Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, December 01, 1898, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Pa ompbt.
Cr,,i'i!iiii( imdj 6.m t" ini'.ndji ii on ';!.
Z di ip e b 1 ( i.
Sinm'bon, In. Marz 1
Lieber Bill !
1a bereit reichlich .zwei Monate feit
iiriiTfiit letzten streiche Perfloijen stnö,
hatte ich es für amieientt, Ttr ctimi
über meine ,znliinftiii,en Pläne tnitzii'
theilen. Ich habe durch die Zeitungen
ba? außerordentliche Interefif erfahren,
tu die Beamte Ihrer Majestät meiner
Persönlichkeit widmen, und trotzdem ich
die llnmoglichleit, ihre Neugierige zn be
friedigen, bedauere. kann ich mich doch
durch ihre Bemühungen nicht geehrt
füllten.
M'eine Trauer über den Abschied von
der vuniptjuidt nur so groß, bau sich
mein Moufurc-5 total verändert Hut. Als
ein mchaltnißmüfiiii junger Wo im be
stieg ich in London den Zug,, und als
ein alter Wrauliuff. trank an t'etb und
Seele, verlies; ich ihn, um in diesem
wellverlasjeiieil Neste meine raste wie
der m geivinnen.
Ich nuiT eine Zeit lang unschlüssig,
in loelcher Eigenschaft ich auftreten
sollte, aber die teilte hier ersparten
mir alles Kop!rbieche, indem sie
II! ich siir eine Schriftsteller ansahen.
Warum, weis; ich nicht ,ni sage, jeden
falls beruht ihre Vorstellung eines fol
chen hauptsächlich auf grauen Haaren
und einem trummen Würfen.
Wittes Zages suchte die hiesige Srf)loV
Herrin aus einer ihrer Woliithatigkeits
Reiten idasist namlichihr Stateitpierd),
meine Wirthin Dirs. Sinn heim, die
mit auf ihrer Arme - Liste steht. Tie
alte Taute platzte vor Stolz, einen
Schriftsteller als Miether zu haben.
itnÖ ich wurde als der wohlbekannte
Autor Thompson vorgestellt. Es gefiel
der erlauchten Tante, mich mit Ans
Zeichnung zu behandeln, deren Eirund,
wie sich später herausstellte, darin be
stand, das; sie meinen Beistand siir eine
Aufführung beanspruchte, die in der
Torfschnle zum Besten irgend einer von
ihr patroitifirten Einrichtiingni stattfin
den sollte.
Meine Erknndigungeu haben ergeben,
daß die Tarne, wie viele ihresgleichen,
die Wohlthätigkeit als Mittel zur
Schaustellung ihres Reichthums benutzt,
und leine ttelegenheit vorübergehen
las;!, sich mit ihren Fanülien-Tianian-te
zu zeigen. Tiefe letzteren sind un
geheuer kostbar und würden genügen,
ei halbes Tutzeud unserer Art sorgen
frei z halten. Ich denke nun, lieber
Freund, Tu wirst völlig mit mir über
einstimmen, wenn, ich sage, es ist Zeit,
das; mir uns endlich vom (Geschäft zu
riickziehen, und wir können dies nicht
besser thun, als wenn wir der Labt)
Maleolm zeigen, daß die Schaustellung
solcher Tiantanten für das Volk an
stößig nnd für sie selbst gefährlich ist.
Mein Plan ist folgender: In meiner
zeitweiligen Eigenschaft als Schriflstel
ker habe ich für die in Rede stehende
Aufführung ein kleines Schauspiel ge
schriebe, von dem die Taute entzückt
ist, da ich natürlicher Weise von ihrer
Schwache reichliche Gebranch gemacht
habe.
Ich brauche Tir nicht erst Alles zu
erzählen. Es ist sicher das miserabelste
Zeug, das je zu Papier gebracht wor
den ist, aber eö hat das eine Gute,
daß eS unS eine herrliche Gelegenheit
z einem Geschäft" giebf. Teint int
letzten Acte wird die hohe Tante als
Heidi deS Stückes auf einem Balle
mit dem Helden (dargestellt von Teinem
freunde Tom) eonfrontirt und erfahrt,
daß sie int unregelmäßige Besitz gewis
ser Grundstücke ist. Sie erklärt darauf
sofort ihre Entschluß, de Platz zu ver
lassen und reißt ihre Schmuck herun
ter, den sie mir mit den Worten über
giebt : Wenn das Land Ihnen gehört,
so gehört Ihnen auch der Familien
Schmuck." Tas Uebrige ist alles Blödsinn, aber
es gefällt der Gnädigen, weil s.e Ge
legenheit hat. mit ihren Tiamanten zu
prahlen, und es wird sicher für uns
feinen Zweck erfüllen.
Tie Tiamanten sind so kostbar, das;
die Gnädige ein Arrangement mit ihrem
Portier getroffen hat. der die Tiaman
ten von mir in Empfang nehmen und
sofort in Sicherheit bringen soll. Ich
muß daher Teilte Hülfe in Anspruch
nehmen.
Ich weiß, alter Knabe, daß Tu mit
mir den alten Portier bedauerst, weil
er sein gemüthliches Zimmer mit der
zugigen 'Bühne vertauschen soll. Tu
wirst Tein Mitleid bethätigen und sei
r.en Platz einnehmen. Er ist ungefähr
von Teiner Größe und Tu wirst nicht
besonders Schwierigkeiten haben, wie
Tu aus der beifolgenden Photographie
ersehen kannst. Ich gebe Tir zugleich
einige Fingerzeige für die nothweiidi
gen Verkleidungen. Sollte der Alte,
wie ich glaube, Einwendungen machen,
so wirst Tn schon Wege finden, ihn zu
besänftigen. Aber keine Gewaltthätig
leiten ! Wir hatten genug davon beim
letzten Mal : Ueberredc ihn, schlafen zu
gehe. Ei Tropfen Ehloroforin wird
Tir dabei die vorzüglichsten Ticnste lei
sten. Komme am 18. hierher. Tu hast
dann Zeit, die Lokalitäten und den
Eharakter des Alte zu studieren. Aber
sprich mich nicht an. Folge meinen
Anweisungen und fei zur rechten Zeit
auf der Bühne. Sobald die Juwelen
in Teilten Händen sind, verschwindest
Tu ach der Station, wo um 11 Uhr
der Zug abgeht. Ich treffe Tich sobald
als möglich, und wenn wir Glück
Der
Jahrgang 11).
Beilage zum Ncbraöka 5taato-?ln;cigcr.
No. 2.
haben, sind wir in Stunden außer
Landes. Aber nochmals : Vorsicht !
Tie Polizei weiß, daß wir zusammen
arbeiten, und Tu weißt, was es für
iius Beide bedeutet, gefaßt zu werde.
Tei alter Freund Toni.
....
Ter Empfänger dieses Briefes laß
in einem dumpfigen Kellerloch im High
mal), der Eentrale für diese Art Oie
ichaste, in, Cfteiioe Londons. Er
war wieder einmal ganz am Ende.
Richt ein einziger Einbruch hatte etwas
abgeworfen, dagegen wäre er verschie
dene Male ans ein Haar gesaßt worden.
Ihm mangelte das Organisation;
Talent, und ohne seinen Freund Zorn
war er eine Maschine ohne Triebkraft.
Sobald aber von einem erfiitdungs
reichen Kopfe, wie Zorn ihn besaß, die
Maschine in Bewegung gesetzt wurde,
that er seine Schuldigkeit ausgezeichnet.
So auch hier. Tie Kühnheit nnd
Schlauheit des Plattes leuchtete ihn, ein
und er begann sofort zu arbeiten, indem
erfeineBerlleidnng in Ordnung, brachte,
die Züge des alten Tienrrs studirte und
Anstalten zur Reise traf.
Am Abend der Abreise ging er auf
den unmöglichste Umwege zum Bahn
hof und stieg dann, i der frohe Ge
wißheit, daß ihm Niemand gefolgt war,
in ein leeres Eoiipo. Er freute sich
schon, es ganz allein zu haben, als ge
rade im Moment des Absahrens eine
dicke alte Fra in albemloser Hast her
einpurzelte. Aergerlich drückte sich
Suabn in eine Ecke und stellte sich schla
send, um einer etwaigen Eonversatiou
vorzubeugen. In Snowden stiege
Beide ans.
Wahrend der nächsten zwei Tage be
strich Sbabt, das Terrain eifrig und
war in io fern erfolgreich, als er den
besagten Portier mehrere Male zu die
ficht bekam. Seine Zuversicht stieg.
Am Abend des 'u. März ging Slmby
auf das Schloß nnd verlangte dringend
den Portier unter vier Augen zu fpre
chen. Tiefer war gerade im Begriif
nach dem Schnlhause zu gehen und er-
suchte daher den Ankömmling, lern Ge
such möglichst kurz zu fassen, was dieier
auch that, d. h. er faßte ihn sofort bei
der Gurgel und warf ihn zu Boden,
indem er ihm zugleich ein Tuch über
das Gesicht warf. In wenige Sehnt
de war Alles gethan. Shabt, begann
sofort seine Metamorphose und verließ
bald darauf, mit des Portiers eigenem
Mantel bekleidet, das Haus, um nach
dem Orte feiner Bestimmung, dem
Schulhause, zu gehen.
Tort hatte unterdessen das Schauspiel
begönne und Alles war im besten
Fahrwasser. Tie Bühne, obwohl klein,
war mit alle nothwendige Requisite
versehen, ganz zu schweigen von den
Kostümen, so daß der Autor" alle
Grund hatte, atts die Inszenirung sei
es Erstlingswerks stolz zu sein.
Ter letzte Aufzug begann. Tie Bühne
stellte einen Ballsaal dar, hier und da
saßen Pärchen tosend in einem lanschi
gen Winkel. Eavaliere ginge auf und
ab. Aber der Mittelpunkt des Jnter
effes war die Heroine, die von Tiaman
ten strotzte und die ganze Zuhörerschaft
zur Bewunderung (der Tiamanten!)
hinriß. Tom flimmerte es vor den
Augen, als er vortrete und nach de
Worten feiner Tichtnng feine Rechte
geltend mache mußte. Er konnte sich
kaum seines Textes erinnern: alle feine
Gedanken waren auf den Schmuck eon
eentrirt, der in wenigen Stunde lein
eigen sein würde.
Tie Heroine hörte ihm schweigend zu
der Höhepunkt des Schauspiels war
erreicht. Stolz erhob sie sich und, in
dem sie mit tragischer Pole seine Rechte
aus alles in ihrem Besitz Befindliche an
erkannte, reichte sie unter tosendem Bei
fall ihre Tiamanten Stück für Stück
dem an allen Gliedern zitternden Tom,
der sie sofort dem zwischen den Eou
lissen stehenden Pfendo-Portier einheilt
digte. Er kehrte sodann auf die Bühne
zurück, um mit der Heldin die Schluß
warte zu sprechen, und das Publikum
zerstreute sich langsam. Nur die Mit
wirkenden und einige ihrer Freunde
blieben im Saale zurück, um ihre Mei
nungen über den Verlaus der Festlich
keik auszutauschen.
Plötzlich stürzte ein Mann in den
Saal, athemlos und mit verstörtem
Gesicht. Es war der CrieiimiUPorHer.
Tom begann sich zur Flucht veirzube
reiten. Mylady. Myladu." rief der Man.
Wo sind die Tunimtiteii?"
Tie Unterhaltung stockte und Alles
lanschtc gefpannt.
Tic Tiamanten? Nun. Mr. Thomp
son, was thaten Sie mit ihnen?"
wandte sich die Angeredete am Tont.
Tiefer, im Angesichte wirklicher Ge
fahr kühl und gesaßt, antwortete: Ich
gab sie diesem Mattn."
Mir? Sie irren sich." rief der Por
Her. Großer Gott, Mvladp. wir sind
beraubt!"
Ich habe Sie aber sicher auf der
Buhne gesehen." war' einer der Schau
spieler ein.
Ehe der Alte Zeit zu einer Erwide
riing fand, trat ein Schutzmann ein und
begann ohne Zögern das Berhor. Mit
ihm zugleich war aber eine andere Per
ion gekommen nnd hatte sich eben den
Portier gestellt.
Tie Zuschauer waren starr vor Stau
neu. Tie Beiden waren sich ähnlich
wie Zwillinge.
Zwei Portiers!" ertönte es rings
nm. Aber die Komödie war noch nicht za
Ende: Zwei Polizisten führten einen
dritten Portier berein, in dem Tont so
fort feinen Freund Sliabt) erkannte,
dessen niedergeschlagene Miene nichts
Gutes weisjagte.
2 out war vor Entsetzen gelähmt.
Er halte ein solches Mißlingen nicht
vorausgesehen liud daher leine Borbc
reituiigen dasür getrosten. Es blieb
ihm nun nichts weiter übrig, als gute
Miene zum bösen Spiele zu machen, im
Vertrauen darauf, daß Shabn ihn nicht
blosstellen würde. Unterdessen besetzten
andere Schutzleute die Atisgänge. Tie
Situation war sürchlerlich und die Neu
gierdc allein bewahrte einige Tarnen
vor einer Ohnmacht.
Nach einigen Sekunden athemloser
Spannung nahm Portier Numero
Bart und Perücke ab und ein joviales,
vergnügtes, aber sehr intelligenksGesicht
zeigte sich. Tom machte einen verzwei
felten Versuch zu entfliehen, aber zwei
Polizisten faßte ihn sofort, und ehe er
sich besinnen tonnte, waren seine Hände
auf dem Rucken gebunden.
Myladti," begann dann der jovial
aussehende Tarsteller. Ich hoffe, Sie
werden meine Verkleidung entschuldigen
- sie war nothwendig. Zugleich hoffe
ich, daß Ihnen biete Affaire eine War
nung fein wird, nicht jedem gutmülhig
aussehenden alten Manne so viel Ver
tränen zu schenken. Mr. Thompson,
wie er sich hier nennt, ist einer der be
nichtigsten londoner Einbrecher, und
Portier Nv, '', zwischen den beide Po
lizisten, ist ein Eompliec. Ich suche
Beide schon lange.
Als Frau verkleidet, folgte ich dein
Burschen hierher, da ich wohl wußte,
daß er früher oder später seine Euin
pan wieder aufs chen würde. Unbc
lanntcr Weise logirte ich mit ihm in
demselben Wirthshaus und machte heute
Nachmittag eine kleine Einbruch auf
eigene Faust, d. h. ich ging in das
Zimmer dieses Herrn und durchsuchte
sein Gepäck, wobei ich einen Brief fand,
der den Schlüssel zu einem woblvorbe
reiteten Anschlage giebt.
Tas nächste für mich war nun, eine
Verkleidung zu finden und ich benutzte
dabei mit bestem Erfolge die in jenem
Briefe enthaltenen Anweisungen. Es
gelang mir sodan, Shabh ohne Auf
sehen verhaften zu lassen, und ich war
es schließlich, der die Juwelen aus Toms
Hand in Empfang nahm. Hier find
sie. Inspektor, lasten sie diese Män
ner abführen."
Im Hinans-chen hörte man Tom
bemerken, daß er sich den Erfolg seines
dramatischen Erstlingswerkes doch an
ders vorgestellt hätte.
m (Tunnel.
iine luftige Irnmimunj. on l Äriebet.
Eottpf" Zweiter Klasse für Nicht
raucher!" so wurde dein Schaffner zuge
rufen von einer älteren, distinguirt und
würdevoll aussehenden Tante, in deren
Begleitung sich zwei junge Mädchen be
fanden: es war offenbar eine Instituts
Vorsteherin mit ihren Zöglingen. Be
reilwillig öffnete der Schaffner ein
Eoup,': Hier. Platz genug für drei
Personen!" lies; die Tarnen einsteigen
nnd schloß die Thür. Und Platz war
in der That reichlich vorhanden, mir
ei einziger Insasse lehnte in der Ecke,
ein noch junger Herr, der, wie die bei
den Mädchen schnell und leise konstatir
ten, auftallend hübsch" war. Er ver
neigte sich höflich und nahm feinen
Platz schweigend wieder ein. Gleich
darauf ließ der Scharnier nochmals
zwei Tarnen, der Aehnlichleit nach
Mutter und Tochter, einsteige. Ter
Pfiff ,znr Abfahrt ertönte und hinein
ging's in die schöne Gebirgsmelt.
Tie jungen Mädchen plauderten der
gnügt unter einander, hin und wieder
mischte sich die Vorsteherin in ihr Ge
sprach. So viel der junge Mann ans
der Unterhaltung entnehmen konnte,
waren die Tarnen auf einer größeren
Vergnügungsreise begriffen. Mei
nnngsvcrfchiedenhcitcn über eine
Schensivürdigkeit der Gegend tauchten
auf.
Erlauben Sie, daß ich Ihnen die
gewünschte Auskunft ertheile." ertönte
da plötzlich die Stimme des Mitreisen
den. ich bin in dieser Gegend zu
Hanse. Toch vorher gestatten Sie mir,
mich Ihnen vorzustellen." wandte er sich
an die altere Tarne, mein Name ist
Barden. Assessor aus T." Und nun
begann er mit hinreißender frische die
herrliche siegend zu schildern, gab gute
Winke in Bezug aus die zu wählenden
Hotels und steckte mit seinem köstlichen
Humor die ganze Reisegesellschaft bald
derartig an. daß die heiterste Stirn
ninng, eine echte, frohe Reisestimiunng.
herrschte. Selbst die Kippen der ge
strengen Vorsteherin umschwebte oft ein
Lächeln bei den luftigen Einfällen des
Assessors.
Jetzt mache ich Sie darauf auf'
ter'fatn, meine Tarnen, daß wir gleich
einen Tunnel paffiien werden," tagte
der Assessor.
Einen Tunnel? Ach. das ist herr
lich!" meinte eins seiner lustigen !egen
über. Herrlich? int Reiche der Finsterniß?
aber ich bitte Sie. gnädiges Fräulein,
wissen Sie denn nicht, daß böse Geister
im Finster ihr Wesen treiben?" enl
gegnete er mit schelmischem Blick.
Böse Oieister? Cl), die werden uns
schon nichts anhaben."
Seien Sie nicht zu zuversichtlich,
gnädiges Fräulein, loer weiß!"
Ich siirchte mich nicht !"
Plötzlich Finsterniß ringsum, der
Tunnel war erreicht und da! was war
das? deutlich hörbar, ein lauter Kuß.
Tiefes Schweigen im EoiiPi
Als das Tageslicht wieder eindrang,
richteten sich fünf strafende Angenpaare
auf den Verbrecher, denn das stand bei
allen fest, nur er konnte es gewesen
sein. Aber wem hatte es gegolten?
wer war's? Ter Assessor schäme mit der
unbefangensten Miene in die Land
schait. Nun musterten die Tanten in
gegenseitigem Mißtrauen einander.
Wer konnte sich eine derartige Keckheit
von einem Fremden gefallen lassen,
ohne ein Wort der Entrüstung, des
Zornes? Wer war's?
Tiefe Stille herrscht im Meere,"
begann plötzlich der Assessor zu dekla
iniren, dann mit der harmlosesten
Miene sich zu den Tarnen wendend:
Beim Anblick jenes friedlich sich aus
breitenden Sees fällt mir nämlich
immer iioethe's Meeresstille" eilt. Ob
ich das (Gedicht wohl noch zusammen
bekomme? Wollen sehen!
Tiefe Stille herrscht im Wasser.
Ohne Regung ruht das Meer,
Und bekümmert sieht der Schiffer
Finst're Blicke" ack ein, finsl'rc
Wolken rings umher."
Heißt's nicht so? wandle er sich an
sein Gegenüber.
Keine Antwort.
Ach, ich besinne mich schon:
Glatte Fläche rings umher.
Keinen Laut von keiner Seite!
Todcsstille fürchterlich!"
(Unterdrücktes Lachen bei den jungen
Mädchen.)
In der ungeheure Weite
Reget feine Lippe sich."
Ich glaube ganz richtig ist's nicht,
mein (Gedächtniß laßt mich doch im
Stich, wie ich merke.
Zum Glück hielt jetzt der Zug nnd
Station D. auSsteigcn!" ertönte dran
ßen die Stimme des Schaffners.
Ta wäre ich also am Ziel und dort
sehe ich auch schon meine Braut, mei
ner harrend, auf dem Perron. Es er
iibrigt mir nur noch den Tarnen für
die i ihrer Gesellschaft so angenehm
und schnell verflogenen stunden zu
danken."
Tas war denn doch z arg für die
Institntsvorsteherin, dieser Hohn!
Braut nnd solches Betragen ! Schon
nm ihrer Zöglinge willen durste sie das
nicht so hingehen lassen.
Aber, mein Herr," hub sie an, ich
dächte, Ihr Fräulein Braut würde we
nig damit einverstanden sein, wenn Sie
andere Tarnen küssen!"
Aber ich bitte Sie gnädiges Frän
lein," rief er voller Entrüstung, wie
kommen Sie ans einen so abscheulichen
Gedanken? Wie sollte ich, der glücklich
ste Bräutigam unter Gottes Sonne,
fremde Tante küssen!"
Nun, ein Irrthum ist doch wohl
ausgeschlossen, im Tunnel
Ach so, Sie werden gehört haben,
das; ich," dabei zog er eine Photogra
phie ans der Tasche, in der Vorfreude
des Wiedersehens das Bild meiner
Braut geküßt."
Tableau!
Ter Schalk sprang aus dem Wagen.
Per Sebienunn.
Ztht ans b.'in Z'ttlim't Vctu'ii.
Herr Andreas nnd Frau Eilli waren
fast ei Vierteljahrhulidert berheirathet,
ehe sie aus den Gedanken tarnen, daß
sie nicht zu einer paßten. So beschlos
seit sie den, die Kosten der Silber-
neu" zu sparen und schritten nach
wochenlangein Knurre:: und Brummen
selbander zum Schiedsliiann. um diesem
würdigen und beliebten Mitbürger das
Für und Wider einer Ehescheidung zn
geneigter RatHgebnng zu unterbreiten.
Eingehenkelt, wie das bei braven Ehe
ge'ponfen üblich ist, gingen sie dies
mal nicht.
Ter tioloiiialivaaren-Handler Herr
Taniel Spaltipilz empfing die mürrisch
Anrückenden mit zuvorkommender Hös
lichkeit. Eigenhändig schob er den beiden Leib
chen ein Paar Stühle znrecht und nahm
gleichfalls Platz, Er ratn'perte sich und
begann also: Lieber Andreas, hoch
verehrte Fra Meisterin! Zwei io liebe
Menschen, jeder gutherzig und geachtet,
sollen sich nicht mehr miteinander ver
tragen tonnen ?"
Taniel." siel hier der Meister ein.
wenn Tu die Scherereien und den
Zank ertragen müßtest wie ich. liefe
Tir auch die Galle über!"
Jawohl. Herr Spaltpilz." eiferte
Frau Hobelspahn. und wenn Ihre
liebe Frau die Elrobbeiten zn hören be
käme wie ich, hatte sie langst das Haus
geräumt!"
Tie Thiir öffnete fich und eine große
Frau, mit einer großen Haube und ei
em nicht unbedeutenden Kehrbesen be
waffnet, erschien aus der Schwelle.
So." brummte sie, guten Tag
es ist heute Sonnabend!" Tamit ver
schwand sie wieder und zog ziemlich bor
bar die Thüre hinter sich zn,
Ter Hausherr und Friedensrichter
lächelle verlegen.
Wenn meine treffliche Eulalia den
Scheuerteufel hat, ist sie etwas kurz
angebunden. Nichts für ungut ! Also,
ist eö wirklich Ihr Ernst, können Sie
den schweren Schritt nickt. noch hinaus
schieben !"
Frische Fische, gute Fische!" knurrte
der Meister.
Ich finde, das: 2,' jährige Fische
nicht allzu frisch fein dürften", erwiderte
sanft der Kaufmann, ich bin darin
einigermaßen Sachverstandiger! Ja.
weshalb wollen Sie denn aufeinander
Bitte, Frau Meisterin, legen Sie mir
zuerst Ihre Oiründe vor !"
Hm. ja, das ehämmer und den
Spektakel in der Werkstatt halte ich
nicht mehr aus, und wen man ein
bischen um Ruhe bittet, wird der
Andreas fuchsteufelswild. "
Aber das find doch Kleinigkeiten,
verehrte Frau! Teilten Sie daran,
wie einträchtig Kupferschmieds THiesfen
mit. einander leben nnd was muß
da die Frau für Lärm i den Kauf
nehmen !"
Tie Thür flog zum zweiten Male
auf und krachte so schnell wieder zu,
daß man nur den Bruchtheil einer
Sekunde das tirfchrothe Antlitz der
Frau Spaltholz zn sehen bekam. '
Also Andreas, schieß Tu jetzt los!"
Na, Taniel, das ist bald gesagt.
Unsereiner schindet sich den ganzen Tag
und dafür kann man doch auch nach
Feierabend ein freundliches Gesicht ver
langen. Pnst' sich was! Was war
das heute wieder für ein Skandal, man
versteht nicht sein eigenes Wort in der
Küche! Hab' sonst mein Lebtag mehr
über faule als über fleißige Leute
schimpfen höre, bei uns ist's umge
kehrt!" Herr Spaltpilz", seufzte Frau Eilli,
was wahr ist, muß währ bleiben: der
Andreas gönnt sich keine Ruh und
rackert sich ab ums Ueberflüssige, das
kann ich nicht mehr mit ansehen ! Skan
dal hin, Hämmern her, wenn er nur
richtig für sich Feuerabend machte. Tie
Gesellen und den Lehrling schickt er
pmikt Sechs fort, er selbst aber simn
lirt und tüftelt weiter ich leid's nicht
mehr !"
Krach Buut!" Tie Thür schlug
donnernd an die Wand zurück, ein ge
füllter Schenereimer stand plötzlich über
schappend im Zimmer, daneben klatschte
ein riesiger Lappen auf die Tielen, daß
es spritzte,
Hast Tu denn keine Ohren am
Kopf," kreischte die thnere Hausfrau,
habe ich Tir nicht gesagt, daß heute
Sonnabend ist, T Thranlampe?
Ach so. entschuldigen Sie gütigst,"
fügte die Wackere höhnisch hinzu und
that so, als sahe sie jei',1 erst das Noch
Vorhandensein der beide,! Hobelspahne,
ick, habe sie doch nicht bespritzt?"
Tie Thür knallte zum dritten Male
sehr thatkrästig zn. Meister und Mei
sterin schüttelten dem zitternden Schieds
mann, dem die Abschiedsworte in der
Kehle stecken blieben, theilnahmsvoll die
Hand und Überließen Eimer und
Scheuerlappen großmüthig das Feld.
Im einsamen Heckenweg blieben sie wie
auf Kommando stehe, sahen sich in?
Gesicht.
Höre, Alte." meinte der Meister.
Tu bist doch die Schlimmste noch lange
nicht !"
Und Teine Grobheit, Andreas, ist
mir noch zehnmal lieber als f.'lcke;
I.N! doch d.tbei Re'pek! vi'r T:r !'eh,i.
ten."
Na. Ei!!,?"
..N.i. Andreas.''
Was den!,: T::. feien: wir die Sil
bevne'"
We.::: Tu meinst, ich bin dabei."
Tcr.öui tsr ittMittivMuilitcr.
Im lernen C sten sei renkte 'ich einst
eine schone Königstochter ihren Hals
beim Baden. Kein Mittel hals. Tie
weiseste Männer des Landes beriethen
sich solange, bis sie helfet waren: aber
nichts fui ihnen ein. Etidli.1i schrieb
man einen hohen Preis ans. Ta er
fand ein Mann eine Königstochter-Halsentrenkungs-Mafchine.
die sofort
palenlirt und angewendet wurde. Mau
hatte aber damit der Prinzessin bald
den Kopf ausgerissen und der Hos
Ptinzelange - Vermesfnngsratli kousta
tirte unter dem Entsetze des ganzen
Landes, daß il,r Hals dadurch bereits
um Milimeler in die Länge gezogen
worden nun. Tem Erfinder wurde
sofort mit seiner eigenen Maschine der
Kopf abä,eorebt und das Er'indeit
wurde bei Todesstrafe verboten.
So saß die a ritte Königstochter da,
konnte nieyt rchts und nicht links sehe
und starrte vor sich bin. Und ihr Vater
und wer zum vf und zur guten We
sellfchafl gehörte, starrte mit. Mami
faß aber dabei im Freien, weil es dort
gesunder war.
Plötzlich kam ein Lieutenant, der
aas einer Forschungsreise war. des
Weges. Sofort hingen die Augen der
Königstochter an ihm. Er jedoch ging
kühl in, Stechfchrilte vorüber. Ta mit
einem Male that es einen Knacks und
unendliches Inbelgefchiei ertönte. Tie
Königstochter, welche ihre Blicke nicht
mehr von dem Lieutenant zn trenne
vermochte, mußte ihm nachsehen, ob sie
konnte oder nicht, und dabei renkte sich
ihr HalS ein.
Ter Lieutenant wurde eingeholt und
sofort obwohl er lieber Lieutenant
geblieben wäre zum Konig ausge
rufen, worauf ihm die Prinzessin um
de Hals siel und sich dadurch aus
irund eines praktischen, aber sehr ge
fäbrlichen Landesgesetzes ihm antraute.
Ihr Hals aber war seitdem nnverrenk
ter als je.
Tas eclfpiel in Tcutschland
blickt ans eine 7"jährige beschichte zu
rück. Schon ant Beginn des 1'!. Jahr
Hunderts war das, Kcgelschieben eine
sehr beliebte Unterhaltung nnd wurde
von vornehmen und gemeinen Leuten
gepflegt. Bei Kirchweiheu auf den Tör
fern mußte stets nicht nur ei Tanzbo
den, sondern auch eine Kegelbahn auf
geschlagen werden, und in den Pülä--sten
der Reichen fand man gewöhn
lich Kegelbahnen, wie heute Billiard
zimmer, auf denen sich die männlichen
Bewohner des Hauses belustigen könn
ten. I der Frankfurter Patriziergc
sellfchafl Liniburg" wurde im Jahre
14r: ein solennes Kegelfchieben abge
halten, für welches ei Mitglied drei
silberne Kleinodien als Preise ansgc
setzt hatte, und bei dem Jeder gegen
eine Einlage von einem Heller' drei
Würfe thun tonnte. Ganz besonders
pflegten die Schützengildeit dieses Spiel,
welches jedoch zu hohen iinsätzeit nd
da zur Schädigung Einzelner Anlaß
gab. so daß sowohl im Jahre 14i:i
als auch 144 der Magistrat in Frank
flirt jegliches Kegelspiel verbot, und
erst im Jahre 14(38 wieder freigab.
(5 ine unfreiwillige Pause.
Im Winter 1S2 vermählte sich
Prinz Max von Sachsen mit der jungen
Prinzessin von Lueea. Tic Hochzeit
wurde u. a. durch Abhaltung eines
großen öffentlichen Festessens gefeiert.
In einem prächtigen Saale war die
Tafel fcrvirt. auf der Gallerte des
Saales wanderten die Zuschaner itm
her, während im Hintergründe des
Saales das Personal der 'italienisch
Oper eine prächtige Mufit aufführte.
Ta geschah es, das; der alte König
Friedrich August der Erste allmählich
in schlaf versank. Ter Hofmarschall
gab einen Win! und die Musik
schwieg. Tie wandernden Zuschauer
ans den Gallcriee standen stille und
die Messer nnd Gabeln rasselten nicht
mehr. Ter ganze Saal war wie
in TornröscheiiS Zauberschloß verwa
delt. Tie Königin zupfte den König
an den Rockschößen, aber vergebens.
Endlich erwachte Sc. Majestät: die
Musik spielte wieder, die Messer und
Gabeln rasselten, die .nfchaner ans
den Galleriec spazierte weiter und
ane Anweienden waren wieder guten
Muthes."
laMer .itein.
..Gestern bei der Waldtonr hält'
ich mit meiner Maschine leicht ver
Unglücken können!"
Wieso?"
Kommt mir ein Radler mit einem
ganz neuen, eleganten und noch viel
leistungsfähigeren Stiftern entgegen
ans einmal gibt's einen Knar ich liege
im Ehansfecgrabeii! Teilten Sie sich:
meine P n c n m a t i l war vor Neid
geplatzt !"
ArKlst.
Hausherr: Finden Sie nicht, daß
meine Kinder ihrer Mutter anßerordcttt
lich folgsam sind?"
Bekannter: O ja, Sie gehen ihnen
aber auch mit einem guten Beispiel
voran!"