Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, December 07, 1899, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    t
2lm Spieltisch
Oint r!ch,ch!e aus Älontt (5atlo
i'Ior W ndik.
von
V. .Ich muß dich darauf aufmerksam
Machen. Bessie, daß du die (kntschkidung
nicht mehr lange hinausschieben kannst
Tie tiliite meines Bruders flefat ill (?nd
und wir sind lange oenua bier. Tu
Hast Bewerber genug, daß du endlich
deine Wahl lrenen lönntclt."
Tie daS sagte, war eine ältlich
Tarnt von stattlicker ftöbe und kbens
stattlicher Breite. TaS Gesicht war ein
echtes, rechte?, überall gefürchtetes
Echwiegermuttergesicht, mit schmalen
berrschsücktia lusaminknaeknifscnen Lip
Pen, kalten, kleinen, überaus hellen
Augen und spchcr Raudvogelnaie.
MiK Bessie. eine schlanke, schö
Mädchengcstalt. lehnte in ihrem
Rockingchair. dem Schaukelstuhl, ohne
den eint Amerikanerin NUN einmal
nicht sein kann, und sah fast gelangweilt
vor sich hin.
.Ich bitte dich, Mama." entgegnete
sie mit einer ungeduldigen Wendung
des Hauptes, das m inner scyoncn
Ebenmäßigkeit und zugleich inneren
Ausdruckslosigkeit unwillkürlich an einen
wohlgerathenen Puppcnlops erinnene
man kann doch nichts überstürzen
Verehrer, mein Gott, ia die schwär
wen in Hülle und Fülle um mich
herum, aber Bcweber 9S nutzt
dock nichts, wenn man nicht Ernst
machen will. Und ein armer Schlucker
darf es doch auch nicht sein, wie du bc
fiiintitrft .
4 ..Das keblie nur noch!" sprudelte
Mrs. Briggs heraus. Umsonst hat
uns mein Bruder das Geld wahrlich
nicht vorgeschossen, um hier ein einiger,
maßen anständiges Haus zu führen.
Das sind Geschäftsunkosten, mein
Kind, die wieder mit Zinsen herein
knmmen müilen. Und mit anten Zinsen !
Ein Mädchen wie du .... ich dächte
.... wenn du nicht Anspruch machen
wolltest wer sollte es denn dürfen?
Ach, und das Leben ist wahrlich schon
schwer genug; aber wenn man erst an
, allen Ecken und Enden soll sparen und
knausern müssen, dann dank ich lchon.
Dafür sind wir Beide nicht geschaffen,
ick nickt 1111h du erst reckt nickt."
Miß Bcssie Briggs sah seufzend an
ihrer fürstlichen Morgen-Toilette her.
unter und spielte dann, den Blick in's
Leere gerichtet, gedankenlos mit dem
kostbaren Seidenband, das von dem
spißenbeschten Busen herniederfiel.
Na ja." sagte sie dann endlich und
öffnete den Mund, als müsse sie da
. wischen einmal gähnen. Dann ist es
also mit dein blonden Norddeutschen,
dem Herrn Storm, auch nichts, was?"
Mit dem armen Teufel? Bist Du
denn von Sinnen? An so etwas auch
nur zu denken!"
Mama Briggs war ganz roth gewor.
den bei dem Gedanken, Bessie könne am
nk, nur das lächerlich armselig,? Jah
reseinkommen von fünftausend Mark
denn mehr besaß Herr siorm aus
feinen Fall heirathen.
f Aber er ist so verliebt in mich!"
, Und das Puppenköpfchen warf die Lip
hm niif wie in maulendes Kind.
Damit kann kein Mensch ein großes
jfSstuä führen. Lieben vah die
Wnheren liehen dick auck!"
Und ich Hab' ihn eigentlich auch
ganz gern, den Mr. 'etormr
Bessie, du bist heut' ganz unaus
stehlich!" rief die Mutter wüthend und
fügte dann, ein wenig gemildert.
bin,u:
Sir Hunter. dächt' ich. wär' auch
ein lebr revräsentabler Herr und ist
berdies ein Mann von mehr als
,man,iaiausenD Mark Rente. Da
dürftest du schon zugreifen."
.frm " mackte die Tochter und we
delte mit dem Seidenband durch die
Luft, weißt du das gewiß. Mama?"
Verlaß dich darauf. Bessie. Ich
habe mich wobl erkundigt. Und nun
bitte ich dich, sei vernünftig und mach'
leine Thorheiten.
Ohne Sorge. Mama." sagte sie
und gähnte wieder recht geiangweiil,
indeß 'die Mutter hinausrauschte.
Knarrend ging der Schaukelstuhl auf
und nieder, bis er in seiner mechani
schen Bewegung durch das Eintreten
der erst kürzlich engagirtcn Zose Selma
unterbrochen wurde. ,
Selma war ein allerliebster kleiner
Kerl, gesund, frisch, munter, mit in
telligenten Zügen und treuherzigen
Braunaugen, die frohsinnig-schelmisch
in die Welt schauten. Jetzt allerdings
schien sie ein wenig außer Fassung zu
sein; ihr Gesicht war geröthct und eine
ausgesprochene Verlegenheit war in
ihren Augen zu lesen. Ihre Stimme
schwanke merklich, als sie sagte:
Herr Richard Storm bittet um die
Erlaubniß "
Bessie fnhr mit merkwürdiger Leb
haftigkeit empor. ES fiel ihr in die
' fem Äugenblicke gar nicht weiter auf.
daß Selma bei der Anmeldung auch
den Vornamen hinzugesetzt hatte, den
er dem Mädchen schwerlich angegeben
haben konnte.
Ah. Mr. Storm? Ich lasse bitten."
Die Zofe ging mit einem eigcnthüm
lichen, nicht gerade sehr licbenswürdi
gen Blicke auf ihre Herrin hinaus.
Bald darauf stand der Angemeldete
vor Bessie. die mit größter Nonchalance
in ihrem Rockingchair lehnte.
Das Gespräch der Beiden bewegte sich
in den landläufigen Förmlichkeiten.
Er kam. sich danach zu erkundigen, wie
ihr der gestrige Ausflug bekommen sei;
aber man merkte dem Leuchten seiner
Vcr
Jahrgang 20.
warmen Blicke, seiner verschlciterten
prache an. wie chwer S ihm wurde,
den glatten, ruhigen Eonversationston
festzuhalten.
Miß Bcssie selbst schien wie ausge
wechselt. Aus dem schläfrigen, gleich
aültiaen Kinde war ein lebhaftes koket
tirendes Weib geworden, das deutlich
genug erkennen ließ, wie sehr seine
Kälte nur gc spielt sei. und denen Blicke
ein wahrhaftes Raketen feuerwerk von
zündenden Blitzen veranstalteten.
Schließlich erhob ich Storni.
Darf ich wiederkommen?" fragte er
zum 0)11,1.1?, inoem leine ugcn
glühend an ihren Lippen hingen.
Oh. Herr Storni, iie willen ja,
wie aern ich Sie bei mir sehe!"
Er stürzte vor ihr auf feine Knie
nieder und bedeckte daS kleine Händ
chcn. das sie ihm überließ, mit heißen
Hülsen.
..Oh. Bessie." tlangte er. Bessie.
können Sie mir nicht mehr geben, als
bloße Freundschaft? Wissen Sie nicht.
wie ich Sie geliebt habe von Anfang
an. da ich Sie zum erstenmale sah ?
Wie ich keinen innigeren Wunsch habe,
als Sie mein Weib, mein süßes, anae
betetcs Weib nennen zu dürfen ? . Oh
Bc sie. lassen Sie ich "
Still, still. Herr Storm." wehrte e
ab, während durch ihre Blicke ein
triumphirendes Lächeln flog, sprechen
Sie nicht weiter! Es kann ja nicht sein
Sie wissen, ich bin mittellos, und Sie
besitzen auch nicht genug, einer verwöhn
tcn Frau das Leben angenehm zu
machen, und von der Liebe allein, sagt
Mama...."
Wissen Sie was?" fuhr sie plötzlich.
sich selbst unterbrechend, fort, haben
Sie schon einmal gespielt?"
Storm war aufgestanden.
Gespielt?" fragte er befremdet.
Na ja, in den Spielsalen meine ich."
Nein!"
..So sollten Sie es versuchen! Mög-
licherweise ist Ihnen das Gluck hold.
Kommen Sie wieder als reicher Mann
Niemand soll mir dann willkommener
ein."
Eine Weile starrte der innge Mann
sie an. als begriffe er nicht ganz. Tann
nahm er seinen Hut und sagte mit
eigenthümlicher Hast:
Ich werde es thun, und es wird
mein Unglück sein, Miß Bessie! Leben
Sie wohl!"
Oder Ihr Glück!" gab sie ver
hcißungsvoll, mit dem süßesten Lächeln,
zurück.
Oder mein Glück!" murmelte
torm im Hinausgehen. Bessie war
allein.
Am Nachmittage desselben Taqes
empfing Miß Bessie Briggs den Besuch
Sir Huntcrs. Kaum hatte der hagere.
steife Engländer sie verlassen, als die
Mama Briggs in das Zimmer ihrer
Tochter gestürzt kam und sagte:
Du hast ihm doch nicht etwa Avan
cen gemacht, Kind?"
Nun. ich sollte wohl meinen! Es ist
ja dein Wunsch gewesen. Hat er nicht
mehr als zwanzigtausend Mark Rente?
Gehabt, gehabt!" fiel die alte Dame
ein. yunler spteit, spielt lernen
schaftlich. Er hat gestern und vor
gestern am Spieltische kolossale Sum
men verloren und soll jetzt ein armer
Mann sein!"
Ja, zum Kuckuck, was hat er dann
hier bei mir zu suchen?" fuhr Bessie
mit ungewohnter Lebhaftigkeit auf.
Es ist eine Unverschämtheit!" be
stütiqte Frau Briggs.
Hält er mich am Ende gar für
reich ?"
Nicht unmöglich! Aber du weint
nun. woran du bist. Richte dich da
nach!" Und Bessie Briggs sing an nachzu-
denken. Sie sah ein. daß auf Sir
Huntcr nur noch sehr schlecht zu rechnen
war. Vielleicht hatte das Gerücht auch
ein wenig übertrieben. Immerhin,
wenn er spielte, konnte auch bald das
Schlimmste eintreten. Richard Storm
. . .oh. der war so gut wie abgethan.
der arme Junge! Tie Liebe saß ihm
doch wirklich tief. Und alle die anderen
Verehrer? Es war zum ärgerlich wer
den! Schöne Redensarten, Eourschnei-
den, tausend Galanterien! Aber was
Nutzte dask Niemand mochte Ernst
machen. Da war es doch wohl schließ
lich noch das Beste, man sprach mit
Huntcr einmal ein ernstes Wort, ehe es
zu spät war. Gleich morgen früh wollte
sie ihn zu sich bestellen. Jetzt mußte
gehandelt werden.
Am nächsten Morgen waren die bei
den Damen in einer unbeschreiblichen
Aufregung. Von einem hochbejahrten
ranzöslschen Marquis, der mit seinen
wackeligen Beinen nur noch mühsam
durch die Welt, in der man sich amüfirt,
stelzte, und der aus leidlich vertrautem
Fuße mit Mrs. Briggs stand, hatte.
M
ÄMMMP
Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger.
man zwei sensationelle Neuigkeiten er
fahren. Der Marquis war in allen
Asscmbleen und Gesellschaften, nicht
minder aber in den Spielsalen zu niv
den. ohne selbst eigentlich zu spielen,
Hin und wieder einmal ein Jeuchcn",
sonst aber
Gestern Abends nun. wie er beobacht
tend durch die Säle schlenderte, sah er
Sir Hunter in furchtbarer Erregung
nach einem Büffet stürzen, um sich durch
einige hastig hinuntergegossene Glas
Ehampagncr zu beruhigen.
' Rninirt! Ruinirt!" DaS war das
Einzige, was er mit verstörtem Gesicht
herausbrachte.
Wie er hinterher erfuhr, verhielt
sich s thatsächlich so. Um die Spielver
lustc der letzten Tage wett zu machen.
hatte er ungewöhiilich hoch gesetzt und
Alles verloren. Da man einen Scan-
dal, Selbstmord oder Aehnlichcs be
fürchtete, hatte ihm die Bankleitung eine
Summe zur Verfügung gestellt, und
Sir Huntcr war noch in derselben Nacht
adaerclst.
( beiden Tamen sahen betroffen
einander an.
Na." fuhr der Marquis fort, das
ist ja nichts Besonderes, das kommt öf
ter vor. Aber ich sah noch etwas, das
schon bedeutend seltener ist. In einem
anderen Saale drängte sich die Menge
um einen lunqen Mann, der vom Spiel
glück auf geradezu fabelhafte Weise ver
folgt wurde. Und dabei war der
Mensch so ruhig, so kalt, und blickte so
starr darein, als ginge ihn das alles
nicht im geringsten an. Er hatte genug
zu thun, seine Taschen mit Banknoten
und dem rothen Mammon zu füllen, der
ihm zugeflogen kam. Schließlich erklärte
der Eropier. das Spiel unterbrechen zu
müssen. Der junge Mann hatte die
Bank gesprengt."
Und sein Name. Herr Marquis?"
fragte die Mutter.
Ein Deutscher, meine Gnädige, ein
Herr Sturm oder Storm ich weiß
nicht mehr genau!"
Die beiden Damen hatten Mühe, ihre
mächtige Erregung zu verbergen. Erst
als der alte Marquis sich verabschiedet
hatte, konnten sie ihren Empfindungen
freien Laus lassen.
Bessie triumphirte.
Ah. er wird bald hier sein! Ich
habe es ihm ja gesagt, daß es sein
Glück sein würde und meines," fügte
sie dann lachend hinzu.
Aber Stunde auf Stunde verrann.
und kein Herr Storm ließ sich blicken
Eine quälende Unruhe hatte Miß Bessie
ergriffen.
Endlich, am späten Nachmittag, fuhr
ein Wagen vor. dem der blonde Teutsche
entstieg. Eine unheimlich lange Zeit
verging, ehe Selma erschien, ihn anzu-
melden.
Jetzt war der Augenblick von Bessie'
Triumph gekommen. Gleichgültig, als
wüßte sie gar nichts, schaukelte sie im
Rockingchair auf und nieder. Ta
stand er.
Mein gnädiges Fräulein "
Ucberrascht schaute Bessie auf. Da
klang so kühl, so gemessen, daß es ihr
wie ein Frostschauer über den Körper
lief.
Ah, mein lieberFreund, Sie? Bitte.
nehmen Sie doch Platz!" sagte sie. aber
das Lächeln wollte ihr nicht auf die
Lippen, als sie in sein kaltes, förmliches
Antlitz sah.
Es lohnt nicht erst Platz zu nehmen,
mein gnädiges Fräulein," entgegnete
er. Ich kam, Sie um eine' große
Vesalligkcit zu bitten
Aber sprechen Sie. Herr Storm!
Sie wissen ja. das ist Alles für Sie
Er unterbrach sie mit einer unwilligen
Handbewegung.
Ich bitte.' Ihre bi?herige Zofe.
Fräulein Selma Schmidt, noch diese
Stunde aus.Jhrem Dienst zu entlassen.
Das Mädchen stammt aus einer mir
befreundeten, hochachtbaren Familie.
es war meine Jugendgespielin, und
wir haben uns immer gern gehabt.
sie hat eine gute Bildung genouen
und das Herz auf dem rechten Fleck.
Nur äußere Umstände haben sie ge-
noiuigi, in icuung zu geyen "
Beine war aus ihrem &tul)l aufae-
sprungen.
Und dieses Mädchen wollen Sie ... .
wollen Sie "
Heirathen!" ergänzte Storni mit
vollendeter Ruhe.
Die Amerikanerin sah ihn mit einem
unbeschreiblichen Blick von oben bis
unten an und brach dann in ein schrilles
Gelächter aus. Storm zuckte die
Achseln.
Ich lecrte Ihnen nietn Her, ,u
Füßen, Miß Briggs! Sie spielten
damit. Ihr Sinn stand nach Geld.
Ich habe aber nicht Lust, mein Bestes
verachtet zu sehen. Sie werden Werth
von Unwerth nie unterscheiden lernen.
Ich empfehle mich!"
Jawohl gehen Sie." schrie sie.
gehen Sie.. ..Sie.. ..Sie.. ..! Und
nehmen Sie das Mädchen mit. Keinen
Augenblick länger soll sie "
Ein hysterisches Aufschluchzen erstickte
ihre Stimme. Fassungslos sank sie
auf einen Tivan nieder. Als Mrs.
Briggs erwartungsfroh auf dem Schau
platze erschien, hatte Storm längst das
Zimmer verlassen. Kurze Zeit darauf
rollte der Wagen unten wieder davon.
Diesmal aber hatte der Kutscher einen
Reisetorb neben sich auf dem Bock, und
und im Wagen selbst saßen Richard
Storm und Selma, dicht aneinander
geschmiegt.
Da Kater und der Rochlöffel.
iii( chinesische l'nähluiig.
Eine alte Frau, die von der Mild-
thatigkcit ihrer Verwandten und Nach-
barn lebte, wohnte in der nächsten
Nähe ihres vermittmctcn Schwagers,
der einen einzigen Sohn befaß. Tie-
ser heirathcte ein hübsches junges Mäd
chen. Wie es die Sitte erheischte, kam
die Tante, um die Neuvermählte zu
besuchen. Im Laufe des Gespräches
erkundigte sie sich thcllnchmeno, ob sie
diese Nacht nicht ein verdächtiges Kratzen
in den Kisten,- die ihre Ausstattung ent
hielten, vernommen habe. Das Frau
chen verneinte.
Nach wenigen Tagen wiederholte die
Tante ihren Besuch und wurde von der
Nichte mit den Worten begrüßt:
Denke Dir. ehe Tu mich darauf auf
mertsam machtest, hörte ich keinerlei
Geräusch: seither aber lausche ich jede
Nacht und glaube wirtlich ein eigen-
Ihunilichcs Kratzen und Nagen in mci
nen Koffern zu vernehmen."
Du mußt sehr vorsichtig sein und
Deine Kleider oft nachsehen, denn Ihr
scheint Mäuse zu haben. Eines Tage
kannst Du die unliebsame Entdeckung
machen, daß Deine besten Kleider zer-
nagt sind. Habt Ihr keine Katze?"
Die Alte wußte ganz gut, daß keine
im Hause sei. Als die junge Frau ver-
neinte, bot sie ihren eigenen schwarz-
weißen Kater an.
i DaS ist der beste Mauser im aan-
zen Ort, Du sollst sehen, wie bald Ihr
von der lästigen Plage befreit sein
werdet.
Tie junge Frau nahm das Anerbie
ten dankend an, holte den Kater noch
an demselben Tage ab und setzte ihn
zwischen die verdächtigen Kisten. Als
sie aber nach einigen Stunden in das
Zimmer trat, war er verschwunden
Sie sagte sich, daß das Thier gewiß
nach Hause gelaufen sei und bcküm-
inerte lich nicht weiter darum.
Ter Kater war wirklich daheim; die
schlaue Alte aber, die ihren Vortheil
wahren und die junge Frau nebenbei
arqcrn wollte, versteckte das Thier sorg
fältig und ging nach einigen Tagen
wieder zu ihren Verwandten hinüber.
Ich komme, um meinen Kater zu
holen. Ehe ich ihn Euch borgte, hatte
ich keine einzige Maus im Hause. In
den wenigen Tagen seitdem der Kater
bei Euch ist, wimmelt es bei mir von
Mäusen, so daß ich heute nicht einmal
chlafen konnte."
Der Kater ist noch an demselben
Tage davongelaufen. Ich dachte, daß
er nach Hause gegangen fei," antwor-
tete die ninge Frau.
Keine Spur! Ich habe ihn nicht
wiedergesehen. Was mag mit meinem
Kleinod nur geschehen sein ? Nicht
auf der Welt kann mir daS liebe Thier
ersetzen," jammerte die Alte. Ich
selbst habe es großgezogen und wie ein
Kind gepflegt. So einen Mauser giebt
es nicht mehr! Auch ist die weiß-schwarz
gefleckte Rasse so selten, daß man sie bei
uns um theures Geld nicht bekommt.
So geht es, wenn man gegen seine
nächsten Verwandten freundlich sein
will! Ich beanspruche zweihundert Unzen
Silber Schadenersatz."
Tie junge Frau war über die hohe
Forderung für einen gewöhnlichen Ka
ter dermaßen erstaunt, daß sie sofort
ihren Schwiegervater aufsuchte und ihm
die ganze Geschichte erzählte. Dieser,
der den bösen Charakter seiner Schwä
gerin zur Genüge kannte, verbrachte
eine schlaflose Nacht, denn er wußte,
daß sie seine Schwiegertochter so lange
überlaufen und quälen werde, bis diese
ihr die zweihundert Unzen Silber be-
zahlen würde.
Die innge Frau, eine ,vremde in
jener Gegend, nahm die Sache leicht,
bis die Alte ihr das Leben zu verbittern
ansing, indem sie sie wegen des Katers
täglich besuchte. Endlich wurde es ihr
klar, daß sie sich energisch dagegen ver
wahren müsse, und sie erkundigte sich
bei ihrem Schwiegervater, ob sich die
Alte niemals von ihm etwas ausgeborgt
yave. oyne es zurückzugeben.
Meines Wissens nicht."
Vielleicht ein Werkzeug, eine Schüssel
oder etwas Reis?" beharrte die Schwie
gertochter.
Nein, das nicht, aber da fällt mir
Ro. 21).
ein. daß ich ihr vor langer, langer Zeit
einen alten iverthlosen Holzlöffel gelie
hen habe."
Und sie hat ihn nicht zurückgegeben?
Bestimmt nicht?"
Ta er werthloZ war, dachte ich nicht
daran, ihn zurückzufordern."
Als das alte Weib wiederkam und
auf Schadenersatz für ihren Kater drang,
erwidert ihr das kluge Frauchen, daß sie
den Löffel bringe, den sie einst geborgt
habe. ,
Der Löffel war alt und werthloS.
ich habe ihn Nachbarkindcrii zum Spie
len gegeben und diese haben ihn zer
krochen, worauf ich ihn in' Feuer
warf."
Tas kann Tir leid thun. Du willst
Dich und Tcine Familie durch Teinen
Kater bereichern? Ich und meine Fami
lie brauchen auch Geld. Ta Tu mir
unseren Löffel ebensowenig wiedergeben
kannst, wie ich Tir den Kater, wollen
wir zum Richter gehen und ihm unsere
Klagen vorlegen. Wenn er Deinen
Kater für wertbvoller erklärt, als mci
nen Löffel, will ich Deine Anfordern,,
gen befriedigen, widrigenfalls Tu die
Summe mir zu bezahlen hast. Tas ist
mein letztes Wort," erklärte die junge
Frau energisch.
Es sei.'" entschied die Alte, welche
überzeugt war. daß jeder Richter ihre
Katze für werthvoller halten müsse, als
einen alten Holzlöffel. Noch an dem
selben Zage begaben sie sich zu einem
Richter. Tie Jüngere gewährte der
Acltercn höflich den Vortritt und ließ
sie zuerst sprechen. Diese erzählte aus
führlich den Fall, schilderte die Vorzüge
ihres Katers und beharrte bei den zwei
hundert Unzen Silbers. Nun forderte
der Richter die Junge auf, sich zu ver
theidigcn. Ich kann nicht leugnen, daß sich die
Sache so verhielt, aber ich habe eine
Gegenforderung für einen Holzlöffel zu
stellen, den sie sich von uns geborgt und
nicht zurückgegeben hat. Im Volks
munde heißt es. daß man in der Scheibe
des Vollmondes den Namen, die Zweige
und die Blätter eines Zimmtbaumes
genau sehen kann. Nun denn, der
Wind wehte eines Tages einen Zweig
dieses Baumes vor die Thüre meines
Schwiegervaters und er ließ einen Lös
fel davon machen. In welchen Topf
man diesen Löffel auch steckte, ob in
Wein, Oel, Reis oder Geld, es vermin
derte sich nichl. Ein Wirthshausbesitzer,
der von der Wunderkraft dieses Löffels
Kenntniß erlangt hatte, bot meinem
Schwiegervater zehntausend Unzen Sil
bers dafür, aber dieser schlug das An
erbieten ab. Und diesen Löffel, der
wohl alt und abgebraucht war, lieh
mein Schwiegervater der Klägerin, und
sie vernichtete ihn. Jetzt urtheile Du,
weiser Richter, ob Du die Katze oder
den Löffel für werthvoller hältst."
Dem Richter wurde nach dieser Ver
theidigung klar, daß die Katze der Alten
nur als Vorwand zu einer Erpressung
diente und daß die spinne die ffiefckirfit'e
mit dem Löffel, der vom Mond gefal-
ten, nur erfunden hatte, um die Alte
zu Übertrumpfen. Kr kckien einen 9Tn
genblick nachzudenken, dann sagte er mit
oer Äuroe. wie ,ie chinesische Richter
zur tecgau zu lragen pflegen: Die eine
tuge ieoi oie anoere aus. Tie Katze
icyelnk woyl ein nützliches Thier gewe
sen Zu sein, aber durck ivn 9riuft w
Wunderlöffels erwächst dessen Besitzer
aucy ein oeiracykllcyer Schaden, so daß
ich keine von Euck zur ,iblna nentr.
theilen kann. Gehet in Frieden heim!"
Ein wenia Muttcrwik sitte des jun
gen Frau für immer Slfnhe nnr her hna
Haften Alten verschafft.
Ueber die Tabacksdosen
Friedrichs des Großen brachte die ,.N.
Ztg." jüngst eine Mittheilung, nach
welcher der Könia eine Kammln,i hn
etwa 1500 kostbaren Tosen besessen
yave. Ai Gewaorsmann war Dien
donne Tbicbault angegeben, der 1805
in Paris "lies Souvenirs de vingt
ans de sejour a Berlin" Heransge
aeben bat. Es tuiirhe Minn sn 'k
die Zahl der Tosen sehr wahrscheinlich
stark übertrieben sei, wie denn auch
Thiebault bei der Angabe der Zahl
1500 vorsichtig hinzusetzt: "dit-on".
Viel zutreffender werden, wie dasselbe
Blatt schreibt, die Annähen he3
merhusaren Friedrichs des Großen sein
der in seinen Glossen zu I. G. v. Zim'
mermanns Buck: ..Ueber fti-iehi-i, w
Große und meine Unterredung mit ihm
iurz vor ,einem ode" die Zahl der
Dosen auf etwa 130 nn; n
diese Zahl ist schon sehr bedeutend, zu-
mai wenn man bedenkt, daß sich unter
ihnen Eremvlare im 9iWfi t in .
000 Thalern befanden. Die Frage
s,! ik 7.r . y P
luuyui uiqc v,en naoi oem 400e des
Königs gekommen sind, ist wohl kaum
zu beantworten, edenkailz w strus.
" , , m r (jtvv-
nch der Große über einige bereits zu
,nnen eozciien veNlMMte Verfügungen
getronen. In seinem letzten Will,
den der König bereits am 6. Januar
177'.' gi'fchlikbeli hatte, ve: macht er als
Legate auch goldene To'n. Meiner
Schwester von AnZpach." so heißt ti
wörtlich, eine Tose, zehntausend Z Ha
ler werth, die sich in iiieiner Schatulle
l'ks-.üLct, und ein Vr-reU.:i;(m'ue aus
der Berliner Fad:ik." Ebenso ver
machte der König feiner Schwester, der
Königin von Schweden, ferner seiner
Schwester ?mali und der Frau seine?
Bruders Ferdinand, dann auch der
Prinzessin von Oranien und der Her
zogin von Württemberg, sowie seiner
Nichte von Schwebt, Gemahlin deS
Prinzen von Württemberg, und dem
Prinzen Ferdinand von Braunschweig
goldene Tosen. Einige von ihnen wer
den als solche bezeichnet, die mit Bril
lauten befetzt waren. Als Werth ist
meistens vom König. 10. 00Zhaler an
gegeben, nur bei einer 00') Thaler.
Das Verbleiben dieser acht Tosen ist
also nachweisbar, während für das der
übrigen vorläufig jeder Anhalt fehlt.
Möglich ist, daß sie in der Zeit der
schweren Noth eingeschmolzen und zu
baarcm Gelde eingeprägt wurden.
?as Rumfläschchcn.
Ein heiteres Erlebniß Eharlotte Emb
dens, das diese gern zum Besten gab,
wird in der N. Fr. Pr." wie folgt er
zahlt: Wie man weiß, hatte die Kai
serin Elisabeth vor mehreren Jahren
eigens eine Reise nach Hamburg unter
nominell, um die Schwester Heine's
kennen zu lernen. Tie Kaiserin bestand
darauf, daß die greise Frau Embden sie
"saus gone", und zwar in Schlafrock
und Hausschuhen, empfange. Bebend
vor Aufregung über den' ganz über
raschcnd getommcncn Besuch, mußte
Frau Embden so wie sie war" vor die
Fürstin treten, und sie hatte nur noch
Zeit, etwas Parfüm in ihr Taschentuch
zu tropfen, um alsbald vor der Kaiserin
zu erscheinen. Ticse nahm ihr durch
die Herzlichkeit der Begrüßung bald
jede Befangenheit, indem sie der Greisin
beide Hände entgegenstreckte und dabei
sagte, wie unendlich sie sich freue, die
einzige vielgeliebte Schwester des von
ihr so hochverehrten Dichters endlich von
Angesicht zu Angesicht zu sehen. Wäh
rend sie nun wieder ihre Fassung ge
wann, konnte Frau Embden nament
lich während der Zeit, da ihr Sohn,
Baron Embden, auf Wunsch der Kai
serin dieser die Familicnbricfe Heines
vorlegte und erläuterte, ihre Aufmerk
samkeit wieder ihrer Umgebung zuwen
den. Da fand sie nun, daß sich ein
intensiver Rumgeruch im Zimmer ver-
breitete; doch bald vergaß sie das wie
der, ganz und gar von dem Eindrucke
in Anspruch genommen, den das Ge
spräch der Kaiserin auf sie machte, die
zahlreiche Stellen aus den Werken
Heines frei aus dem Gedächtniß reci
tirte. Nachdem sich die Kaiserin ent
fernt hatte, wurde Frau Embden neuer
dings des Rumgeruchcs gewahr, der
von ihr selbst auszugchen schien. Sie
suchte, untersuchte da! 'Sie hatte in
der ersten Aufregung bei Ankündigung
des Besuches statt der Flasche Kölnischen
Wassers ein Rumfläschchcn zu fassen ge
kriegt und davon ins Taschentuch ge
gössen. Die Majestät, so schloß Frau
Embden ihre Geschichte, muß noch heute
glauben, daß ich Rum trinke.
Ein dyU aus Westpreusjen.
In Wcstpreußen, so schreibt der
Hamburgische Eorrespondent, werden
die Eltern säumiger Kinder der Volks
schulen nach Ablauf des schulpflichtigen
Monats von dem Rektor der Schule zu
einer Konferenz eingeladen, in der sie
sich zu äußern haben, weshalb die Kin-
der die Schule versäumt haben. Zu
dieser Konferenz erschienen gewöhnlich
die Mütter, da die Bäter der Kinder in
Arbeit stehen.
Zwei mit einander bekannte Frauen
trafen nun kürzlich in Elbing vor einem
solchen Konferenzlokal zusammen, und
es entspann sich zwischen beiden Frauen
nachstehendes Gespräch:
Frau A.: Sint Se uch za Konfrenz
gcloade?"
Frau B.: Joa. meine Bengels
gehen uch goa nich önn de Schul.
Oeber den eencn Beugel ärga ich me
goa nich mea. To a doch nich mca önn
de Schul geht, so schöck öch ihn ebal .in
de Orbcit. Het de Jung möa doch all
so vehl Geld verdient, daß ich mea diß
Kleed gekooft hoab."
Frau A.: Se müsse denn doch dader
Schulstroof zoahle! Wie stets denn da
möt?" Frau B.: (jene kleene Thecl zoahl
öch, das meiste oabcr muß mein Mann
abbromme gehe. Hat doch dises Ab
bromme noch etwas guttes für uns!"
Frau A.: Na, was denn?"
Frau B.: Früha hat mein Mann
Sunntags ömma gewöhnlich vehl Be
such von seine Freinde bekomme; dann
hoabe se sich ömma bcsoffe und meina
Mann hat dann ömma große Schkan
doal gemacht, uch Montags woar a
dann noch goa nich nüchtern. Nu oaber
wann Schulstroof zu zoahle öß. muß
meina 'Mann önnoadeiid önn e rothe
Torm" (früheres Polizeigcfüngniß dort,
rother Thurm" genannt) gehe, und
öch hoab dann Sunntags keine Schkan
doal nich mea. und wenn er dcnn Mon
tags Morgens aus dem Torm raussa
kömmt, hoab ich e nüchtre Mann!"
Rasern cnbofbliithe.
Unterofmier: ..Sind Sie aber faul!
Ich glaube, Sie würden als Turtel
taube nicht einmel turteln!"