Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 03, 1899, Image 6

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auf der Trans Mississippi und Internationalen Ausstellung
die goldene Medaille
verliehe worden. Dieser Preis wurde dem Krug'schen ö,abinet Br über alle
anderen wegen der
Reinheit, Kraft und feinen Qualität
verliehen.
L. A. Ksenskl), 5
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oCi. cc?:u-;,!r;;::t!dcrt," wiederclten
Lange und Unter, die eile Regun
gen JioPetii gierigen Blic'c-s tcrftli
teil.
icr Aii'Lbrer theilte das 5-lo in drei
f leicky .fi:iichc, und nährend er dic3
that, spielte ein triiimphircnües Latein
um seine Kippen.
Tslä wird unser Taschengeld sein.
lrelelxS uns einige Tage vor ?iolh
schufen wird,- fagic er.
Lange und Lander bcimichtiiitcn sich
gierig der ichöncn !!?cin;ijttcirislucke
und der kostbaren Banknoten des im
glücklichen Stech und licf.cn sie sofort in
den Tiefen ihrer Taschen verschwinden.
.Was diese Dinger betrifft," snlir
Rrdericb, auf die Obligationen und
sonstigen Wcrthpiipiere deutend, fort;
,io werden wir dieselben so rasch als
möglich in Baargrlo umsehen. Tiefe
Operation fallt rechtmäßig unserem
Freunde Fanoer zu, den ich zum Vn
Walter unserer Gesellschaft ernenne; er
wird diese Papiere verwerthen können,
ohne Aussehen zu errege. Tic Sache
ist der Mühe wohl werth, denn die
Papiere sind wenigstens sechzig- oder
achzigtausend Aark hoch zu schüfe.
Wir besinden uns also im Besitze des
(Grundkapitals und können unsere Ope
rationell ii (Prosen deginnen."
Sollten wir nicht auch die übrigen
Räume des Hauses durchsuchen und
uns aller Wertsachen bemächtigen, die
fich och musinden?" fragte Lange.
,.?ns wäre ebenso nuvlos wie thö
richt."
,.We--hall'?"
Nnl',los. weil wir nur sehr wenig
finden, IM-; des Mitnehme werth
wäre, lind dann müssen wir es ns
zum Prinzip machen, nur Baargeld
oder leicht gegen solches umzusetzende
Werthpapiere an uns zu nehmen. Seht
Ihr das ei,,?"
Pvllkommcn."
Ta Alles beendet ist," nahm Lange
das (Gespräch von Nenein auf, so
wollen wir keine Minute verlieren."
Wirt, so ist's recht"
Haben wir nicht noch Zeit, uns ein
warmes Nachtessen zu bereiten?" fragte
Zander, der einen ttorb voll vier ent
deckt hatte.
Nein," erwiderte Lioderich, essen
wir nur, um wieder zu Kräften z iom
men ; morgen werden wir wählerischer
sein können."
In diesem Falle möchte ich nur
schnell drei oder vier Flaschen Brannt
wein entdecken," sagte Lange.
Und nachdem er eine Laterne, die auf
dem Kamin stand, angezündet, begab er
sich in die anstoßende Trinkstube.
Als er zwei Minuten später ans der
selben znrücklchite, hatten sich die ande
reu Zwei bereits vor dem Tisckie nieder
gelassen, wo sie dein in dem Porralbc
schrank aufgefundenen Mundvonath
tapfer zusprachen.
Tns ist Alles, was ich gesunden
habe," sagte Lange. Ter Keller ist
versperrt und die Thür mit einer eiser
neu Oneistange verwahrt. (5s wäre zu
inständliel,, diese zn entfernen."
Tabci stellte er eine Flasche, in wel
cher sich ei Restchen Rothwein befand,
eine andere mit Branntwein nd noch
eine drille mit Madeira gefüllt, a.:f
den Tisch.
.Außerdem habe ich einen für mich
und Fauder sehr werthvollen Fund
gemacht," sügte er hinzu.
Was denn?" fragte der Kleine, m't
beiden Backen kauend.
Tiefe zwei Ueberröcke einen große
ren und einen kleineren. Ta hast Tn
den kleineren für Tich; der größere
wird für mich gut sein. Außerdem
diese Schuhe und Beinkleider."
TaS trifft sich gnt, meiner Treu !"
Ihr werdet aber so vernünftig sein,
die Dinger sofort ach (Zurer Ankunft
in Berlin zu vernichten."
(Zlewisz. das werden wir thun."
In weni-er denn zehn Minuten war
die Mahlzeit beendet, und die drei Räu
der verließen in aller (ile die Schänke.
Sie schlugen die Richtung nach der
Landstraße ein und lenkten ihre Schritte
nach dem Bahnhofe von F.
Ter Crilzug muß um zwölf Uhr
vierzig Minuten im Bahnhofe einlau
fen," sagte Roderich. Wir müssen den
Zug besteigen, ohne daß uns Jemand
bemerkt; sonst wird die Polizei Zweifel
los in Erfahrung bringe, daß in der
Nacht des Verbrechens in F. drei In-
dividuen Karten nach Berlin gelöst
haben. Wer weiß, ob der Bahnhof in
Folge Eurer Flucht nicht überwacht
wird? All' dies ist gefährlich, und
darum thut Vorsicht noth."
Alle Wetter, was sollen wir aber
thun?"
Wir müssen die Hecke überklettern,
den Schienenstrang entlang schleichen
und uns hinter einem Waggon ver
stecken." Diesen Weisungen wurde ohne son-
derliche Schwierigkeiten entsprochen,
und die drei Räuber versteckte sich in
einiger Entfernung vom Bahnhofe, in
dem -chaffnerwagen eines dort stehen-
den Eiüterzuges. Etwa zehn Minuten
später langte der Eilzug an, und in
dem Augenblicke, da er wieder abgehen
wollte, erkletterten die drei Mörder den
Zugang zn einem leeren Waggon und
stahlen sich geräuschlos in das Innere
desselben, wo sie sich unter den Sitzen
verbargen. Der Streich war gelungen,
sie befanden fich in Sicherheit.
Etwa zwei Stunden nach der Ent
fernnng der Mörder weckte die durch
dringende und immer mehr zunehmende
Kälte die Mutter Betta aus ihrer Be
wußtlosigkeit. Es währte lange bis sie sich wieder
im Vollbesitze ihrer Sinne befand. Die
dumpfe Betäubung, welche auf ihr
lastete, wollte nicht weichen.
Weshalb befand sie fich eingehüllt in
den Fallen dieses schweren Mantels?
Es gelang ihr nicht, ihre Gedanken
zu sammeln ; den wirren Ideen, welche
ihr Hirn bewegten, eine Gestalt, eine
bestimmte Richwng zn geben.
Endlich kehrten . ihre Kräfte emi
l!:d.
v;c..:ru: ' .;: c::',rt;::;u
Plo''.!ich irr c'.: !co.:!?le Durch
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t'd'::dv:!dci :i:!e, Icr aV.: Fileni
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ch: die t.t,:c1l!.lc;i Ereignis'e dieses
?lb.-::s in ihr :-v:it, nO eine Be-furch:-.'z
t:?'';-'.: s.ch is;r schtc'f ni-d
gebi.!.".i'.b i::.?.
Hi:r si! ü.-l .-:.:-a:.r !:::...:;.
i-.ll.-icht !'::cc:: ':: (.::D cri.!r
M" ?!'.! n rid'tuc sie sich tvil aufgeregt
ci-Iht, stritt die Thüre zn und
r:!!:" sie o'fn.'N. Doch i''derich hatte
'ic le'tig !-:;'e'c! l.tgc:?, ünd d-.?? me,
schu .:.! c Wei!) veri'-oä-tc erst nach !zn
ger Mühe, sie aüizu::!ache.
Als die Tbur ausging, drang ein
Windstoß berein, der die alte, gedrech
liebe Freu in ci:;c 'Weite seiner Schnec
koiüchcn biitlte.
Die Ksrridsrtbür mußte demnach
offen stellen. Dies bestätigte ihre
schlimmste Befürchtungen.
Taumelnd, doch raschen Schrittes be
gab sie fich uach dem Zimmer ihrer
Hcdwig !" murmelte sie, bevor sie
in dasselbe !r,t.
Keine Antwort.
iedwig !" wiederholte sie lauter.
Wieder leine Anfvvrt.
Mein Gott!" schrie sie nun ans.
Hedwia, mein Kind, antworte."
Sie nies; die Tbür auf und trat in
das Zimmer, lli, durchdringliche Tnn
kelheit herrfckzte liier, Mutter Betta aber
fchritt gerade auf das Rubclager zu und
streckte die zitternden Hunde aus.
Das Bett nw kalt, nicht berührt.
Ab!" stöhnte die Unglückliche voll
wabnsinnigen Schreckens.
Ein tiampfbasteS Beben schüttelte
ihren Körper vom Kopf bis zu den
Füßen. Tann richtete fie sich voll Bei'
zweislnng empör, um nicht der Wucht
dieses unendlichen Schmerzes zn unter
liegen. Nein, das war ich! möglich ! Ihre
Tochter, ihre theure Hcdivig. ibr ein
ziges Gut. ilire einzige Liebe ! Sie
mußte unverzüglich suchen, Licht
machen
Liiit ! Dieses Wort durchzuckte ihren
Geist gleich einem feurigen Pfeil.
Ja, sie erinnerte sich hatte sie den
nicht ein Licht im Wolmzimmcr, in dem
Raume, wo sieh Stech eingeschlossen
halte, brennen sehen? Es brannte ge
miß noch immer.
Sie schritt dem Wohnzimmer zu.
Dabei stieß sie gegen jeden Gegenstand,
der sieh auf ihrem Wege befand und
taumelte gegen die Wände ; doch schritt
sie immer weiter mit ausgestreckten Hän
den und gesenilem Haupte.
Sie trat in das Gemach, ohne zu bc
merken, daß die Thür in Trümmern
ans der tfrfcc lag. Sie strebte nur dem
Lichte zu. Was noch an Empfindung,
an Leben in ihr vorhanden war, ton
zentrirte fich in dem einzigen Gedanken :
Hedwig, meine geliebte Tochter!"
, Die Lampe war in der That auf dem
Tische geblieben, und beim Verlassen
des Hanfes hatten die Banditen nicht
daran gedacht, sie auszulöschen. Hastig
trat Mutter Betta näher.
Doch wie vom Schlage gerührt, blieb
sie mit einem Male stehen. Sie hatte
den Leichnam ihres Gatten bemerkt.
Das Lampenlicht siel voll auf fein
violettes, verzerrtes, eiskaltes Gesicht.
Mutter Betta stieß einen fürchter
lichen Schrei ans, schlug mit beiden
Armen durch die Luft und schmetterte,
mit dem Gesicht zn Boden gekehrt, in
dumpfem Fall nieder.
Kein Zin'ci, ging onrch ihren erstarr
ten Körper, lein Seufzer trat über die
für ewig geschlossenen Lippen.
Sie war tost.
. Kap itel.
In einem stillen Thale, unweit des
Städtchens L bürg, liegt ein aller
liebstes, kleine?, mit Ephen umspönne
nes Häuschen, welches, dank der zahl
losen Rosci, die in seinem Garten
blühen, in der Umgebung den Namen
das ..Rosenhans" führt. Der Bewohner
und Eigenthümer desselben, Walter
Kampf, I)in darin einen geräumigen
Spcisesaal, ein Arbcits-und ein Schlaf
ziminer innc, während die übrigen
Raume der Frau Amalie überlassen
sind, einer guten, alten Person, die
ganz auszeichnete Vorzüge besitzt,
zwar auch ein wenig zänkisch, aber ganz
l,cw! eine vortreffliche Kochin ist.
Herr Walter Kampf hat soeben sein
Mittagessen beendet, und während ihm
seine ehrwürdige Wirthschaften eine
Tasse Kaffee cingießt, dreht er sich mit
flinken Fingern eine Eigarrette.
Mit seiner hohen Stirne, den blauen
Auge, dem blonden Schiinrrbarte,
dem dichte Haupthaar, dem spöttische
Lächeln der Lippe und dem leuchtenden
Blick ist Walter ein schöner, gewinnen
der, junger Mann, dessen Name in der
Schriftstellerwclt nicht unbekannt ist.
Fra Amalie betet ihren jungen Ge
bictcr an ; sie ist seit mehr als zwanzig
Jahren im Hanse und Kampf hat die
Dreißig ncch nicht erreicht. Sie behan
delt ihn wie ein verzärteltes Kind und
thnt sich auch keinerlei Zwang an, um
ihn auszuschcltcn und ihm Vorstclluu
ge z machen, wo es noth thnt.
Na," sagt sie mit einem Anfing von
Spott, nachdem sie die Tasse des jungen
Mannes bis zum Ueberflicßen mit Kaf
fec gefüllt hatte. Na, jetzt ist er aber,
ßuie Sie ihn wünschen: schwarz wie
Tinte und dick wie Sirup !"
Sehr gut, meine liebe Amalie, sehr
gut; so hab' ich ihn gern."
Tu lieber Gott! Trinkt denn ein
dernünftiqer Mensch solchen Kaffee?
Und noch dazu ohne Zucker !"
Meine gute Amalie," fuhr Walter
lächelnd fort; ich setze gar keinen Ehr
geiz darein, vernünftigen Menschen zu
gleichen."
Das will ich Ihnen gerne glanben
Wenn es Ihnen nur nicht schädlich
wird!"
Ach Gott, einer solchen Lappalie
wegen ! Ich trinke ja nur zwei Tassen
täalich!" , ,
,!. ,
.,c ,.1 ,r ?.b: g:: d:.':i
2 1: !.:'. ,:i s ie: -vu if, i
:::..: '. i. : Ht r 'ti.:::- '.'.'.:,;c.!s c.
::n-.-.f ich - t ? ,! t r.c, r. 6:5 n:r e.'
:! a!:-: :; , c:;::.Ccr, cieden
it. rjcil a y.i ihl tcu: K.f.Uün
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jö'i'ch? Dichter
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..;::; t!.'.M
Ait, d.-,; ei
!. lii.ii'N cic !uj
-neu nicht fbc::jc er
..;-b---"
D,,r..i: ist g.'.r i.icht zn tt:'.;n, U'it
ich I !:::::! le.7c.scn werde. Die
icc ,i".i.i vi Sie fich sebr
un ehr.-. '. -t:.i c:: .zudrücken h lieben,
den:! er r..:: einer der größten Schritt'
stcüec unseres I.-Krbi.ndelts. ist mit
vierzi.', I .ihren s,en:rben. ireil er täglich
suüf Ta'icu K.ii'ce trank, das i't wahr.
.Vch d-, nur z'"ei Tei'n trinkt,
d.is Lcif.t a:;:::;:;.:::u:!;:l wc::iger, h.'.de
ein Recht, audcribalbüial langer zn
leben. Nn:: rebnen Sie: vierzig i'.r.d
vierzig macht achtng, noch die Halste
dazu, das beißt zwanzig, ergibt rund
hundert ! Ich werde alse erst mit !".;n
dert Jahren sterben. Ist dies klar und
mathematisch richtig?"
Ach v,n, mich können Sie mit
Ihren schonen Werten nicht bethoren."
Nachdem Walter die schwarze Brühe,
die er sich als e,iifcc verabreichen ließ,
zu Ende geschlurft hatte, warf er feine
Serviette hin und stand aus, indem er
die große Arie aus der Jüdin" zn sin
gen begann. Der junge Mann besaß
eine schmetternde Stimme, und wenn er
zu fingen auinia, klirrte die Fenster
fcheiben im Zimmer.
Großer Gott !" rief Amalie uns
und streckte die Arme zum Himmel
empor. Nun fangen Sie schon wieder
an !"
Walter brach kurz ab und sagte:
Sie lieben offenbar nicht die Musik
von H.ilevii. Soll ich Ihnen also etwas
von Mcperbecr. Rossini oder Goirnod
vorsingen?"
Das ist ja doch immer dasselbe."
Dasselbe?"
Gewiß, denn wenn Sie Ihrem
Singen auch all' die heidnischen Namen
geben, die Sie da soeben anführten, so
kommt doch Alles auf dasselbe hinaus."
Ach du lieber Himmel, so gering
schätzend denlen Sie über meine Be
fahignng als Sanger, Frau Amalie?
Wohlan, ich werde Ihnen niemals wie
der etwas vorsingen."
Daran winden Sie sehr Ilng thun."
Ich danke siir das Kompliment."
Was Sie aber nicht hindern wird,
nach fünf Minuten von Neuem zu be
ginnen." Mag fein; doch werden Sie mich
nicht hören, da ich in den Wald gehe,
um dort nach Herzenslust zu groblen."
Nehmen Sie sich in Acht; die Ler
chen werden Sie auslachen."
Du seh' einer ! Amalie wird c,eisi
reich." Ach, man könnte es Ihnen wohl
gleichthun, Herr Büchermacher. wenn
man fich nur die Mühe geben wollte, "
erwiderte Anzalie mit einer ironischen
Verbeugung.
Alle Weiter, ich to.ige je, gar nicht,
den Kampf aufzunehmen. Auf Wie
dersehen, ich rette mich."
Und Walter pfiff seinem Hunde
TvraS. Doch im Begriffe, das Zimmer
zn verlassen, wandte er sich noch einmal
an der Schwelle nm.
Beiläufig." sagte er. was gibt es
denn heute zum Abendbrod?"
Können Sie vielleicht gar nicht Ihre
Promenade machen, ohne zu wissen,
was Sie bei der Rückkehr essen werden ?"
Blitz, die Küche ist eine ernste Sache !
Ei Großer des Alterthums, dessen
Namen ich Ihren nicht nenne, sonst
spotten Sie noch über ihn wie Über Bai
zae, hat gesagt: man muß leben, um
zu essen, nicht essen, um zn leben.
Auf Wiedersehen !"
Und damit ging er endlich, während
fich die Wirthschaften der Thür
näherte, um ihm nachzublicken.
Die braven Leute in L bürg haben
vielleicht Recht, wenn sie sagen, daß er
ein wenig eigensinnig ist." murmelte
sie, doch ist er so hübsch, so gut, und
so heiter! Ach, es wäre wirklich schade,
wen er unglücklich fei würde !"
AIs Waller Kampf den an feinem
Hause vorüberführenden Weg betreten
hatte, mußte er sich rasch an die Wand
drücken, da ein Pferd in gestrecktem
Galopp dahergesprengt kam. Auf dem
Pferde saß eine schlanke, elegante, kühne
Amazone. Ei wenig vornübergebeugt,
die Zügel i der kleinen, fein beHand
schuhten Faust haltend, jagte sie mit
Sturmeseile daher, mit Stimme und
Gerte den Gang ihres Reitthieres, eines
feurigen Vollblulrappens. beschien
nigend. Das Ganze glitt rasch wie ein Blitz,
wie eine Vision vorüber, so daß Walter
kaum Zeit hatte, zwei flammende
schwarze Mgen hinter dem Gazeschleier
des Hntes zu unterscheiden.
Ein herrliches Weib," murmelte er
vor sich hin. während er ihr bewun
dernd nachblickte.
Auch sie halte sich wie neiigierig um
gedreht, so daß sich ihre Blicke kreuzten.
Tann aber versetzte sie ihrem Pferde
einen sausenden Schlag mit der Reit
gerte und verschwand um die Biegung
deö Weges.
Walter Kampf war ganz nachdenklich
geworden. Ein Lächeln spielte um seine
Lippen.
Ah. so!" sagte er sich; ich wußte
gar nicht, daß ich eine so schöne Nach
barin habe. Uebrigens," sagte er mit
spöttischer Geberde hinzu ; wenn sie es
lange in dieser 'Weise treibt, so wird sie
sich unfehlbar das Genick brechen.
Was übrigens recht schade wäre," be
schloß er seine Betrachtungen und setzte
seinen täglichen Spaziergang fort.
Gleich alle jungen Schriftstellern
arbeitete Walter Kampf meist des
Abends; d,s Morgens nur wenig und
Nachmittags gar nicht. Diese Methode
ist vielleicht anfechtbar. Walter aber
befand sich s.hr wohl bei diesem System,
da es ihm für seine lange träume
rischen Promenaden die besten Stunden
des Tages frei behielt. Insbesondere
waren ihm die Spazieigänge des Nach
mittags lieb und werth. Dabei war
fein Geist fortwährend in Thätigkeit,
und wenn er des Abends heiikbrte.
:.c. . ;c . -:
::.:,::;i:.Mi:n,p:;::i! ::;.; er
1 l.-s die ."cda ,..r 5 zu
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-tc über l',,::e er l.iac Zeit, tich
feinem g,:i.b:en binnen zu ubclt.'ei'..
Ncch war er kaum ans einem lieinen
' fchiangclnde'i P' ade eine bal.'e Stunde
Walde bclumgcfirjchcn. als rr plötz
lich einen schärfen Schrei, wie ihn
S.nei; tnd l'.ebcrrafchung erpressen,
vernahm und gleich darauf den nregel
imiüigen Huffchlag eines rafch naher
kommenden Pferdes borte.
Sofort dachte Walrr an die kühne
Amazone, deren Vi'ion an ihm vorüber
gezogen war. als er sein Haus verlassen
hatte.
Ich we,'-!e ja." m;;rx.'l!c er. ..daß
sie sich schließlich den Hals brechen
würde."
Was war geschehen?
Hatte das Pferd feine Reiterin abge
worfen oder galapl irte es mit derselbe
uaufhaltfam auf dem abschüssigen
Pfade dahin !
Die Antwort ließ nicht lange auf sich
warten.
Kaum zweihundert Schrille entfernt,
bei einer Biegung, welche der Weg be
schrieb, sah Waller einen flüchtigen
Schallen vorübergleiten. Die Amazone
befand sich noch im Sattel.
Teufel !" sprach der junge Mann zn
sich; sie werden Beide in die Tiese
stürzen !"
Er hatte keine Zeit, länger über die
kritische Situation nachzudenken ; denn
das Pserd tain mit erschreckender Schnel
ligkeit naher.
Regungslos, in der Mitte des Weges
stehend, wartete Walter Kamps.
Sei Ttzras hatte fich neben ihn ge
stellt und blickte zn feinem Gebieter
empor, als wollte er ihn nach dem
Einlud? dieses plötzlichen AnhaltenS und
dieses angstvollen Wartens fragen.
Plötzlich sprang der Hnnd, anS Leides
traften bellend, vor. Ueberrascht durch
das Erscheinen dcS scheu gewordenen
Pferdes gab er seine Unzufriedenheit
und seinen Zorn kund.
Sein unerwartetes Gebe! beschien
nigte die Katastrophe.
Das Pferd bäumte fich boch auf und.
gedrängt durch den abschüssigen Pfad
und die eigene Schnelligkeit, warf eö
sich nach rechts und links.
Die unglückliche R'eiterin. deren Wil
lenslrast gebrochen zn sein schien, ver
mochte der Heftigkeit dieser wiederholten
Stöße nicht zn widerstehen, und ihre
Hände ließe den Sattelknopf kos, wel
chen sie krampfhaft umllammert ge
hallen. Waller war sich über die Situation
rasch im Klaren.
Anfänglich halle er den Gedanken
gehabt, sich dem Pferde entgegen
zuwerfen, wodurch das Unglück nur ein
noch größeres geworden wäre. Das
Manöver des Hundes aber hatte dem
Ganzen eine andere Wendung gegeben.
Walter hatte sich gesagt, dass die Rci
terin unfehlbar zu Boden geschlendert
werden müsse, schnell war er zur Seite
gesprungen und hatte sie glücklicher
Weise in seinen Armen aufgefangen,
gerade in dem Augenblick, da sie sich
auf den Steine des Pfades zerschmel
tert haben würde.
Von TyraS verfolgt, war das Pferd
wie ein Pfeil weilergaloppirl. Plötzlich
strauchelte es, und 'ehe es noch festen
Fuß zn fassen vermocht hatte, war es
seitwärts in einen von jungem Gehölz
bestandenen Abgrund gestürzt.
Die Bewegung Walters war eine so
wenig vermittelte, so wenig überlegte
gewesen, daß er selbst strauchelte, als'er
die süße, kostbare Last in seine Arme
auffing. Er fiel hark auf seine Knie,
hatte aber wenigstens die schöne Reiterin
vor einem schweren Falle bewahrt.
Himmel!" rief er dabei ans, nun
befinde ich mich selbst in einer unver
fälschten Romansitnation. Wirklich,
nun ist die Reihe an mir ! Wir wollen
aber 'mal sehen, ob ich mich ebenso gnt
aus der Sache ziehen ian, wie irgend
einer meiner jungen Helden!"
Dieser anscheinend spottenden Worte
ungeachtet, war Waller ganz außer
ordentlich bewegt. Ei fonderbarer
Eharakler, ein Gemisch von Gefühlstiefe
und oberflächlichem Skeptizismus.
Niemals floß ihm der Spott leichter
und ätzender von den Lippen, als wen
er in Herz und Seele am tiefsten be
wegt war.
Er hatte sich rasch erhoben, und nun
ließ er die jnnge Frau, die das Bewußt
sein verloren hate, am Fnße einer
Eiche, auf einer Moosanschwcllnng
nicderglcitcn.
Dabei sagte er zu sich:
Und nun trachten wir unsere Rolle
als Lebensretter in würdevoller Weise
durchzuführen "
7. Kapitel.
Sie war anßcrordcnlich schön, diese
unkluge Reiterin, welche Walter Kampf
durch sein thatkräftiges Handeln vor
einem sicheren Tode bewahrt halle.
Eine etwas zn strenge Schönheit, zn
majestätisch vielleicht, doch so anniuthig
und liebreizend, daß der erste kalte Ein
druck alsbald schwand, um einer ans
richtigen Bewunderung Platz zu machen.
Sie 'war brünett, doch von so zarter,
feiner Nuance, daß die blauen Augen
und die rosigen Wangen in harmo
nischer Weise die dunklere Farbe hoben.
Herrlich gebant, von tadellosen For
men, hätte sie auch Andere verwirrt.
als Walter, der seine achtnndzwanzig
Jahre in einer einsamen, zuriickgezoge
nen Lebensweise verbracht halle.
Teufel !" murmelte er. sie ist ohn
mächtig nach allen Regeln der Kunst.
Und ich scheine alle Ernstes den Kopf
zu verliere. Himmel, ist sie schön !
Nie, im Leben habe ich ein so schönes
Wesen gesehen; nein, gewiß nicht!
Doch ebenso gewiß ist es, daß sie von
selbst so bald nicht zum Bewußtsein er
wachen wird; ich muß ihr also dabei
ein wenig zu Hilse kommen. Doch auf
welche Weise? Ich sinde mich da gar
nicht znrecht. Sollte sie irgendwie be
schädigt sein? Himmel, da sehe ich
Blut"
Tie lekteiz Worte wäre?. d.nt junoen
V.'iJinie let kein 3 blies eines dlinuen
BluNNenens nilfchtnpft, welcher unter
der dickte scinrarzen Haaimasse der
Unbekannten bcrvorzusikcr begann.
Fiirchisan, und mit zitternder Havk
sbob Walker die seidenen Flechten znrüci.
Aber lviwaris doch. Du Einfalls
pintcl !"
Uno nachdem er sich mit diesem schmei
ckelbasten Kosenamen bedacht hatte,
wurde er muthiger.
Er kniete behirnaui nieder und beb
voll unendlicher Sorgfalt den leblosen
Kopf der jungen Frau empor. Eine
eite desselben war ganz feucht ur.b
diese Feuehtiglcit färbte des junge
Mannes Finger roth.
Er hatte die Wunde alsbald entdeckt,
ic v.'ar rlw.i drei oder vier (Zentimeter
lang und zwei breit, und zog fich ge
rade oberhalb der Stirne von links nach
rechts, a einer Stelle bin, wo die
Haare ai:t wenig'tcn dickn waren.
C Heilbar war die Wunde das Resultat
eines befugen Slopes, da die Haut
mehr gedrückt als gerifstn schien.
.Ul legreife." sagte Walter, der
sich nler feine Eindrucke Rechenschaft zn
geben gewohnt war, sie beging die
Uiillughcit. am Rand dieser kleine
unebene Straße dahin zu gaioppircn,
unnhcrlegt, ohne vor sich hinzublickcn.
('in iicsliuiigendcr Zweig traf sie an der
Stirn und erzeugte diese Verletzung,
indem er sie zugleich des Hutes beraubte,
dessen (Gazeschleier, vo den Nadel fest
gehalten, in den Haaren zurückblieb.
Vor Schmerz und lleberraschuiig fließ
sie den Sbrei ans. welchen ich ver
nonnnen habe. Das Pferd erschrak und
beschleunigte seinen ohnebin fchon-D
raschen Lauf noch mehr. Unfähig, das
Thier z bändigen, halb betäubt durch
den empfangenen Schlag, hielt fie sich,
so gut es anging, am Sallellnopf fest,
bis der Sturz cnvlgte, und ich sie in
meinen Arme anssaiigen konnte. So
muß fich die Sache zugetragen haben."
Und Walter betrachtete i fortwäh
rciid zunehmender Rathlosiglcit die
junge Frau, die Halb in feinen Armen
lag.'
Donnerwetter, ich weiß ja, daß sie
sich bedeutend bester suhlen würde,
wen sie freier athmen konnte. Sie
muß ja ersticken in dem enge Kleid
und Mieder."
Einen Moment verharrte er nach
deutlich und verwirrt.
Eine T. nuuug, welche die Kehle
der jungen au erfaßte und ihr den
Athem wie in einem schmerzlichen
Röcheln benahm, ward die uumillel
bare Veranlassung, daß Walters zart
fiihlenCe Bedenken schwanden.
Und mit dem linken Arm den wider
standslos daliegenden Körper empor
richtend, vsfuete er die untersten Knöpfe
an der Taille der schönen huinäch
tigen. Nun nahm er sein Taschenmesser
vor und spaltete mit einem einzigen
Schnillc die seine blaue iccidc des Kor
stts, ohne auch nur hinzusehen.
Endlich, gottlob!" rief er aus.
Doch nun suchen uir rase!) nach etwas
'Wasser."
Er Hatte nicht lange zn suchen, Ihtji
das von einem Bache durchschnitte
Terrain war reich an Graben, welche
zn dieser Jahreszeit stets mit frischem,
kaltem Wasser gefüllt waren.
Waller schöpfte seinen Hut bis an
den Rand voll und kehrte damit in
eiligem Lauf zurück, da der nicht ge
tingend dachte Filz die Flüssigkeit durch
sickern ließ.
Langsam, voll nirndlichca Sorgsalt,
deren er sich niemals für fähig gehalten
hätte, befeuchtete r die Stirne der Be
wnßtlofen, nachdem er unter ihren Kopf
vorerst ein breites Kissen weichen Moo
ses geschoben hatte. Die erste furchtsame
Anwendung deö lallen Wassers hatte
keinerlei Wirkung, end so ließ Walter
die eisige Flüssigleil aus einer immer
mehr zunehmenden Hohe in kurzen
raschen Pausen ans das Gesicht der jnn
gen Frau niedersallni.
So redliche Anstrengungen mit so
diel gutem Willen gepaart waren ein
günstiges Refultai wohl werth. Ein
leichter Schauer ging durch den Körper
der jungen Frau, ein rosiger Schimmer
verdrängte die Blässe ihres Gesichtes,
und plötzlich schlug sie die Augen auf.
Ter junge Schriftsteller, der voll
iheilnehntettder Spannung über sie ge
neigt stand, empfing voll und ganz die
seit klaren Blick, der anfänglich ei
wenig erstaunt und ungewiß war, doch
mit jeder Sekunde mächtiger und ans-
drucksvoller wurde. '
Plötzlich aber gewahrte sie die Un
ordttnng ihrer Toilette. Sie richtete sich
mit klar hervortretender Entrüstung
empor, und mit einer heftigen Geberde
ordnete sie, so gut es eben anging, ihre
Kleidung, wahrend sie dem Unglück
lichen Walter einen zornerfüllten Blick
zuwarf.
Der junge Mann ließ mit erschrocke
ner Bewegung seinen noch halb mit
Wasser gefüllten Hnt fallen, ohne doch
vor lauter Verlegenheit ein Wort über
die Lippen zu bringen.
In Folge dieses unschuldig naiven
Benehmens blickte die junge Frau ihren
Ritter mit einem solchen Lächeln an.
daß er fich wie in Sonnenschein ge
badet fühlte. Dieses Lächeln war klar
und leuchtend, ein wenig erstaunt und
furchtsam zwar, doch 'freundlich wie
eine Liebkesung. und voll warmer
Dankbarkeit.
Walter fühlte sich beruhigt, ein
Strahl der Frende brach ans seinen
Augen, und voll zutraulichen Eifers
fragte er:
Wie befinden Sie sich, gnädige
Fran? Bereitet Ihnen die Verletzung
am Kopfe Schmerzen ? Sie thaten einen
schweren Fall, und es wäre fast ei
Wunder "
Sie richtete sich mit Anstrengung rin ,.
wenig ans dem Mooslager empor, ans
welchem fie ruhte, und versetzte aber
malS lächelnd:
Ich glaube, daß fich dieses Wunder
zugetragen hat." Und sich noch mehr
emporrichtend, streckte sie Walter die
Hand entgegen und sagte: Ich danke
Ihnen I Sie haben mir das Leben ge-rettet!"