn sie ein ge
fährliches Raubthier wittern, ein eigen
thümlicheS, langgezogenes Aechzen, dazu
das Hundegeheul, die Menschenstim
men. Da ist auch schon der Tatar
vom Schlitten herunter, hat die Leine
gelöst, dem Wolf eine Schlinge fest um
den Hinterleib gelegt und das andere
Ende der straff angezogenen Leine an
einer hinter dem chliiten befindlichen
Säule des offenen Viehstalles befestigt.
Dann ist er auch schon wieder auf dem
Bock und läßt die Pferde anziehen.
Dadurch wird dem Wolfe der Schlitten
unter dem Leib und mir mein Schutz
befohlener aus den Händen gerissen.
Bald ist er auf den Beinen; zugleich
stellt sich bei ihm als Nachwirkung der
Strangulation ein heftiger Husten ein.
der den ganzen Körper erschüttert.
So, Herr. letzt steigen sie aus und
sehen Sie sich den Burschen an! Wie l
besonders
großes Thier! Ei, ei. Herr! Das wa
eine Leistung!"
niwlichen war eine dienet Leu:
zum Vorschein gekommen, Männer und
Weiber, alles Tataren, mit Knüppeln,
Heugabeln und dergleichen bewaffnet,
um auf die jetzt zitternde Bestie loszu
Ichlagen.
New! Auf die Schnauze!" rief da
mein Fuhrmann, damit Kopf und Fell
geschont würden. Die Hunde mußten
mit gewalt zurückgehalten werden. I
wartete das Ende der Tragödie nicht
ab, sondern ging ins Haus, um mich
zu stärken. Als ich abfuhr, sah ich ge
rade noch, wie mein erbitterter Gegner
ausgeschlachtet wurde. Auf der Rück
reife nahm ich das Wolfsfell mit Kop
n Empfang.
"a es Ichon ipat geworden war,
trennte sich unsere kleine Gesellschaft
Als ich in der nächsten Zeit den In
genieur besuchte, zeigte er mir neben
vielen anderen Andenken aus fernen
Landern auch ein rießiges Wolfsfell,
oas mil yerunreruangenoem, wohl er
haltenem Kopf und von Waffen umge
den eine Wand des Arbeitszimmers
schmückte. Auf die Erzählung seines
Abenteuers anspielend, sagte er dann
"Tolko dirshitzi, barin! Nur fest
Halten, Herr!
Seine Geige.
Noveletle von Paul b'Jlreue.
Signor Francati!
Der Name des berühmten Virtuosen
stand an allen Anschlagsäulen der
Stadt, und der alte Gomez. der lana
sam auf seinem Geschäftsmeg durch die
Straßen ging, konnte nicht umhin, ihn
zu lesen. Zwei oder dreimal blieb er
stehen, um wie geistesabwesend auf die
großen Plakate zu schauen, die das Auf
treten des großen Künstlers verkünde
ten. ' So viel Gutes wie über Francati
wurde letzt auch über seinen Sohn ge
schrieben werden. Der Name Gomez
wiirve in dem hellen Glänze strahlen
Aber das war ja vorbei!
Gomez betrieb einen Handel mit Al
terthümern und Raritäten, besonders
Musikinstrumenten, wie sie nur der
echte Künstler oder der gewiegte Kunst
renner zu raufen pnegl. Als er zu
Hause angelangt war, sah er bor der
Thür einen Wagen. Bei seinem Ein
tritt in den Laden erhob sich ein äußerst
elegant gekleideter Herr. Ein zwölf
jähriger Junge, der in der Abwesenheit
des Antiquars den Laden zu hüten
pflegte, hatte die Wünsche des Fremden
nicht verstehen können, so hatte sich die-
ser entschlossen, die Rückkehr des Alten
abzuwarten. Er war schon ziemlich un
geduldig geworden.
Herr Gomez. nicht wahr?" redete
er die en letzt rn aebrochenem italie
nisch, gemischt mit Französich. an. mäh
rend er eine Visitenkarte auf den Tisch
legte.
Der alte Mann las und blieb wie er
starrt stehen. Täuschen ihn seine Sinne?
Hatte er recht gelesen? War es wirk
lich der Name, der ihn heute so unab
lässig verfolgte?
Signor Francati!" murmelte er
dumpf, indem er die Karte zwischen den
Fingern drehte.
ocr oin io). tote werben mei
nen Namen schon gehört haben. Ich
habe heute ein Konzert zu geben, befinde
mich jedoch in größter Verlegenheit. In
meiner Verzweiflung bin ich schon über
-ff x r.r.j. f
au naaj rariug herumgelaufen, oa er
fuhr ich, Sie seien im Besitz einer Sßio
une, vie im Jion oer meinen ganz
ähnlich lein soll. Wäre es Ihnen wohl
möglich, und würden sie die Güte ha,
den, mir dielelbe auf einige Stunden
zu leihen? Ich nehme natürlich alle
Ihre Bedingungen hinsichtlich des Prel
scs schon im Voraus an." fügte der be
rühmte Künstler sich höflich verneigend
hinzu.
Gomez zögerte, ein flüchtiges Roth
hechte über seine runzeligen Züge, und
die Augen zogen sich wie in Unwillen
yinier feiner gronen poniönlle zu-
ammen.
Jetzt glättete sich sein Gesicht wieder
und er jagte:
Sie können die Auswahl treffen
Es ,ou micy freuen, ynen menen zn
können.
Dann legte er mehrere Instrumente
auf den Ladentisch.
Francati sah dieselben der Reihe
nach flüchtig an und wandte sich mit
unwillig verächtlicher Geberde ab.
Pah, Herr Gomez," sagte er mit
vorwurfsvollem Ton und fast traun
gem Gesicht, diese Dinge können Sie
einem Dilettanten vorlegen. Einem
Virtuosen wie mir aber " hier hob
sich seine Stimme sollten Sie das
nicht anbiete!"
Dann plötzlich stemmte er beide
Hände fest auf den Tisch, neigte sich
nach vorn und fragte mit eindring
licher, fast herausfordernder Stimme;
.Wo ist die Amati?"
Die die o Herr, die können Sie
nicht bekommen," stammelte der alte
Mann mit zitternden Lippen. Die
Amati gehörte meinem armen Sohne
Niemand darf je -aus ihr spielen."
Die ganze Eitelkeit des gefeierten
Künstlers schien durch diese Worte auf-
gestachelt. Er reckte sich zu seiner vol
len Höhe empor, nahm eine thea
irakische Pose an und sagte mit un
nachahmlichem Stolze und größter
Erregung:
Bedenken Sie, ich bin es Frau
cati der auf ihr spielen will! Wirk
lich, alter Mann, wenn Ihr Sohn ein I
zahm er jetzt ist ! Ein ganz
war, so würde er sich' zur
höchsten Ehre anrechnen, wenn ein
Francati cuf seiner Geige spiel:! Ah.
Herr Gomez, leihen Sie mir die
Amati". ich will auf ihren Saiten
den Geist Ihres SohneS heraufdeschwö
ren, daß Sie ihn in Ihrer Nähe zu
fühlen vermeinen, während ich heute
Abend spiele."
Ach, wenn Sie daZ können Herr
wenn Sie das könnten!" stieß der
alte Mann mit erhobenen Handen und
ganz aufgeregt hervor, während seine
Lippen hcftig zuckten und ein hungriges
Verlangen in seinen Zügen lag.
Ich kann es, ich bin Francati! E
zahlen ie mir von Syrern armen
Jungen. Ist es schon lange her, daß
er Sie verllcfz. Sie und die Amati?
fragte oer remve welch und ein
schmeichelnd.
Ach Gott, es ist viele Jahre her
so sagen wenigstens die Leute. Mir
ist's, als sei es gestern erst gewesen.
Und er spielte die Violine?"
Ja. ja. die Amati! Er hatte Ta
lent, er hauchte seine Seele in die
Töne, der Genius der Musik hatte ih
gelußt! Aber an zenem Abend, wo er
zuerst auftreten sollte, da lief er davo
und fuhr nach Italien zu Garibaldi.
denen Truppen er sich zugesellte. Ich
fluchte ihm beladen mit dem Fluch
seines Vaters zog er fort."
mx alte Mann zitterte an allen
Gliedern und konnte sich kaum aufrecht
erhalten. Da legte sich des (jremdm
schmale weiche Hand besänftigend au
seine Schulter.
Lassen Sie mich durch seine Amati
zu Ihnen sprechen! Ihre? Sohnes Gei
wird Sie in den Tönen der Geige heute
Abend umschweben!"
Durch einen seltsamen, ihm selber
unerklärlichen inneren Zwang ver
anlaßt, gehorchte der alte Mann dem
Fremden.
Herr Gomez," sagte Francati mit
tiefer Verbeugung, während er mit der
kostbaren Geige langsam der Thür zu
schritt, es wird ein auserlesenes Publi
kum heute Abend im Konzert ersehet
nen. Aue die vornehmen Menjchen
haben es nur Ihrer Großmuth zu ver
danken, daß die Vorstellung überhaupt
stattfindet. Bitte, zeigen Sie nur
meine Karte vor, wenn Sie einen guten
Platz haben wollen. Und dann
wenn Sie die Güte haben, nach beende
ter Vorstellung in das Künstlerzimmer
zu kommen, werde ich Ihr Eigenthum
mit meiner unendlichen Dankbarkeit in
jhre Hände zurücklegen.
jjjte wenigen stunden bis zum
Abend brachte der alte Gomez in stiller
Träumerei hin. Als die alte Uhr
sieben schlug, schreckte er empor; es
war Zeit, sich auf den Weg zum Kon
zert zu machen.
An der Kasse zeigte er Francatis
Karte vor und erhielt einen guten Platz
Bald füllte sich der Saal mit einer xo
ßen Menschenmenge, sogar auf der
Gallerte reihte sich dichtgedrängt Kop
an ops. Jetzt trat todten stille ein
dann strich ein Bogen langsam über
die Saiten der Geige. Athemlose
Stille folgte. Alles lauschte. Niemand
beachtete den Alten, der mit geschlossenen
Augen in seinem Sitze lehnte. Er
merkte nicht, daß Pausen im Programm
waren, bis donnernder Applaus den
Saal erdröhnen ließ; aber auch das
begriff er nicht, ihn dünkte die Stimme
der Amati die eines holden Engels und
das Beifallsklatschen als ein Heer böser
Geister, die die Stimme des Engels,
seines todten Sohnes, überschrieen. Den
Geigentönen lauschte er mit Entzücken.
gegen den Applaus hielt er sich beide
Ohren zu.
So träumte er, bis sich eine Hand
auf seine Schulter legte. Erschreckt
fuhr er empor. Der Saal war bereits
ziemlich leer, das Podium vereinsamt
Da fiel ihm plötzlich die Geige seines
todten Sohnes ein und eiligst begab er
sich nach dem Künstlerzimmer.
Dort aber verwehrte man ihm den
Eintritt.
Ich rühre mich nicht vcn der Stelle.
bis ich die Geige meines todten Sohnes
wieder habe," schrie Gomez erregt.
Sehen Sie doch, hier habe ich Iran
catis Karte. Wo ist er? Wo ist Iran
cati? Ich muß ihn sehen?"
Hier bin ich!"
Es war eine unendlich weiche Stimme,
die diese Worte sprach, ganz anders als
die des Fremden, der die Amati geholt
hatte. Und dort im Thürrahmen,
leicht an den Pfosten gelehnt, stand eine
Gestalt, die dem Fremden von heute
Nachmittag nicht glich und die ihm doch
so bekannt vorkam.
Gomez trat näher und blickte wie er
starrt auf den Herrn. Ein Etwas in
den Zügen des alten Mannes und seiner
ganzen Erscheinung srappirte den Vir
tuosen und rührte ihn tief.
Ich weiß nichts von Ihrer Geige,"
begann er wieder mit seiner melodischen
weichen Stimme, aber kommen Sie
nur herein und erzählen Sie mir Ihre
Geschichte."
Aber Siqnor, Sie sind müde und
abgespannt," warf sein Agent ein, und
der alte Mann ist wahnsinnig."
Ja, a," schluchzte Gomez plötzlich
herzbrechend und nahm den Kopf zwi
schen beide Hände, als fürchtete er. ihn
jeden Augenblick zu verlieren; ich bin
wahnsinnig, ich muß wahnsinnig sein!
Ich ließ Francati die Geige meines lie
den Sohnes und nun barmherziger
Gott nun leugnet er es aber nicht
in seiner Stimme sondern in der
LuigiS "
Ta stürzte der Künstler mit zähem
Aufschrei vorwärts, riß Gomez in feine
Musiker
Arme und zog ihn in das Zimmer,
hastig die Thür verschließend.
WaS die beiden in jenen Augenblicken
mit einander gesprochen, ist nur ihnen
selber bekannt. Vater und Sohn hatten
sich jahrelang gegenseitig als todt b(
trauert, nachdem sie einander lange
Zeit vergeblich gesucht und schließlich,
durch falsche Gerüchte getäuscht, trau
rigen Herzens das Suchen aufgegeben
hatten.
Ter Sohn hatte einen andern Namen
angenommen und war unter demielden
zur Berühmtheit gelangt. Ter Vater
war in der Welt umhergewandert, bis
er sich in dem kleinen Städtchen zur
Ruhe fetzte. '
Weder Gomez noch feinem Sohne ist
es je gelungen, die Amati wiederzube
kommen. Sie war und blieb ver
fchwunden mit sammt jenem Abenteu
rer, dessen raffinirter Trick indem er
sich für den Virtuosen ausgab zwar
den Verlust der kostbaren Geige, aber
auch das Wiederfinden von Vater und
Sohn herbeigeführt.
Schlimmes Mibverständniß.
Herr Wurzl schreibt am Stammtische
seiner in der Sommerfrische weilenden
Gattin eine Ansichtskarte; Liebe Lotte!
Gratulire zu Deinem Geburtstage.' Wir
kommen am Sonntag!" Nach moderner
üblicher Gewohnheit läßt er die Karte
von allen seinen Freunden mit unter
schreiben.
In der Sommerfrische bei seiner
Schwägerin angelangt, findet er seine
Frau mit zwei gemietheten Köchinnen
in voller Thätigkeit beim Küchenherde.
Es wird gesotten und gebraten, und
im Garten stehen drei Tische zusammen
gerückt mit zwanzig Gedecken.
Um Himmels willen, was treibst Du
denn? Da wird ja gekocht wie 'in einem
Wirthshause! Du scheinst ganz Kirch
bach eingeladen zn haben k"
WaS fällt Dir ein ich lfabe Nie
mand geladen: Aber wenn ü mi:
zwanzig Personen kommst sieh doch
Deine Karte an zwanzig Unterschrift
ten sind darauf!
verschnappt.
Frau A: Mein Mann hat gar keine
schlechten Gewohnheiten, er trinkt nich
flucht nicht, spielt nicht."
Frau B: Raucht er auch nicht?"
Frau A: O ja, nach einem guten
Enen steckt er sich wohl eine Cigarre an
aber mehr als zwei Cigarren raucht er
nie im Monat
Abgeblitzt.
Student (anspielend) : Lieber Onkel,
ich habe schon lange keinen Fünfziger"
gejehen!"
Onkel: Na, dann steh mal mich an!"
Angenehme Aussicht.
Herr (beim Engagement):
Ein
age ich Ihnen chon heute:
ich bin
manchmal sehr grob!"
Diener: Und erst Ich, gnä Herr
Guter Grund.
.Warum hat sich denn der Obersöv
ter versetzen lassen?"
Hier glaubte ihm Niemand etwa:
mehr!"
Ein freudiges Ereigniß.
Warum seid Ihr denn beute gar so
fidel, Kinder?"
Weil der Herr Lehrer krank ist
worden."
Schui-lLntschuIdigungszettel.
,Jch bescheinige, daß meine Tochter
femma wegen Kopsichmerzen die Welt-
gelchlchte nicht gemacht hat."
L,n echter Range.
Schusterlehrling (den fein alter Mei
er verhaut): Meester, weeß Jott, ick
mutz Ihnen zu Ihrer seltenen Rüstig
keit jratuliren!" '
Neues U?ort.
A: Was hast Tu auf der Stirn
Ein Muttermal?"
B: Es wird doch
kein Schmiegev
Muttermal fein?"
Die Prüfung".
A: Du, ich habe Dich einem ie
eranten gegenüber als Referenz auf
gegeben, Du kennst ja meine Vev
mögenslage."
B: Hm, so ganz genau doch nicht.
waren ÄZu z. B. m der age. mir
ugenblicklich 5 Mark zu leihen?"
Schlimm und schlimmer.
Herr: Fräulein Hulda singt auch
nicht mehr so gut, als vor drei Jahren!"
Fräulein: Ach, es muß schrecklich
fein, wenn eine Sängerin merkt, daß
'ie ihre Stimme verloren!"
Herr: Noch schrecklicher aber, wenn
!ie es nicht merkt!"
Es
giebt Gesellschaften, ir denen
sich damit unterhält, saubere
man
Menschen schwarz zu waschen.'.
Das Kleid fitzt wie angegossen!"
c,gte der Kellner, der eine Sauciere
auf das Kleid einer Dame fallen ließ.
Ich setze Alles durch!" sagte ein
korpulenter Herr, als die Sitzfläche des
tuhles unter ihm barst.
Kleine Geister gleichen einem leeren
Wagen. Je weniger darauf ist, desto
mehr rasselt er.
lnmaeschicki.
Parven'ZgatZin (bei einer Differenz
mit ihrem Gallen): Morift. ich werd'
Dir gleich die Zahne zeigen!"
Er: Laß sie drin!"
Litte pille.
Wirth: .Ich sage Ihnen, mein
Herr, das ist ein Weinchen, da laust
einem das Wasser im Munde zusam
men."
Gast: Gewiß wenn man eZ
trinkt."
Allerdings.
A: Warum malst Tu denn kei
Bild, wenn Tein Geld zu Ende geht,
dort stehen ja zwei Rollen feine Lein
wand?"
B: Das
ist's ja grad', so lang'
nichts d'rauf
ist, kann ich sie noch ver
kaufen."
Zmmn galant.
Adieu. Herr Leutnant, und nun
schlagen Sie sich nur den Gedanken an
mich auS dem Sinn!"
Jeht nicht. Gnädigste, unmöglich,
da ich nur an Schönes und Erhabenes
denken kann!"
Znstruktionsstunde.
Feldwebel: Wenn Ihr daS Signal
Schwärmen" hört, geht Ihr Alle mög
lichst weit auseinander. Also wag thun
Sie Wutschke?"
. Ich gehe möglichst weit auscin
ander."
verblümt.
HeiraihS-Eandidat: Das ist ja Alles
ganz gut, was Sie da anführen, aber
das Gesicht der Dame ist doch zu be
denklich."
Agent ärgerlich): ..Ach was. bei
einer Million Mitgift brauchte sie gar
kein Gesicht zu haben!"
Nicht anders.
Denk' Dir nur, Schurschl, mei
Gnädige, die Landgerichtsräthin. sagte
mir neulich, wann's amal an Soldaten
bei mir in der Küch' fänd', nachher
wär's aus bei ihr!"
Geh' das is blos Neid, weil sie blos
an Civilist kriegt hat."
Verschwendung.
Reißt bei Euch auf dem Lande die
moderne Verschwendungssucht auch schon
ein, Steinhofbauer?"
Ei wohl. Herr Doktor! Neulich erst
hat sich mei' Nachbar a halbes Dutzend
Taschentücher kauft."
Große'Lhre.
A: Mit dem jungen Baron schienst
Du an dem betreffenden Abend sehr
intim zu sein?"
B (geschmeichelt): Außerordentlich;
ich glaube, wenn mir noch zwei Stun
den länger zusammen geblieben wären,
dann hätte er mich anaevumvt!"
verblümt.
Was sagst Du zu dieser Frau Roch-
berger?"
Ihr Gatte ist beneidenswcrth."
Aber der ist ja todt!"
Eben deswegen!"
Im wirthshause.
Sepp, i' schmeiß Dir alei' das Bier
krügel an den Kopf!"
Na. so schmeiß, aber wann's itu
bricht, i' zahl's nit!"
Boshaft.
Dichterling: Mein Name wird nach
mir fortleben."
Freund: Natürlich, wo Du Müller
heißt!"
Variante.
Dem Farmer Meier ist
durch die
Viehstand
tückische Seuche der ganze
vernichtet worden r
Nur ein Säu'le. zeugt noch von
verschwundener Pracht."
Schlechte Erfahrung.
So. Sie haben also aukaebört mit
Radfahren und reiten lieber?"
Ja. sehen Sie. das Pferd aebt
wenigstens nicht jedes Mal kaput."
Boshaft.
Alte Kokette: ..Ich bekomme zu mei
nem Geburtstage immer sehr viele Ge
chenie.
Herr: Da müssen Sie wohl nach.
tens wegen Platzmangel anbauen?"
Modern.
Herr (bei einem Eisenbabnzusammen
stoße): Warum leistet man denn den
Verunglückten nicht sofort die nötbiae
Hülfe?"
Arbeiter: Wir warten nur auf den
hotographen!"
Grob.
A: Ach. schweigen Sie dock! Als
ich
in Ihrem Alter war. da bab' ick
über so etwas noch gar nicht gesprochen;
da war ich selbst noch ein Esel."
B: Da haben Sie sich aber arok.
artig konservirt!"
Malice.
Neulich hat sich der Rentier Meier.
lein auf der Treppe zum Wildpretladen
den Fuß verstaucht."
Also ein Jagdunfall!"
Auch eine Kritik.
was sagen Sie
Nun.'
zu diesem
Konzert?"
ES ist unglaublich.
was so ein
Klavier alles aushält!"