Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, May 18, 1899, Image 11

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    Das neue Portemonnaie.
.Mmiorc4ff V0
u ititx.
Mein Mann verehrte mir zu meinem
letzten l'jcburtstage ein neues Porte
monnaie. -ein praktischer Sinn er
freute mich ungemcin, zudem mein
altes einige Risse und Beulen auswies
und außer Kurs gesetzt werden mußte.
Als, er es mir nun am Geburtstags
morgen überreichte, lächelte er so gc
wichtig und ausdrucksvoll, als ob dies
eine neue (Zrsindung sei, die sein schö
pscrischcr Weist ersonnen. (5s war ein
sehr schönes Exemplar, ein gclbrother,
weicher Lcdcrbcutcl mit glänzendem
Mctallbiigcl. Ich fand zwar, daß es
als Haushaltungs' Portemonnaie, zu
welchem Zwecke ich es bcnöthigte, zu
elegant und aus diesem Grunde' nicht
recht geeignet war; doch schwieg ich
diese meine .Ansicht wohlweislich aus,
wie ich das manchmal für gut befinde.
Tagcgcn suchte ich mit einiger Hast
und großer Aufmerksamkeit die dunklen
Tiefen und Abgründe des gclbrothen
Beutels. Mein Ohr, das für derartige
Klänge sehr empfindlich ist. hatte 'sich
nicht getäuscht, als es ein angenehmes
Klingeln zu vernehmen geglaubt. Im
tiefen Grunde ruhten ein paar Gold
füchse, die mich verführerisch anlüchcl
tcn. Befriedigt wollte ich nun meine
neue Acquisition vcrschivindcn lassen,
als mein Mann, wie um mich auf
etwas aufmerksam zu machen, meine
Hand faßte.
Was denn, Mann, hast Tu etwas
zu sagen 1" fragte ich erwartungsvoll
mit jenem Lächeln, das reichbeschmkte
Geburtstagskinder immer auf Lager
haben.
Ich wollte eben ausnahmsweise so
frei sein, liebes Kind ! Sich dieses
Schloß an, es veranlaßte mich, gerade
dieses Portemonnaie zu kaufen, es ist
ganz neu, patentirt. eine sehr sinnreiche
Konstruktion, ich Tu, 0!"
Ja, ich sah; es wollte mir zwar nicht
recht einleuchten, noch praktisch erschci
ncn, daß es euch aufschnappte, wenn
man ein Ringclchcn drehte und zu
gleich den Bügel von beiden Seiten
liebreich drückte, aber ich staunte trotz
dem diese neue Errungenschaft gcbüh
rcndcr Maßen an, wie man es so für
seine Pflicht hält und die Herren der
Schöpfung" es lieben, wenn sie uns
überraschen", sei es auch mindern nutz
losesten Gegenstand. '
Ich bin doch sonst nicht gerade, was
man dumm ncnnr, avcr mir oic cm
neuen, patentirten Artikel wußte ich
nichts anzufangen. Wenn ich zahlen
wollte, klappte die Geschichte, sollte
sagen, das Ting, nicht auf, trotz der
zwcifclter Anstrengung, und ,n meiner
Tasche funktionnte es ohne icoe mit,
so daß meine in ihm aufbewahrten
Schätze einen klingenden Acigcn in der.
selben aufsührtcn. Ten einzigen Ber
druß an diesem Tage verursachte mir
i mein neues Portemonnaie, welches nicht
wollte, wenn ich wollte und seiner l'ca
auna nach sich öffnete und schloß.
Abends bei der Geburtstagsbowle
wurden wie üblich meine Präsente be
wundert, auch das neue Portemonnaie
mußte ein vorwitziges Kunnchen sehen,
und ick erklärte auch bereitwilligst den
Musterschutz" des Schlosses und noch
so Verschiedenes an diesem Wunder
werke. Ta, ich wollte es wieder in die
Tasche stecken, schnappte das Ungeheuer
naturliS von cio i wieoer auf uno
kling, kling" liegt mein ganzer Reich
thumim Zimmer umher. Nun ging's
an's Suchen. Pfennige uno euver
linae brachte man mir in Menge.
.'.Aber das Zmanzigmarkstück," rief
ich ungeduldig, findet es Niemand r
Nwanna Mark sind ja kein Vermö-
gen. aber für eine praktische Hausfrau
immer schon etwas.
Wie kann man nur so dumm sein."
rief mein Mann, wie kann einein so
etwas nur va üren!
Wie kann man nur so dumm sein
und ein so lächerlich schlechtes Porte
monnaie sich aufschwätzen lassen, das
immer von selbst ausgeht!"
Ein Blick voll strafender Verachtung:
Tavon hast Tu ja bis jetzt nichts ge
sagt!" Ich schwieg aus Anstand, um Tein
Geschenk nicht zu bemäkeln!"
So ? Wenn Tu mich nur mal
lehren wolltest, wie Tu es fertig ge
bracht, die Mechanik entzwei zu fchla
gen," klang es nun ironisch, denn es
gehört meiner Ansicht nach ein Stu
dium dazu, um dieses Kunststück fertig
zu bringen."
Gesehen hab' ich's auch nicht, wie
es passirt ist," rief ich nun auch fuchs
wild, denn meine . Tasche sitzt im
Rücken, weißt Tu!"
Nachdem derartige und ähnliche Lie
denswürdigkeiten zum sichtbaren Er
staunen unserer Gäste noch eine Weile
zwischen ns ausgetauscht worden, wo
bei der Ton immer heftiger wurde,
ging es an ein allgemeines Suchen.
Bald sah unsere gemüthliche Wohnung
wie ein Möbelladen aus. kein Stück
stand mehr an seinem Platze. Sofas.
Stühle. Tische, ja Schränke wurden
gerückt, wanderten umher, alles ver
lorene Liebesmüh'. Eine unsichtbare
Zauberhand mußte meinen blitzenden,
Goldfuchs in irgend einer Versenkung'
haben verschwinden lassen, vielleicht
auch nur in einer Ritze, deren unsere
Wohnung so manche auswies.
Guste, Guste!" rief ich plötzlich und
ließ mich lachend in einen Sessel fallen.
Ja. ich mußte lachen, hellauf lachen,
trotz des fürchterlichen Aergers, der
äußerlich zwar nicht sichtbar, von
innen desto hcstiaer wühlte uud
bohrte und in der Haüplsache hervor
gerufen worden war durch die aufrei
zeiiden, unpassenden Reden meines
Mannes. Tag die Männer nun ein
mal so wenig Sinn sür Takt und den
guten Ton haben, daß sie nicht wenig
stens warten können, bis man allein
ist, um sich zu dlamiren!
Guste, Guste!"
Run sahen und lachten Alle, selbst
mein Mann. Ta stand unsere Guste,
wie sie aus der Küche in Eile herbei
gelaufen, und stemmte sich mit ihrer
Herkulesgestalt gegen unsern Feuer
festen", der gut und gern seine 9 Cent
ner wiegt, um ihn hinwegzuschieben.
Aber Guste, das geht m nicht, hö-
ren Sie doch auf!"
Na, das wäre aber, wenn der nicht
wollte!"
Und Guste stemmte und drückte.
Zwei Stunden lang suchten wir Sa
lon und Wohnzimmer ab ohne Er
folg. Ten neuen Patentartikel" warf ich
noch selbigen Abend in die untersten
Tiefen meiner Kommode mein schö
nes Zmanzigmarkstück" aber sah ich
niemals wieder.
Oft nnd West.
Jvnings-Staats-Nuhspäper. äkrotz die
Britsch.
Jhst Neu York Boro
Mister Editer!
Wie es nor Mensche gewwe kann,
Mister Editer, die an eme Tag wie der
heintige, bei so eme Wetter derheim
hocke könne? Ich sein heint schun früh
Morchens um e Uhrer neine, grad nach
meiin Breckfescht, beim Pelzlappe-Billy
vordeigekimme un der Kerl Hot wahv
haftig in seiner Stnb auf der Launisch
gclcae un Hot e Peif gcschmokt.
Host Te dann gar keen Sinn for
Natur un Poesie", sag ich, daß Te
Tich net schämst, bei so eme herrliche
ruhllngswcttcr im dumpftge Haus ze
hocke ? stimm", hcnn ich gesagt, kimm.
mcr wolle de Tag genieße. Mer gehn
zum Tfchalli in's Hinnerstübche' un
spiele en -kat."
Er is aach mitgegange, der Pelzkappe
Billy, awwcr- mer hawwe keen Skat
gespielt, sonnern hen uns mit Gespräch,
Tcialog,, Tiskurs un üwwerhaupt mit
Rede unnerhalte un dcrzu gebabbelt un
Wei getrunke. Wie gewöhnlich warn
wieder so e Paar sckcnhandige Kerl da,
wo denke, Wunner wie schmart se sein,
wann se en Mann, der was gesche Hot
vun der Kanntri, als Westerner, als
Kauboy un noch in partikcller als Chi
cagoer uze un Fon üwwer de Weste
mache. Bei so erer Gelegenheit da thut
mer s als wirklich leid, daß ich mei an
geborene deitsche Poleitneß net ablege
kann, dann so Kerl thäte es werklich
verdiene, daß mer grob wern thät.
Alles, was ich gesagt, hab, des war
awwer blos: Ihr sekkenhandige, däm
liche Schafsköpp hier im Oschte bildet
Euch ein, Neu Bork wär ganz Amerika.
Es macht mich sick un tcired", hen ich
gesagt, wann ich so e Kanieel hier
vun amerikanische Verhältniße talke
hör, wo in scim Lebe noch net üwwer
de Schpuitendcivel-Crick cnüwwerge
timme is un dem sei weiteste Reis vun
Neu Bork weg enüwwer nach Hobokcn
zor Metzelsupp oder nach Jersey City
am Berg owwe zu emme Hase-Esse war.
Un Ihr wollt Eich üwwer de Weste
lustig mache un Fon dcrmit treibe, als
mann es im Weste kce Siwwilisäschen
un Kultschur un Art un Scienzes un
Poleitneß un Sosscicti un so Sache
gewwe thät? Mir hen aut West mehr
Büldung un Siwwilisäschen wie in
Neu York, da druff könnt Ihr e Wett
mache," hen ich gesagt dann wann
bei uns aut West sich Einer ungebüldct
und unfiwwilcist behält thät, da thät
er cifach uffqchänqt werde. See?"
Uewwerhaupt," hen ich gesagt, ist
der West gar net ze biete, alleenig an
Jntcrpreis. Ta sein die Leit hier Jhst
noch weit zerick", hen ich gesagt. In
Shicago hen ich en Mann gekennt, der
Hot die Fixtschers vun erer großen Hall
dreimal vermorgütscht un an zwei ver
schieden? Leit verkauft."
War er dann der Prapreiter oder
der Pächter, oder der Verwalter?" hen
die Annee gefrogt.
No", sag ich. Gar nix war er.
Alles, was er mit der Hall ze thun ge
hatt Hot, des war, daß er for ein Sonn
tag die Rent dcrfor schuldig gebliwwe
war. Tes is. was ich Büsnxß un
Jntcrpreis kall."
Oder seimiges Mal", hen ich ge
sagt, wie in Ehicago der Tunnel
unnig dem Chicago River eröffnet
morn is. un mir e Stackkompeni ge
schtart hen. wo drei Woche lang groß
artige Büsneß gethan Hot", hen ich
gesagt.
Tes war nämlich so, Mister Editer:
Mer hen eifach an die beide Eingäng
zum Tunnel Männer higcstcllt, wo
sich vun jedem Fußgänger en Nickel un
vun jedem Fuhrwerk hen zehn Cents
gewwe lofse. Tes Skiem Hot gcworkt
wie e Tscharm. Tie Leit hen gedenkt,
die Männer wären vun der Zitti, wo
de Tunnel gebaut hcn. Mir warn
awwer blos er Prelwat-Kompeni un
hcn eigentlich mit dem Tunnel weiter
nix ze thun gehabt, als daß mcr gedenkt
hen. es wär Geld derbci ze mache. Un
des hen mcr aach gethan, so lange wie
es gcgange is. Es war awwer enihau
sclwiges Mal gut, daß mer de Tschief
Pollics, es Tschödsch un en Assistent-Tistrikt-Attörni
mit im Board of Tei
rektors vun der Kompeini gchatt hen,
sunscht Hütte mer am End noch Trowwcl
gekriegt mit die Autorities. So is uns
blos e frcntlichcr Tip gegcwwe worn,
mcr sollte schtappe.
Well. Mistcr Editer. wie ich so vun
die schöne Zeit aut West erzähl, da fegt
Einer vun denc Grünhörner, wo noch
net Nord vun der ncinefutzigstc Straße
qckimme is, in Neu ?)ort war awwer
doch unncr die Teitsche mehr Kunstsinn,
wie im Weste.
So?" hcn ich gciagt. mehr Kunst-
sinn? Sie Smarti. woher wisse S
dann des?" hcn ich gesagt. Ich will
Jhne emol was sage." hen ich gesagt.
ncmme -ie emol bei eme Konzert, wo
das Ortträ aus erer Zihharmonlka un
erer Tuhlharp konsisted Hot un die
Sänger vum Verein, wo des Fcscht
gcgcwc hat, schun alle so besoffe war,
dap, Keiner en Ton Hot nnge könne.
nemme eie da emol zwechunncrt
unsiwwczehn Tollcrs Gater-Receipts ei
(mitaus was dcschummclt worn is) un
vcrkaafe Sie siwwcncverzig Vcrtclche
Bier derbci un dann rede Sie vun
Kunstsinn, mein lieber Mann", hcn ich
gesagt.
Un üwwerhaupt." hen ich gesagt,
wann Sie schun vum Kunstsinn rede,
mein lieber Frcnt" hen ich gesagt, ..da
kann ich Jhne mit Figurn un Statistik?
aufwarte un Jhne pruve, daß noch bei
einigem westliche Sängerfcst mchr Bier
vcrkaast worn is, wie bei ergend eme
östliche."
Well Mistcr Editer, gege des Ar
gumcnt Hot Keiner was sage könne. Es
is uf emol mäuschcstill gcworn. Ich
hcn die Ehr vum Weste wieder emol
gcsäft qchatt.
Tamit sein ich so lang mit Rigards
Yours
John Ritsch, Esq.
Napoleon I, bei den Mellingers.
Aus Mainz wird geschrieben: In
ländlicher Stille, in dem Weindorfe
Bodcnhcim, verschied kürzlich der frü-
here hiesige Stadtverordnete Tr. Mcl
lingcr. Mit ihm ist eine geistvolle
Persönlichkeit dahingegangen, die
jahrelang im öffentlichen Leben stand.
aber persönliches Mißgeschick ließ ihn
zurücktreten, und so kommt es, daß sein
Tod fast keine Beachtung gefunden hat
Und doch erinnert hier sein Name an
einen Wendepunkt im Leben Napoleons
I., als dieser auf seiner Flucht von
Rutzland in Mainz Station machte
Mellingers Groszcilcrn yailcn in
Mainz die Verwaltung der Posthal
tcrci. Was wir nun erzählen, klingt
wie ein Romankapitcl, aber es find
Mittheilungen, welche die Prüfung vor
der Geschichte bestehen. Es war am
Abend des 16. Dezember 1812, da such
tcn, so schreibt Bockcnhcimcr in seiner
Mainzer Geschichte, drei soeben in Kas
sei angelangte Reisende nach einem
Schiffer, der es noch wagen wollte, sie
durch die gewaltigen Massen des Eises
das im Rhcine trieb, nach dem zensei
tigcn Ufer zu fahrcn. Es mußte ihncn
augenscheinlich viel daran gelegen sein,
noch an demselben Abend nach Mainz
zu gelangen, da alle Vorstellungen der
mit den Verhältniffcn vertrauten -chlf
fer sie von ihrem Vorhaben nicht abzu
bringen vermochten. Als sich endlich
Fährleute zu dem Wagnitz bereit fan
den, zeigte sich erst, wie begründet die
Bedenken und Abmahnungen gewesen
waren. Nur unter der größten An-
strcngung aller Kräfte konnte der stahn
vorwärts gebracht werden; hier waren
Eisschollen abzuwehren, dort war der
Weg durch große Elslagerungen ver
sperrt; überall waren Hindernisse, de
ren Ueberwindung in der Dunkelheit
das äußerste Maß der Umsicht erheischte.
Immer mchr kam dcr Kahn aus der ge-
radcn Linie heraus bis er endlich vor
Mombach das Ufcr erreichte. Halb er
starrt von der schncidcnden Kälte, der
sie ausgesetzt gewesen, fetzten nch die
Reisenden in Bewegung, um nach
Mainz zu kommen, was ihnen in der
Dunkelheit bei dcr Unkenntniß des
Weges nicht lcicht wurde. Endlich in
Mainz angekommen, stiegen sie in dcr
damals nod) am Thiergarten befind
lichcn Post ab. Tcr eine dcr Hcrrcn.
der sich für dcn Herzog von Viccnza
ausgab, crthcilte dcn Auftrag, man
möge doch den Marschall Kellermann
einladen, alsbald einer dringenden An
gelegenheit halber zu ihm zu kommen.
Als Kellermann, dcr Einladung fol
gcnd, in dcr Post eintraf, erkannte er
in dem angeblichen Herzoge von Vicenza
seinen Kaiser. Kaum vermochte er
sein Staunen ob dieser Begegnung zu
unterdrücken; denn nach dem letzten
Bericht aus Rußland mußte er dcn
Kaiser inmitten seiner zwar von den
Beschwerden eines strengen Winters
heimgesuchten, aber dennoch immer sieg
reichen Armee vermuthen. Tie Um
stände, unter denen er unerwartet den
Kaiser in Mainz traf, die Heimlichkeit
womit die Reise bewerkstelligt wurde,
die geringe Zahl der Begleiter es wa
ren dies lediglich Caulaincourt und,
Turoc die Entblößung von allen
Geldmitteln, die dcr Kaiser zu erkennen
gab, ließen dem im Kriegsdienst alt
gewordenen Marschall die Lage seines
Kaisers und dcr Armee in Rußland in
einem traurigen Lichte erscheinen. Tcn
ganzen Umfang dcs entsetzlichen
Elends, in welchem die Armee sich bc
fand, als Napoleon dicse heimlich ver
lassen, erfuhr Jener vorerst noch nicht.
Nachdem er auf dcn Wunsch Napoleons
noch Rciscgcld hcrbcigcschafft hatte,
wurde er von dem Kaiser entlassen, der
mit derselben Heimlichkeit, mit dcr er
gekommen, in dcr Nacht noch nach Pa-
ris fuhr, rff durch dcn Montiern" er
fuhren die Mainzer, daß der Kaiser
durch ihre Stadt gekommen und glück-
lich nach Paris gelangt sei; etwas Wei
tcrcS ersubr vorerst durch jenes Blatt
kein Mensch. Napoleon hat übrigens
nicht nur bei dieser Gclcgcnhcit in der
Mainzer Posthaltcrci Rast gemacht, ob
gleich er doch in dcr altcn Rbcinstadt
sein eigenes Palais hatte. Mcllingers
Mutter hat oft erzählt, wie sie als tlci-
ncs Kind von Napoleon auf dcn -choß
genommen und geherzt worden sei. Tas
Haus, in dem sich die Posthaltcrci bc
fand, ist erst vor einigen Jahren nie-
dcrgclcgt worden, doch hat man die zwei
französischen Adlcr (aus -tcin). die
den Eingang zierten, vor der Vcrnich
tung bewahrt und wieder an dem Neu-
bau angebracht.
(sin Spatz aus dem Friskurladen.
Zu einem Haarkünstler im Südwe
ftcn Berlins kommt ein der Verschöne
rung bedürftiger Gast. Er nimmt auf
einem dcr Tcliqucntcnstühle Platz, dcr
Lehrling umgibt feinen Körper mit
dem beliebten weißen Mantel, und nach
gcmcffcner Zeit, nachdem die Vorder
männer abgescrtigt sind, kommt dcr
ncue Gast an die Reihe. Wünscht dcr
Herr frisirt zu wcrdcn ?" sragt höflich
dcr Mcistcr. Ter Herr bejaht und fetzt
hinzu: Aber so, daß man dcn Mond
schein nicht ficht." Höflich, wie er nun
einmal ist, versichert der Mcistcr dem
angehenden Glatzkopf: Ach, das ist
noch gar nicht schlimm, dcr Herr haben
noch recht viel Haar," und der Gast
nickt geschmeichelt. Bald kommen die
Beiden in ein Gespräch über Haarpflege
und wie jeder Friscurladeninhabcr
rühmt auch unserer sein" Haarerhal
tungsmittcl als das beste an. Tas will
dcr Hcrr nicht glauben; er erklärt viel-
mchr, Bay Rum sei das Allheilmittel
für die Haarpflege. Ten führe ich gar
nicht mchr," sagte der Meister darauf,
seitdem ich mein eigenes, viel besseres
Mittel habe." Ter Fremde zahlt und
ivill gehen. Ta sieht er in einem
Schränkchen hinter Glasscheiben neben
anderen Parfumcricen und Haarwäs
fern auch eine Flasche Bay Rum stehen.
Sehen Sie". so ruft er triumphi
rend nun haben Sie doch auch Bay
Rum." Er nimmt die Flasche, liest
das Etikett und sagt stolz: ' Tas ist
genau mcine, Sorte." Ter Meister er
wiedcrt trocken: Na, hoffentlich ist dcr
Ihrige adcr bcsser als dcr da, die Fla
schc hier können Sie für 50 Pfennig
haben." Ter Gast besinnt sich nicht
lange. Hier stnd o Pfennig", sagt
er und nimmt die Flasche. Nein, nein,
es war nur ein Scherz von mir," er
wiedcrt abwählend dcr Meister, in
der Flasche ist Wasser; ich will mir nicht
erlauben, Sie zum Bestcn zu habcu."
Aber da kam er schlecht an. Abge
macht ist abgemacht," rief der Gast,
nun wollen sie zurück upfen, auf so
was solle ich nicht 'rein, ich bezahle die
Flasche und hier sind die ausbcdunqe
nen 50 Pfennig." Achselzuckend nahm
dcr Friseur das Geld in Empsang und
dcr Gast steckte die Flasche in die Tasche.
Aber bald nahm er sie wieder heraus.
Er wollte den Triumph über dcn Fri-
feur, dcm er für 50 Pfennige eine Fla
sche Baq Rum abgelistet hatte, gänzlich
auskosten. In Gegenwart der übrigen
Kunden und dcs Personals öffnete er
die Flasche nnd goß sich ein paar Tro
pfcn in die hohle Hand; es war reines
klares Waffcr! Eine der Reklamcfla
schcn, wie sie jede derartige Auslage
zieren, und die durch dcn Vorwerk
falsche Füllung vom Verkauf ausqe-
schlössen sind, hatte er mit aller Gewalt
an sich gebracht. Er machte nun gute
Miene zum bösen Spiel und bethätigte
sich, wenn auch etwas gezwungen, an
der allgemeinen Heitcrkcit. Als aber
der Lehrling ein verlockend aussehendes
Stück Stangcnpomade dem ominösen
Rcklamcfcnstcr entnahm und es ihm
mit den Worten anbot: Schöne Po
made aus Holz, nur 10 Pfennig," da
hielt er es doch für gerathen, dcn Schau
platz seiner Thätigkeit zu verlassen.
Tas war 'mal ein Theater." sagten
die Zurückbleibenden.
Tie tapferen Pompierö!
Tie in Straßburg i. E. erscheinende
Hcimath erzählt ein köstliches Stückchen,
das dieser Tage in einem Torfe in der
Nähe von Bischwciler passirt ist: Seit
einigen Tagen hatte sich auf einem
freien Platze mitten im Torfe eine
Bande Zigeuner niedergelassen. Als
man ihrer schließlich überdrüssig war,
faßte man dcn Beschluß, die Feuerwehr
alarmircn zu lassen, um dann im
türm die braune Gesellschaft vor die
Thore des Torfes zu jagen. Gesagt
gethan! Tcr Chcf erschien mit seinen
Getreuen und die Attakc begann; ver
zweifelt focht Rinaldini, der Anführer
dcr Bande: doch ebenso tapfer hielt sich
die Fcucrwchr, dazwischen dröhnte in
unheimlichem Klänge die Sturmglocke.
Plötzlich erscholl ein lautes Hurrah"
die Fcucrwchr hatte einen Waqcn
dcr Feinde erobert, der Feind selbst zog
sich mit Kind und Kegel in den Hinter
halt zurück. Toch nun begann erst die
Schwierigkeit was sollte man mit dcm
Zigcuncrwagcn beginnen? Man ricth
hin und hcr, doch vergebens, keiner
wollte auf die Vorschlüge dcs Ehcfs
mit Ja" antworten. Glücklicherweise
waren in X gerade einige Gcmcidc
rathsmitglicdcr einer benachbarten Ort
schaft auf Besuch. Tcm Chcf kam ein
guter Gcoankc er ließ diese Weisen
rufen, und drang natürlich alsdann
mit seinem Vorschlag durch; denn er
wußte ganz gut. daß diese Herren schon
jahrelang an's Ja" sagen gewöhnt
waren, und eine Opposition ihrerseits
nicht zu befürchten war. Nun stellte
man dcn Wagen vor's Gemeindehaus
und zwei dcr tüchtigsten Pompicrs
mußten Wache stehen. Siegcsnoh und
voll befriedigt lag bereits das Gros dcr
dcr Kampfdcthciligtcn im Bette, da. o
-chrcck. ertönt ein Schutz, kurz darauf
noch einer jetzt konnten die beiden
Pompiers schon deutlich schwarze Ge
stalten unterscheiden, da krachte aber
mals ein Schuß und die Pompiers
gaben Fersengeld und hintcrlicßcn dcn
schwarzen Gestalten dcn Wagen. Natür
lich war die Aufregung im Torfe groß,
aber Nicmand wollte in der Nacht die
Räuber verfolgen. Am anderen Mor
gen fand man dcn Wagen unversehrt
etwa 100 Mctcr vor dcm Torse. Vorn
am Wagen soll ein Zettel gehangen
haben mit dcr Aufichrift: 'Yiveni
no braves pompiers." Wie sich
herausstellte, hatten einige Burschen
sich dcn Spaß erlaubt. Nachts die
Zigeuner zu spiclcn, indcm sie schössen
und sich schleichend an dcn Wagen hcr
anmachten. Ihr Spaß gelang ihnen
über Erwarten und die sonst beim
Löschen" so tapferen Pompicrs werden
im Verein mit ihren Gcmeinde-Tcputies
manche That vollbringen müssen, bis
die Blamage vom Ostermontag wicdcr
gut gcmacht ist.
Tas gute ZtlkphoN'Fräulkin.
Wir beklagen uns hier manchmal
über die Mängel und Unvollkommen-
hcitcn unseres Telcphonvcrkchrs. Diese
müssen abcr in Paris noch weit größer
sein, wcnn sie einen Pariser Humoristen
zu folgender Satirc. welcher jedoch, wie
das immer dcr Fall ist, auch ein
Körnchen Wahrheit inncwohncn muß,
bewegen konnten. Tcrsclbe schreibt:
(Ein Fräulein, das in der Centrale
Aufnahme finden will, legt die Prü
fung ab.)
Prüfungs-Kommissar: Also, mein
Fräulein, wcnn Jcmand um drei Uhr
Nachmittags eine Verbindung verlangt,
was werden Sie thun?"
Fräulein: Nichts. Tas heißt, ich
werde weiter lesen oder nähcn."
Kommissar: Gut. Wenn abcr die
selbe Pcrson, nachdem sie eine Stunde
gewartet hat, ungeduldig wird, neuer-
dlnqs lautet, grob wird. Was werden
Sie dann machen?"
Fräulein: Ich werde entweder wei-
ter lesen.. .."
Kommissar: Oder?"
Fräulein: Oder ich gehe zum Appa
rate und sage ihm, daß er jetzt zum
ersten Male geläutet hat." '
Kommissar: Sehr gut, und wenn er
noch' weitere Zeichen von Ungeduld
giebt?"
Fräulein: Tann kenne ich keine
Schonung mehr. Tann schimpfe ich
ihn zusammen, sage ihm,, daß er gelogen
hat. daß er unverschämt und
Kommissar: Und?"
Fräulein: Und ein Grobian sei.
Kommissar: Und dann?"
Fräulein: Und dann spreche
überhaupt nicht mehr mit ihm."
ich
Kommissar: Ich gratullre.
ie
haben die Prüfung mit glänzendem
Erfolge abgelegt."
'Auch gut!
Mathias Rauchgut war einst der be-
liebtcste Schneider in London und zu
gleich ein eifriger Untcrstützer armer
Teutscher, die ihn aufsuchten. Einmal
kam ein ziemlich abgerissen aussehender
Mann zu ihm, stellte sich als ein deut
scher Student vor, dcr wegen eines
Zweikampscs habe fliehen müssen, und
bat ihn um Unterstützung.
Student find Sie?" fragte Rauch
gut mißtrauisch
Gewiß, hier sind mcine Papiere."
.Tie brauche ich nicht. Wenn Sie
aber Student sind, so müssen Sie Verse
machen können."
Tas kann ich. gcbcn Sie mir nur
einen Gegenstand."
Tann machen Sie mir einen kurzen
Vers auf meinen Namen."
Auf ihren Namen? Sehr einfach:
Ihr Name, Herr Rauchgut,
Wär' ohne r auch gut!"
Rauchgut war über dicse Schlagfer
tiqkcit im höchsten Grade entzückt und
geschmeichelt und maß sofort dem Stu
deuten einen neuen Anzug an.
(sin sonderbarer Verein.
Bcnqcl, was schreist Tu denn?"
ruft die Mutter ärgerlich. Ich weiß
gar nicht, wie ein Junge darüber wcincn
kann, da er am Abend m s Bett soll."
Es ist so kalt, sich auszuzichcn,"
bibbcrt Karlchcn. Ich möchte gern
auch so Einer werden, dcr nicht nöthig
hat, sich auszuzichcn."
,.-cl nicht närrisch, Junge, cs giebt
leine Mcnschcn, die sich Abends nicht
ausziehen. Tu willst doch nicht etwa ein
Wilder, ein Menschenfresser wcrdcn."
Ncin, ich will einem Verein be
treten, wo man sich Abends nicht aus
zieht." olchc Vereine giebt es nicht, dum-
mer Jungc."
O doch. Mama, und Tu kennst so
gar ein Mitglied davon."
Ich ? Wer ist denn das ?"
Papa. Jedesmal, wcnn cr Abcnds
in die Losch geht, legt er sich angezogen
zu Bett, ich sehe cs ja immer an, an-
deren Morgen."
Ter eine wirbelt Staub auf.
dem
andern fliegt cr in die Augen.
in Acw?bii'kil5Mknsch.
Frau Müller: Mit wem spricht
denn Ihr Mann da im Nebenzimmer?"
Frau Schmidt: Mit sich selbst!
Wissen Sie. seit kurzer Zeit raiirt er
sich selbst; weil er aber noch gewöhnt ist.
daß ihm der Barbier beim Rasiren Al
lerlci vorschwätzt, erzählt er sich selbst
Geschichten !"
IlTalitiös.
Kunde (zum Kaufmann, der beim
Abwägen denachthciligt ist): Sie.
Ihre Wage kommt mir vor, wie ein
altes Weid."
Kaufmann: Wieso?"
Kunde: Na. sie hat ein böses Züng
lein!"
,! sickern Fahrstuhl.
Tickcr Herr: Also Tu bedienst dcn
Fahrstuhl. Tu bist doch bcr noch ein
recht kleiner Jungc!"
Lift-Boy: Ja. darum habe ich dcn
Posten ja auch bekommen, Sie haben
irni mir aeacbcn. weil dcr Strick bei dcn
größeren Jungen so oft gerissen ist!"
indlich.
Karlchcn: Papa, wenn nun wirklich
auf dcm Mond lebende Wesen wohnen,
wo bleiben denn bei Halbmond die von
der ander! Hälfte des Mondes?"
Scheinbarer !l?idcrspruch.
Hören Sie, Ihre Alte ist noch eine
sehr junge Frau!"
Gaunerhumcr.
Neueingelicferter Spitzbube (seine
Zelle betretend): Herr Aufseher, ich
werde hier doch hoffentlich nicht durch
Klavierspicl in einer Nachbarzelle be
lästigt?!" Ias Unzulängliche".
Heiratsvermittler: Sagen Sie
selbst, das Mädcl hat ein gewisses
Etwas!"
Freier: Was hilft mir das, wenn
sie nicht viel hat!"
Untrüglich.
Tcr alte Hcrr dort muß schr rcich
sein!"
Woraus schließen Sie das ?"
Nun. feine Frau scheint um 40
Jahre jünger zu sein, als er."
Na, na!
Wie geht es Ihrer Frau ?"
O schlecht, schr schlecht, sie leidet an
Schlaflosigkeit."
An Schlaflosigkeit ?"
Ja. ich mag nun um vier oder drei
Uhr nach Haufe kommen, immer ist sie
wach."
Latal.
Gast: Kellner, bringen Sie mir cm
Kalbskotelett."
Kellner: Thut mir leid, ist nicht
mehr da."
Tann ein Rumpfsteak."
Bedaure, habe vorhin das letzte
scrvirt."
Na, meinetwegen ein Schnitzel."
Ist ausgegangen."
Na, zum Kuckuck, alles was auf der
Karte steht, ist ausgegangen? Rufen
Sie mir einmal den Wirth!"
Sie haben entschieden Pech heute
dcr Wirth ist auch ausgegangen!"
Lurchtbarc Drodung.
A. (der sich mit einem Sonntagsjäger
gezankt): Warten Sir nur, wenn Sie
wicdcr auf die Jagd gehen, komm' ich
auch hinaus und schau' Ihncn zu!"
Unter Freundinnen.
Frl. Elfe (zu ihrer liebsten Freundin):
Liebe Helene, denke Tir nur. heute
hab ich mich verlobt Wirst Du mir
verzeihen können ?"
Gelungene Kur.
A.: , Wie haben Sie es erreicht,
daß die Frau Amtsrichter wieder ihre
Sprache erlangt hat ?"
Sanitätsrath: Ja! Ich hab' ihr ge
sagt, ich wüßte ein Geheimniß!"
Zweierlei.
, Sie wollen meine Tochter hei-
rathcn, sind angeblich Künstler kön
ncn Sie denn mit Ihrer Kunst auch
eine Frau ernähren?"
Hm, das ist wieder eine Kunst für
sich!"
Aus der Kinderstube.
Elschcn: ..Nickt war. Mama. Rudi
wird einmal Offizier wcrdcn?"
Mama: ..Soll cr denn nickt anck
Maler wcrdcn, wie Papa?"
Elschcn (altklug): Ach Gott! Ein
Künstlcr in der Familie ist genug!"
Ans dem Gcrichtssaale.
Richter im einem irnchrrnoft nhnce
straften Individuums: Sind Sie ickm,
einmal bestraft worden?"
Angeklagter: Bitt' schön, wollen S'
mich uzen, hohcr Hcrr Gerichtshof?"
Abkühlung.
Schriftsteller: - sscrr R,ikt,v i.fc
schickte Ihnen vor einigen Tagen eine
voueltlon Uvitzc: darf ich fragen, ob
cie dieselben schon gclcscn haben?"
Rcdaktcur: O ja, schon oft."
sein Ratbgcbcr.
Besucher: Also endlich. Herr Pro-
fcssor, haben Sie sich doch verhcirathct!
ind Sie glücklich ?"
Professor: Ich weiß nickt, ick rniii!
mal mcine Frau fragen!"
y