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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (June 29, 1899)
J 1. Das Zwanziapfnniastück. NsvcUeiie ton !rc.chcl. Was ihm in diesem Augenblicke widerfuhr. nein, das war dem Mei tun bescheidenen Zwanzigpfennigstuck noch niemals in seinem Leben, niemals wahrend all seiner Wanderungen pas' sirt! es fühlte einen heißen Athem, ein paar warme Menschcnlippe:i be rührten seine Oberfläche, es wurde geküßt, wirklich und wahrhaftig, es wurde qcküßt! C Tu liebes herziges Ting. wie niedlich Tu bist und wie echt silbern Tu glänzest'." sagte dazu eine wohl, lautende Müdchenstimme. So hatte auch noch Niemand zu dem Zwanzigpfennigstück gesprochen! TaS mußte doch seine eigene Be wandtniß haben und eS war auch sonst nicht weiter verwunderlich, daß dieses neue und seltene Ereigniss haften blieb in dem Gedächtniß des Zmanzigpfen nigstückes. daß es sich Tie. welche ihm so v!cl Liebes erwies ordentlich und wißbegierig änschaute! Käthe. so lautete ihr Name war ein schmuckes, junges Ding die Lilie und Ros' blühten auf ihren Wan gen", wie es im Liede heißt, und ihre Strahlenaugen hatten die leuchtend blaue Farbe der Kornblume, die sich im Sommer so prächtig zwischen den gelben Aehren wiegt! Zwischen Blumen spielte sich auch Käthe's Leben ab. jedoch glaube man nicht, daß es darum chon und reich war. nein, die Blumen mit denen Käthe zu thun hatte, waren künstliche und wurden von ihrer eige nen Hand mit vieler Mühe, in ermat' tendcr Arbeit angefertigt, um hernach hinauszuwandern aus der kleinen Kam mer in die großen Luxus-Läden. und weiter auf die schimmernden Seiden roben der feinen Damen, in die Prunk vollen Tafel Aufsätze der vornehmen Leute! Käthe war also nur eine arme Blu menmacherin! Und doch blühte s in ihrer Seele wie cm einziger Garten, wie e:n jun ger Frühling von üppigen Blüthen! Tie Liebe war ja zu ihr gekommen, die Liebe, welche auch in das engste, dunkelste Stübchen Licht und Wonne bringt und dem Auge einen rosa Schleier vorhängt, daß es die ganze Welt anschaut, als läge sie in Rosen schimmer da. Der kraushaarige junge Musiker Frank Schwerter war es, den Käthe liebte! Er lebte zu seiner Ausbildung hier in der Residenz und verwandte sein kleines mütterliches Erbtheil da zu, um sich, ganz frei von allen Fes sein, nur seiner geliebten Musik zu wid men, sich Meisterreife in dieser hehrsten aller Künste zu erringen. Frank träumt von Ruhm und Erfol gen, gleich seine ersten Konzerte sollten ihm reichen Beifall und ausgedehntes Bekanntwerden verschaffen, es mutzte ihm ja glücken, alles nur so zuflie gen, ihm. der so fabelhaft leicht lernte, nur hinsehen brauchte, um alles zu kön nen! Käthe und Frank hatten sich in der Pferdebahn kennen gelernt, wo letz terer dem hübschen jungen Mädchen, das ihr Portemonnaie vergessen hatte, gern beisprang und freundlich aus half. Sie hatten einander gleich gefallen. Frank's leicht aufwallendes Herz ent zündete sich in Käthe's Liebreiz und sie glaubte nie einen hübscheren, ele gantcren Mann als Frauk gesehen zu haben. Die Bekanntschaft spann sich des halb, wie das ja so häufig im Leben passirt, weiter fort, wenn auch anfangs mit Zagen und Herzklopfen von Käthe's Seite. Als er ihr dann eines schönen Tages von Liebe sprach und sie stürmisch in seine Arme zog, leistete ihr eigenes zärt liches Herz natürlich keinen Widerstand, sie empfand nur die Wonne, zu lieben und geliebt zu werden und meinte, daß der Himmel sie auch extra für einander bestimmt hätte, wie er es bereits durch die ungeahnte Art ihres Zusammen führens bewiesen. Als Käthe's Geburtstag war, da schenkte Frank ihr anknüpfend an ihr Kennenlernen eine niedliche kleine Börse von blauem Sammt und hinein hatte er dem alten Gebrauche folgend, einen ersten Einweihungsobolus gethan, mit dem guten Wunsche, daß aus ihm sich allmählich eine ganze Million entwickeln möge! .Und das war unser Zwanzig Pfennigstück gewesen! Große Geschenke hatte Käthe sich verbeten von Frank, aber dieses kleine Angebinde machte ihr Freude, wie bisher noch keines auf der Welt! Und nun wissen wir auch, warum Käthe das kleine Geldstück so innig küßte und es ein liebes, herziges Ding nannte.. .. Jahrzehnte sind vergangen seit die fem Tage und haben Wandel geschaf fen im Großen wie im Kleinen, bei der Allgemeinheit ebenso, wie in dem Da sein des Einzelnen! In dem Boudoir ihrer eleganten Wohnung sitzt eine vornehm gekleidete Frau und schaut lächelnd ihrem etwa achtjährigen Töchtcrchen zu. welches eifrig in dem obersten Schubfach von MamaS Toilette herumkramt und dort die, Schmuckkästchen, bunten Parfüm Flacons, seidenen Taschentücher, stei nen Bijouterien, Andenken und andere Herrlichkeiten bewundert, eS ist je- des Mal ein F.'sttag für die lci::e Käthe, wenn sie das darf! j Und diese kleine Käthe ist die Fech ter jener Anderen, welche wir damals gesehen haben in ihrer Jugend, in ihrer engen Kammer, der armen Blumen macherin, welche den lustigen Frank Schwerter licdtc. Sie ist jetzt eil reife Frau, zu der nun auch allmählich das Alter kommt, um über ihr schönes Gesicht zu streichen mit seiner Hand, unter deren Berührung fcie stolzen Lebenssäfte stocken, die frischen Farben verblassen! Und Frank? Wo ist denn er? Tritt er nicht auch zur Thür herein, Weib und Kind zu begrüßen? Still, still, Ihr täuschet Euch! - Kein Wort von ihm. nicht rühren an die alten Geschichten! Wo er weilt? Ja, wer das wüßte! Käthe hat nichts mehr gehört von ihm. seit er sie kaltherzig verließ, hatte auch nichts mehr hören mögen von ihm, seit dem er ihr erklärt, feine Liebe für sie sei erloschen, er könne ja nichts dafür, es sei aber halt so, der Himmel lenke die Herzen der Menschen und sie müß tcn sich unterwerfen! Das war das Ende des seligen Trau mes. nicht allzu lange hatte die trüge- rische Herrlichkeit gedauert! Frank's unbeständige Natur konnte keine Treue halten, auch hinderte Käthe ihn auf der Bahn, welche er verfolgte, frei müsse der Künstler sein, gefesselt lasse es sich zu schwer aufwärts streben, das lfade er jetzt eingesehen! Mit diesen alten Redensarten sagte Frank sich los von Käthe. Sie hatte ihn nicht gehalten, aber ihr Herz lag fortan kalt und starr in der Brust wie ein Todter im Sarge, und viele, viele Thränen tropften auf die blaue Sammetbörse und das sil berne Zwanzigpfennigstück darin, wel ches ihr einzig verblieben war als Er innerung an Vergangenes! Späterhin war Käthe dann noch zu Theil geworden, was man allgemein als ein kolossales Glück" zu bezeichnen pflegt, und es schien, als habe sich das Schicksal ganz besonders bemüht, um Käthe einen reichlichen Ersatz zu geben für das ihr erst angethane Leid! Ein amerikanischer vermögender Kaufmann, welcher in Deutschland zu Besuch weilte, hatte sie gesehen, als sie bei feiner Cousine eine Lieferung von künstlichen Blumen zu Dekoration zwecken abgab, und sich derartig für sie begeistert, daß er sie ohne Weiteres zu seiner Frau zu machen beschloß. Käthe, sehr überrascht durch diesen ungeahnten Antrag, diese unerwartete Wendung ihres Lebens, hatte ihr Ja wort zwar nicht sogleich gegeben, weil sie James Barton nur achten konnte und noch immer an Frank Schwerter dachte! Sie war ossen und stolz genug, die ses freimüthig zu bekennen; da James aber trotzdem bei seiner Werbung be harrte und seine treue Liebe Käthe rührte, so nahm, sie dankbar die liebe Hand an, welche sich ihr so uneigen nützig bot. So ward sie die Gattin von James Barton und hoffte auf eine friedliche Zukunft! Und Käthe hatte nicht zu bereuen, was sie gethan! Das neue Paar zog fort, das Glück ihres Gatten erweckte auch das ihrige, allmählich kehrte ihr Lebensmuth wieder und sie lernte von Neuem das Lächeln und das Fröhlich sein! Und als ihnen nach zehnjähriger Ehe noch ein Töchterchen bescheert ward, da war Küthe's Herz nur von Dankbarkeit und Frieden erfüllt! Mama, Mama, sieh nur, das ist mal hübsch!" ries plötzlich die Stimme der kleinen Käthe und ihr Händchen hielt der Mama entgegen, was sie so eben aus einem ganz verborgenen Win kel des Schubfachs hervorgeholt hatte, eine kleine Börse von blauem Sammt! - Käthe zuckte zusammen, eine heiße Flamme röthete ihr Antlitz. Sie griff nach dem blauen Ding und öffnete es, eine Wehmuthsthräne rollte aus ihrem Auge und fiel auf das kleine Silberstück, das noch immer darin blinkte! Minutenlang umfing sie Er innerungs - Zauber. Erinnerungsqual! Dann schämte sie sich, daß sie noch immer aufbewahrt hatte, was doch längst in's Feuer gehörte! Sie wollte es nun aber nachholen! Momentan hinderte sie noch ihres Kin des Gegenwart daran, so schob sie die kleine Börse vorläufig in ihre Kleider tasche doch heute noch sollte dieses Stück der Vergangenheit in den Flam men sterben! Am Nachmittage machte Frau Käthe einen Spaziergang. Es war herrlich schönes Wetter und die Anlagen wim melten von Menschen, welche die frische Luft behaglich einathmetcn und ihre Augen weideten an dem Grün der Blatter und dem Blau des Himmels! Auch iljtt Herzeil wurden milder und gütiger gestimmt bei dem hellen Son nenschein, der hcrcinfluthete, und so kam es, daß der arme Drehorgelmann, welcher dort in dem Winkel, wo sich der Promenadenweg verzweigte, seinen Stand hatk, heute eine ganz gute Ernte machte! Doch allmächtiger Himmel! ist's eine Täuschung oher sehen wir wirklich recht? Aber nein, es kann, es kann doch gar nicht möglich sein! Und doch, leider irren wir uns nicht, der Drehorgelspicler mit dem ergrauten, unordentlichen Haar, dem fahlen, ver wüsteten Antlitz und dem verbissenen Zug um den Mund, es ist' sein An derer als Frank Schwerter! Er glaubte einst den Himmel zu stürmen, aber er halte sich zu hoch vcr messen! Es kam anders, als er ge meint, zumeist durch seine eigene Schuld, ein wenig aber auch durch des Geschicks Tücke. Eine kurze Zeit lang hatte er Glück und Beifall getostet, aber dann warf man ihm Flüchtigkeit. Obcnlächlichkeit und musikalische Kunststückchen statt wahrer Kunst vor und schob ihn bei ienc. -ein Geld hatte er verbraucht sei Leicht,: kam dazu und dann auch das Unglück, daß er sich bei einer ausartenden Zecherei die rechte Hand mit den Scherben eines zerbrochenen Glaies derartig verletzte, daß zwei Fin ger für immer steif blieben. es war alio nichts aus ihm geworden, er verdarb, sank immer tiefer herab und fristete fortan kümmerlich sein Le den! Tas Schicksal wollte, daß Käthe ge rade dort vorbeikam, wo Frank Schwer ter am Wege um Almosen feinen Leier kästen drehte! Sie eine reiche, vornehme Frau ein Bettelmann er die sich doch einst geliebt hatten! Fürwahr, ein schneidender Kontrast! Käthe erkannte ihn nicht, aber sie griff ,n die Tasche. als sie den Armen gewahrte, in der Absicht, ihm eine Kleinigkeit zu reichen Ihre Hand ,faßte jedoch statt des harten Portemonnaies etwas Weiches. Wol liges was war denn das? Sie zog es erstaunt hervor ach, die .kleine blaue Sammtbörse war es, schon wieder ne, welche den flammen überliefert zu werden nun doch wieder vergcnen wor den war! Mit schnellem Entschluß warf Käthe die Börse auf die Drehorgel und eilte dann hochaufathmend weiter! So war sie nun befreit von dieseni Stück, an das sich unseliges Gedenken heftete, und hatte doch wenigstens noch etwas Gute damit bewirkt, so dachte sie! Frank aber starrte mit weitgeöffneten Augen aus die seltene Gabe, die ihm dort bescheert war. und seine erschrockene ?pfit flslttrrt( riiifrnrtrta in hin War. ganqenheit ! Narrte ihn ein Spuk? Tiefe blaue Tammtbörse glaubte er zu kennen! Er riß sie auf und fuhr zusammen bei dem Anblick des kleinen Jwanzigpfennig stückcs. Er hatte die feine Tame nicht weiter angesehen, sollte es wirklich Käthe qe Wesen sein? Doch wie kam sie hierher? So tollte und wirbelte es in Franks müdem Hirn, aber von nirgends her lam ihm die Antwort ! Weit fort schleu derte er Börse und Geldstück, die ihm wie höllisches Feuer in der Hand braun ten, und verließ für heute seinen Stand, auf dem es ihm plötzlich un heimlich geworden ! ie oiaue Borie fand spater ein Kind und nahm sie freudig mit zum spielen das kleine Zwanzlgpfenmg stück aber hob ich selber auf vom Boden, als ich es bei meinem Spaziergang im Sande plötzlich glänzen sah, und als ich es betrachtete auf sein Schicksal hin. da erzählte es mir fein letztes intcressan tcs Erlebniß, und wunderte mich über die seltsamen Fügungen des Lebens! Ihr Mann. Tem Englischen nacherzählt von E. JonaS. Wir dinirten im Hotel Savoyen" in London, und ich sah oft umher, sah auf die schönen englischen Damen, die noch schöner als gewöhnlich m ihren eleganten Abend-Toiletten waren. Es war eine lebhafte Scene, und ich genoß sie. wie man den Duft einer Blume ge- Nleßt. Mir gefiel London, obgleich ich erst drei Stunden hier gewesen war. Aber die Atmosphäre, die Landungsstelle mit all ihren kleinen Schiffen, der langsam dahinfließende frlusj, das große Nelson Monument auf dem Trafalgar-Square, Alles war mir schon längst bekannt. denn ich hatte eine Masse englischer Literatur verschluckt, und da wir Men sehen nun einmal so beschaffen sind, daß wir alle Dinge beschrieben haben müssen, bevor wir sie mit dem richtigen Blick sehen können, da kannte ich eigent lich London viel besser als New Z)ork. Ich hatte am meisten über London ge lesen. Der Hmc, der mir gegenüber saß. lachte hin und wieder vor innerer Be- fnedlgung, wenigstens sah ich nichts Anderes, über das er sonst hätte lachen können. Er hatte einen Theil kleiner Geschich- ten aus Australien erzählt, wo er sich nämlich drei Jahre lang aufgehalten. Er hatte viele Geschäfte in New York und San Francisco gehabt; er war auch über San Francisco nach England heimgekehrt, wo er geboren. Dies ist Alles, was ich von ihm wußte, außer daß er braun gebrannt, breitschulterig war, ehrliche Augen und em herzliches Lachen besaß. Man kann es unmöq- lich unterlassen, einen Mann gern zu haben, der richtig zu lachen vermag. Er konnte viel von Australien, von den schweren Reit-Touren, von dem rothen Staub in den Eoldländern, von den Stürmen und den großen Wüsteneien erzählen. Er war augenscheinlich mit dem Ernst des Lebens sowohl als auch mit dessen Komödie bekannt geworden. Ich wollte gern mehr von ihin wissen, als ich wußte, und er hieß Gordon. Schließlich erhoben wir uns vom Tisch und gingen dann hinab nach dem Flusse während wir unsere Nachmit- ,tazS-Cigarr: rauchten. Es ar in- zwischen Abend gewzrden, ein Abend, der uns gewissermaßen d2s Bedürfniß ein'loßk. seinem Nächsten etwas von dem anzuvertrauen, was man im Leben erfahren, oder vielleicht die Geheimnisse des Lebens. Ich hat:e nicht viel erlebt, wollte aber gern darüber spUchen, und um das Gespräch in Gang zu bringen, sagte ich: ES ist sonderbar, daß ein Mann, der so entzückt von England ist wie te, sich darin zu finden vermag so lange von demselben fern zu blei den." Ich hatte erwartet, daß er antworten würde, es sei der Mangel und das Ver langen nach Geld und Abenteuern. daS ihn in die Welt hinausgetneben habe ich selbst hätte etwas in dieser Be Ziehung erzählen können, aber er wurde plötzlich ernst. Tie Ursache, die mich veranlaßte, nach Australien zu reifen, war die, welche Neun aus Zehn veranlaßt, tien falls dorthin zu reisen. Es war ein Weib, das dahinter stand." Ich erwartete, daß er nunmehr er zählen wurde; aber da er schwieg fragte ich weiter: Wenn Frauen da hinter stecken, dann ist gewiß jedesmal die Liebe im (spiele. Tas ist ganz richtig, und ich liebte sie viel zu sehr, um dort bleiben zu tonnen, wo ich war." War sie verheiratet?" fragte ich tyeiliiaymsvoll. Sie war verheirathet, und zwar mit einem elenden Stümper, der verdient hätte, durch ganz England gepeitscht zu werden. Er trank, ging hohe Wetten ein. spielte und machte ihr das Leben unerträglich." Tas muß sehr traurig für Sie t Wesen sein." Ach ja! Aber doppelt so leid, wie es mir that, war es übel für sie." Glauben Sie. daß sie Sie liebte?" Ich weiß gewiß, daß sie es that, Tas war es ja gerade, was mir schließ, lich den Muth gab. hinaus in die Wel! geyen. 3$ yave nicht eine einzige Minute an ihre Liebe für mich während aller dieser drei Jahre gezweifelt, und die es Bewuntfein machte es mir möa lich, das Leben zu ertragen, wie es sich auch für mich gestaltete. Wenn ich nicht gewußt hatte, daß sie an diesem Punkte der Erde lebte, daß sie ver trauensvoll an mich glaubte, daß sie mich liebte, dann hätte ich mohl mehr als einmal den Acuth verloren." Und nun?" fragte ich. Jetzt werde ich sie bald wiedersehen, Sie reist mit dem Zuge aus Paris Der Zug kommt über die Brücke dort. in einer halben Stunde. Ich habe sie seit drei Jahren nicht gesehen." Ihr Mann ist wohl inzwischen ge storben?" sagte ich. Nein!" Es war ein festes, erustes, Nein. Aber " Es giebt kein Aber, wir werden thun, als ob der verkommene Mensch todt und begraben märe, und wir wer den unser Leben auf's Neue beginnen, Wir werden unsere eigene kleine Aacht haben, und bald alle wunderbaren Gegenden besuchen. Ich will sie mit nach Australien nehmen und ihr einige Orte zeigen, wo ich gelitten habe und wo der bedanke an sie mir Muth zum l'cben gab." Glauben Sie, daß das vollkommen berechtigt ist? Selbst wenn sie viel von Ihnen hält, so " Sie ist bereit, sich mit mir in's Leben hinaus zu wagen, und ich habe bereitwillig das Leben gewagt, obgleich es eine 'Am gub. wo ich mich bedachte. Wenn zwei Menschen einander so sehr lieben, wie sie und ich. dann vermögen sie auch viel zu ertragen." Nun. ich hatte vorhin sehr viel von dem Manne gehalten, aber jetzt fühlte ich mein Vertrauen zu ihm erschüttert Ich wollte doch noch einmal versuchen. ihm Vernunft beizubringen. Aber ihr Mann? Ist sie nicht seine ge etzmaßige Gattin? Er legte seine Hand mit einem herz- haften Schlag auf meine Schulter und brach m ein herzliches Lachen aus: Mein lieber Herr! Ich bin ihr Mann! Sie ist meine Frau!" Anna Grobecker und ihr Lnkel. Anna Grobecker erzählt in ihren, im Wiener Fremdenblatt" veröffentlichten Erinnerungen: Ich hatte meinen Onkel, den Bruder meines Vaters, nie persönlich kennen gelernt. Als ich im Jahre 1880 eine meiner Schwestern in Leipzig besuchte und das Gespräch auf unsern 90jähriqen Onkel kam, da entschloß ich mich rasch, mich selbst da- von zu überzeugen und machte mich auf den Weg nach Chemnitz. Er bewohnte m emem einfachen, aber sehr anständi gen Hause den ganzen zweiten Stock. Mit Herzklopfen stieg ich die Treppen hinan und zog die Klingel der Thüre, auf welcher Wilh. Mejo. Stadtmusik- director emer." stand. Da nicht geöff- net wurde, läutete ich zum zweiten Male endlich schloß man auf, und vor mir stand eine ganz alte kleine Frau in einem braunen Kattunkleide mit großer weißer Schürze und einer altmodischen Haube auf dem Kopf, wie sie die Frauen trugen, als ich noch ein Kind war. Die Haube rahmte durch eine drei Finger breite Falbel das Ge ficht ein. Sie sah mich sehr verwundert an und agte im sächsischen Dialekt -zu mir: .Was wünschen Sie denn?" Ich wünsche Herrn Musikdirektor Mejo zu prechcn. Ist er zu Hause k" Nun 1, was wouen denn von iymz" Ich wünsche ihn zu sprechen, bitte, sagen Sie ihm das." Nun ja. sehr gerne, Sie können mir aber doch sagen, was Sie von ihm wollen?" Wie neu gierig doch solche alte Weiber sind, dachte ich doch um schneller zum Ztle zu gelangen, antwortete ich: Ich will ihn sehen, er ist mein Onkel, darum gehen Sie geschwind hinein und sagen Sie ihm das." Ei berrjeses. cr ist ihr Onkel? Ja. wer sind Sie denn eigentlich?" .Ich bin die Toch ter seines Bruders Franz Mejo und heiße Anna Grobecker." Von mci ncm guten Franz? Anna Grodecker? Ei herrjcses! Ist dem, das möglich? Tie Grodecker ne sch'n S' mal nn was macht denn die Grodecker?" Habe ich Ihnen denn nicht gesagt, daß ich die Grodecker bin?" WaS Sie sind die Grobecker? Nee diese Freide das hätt' ich ja nie geglaubt, daß ich nochmal die Grodecker zu sehen bekomme nee diese Freide nu was macht se denn die Grodecker?" Tie alte Frau schien so verwirrt, als wüßte sie gar nicht, was sie sprach, und da ich glaubte, es könnte Schwerhörigkeit daran schuld sein, so wiederholte ich mit lauterer Stimme: Ich bin ja die Grobccker, aber nun machen Sie der Sache ein Ende und lassen Sie mich hinein zu meinem Onkel!" Zu Tei nein Ontel!" schrie die alte Frau, in dem sie übcrselig die Arme ausbreitete, um mich an ihr Herz zu drücken zu Deinem Onkel? Herrjeses, Herr jefes, ich bin ja Dein Onkel!" Im ersten Augenblick glaubte ich, daß ich es mit einer Verrückten zu thun habe. Als aber meine Blicke auf das alte Gesicht fielen, welches ich bis jetzt wenig beachtet hatte, erkannte ich die Züge meines Vaters. Tie Achnlichkeit war zu groß, es konnte keine Täuschung sein, und mit einem Ausdruck der Freude, wobei ich ein Helles Gelächter nicht unterdrücken konnte, lagen wir Beide einander in den Armen. Nee. diese Frejde, diese Freide!" rief er immerfort und konnte sich nicht beruhigen. Ader Onkel, was soll denn diese Maskerade? Wa rum denn in Frauenklcidcrn?" fragte ich ihn. Ja siehste, meine gute Anna, das will ich Dir gleich sagen. Meine liebe, gute Frau, die mir vor einigen Jahren gestorben ist, hat mir so viel Garderobe hinterlassen. Manche Leute geben die Kleider der Verstorbenen weg, ich aber meine, ihr Andenken nicht des ser ehren zu können, als wenn ich selbst die Kleider im Haufe austrage. Lach mich nicht aus, meine gute Anna, die Sachen sind mir lieb geworden, ich schlafe sogar darin. Seit Monaten konnte ich des Nachts im Bett kein Auge schließen. Wenn ich aber den Paletot meiner rau anziehe und ihren Muff und ihre Filzschuhe nehme so schlafe ich in meinem Wiegestuhl wie in Abra ham's Schooß!" Ter König von Sachse und sei Herr Better. Die Verwandtschaft der Könige von Sachsen mit George Sand, der berühm ten französischen Dichterin, wird von der Familie der letzteren gern geltend gemacht., In der That verhält es sich so. daß die George Sand in direkt Linie von dem leider in französische Dienste getre tcncn großen Feldherrn Moritz von Sachsen, dem Sohne des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs Au gust des Starken und der Gräfin Aurora von Königsmark, abstammte. Da August der Starke aber der Vater des Urgroßvaters des jetzigen Königs von Sachsen ist. so konnte es nicht wun vernehmen, daß ein Sohn der George Sand, der eitle M a u r l c e S a n d. die Gelegenheit ergriff, um feine hohe Verwandtschaft zu betonen. Als er im schweizerischen Bad Raqaz mit König Albert zusammentraf, wurde er dem Monarchen vorgestellt, und benutzte sogleich den Moment, um ihm seine Verwandtschaft durch die Herzählung des Geschlechtsregisters zu beweisen. Der König hörte ihn ruhig an. Dann sagte er lächelnd: H e r r V e t ter, ich bin h i e r i n c o g n i t o. m a ch e n S i e es a u ch s o." Heiapopeia. Ein altqriechisches Wiegenlied sollen wir in unserem allgemein verbreiteten Heiapopeia besitzen. Ein bairifchcr Herzog hatte, so wird in der K. Volksztg." erzählt, eine Prinzessin vom griechischen Kaiserhof in Konstantinopel zur Gemahlin. Diese dichtete selbst für ihre Kinder ein Wiegenlied mit dem Refrain: "Heude rnu paidion, heude rnu pai", zu deutsch: Schlafe, mein Kindlein, schlafe, mein Kind." Im Munde der des Griechischen unkun- digen Wärterinnen wurde daraus das bekannte Heiapopeia. Bis heute hat in Süddeutschland, die Form des Re- rains eme größere Aehnlichkeit mit dem ursprünglichen griechischen Wort- aut bewahrt; man singt dort: "Heidi po peidi, heidi popei." Ausrede. Kellner (zum Gast, der seine Zeche bezahlen will): Der Thaler ist falsch!" Der Ga t wird durch diese Bchaup tung gereizt und wirft in seinem Zorn dem Kellner das Geldstück an den Kopf. Ach." sagt der Gast, als ihn der Wirth darüber zur Rede stellt, das war nicht bös gemeint ! Ich wollte nur hören, ob der Thaler wirklich unecht klingt !" Andeutung. Mein kraule,!' i.h ruh Pie Er: schon oft geseben." sie: ..Wo denn?" Er: In meinen Träumen." V Sie: Na. dann haben Sie jeden falls auch Mama gesehen, denn ich geh, nie ohne sie aus." liri.jtite. Dame (im Ballsaal): Ooh.. Sie haben mich auf den Fuß getreten!" Herr: Bedaure. Gnädige aber in jo einem Gedränge muß man schon ein Hühnerauge zudrücken!" In der Küche. Mann: Es riecht so fengerisch hier; die Gans ist doch nicht angebrannt?" Frau: Nein, ich bin mit den Klei dern zu nahe an den Herd gekommen." Mann (brummend): ,,Na, so waS Aehnliches war's also doch!" IXhti Wott Alter Freund (zu einem Radfah'r schulinhaber): Wie geht es denn Tei ner jüngsten Tochter?" Vater: Tie wird sich nächstens mit meinem Compagnon verzweiradeln!" Leim licirathsrcrmittlcr. Tame: Mein zukünftiger Gatte muß mir aber gefallen." Heiratsvermittler: .Wollen sich gnädiges Fraulein vielleicht herüber in's Mnsterzimmer bemühen?" Surrogat. Hausfrau: Minna, warum rasselst Du denn so furchtbar mit dem Blech gesckirr?" Köchin: Ach Jott, Madam, mein Dragoner kann heute nicht kommen, und da imitire ick mir 'n bischen Sübeljerassel." Schwierige Materie, Mutter: Kannst Du lesen. Friede!, was auf dem Wurstbrett hier steht?" Friede!: Nein. Mama." Mutter: ..Es ist auch sehr , schwer, es sind altdeutsche Buchstaben." Friede!: Taun wundert's mich nicht, Mama, daß die alten Deutschen weder lesen noch schreiben konnten." Ans der Znstriiktisnsstunde. Unteroffizier: WaS kommt beim Soldaten nie vor? (Alles schweigt.) Sogar diese einfache Frage könnt Ihr nicht beantworten. Ihr Tölpel die hintere Patronentasche kommt nie vor!" Triftiger Grund. Richter: Sie-haben hier diesen Herrn Redacteur mißhandelt; welche Ursache hatten Sie dazu?" Angeklagter: Als ich neulich hundert Mark gestohlen, hat er in seiner Zeitung geschrieben: hundertundfünfzig! Ich hab' dadurch die größten Ünän n e h m l i ch k e i t e n mit meiner Frau gehabt!" Lin kleiner Diplomat. J: Lehrer (der soeben die Sanftmuth und Bezähmung von Rachegelüsten sei nen Kindern empfohlen hat): Nun, Karlchen, was würdest Du nun thun, wenn Dich ein anderer Junge einen Lügner schimpft?" Karlchen (nach einigem Uebcrlcgen unschlüssig): Wie groß ist denn der Junge?" Kindermund. Mutter: Rudolph. geh' mal hinüber zum Kaufmann, er soll Dir einen Matjes-Hering geben." (Rudolph geht, kommt aber erst nach langer Zeit wieder). Wo bleibst Du denn so lange. Rudolph? Hast Du den Hering?" Rudolph: Nein, ich habe den Vor namen von dem Hering vergessen." Aus dem Gerichtssaal. Vertheidiger: Und so schließe ich denn mit der Behauptung, daß der An geklagte lediglich in Folge seiner schlech ten, verlotterten Erziehung zum Ver brecher wurde." Angeklagter: Ich danke Ihnen für Ihre väterliche Vertheidigung.' Herr Doktor!" Ei Schlaumeier?! -, ' Ei. Herr Doktor. Sie sahen immer zu Ihrer Frau. Sie müßten in den Wohlthätigkeits-Verein. Die Tendenz unseres Vereins ist aber doch nicht gerade auf Wohlthätigkeit gerichtet!" So, wenn man dadurch zweimal in der Woche ausgehen darf ist das viel leicht keine Wohlthat?" Anknüpfung. Er: In unserer neuen Wohnung liegen die Schlafzimmer leider nicht nach der Sonnenseite." Sie: Weißt Du. Männchen, dafür reisen wir ad und zu auf ein paar Wochen nach dem sonnigen Süden." Abergläubisch. Richter: Das sind somit 13 Dieb stähle, die Ihnen zur Last gelegt wer den. Eine böse Zahl." Gauner: . fvrr 9Wftirur hnrnif ei nicht gerade 13 sind, werde ich lieber noq einen kleinen eingcueyen." Der kranke Trinker. Arzt (Pillen verschreibend): Wenn Ihnen die Pillen so zu bitter sind, so nehmen Sie dieselben in Oblate und darauf einen Schluck Wasser!" Patient: Entschuldigen Sie, Herr Doktor, kann man das Wasser nicht auch in Oblate nehmen?"