Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 10, 1899, Image 11

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    I
Pinnpcrnicfcl.
in Bild au 20 tfl faltn.
Wenn man aus der Bahnlinie Berlin
Köln durch die weftsälische Ebene hin
durchsahrt. so bemerkt man hinter
Bielefeld, wie sich daS fette Weizenlanb
mit einem Val in Roggenland verman
dclt. (3 ist erst Mitte Juni, aber
schon über mannshoch recken sich die
kräftigen Halme auS dem hellen Sand
kodcn empor, und frei und frisch streicht
über ihre Kopse der befruchtende Wind.
Inmitten dieser Roggenfelder, in die
sich auch wohlgcdcibcnde Kartoffeln und
Wcmüseackcr mischen, liegt das Stadt
chcn ('iütcrsloh, und das Brod, da? hier
auS diesem Korn gebacken wird, ist in
der ganzen Welt berühmt es ist der
Pumpernickel.
Wenn der Gütcrslohcr von seinem
Pumpernickel spricht, so nennt er ihn
zusammen mit Bismarck. ES war
nämlich im Jahre 187. Ter alte
, Kaiser. Mollke und Bismarck reisten
zusammen an den Rhein, und in M
tcrSlol, machte der Zug Station. Bis
marck trat an das Fenster und rief die
Worte Hinhaus: ..Ich will eine Schnitte
Pumpernickel mit Butter und Schinken
darauf." Zwar hat sogar ein König
den Pumpernickel gewürdigt, nämlich
Friedrich Wilhelm der Bierte. dem zu
seinem Regierungsantritt die Gütcrs
lohcr ein Exemplar im Gewicht von
einigen Zentnern verehrten, aber Bis
, marck gilt in ütcrsloh noch mehr als
ein König, ganz besonders seit jenem
denkwürdigen Tage im Jahre 1870.
Gütersloh sieht aus wie jedes andere
westfälische Städtchen. Kleine schmuck
lose Häuser mit hohen, rothen, spitzen
Giebeldächern. Breite hochgcwölbte
Hausthore, zu denen einst, als noch
jeder Bürger seine Ackerwirthschaft hatte,
der Getreidewagen hineinfuhr. Ter
weite Raum, zu dem daS Thor hinein
führt, ist jetzt meist zur Tiele umgebaut,
einem geräumigen Flur, oben an den
Wänden Galerien, zu denen eine Treppe
hinausgeht, und aus denen man in die
einzelnen Stuben tritt. Oder neben
der Hausthür ragt zu ebener Erde als
altes Zeichen der Hansaherrlichkeit der
viereckige, vielfenstrige Erker in den
Bürgcrsteig hinein der Utkick". Oft
stehen auch die Häuser nicht geradlinig
in der Gassenreihe, sondern, wie auch
häusig in Tirol, schräg, so daß ihre
Fronten eine Zickzacklinie bilden und
dem Inneren, weil so die Front zwei
Seiten statt nur einer enthält, mehr
Fcnsterlicht zugeführt wird. Ucberall
der saubere und stramme Wohlstand,
die Sichtbarkeit des westfälischen Han
dclsgcistcs. in dem Giitcrsloh sich ganz
besonders auszeichnet nicht nur in
Gestalt seiner vielen neu entstandenen
Fabriken und seiner durch den Vieh
Handel grofz gewordenen Millionäre,
sondern auch schon in seiner lieben her
anwachsenden Jugend. Es gibt eine
Ecke in der Stadt, wo die kleinen Jun
ein eine reguläre Börse abhalten: sie
hsndcln hier unter einander mit Ka
ninchen, Tauben, Meerschweinchen und
anderen solchen Zhierchen. - Je bessere
Geschäste einer macht, desto höher steigt
sein Ansehen: niemals hat der unsterb
liche Heinrich, v. Kleist feiner seinen
Scharfblick bekundet, als dadurch, daß
er in seiner Hermannsschlacht" nicht
vergas;, seinem Herrmann, dem West
falcnsohn. auch ein wohlgcrüttcltcs
Maß Schlauheit beizugebcn. Vor
einigen dieser Häuser ist Holz abge
laden. Tas sind Böckcrhäuscr. Solche
Bäcker, welche entweder als alleinige
Spezialität oder nebenbei außer ihren
Semmeln, Kuchen und Wcißbroden
Pumpernickel backen, giebt es in Güters
loh etwa fünfzig. Entweder arbeiten
sie nur für die Stadt und die Um
gcgcnd, oder sie produziren für den Er
po'rt. Ich erlaube mir, dU geehrte Le
serin bei einem dieser Herren Meister
einzuführen.
In der Backstube im Backtrog zeigt
sich ihrem Blick ein braungclbcr Teig.
Ter Teig besteht aus reinem Güters
loher Roqgcnmcbl und Wasser. Be
dingung für das Mehl ist, daß es mög
lichst trocken ist, nicht feucht und auch
nicht zu frisch, damit das Brot nicht zu
schnell schimmelig wird, namentlich jetzt
im Sommer. Ter dritte Theil des
.Teiges ist sauer auf zwanzig Pfund
4 Mehl ein halber Eimer Wasser er
gährt hier in dem Troge schon seit gc
stcrn Abend. Jetzt wird der Teig von
den Gesellen geknetet, bis er ganz derb
und sest ist. sonst fließt er im Ofen aus
einander oder bricht. Tie Größe der
einzelnen Brote ist verschieden. Tie für
auswärts bestimmt sind, wiegen ge
wöhnlich nur ein Pfund erstens da
mit sie, bis sie aufgegessen sind, nicht
schimmeln, und zweitens, weil durch
das kleine Format die Leute auswärts
sich einreden lassen, der Pumpernickel
wäre eine Tclikütesse. Es gibt aber auch
Exemplare von einem halben Zentner,
welche die Bauern auf dem Lande
backen, und die sie nur nach Giitcrsloh
zum Bäcker bringen. . damit er sie in
seinen Backofen schiebt. Tie Backfläche
im Ofen besteht aus steinernen Oua
dcrn. die vom Trachenfels am Rhein
hcrstammen und den Ruhm genießen,
daß sie die Backgluth länger als anderes
Gestein bewahren. Aber auch eiserne
Bleche werden als Unterlage benutzt.
Tamit die Dämpfe ordentlich in das
Brot einziehen können, wird das Ofen
loch mit Lehm zugeklebt. TicscTämpfe
geben dem Brot auch die schöne schwarze
Farbe, während es seinen Glanz durch
abgestrichenes Speiseöl erhält. Nach
etwa fünfzehn Stunden ist es ausge
backen und wandert nun als fertiger
Pumpernickel hinaus in die WWt in
Europa außer nach ganz Deutschland
auch besonders viel nach Belgien. Eng
land und der Schweiz. Ten Trans
port nach überseeischen Landern hält
der Güter-lohcr Pumpernickel, dessen
Lebensdauer nur auf ein paar Wochen
eingerichtet ist. nicht auS. Tas ist das
Geschäft der großen Pumpernickel
sabrikcn, die jetzt überall in Teutschland,
besonders auch in Berlin, entstanden
sind. Was aber den Gütcrslohcr Pum
pcrnickcl seinen klassischen Ruf erhält,
das ist sein feincS eigenartiges Aroma,
das Aroma der westfälischen Ebene,
und der echte Pumpernickclkcnner weiß
hinsichtlich seines Licdlingsgcdäcks ganz
ebenso von einer Blume zu schwärmen
wie nur irgendein Rhcinweinsreund.
Eine auffallende Eigenschaft des wcst
fälischen Bauern sind seine schönen
weißen Zähne, und es gibt Leute, die
behaupten, daß daS vom Pumpernickel
eilen kommt, ebenso wie es in Berlin
Zahnärzte gibt, die festgestellt haben
wollen, daß die Berliner ausnehmend
viel an den Zähnen leiden, und daß
daran die Berliner Schrippen schuld
sind. Unter den verschiedenen Kos
metika, die heutzutage empfohlen wer
den, findet am Ende auch noch die
Aufforderung Platz: Esset Pumpcr
Nickel!"
Zu Schiff nach England.
Sticmer Tutonic, an Bord Schipp,
Tschullei de dreizehnte d. Mts.
Mister Editcr!
Ter Brief geht mit'm Peilott nach
Neu York zerück. Ich wollt, ich thät
aach. Wann es net so dumm aussehe
thät, da könnte mich kei zehn Gäul uff
dem Schiff halte. Ich möcht nor wisse,
wie ich uff die Idee gckimme bin, uff's
Schiff ze gehen, wo Ich in Neu Bork
die schönste Zeit hätt hawwe könne?
Hier is nix wie Wasser, wo Sie hin
gucke nix wie Wasser. Wenn es sich
awwer nor bchüve that wie Wasser, da
wollt Ich noch nix sage, es bchävt sich
awwer wie wann es Quecksilber im
Leib hätt net een Aageblick kann es
ruhig sei. Tes Schiff behüvt sich aach
net wie e Schiff sonnern wie so e
Schaukelpferdche, wie's die kleine Bube
geschenkt kriege. Es bchävt sich üwwer
Haupt gar nit akording zu seine natür
liche Bcrhältnisse. Noch net emol Ich
sclwer. Ich bchäv mich net wie e Mann,
sonnern wie der feuerspeiende Berg
Besuvius, wo dcrvon in die Tschio
gräfsibücher steht Ich hcn alsfort
Eruptschens. So was sollt bei Law
verbotte wcrn.
Wie Ich zcerscht in mci Kabin enci
gekimme bin, da hen Ich mich gcwun
nert, for was mir e Gcigckaste encige
stellt worn ist. Tann hen Ich mich in
dem Stätruhm, wo ebaut de verte
Theil die Seis vun meim Badezimmer
in Jhst-Neu Z)ork Hot, umgeguckt, un
hcn zu der Alti gesagt: Ich wunner,
wo des Bett is?" Ta Hot die Alti uf
den Biolinkaste gebeut un Hot gesagt:
Ta is ja des Bett." Mister Editer,
wann Sie mci figürliche Verhältnis
betrachte un dann die Seis vun dem
Bett, dann thäte Sie an Hexerei glaabe.
wann ich Jhne sage thät, daß ich da
drin geschlafe hen. Tes heißt vum
Schlafe is enihau kei Red gcwese. Un
was die Misses Ritsch betrifft, da is
eS noch viel wunnerbarer. daß sie ge
mänätscht Hot, sich uff dem Kinner
bettche ze bälänze. Wann nor das
Schiffche, wo der Peilott derbei zerück
geht, net so klein wär, da müßt Ich,
was Ich thät.
Ich hcn vergesse, dem Eroker ze
telegrüffe, er soll mich gleich in London
treffe, wann Ich ärreiv. Sein Sie so
gut un tende Sie dcrzu no, never
mind, losse Sie's gehen. Ich sterb ja
doch lang, eh daß mcr an's Land
kimme.
Mei Abschied am Pichr war aach net
so. wie es sich vor en Mann vun meiner
Prominenz geschickt hätt. Well, ich geb
nix drum. Mir is so fürchterlich elend,
Mister Editer, daß Ich manchmal gar
nimmer an mci eigene Praminenz
glaab. Es is mer Alles Worscht
Ich sterb ja doch Ich hen heint net
emol mein Teimond in de Schirtbuse
gesteckt so krank bin Ich. Und ich
könnt doch so gute Zcite hawwe
nämlich die Misses Ritsch is aach so sick,
daß sie unsichtbar bleibt un mer nix
vun ihr hört. Un so e Tschäns, e gute
Zeit ze hawwe. muß ich misse blos
vun wege weil des dumme Wasser sich
eibildt, es müßt probirn. ob es net an
de Himmel enuff tschumpe kann.
Also. Mister Editer, mir sehe uns
enihau nimmer lebendig Ich emol
schür net. also herzlichste So längs an
alle Frents un sie solle manchmal an
mich denke.
Mit beste Rcgards
Aours
John Ritsch Esq.
Ich thät nix drum gcwwe. awwer,
daß ich uff'm Wasser stcrbe sollt,
des is mcr nct in der Wieg gcfunge
worn. Un wann ich gar noch im Was
scr begrabe wern sollt, Mister Editcr,
des wir mci Tod, des könnt ich net aus
halte. O, wenn ich doch dcrhcim ge
bliwwe wär! Wie schön gcmicthlich
könnt Ich jctz beim Tschalli setze!
There's no Place like Home.
Wann ich es überlebe sollt, ich glaab
awwer nct. un Ich that merklich drüwwe
ankimme zerückgehn thät Ich nim
mcr. enihau net bei Wasser. Nct for e
Milljen.
Also noch emol Regards un herz
lichste Lebewohl. I. R. Esq.
Wie werde se dann in Neu Jort scr
tig mitaus mich? Was hcn dann die
englischen Päpers geschriwwe drüwwcr,
daß Ich fort bin? Well, never mind.
ES is mer ganz all eins. Sterbe thu
Ich ja doch. Vielleicht kann der Pci
lott mcin todte Bodq mitncmme. Ich
wunncr. wie viel Kärradschcs bei mcin
Fjunercll sein wern? Well, nct emol da
geb ich was drum, Mister Editer, so
elend sein ich. Ich wollt, es wär erst
Alles vorbei un Ich wär todt. Ich
hoff, die Misses Ritsch gebt Acht, daß
der große Teimond aus'm Hemd eraus
genomme werd, eh daß dcrKasfin zuge
schraubt werd. Well, eS is mer aach
Worscht. Bun mir auS begrabe fe
mich dcrmit. obwohl eS Schad wär.
wann er nct gejuft werd. Es is mcr
alles Worscht o Gott, der Gedanke an
Worscht macht mich erst recht sick.
Well gut bei ! Es is hart, daß Ich so
jung sterbe muß. Is es nit? ,
I. R. Esq.
kwitter im Urwald,.
Eine großartige Naturerscheinung
im amerikanischen Urwalde bilden im
Sommer die Gewitter. Ein Reisender,
der von einem solchen Unwetter über
rascht wurde, berichtet darüber folgen
des: Ter Himmel bedeckt sich mit Wol
ken. es wird dunkel, das Wetter zieht
herauf, und ein schwefelgelber Schein
geht vor ihm her. Schon seit geraumer
Zeit hat sich keine Thicrstimme mehr
hören lassen. Alles hat sich verkrochen,
selbst der Specht hat sein Hämmern und
Klopfen eingestellt. Und nun bricht der
Orkan los. Abgerissene grüne Blätter
und Zweige wirbeln in der Luft. Ter
Urwald, der vorhin in so feierlicher, er
wartungsvoller Stille gestanden, ist in
voller Bewegung, und seine Wipfel
tauchen auf und nieder wie Wellen.
Schwarze Wolken wälzen sich über die
fes wogende, zitternde, grüne - Blätter
meer hin. Fast bis zur Erde biegen
sich die schlanken Stämme wie Gerten
vor dem unsichtbaren Geist der Winds
braut, und richten sich wieder empor.
Ta und dort bricht einer mitten durch;
größerer Widerstand scheint den Sturm
nur um so grimmiger zu machen. Es
kracht von nah und fern, viclhundert
jährige Bäume stürzen nieder und keh
ren ihre Wurzeln gen Himmel. Mit
unter reißt ein solcher ein Tutzcnd
andere mit zu Boden. Tie von
Sturmesflügeln getragenen Fcuerwol
ten leuchten von Blitzen, und das
Brausen und Brüllen des Sturmes
wird vom Krachen und immcrwähren
den Rollen des Tonnels übertönt. In
jeder Pause, welche die Heftigkeit des
Orkans macht, schlagen und gießen
Regengüsse nieder, und aufs neue
stürzt sich aus der Hölkc der Sturm auf
den Wald, wie ein wüthendes Raub
thier auf seine Beute. Wehe demjeni
gen, der durch einen solchen Orkan im
Wald überrascht wird. Er ist jeden
Augenblick in Gefahr, von umgerissenen
oder umgeknickten Bäumen oder von
herabgeworfenen Aeften erschlagen zu
werden.
Nachdem das Wetter ausgetobt hat,
kommt hie und da wieder ein Eich
Hörnchen hervor und stößt kurze, rauhe
Töne aus, von denen es zweifelhaft ist,
ob sie Behagen oder Verwunderung
ausdrücken sollen: der himmelblaue
Häher schreit, der Specht beginnt wie
die zu hämmern, und in dem Vorwalde
schütteln die Singvögel den Regen aus
dem Gefieder. Größere und kleinere
Lücken unter den Bäumen sind entstan
den. kurz und quer .liegen gestürzte
Riesen. im wüsten Gewirr übereinander.
Niemand räumt sie hinweg als die all
waltende Zeit. Nach einigen Jahren
drängt sich niederes Gebüsch durch die
trocken gewordenen Acste empor, und
junger Baumwuchs aller Art müht sich
im jugendlichen Bestreben, die cnt
standencn Lücken wieder auszufüllen.
Origineller Gaunertrick.
Ein merkwürdiges Licht werfen die
in Paris soeben bekannt gewordenen
Einzelheiten einer Verhaftung auf die
Art des Geschäftsbetriebs einer großen
Anzahl Apotheker in der Scinestaot.
Auguste de Montbrun, der Enkel eines
Generals des zweiten Kaiserreichs, und
Sohn eines hohen Staatsbeamten unter
Napoleon des ersten, ist ein studirter
Mann, im Besitz vorzüglicher Tiplome.
Infolge liederlichen ' Lebenswandels
aber so weit heruntergekommen, daß er
auf keine ehrenhafte Stellung mehr
Anspruch crhebcn konnte, blieb ihm
nichts übrig, als dem Laster vollends in
die Arme zu sinken. Wegen mancherlei
Betrügereien war er schon verschiedene
Male zu kürzeren und längeren Ge
fängnißstrafen verurthcilt worden. Vor
wenigen Wochen hatte man ihn wieder
einmal aus der Haft entlassen und da
ihm das Betteln zu langweilig und jede
Beschäftigung, die er vielleicht hätte be
kommen können, zu anstrengend war,
sann er auf eine neue Gaunerei. Bald
kam ihm auch eine vorzügliche Idee.
Seine Kleidung befand sich in ziemlich
respektablem Zustande und so riskirte
er es, einen nicht sonderlich intelligent
aussehenden Gendarmen mit folgenden
Worten anzureden: Ich bin Polizei
Inspektor und ersuche Sie. eine Ticnst
tour mit mir zu machen." Tann
winkte er einen Fiaker herbei und stat
tete in Begleitung des Polizisten etwa
zehn Apotheken einen Besuch ab. Son
derbarcrwcise fühlte sich jeder der zehn
Apotheker, sobald er hörte, daß cs sich
um eine Inspektion sciner pharmazeuti
schcn Präparate k. handelte, sofort ver
pflichtet, dein vermeintlichen Herrn In-
spcitor eine Hundertfranknote in die
Hand zu drücken. Nach beendeter Runde
entließ Monsieur de Montbrun den
Schutzmann und händigte dem Kut'chcr
statt der Bezahlung einen Bon auf die
Polizeipräscttur ein. Ter Streich war
io vortrefflich geglückt, daß der adelige
Gauner ihn zu wiederholen beschloß.
Tas aber war sein Verderben. Alles
ging gut bis zu dem Moment, da er die
Rechnung mit dem Rossclenker regeln
wollte. Ter Mann war weniger Ver
traucnssclig als sein Kollege; er wei
gerte sich, den Bon anzunehmen und
veranlaßte die augenblickliche Verhaf
tung des ihm sehr verdächtig vorkom
mendcn Inspekteur de Police". Tiefer
hat bereits ein volles Geftändniß abge
legt. Man ist nun äußerst gespannt
darauf, wie die Herren Apotheker, die
so schnell mit einem blauen Schein bei
der Hand waren, ihr höchst sonderbares
Verhalten rechtfertigen werden.
(sin zahmer Storch.
Wie die Kölnische Volkszcitung mit
theilt, ist ein zahmer Storch ständiger
Gast in dem Hotel zur schönen Aus
sicht" zu Höchst a. M. Er stammt aus
dem benachbarten Sosscnheim. wo er
vor zwci Jahren aus dem Neste fiel und
künstlich genährt und großgezogen
wurde. Er geht in den Gängen. Höfen
und im Garten umher, stolzirt ungenirt
zwischen den Gästen dahin, schreitet be
sonders gern über die Grenzmaucr des
Gartens und genießt die schöne Aussicht
auf den Main und das jenseitige Ge
lände. Einmal machte er auch dorthin
einen Ausflug, kehrte aber sogleich wie
der in sein Heim zurück. Seine besten
Freunde sind die Hunde des Haufcs, mit
denen er stundenlang possirlich spielt.
Seine Feinde sind Kinder, die er gar
nicht leiden mag; er kehrt gegen sie so
fort den Schnabel. Er verwundet
jedoch keines, sondern hält immer kurz
vor dem Angriffsobjekt ein. Sein Haß
gegen Kinder rührt daher, daß sie ihn
öfters geneckt haben. Er fraß Anfangs
nur Fische und verschmähte sogar das
National-Gericht seiner Zuft, nämlich
Ftösche. Jetzt frißt er sie gern, nährt
sich aber nach wie vor meist von Fischen.
Von den Gästen ihm zugeworfene
Speisereste: Haut, Knochen, Käse :c,
nimmt er in seinen Schnabel, läßt sie
jedoch unverzchrt wiedcr'fallcn. Manch
mal steht er so unbeweglich da, daß der
eintretende Gast meint, er sei aus Gips
künstlich hergestellt. Ter Ruf des Be
sitzers: Jakob! Jakob!" weckt ihn aus
seiner starren Ruhe, er schaut sich neu
gierig um und schreitet mit seinen gro
ßcn Beinen aus. In der Waschküche
und an der aufgehängten macht er sich
ebenfalls gern zu schaffen, er zupft an
letzterer hin und her und macht sich
Zeitvertreib. Wo etwas los ist. er
scheint er als sachverständiger Zuschauer.
Mit dem Haus? ist er unzertrennlich
verbunden; auch im Herbst zog cs ihn
nicht nach dem Süden. Kälte können
die Störche ziemlich gut vertragen; wie
bekannt, kehren sie oft schon Ende
Februar in Schnee und Eis zurück.
Nur der Mangel an Nahrung scheint
sie fortzutreiben. Ta es unserem Jakob
aber nie an Nahrung gebricht, so bleibt
er klugerweise zu Hause. Tas Thier ist
schön und groß gewachsen, Bau und
Gesieder sind fehlerlos.
Elephanten im Militärdienst.
In MacElures Magazine" wird die
Thätigkeit der Elephanten, die für die
indische Armee so werthvolle Hülfs
arbeit verrichten, eingehend geschildert.
Es sind Dienste der verschiedensten Art,
die diese schweren Dickhäuter, noch mehr
dank ihrer Intelligenz als durch ihre
Kraft, zu leisten im Stande sind, be
sonders für die Artillerie und den
Brückenbau. Nachdem sie die Holz
pfähle auf ihrem Rücken bis an das
Ufer getragen haben, helfen sie mit ei
ncr wunderbaren Gcschicklichkeit beim
Bau der Flöße und Brücken. Wenn die
Pfähle eingerammt werden, gehen sie
in den Fluß, stellen sich gegen den
Strom und ermöglichen so das Arbei
ten, indem sie dem heftigen Andrang
des fließenden Wassers ihre enorme
Körperinasse entgegenstellen. Wenn sie
sehen, daß Ballen mit dem Strome
fortschwimmen, halten sie , sie auf, bis
man sie befestigt hat. Als Artilleristen
sind sie besonders für Kraft - Manöver
verwendbar. Wenn ein Geschütz in
Morast gcräth, setzen sich die Offiziere
und Soldaten ruhig auf die nächsten
Felsen und schcn zu,wic die Elephan
tcn operiren. Tiefe versammeln sich
um das in den Morast gerathene Ge
schütz, prüfen die Lage sorgsam, bcfüh
len die Räder, die Lafette, überlegen
sich trnnn, wie sie die Arbeit leisten kön
ncn. berechnen ihre Kräfte und wenden
sie immer bei den Punkten an, wo sie
am wirksamsten sein müssen. Während
dieser Zeit stellen sich zwei oder drei Ka
mcraden bei den Büffelgespannen auf
und sobald sie sehen, daß das Stück
freigemacht ist. da schcn sie zu und trei
den sie durch leichte Trompetenstöße an,
oder, wenn nöthig, auch durch ein
schreckliches Geschrei,' so daß die Büffel
wie die Schafe gehorchen. Für die Ge
spanne braucht man nämlich in Indien
die Büffel nothwendig, da cs an Pfer
den fehlt. Tie Elephanten sind dazu
nicht zu gebrauchen. Sie lassen sich
gern im Gebirge die Stücke der zcrleg
tcn Kanone auf den Rücken packen, scl
tcn bringt man sie aber dazu, daß sie
ziehen; und auf jeden Fall weigern sie
sich, sich vor einfache Wagen spannen
zu lassen.
An ,r Zchule.
In der Schule kommen oft Stückchen
vor. wie sie fo luftig die Fliegenden
Blätter" gar nicht bringen können.
AuS einem Tmfe bei Hoga wird dem
H. Wochcnbl." folgendes Gcschichtchcn
erzählt:
Ein A-B-E Schütze meldet sehr ver
gnügt. daß er morgen seinen Geburts
tag habe und .frei" haben wolle.
Ausnahmsweise und in Berücksichtigung
der besonderen Umstände wird ihm dies
gewährt. Tas hat einem anderen Eou
rage gemacht. Er tritt vor.
Ick will mor'n ok Berlöf" heb
den."
Lehrer: So darfst Tu aber nicht sa
gen. mcin Junge, Tu mußt um Erlaub
niß bittcn."
Tchülcr: Keine Antwort.
Lehrer: Wie sagst Tu denn zu Tci
ncr Muttcr, wenn Tu ein Butterbrot
haben möchtest ?"
Schüler: Ick will'n Bottern heb
ben!"
Lehrer (zu einem anderen kleinen
Flachskopf): Und Tu, wie sagst Tu
denn zu Teincr Muttcr ?"
Zwcitcr Schülcr: Ick scgg' ok so!"
Trittcr Schüler: Ick ok."
Vierter Schülcr: Ick ok."
Lehrer (nachdem noch viele ick ok"
erklungen waren): Wer von Euch sagt
denn anders zu seiner Mutter?"
Nach kurzer Pause des Stillschwci
gens mcldct sich der kleine Friedrich.
Lehrer: Seht Ihr. Kinder, der kleine
Friedrich wird Euch beschämen. Na
Friedrich, nun sag' mal, was sagst Tu
zu Teincr Mutter, wenn Tu ein But
terbrot habcn möchtest?"
Ter kleine Friedrich: Ick scgg' gor
nits, ick smcer mi sülben een'n up!"
Moderne Reklame.
Es giebt in dem modernen Reklame
Wesen gewisse, feststehende Grundsätze
und Mittel, die erfahrungsgemäß für
ganz unfehlbar gelten. Indeß kann es
vorkommen, daß diese Mittel versagen,
und es ist nicht uninteressant, in den
Fach- und sonstigen Zeitungen zuweilen
Geständnisse von Geschäftsleuten zu
lesen, welche diese unfehlbaren Mittel
anwandten und statt des erwarteten Er
solges das Gegentheil erreichten. So
galt es bisher in der Reklame für ein
vortreffliches Mittel, sich auf das Alter
des Geschäfts zu beziehen und in allen
Ländern fügt der Geschäftsmann mit
Stoz seiner Reklame die Notiz hinzu:
Tas Geschäft besteht seit 50 Jahren,
feit 30 Jahren oder seit 25 Jahnn."
In der Hauptgeschäftsstraße Liver
Pools bestand ein großes Geschäft in
Putzartikcln. Gegenüber diesem Ge
schäst etablirtc sich ein anderes, und der
Inhaber des alten Geschäfts ließ nun
an seinem Hause eine Tafel anbringen,
deren Aufschrift lautete: Ties Geschäft
ist das älteste und bewährteste der
Stadt. Es besteht seit 60 Jahren!"
Tamit glaubte er seinen Konkurren
ten geschlagen zu haben. Tiefer aber,
ein kluger Geschäftsmann, brachte an
seinem Hause ein Riesenplakat an,
welches folgenden Wortlaut hatte:'
Ties Geschäft ist das jüngste und das
neueste der Stadt. Es hat infolgedessen
keine Ladenhüter, die dem Publikum
aufgehängt werden. Es führt nur
neue Waaren, bringt nur das Modernste
zum Verkauf und wird nur nach den
neuesten Grundsätzen betrieben."
Ties Plakat zog, es brachte die Lacher
r i . v . .... ...r s
au vic rcic vcs neuen uusmunnes
und führte ihm einen derartigen Zu-
lauf zu, daß er in kurzer Zeit leinen
Konkurrenten aus dem Felde geschlagen
hatte.
Schwefelbande".
Tas Schimpfwort Schwefelbande"
darf sich, was wohl wenige wissen,
eines stolzen akademischen Ursprungs
rühmen, der bis auf das Jahr 1815
zurückreicht. Vorher war es in dem
reichhaltigen Tckimpfsatz unserer schö
ncn Sprache völlig unbekannt. Da
mals stiftete der Student de Valcnti in
Jena eine Verbindung Sulphurea, die
sich hauptsächlich gegen die Despotie der
Landsmannschaften richten sollte. Ihr
Hauptgrundsatz war, sich nicht zu schla
gen. Deshalb traf sie Vorwurf und
Verachtung der Studentenschaft. Tie
Verbindung mußte sich auflösen, und
nur in dem damals entstandenen
Schimpfworte Schwefelbande" (sul
phnr, Schwefel) lebte und lebt ihr An
denken noch fort.
Eine verständige Antwort.
Ter bekannte Philosoph Mendelssohn
war in feinen jüngeren Jahren längere
Zeit Buchhalter im Hause eines ziemlich
beschränkten Berlin Kaufmannes.
Darüber bemerkte eines Tages ein
Bekannter theilnchmend zu ihm': Tas
Schicksal ist doch recht ungerecht. Sie.
ein so geschcidtcr Mann, müssen einem
so beschränkten Kopfe dienen!"
Tas finde ich schr verständig von
dcm Schicksal," entgegncte Mcndcls
söhn; dcnn wcnn ich dcr Hcrr wäre,
ihn könnte ich nicht Frauchen!"
!Uis;verständiiiß.
Tame (zum Bauern, bei dcm sie sich
eben eingcmicthct hat): Also, wie ge
sagt, das Zimmer nehme ich. Vor
mittags bleibe ich zu Hause, um zu ar
bciten. meine Mußestunden aber wcrde
ich Nachmittags im Walde zubringen."
Bauer: O. mci' Madam.' dös
braucht' nct, daß S' deswegen in's
Holz außi gcnga. I und meine Kinder
san unter Tags a so auf die Felder
da könna S' dahoam Mnsi machen, so
viel S' wollen."
Sä-Ian.
Kollege: Haft Tu daS Zehnmarkstück
denn fortgenommen, wclcbeö Tcin Herr
aui dem Tisch liegen gelassen hatte?"
Ticncr: Ich. bewahre: einstweilen
bade ich'S unter daS Sofa fallen
lassen !"
Migrerftändniß.
Herr (freudig): Sagen Sie. Fräu
lein Rosa, wollen Sie mein LooS mit
mir theilen?"
Fräulein: Recht gern Herr Schulz!
Mit wieviel ist es denn herausgckom
men?" r'crschnaxxt.
Er (am Verlobungstagk): Nun.
wie hat Tir der heutige Tag gefallen?"
Sie: Ach. Ernst, noch keine meiner
Verlobungen war so schön!"
Offen.
Ihre Verlobte. Herr Müller, scheint
ein gewisses Alter zu haben?"
Nein, mcin Lieber, sie ist über das
gewisse Alter schon hinaus."
2?osbaft.
Hausherr: Hören Sie 'mal, Marie,
das Essen schmeckt ja heute ganz eigen
thümlich!"
Köchin: Ja. Sie schmecken Ihre
Frau heraus; die hat mitgelacht."
weh I
Hausfrau: Wollen Sie noch ein
wenig Suppe, Herr Gierig?"
Gast: Na, vielleicht noch einen Mund
voll '."
Hausfrau (zum Dienstmädchen):
Minna, geben Sie Herrn Eierig noch
einen Teller!"
Viti.
Gatte: Was singt denn das Fräu
lein Spitz da?"
Gattin: Mcin Liebster ist der Mann
im Mond!"
Gatte: Na, wcnn er's nicht hört, ist
sie nicht d'ran schuld! Laut genug
brüllt sie!"'
Durchschaut.
Na, was machen Sie denn noch fo
spät Nachts in dem Park, Herr Greis
lcr?" Ach, ich gcnicße noch etwas die kühle
Adcndluft."
So, so, hoffentlich läßt sie Sie nicht
nicht zu lange warten."
Der Gaul macht kzonneur.
Erster Bauer: Warum stellt sich
denn Tein Pferd immer auf die Hin
tcrfüße, wenn ein Zug kommt?"
Zweiter Baucr: Aus Hochachtung
vor dcm Dampfroß!"
fassender vergleich.
Ich Hütte nicht gedacht, daß die Liebe
im Hafen der Ehe fo schnell erkalten
würde."
Ta haben Sie demnach keinen eis
freien Hafen gefunden?"
pessimistisch.
Alter Hcrr (im Lehnstuhl): Wenn
man mit Mühe und Noth ein hohes
Alter errungen hat, giebt es noch Leute,
die einfach sagen: Unkraut verdirbt
nicht"!"
Scheinbarer Widerspruch.
Herr (dcr sich in einer Gesellschaft zu
rückgesetzt fühlt): Meine Gesellschaft
scheint Ihnen zu wenig zu sein, oder
bin ich Ihnen vielleicht hier zu viel?"
Poesie und Prosa.
Tichtcrling: O, es ist ein Jammer
thal, diese Welt nichts bietet uns
eine edle, wahre, ideale Freude!"
Rentier: Na. erlauben Sie 'mal
habcn Sie denn noch nie einen guten
Schweinebraten gegessen?"
Das wöre ihr lieber.
Ella: Ich kann mich nur darüber
wundern, daß sich der Assessor noch nicht
erklärt hat. ich bin fest davon über
zeugt, daß er Dich unaussprechlich
liebt."
Paula: Ich selbst, aber aussprcch
lich wäre mir lieber!"
verzeihliches Mißverständnis;.
Hcrr G.. der in einer Strafsache als
Zeuge geladen war, kommt gerade nach
Hause, während seine Gattin vor dem
Spiegel einen neuen Hut aufprobirt.
Tu, Männchen, sitzt er?" ruft sie
dcm Eintretenden entgegen.
Nein, sie haben ihn freigesprochen!"
Deplacirt.
Herr (stürmisch): Mein Fräulein,
Sie sind meine erste und einzige Liebe!
Ich liebe Sie über alles, ich 'bete Sie
an, ich "
Fräulein (abwehrend: ..Aber, mein
Hcrr, wie dreist, wie furchtbar dreist !"
Hcrr: Ach, scicn Sie nur nicht böse!
liebes Fräulcin, es war ja nicht fo ge
meint !"
Gefährliche Situation.
Student (dcr Abends einen Svik-
buben untcr scincm Bett findet): Aber
Mensch, wie können Sie sich so leicht
sinnig in Gefahr begeben .... ich bin
erst gestern mit dem Bett durchqe
brechen!?" Im Reiche Serenissimi.
A. : ..Warum ist dcnn beute so viel
Polizei auf den Beinen?"
B.: Dcr Erbprinz wird erwartet."
A.: ,.So. was hat er dcnn anqc-stcllt?"