Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, September 14, 1899, Image 11

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    3n der Raiserstadt Berlin.
Börlin. Ogust de stwwte d. Mis.
EtaatSicitungs.?!uKspapcr. Neu York
11. S. akrr dik Atlantik.
Mistcr Editcr!
J Jch un die Fämili
fein säs'vn all right
l hicr arrcivt. Es war
in Rk?epi,qrn am
Ticpot an akaunt
weil ich im Kognito
trävcl vun wkgk
you know.
Wann mcr be
denkt, daß Börkin
die Köpittel Zitty
von Prciße is, da
muß mcr sage: Alle
Achtung! Awwer als
dcitsche Rcichshaupt
stadt hatt Ich eigcnt
cich e BiSle mehr expekt. For Jnstcnz
die Nuhspäpcrs. Wann Ich aach im
ffognito gcträwwclt sein, e Neu Yorker
Päper hätt doch wenigstens en Sofiriett)
Editcr am Ticpot gchatt un hier Hot
liirwerhaupt noch gar nix dcrvo drein
gestanne.
Was hicr in Teitschland die Bjutti
iS. dcS is, daß des Mazct-Kammitti
hikrinconutinonsPcrformanceZcssion
is. Wo mcr higeht un wo mcr cr
kimmt, iiwwcrall musz mcr wicdcr
cischrciwc, wic mcr heißt, wie alt mer
is, wo mcr hcrlimmt, was mcr for e
Bübncb Hot un so fort czctercr. Ich
glcich ze wisse, wem sei Büsncß des is,
was Ich for e Biisneß habe: Mich
wunncrt daß mer nct in die Anmcl
dungsblänks creischreiwwe muß. wo
mer's her Hot.
E anncre Sach, wo mcr hicr aufge
falle is, des is wcll des dcrf Ich nct
sagc vun wege Prcßfrcihcit un Staats
anmalt. Un dann wcll dcs derf Ich
wieder nct sagc vun wcge Ausweisung
-.in Lcnsur. Un seinclli well Ich
dcnk, es is safcr wann Ich Jhne des
bei Wort von Mund pörsonclli erzähl,
dann Ich will nct in Trowwcl kimme.
sunst is cs awwer hicr schr schö, un
cspeschclli Hot mer sei pörsoncll
Libcrty. enihcu so lang, wie mcr sei
Maul hält.
Daß Tcitfchland gegc uns (Ich mein
gcge die Juneited States) is, dcs is
Alles Nansenz. Jcdcr Teitsche hicr,
dcr scgt Eim, das; cr die Amörikans
hochachte thut. Er dcnkt blos, daß
jcdcr AmörikSn e gcborncr Liigncr,
Humbugger, Schwindler un Gauner
wär. wo mcr nct unner Eid glaabe
dcrft, un wo Eim hölzerne Tchinke odcr
blcchcrne Lcbcrworscht oder papicrne
Aktie (sprich: Stacks), wo nix wie
Wasser sein, vcrkaast, awwer sunst is
die Stimmung gcge uns e sehr frcind
lichcs csprschclli was das Annehme vun
Trinkgelder un dcs Charge von hohe
Preis wann mcr was kaaft, betrefft.
Wann mer awwer for Alles ornlich be
zahlt un derzu scgt.. daß mer so was
Schönes in seim Lewe noch nct gesche
hütt, da kann mcr mit die Leit hicr
ganz gut stimme.
Es that mer üwwcrhaupt hicr ganz
gut gefalle, wann net so viel Amöri
küns un cspeschclli Neu Yorkers hicr
wür'n. Tadorch. daß so viel Annere
hicr sein, da fällt mer gar net so richtig
auf. Ich sein heint sogar dem Grocer
vun dcr annere Eck äkroß unserer Straß
hicr bcgcgnet. Jctzt möcht Ich wisse,
was dcr for e Büßncß Hot. nach Juropp
ze träwwle un wo er das Geld derzu
her Hot. To sollte Sie was drüwmer
cncisctzc, daß dcS nct pätiotisch vun die
Tutch Amöritüns is, immer hier
rüwwer ze träwwle un ihr Geld hier zc
verspendc. Tie Leit hawwe doch ihr
Geld drüwwe gemacht un da solle sie's
aach driiwwe spende. Hab Ich Recht,
Mister Editcr. oder hab Ich nct Recht?
In meim nexte Tispätschbrief werd
Ich mehr in seintiffik Teskriptschen un
volkswissenschaftliche Erklärung eigchn.
Jor hcint sein Ich so lang
Mit Rigards
YourS
John Ritsch. Esq.
Börlin. Ogust de ncinte d. Mts.
Mister Editcr!
Ticf beschämt sich Ich vor Ihrem
A:ig wege Eibildung un Hoffarth.
Nämlich Ich hcn immer gedacht, mir
wür'n (bei Uns mein Ich die Amöri
küns) dcs auscrwähltc Bolk. Jctz.
nachdem Ich in Börlin ärreivt scin und
scicntiffik völkerrechtliche Wiffcnfchafts
jiubie gemacht hcn. da sch Ich ei. daß
mcr gar nct drein sein dermit. Well,
cs macht mer nct so vicl aus. bikohs.
wcil Ich e Tschörmün bin: da scin Ich
ja in jcdcm Fall gedeckt.
Nämlich die Börlincr. die hawwe
mcr crst e Licht uffgcstcckt. was cigcnt
lich Tschörmüny (sprich Germany) is.
Ich hen es Alles eistecke müsse. Ich
war sor Jnstcnz in eine Saloon zum
Zeiche ihrer geistige un wirthschaftliche
Ucbcrlcgehcit hawwe nämlich die Preuße
lauter Bayrische Bierstube for pro
mincnte Saloons also Ich war in so
cmc Platz un Ich hen des is unner
Uns e Bißle blowe wolle dermit. daß
Ich en Amörikän scin. da Hot mcr glei
e jungcr Tschcntclmän vun e Jahrcrs
zwciczwauzig bis neinzchn. wo gesagt
bot, cr wär e echter Börlincr un e
schinucin Tcitschcr (sci Name war
Krapolsky) gesagt, mir Amöriläns
wär'n nir wie Jingos und Schowwiniste
un Prahlbäns, un wann mir nor emol
e schicfcs Maul gcge Tcitfchland zcige
thätc. da könnt ei einzige Kompcnie
preißische Infanterie die ganze Juneited
States dkmolifche. vernichte, annihiläte
srrMX
wm&
P
un bifcits vollständig kapt machc un
zwar mikaus ze fchießc. ncr bei en
Parademarsch im langsame Schritt mit
Nachzahle ze präklise.
Tie sämmtliche preienle Kompeni Hot
dcm junge Jüngling Rccht gcgcwwe.
Ich hen also nix mache könne.
Tann is so e Zschentclmän in Juni
form, e sekenhändiger Leutnant (hier
heiße sie's Sckund Luttcncnt) in de
Teiälog gcsalle un Hot gesagt, die
amörikän Armi war schun aus dcm
Grund nix nutz, wcil se leine Idee von
Poanl donnör hätte. Es wär vorge
kimme. daß e amörikän Käpten un
ttompenitschicf aktschclli vun eine be
soffene Zifiliste angcrcmpclt worn wär,
un er hütt noch nct emol de leichteste
Effort gemacht, den Mann tcdt ze
steche.
Ter sclwige junge Afnsfer Hot grad
derfor erzählt gchatt. daß er dorch en
ungeheuer schlaue un diplommatik Lei
ter an sci verwittwete Mutter dcs Geld,
wo fei zwei Schwestern noch als Erb
schaft hawwe er Hot ze verstchn gc
gcwwe. daß die Mädcher heimlich e
Bißle sticke un fenzi Nicdclwork mache,
was er awwer of course nct wiffe dcrft,
weil dcs e Tchand for die Fümili wär
daß er dcs Gcld, Hot er gesagt, dun
der Alti erausgeschlage hätt un kon
sequcntli an dcm Abcnd e Schö'cher
mache werd. (Er Hot aach Schampähn
uffmache losse.)
Well, es hawwe sich immer noch Leit
an dem Teiälog bcthciligt und Ich fein
feiuclli ganz drunner dorch gewefe.
Enihau hen ich gcfehe. Mistcr Editcr.
daß die Teitsche, espcschelli die Preiße.
uns üwwer sein.
Mit diesem Wunsche sein Ich bei
Wcier John R i t ch , Esq.
Tie Berliner Weiße" kann mcr ge
stöhle wern. Es ncmmt e Tußend
Kümmel un acht Brändis. for de Mage
wieder in Bälänz zu bringe, wenn mer
zwei oder fünf bis nein dcrvo zctrunle
Hot.
Die ersten Eisenbahnen.
Wie allgemein bekannt, hatten die
ersten Eisenbahnen stark unter dcr
Spott- und Zweifclsucht dcr damali
gcn Generation- zu leiden, die in dem
Neuen nichts Gutes sah oder seyen
wollte. Einige bisher nicht allgemein
bekannte Aussprüche theilt die Frkf.
Ztg." mit: König Friedrich Wilhelm
dcr Tritte war ein großer Gegner dcr
ersten geplanten Eisenbahnlinie von
Berlin nach Potsdam. Kann mir
keine große Glückseligkeit dabei verfiel
lcn, ob man einige Stunden früher in
Potsdam ankommt odcr nicht," hatte
er übelgelaunt bemerkt, als man ihm
von dcr Eisenbahn gesprochen, und die
gleiche Ansicht theilte der damalige
preußische Postmeister v. Nagler. der,
über die Aussichten der Bahn besragt,
äußerte: Tummes Zeug! Ich lasse
täglich diverse sechssiße Posten nach
Potsdam gehen und es sitzt Niemand
drinnen. Nun wollen die Leute gar
eine Eisenbahn dahin bauen! Wenn
sie ihr Geld absolut loswerden wollen,
so werfen sie es doch gleich lieber zum
Fenster hinaus, ehe sie cs zu solchen
unsinnigen Unternehmungen hergc-den!"
Ter Kronprinz, spätere König Fried-
rich Wilhelm dcr Bicrtc, dachte anders.
prophetisch hatte er ausgerufen: Die-
scn Karrcn, der durch die Welt rollt,
hält kein Menschenarm mehr auf!"
Friedrich Wilhelm dcr Dritte war zu
einer Fahrt auf der Eisenbahn nicht zu
bewegen, er fuhr stets im Wagcn nach
Potsdam, bis es auf einem Hosfeste
zwei Ministern durch ein hinter einem
Vorhang absichtlich geführtes Gespräch,
das der König hören mußte, gelungen
sein soll, diesen von seiner ungünstigen
Ansicht zu bekehren.
Was mag nur der Grund scin, daß
Seine Majestät nie mit dcr Eisenbahn
fährt?" fragte der eine dcr hohen Staats
beamten. Tas Volk meint, es wäre Furcht vor
einem Unglücksfallc."
Unmöglich, ein König, dcr in der
Schlacht bci Kulm kommandirt hat, dcr
kennt keine Furcht!"
Aber was kann denn fönst dcr Grund
scin?"
Ich glaube, daß Seine Majestät
schlecht berathen ist und meint, die Ei
senbahnen würden den Staat mit zu
vielen Schulden belasten."
Tann ist es allerdings die höchste
Zeit, Sr. Majestät eine andere Mei
nung beizubringen."
Das dürfte Herrn v. Naglcr gcgcn
über schwer halten!"
Tas Gespräch that seine Wirkung,
am nächsten Tage bereits suhr dcr Kö
nig , in Begleitung dcs Kornprinzen
nach Potsdam und dcdicntc sich von da
an häufig der Bahn.
Auch die Behörden betrachteten zu
nächst die neue Erfindung" mit unvcr
hohlcncm Mißtrauen, denn als einst
der Berliner Stadtrath Kcibcl den
Zöglingen des Fricdrich-Maisenhauses
eine besondere Freude dadurch berci
tcte, daß er sie mit dcr Bahn nach
Potsdam fahren und dort bewirthen
ließ, erhielt er von dcm Berliner Ma
gistrat eine Rüge, in die vorwurfsvolle
Frage gekleidet, ob er denn nicht an die
Gefahren gedacht, denen er die Waisen
linder ausgesetzt hätte?
Als die von Berlin nach Dresden
geplante Eisenbahnstrecke über Prts
dam geleitet werden sollte, erklärte das
sächsische Komite. daß daran gar nicht
zu denken sei. denn die Bahn könnte
aus dem in einem Kessel liegenden
Potsdam nicht wicdcr herauskommen!
Ucbrigens verkehrten die Züge zwischen
Berlin und Potsdam nur am Tage,
Nachts ruhte der Bctricd dcr großen
Gefährlichkeit halber." Ader auch am
Tage ?uhr die Bahn fo langsam, daß
spöttische Bittschriften an die Direktion
geschickt wurden, dcs Inhalts, baß doch
endlich die Belästigung der Jahrgüste
wahrend der Fahrt durch Bettler auf'
hören möchte, vor Allem möchte man
auf die Invaliden mit Stelzfüßen
achten, welche neben dem Zuge herlie
fcn und um milde Gaben bäten. Als
ein sichcrcr Prophct erwies sich Friedrich
Litt, der grone Nationalokonom. der
mit flammendem Eifer, in Wort und
chrlst. für dcn Bau von Eisenbahnen
eintrat. In einer 183-1 erschienenen
Flugschrift beißt es: Turch ein von
Berlin ausstrahlendes Eisenbahnsystcm
wird diese -tadt zum Zentralvunkte
von Teutschland und im Laufe der Zeit
zur voye von Paris sich erheben."
ferner wies List auf den militärischen
Werth der Eisenbahnen hin und be
merkte: Eine Eisenbahn durch das
Herz von Teutschland nach Köln und
die Verbindung mit dcm belgischen
Systeme bcdcute mehr, als ein fiegrei
cher Krieg; es sei ein wahres Glück für
Teutschland, daß Frankreich in diesem
Augenblick und vielleicht noch ein Jahr
zehnt durch seine inneren Wirren in
Schach gehalten werde; es sci schade,
wenn diese Zeit nicht benutzt würde.
Es würde den Geist der dcutschcn Na
tion unendlich erheben, wenn man den
Franzosen ein mal vorginge, statt
ihnen zu folgen, ja, es könnte sich be
geben, daß einst Frankreich und Ruß
land sich die Hände reichten, und für
einen solchen Fall scicn die Vortheile
eines deutschen Eisenbahnsystcms unbe
rechenbar!" Der Thee der Herzogin.
Nachdem dcr Herzog Silvcstro von
Guastalla im ersten Viertel des 18.
Jahrhunderts durch eine Volkserhebung
entthront worden war, erwählte das
Volk seinen Oheim, dcn Hcrzog de' Te
dici. zum Herrscher des Fürstenthums,
mit der Bedingung jedoch, daß &iU
vcstros jungcr und allerliebster Neffe
Filippo d'Averardo dem kinderlosen
neuen Herrscher folgen sollte. Ter
Thronfolger, der während der letzten
Jahre in Piacenza geweilt hatte, traf
nun alsbald wicdcr in Guastalla ein
und wurde auf das Entgegenkam
mendste von dcr ganzen herzoglichen
Familie empfangen, mit Ausnahme
dcr Herzogin Bcatrice, Gemahlin Sil
vcstros. die in Guastalla zurückgeblieben
und ihrem Manne nicht in's Exil gefolgt
war. um im Geheimen für seine Wie
dercinsctzung zu wirken. Man hatte ihr
aus ihr Ansuchen gestattet, in Guastalla
zu bleiben und sogar ihre ehemalige
Residenz auch fürdcrhin zu bewohnen.
Tort lcbte sie, völlig vereinsamt und
zurückgezogen, stets sür sich allein. Sie
nahm niemals theil an den Festen und
Vergnügungen dcs Hofes, verkehrte aber
auf das Herzlichste mit ihrem Oheim,
dcm Hcrzog de' Tedici. der sie wie eine
Tochter liebte und ihr immer noch wie
eine regierende Fürstin begegnete.
Trotz aller Zureden weigerte sie sich
aber auf das Entschiedendste. den Thron-
folger Filippo anzuerkennen, und dieser
hielt sich verletzt im Hintergründe. Ter
Hcrzog de' Tedici beschloß endlich, dieser
Spannung cin Ende zu bereiten und
ersuchte die Herzogin Bcatrice dringend,
dcn Thronfolger bei sich zu empfangen.
Tie junge entthronte Fürstin gab dem
Trängen nach langem Widerstreben
nach. Ein großes Fest wurde in dem
von Beatricc bewohnten Palast vcran
staltet, und Filippo dazu eingeladen.
Man hatte ihm im Voraus mitgetheilt,
daß dieses Fest kein sehr heiteres fein
würde, da jcdc Musik davon verbannt
sei infolge dcr trauernden Gemüths
stimmung der Herzogin, und daß allein
das Kartenspiel die Kosten dcr Unter
Haltung zu tragen habe. Auch der
ganze Hof und sämmtliche Vornehmen
der Hauptstadt waren zu diesem Feste
geladen.
Am Abend vorher erhielt Bcatrice
durch Michcle Valori. einen getreuen
Ticner ihres Gemahls, dcr diesen auf
feiner Flucht begleitet hatte, die gc
Heime Botschaft, daß Silvcstro in Ve
ncdig. wohin er sich gewandt, plötzlich
verschieden sci. Tie Aerzte hätten cin
hitzigcs Ficber als Todesursache ange
leben, cs bestehe jedoch der schwerwie
cnde Verdacht, daß Silvcstro durch
Gift aus dcm Leben geschafft worden
sci.
Bcatrkc, die mit zärtlichster Liebe
an dcm Gemahl hing, war völlig nie
dcrgcschmcttert durch diese Unhcilskunde,
allein ihrer leidenschaftlichen Natur
entsprechend, begnügte sie sich nicht mit
der Trauer, sondern wollte den Todten
auch gerächt wissen. Bci der Abnei
gung, die sie von scher gegen dcn jungen
Filippo gehcgt hattc, bedürfte es für
sie gar keines weiteren Beweises, daß
dieser ihren Gatten habe beseitigen
lassen, um sich die Thronfolge auf alle
Fälle zu sichern.
Trotzdem gewann sie es über sich, bci
dem Fcste am folgenden Abend mit
vollendeter ' Anmuth und äußerstem
Entgegenkommen die Wirthin zu
machen. Ja. sie ließ sich sogar herbei,
mit Filippo und zwei der vornehmsten
Edelleute des Hofes eine Partie zu
spielen. Alle Welt war entzückt von
ihrer Lebhaftigkeit und ihrem geistvollen
Gcplaudcr. -
Als das Spicl beendet war, wurde
dcr Thee gereicht, und vor die Herzogin
stellte ein Tiener eine Platte aus mas.
sivem Golde mit zwei T äffen, eine für
die Herzogin und die andere für den
Thronsolger. Bcatrice goß eigenhändig
den würzigen Trank in die beiden Taf
sen und mit ihren schlanken, weißen
Fingern überreichte sie lächelnd Filippo
die eine davon. Tiescr streckte bereits
die Hand aus, nachdem er sich dankend
und galant vor der jungen Fürstin
verneigt hatte, aber plötzlich fühlte er.
daß jemand nachdrücklich seine Schulter
mit dem Finger berührte.
filippo besä eine außergewöhnliche
Geistesgegenwart, er begriff sofort, daß
dieser Fingerdruck eine Warnung für
ihn bedeute. Ohne seine Ruhe und
Kaltblütigkeit zu verlieren, ohne daß
eine Muskel seines Antlitzes zuckte,
erwiderte er das Lächeln dcr Herzogin in
ungezwungcndster und freundlichster
Weise. Tie Tasse, die er bcrcits ergriffen
hatte, aus die Platte zurücksetzend, rief
er heiter aus: O, Madame, ich kann
unmöglich zugeben, daß Eure Hoheit
ncy bemühen sollte, mich eigenhändig zu
bedienen."
Mit diesen Worten nahm er das
kostbare Präsentirbrett in seine Hand,
drehte es um und brachte auf diese
Weise die von der Herzogin ihm zuge
dachte Tasse auf ihren eigenen Platz.
Alsdann nahm er seinen Sitz wieder
ein und ergriff die zweite Tasse, welche
die Herzogin ursprünglich für sich
selbst . eingcgosscn hatte, trank aber
nicht.
Bcatrice wurde leichenblaß, sie warf
einen verzweifelten Blick um sich, und
eS schien, als verlöre sie die Besinnung.
Aber nur kurze Zeit dauerte dieser Zu
stand. Rasch gefaßt lächelte sie dem
Thronfolger, der kein Auge von ihr
wandte, anmuthig zu, ergriff die Taffe
und schlürfte langfam ihren Inhalt,
ohne eine Miene zu verziehen.
Am nächsten Morgen fand man die
Herzogin entseelt in ihrem Bette. Man
nahm an. daß cin Gehirnschlag in
solch plötzlicher, unerwarteter Weise
ihrem Leben ein vorzeitiges Ende be
reitet habe und fand cin besonders er
greiscndcs Schicksalswaltcn und tra
gischcs Zusammentrcncn darin, als
crst nach mehreren Tagen auch dcr
Tod dcs Herzogs von Silvcstro in
Guastalla bekannt wurde. Niemand
ahnte, ' daß Beatrice seinen Tod an
demjenigen, dcn sie übrigens mit
Unrecht für seinen Mörder hielt,
hätte rächen wollen und dann, als sie
dies Vorhaben vereitelt sah. um sich
nicht zu verrathen, freiwillig dcm gc
licbtcn Gcmahl in's Jenseits gefolgt
war.
Bon dem eneral Michael Tko
vcicw,
welcher in letzter Zeit anläßlich dcs
Todes seiner Schwester, dcr schönen
Herzogin von Leuchtcnberg. wieder
mehrfach erwähnt worden ist. erzählt
der ruffische Oberst Wonlarlarsky, dcr
am Feldzuge 18771878 als Ordon-nanz-Offizier
des Obcrst-Eommandi-rcndcn
Großfürsten Nikolaus theil
nahm, in seinem soeben in Paris cr
schiencncn Buche ..Souvenir d'un
ofticier d'orclonnance" manchen
charakteristischen Zug. Es war wäh-
rend der Belagerung Von Plewna. al
Wonlarlarsky eines Tages vom Groß-
sursten den Austrag erhielt, nch zu
Skobelew zu begeben und ihm und
seinen Truppen die Anerkennung des
bcrvcscylshabers m einen külmcn
Vormarsch auszufprechen, durch dcn cs
skobelew gelungen war, feine Position
bis dicht an diejenige der Türken vor-
zulegen, Ter Gcneral, dccn Toll
kühnheit schon damals in dcr ganzen
Armee sprichwörtlich war. schlug dem
Abgesandten dcs Hauptquartiers vor,
mit ihm zusammen die ganze Stellung
abzureiten und so sämmtlichen in den
Schützengräben befindlichen Soldaten
seinen Austrag auszurichten. Tas
geschah zu Pferde, im Schritt, und
zwar aus der dcm Feinde zuge
wendeten Seite, während die Mann
schaftcn in den Gräben präsentirten.
Natürlich ließen die Türken sich nicht
die Gelegenheit entgehen, auf die nur
500 Meter entfernte Eavalcade zu
feuern, und so wurden denn auch wäh
rend dcs kurzen Umrittes on dcn clf
Mann der Eskorte zwei verwundet;
ganz nutzloser Weife, wie unser Gc
währsmann mit Rccht bemerkt. Aber
Skobelew liebte es. die Offiziere, die
man vom Stäbe zu ihm schickte, unter
dcm feindlichen Feuer spazieren zu füh
rcn. Gleich Murat war auch cr in der
Schlacht immer tadellos gekleidet, par
fumirt und frisirt. Seine Soldaten
hielten ihn sür unverwundbar. Er
selbst that alles, um sie in diesem
Glauben zu bestärken, und als ihn cin
mal ein Granatsplitter traf, war feine
eifrigste Sorge, ihnen dies zu verhcim
lichen. Auch Obcrst Wonlarlarsky
bekennt, daß niemand sich dem eigen
thümlichcn Zauber entziehen konnte,
welchen die Eigenart dcs ebenso tapfe
rcn wie excentrischen Generals aus
übte. Tie zwecklose und prahlerische
Promenade auf dcn Wällen von Plewna
hatte nichtsdestoweniger durchaus nicht
seinen Beisall.
Napoleon und die Katzen.
Es war im Jahre 181',, und das
Schiff, das den Gewaltigsten Europas
nunmehr nach St. Helena in die ewige
Verbannung führen sollte, lag zum
Auslaufen bereit, als irgend ein lusti
ger Geist sich in Ehester und den um
liegenden Städten folgenden Scherz
erlaubte: Turch ein außerordentlich gut
verfaßtes Plakat forderte er sämmtliche
Leser auf, sofort bei dcm Schiffskom
Mandanten alle Katzen adzulicscrn. wcil
auf Samt Helena so unzählige Ratten
lcdten, daß sie eigentlich alles, was
nicht niet und nagelfest war, sofort
zernagten. Napoleon würde darum,
wenn nicht durch Einführung von min
bestens 10.000 Katzen radikale Abhilft
gegen diese Landplage geschafft würde,
sicherlich auf diesem öden Eilande nicht
leben können. Zum Schluß ward für
jede abgelieferte gesunde Mies fol
gcndcr Tarif bekannt gemacht : Für
Kater je 16, für ausgewachscne Katzen
je zehn, sür kleine Katzen je zwei Schil
ling, und für solche kleine Katzen, die
noch nicht selbst zu fressen verständen.
ik 10 Pences. welche der Stadt-
kassircr bei der Ablieferung sofort in
Baar auszahlen werde! Natürlich gab
es Thoren genug welche dic Proilama
tion ernst nahmen, und besonders wa
ren es die umwohnenden Bauern,
welche sofort mit allen verfügbaren
Katzen auf dem Markte erschienen, wo
sie zu ihrem Befremden erfuhren, man
habe sie gröblich geäfft. Fast alle ließen
in der ersten Aufwallung die Thiere
laufen und zuletzt rotteten sie sich zu
sammen, und cs fehlte nicht wenig da
ran. daß sie das Rathhaus gestürmt
und verwüstet hätten. In Ehester liefen
etwa 4000 Katzen herum, welche nach
und nach erlegt werden mußten. Bei
dem sogenannten Katzcntumult", un
ter welchem die englische Spezial
geschichte diesen Zwischensall verzeichnet
hat, sind nicht weniger als 30 Personen
erheblich verletzt worden. Obwohl die
Polizei auf den Thäter einen Preis von
50 Lstrl. aussetzte, ist es ihr doch nie
mals gelungen, ihn zu ermitteln.
Ter todte Soldat.
Bon Joliann abricl kkidkl.
Auf ferner, fremder Aue
Ta liegt ein todter Soldat,
Ein ungezählter, vergeff'ncr,
Wie brav er gctämpft auch hat.
Es reiten viel Generale
Mit Kreuzen an ihm vorbei;
Tenkt keiner daß, dcr da licgt.
Auch wcrth eines Kreuzleins sei.
Es ist um manchen Gesall'ncn
Viel Frag' und Jammer dort,
Doch sür dcn armen Soldaten
Gibt's weder Thräne noch Wort.
Toch ferne, wo cr zu Hause,
Ta fitzt bcim Abendroth,
Ein Vater voll banger Ahnung,
Und sagt: Gewiß,' er ist todt!"
Ta fitzt eine weinende Mutter
Und schluchzt laut: ..Gott helf','
Er hat sich angemeldet:
Die Uhr blieb stehen um Elf!"
Ta starrt cin blaffcs Mädchen
Hinaus in's Dämmerlicht:
Und ist er dahin und gestorben,
Meinem Herzen stirbt er nicht!"
Drei Augenpaarc schicken.
So heiß es ein Herz nur kann.
Für dcn armcn todten Soldaten
Ihre Thräncn zum Himmel hinan.
Und dcr Himmel nimmt die Thräncn
In einem Wölkchen auf.
Und trägt es zur fernen Aue
Hinüber in raschem Lauf;
Und gießt aus dcr Wolke die Thräncn
Auf's Haupt dcs Todten als Thau,
Taß er unbcweint nicht liege
Auf ferner, fremder Au'.
Tie ttronen der Königin Bictoria.
Tie Königin von England besitzt im
Ganzen drei Kronen, die aber nur bci
den seltensten Gelegenheiten benützt
werden. Bci dcn vielen öffentlichen
Funktionen, die die Königin anläßlich
lyrcs ictzicn Gcvurlsiagcs zu crsullcn
hatte, war nur bei einer einzigen Gc
lcgcnheit ihr Haupt mit einer Krone
gc'cymual; vcl dem großen Empfang
bei Liofe. den sie aeben mukte. Die
Krone, welche die Königin damals
trug, ist vierzig Jahre alt und wiegt
acht Unzen. Sie ist aus lauterem Gold
und mit einer Unzahl von Diamanten
übersät. 2673 weiße Diamanten und
523 rothe Edelsteine zieren die Krone.
Vor dieser Krone besaß die Königin
einen Goldreif, welchen man noch auf
ihren ältesten Porträts bemerken kann.
Tie Juwelen dieses Reifes waren schr
kostbar und gabcn im Sonnenlicht ein
prachtvolles Farbenspiel. Tiefes Diadem
und noch ein anderes von ähnlicher
Machart wurden benützt, wenn die
Königin mit einer feierlichen Ansprache
das Parlament eröffnete. Jedesmal
aber, wenn die Köniain im Oberbaus?
erscheinen wollte, würde die Staats-
irone seierticy aus dcm Aufbcwah
rungsraum im Tower von London
geholt und der Königin auf einem
Sammctkissen präscntir't. Tie Krone ist
vor 100 Jahren verfertigt worden und
kommt außer bci der erwähnten Gelegen-
hcit nie aus ihrer Gefangenschaft im
.cwcr ycraus.
ckine Frage.
Ben Akiba sagte einmal: Alles ist
schon dagewesen?" Hat er schon eine
Wasserhose mit Bügelfalten gesehen?"
Nebcrraschiing.
Junge Frnu (zum Ehemann, dcr
zum crstcn Mal, scit seiner Vcrhci
rathung, im Wirthshaus war): Was,
jetzt um 10 Uhr kommst Tu erst, Tu
Bruder Lüderlich!"
Mann starr): Großer Gott
und ich wollte mir den Hausschlüssel
holen!"
Z?zUac'l'rZch.
Herr: Ich bin Ehcf eines Aus-tunfts-Burcaus!"
Backfisch: Ach. da haben Sie'S ja
schr bequem, wenn Sie 'mal Auskunft
über sich haben wollen!"
Unmusikalisch.
Frau: Mcin Husten ist doch zu
schrecklich!"
Musiker: Ja. und mir ist er noch
vicl schrecklicher wie Tir Tu hustest
ja immer eine ganze Oktave zu hoch!"
Entschuldigung.
Richter (zum Angeklagten): Sie
haben sich eine Flasche Wein gekauft,
und mit falschem Gcld bezahlt?"
Angeklagter: Ich bitte, Herr Rich-
tcr. dcr Wcin war auch nicht echt!"
Uux Chemiker.
Freundin: Hast Tu es denn schon
mit Thränen versucht?"
Junge zzrau: Natürlich!"
Freundin: Und?"
Junge Frau: Er nahm mir das
Taschentuch 'weg und ging damit auf
sein Zimmer um die Thräncn zu
analysircn!"
Aufgescffen.
A. : Sie, der Meyer spricht dcn
ganzen Tag hintcr dcm Rücken seiner
Frau!"
B. : Warum denn?"
A. : Wcil er den ganzen Tag mit
ihr Tandem fährt."
2?csbaft.
Madame (zur Köchin): Was Sie
heute wieder für eine Auswahl von
Speisen haben! Marie, ich glaube,
Sie kochen für jeden Bräutigam"
extra!"
Aufrichtig.
Herr (zur Sängerin): Haben Sie,
Verehrtcste, viele Schwierigkeiten ge
habt beim Erlernen Ihrer schönen
Kunst?
Sängerin: O ja! Mit meinen Nach
barn. Im j?arfümeriekaden.
Kunde: Tas letzte mal gabcn Sie
mir Patschuli, doch dcr roch nach
Branntwein!"
Eommis: Unmöglich, meine Gnä
digc, da müssen Sie sich vcrrochen
haben!"
Stoßseufzer.
Tie Sclma vom Ballet hat mir
heute ihre Liebe geschworen. Ob man
an ihre Licbc glauben kann, was mei
ncn Sie?" Oh ja. ich habe auch
schon mal d'ran glauben müssen!"
Darum.
Tu. Stcrnfeld. hast Du vielleicht
einen überflüssigen Fünfer, den Du nit
brauchst? Leih mer'n."
Mit Vergnügen. Ta hast 'n."
Wie heißt, den erkennt mer doch
auf'n ersten Blick, daß er falsch ist."
Nu, darum brauch' ich ja den Fün
fcr nicht."
Lelistt'en'ußt.
Tochtcr dcs Hauses (auf dcm Balkon
eine Blume abzupfend): Er liebt mich,
liebt mich nicht, liebt mich "
Leutnant (der unbemerkt hintcr sie
getreten ist. sie umarmend): Jawohl,
cr liebt Sie. geschätztes Fräulein."
Standesgemäß.
Hcrr (zu dcr eben von einer schweren
Krankheit genesenen Baronin): Ge
statten Sie mir. dcr Freude über Ihre
Genesung Ausdruck zu geben, umso
mehr, als ja Frau Baronin fast am
Rande Ihrer Familiengruft schwebten."
Der böfiiche Sträfling.
Turchlaucht befindet sich auf einer
Inspektionsreise und besucht cin Ge
fangencnhaus. Als er in die Zelle
eines Schwerverbrechers tritt, springt
derselbe von feiner Pritsche auf und
spricht: Tarf ich Ihnen vielleicht mei
ncn Platz anbieten?"
23cini Schiedsrichter.
Ticncr: Im Vorzimmer streiten sich
die Parteien Müller und Schulze;
Müller hat den Schulze einen Ochsen,
und Schulze den Müller einen Esel gc
heißen! Schiedsrichter: Na, lassen Sie's nur
die sind ja heut' da. um sich zu vcr
gleichen. Unfehlbarer Maßstab.
1. Hcrr (auf dcr Soiree zu einem
Bekannten): Wie groß ist wohl der
Altersunterschied zwischen den beiden
Töchtern dcs Commcrzienrath?
2. Herr: Ich weiß es nicht gcnau,
aber er muß ziemlich groß fein, denn
die Eine bekommt 80.000 und die
Andere 150.000 Mark Mitgift.
Generöser Gast.
Einsanimclnde Sängerin (zu einein
Gaste, dcr bcrcits eine Stunde dem
Konzerte zugehört hat): Darf ich bitten.
Gast: Bin ja eben gekommen.
(Nach einer Stunde erscheint die
Sängerin wicdcr): Darf ich bitten.
Gast (ganz entrüstet): Aber Sie sind
doch eben erst dagewesen.
Lin guter Ratlz.
Ede: Nu sollte ick so nothwendig an
meinen Bankier tclcjrafircn und habe
keinen Pfennig in dcr Tasche."
Lude: Schafskopp. tclcjrafiredoch
ohne Draht!"