Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, December 08, 1898, Image 10

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    liiucnciivn !
viiino.io.'i ic.i cuia:: n-.!., i(.
Ein junger Kaufmann tu'".'. a:i;u';
nehinein Aeiiß-:n: H'iiniuit. um Hin Ge
schäft iü ict iiuctcr Weile a u -;-tc lutcit zu
können, die Betauutichatt einer jungen,
Uurthschaftlicheii Tarne mit oisltoniblcm
VernifHien behufs baldiger Verbei
rathuuii zu machen. Erushumeiiitc Ain
erbieten nebst Plwtiniraplüe, die uicijt
konveuireiideu Falle sofort retinirnirt
wird, wolle man unter Zukuint" an
Rudolf l'ioije in M. einreihen."
So las in der guten Stube be Ciaft
hos'S Zum goldenen Lamm" der Pro
zialsiadt .'.' Clara, die Tochter des
Hause, laut und pathetisch ihren mch
lichcn ZnHorcriinicn aus der Leitung
vor. Es war nämlich ihr CiebnrtsKui,
ud sie halte zu dieser Feia ihre
sämmtlichen Freundinnen z sich ge
lade. Na, wer suhlt ein menschliches
Rühren, die Geschaflsausdehnerin die
sks unternehmenden Merkurjiingers zu
werden!"
Aus dem daraus folgenden 2ol)ii
wadohli war nur soviel zu entnehmen,
da die Meinung Aller dahin ginge,
man müsse sich einen Jux machen.
Ruhr, Ihr ttanseheerde!" schrie
Warn endlich den Lärm nieder. Na
türlich machen wir uns einen Jux. Und
zwar schlagen wir gleich zwei fliegen
mit einer Klappe todt, wißt Ihr, wir
wischen der Martha da drüben eins
aus. .ic deutele ourcy das vcniicr
nach dem gegenüberliegenden Hause, an
dem mit Riesenlettern geschrieben stand:
Vaterialwaaren-, d'olonialwaaren- und
LandeSprodultengeschast von' I. Ci. C.
Qucckler. Ter hochnäsig.',! Trine
kann es nicht schaden, wenn sie sich ein
mal ärgert, das; sie grün und gelb
wird. Warum ist sie heute auf meine
Einladung nicht gekommen? Immer
muß sie etwas Besonderes haben! Ist
sie vielleicht etwas Besferes als wir, die
.-die...."
Sie hat wahrscheinlich keine Zeit,
liebe Clara," wars ein junges Madchen
der erbosten Sprecherin begütigend ein,
Tu weißt, seit dem Tobe ihrer Mutter
ruht viel auf ihr."
Ach was, so ein Stündchen am
Nachmittag kann sich Jeder freimachen!
Nein. Hochmuth ist es, Koketterie, wei
ter nichts.
Jawohl," hies; es von allen Seiten,
Clara hat Recht, die muß einen Tcnk
zcttel kriegen."
Na, dann hört zu!" Und geheim
nißvoll rückten die verschworenen zu
sainmen. Ich habe aus dem Zimmer
meines Bruders, des Studenten, eine
Photographie gefunden reizend, sage
ich Cuch, für unsern Zweck. Webt
Acht!" Sie stand auf und ging nach
der Kommode. Na, was sagt Ihr
dazu!" Und sie hielt triumphirend das
Bild den neugierig aufspringenden
Tämchen unter die respcktiven Naschen.
Es stellte ein Weib mit einem Bakonicr
gesicht und einer mächtigen Warze aus
der einen Wange dar wahrscheinlich
eine Riesendame oder sonst eine
Sehenswürdigkeit von einem Schütten
feste. Wird das nicht himmlisch, wenn
dieses Ungethüm an die Martha zurück
kommt: Mein Fräulein, Sie sind mir
zu schön lind zu jung gar zu lieb-reizend!"
Köstlich, köstlich!" Und die Rotte
Korah führte einen Tanz auf, der den
Sioux auf dein Kricgspfade alle Chrc
gemacht haben würde.
Nachdem sich der Freudentaumel
etwas gelegt hatte, dekretirte Clara:
Tu, Luise, mußt das Schreiben be
sorgen. Tu hast eine Hand wie ein
Kaufmann. Natürlich mußt Tu sie
verstellen. Und um der Sache den
nöthigen kaufmannischen Pfiff zu geben,
werde ich meinem Pater einen großen
Briefbogen und ein Eeschäftskouvert
wegstibitzen."
Im Handumdrehen waren die Uten
silicn zur Stelle.
Nun heißt es, fein säuberlich ein
Schreiben im Qucckler'schen Sinne auf
zusetzen. Seine stehende Redensart
darf natürlich nicht fehlen: Nur immer
annomiren, Leute, immer annoneiren.
Tie Annonce ist die Seele des Cic-
fchafts!" persiflirte Clara. Und: Ich
habe keine Zeit, großartig viel zu
thun, eine andere.
Und unter Lachen und Johlen kam
folgendes schreiben zu nande:
Geehrter Herr!
Antwortlich Ihrer geehrten Heiraths
onnonee theile ich Ihnen mit, daß ich
aus dieselbe reflektire und folgt die ge
wünschte Photographie meiner Tochter
in der Anlage mit. Ich habe keine
Zeit, lange Briefe zu schreiben. Nur
soviel diene Ihnen zur gefälligen Kennt-
ninnahme, dass ich den Annoneenweq
auch in Heirathssachen für ganz groß-
artig vernünftig halte. Annoneiren.
immer annoneiren. die Annonce ist die
Seele des Geschäfts. ;ch gewärtige,
daß er auch in diesem Falle sich be
währen und zu einer Einigung führen
wird. Ich sehe Ihren weiteren werthen
Nachrichten gern entgegen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
I. 0. C. Ciicrflcr
Materialwaaren-, Colonialwaaren
und Landesproduitengeschäft.
So." sagte Clara, indem sie den
Bogen brach und in das Couvert steckte,
auf dem Heimwege nehmt Ihr ihn
mit zur Post."
I v.nV.v.i Hugo Angermann lUdanlcii
Itch.wer in innern Comptoir au und ab.
(bin und wieder einen Blick auf eine::
i Stoß Briete wertend, die ant dem
liickie lagen. C wai cm bochgewach
teuer Mann, deicn männlich schönes
Cieiicht ein blonder Bol'.bari umrahmte.
Mit einem kleinen Privatvermogen
und den Crsp.irni'ien, die er ivahrend
seiner trüberen Zhatigleit alsdieschans
re, 'ender gemacht halte, hatte er sein
d!eschät't begründet. Bald jedoch merkte
er. daß dieses nicht ausreichte, um in
der ratenden KoitlumiizhiT.c der Ciroß
stadt vortheilhatt seinen Stand behaupt
ten zu können. Aber wober das Feh
lende nehmen Heiratbe ein reiches
Mädchen, das ist das Einfachste," tag
ten seine Freunde, wozu giebls Hei
rathsbureaux und Heirathsgesuche"
Obgleich sich sein C!esübl lange dagegen
sträubte, hatte er den Rath endlich doch
besolgt. Und das Resultat lag nun
aus dem Tische. Aber unter der Menge
der Cncrtcn hatte ihm bis jetzt keine
zugesagt. Er schnitt die letzte auf, die
Queckler'sche. Ter Name war ihm
nicht unbekannt, und fchon wollte er er
leichtert aufathinen. Als er aber die
Photographie ansah ! Abscheulich
ihm so etwas anzubieten! Erbost schien
derte er den Brief aus den Tisch da
bei slog der Bogen auseinander, und da
sah er, daß auf der dritten Seite noch
etwas geschrieben stand in flüchtigen
Zügen, offenbar ein Brouillou: Sie
vertrösten mich wieder bis zum nächsten
Ersten! Halten Sie mich vielleicht für
Ihren Hanswnrst. Wenn ich binnen
drei Tagen mein C!eld nicht habe, gehe
ich zum Advokaten. Und außerdem,
wenn ich Sie 'mal in die Mache kriege,
schlage ich Ihnen alle Knochen im Leibe
entzwei."
Hugo Angermann mußte lachen.
Tas war offenbar ein ganz origineller
Kauz, dieser I. Ci. C. Quecklcr. mit
dem sich jcdenfals auskommen ließ.
Wer schimpst, der kauft. Aber das
alte haßliche Ungethüm von Tochter!
Er schüttelte sich.
Ta durchzuckte ihn ein Ciedankc.
Tieser Quecklcr hatte dasselbe Geschäft
wie er und konnte sich deshalb ohne
Zweifel in seine. Lage denken. Wenn
er Berbindung mit ihm suchte sich
ihm anvertraute, ihn um Hilfe bat !
Im Sturmschritt durchinaß er das
Zimmer. Tas war ein Ausweg, das
mußte einer sein. Fort mit der C!e
waltheirath!
Und hoffnungsfroh dampfte Hugo
Angermann schon am nächsten Morgen
$ entgegen.
In seinem Kaufladen stand Herr I.
C. C. Cueckler, eine kleine, spindel
dürre Gestalt mit einein glattgeschorenen
Kugeltopse, aus dem ein Paar helle
Aeuglein blitzten, welche wie bei einem
Spatze überall zugleich waren. Tas
Hervorstechendste an ihm aber waren
seine geradezu vorsiutfluthtichen Hände,
die wie ein Paar Lawn Tennis-Rackets
aus den kurzen, engen Rockärmeln her
ansstarrten, und mit denen er feinern
großartigen" Teilten und Thun die
ausgiebigste mimische Bekräftigung der
lieh. Tenn bei ihm war stets alles
ganz großartig", besonders seine
Waaren.
Heute war Wochenmarü. An sol
chem Tage glich Quecklers Laden einem
Bienenstöcke. Boin frühen Morgen
strömten da die Landbewohner der Um
gegend aus und ein; sie waren nicht
nur seine Kunden, sondern auch seine
Lieferanten. Tenn Quecklcr machte
alles, er wies kein Cieschaft von der
Hand und hatte in Folge dessen nie
Zeit, stets war er in fieberhafter Thä
tigkeit. Wie ein Wirbelwind fegte er am
Ladentische hin und her und diriairte
durch die schwungvollsten Bewegungen
eines seiner Lawn Tcnnis-Rackets seine
Untergebenen wie ein Kapellmeister seine
Musikerschaar. Taun schoß er wieder
wie ein Cilasmännchen an der Treppe
in die Höhe, wenn etwa ein Päckchen
Barinas linker Hand oben" verlangt
wurde.
So ging es bis gegen Mittag, wo
der Schwärm der Kundschaft sich nach
und nach verlief. Ta wurde Herrn I.
Cv. C. Queckler Herr Hugo Angermann
gemeldet. Letzterer trat ihm im Pri
vatkomptoir auf das Liebenswürdigste
entgegen und sagte ihm viel Schineichel
hastes über den Ruf der Firma I. C5.
C. Qucckler, der ihn auf einer Reise
nicht habe vorbeifahren lassen, ohne
den Inhaber derselben kennen gelernt
zu haben. Bald war eine fachmänni
sche Unterhaltung im Ciange, und eine
der ersten Fragen Quecklcr war natiir
lich: Was halten Sie vom Annon
ciren?" Ich halte die Annonnce für die
Seele des Geschäfts," antwortete der
junge Mann prompt, der sich natürlich
sofort der Floskeln in dem Briefe er
innerte. Aber intensiv muß man
annoneiren, verehrter Herr Quecklcr.
Sehen Sie. beim ersten Male sehen die
Leute darüber hinweg, beim zweiten
Male schauen sie sich die Annonce an,
beim dritten Male lesen sie sie, und
beim vierten Male sagen sie sich: Ta
mußt du doch 'mal hingehen und pro
biren!" Queckler. der schon bei den ersten
Worten Angcrmanns wie eine Sonne
strahlend auf dem Stuhle hin und her
gerutscht war, flog jetzt in die Höhe wie
von einer Tarantel gestochen.
Mann, Mann, das sind ia ganz
großartige Ansichten, ganz großartig
gesunde Ansichten!" Er fegte wie ein
umher, ''o daß alle liegen rebellisch
wurden und rnl'etzt dinier den C'cü
tlu.tieten und die Lawn tennis
Rackcts schlugen die dalsbrecheritchften
Purzelbaum? über seinem Haupte.
Mann Mann Sie sind mein
Mann!" Mit einein Rucke blieb er vor
seinem C!aiie sieben. ,. 3ind Sie per
beiratbet ?"
Rein." klang es zogeiid.
Sie heiratbeii meine Achter!"
Jetzt uhr Angermann wie von einer
Tarantel gettochen in die Hohe: Aber
im tegenibeil! Ich denke nicht
daran !"
Papperlapapp! Sie berathen meine
- Lichter! Tas wird ja ganz großartig!"
Und t'otort schwirrten ihm die trautesten
Planchen durch den Kopt. Schwieger
söhn in der Residenz Engros-Lager
Pflaumenmus und saure Gurken
Möhrensaft und Gerstengraupen
Sauerkraut und K blake großarti
ger Massen-Absatz. Martha," schrie
er zur Thür hinaus, tonnn' 'mal her
ein, mein Lämmchen!"
Aber ich will nicht!" Protestirte der
jnnge Mann. Was fällt Ihnen denn
Einige Tage später ging der Kauf-j Wahnsinniger in dem kleinen Raume
In diesem Augenblicke erschien ein
Mädchen in der Tbür. eine schlanke,
kraftstrotzende Ciestalt mit einem von
dunklen Locken überschatteten, blühen
den Cksicht. Angermann stand wie ge
blendet. Na," machte Queckler mit stolz
überlegenem Lächeln.
Angermann schaute vollständig baff
von Einem zum Andern. Aber das
ist doch gar nicht Ihre Tochter!" platzte
er endlich heraus.
Famos!" krähte der Alte. Jetzt
kenne ich meine eigene Tochter nicht !"
Tas ist wirklich Ihre Tochter?"
Na ob! Aber wenn Sie sie nicht
wollen dann nicht !"
Jetzt lief auch Angermann, wie man
zu sagen Pflegt, die Laus über die
Leber. Herr!" schrie er. was fällt
Ihnen ein? Tenien Sie vielleicht, ich
bin Ihr Hanswnrst? Sie sehe, ich
kann auch grob werden, wie Sie!"
Quccklcr stand mit offenem Munde.
Ta. haben Sie!" Und der Erboste
wars den bewußten Bries und das Bild
aus den Tisch. Wie können sie sich er
larben, mich in dieser blödsinnigen
Weise zu uzen?"
Queckler las und sah, und ebenso
Martha über seine Schulter hinweg.
Nachdem sie damit zu Ende waren, sank
die Tochter mit lautem Aufschluchzen
aus einen Stuhl und der Bater drehte
mit dummem Clesicht seiner Ciewohnhcit
gemäß den Bries um und um. Tabei
bemerkte er die Notiz auf der dritten
Seite, erkannte die Hand seines Freun
des aus dem Cioldenen Lamm" und
sofort war ihm alles klar. Und wäh
rend Angermann sckirnpste wie ein
Rohrsperling und Martha in einem sort
jammerte: Ach Cioit, ach Ciott ! .iie
Schande, das überleb' ich nicht !" lief
er wie ein Wiesel begütigend von Einem
zum Andern: Aber Kinder, Herr An
nonccinann Angermann, wollte ich
sagen Martha, w nehmt doch nur
Annoncen äh, Bernunft an! ES
wird ja alles gut, gleich werde ich die
cache in s Lot bringen!"
Und in dem richtigen Ciefühl, daß
die jungen Leute sich besser allein vcr
ständigen würden, denn daß eine
solche Verständigung erfolgen, sein
Plan sich rcalisircn würde, stand ja
bombenfest schoß er hinaus und über
die Straße in das (goldene Lamm",
wo ihm sein Freund Gastivirth schon
im Thorweg wie ein wandelndes Qrhost
entgegengewuchtct kam.
Tas haben sie an der Cläre ihrem
Cicburtstag ausgeheckt," knurrte dieser
erbost, nachdem er ausgeklärt war.
Tic Teufelsbraten soll doch gleich !
Tas ganze Consifinm ist wieder hinten
im Ciarten zusammen. Komm!"
Halt," sagte Queckler ganz ver-
schinitzt, die Sache ist ja garnicht
schlimm, im Ciegentheil. Aber einen
Schreck wollen wir den Mädels in den
Leib jagen. Paß auf, das giebt einen
Spaß."
Wie ein zürnender Zeus schritt er
nach der Laube, wo die Mädchen sich
befanden, die bereits Lunte gerochen hat
teil und nun mit bleichem Entsetzen die
Katastrophe herannahen 'sahen. Mit
großartiger eberde hielt er ihnen den
Brief und das Bild hin und wies auf
die Schrift des (Goldenen Lammes"
auf der dritten Seite. Ter Berather
schlummert nicht," begann er mit höh-
ler Stimme: Q, Ihr thörichten, leicht-
sinnigen Kinder! Wipt Ihr, was Ihr
mir gethan habt? Was Ihr werdet
schwer, schwer büßen müsseii ? Nein,
Ihr wißt es nicht! Wißt Ihr. was der
gute Name sür den Kaufmann ist?
Tas ist fein Alles, sein heiligstes Palla
dinm! Und dieses heilige Palladium
habt Ihr zertrümmert mein Alles
habt Ihr mir geraubt! Jawohl, fchänd
lich geraubt!" Cieraubt Toiinerwet-
ter, da fiel ihm etwas ein, was er mal
im Theater gehört hat, das paßte ja
ganz famos hierher. Er stellte sich in
Positur, und die Lawn-tennis-Rackets
traten in die fieberhafteste Thätigkeit:
Wer mir mein Portemonnaie stiehlt,
das ist Lumperei, 's ist was, 's ist
nichts, und wohl bekomm's dem Spitz
buben, wenn er nicht erwischt wird.
Aber wer mir meinen guten Namen
raubt, der beraubt mich dessen, was
ihn nicht reicher macht, mich aber arm,
und mit Clrimassen. als ob er ani C!al. j schlagen, dann mach: sie t':ch ant zwei
!. itil -it ihr V.i irr l-trr.ti .i.liu hi.tit
huben des Bakers Bett. Ter braute
liegt ziemlich tni! wabrend der Nacht.
gen binge. tbat desgleichen und waltckielte
o arg wie möglich Hinterdrein. Ttin
nen in der Stube aber waren tick) die
Beiden auf das Kanapee und lachten -lachten,
bis ibnen alle Haare web tb,
ten während die niedergeschmetterte
Tämchen draußen überlegten, welche
Zodesait wobl die amüsanteste sei.
Nun. tie brauchten sich nicht elbtjzu
mordern. es wurde nick! so schlimm,
im Ciegenlheil, wie Queckler kiillulirt
luilte, iebr gut.
Und als ant der Hochzeit Hugo
Angermauns und Martha Quecklas
die Stimmung seuchnröhlich geworden
war. suhlte auch Herr I. Ci. C. Queck
ler das Bedürsniß. an sein CiUis zu
Hingen:
Meine Henschaflen. ich habe keine
lange Zeit, große Reden zu ballen.
Nur das mochte ich betonen, daß die
Annonce die Seele des Cicfchäftcs ist,
wie Sie hier wieder einen lebendigen
Beweis haben. Alfo annoncircn. meine
Herrschaften, immer annonciren! An
nonciren ist in allen Tingcn gut!"
Der Rondliktcur.
aber ichkueii Knin er nicht. iunn
deut! rr an du Zulun! 'einer Kinder,
Was wird aus ihnen, wenn er es nicht
gan-, ,!,irr. ganz tamingslos vor
Sckreck.
Fritz Cweis titzt aufrecht in seinen!
Bett, mit weit autgeii"eiieu Augen,
verzerrten Zuge, und siebt so geiucr
bau Maß aus. Ter Kleine furchtet
tut), wie er den Baier anblickt. Er
di:rck'ba!t? In das Wai'enbaus wird , wagt kaum, tiibmen, und bleib! wie
man tie tchufeu. Waiten'.iudei ! chieck
licher Medaille! Ader nein! Er wird ja
bener- muß bester weiden, bei der gu
ten Pflege.
Toch nick,! nur in ie Zu! uns! eilen
' 1 ii i i c t o t i c 11 ilst !l v i.
bettel ha ha ha harui!" Seine
Stimme ging in ein gurgelndes luck
sen aus, und er wandte sich und rannte
davon. Tas goldene Lamm", das
dabei gestanden hatte mit einem Gesichte
Kleine Landhäuser mit bescheidenen
Ciärten blühende Qb st bäume, Wie
sen und weite Felder; in der Ferne eine
steil ansteigende Straße mit unansehn
lichen Etagenhäusern. Endstation der
Pferdebahn. Zehn Minuten Rast sür
den Kondukteur. Trei kleine Kinder
sitzen schon seit einer Biertelstunde ganz
still aus der schmalen Holzbank und
warten auf den Vater. Endlich! Tie
Kleinen lauten ihm entgegen. Tas
älteste Kind, ein zartes neunjähriges
Mädchen, bringt dem Vater den schweren
Ueberzieher entgegen. Es ist so kalt,
wenn die Sonne untergeht ! Vater, zieh
den Mantel au, daß Tu Tich nicht ver
kühlst !"
Er küßt das Kind, das sein beson
derer Liebling ist. Tanke, mein lütt
Teern!"
Ter kaum um ein Jahr jüngere
Bruder hat dem Vater die lederne Cield
tasche und die Blechtrommel mit den
gelbe und blauen Pferdebahnzetteln
abgenommen. Nun spielt er, daß er
der Kondukteur ist. Tas jüngste Kind
wird am wenigsten vom Vater beachtet,
es ist ein kleiner Knabe von kaum drei
Jahren. Wie er. die kleine Hand
immer wieder vergebens ausstreckt und
irgend etwas Unverstandliches stammelt,
verliert er zuletzt die Geduld, stampft
mit den viinen und lagt: cüticn Pa
Peter nich leiden mag!" und läuft dann
auf die andere Seite der Fahrstraße.
Ta steht, pfeifend sein guier Freund
Claussen) der Pferdeknecht. Er hebt
den Kleinen auf den hohen, weißen
Schimmel und läßt ihn daraus reiten.
Ter Kondukteur und das kleine
Mädchen sitzen Hand in Hand da und
betrachten schweigend den glühenden
Abendbimmel. Ter größere Knabe spielt
sür sich allein, und der Kleine drüben
jubelt laut.
Acht Minuten sind um. Tas kleine
Mädchen steht auf und nimmt dein
Bruder die Cieldtafche und die Blech
tronimel ab, um sie dem Bater Hinzu
hänge. So, und nun mache Tir auch den
Rockkragen recht hoch! Es ist Qstwind,
der thut so weh!"
Tanke, danke, mein Lenchen! Ja,
so ist das wann und schön. Aber nu
muß ich laufen! AdjiiS, fußen Kin
iiers!" Süßen Pa Peter wieder nich adjiis
gesagt!" rust der kleine aus dem Schim
mel und streckt die Arme ans. Ter
Kondukteur, der schon wieder auf sei
nein Posten ist. schwenkt grüßend die
Mütze. Ter Kleine freut sich, klatscht
in die Hände und macht eine hastige
Bewegung. Ehe der Knecht ihn halten
kann, liegt er am Boden. , Ter Pater
springt vom Wage. Im Nu ist er
bei dem Kleinen. Tie Cjeschwister sind
auch herbeigelaufen. Ciott sei Taut!
Es ist noch 'nichts passirt. Ter kleine
Peter weint nur, weil die neuen blauen
Strümpfe, die Lcnckxn ihm gestrickt
hat, zerrisse sind. Ter Pferdebahn
wagen ist nicht mehr zu sehen. Ter
Knttcher hätte gcwin gewartet, aber er
hatte von dem Geschehenen nichts be
merkt. Ter Konduttenr muß laufen,
und er läuft bis ihm der Schweiß in
großen Tropfen von Stirn und Wan
gen perlt. Endlich hat er den Wagen
erreicht, -eine Kniee zittern.
Tas war zu viel!" murmelt er und
läßt sich im Wagen müde ans die Vank
sinken. Es ist ja noch Niemand cingc
stiegen. Ta kann er sich das schon er
tauben. Toch nun muß er aufpassen,
allmählich wird der Wagen sich nun
füllen. Schneidend kalt ist der Qst
wind, aber was hilft es ? Fritz Ewers
muß auf seinen, Posten sein.
Tas war zu viel, das gebt nicht
gut!" murmelt der erschöpfte Mann
noch einmal vor sich hin und schauert
zusammen.
Ja. er hatte sich Nicht getäuscht. Es
war zu viel geweien riir ven omicinii
nicht kräftigen Mann. Seit zwei Wo
chcn schon liegt er schlvcr krank darnie
der, und sein Lenchen pflegt ihn ab
wechselnd mit einer alten Frau aus der
Nachbarschaft, stundenlang titzt die
Kleine mit ihrem. Strickzeug an seinem
Bett und redet ihm tröstend zu. Hin
und wieder schleicht sie in die Küche, um
nach dem Rechten zu sehen, denn auch
die Sorge für die Gesunden liegt auf
den Schultern dieses zarten Kindes.
Und Abends, wenn die kleine Brüder
seine Gedanken, auch in die Bergungen
bcii schiueiien ne zniuck. Wie balle er
so glücklich mit seiner jungen Frau ge
lebt! Cli auch Sorgen und uininer
iijtie aller Art sie bedruckten, ihre Liebe
war immer dieselbe geblieben in guten
und schlechten Zeiten. Taß der Tod sie
trennen und Eines von ibnen dabin
raffen könne, der Ciedanle war ihnen
nie gekommen. Ganz plötzlich war das
Schreckliche, das Unerhörte geschehe.
Tie Geburt des t leinen Peter kostete der
Mutter das Lebe, und das hatte der
Vater dein armen Zinde nie recht ver
geben können: und der Kleine Peter
hatte es gesühlt, daß der Bater nicht
dieselbe Liebe für ihn hatte wie für die
beiden Anderen. Nun, da er krank
und hilflos daliegt, macht Fritz Ewers
sich bittere Borwürie über feine Lieb
lofigkeit dickern liebrbedürttigcii Kinde
gegen über. Wenn er ko Stunde um
Stunde daliegt, und der Schlaf ihn
flieht, dann ist es ihm immer, als hörte
er eine feine, betrübte Stimme:
Süßen Pa Peter nicht leiden mag!"
Tie Krankheit zog sich in die Länge.
Es trat ein Rücksall ein, und der Arzt
machte ein bedenkliches Gesicht. Tic
alte Frau, die daheim ein krankes
Eiikcllind hatte, kam selten. Aber sie
wußte den Kranken ja in guter Qbbut.
Lenchen war ein verniinttiges Mädchen,
auf das man sich verlassen konnte. Nr
die letzte Medizin, welche der Arzt vcr
ordnet hatte, durfte die kleine dem Pa
ter nicht geben.
Nur ein paar Tropfen durste Fritz
EwcrS jeden Abend davon haben, und
die gab ihm die alte Frau. Mor-
phium!
Wer zu viel davon bekommt, der
wacht nicht mehr auf," battc der Toktor
gesagt, und darum fürchtete sich Leu
chen vor dem uiihcimlichcn Truuk und
zitterte an allen Gliedern, wenn der
Bater die Zropsen nahm.
In einer stürmischen Frühlingsnacht
war cs. Lcnchcn hatte zwei Nächte kein
Angc zugethan, und nun hatte der
Schlas sie übermannt. Tcr Krankc, der
sich Stünden lang in unerhörten Qua
len ans seinem Lager hin und her ge
Worten hatte, lag nun ganz still da und
betrachtete beim Schimmer der kleinen
Nachtlampc die bleichen, ermatteten
Züge seines Licblingstindcs. Seine
Augen standen voll Thränen. Tic
Hoffnung ans Cu'ncsung hatte er auf
gegeben. Wenn es doch bald zu Endc
wäre!" murmelte er leise, ist denn dies
noch ein Leben?"
enntnaiiig waiioerien teinc nae
nach der gefährlichen Medizinflasche, die
ans der großen Kommode stand. Ein
paar Tropfen und alles ist aus. Er
verflicht, sich aufzurichten, er steigt aus
dem Bett ein paar Schritte nur
sollten denn so weit nicht die Kräfte
reichen? Nein es ist unmöglich
seine Knie wanken, mit Mühe gelangt
er wieder niS Bett und legt jich hin.
Ein tiefer Seufzer entringt sich der ge
quälten Brust, und das Wimmern und
Stöhnen fängt von Neuem an.
Ta kommt cs aus der Ncbcnkamrncr
hercingetrippelt: Süßen Pa Schmer
zen! Klein Peter süßen Pa küssen will!"
Und er kommt ganz dicht ans Bett.
Mit zittcrndcn Arnicii umfängt dcr
Kraule das Kind, und Thräne auf
Thräne fällt auf das blonde Köpfchen.
Eine Weile ist es still. Fritz Ewers
hat aus Minntcn seine Schmerzen ver
gessen, doch es dauert nicht lange, da
werden die Qualen wieder schier uncr
träglich. Süßen Pa ordentlich Medizin neh
men," sagte der Kleine, wir wollen
Lenchen wecken."
Nein, nein, Lenchen muß schlafen,
klein Peter, hole Tu mir die Medizin,
abec leise, ganz leise ! Lenchen soll nicht
aufwachen, sie wird trank, wenn sie
heute Nacht nicht ichlätt !" Ter Kleine
nickt: Leise, ganz leise, wo is süßen
Pa seine Medizin "
Einen Augenblick schweigt Fritz
Ewers; er kämpft einen furchtbaren
Kampf. Tann blickt er ach der Kom
modc hin. wo die Flasche mit Mor
phinmtropsen steht. Peter folgt den
Blicken seines Baters.
Ich kann sehen: da ganz oben in dcr
Ecke! Klcin Pctcr mß einen Stuhl an
setzen!" Ter Vater nickt. Aber leise, ganz
leise, und wenn ich genug habe, die
Flasche wieder hinsetzen. Kann Peter
das auch?"
Ter Kleine hat schon einen Stuhl an
die Kommode geschleppt. Tas kann
Pctcr schon!" sagt cr zuversichtlich.
Mein süßes Lenchen, verzeih' mir!
das!" murmelt der Kraule und faltet
die litternden Hände, aber ich kann das
nicht mehr aushalten!"
Klopscndcn HcrzcnS folgt cr dc Bc
wcgungcn dcs Kindes. So, nun hat
die' klcinc Hand die Flasche ergriffen,
eine Minute noch und
Ta stolpert dcr Kleine über einen
Schemel, klirrend fällt die Flasche zn
Boden, sie ist ganz zerbrochen, und die
kostbare Medizin ergießt sich über den
Bodcn.
Ter kleine Pctcr ist einen Augenblick
angenagelt lieben neben den Scheiben.
Nach einer Weile aber schwindet die
Furcht, er tiitt an das Bett und schlingt
die Arme um des Vaters Hals.
Klein Peler will es nie wieder
thun!" Tann üetteit er auf's Bett und
taugt an. dem Kranken mit seinen tlei
uen. weich: Händchen Stirn und
Wangen z streicheln.
Süßen Pa nun; einschlafen, ein
schlafen!"
lind das fantte Streicheln, die lallen
den. lieblosenden 'Worte des kleinen
Kindermundes haben eine seltsam be
ruhigende Wirkung aus den nniden,
kraulen Mann. Er schlaft wirklich ein,
so sanft, so lest, wie er es seit Wochen
nicht mehr gekonnt. Und wie der kleine
Peter sieht, daß der Bater schiäst. küßt
cr ihm ganz leise die Augenlider. legt
sein Kopsche ganz dicht an des Vaters
Gesicht und schläft auch ein.
lind früh am nächste Morgen, als
der junge Arzt, der ein besonderes In
icreffe an der kleinen Familie nahm,
ins Ziinincr trat, fand cr sie alle fchla
send. Er erschrak heftig, wie er den
kleine Pctcr in dcs Kraulen Bett liegen
sah, und hob ihn schncll heraus. Toch
dein Kinde fehlte nichts. Lenchen schlief
ruhig weiter, während der kleine Peter,
der gleich wach wurde, dem Toltor vcu
den Erlebnissen dieser Nacht erzählte.
Ter Vater wird jetzt bald gesund
sein," sagte der Arzt, als er des Kran
ken Puls fühlte, Medizin braucht cr
nicht mehr, aber heute Abend sollst Tu
ihm wieder mit Teinen kleinen Händen
die Stirn und die Augen streicheln, bis
cr einschläft. Tas nützt mehr, als alle
bitteren Gctränkc und Tropfen!"
In diesem Augenblick schlug Fritz
EwcrS die Augen auf.
Mein kleiner Peter!" sagte cr leise,
und seine Augen füllten sich mit Thrä
ne. Ich glaube, jetzt werde ich wirk'
lich bester."
Ter Arzt nickte. Sie sind gerettet !
Gott sei Tank, daß Sie wieder schlafen
kömicil!"
Herr Toltor," begann Fritz Ewers
mit uinicheier Stimme, ich muß
Ihnen noch etwas sage und hätte eine
Bitte!"
Während er das sagte, hafteten seine
Blicke an den am Boden liegende
Scherben.
Ich weiß alles, mein armer Freund,
dcr kleine Peter hat es mir erzählt. Ich
weiß auch, was sie wollten."
Er stand ans und sammelte vorsichtig
die Scherben auf.
Taß mein kleine Teern es nur nicht
merlt !" flüsterte dcr Kranke.
Ter t leine Peter war hcrzugetrctcn,
um dcin Arzt zu helfen.
Las', mich das allein thun, mein
kleiner Mann! Und weil Tu immer so
brav bist, wollen wir cs Lenchen gar
nicht erzählen, daß Tu so ungeschickt
warst und die Flasche zerbrochen hast.
So. nun ist alles fort, und sie merlt es
gar nicht. Und morgen, wenn ich wie
verkomme, dann bringe ich keine Medi
zin mit, aber eine Flasche Wein. Ta
von wollen wir alle trinken !"
ß
,:
(sjnigcs über Alcrandcr Tumas
den Äcltcrcn.
Ein adclstolzcr Fremder, den der
Ruhm und das Cu'ld, wclchcs Tuinas
cinhcimstc, wiithcnd machten, ließ sich
einst bei ihm einführen, in ihn zu
ärgern. Nicht wahr mein Herr,"
sagte cr zn dcni berühmten Roman
Schriftsteller, Ihr Vater war ein
Mulatte?" Ganz recht." Also
war Ihr (tjroßvater?" Ein Neger,
mein Herr, versteht sich, ein Neger."
Ihr Urgroßvater, wenn ich fragen
darf?" War ein Affe, mein Herr
Meine Stanimbanm beginnt, wo der
Ihrige endet."
Tnmas lvurdc einst von der Stadt
Cavaillon unentgeltlich um Ueberlas
suiig einiger seiner Werke behufs
Gründung einer Gemeindebibliothek
ersucht: der Tichter überließ bereit
willigst dieser Stadt die bis dahin er
schicncncn etwa 2) Bände seiner
Werke mit dem Versprechen, auch noch
die zu erscheinenden zur Ergänzung
ftcts nachzutragen. Er bat ,ch cdoch
als Gcgcnlcistinig ans, daß von dcn
ansgczcichnetcn Melonen, die dort wach
fen, ihm durch tcmcindcrathsbcschluß''
eine lebenslängliche Rente von 12 f
Melonen jährlich zugesichert werde
eine saftige Rente!
Als
)uinas bei einem Prozesse in
Roiicn von dem Richter nach seinem
Stande gefragt wurde, antwortete er:
Erster Traucrspieldichtcr, wenn Cor
iieille nicht liier geboren wäre," worauf
jener lächelnd bemerkte: Nun. es giebt
ja in jedem Stande Abstufungen!"
schlecht beralisgelvlfeii.
Warum bist Tu denn nenlich so
schnell ansgeriffen, als ich Tich anrief?
Tu halt wohl gcdacht, ich wvlltc Tich
anpumpen!?"
Ia warum nicht gar! Weißt Tu,
der Arzt hat mir nämlich viel Bewe
giiiig verordnet!"
Ivicrsxnlch,
Es ist doch eigentlich ein merkwür
diger Widerspruch."
Was?"
Wenn die Menschen l n st i g sein
wollen, gehen sie in eine W e i n stubc."
JCJ