Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 17, 1899, Image 1

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Jahrgang 20.
? coln. Neb., Donnerstag, 17. 'August 1899
No. 43.
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Anölaud-Dcpcschcn.
Ter Scnsations Projetz
R.'nnes.
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Üi Bklagkrunq von Pariö.
Mercictt Zchiviiidclgkjchichtkii.
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Deutschland.
Berlin, 15. Aug.
. . Angksichis der kaiserlichen Erklärung
in Dortmund über den Mittellandt
iwl giebt der Neichsbote" den Konse:
vativen den Rath, ein royalistischeZ
Opfer zu bringen" und Etimmenthal
tung zu üben. Die Staatsbürzerzci'
tung" dagegen sagt, ti sei in der That
köstlich, einer großen politischen Partei
zuzumuthen, ihre Ueberzeugung den
t persönlichen Wünschen des Monarchen
Unterzuordnen. Die agrarische Dell',
sche Tageszeitung" erklärt Vertrauens
voll: Neuwahlen werden unsere Besten
nur stärken. (5s wäre sonderbar, wenn
die Regierung sich gegen Diejenigen er
klären wollte, die sonst ihre festesten
Stützen waren. Wir werden nur für
Kandidaten eintreten, die sich verpflicht
ten, die Kanalvorlage zu verwerfen."
Das Blatt spricht sich daher entschieden
gegen Stimmenthaltung aus; ein sol
ckes Verhallen wäre mit der Pflicht der
Aolksvertreter unvereinbar. Unsere
Ueberzeugung bleibt auch nach der
Dortmunder Rede fest und unerschüt
lert", schließt der Artikel.
Aehnlich wie die Deutsche Tageszei
tung", wenngleich in milderer Form,
äußert sich das konservative Hauptor
gan, die ..Kreuz-Zeitung". Sie sagt
u. Ä.: Ge. Majestät verlangt gewiß
nicht, daß wir gegen unsere Üeberzeu
qung stimmen sollen. Nächsten Dien-
!!ag ist Fraktionssitzung, und bei bie
er Gelegenheit werden die konservativ
den Abgeordneten die Sachlage noch
mals prüfen. Wenn diese, abgesehen
von den wenigen bisherigen Ausnah
men. das Kanälprojekt ihrer Ueberzeu
qung gemäß nochmals verwerfen, so
wird darin sicherlich keine Mißachtung
des Kaiserwillens liegen. Es fällt kei
nem Konservativen leicht, einem aller
höchsten Wunsche gegenüber Nein zu f
gm
Die liberalen Organe geben ihrer
lebhaften Genugthung über die tau
laichen Worte Ausdruck. Sie finden.
daß die zweite. Rede bei. Kaisers, du.
anläßlich des Ehrentrunkes im Rah)
Hause gehaltene, gleich scharf sei wie
die erste. Die Bossische Zeitung" sagt:
Die Agrarier haben ein gefährliches
Spiel getrieben, und sie haben es ver
loren. Es ist nunmehr sicher, daß eine
genügende Zahl umfallen" wird." Die
national - liberale National-Zkitüng"
sagt: Die Rede des Kaisers hat alle
Zweifel gelöst. Sie muß als ein klä
rendes und hoffentlich entscheidendes
Wort angesehen werden."
Im Rathhause, nach der Entgegen
nähme des Ehrenlrunks, sagte der
Kaiser: Hoffentlich wird der heutige
Tag einen Merkstein bilden im Fort
schreiten der Einsicht aller meiner Un
terthanen, daß es nothwendig ist, zu
weilen die eigenen Wünsche und Aspi
rationen dem Wohle des gesammtcn
Staates unterzuordnen. Es sind au
ßer dem Mittellandkanal auch große
Wasserarbeiten in den östlichen Pro
vinzen geplant. Nur durch Jneinan
dergreifen und ungestörtes Nebenein
anderbestehen von Industrie und
Landwirthschaft ist es möglich, den
Staat vorwärts zu bringen und auf
gesunder Basis weiter zu führen."
Der Berliner Magistrat hat be
schlössen, im Berwaltungsstreitver
.fahren den Klageiveg gegen die Stadt-verordneten-Bersammlung
zu beschrei
ten, weil diese in einer ihrer letzten
Sitzung den Beschluß gefaßt hat, auch
die Inhaber von Schlafstellen also
Personen ohne festes Domizil in die
Liste der Gcmeindewähler aufzuney
men. Auf Schloß Wilhelmshöhe ist der
militärische Gouverneur der jüngeren
kaiserlichen Prinzen, Oberleutnant v.
Rauch, vom 1. Garde-Regiment z. F..
der vorher als Lehrer im Infanterie
Lehrbataillon thätig war, nach kurzer
Kiankheit gestorben.
In Hamburg i't Blank's Möbelfa
brik niedergebrannt. Bei dem Ver
suche, des Feuers Herr zu werden, ha
den der Brandmeister Krüger und sein
Assistent Dunker Verletzungen davonge
tragen. In Marienburg bei Danzig ist aber
mals ein Brand ausgebrochen, welchem
zwei Häuser zum Opfer fielen. Zahl
reiche Bewohner dieser Hauser konnten
sich nur durch den Sprung in die Fang
tücker vor dem Feucrtode retten.
Der Hofzahnarzt Schneider aus Er
langen hat in Jena Selbstmord began-
gen.
England.
London, 15. August. .
In der Evening News" erzählt der
berüchtigte Major Esterhazy zum Zten
Male die lautere Wahrheit" betreffs
des Bordereau im Drcyfus-Falle. ' Er
bleibt dabei, daß er es schrieb. Er sagt
ferner, daß er das Dokument anfertig
te, um tinen Beweis gegen Drcyfus zu
schaffen, gegen den bereits eine Anzahl
Beweise' vorhanden waren, die aber
nicht benutzt werden konnten, ohne ce
wisse Personen blrszustellen, die noth
wendiger Weise im Hintergrund gehal
tin werden mußten.
, Frankreich.
Rennes. 1?. Aug.
Nur zwei oder drei Arbeiter, welch!
sich auf dem Wege zur Arbeit befanden,
waren Zeugen deZ Mor?angrifss aui
Labori. Der Platz irar gut ansät
toählt. da die Mcrrgesellen von Labor
nicht gesehen werden tonnten bis sie &
auf ihr Opser stürzten. Das Ende lei
Gasse war nämlich durch Buschwerl
verveckt. Da die Gasse in's freie Fel:
führte, so war auch die Flucht leicht
bewerkstelliaen.
Der Arbeiter Patouz. welcher der
Mordangriff beobachtete, sagte: Ak
ich die Straße entlang ging, sah ick tl
nen großen Mann schnell in der Rich
tung auf Rennes aus dem Leinpfad,
der Villaine dahinschreiten. Er truc
einen dunklen Anzug. Als dieser Manr
die Brücke eines Nebenflusses !vi
laine überschritt, traten zwei Manne?
von mittlerer Größe in dunklen An
zügen und mit runden weichen Hll:c7
aus dem freien Felde auf die Haupt
straße. Sie näherten sich Labori her
hinten, einer feuerte auf ihn aus näiy
ster Nähe einen Revolver ab. Ein Feh',
fchießen war wegen der Nähe unmög
lich.
Labori warf die Arme in die Lufi
und schrie: Oh la la!" (Ein bei der
Franzosen üblicher Ausdruck dec
Schmerzes und der Ueberraschung,
Er fiel nieder und ich mit ein ode,
zwei andern rannten herbei, aber dii
Mörder verschwanden in der Gasse
Rasch kamen die Gendarmen und aui
Frau Labori herbei.
U iS?
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abori, Drenfus' 'Anwalt.
Labori befand sich zur Zeit des A
tentats in Begleitung Picquarts und
dessen Schwager Gast. Beide verfolg
ten die Attentäter, konnten sie aber
nicht erreichen, weil sie beide stark ge
baut sind. Sie überließen darum die
Verfolgung einer Anzahl Arbeiter und
Bauern und kehrten zu dem SWiour:
deten zurück.
Dem Mörder trat ein Arbeiter en!-
gegen. Jener aber rif mit vorgehal
tenem Revolver: Latz mich pairen. u
habe Dreyfus erschossen!" Der Arbei-
ter war so verblüfft, daß er den Mörder
entkommen ließ.
8:30 Vm. Soeben ist folqendesBul-
letin ausaeaeben: .Der Anwalt Labori
wurde von hinten geschossen. Die Ku-
gel drang in den rechten Theil des
Brustkorbes in der Höhe des 5. oder 6.
Rückenwirbels. Der starke Blutverlust
macht eine Untersuchung der Tiefe der
Wunde zur Zeit unmöglich. Die un
terzeichneten 4 Aerzte hoffen, daß dik
Kugel in den die Wirbelsäule umgeben
den Muskeln sitzt."
Renaud, Reichie. Hoissaud. Videl.
Die Gattin des Verwundeten, eine
Amerikanerin, eilte sofort nach derMel
dung von der That nach der Stätte deZ
Unglücks. Sie nahm den Kopf des
Verwundeten, der denselben durch fei
nen kleinen Koffer gestützt hatte, in
welchem sich seine Akten befanden, in
den Schooß und fächelte ihm Kühluna
zu.
Im G:richtszimmer erregte die Mel
dung von dem Attentate eine gewaltige
Erregung. Oberst Jouaust vertagte
die Sitzung bis 7:15.
Um 7:20 trat das Kriegsgericht wie
der zusammen. Temange, der zweit,
Vertheidiger Dreyfus' erklärte, daß die
Wunde Labori's freilich weniger g
sährlich sei als zuerst vermuthet, daß er
aber dennoch unmöglich an den Ver
Handlungen theilnehmen könne. So
dann würde General Mcrcier wied::
auf den Zeugenstand gerufen. Da La
hor! das Kreuzverhör des Generals lei
un sollte, so kam Mercier Verhältniß
mäßig gut wcg.
Eafimir-Perier erklärte vor Gerich:,
daß die von Mercier auf dem Zcuzen
stande erzählte Geschichte von der 1801
drohenden Kriegsgefahr gewaltig üb'-:
trieben fei. Zugleich klagte der Prä
sident darüber, daß d.'r General, wel
cher damals Kriegsminister war. 60,
000 Mann nach der Grenze dirigir!
habe, ohne ihn auch nur zu befragen.
Casimir-Perier sagte: Gen. Mercier
hatte gar kein Recht, sich in eine diplo
matische Verhandlung zu mischen. Ich
,?ürde eine solche Einmischung auch
verhindert haben; ich allein habe mit
dem Gesandten (dem Botschaften) ver
bandelt und ich erkläre hiermit, daß d:
Eindruck, den ich in der Unterhaltung
empfing, ein absolut b.ruhcg-nder war.
ondernfalls wäre der Zwischenfall auch
nicht durch eine einfache Note bcige'.egi
worden."
Wir hat:cn an jenem Abende keine
Tcpescke aus Berlin erhalten. Hätten
wir irgend welche Nachrichten an jen?n,
Abend, dem 6. Tez-mber. erhaben, f:
würben wir nicht C:s zum 8. mit du
Veröffentlichung der No:e gewartet ha
den. Es ist auch anläßlich jenes Zwi
schenfallcs leine Depesche an eine be
freund.'te Macht gerichiet worden."
Nach der Ertlärung Easimir-PerierZ
wurde General Mercier nochmals auf
gerufen. Er sagte, daß er trotz der ei
genen Erklärung des Majors Esterha
zg, daß er das Bordereau auf Befehl
des Obersten Sandherr geschrieben ha
be. er dieser Versicherung nickt glaubc,
Ter Präsident ersuchte Casimir-Pe-rier
die wahren Umstände einer angeb
lichen Mittheilung Lebrun-Renaulti
-u erklären, welcher dem damaligen
Präsidenten mitgetheilt haben soll, da
Treyfus ihm selbst seine Schuld ge
standen habe. Easimir-Perier bebarrt,
bei seiner früheren Aussage, daß ihm
derartige Mittheilungen nicht gemacht
seien. Der damalige 'Ministerpräfiöenl
Tupuli sei zugegen gewesen, als Le-brun-Renaull
mit ihm zusammenge
kommen sei.
Uebrizens," sagte der Er-Präsident,
tt hier ein Brief Herrn Tupuy's, den
ich zu verlesen bitte."
Der Brief enthielt die Mittheilung,
daß Lebrun-Renault, ihm. dem Min:
ster. auf feine Frage geantwortet habe,
daß er vom General Mercier zum Prä
sidenten gesandt fei, um für seine in
discreten' Enthüllungen an den Fi
garo" vom Präsidenten einen Verweis
zu erhalten.
.Hier rief General Mercier: 5zaupt
mann Lebrun-Renault sprach mit mir
von den Geständnissen in Gegenwart
des Generals Gonse. der das bezeugen
wird. Taraufhin sandte ich ihn zum
Präsidenten der Republik."
Als ein Beispiel der Willkürherr
schaft Merciers führte Easimir-Periet
an, daß jener ohne Befragen des Prä
sidenten befohlen habe, daß die Dienst
zeit von 60,000 Mann verkürzt werd:.
Vor dem 6. sei zwischen den Regie
rungen Frankreichs und Deutschland
wegen Dreyfus nie die Rede gewesen
von einer Verständigung zwischen ih
nen über Dr. könne deshalb aar leini
Rede gewesen sein. Er habe lEr. nie
mals etwas versprochen und über ihr
nur mit Waldeck-Rousseau gesprochen.
Casimir Perier bemerkte' schließlich
über den Zwischenfall mit dem deut
sehen Botschafter, daß derselbe unge
bührlich aufgebauscht sei. Wenn diplo
matische Verwickelungen zu befürchten
gewesen wären, würde er sich mit dem
Minister des Auswärtigen besprochen
haben.
General Mercier erklärte, daß er am
6. Befehl zur Mobilmachung gegeben
habe. Diese Aussage mußte auf
Wunsch des Vertheidigers wiederholt
werden. Casimir-Perier sagte, daß er
auf die Insinuationen Merciers, daß er
in seiner Eigenschaft als Kriegsminister
in's Elysee gekommen sei, nichts zu er
widern wünsche. Mercier habe sich nach
Kräften bemüht, ihn so tief wie mög
lich in diese Angelegenheit hereinzuzie
hen. aber er habe sich von ihr fern ge
halten und zwar während des ganzen
Verlaufes der Untersuchung, Der Er
Präsident beklagte sich sodann über das
inkorrekte Verhalten" der untergeord
neten Organe gegen ihn den Präsiden
ten der Republik.
Heute Nachmittag 2 Uhr litt Labori
große Schmerzen. Nach Schluß der
Sitzung sprach Oberst Jouauist vor.
um seinem Bedauern Ausdruck zu ver
leihen. General Mercier. der zu dem
selben Zwecke herkam, wurde von den
Aerzten abgewiesen, da Labori zu sehr
aufgeregt werden würde.
Rennes. 15. Aug. .
Der Anwalt Demange fragte in der
heutigen Gerichts - Sitzung Easimir
Pcrier, ob nicht am 6. Dezember eine
Verständigung zwischen Frankreich
und Deutschland in der Dreyfus-Sache
erzielt worden sei. Casimir - Perier
antwortete, bei seiner Unterredung mit
dem Minister an jenem Tage sei die
Dreyfus Frage überhaupt nicht zwi
schen Frankreich und Deutschland auf
geworfen worden.
Demange fragte dann den General
Mercier: Warum haben Sie nicht in
das geheime Dossier von 1894 auch die
zweifelhafte Uebersetzung des Telc
gramms des Agenten B an seine
Regierung, welches dom 2. November
datirt ist, aufgenommen?"
Mercier erwiderte, keine der Ueber
setzungen des Telegramms fei den da
maligen Ministern mitgetheilt worden,
weil in seinem Gemüth noch immer
Zweifel geherrscht hätten.
Demange: Ter Wortlaut ist aber
an den Oberst Sandherr als amtlich
mitgetheilt worden, und somit war
Zweifel unmöglich."
Darauf ersuchte Demange, nochmals
Paleologue. vom Amte des Auswär
tigen. auf den Zeugenstand zu rufen,
um zu erklären, daß ihm nur eilie ein--zige
Fassung jenes Telegramms gege
den worden sei. da, wie er versiehe,
General Mercier's Ungewißheit-durch
den Empfang einer halbamtlichen Fas
sung des Telegramms verursacht wor
den sei.
Hier unterbrach ihn der Staatsan
walt Carriere und ersuchte darum,
klar darzutyun. daß zwei Fassungen
des Telegramms gegeben worden seien,
eine amtliche und eine halbamkliche.
Demange: Oberst Sandherr Hai.
indem er den Wortlaut am 2. Nevem
bei übermittelte, ausdrücklich den amt
lichen Charakter desselben hervoraeho
ben."
Darauf stellte der General Mercier
folgende Frage: Warum waren die
Erklärungen des geheimen Dossiers
nicht in die Akten eingeschlossen, welch:
auf die Revision Bezug hatten .'"
Mercier: war der Ansicht,
daß diese Ert?arungen für einen per
sönlichen Gebrauch gemacht wurden,
und vernichtete dabei das Dokument."
Demange: Das ist ja sehr anstän
dig. Haben Sie nicht besondereGrün
de gehabt, das Dokument zu unterdrü
cken" Mercier wies diese Andeutung är
gerlich zurück.
Treyfus erhob sich zu einer Erklä
ranz und versicherte, die Behauptung,
daß er auf einer gcwisstn Fahrt den
Plan für eine gewisse Reise des Gene
ralstabes entworfen habe, sei ebenfalls
völlig erfunden, denn weder die Fahrt
noch jene Reise haben überhaupt statt
gefunden. !
Der frühere Kriegs -'Minister B!l
lot machte nur unwichtige Aussagen
und verwandte die meisten seiner
Worte darauf, den Obersten Picqucrt
zu loben, doch fügte tx hinzu, Pic
quart's Darlegung zu Gunsten Drey
fus' hätten nie seine .Ueberzeugung
betreffs der Schuld Dreyfus' wankend
gemacht.
Ter frühere Kriegs -, Minister Ca
vaignac war der nächste Zeuge. Er
gab an, daß er noch von der Schuls
Treyfus' überzeugt sei, und hauptsäch
lich sei dies dem Umstände zuzuschrei
ben. daß die Treyfus - Freunde alle
gleichlautendes Zeugniß ablegen. Auch
legte er noch andere Gründe vor, wel
che ihn an die Schuld des Angeklagten
glauben machen, alles Angeführte wa
ren aber Umstands - Beweise, die
schließlich Jeder nach seiger Stellung
nähme in der Dreyfus Affaire aus
legen kann.
Dann wurden der Premier - Mini
ster Waldeck - Rousseau die früheren
Kriegs-Minister Cavaigiac und Zur
linden, sowie der frühere?Minister des
Auswärtigen, Hanotaur vernommen,
die alle gegen Dreyfus zeugten, ohne
jedoch etwas Neues
Zu
Lage zu för-
dern.
Um 10 Uhr Abends wi rde folgendes
Bulletin über das Jöefi den Labori's
veröffentlicht:
Temperatur 37.05 (Reaumur);
kein Fieber; Befinden unverändert."
Es hat sich also in Labori's Befin
den in den letzten Stunden eine kleine
Besserung eingestellt. tHegen Abend
kam auch Labori's Mutter an, die den
Sohn schon todt geglaubt hatte. Es
wird davon gesprochen,' "baß Albert
Clemenceau, der jüngere der beiden
Brüder, als Stellvertreter Labori's
kommen werde.
Es waren diesen Nachmittag mh
rere Berichte im Umlaufe, daß der An
greiser des Anwalts Labori verhaftet
sei, sie erwiesen sich aber alle als unbe
gründet. Abtheilungen Truppen unr
Gendarmen streifen schon seit früh
Morgens in der Umgegend herum aus
der Suche nach dem Attentäter. Eine
große Zahl vo nLeutcn sah den Mör
der fliehen, aber sie waren entweder zu
weit entfernt um mit Erfolg die Ver
folgung aufnehmen zu können, oder sie
ließen sich durch den Revolver in der
5,and des Fliehenden einschüchtern.
Ein Gärtner packte den Kerl bei der
Schulter, aber der Flüchtling mach!
sich frei indem er zischte: Weg. oder
ich tödte Dich. Ich habe noch 5 Schüsse
in meinem Revolver übrig und sie sind
für Dich."
Der Anschlag auf das Leben Labo
ri's war ohne Zweifel das Resultat ei
ner Verschwörung. Heute Morgen
wurde der Polizei ein Brief mit der
Ankündigung gesandt, daß ein Attentat
auf den General Mercier beabsichtigt
sei. Die Polizei traf daher außerge
wohnliche Maßregeln zum Schutze des
Generals und ließ die anderen Haupt
Personen in dem Drama ohne Schutz,
Der Bürgermeister von Rennes hat
eine Proklamation erlassen, in welcher
er das Verbrechen in den schärfsten
Ausdrücken verdammt uns die Bewoh
ner von Rennes ermahnt, sich ruhig zu
verhalten.
Paris, 15. Aug.
Der Präsident der Patrioten-Liga
Guerin wird noch immer in feinem
Haufe Rue de Chabrol 51 belagert.
50 Aards vom Hause, an der Front
und Rückseite, sind 2 Reihen Polizi
ften aufgestellt, die jede Annäherung
verhindern. Außer Guerin befinden
sich in dem Hause der viel genannte
antisemitische Bürgermeister von Al
giers, Max Regis. und 40 Antifemi
ten. Allc find wohl bewaffnet. Aus
dem Dache halten 10 mit Karabinern
bewaffnete Insassen desHauses Wache,
an dem Hausthor ein anderer. Die
Mauern des Hauses sind über 2 Fuß
dick, Fenster und Thüren sind durch
schwere Eisengitter geschützt. DieBela
gerten drohen jeden gewaltsamen Ver
such in's Haus zu dringen, mitGewalt
kbzuweisen. Mit Lebensmitteln aller
Art seien sie auf 2 Monate wohl ver
fehen. Die Polizei will keinen Versuch
machen gewaltsam einzudringen.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 15. Aug.
Als die tschechischen Studenten ge
stern nach ihrem Renkontre mit den
Teutschen unter polizeilicher Bedeckung
die steierische Stadt Cilli verließen,
brüllten sie den Deutschen zu: Wartet
nur, ihr Hunde! Wir werden an den
Prager Deutschen zehnfache Rache neh
men!" Der Teutsche Polanetz, welcher wah
rend der gestrigen Tumulte durch einen
Revolverschuß vermundet wurde, liegt
im Sterben. .
An5lal!d'Dcpcschcll.
.'.ie reichsdrutsch? Blätter über
dZeneral Mkrcicr.
Ladori dksinökt sich besser.
ämpje mit ktiiiikiijchk Redrökn.
Deutschland.
', Berlin. 16. August.
Alle Blätter der Hauptstadt be
sprechen in ausführlichen Leitartikeln
die Borgänge vor dem Kriegsgerichte
in Rennes. Das Berl. Tageblatt"
schreibt: Der Tumult und die Erre
gung. welche dem Verhöre General
Mercier's folgte, scheint unbeschreib
lich gewesen zu sein. Selbst die eifrig
sien Anhänger Treyfus' hatten sich
nicht vorgestellt, daß Mercier's Aussa
gen so vollständig inhaltlos sein wür
den. Offenbar war er der Meinung,
daß seine bloße Aussage das Urtheil
ver Richter bestimmen werde.
Das Kleine Journal" meint, Mer
cier müsse wohl nicht recht im Kopfe
sein, wie auch Casimir-Perier offenbar
geglaubt habe.
Die Voss. Ztg." fragt: Wie konn
U nur ein französischer Kriegsminister
im Bewußtsein des Bündnisses 'mit
Rußland eine so wahnsinnige Angst
vor einem Kriege mit Deutschland ha
ben. daß er Gesetz und Gerechtigkeit
beiseite stieß? Wir sehen mit Staunen,
daß der französische General denselben
Mangel an Muth bewies, wie 20 Iah
re früher der damalige französische
Botschafter in Petersburg, General
Leflo. General Mercier's Angst war
ganz grundlos und giebt ihn jetzt dem
Gelächter der ganzen Welt preis. Ob
wohl seit langer Zeit ein Minister nach
dem andern das enge Bündniß mit
Rußland laut gepriesen hatte, sehen
wir im Jahre 1894 den Führer der
französischen Armeen eine Nacht des
Schreckens durchleben, in steter banger
Erwartung, ob Graf Münster Krieg
oder Frieden bringen werde. So sah
es in Frankreich 1894 aus."
Das Fernbleiben des Vizepräsiden
ten des preußischen Staatsministeri
ums Finanministers Dr. von Miquel
von der DortmunderKanalfeier scheint
doch nicht blos auf dringende Be
rufsgeschäfte" zurückzuführen sein,
sondern einen ernsteren Hintergrund
zu haben. So meldet die Staatsbür-ger-Ztg.",
der Chef des kaiserlichen
Civilkabinetts Dr. von Lucanus habe
Hrn. von Miquel, als dieser vom Ur
laub zurückkehrte, am Bahnhos erwar
tet und eine längere Unterredung mit
demselben gehabt. Sodann habe der
Reichskanzler Fürst Hohenlohe Herrn
von Miquel im Finanzministerium im
Kastanienwäldchen aufgesucht und
ebenfalls längere Zeit mit ihm konfe
rirt. Die Vermuthung liegt nahe,"
fügt das Blatt hinzu, daß der Fi
nanzminister angesichts der in Folge
der großen Kanalprojekte drohenden
Finanzzerrüttung, welche eine Ver
Koppelung der direkten Steuern inol
viren dürfte, zurückzutreten beabsich
tige." Ob die Staatsbürger-Ztg." hier
mit Recht behalten wird, bleibt abzu
warten. Nach einer Aeußerung der
Herrn vonMiquel nahestehenden Ber
liner Politischen Nachrichten" scheint
der Finanzminister iveiter auf dem
Seile tanzen zu wollen. Das Blatt
sagt nämlich, die Dortmunder Kaiser
Worte lieferten die Gewähr, daß es
nach Annahme der Kanalvorlage we
der Sieger nochBesiegte geben und daß
die auszufechtenden Kämpfe die Poli
tik der Sammlung" gegen den innc
ren Feind nicht durchkreuzen würden.
Dadurch fühlt sich nun wieder der
Vorwärts" getroffen und erwidert
dem Finanzminister, durch seine Ver
suche, die öffentliche Meinung von
dem Kanalkonflikt innerhalb der Re
gierung auf den inneren Feind" ab
zulenken. würden sich die Kanalfreunde
schwerlich düpiren lassen.
Die konservative Post" kommtHrn.
von Miquel zu5zülfe, indem sie imin
blick darauf, daß dem preußijchen
Staate die Haupteinnahmen aus den
Eisenbahnen zufließen, auf ihnen also
die finanzielle Stütze der Monarchie
beruht, erklärt, die Rückwirkungen des
Mittellandkanals auf die Eisenbahn
Politik würden sich als staatsgefährlich,
antimonarchisch und revolutionär er
weisen. Ter Reichsbote" sagt, der Kaiser
habe mit seiner Dortmunder Rede den
Konservativen eine goldene Brücke ge
baut. Nun sollten Konservative und
Liberale sich zusammenschaaren, um
das Centrum in die ihm gebührende
Stellung zurückzuverweisen.
In dem Restaurant Stadt Wien"
in München waren Plakate angebracht
worden, auf denen das Restaurant an
kündigte, daß es das vom deutschna
tionalen Standpunkte aus vorzuzie
hende Bier der deutsckzen Ersten Pil
sener Aktienbrauerei" anschaffen wer
de. Auf polizeiliche Anordnung mußten
diese Plakate entfernt werden.
In der in Tilsit, Oftpreußen, lie
genden 3. Kompagnie des Infanterie
Regiments von Boyen (5. Ostpreuß.)
No. 41 ist die Grippe mit solcher Hef
tigkeit ausgebrochen, daß die Kom
pagnie dislocirt wurde und die 5erbst
Übungen nicht mitmachen wird.
Berlin. 16. August.
Auf der Börse war das Geschäft un
regelmäßig. Internationale waren
bcsiärdig, ülrgentinikr und Amerika
ncr still.
Tie badische Regierung hat jede T
monstration zu Ehren der Opfer des
verunglückten Auslandes vom Jakre
1849 verboten, als die Demokraten
unter Brentano Carlsruke besetzten
und hielten, bis die Preußen denGroß
herzog wieder in seine Rechte einsctz
tcn. Dr Vorschlag, auf dem Rastatter
Fcstungsgraben ein Denkmal zu mich
ten. wurde ebenfalls vetirt.
O e st e r r e i ch - U n ga r n.
Wien. 16. August.
August Mosetiz. der kaiserlich-könig
liche Bahnbeamte, welcher hier verhafiet
wurde, hat gestanden . Nothfall - Mo
bilmachunqepläne gestohlen und einem
gewissen Zibcrowsti verkauft zu haben,
der ohne Bezahlung floh und dieselben
angeblich an Frankreich und Rußland
verschacherte.
Wien. 16. August.
In dem Englischen Fräulein-Stift
zu St. Polten in Nieder-Oesterreich
sind 34 Personen am Typhus erkrankt
und von den Erkrankten sechs gestor
ben. Unter den Verstorbenen befinoct
sich die Stiftsdame Baronin Stern
bach. Schweiz.
Basel. 16. August.
Auf dem dritten Congreß der Zio
nisten, welchem dreihundert Telcgirte
beiwohnen, erklärte der Vorsitzende'.Dr.
Herzl. daß eines der Ziele der Bewc
gung die Erwerbung eines Freibriefs
von der türkischen Regierung sei, der
die Niederlassung in Palästina gestat
tet. und daß der Empfang, den der
deutsche Kaiser der jüdischen Abord
nung in Jerusalem zutheil werden ließ,
die Gesetzlichkeit und Loyalität der Le
wegung über allen Zweifel erhebt.
Gleichzeitig tagt hier dcrCongreß der
Zionistischen Frauen unter dein Vor
sitz von Frau Gotthcil aus New York.
England.
London. 16. August.
Frau Lilly Langtry vermählte sich
am 27. Juli auf der Insel Jersey mit
Hugo Gerald de Bäthe, dem ältesten,
28 Jahre alten Sohne eines englischen
pensionirten Generals.
General Sir Wm. Butler, 5öchst
kommandirender der britischen Trup
pen im Eaplande, ist we.gen seiner
Sympathien mit den Buren abberufen.
An seine Stelle trat Sir Frederick
Walker. ',
London, 16. August. ''
Bei dem Jahres - Congreß der Coo
perative Society of Great Britain hielt
der erste amerikanische Borsitzende der
Gesellschaft, der Rev. Dr. George C.
Lorimer aus Boston, eine Ansprache:
Ein Lanarkshirer Haus hat aus den
Ver. Staaten einen Auftrag für 10,
000 Tonnen schottischen Stahl erhal
ten. Der Lord Mayor hat einen Fonds
zur Unterstützung der Nothlcidenden in
West - Indien gebildet.
Der General Walker wird übermor
gen nach London komnun, um endgil
tige Jnstructionen zu erhalten.
London, 16. August.
E.B. S. Mazee, dem britifchenCon
sul auf Samoa, ist der Orden des heil.
Michael und des heil. Georg verliehen
worden.
Milford Haven, 16. August.
Die Paris" hat zwecks Wiederher
ftellung hier abgelegt.
Londonderry, 16. August.
Eine Gesellschaft von Jrländern zer
störte gestern eine hiesige methodistische
Kirche, während ihre Gegner die katho
lischc Kapelle mit Steinen bombardir
ten. Der Bürgermeister hat Offiziere
zu Richtern ernannt und Militär sowie
Polizei herbeigerufen.
Glasgow. 16. August.
Der Edward P. Allis Co. in Mil
waukee ist vom Straßenbahnausschuß
der Kontrakt für die Lieferung von
elektrischen Krafterzeugungsmaschinen
zugesprochen worden.
Rußland.
St. Petersburg. 16. August.
Der Zar hat. dem Finenzminiftcr
folgenden Befehl zugehen lassen:
Dank der großen Besitzungen Ruß
lands in Europa und Asien ist es mit
der Hilfe Gottes möglich gewesen, eine
Annäherung der Völker des Westen!
und des Ostens zu Stande zu bringen.
Durch die freundschaftliche Haltung
Chinas ist es uns gelungen, unser ge
schichtliches Ziel zu erreichen, indem
wir den Gebrauch von zwei chinesischen
Häfen. Ta-Lien-Wan und Port Ar
thur. erlangt haben, wodurch ein Aus
fluß für die sibirische Bahn nach dem
Gelben Meer zu gesichert 'ist.
Dank der Weisheit der chinesischen
Regierung werden wir durch im Bau
begriffene Bahnen mit China vereinigt
werden, ein Ergebniß, welches allen
Völkern den unermeßlichen Gewinn
leichter Verbindung giebt und die Ope
rationen des Welthandels erleichtert.
In unserer unermüdlichen Sorge
siir das allgemeine Wohl haben wir es
für nöthig gehalten, nach der Vervoll
siändigung der Bahn Ta-Lien-Wan
während der Dauer des Vertrags für
einen freien Hafen für die Kauffahrer
aller Nationen zu erklären und in der
Nähe besagten Hafens eine neue Stadt
zu bauen."
Italien.
Livorno, 16. August.
Admiral Tewey ist unwohl. Die Ab
reise nach Florenz ist verschoben. Heute
wurde die Olympia" von versch-:');-nen
Beamten besucht.
Frankreich.
Paris. 16. August.
Der Maiin meldet, daß üalm nach
seiner Verwundung und in dem Glaa
den, daß dieselbe einen tödilichen AuS
gang nebmcn könne, die Mittbei'.ung
gemacht habe, daß Ebamo'n. der Hiiier
der gclzcimen Ak'.enstückc des Trensus
Dossier, eine neue Fälschung ei tdcckt
habe.
Das anarchistische Journal du
Peuplc" schreibt, daß die Anarchister
für alles gegen sie anläßlich des Mord
aüentatcs auf Labori Unternommene
Mercier. Rochefort. Trumont und Ju
det persönlich verantwortlich halte
würden.
Der Aiitisemitenführer Guerin,
welcher sich in seiner Wohnung ver
schanzt hat. wird jetzt als Rebell und
vogelfrci erklärt. Jeder, welcher in's
Haus tritt oder es verläßt, wird ver
haftet. Drei Männer, welche das Haus
heute Morgen verließen, wurden fest
genommen. In ihrem Besitze befanden
sich Beile und 6-läufige Revolver.
Guerin läßt auf dem Dache des an
tisemitischenHauptquartiers, die Trico
lore mit der Aufschrift Frankreich für
die Franzosen!" wehen.
Paris. 16. August.
Bci dem Jahrcsfcstcsten der Bona
partiften veUas der Präside. Mig
not, eine Depesche des Prinzen Victor
Napoleon , worin derselbe erklärt , er
verlasse sich darauf, daß die verschiede
nen Ausschüsse in der gegenwärtigen
schwierigen Lage thatkräftig vorgehen.
Der Verlesung folgten die Rufe Es
lebe der Kaiser!". Hoch Guerin!"
Die Jungroyalisten hatten zu Ehren
des Nam'nstages der Herzogin von
Orleans ein Bankett in St. Maur.
Auf demselben wurden die neuerlichen
Schritte der Regierung heftig angcgrif
fen. Als eine Gruppe von Antisemiten
an der Ecke Faubourg St. Dcnis und
Rue des Valcnciennes stand, wurden
Vorübergehende mit dem Ruf Nieder
mit den Juden!" begrüßt und bedroht.
Ein angeblicher Anarchist feuerte meh
rere Schüsse ab und verwunoete drei
Personen. Er wurde verhaftet. Eines
seiner Opfer, ein gewisser Camille.
liegt in bedenklichem Zustande banne
der.
Rennes. 16. August.
Der ehemalige Minister des Acußc
ren. Hanotaux. gab auf dem Zeugen
stände zu. daß er zur Zeit des ersten
Dreyfuß-Prozesses sich dem damaligen
Kriegsminister Mercier gegenüber da
hin ausgelassen habe, daß dicSchuldbe
weise unzureichend seien. Seine eigene
Ansicht über die Schuld des Treyfus
wollte er nicht kundgeben. Als 5zano
taux zurücktrat, tauschte er mit dem
General Mercier einen sreundschaftli
chen Händedruck aus und hatte, mit ihm
eine 5 Minuten währende ernse Un
terhaltung. Die den Gerichtssaal verlassc.iden
Generäle wurden gestern auf dcrSira
ße lebhaft mit dem Rufe: Es lebe die
Armee!" begrüßt.
2:45 Nm. Labori befindet sich jetzt
wohl. Die Aerzte glauben, daß jeoe
Gefahr beseitigt ist. Ter Verwundete
liegt, ohne sich rühren zu können, auf
dem Rücken. Allmählich kehrt das Le
ben in das Bein zurück, von dem man
gestern befürchtete, daß es gt'lähmt
sei.
Labori ist fieberfrei und unterhält
sich über die Prozeßverhandlungen.
Seine Gattin befindet sich ununterbro
chen an seinem Schmerzenslagcr. Die
Aerzte hoffen. Labori wieder auf die
Beine bringen zu können, bevor der
Prozeß zu Ende geht. Die Aerzte wa
ren noch nicht im Stande, die Wund?
zu sondiren. Labori's Mordangreife?
ist noch immer nicht ergriffen.
Es wurde bestätigt.' daß Labori's
Taschen ausgeplündert wurden, als r
verwundet am Boden lag. auch wurde
der Versuch gemacht, die kleine Hand
tasche zu rauben, in welcher sich Akten
und Notizen befanden, die auf das
Kreuzverhör Mercier's Bezug hatten.
Labori sah nach seinem Sturze zwei
Männer an seiner Seite, von denen
einer sagte: Tiefer Rock muß ausge
zogen werden. Er wird zu heiß sein!"
Der eine Mann nahm sodann denRock,
der andere den Handkoffer. Labori
hielt jedoch letzteren fest. In dem Rocke
befanden sich indessen nur unwichtige
persönliche Briefe. Es wurde kein Ver
such gemach!. Uhr und Börse zu rau
ben. Dreyfus hat an Labori zwei Briefe
geschrieben. Der erste verleiht seinen
Gefühlen Aasdruck. wahrend der zwei
te das tiefste Bedauern, die innigste
Dankbarkeit und die herzlichsten Wün
sche für Wiederherstellung aussprkl)t.
Labori ist nach der Wohnung von
Prof. Basch, welche in einer Vorstadt
liegt, überführt worden. Seine Aerzte
hoffen jetzt.ihn bald loiedcr herstellen zu
können.
Die Aerzte Laboris lassen aus Paris
einen Zk-Strahlen - Apparat kommen,
um vermittelst desselben die Kugel auf
zufinden. Demange hat mit feinem Klienten
bei dem Borsitzenden des Kriegsgerichts
brieflich um einen Aufschub nachgesucht.
Derselbe wird unzweifelhaft des Gesuch
gewähren. Nach Verlauf von zwci
Tagen muß das Gesuch erneuert wer
den. Treyfus wünscht einen Aufschub
bis zum nächsten Montag, da er hofft,
daß sein Vertheidiger bis dahin wie
derhergesteUt sein wird.
Spanien.
Madrid. 16. August.
An der portugisischen Grenze ist die
Quarantäne eingeführt worden.