Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 04, 1900, Image 12

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    Seine letzte ülcnfur.
Nru,ahis Humores nd) Z.ii.
Ter btxx ftud. jur. oder vielmehr.
wie er sich stolz seit einigen Wochen
nannte der Herr cand. jur. Fritz
Voaclsana war zum elften Male in
keinem dreiundzwanzigiahrigen Erden
wallen unzufrieden mit sich selber. TaS
war ihm bis jetzt noch nicht passirt. Im
Gegentheil! Aber diesmal mußte
er der Wahrheit die Ehre geben, dies,
mal war er. er ganz allein chuld an
der fatalen Situation, in der er sich
augenblicklich zur schönen Festzcit itDi
schen Weihnachten und Neujahr befand.
Er hätte sich eigenhändig prügeln mögen
wegen wegen seiner ganz iniom
wkiitmäkiqen Tummhcit.
Ucberall herrschte Fchfrcude, auf den
schneebedeckten Straßen und in den
wohldurchmärmten Zimmern aller gut
gesinnten Bürgerfamilien: überall war
das Ehristklnd mit seinem lHabeirsull
Horn eingekehrt; auch bei ihm, dem
ziemlich leichtsinnigen Weltkinde, war
der Weihnachtsengel der Kindheit nicht
vorübergegangen; in Fritzens Börse
klingelten die Goldfüchse die reich
lichen Spenden seiner Eltern, Onkeln,
Tanten und anderer Anverwandten:
aber, was hatte er momentan von die
sein goldenen Regen, der in der heiligen
Weihnachtsnacht durch die Decke seiner
Studentenstube hcreinacträufelt war?
Nichts, rein gar nichts! Er war seit bei
nahe vierzehn Tagen dazu verdammt,
die Stube zu hüten, und durste abwech-
selnd in einen juristischen Schmöker
hineingucken oder auch aus die Straße
hinauöstarren, auf der sich Jung und
Alt iin schönsten Festtrubel aneinander
vorüberdrüngte! Und das alles wegen
. einer verwünschten, ganz kommet
widrigen Quart ein Sauhicb war's
gewesen! die ihm erst über den Schä
del und dann noch nachdrücklich über
das ganze Gesicht und die Nase ge
fahren, sodafz er die Erhaltung der letz
tcren nur der Geschicklichkcit seines
Paukarztes und der unverwüstlichen
Heilkraft seiner jugendfrischen Natur zu
verdanken hatte.
Der Herr Studiosus stellte sich wieder
zum hundertsten Male vor den Spiegel
und betrachtete sich mit kritischem Stirn
runzeln. .Schön ist anders", sagt der
Berliner. ' Das konnte noch lange
dauern, ehe man es wagen durfte, sei
ncn lieben Eltern in der Heimath unter
die Augen zu treten. Vor dem glücklich
bestandenen Examen jedenfalls nicht!
Gott sei Tank, von Osterode brauchte
man mit dem Schnellzuge gut zwölf
bis vierzehn Stunden! Sicher war er
daher von einer unliebsamen Ueber
raschung von Seiten der nichts ahnen
den Seinigcn, denen er nothgcdrungen
eine faustdicke Nothlüge aufgebunden
hatte. Aber, schön ist anders!
Fritz Vogelfang steckte sich seine lange
Pfeife an, suchte in dem Wolkengckräu
sel einigen Trost für fein Jammerlos
zu finden und begann über sein Schick
sal nachzudenken. ' Der flotte Themis
jünger hatte bisher just keine Veran
lassüng, mit dem Geschicke zu hadern.
Als Stammhalter einer gut situirten
Kaufmannsfamilie Ostpreußens war er
sowohl von seinen Eltern wie den -drei
Schwestern, die mit ihm die elterliche
Wohnung als Spielplatz ihrer Kinder
freuden getheilt, stets verwöhnt worden.
Auf der Universität, die er vor vier
Jahren als ein strebsamer Rechtsjünger
bezogen, gestattete ihm der väterliche
Wechsel, nach hinten und vorn über die
Stränge zu schlagen, ohne daß man
ihn deswegen in den Ferien allzu streng
in s Gebet genommen.
Aber mit dem diesmaligen Winter
semefter sollten die Studien ihren Ab
schlich finden. Fritz hatte bei der
ten Abreise nach Berlin den lieben
Eltern und Geschwistern auf's heiligste
gelobt, seine bisherigen Studcntensit
ten: Kommersiren, Kontrahiren, Pau
ken und Losgchen aufzugeben und sich
lediglich den juristischen Studien zu
widmen, sodaß er mit dem kommenden
Frühjahr als wohlbestallter Referan-
danus in die Heimath zurückkehren
könnte. Aber mit den besten Vorsätzen
allein ist noch nichts gethan. Sie
nrnssen auch gehalten werden. Die
Verführung war zu groß gewesen; das
schwache Menschenkind war 'mal wieder
unterlegen. Fritz hatte nach einer
Karenzzeit von zwei Wochen wieder den
alten Adam eines deutschen Couleur
studentcn angezogen, bis das fidele
Leben seinen jähen Abschluß auf einer
Paukerei erreichte. Fritz war dabei von
seinem Gegner so glänzend abgeführt
worden, daß er den Denkzettel an diese
feine letzte Mensur für Lebenszeit bchal
ten mußte Mit dieser entstellten Visage
konnte er einstweilen nicht nach Hause;
sie strafte älle hoffnungsreichen Ermar
tungen Lügen, welche die Seinigcn sich
diesmal fest von dem Fleiße und der
Solidität des angehenden Referendars
gemacht hatten.
Fritzens bittere Reue kam, wie ge
wohnlich in solchen Fällen, zu spät.
Am schmerzlichsten empfand er es. daß
er jetzt die schöne Weihnachtszeit nicht
im elterlichen , Hause verleben konnte.
Und gerade diesmal hätten es so wun
derbar schöne Weihnachtöfcicrtage wer
den können! Fritzens altesteSchmester
hatte ganz plötzlich einen Bewerber ge
funden, der nach jeder Richtung als ein
überaus angenehmes, neues Familien
Mitglied bezeichnet werden konnte. Ein
junger Gutsbesitzer, der sich eben in der
Nähe von Osterode angekauft, war
Fritzens Schwager geworden. Fritz
kannte ihn noch nicht; aber nach den
Schilderungen der Schwester und noch
einiacn aemutdilctjen Vricsen. die er
selber mit dem neuen Schwager gcwech
seit, mußte dieser ein überaus fideles
Haus sein. Man hatte brieflich schon
allerlei gemeinsame WeihnachtSscherze
verabredet; eS war andcrZ gekommen.
Eine schadenfrohe Unart hatte im letzten
Moment daS an Programm von
oben bis unten durchgerissen!
Heute war der letzte Tag des alten
Jahres angebrochen. Daheim wurden
Pfannkuchen gebacken. Punsch und He
rinqssalat bereitet: am Abend wurde
Blei gegossen, getanzt, geulkt und at
lacht; und er, der demitleidenSwerthcfte
aller deutschen Rechtsftudenten saß
einsam in seiner Studentenbude, die
er überdies nach dem strengen amtlichen
Befehle erst ln zwei bis drei Tagen
verlassen sollte! Und dabei die Taschen
voll Goldfüchse! Und auf die Straße
ein lustiges Schellengeläute von Schlit
tendroschken. ein Haften und Treiben,
dessen Lärm so herausfordernd bis
oben an seine Fensterscheiben hinauf-
tönte!
Fritz Vogelsang warf feine lange
Pfeife und die dicken Schmöker beiseite.
.Weg, corpus juris! Weg Pan
bckten! Ich muß hinaus in's 'Freie,
sonst werd' ich verrückt! . ... Es ist nichts
als eine kolossale Bosheit von dem
Paukarzt, daß er mich nicht auf die
Straße lassen will! Ich bin gesund,
ich riskir's! Den Kopf. . . . oder viel
mehr die Nase wird's nicht gleich kosten!"
Und der cand. jur. begann eilfertig
Toilette zu machen. Die frischen
Schmisse auf der Quartseite schützte er
mit einer schwarzen Scidencomprcsse;
auch die Nase wurde in gleicher Weise
gegen die Wintcrkälte eingehüllt. Prak
tisch mochte die Bandage sein, aber
Fritz gestand sich selber mit einem
leichten Schaudern: Schön sah er nicht
aus!, . . .Fünf Minuten später befand
sich der leichtsinnige Musensohn auf dem
Wege nach den Linden zu und athmete
mit vollen Zügen die frische Winterluft
ein, die er seit zwn Wochen hatte ent
behren müssen. Ach, Fritz hatte in
dieser Zeit überhaupt viel, sehr viel
entbehren müssen! Er merkte es ganz
deutlich, als er an einem großen Re-
staurant vorbeikam, durch dessen breite
Glasscheiben er die dichtgedrängten
Gäste hinter den Literkrügen sitzen nd
den schäumenden Trank der Labe bt
haglich hinunterschlürfen sah! Ehe Fritz
noch wußte, wie es ge chay, aß er eben
falls in dieser lustigen Zecherfchaar und
ließ sich den lang entbehrten Gambri
nusschoppen gut schmecken Der kurze
Tag neigte sich seinem Ende zu. Fritz
brach auf, um einen wirklichen Spa-
ziergang unter den Linden und nach
dem Thiergarten hin zu machen. Er
fühlte sich momentan so gehoben, so
von allem bisherigen Erdenschmerze de
freit, daß er die ganze Welt hätte um
armen können besonders jene kleine.
niedliche Blondine, die vor ihm auf
dem Trottoir einhertrippelte, und sich
hin und wieder ängstlich umsah, wie
ein verlaufenes Schäfchen, das den
Weg verloren und nicht weiß, wohin
es sich wenden soll. Einige Gigerl und
Straßenflaneure schienen. ihren'Mienen
nach, durch hingeworfene, dreiste Re-
densarten das junge Mädchen noch mehr
einzuschüchtern. Der angeborene Rit
terstnn in dem deutschen Eouleurstuden
ten kam zum Durchbruch. Fritz dachte
an seine drei Schwestern daheim und
fühlte sich berufen, hier die ganz natür
liche Beschützerrolle zu spielen. Er
lüftete seine Mütze und stellte sich der
kleinen Dame zur Verfügung: Ver-
zeihen Sie mein Fräulein Sie
scheinen hier fremd zu sein Darf ich
Ihnen vielleicht in irgend einer Weise
dienen?...."
Das schüchterne Dämchen wurde noch
verlegener, als sie den großen Jüngling
mit dem bandagirten Gesichte so dicht
vor sich stehen sah. Sie wurde blutroth
und wehrte ängstlich ab O ich
muß danken, mein Herr! Mein. ..
Onkel.... Wilhelm !.. .."'
Sie brach ab und rief: Gott sei
Tank!", als in demselben Augenblick
ein stattlicher Herr in den Dreißigern
eilig herantrat und den kühnen Ritter,
den er für einen dreisten Attentäter hal
ten mußte, mit sehr kritischen Blicken
musterte. Fritz merkte die zweideutige
Rolle, die er in den Augen des malitiös
drcinblickcnden Herrn spielte, und be
gann sich von dem schmählichen Ver
dachte zungenfertig zu reinigen. Ich
danke Ihnen," sagte Onkel Wilhelm
endlich mit sehr ironischer Höflichkeit.
Wenn wir wieder etwas brauchen,
werden wir uns vertrauensvoll an die
deutsche Studentenschaft wenden
Einstweilen hab' ich die Ehre!"
Onkel und Nichte gingen weiter und
ließen den Herrn Rechtskandidaten
stehen. Dieser kam sich wie ein bcgos
sencr Pudel vor. Er hatte es so ehrlich
gemeint und hatte sich eben so
unsterblich vor dem versammelten
Kriegsvolke" Unter den Linden bla
rnirti Warum grinsten ihn -die
Passanten auf einmal alle so höhnisch
an?: tote amusiricn sicy ja ganz
offenkundig über ihn! Fritz stürzte
mit einem Fluche davon und flüchtete
in ein Restaurant, wo er seinen Grimm
mit einem Schoppen hinunterzuspülen
begann. So ein infamer Philister. . .
Wenn er den vor die Klinge kriegen
könnte! Dem wollte, er's gehörig
besorgen! Schade er hatte eine
so reizende Nichte! Viel netter wär's
doch gewesen, wenn man so en trois
gemüthlich zusammensäße und das alte
Jahr zu Haus läutete!
Fritz wurde immer seltsamer zu
Muthe; er trank einen Schoppen nach
dem anderen, bis er endlich zu merken
begann, daß es Zeit war. heimmärt,
zu gehen! Die Nacht war langst hercir
gebrochen. TaS Publikum kam. und
ging in animirtcr Stimmung; man
hörte bereits einige schüchterne Prosit
Neujahrsrufe. Fritz beschloß, im Eafe
Bauer bei einer Tae schwarzen Kaffee,
die wohl thun mußte, den Anbruch de
neuen Jahres abzuwarten. Als er sich
durch die dichtdesetzten Tischrnhen
drängte, fuhr er plötzlich auf. Da drü
den saß in fröhlicher Tischrunde dieser
infame Philister, zeigte ganz deutlich
zu hm hinüber und.amusirte sich offen
bar über ihn. Zweifelsohne gab er den
Uebrigen das kleine Abenteuer von dem
heutigen Spätnachmittag zum besten
Fritz wurde zu Muthe wie einem Kampf
stier, der in die Arena tritt und der von
dem Ehor der Piccadores und Torca
doreS verhöhnt wird. Alles Blut stieg
in sein erhitztes Gehirn. Er ging au
den Herrn los und biß ,etzt ganz den
deutschen Couleurstudenten herau
Mein Herr, Sie haben mich fixirt!. ,
Hier meine Karte! Darf ich vielleich
um die Ihrige bitten?
Der Geforderte nahm mechanisch die
Karte ,n die Hand. Als er den Na
mcn Fritz Vogelfang, cand. jur." ae
lesen, fuhr er sich schmunzelnd durch den
blonden Bollbart und sagte dann mit
lovialem Lächeln: Einstweilen danke
ich Ihnen bestens für die Bekannschaft,
die Sie mich eben machen ließen. Ich
habe keine Karte bei mir; ich schicke
Jynen morgen sruy um II Uhr
meinen Kartellträaer. Also bis
dahin!"
Fritz verneigte sich mit krampfhafter
Vorschriftsmäßigkcit und schwankte
davon. Es war höchste Zeit, daß er
sich mittels einer Droschke nach Hause
befördern ließ, wo er sosort in einen
Todtenschlummer verfiel.
Es war gegen 11 Uhr des Pormit-
tags, als der Herr cand. jur. erwachte.
Er fuhr sich nach dem Kopfe, in dem er
ein menmurvlges vammern und sau
fen empfand, so daß er mit einem jähen
Schmerzcnsrufe wieder in die Kissen
zuruaiank!
Prosit Neuiahr,, Herr Doktor!"
begrüßte ihn die Zimmerwirthin. Sie
brachte den Morgen-Kaffee und begann
eine lange Erzählung: Gott sei Dank
daß ie wieder hier sind. Ich
habe mich so um Sie geängstigt.
Ein Herr war gestern Nachmittag zwei
mal be Ihnen; ich glaube, er ist ein
Verwandter von Ihnen. . . ."
Ein Verwandter?" . . . . Ja!"
Wie sieht er aus?"....
So sieht er aus!" sagte in die-.
sein Augenblicke eine sonore, gutmüthige
!vcannernlmme.
Der Herr Rechts . Candidat fuhr
empor! War das nicht.. .. dieser
msame Philister ?
Der frühe Gast streckte dem Bett
Insassen die Hand hin: Ich bin Dein
Schwager Wilhelm!"
Fritz Vogelsang fuhr zum Bette hin
aus. So? Du bist.. . Schwa
ger Wilhelm?"
Der blondbärtige Riese lachte: Na
türlich bin ich's!.. .. Jetzt können wir
a unsere Forderung erledigen!
Womit wollen wir uns gegenseitig
umbringen? Mit Säbel oder Pistolen?!
Hahaha! "
In den nächsten fünf Minuten war
der leichtsinnige Studiosus aufgeklärt
Sein neugebackener Schwager hatte von
vornherein nicht so recht an Fritzens
Arbeitswuth geglaubt. . Da er eine
junge Nichte von Dresden aus dem
Pensionat abholen mußte, hatte er den
kleinen Abstecher nach Berlin gemacht
und war dabei ganz unerwartet von
seinem blutdürstigen Schwager gefor
dert worden!
Beide Schwäger amüsirten sich könig
lich über dieses erste Rcncontre. Fritz
vergaß ganz seinen heftigen moralischen
und physischen Kater. Er machte auf's
sorgfältigste Toilette und sah, als er
die gefährlichen schwarzen Bandagen
von Kopf und Nase abgebunden, sehr
manierlich aus. Wie ein richtiger,
fescher Rechtsstudent" schmunzelte
Schwager Wilhelm, als der Herr Stu
diosus geschniegelt und gebügelt in
Couleur vor ihm stand. Und jetzt
will ich Dich mit Deiner neuen
Kousine Elfe bekannt machen. Gesehen
habt Ihr Euch ,a schon! Du hast ihr
übrigens trotz Deiner Bandagen ganz
gut gefallen!" Fritz wurde putcrroth
vor Vergnügen. Er hängte sich seinem
Schwager an- den Arm und gab die
ehrliche Versicherung ab: Von heut
ab werden keine Dummheiten mehr ge
macht Das war meine letzte Men
sur! Ins Frühjahr bin ich wohlbestalter
Referendar! Und dann mach' ich's
wie Tu ich verlobe mich, was meinst
Du Schwager Wilhelm?!"
Das Sslrester-Vrakel.
Clilvcstergeschichte von Maria T r c u t e r.
Sylvester! Ter letzte Tag im Jahr!
Ter Vollmond sendet seine silbernen
trahlen hernieder auf die Erde, hn
d:n Straßen der Residenz hält er sich
nur ungern auf, ihn ärgert die Kon
kurrcnz, welche sich in Gestalt des elck
irischen Lichtes so breit macht.
Er weiß es, er ist längst passe", das
Moderne hat auch ihn verdrängt, und
mürrisch zieht sich der alte Nachtgeselle
in den dunklen Thiergarten zurück.
Vielleicht findet sich hier ein Phantast
oder -ein verliebtes Paar, welches ihn
anschwärmt. Mit verdoppeltem Eifer
läßt er fein magisches Licht über die
dunklen Baumwipfcl uud Gänge er
strahlen. Vergebene Liebesmüh!
Die wenizen Naturschmärmcr stehen
vor der Villa des Bankiers Heldburg.
Bei dem Fiiiünzd.-.ron ist Sylvester
ball.
Rauscheüöe Musik ertönt und tan
zcnde Paare huschen an den hell erleuch
teten Fenstern vorüber. Die Zuschauer
auf der Straße sehen nicht viel, die
dichten StoreS lassen nur die Schatten
der Tanzenden erkennen. Oben an den
Vorhängen ist eine breite Spalte.
Ja, wer da hineinsehen könnte!
Ter Mond kann es, aber der verräth
nichts, denn seine Verschwiegenheit ist
weltbekannt.
Enttäuscht und fröstelnd trollen sich
v:e neugierigen von dannen.
Jetzt ist der Mond der einzige Bc
obachtcr. Neugierig lugt er durch die
oryangspalte, und sein breite Gesich
verzicht sich zu einem gemüthlichen
rinien.
Eine bunte Gesellichaft ist in den
eleganten Räumen versammelt alte
und junge Herren im Frack, Offiziere
jeden Ranges. Damen in glänzenden
Toiletten und last not least: ein
Flor reizender junger Mädchen.
..Elf Uhr!" Tas Souper ist fast
beendet. Tie alten Herren erörtern
lebhaft die Politik, die Tamen erzählen
interessanten tadt'Iatsch, und da.
,unge Volk treibt allerlei Kurzweil
Ter reichlich geflossene Sekt hat sein
schuldigte gethan.
Möchten wir nicht Blei aicßen?"
fragt plötzlich ein lunger. ichlank
Ossizler und wirft dabei einen bren
ncndcn Blick hinüber zu der ihm schräg
gegcnuvcr ngenocn reizenden Blondine
Ja. das Orakel soll uns die 3n
lunn verkünden." rufen auch die An
dern. Tie Blondine nickt dem Offizier
vcriianonliZvou zu.
Papa, bitte gieb uns ein paar Blei
kugeln! ' rntt sie über den Tisch hinweg
einem ioviaien, ältlichen, em Ordens
band im Knopfloch tragenden Herrn zu.
err ycldvurg sieht seine Tochter
eine elunoe lang gedankenvoll an,
dann schweifen srine grauen, schar
blickenden Augen die Tafel hinunter
und treffen wie auf Kommando den
Blick des schönen, schlanken Offiziers.
welcher zu der Bitte seiner Tochter die
Anregung gegeben.
Ob dieses seltsame Mienenspicl auch
von den Anderen bemerkt wird ( Bah.
es ist ja ein offenes Geheimniß, daß sich
der hübsche Gardeleutnant um die an-
muthige Tochter des Millionärs be
wirbt. DaZ thun Andere auch, ob mit
mehr oder weniger Erfolg, muß dahin
gestellt gelassen werden. So viel aber
teht fest, da sich der Bankier dabin
geäußert hat. wenn es einmal gelte.
mir einen 'ttuionen ein etwas ver
blichenes Adclsschild zu vergolden, dann
müsse der Träger desselben mindestens
eine Grasenkrone in die Waaschale
werfen. ,
Ein Graf ist nun , der hinue Garde-
leutnant freilich nicht. Er nennt sid
einfach von Nordeck, und sein Stamm
bäum ist nicht viel älter, als ein halbes
Jahrhundert. Aber er ist der schnei
oigstc Offizier seines Regiments, bat
ehrenhafte Grundsatze, keine Schulden
und besitzt ein ehrliches Herz.
Alle diese Tugenden kennt Eva. und
sie giebt sich, vereint mit dem heinilich
Verlobten, der zuversichtlichen Hoffnuna
hin, daß ihr allzeit gütiger Vater eines
Tages feine Gesinnung ändern wird.
Wer kann es ihnen indessen verdenken.
wenn sie Verlangen tragen, den Schleier.
der noch über ihre Zukunft gebreitet ist,
ein klein wenig zu lüften!
Bitte, lieber Papa, gieb uns das
Blei," drängt Eva ungeduldig.
..Nein," antwortet dieser, ich wünsche
nicht, daß in meinem Hause Hokus-
pokus getrieben werde, und zwar aus
dem einfachen Grunde, weil ich aber-
gläubisch bin."
Ah, nicht möglich! Wie änderbar !"
geht's von Mund zu Mund.
Inwiefern sonderbar, meine ver-
ehrten Gäste?" erwidert der Bankier.
)ä) könnte Ihnen eine Geschichte er-
zählen, die meine Grundsatze in dieser
Beziehung rechtfertigt."
Bitte, bitte, erzählen Sie!" ruft
die Gesellschaft lebhaft. Heldburg blickt
nach seiner Uhr.
Wohlan!" sagt er. Wir haben
noch eine Viertelstunde bis Mitternacht,
bis dahin werde ich vie kleine Geschichte
beendet haben.
Es mag ein Vicrtcljahrhundert her
sein, da kannte ich einen lungen Auge
stellten eines Bankinstitutes. Er war
ein armer Teufel, ein valer baue
hm bei seinem Tode nichts weiter hin-
terlassen, als seinen ehrlichen Namen
und seinen egen. Dieses Vermächtniß
und eine Braut, ein liebes, blondes
Mädchen, waren die einzigen Schätze,
welche der junge Commis besaß.
An einem toylvcsterabcnd hatte fich
ein junges Völkchen zu einer kleinen
iier versammelt. Zu lym gehörte
auch der Commis und seine Braut.
Älö die Festlichkeit ihren Höhepunkt
erreicht hatte, wurde Blei gegossen.
Die Braut war indessen nicht zu be-
wegen, das siedende Blei in das Wasser
zu gießen, statt ihrer that es der Bräu
t'gam. AIs man das erkaltete Metall
aus der Schüssel nahm, ging ein
Schreckcnsrus durch die Gesellschaft.
Es trug die Gestalt eines Sarges.
Der Erzähler machte eine Pause. Er
ah nach der Uhr. Stumm und athem-
los hing Jeder an seinem Munde. Tief
aufathiiiend fährt er fort: ' ,
Die jungen Leute heirathetcn trotz
der mysteriösen Vorbedeutung doch
wenige Wochen nach der Hochzeit starb
Ader, warum soll ich Sie. meine ver
ehrten Gäste, mit der alten Historie
lanawcilen. lassen Sie mich abbrechen.
.Bitte, bitte, vollenden Sie. Herr
Heldburg." schallt es in der Runde.
ES war so hübsch, sich aus dem alten
Jahre herauszugruseln, und auf den
kalten Schauer mußte der heiße Punsch
vortrefflich schmecken. Ter Baron hält
noch immer die Uhr in der Hand, eS ist
so still in dem großen Saal, daß man
deutlich das Ticken vernehmen tonnte.
Langsam und feierlich fährt der Er
Zähler fort:
.Da. wenige Wochen nach der Hoch
zeit, pard die stcinalte Tante des
fungen Ehemannes, und hinterließ ihm
die Kleinigkeit einer valbcn Million
Ah O! " Ein iiibelndes Ge
lächtcr durchbraust den Saal. Der Er
Zähler winkt beschwichtigend.
Nicht immer." führt er mit erhöbe
ner Stimme fort, erfüllt sich ein böses
Omen in dieser für die Betreffenden so
günstigen Weise. Auch ist die Liebe
eines jeden Mädchens nicht so stark, daß
es einem Manne, dem das Orakel kurz
vor der Hochzeit eine verhängnißvolle
Zukunft prophezeit, vertrauensvoll an
den Altar folgt."
Der Bankier reicht bei diesen Worten
seiner Gemahlin, in deren noch immer
schönen Augen Thränen funkeln, über
den Tisch hinweg innig die Hand.
Uebcrdies wäre es leicht möglich, daß
einem gewissen jungen Leutnant an
statt eines Goldfisches ein niedlicher
Korb in den Schooß, oder besser, hier
in das Wasserbecken geworfen würde,
um nun meine vercyricn Gaste zum
Beginn des neuen Jahres mit einer
Neuigkeit überraschen zu können, er
laube ich mir hierdurch, Ihnen die Vev
lodung "
Bim bam, bim bam!" beginnt die
große antike Wanduhr langsam die
zwölfte Stunde zu verkünden mei
ner Tochter Eva mit dem Leutnant der
Gardedraqoner "
Bum!" das alle Jahr war zu Ende.
oerrn Wolfgang von vioxbea er-
gebenst anzuzeigen."
Mit zitternder Hand ergreift der
Bankier eines der dampfenden Punsch-
gläser, welche die Diener soeben herum
reichen.
Prosit Neujahr!" Tas junge Braut
paar, es lebe hoch!
.Hoch! Hoch! Kling Klang!" diuch.
braust es jubelnd den Saal. Schluchzend
fällt das überglückliche Paar den Eltern
um den Hals.
Tas alte Jahr vergangen ist." into-
nirt die Musik, dann geht sie zu dem
Hochzeitsmarsch aus dem Tannhäuser
uver. te grone Polenaise beginnt.
Immer die alte Geschichte", brummt
der alte neugierige Nachtgesclle und zieht
ncy enliauschl yinter eine Wolke zurück,
Ja, wenn doch einmal etwas
Neues unter dem Monde gäbe. Prosit
Reufayr!'
Als der Lord Protektor
Eromwell in London einzog, machte
man ihn aus die groe Volksmenge
ausmerkfam, die überall zusammen
strömte, um ihn zu sehen. Die Menge
wurde noch einmal so gron sein," sagte
er sarkastisch, wenn man mich auf's
chaffot führte
Auch ein Arrangement.
Vater: Ich habe ja nichts gegen
Deine Verbindung mit dem Assessor. . .
nur müßte er sich erst mit seinen Gläu
bigern arrangiren!"
Tochter: Ist bereits geschehen.
Papa er hat sie alle an Dich ge
wiesen!"
Kleiner Zrrtbum.
Dame iaus der Stadt): Warum
sieht mich die Kuh denn so wild an?"
Bauer: Das macht Ihr rother Hut.
Fräulein."
Dame: Nicht möglich! Er ist ja
chon ein bischen aus der Mode, aber
daß eine Kuh vom Lande das merken
würde, das hätte ich doch nicht gedacht."
Ein schöner lhauch.
Dirigent: Pststststst! - Ich bitte.
meine Herren, das ist ja kein pianissimo,
das muß gehaucht werden, daß die
Fensterscheiben anlaufen!"
ten?"
Auf der Schmiere.
Bei der jetzigen Theuerung. Herr
her!"
Direktor, geht es bei Ihrer Truppe
wohl etwas knapp her?"
Oh. durchaus nicht die Lebens-
mittcl fliegen uns nur so zu."
. Das Menschenmögliche.
Student (zum andern): Warum so
traurig?"
Ach, lieber Spund, ich bin heute
weich gestimmt, ich glaube, wenn ich
Geld hätte, ich würde.meincn Schneider
bezahlen."
denn
Geiniithlich.
Frau scheint ein
Ihre
sehr gute
daß
Zemüth zu haben?
O la, Sie kann kochen und thut s
auch
aber nicht!"
Lärst du
auch ein ganzer Mensch,
erhab'ner Wand'rer,
sehe
Kannst du
dennoch scheitern an der
Halbheit Anderer!
In der noblen Gesinnung dem
Kleinsten gegenüber zeigt sich die wahre
Seelengröße des Menschen.
MiiMrsiZndniß.
gnädiges Fräulein
Üitben
Land.
pari
tuen?"
$un wenn
eZ ein Gutsbesitzer ist,
wa
um nicht!"
5ben so gut.
Ich habe einen reiienden kleinen
Brieföffner zu Hause.-
i f: .Ich auch; ich bin verheiratet."
il
( Gegenseitig.
0i !at!in (zu ihrem Manne, der wäh.
ttn dcS Schlafes schnarch,): Karl.
Tu . thätest gut. wenn Tu den Mund
unt achcn wolltest."
ßsattc: .Tu auch!"
lvird stimmen.
jcldwedcl:
Wie viel Brot können
Si! im Arrest verlangen?"
Gicmciner: Ich kann im Arrest
meW Brot verlangen, als ich wirklich
bekognme.
4
i
Auf dem kande.
emder: Die Frau Wirthin thrän
nisirp wohl den Gatten etwas, wie?"
Kfunerm: eu wag t nct. aber
Prügel kriegt ergnug!"
Unliebsame Anknüpfung.
Cl
,ef (in's Comptoir tretend):
Brr,
heut
B
sehr
, t s avcr kalt!"
ichhalter: Ja, Herr Prinzipal,
kalt und doch ist heute Nacht
Kassirer durchgebrannt!"
un e
Junior in der Schule.
Lesircr (zur Mutter, die ihren Sohn
zum lernen Mai zur tocyuie bringt):
Ist loetrn ver leine aufgeweckt?"
Mjitter: Aee. der is von alleene
uffjenkiacht!"
Köchfte Vergeßlichkeit. '
Prlofeffors-Gattin: Weißt Du, mein
liebe Mann, wir müssen nun doch
darai? denken, unser einziges Töchter
chen ff,u verheiraten, die ist ja schon
nahe Ider Dreißig!"
Professor: bo? Ist die nicht unsere
Jünalste?"
Stimmt.
.Der Baron hat ein großes Gut
a, der kann nun gütlich
Reich und arm.
Maül!
r suylt ich in seinem im-
melbett
m und ein Anderer in seinem
Bette wie im Himmel.
ärmliche
ifeinerte Ausdrucksweise.
st der elegant gekleidete Herr
t ein Ueberzicher- und Win
Wer
dort?"
Der
terrock-K
kptomane!"
Kinderschlaubeit.
Gendl
n: Du. sag' mir einmal.
ist Dein
ater daheim?"
Wennst nit gefragt hätt'st.
Bube
wär' er c
Keim g'wesen!"
Renommage.
.,Lerr
Leutnant .varen in Afrika
wohl auck
ü'itt fiiirirtfir irtrX if n1 nralrht
Nimrod?k
v,i,,avv vtviiuyti
Na -
r hätte Handel mit Löwenfel-
len betrca
?n können."
Unsere Backsische.
duscht!
d.
Jetzt bin ich unseren
Leutnant
sie durch i
,noch einmal so gut, seitdem
se Abrüstungs-Conferenz in
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Wo! diese vitze; wie
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