Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 27, 1898, Image 12

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    Die Stiefel ITjroIwii':?.
'VODsUftlf OOII i!.
Im sogenannten ftleidenimmer be
lomglUki, U'U'ril.tic:, 1h".) "in:i?
Dresden befindet sich i:: filai-;n:ito:i.
slin Fenster stehen, eine ctiicmirtiiif
Sammlung von allerhand 2ut)nfrl
die zum fronten Theil ein Herr Baron
von Block einstmals mit gropc., at
mclcifcr zusaminengetragen und dir im
'Jahre 1N54 in dcn Besitz der königlichen
Scniiiiilungkil uvkrgm.
Hirr findet man unter onderm die
rothen ammet chuhe mit den inirac
stickten Buchstaben (f t Christian und
Hedwiq). welche die Prinzessin Hedwig
don Dänemark, die Tochter S
Friedrichs II. von Dänemark, trug
vls sie mit dem Kurfürsten Christian
II. zu achien 1002 ocnniiljU war,
Tann ferner hebt man dort die Hacken
schuhe, welche der römischen Kaiserin
Elisabeth, der Mutter der Kaiserin
Maria Theresia, gehörte, einer gcbo
reuen Prinzessin von Braunschivclg
Wolsenbüttel lgcd. 1001, vermahlt mit
dem nachhcrigen Kaiser Karl i. itiw
gestorben 175,0) und andere mehr. Hier
sind ferner auch die Schuhe berühmter
Gelehrter, so die des Philosophen ant
(geb. 1724, gest. 1S04) und vom Dich
irr Zi)ieland (geb. 17:!:?, gest. 1S1:),
welche die Genannten noen tun vor
ihrem Tode getragen.
Als das Hauptstück dieser cigeuarti
gen Schuh- und Stiefel-Sammluiig
gelten indessen die KrönuiigMnhe
Kaiser Navoleon's I., die durch den
Obersten Grasen von Tureune, den
Obcrkammerherrcil und maitiv lt la
rarilnl)( des Kaisers, am 12. April
1 y 1 dem erwähnten Baron von Block
übersendet wurden, und die Reiterstie
sei, die Napoleon in der Schlacht bei
Dresden, am 20. und 27. August ItfUi
getragen.
liefe beiden Fußbekleidungs-Paare
sind in einem besonderen chrankchcii
ausgestellt und nehmen so, wie gesagt,
eine besondere Elirenstelhina, in der
Sammlung ein. In Tresden Hat sich
inertwürdigerivcise immer ein besonde
rer Napoleon-Kultus erhalten. So
wird zum Beispiel in einer hohen sach
fischen Adelsfamilie der Spazierstvck
Napoleon's als kostbare Reliquie auf
bewahrt. Immerhin ist die Geschichte besagter
Üieiterstiefcl Napoleon's interessant gc
nug, denn nur durch erheiternde Zu
fälle sind diese Stiefel in diese Samm
lnng gelangt.
Tag kam nämlich so:
Es war am 27. August 181:!. Ka
nonendonner hatte den Schreckenstag
begrüßt; Sturm und Regen vermoch
ten dcn Brand nicht zu löschen, den
jener entzündet hatte. In Nebel und
Tunst lag die Stadt Tresdcn da. Im
Halbkreise um sie herum wogte die
Schlacht; zornig schnaubten die Bat
tericn gegen einander. Während des
Bormittags war Frankreichs tapferer
Held Morcau gefallen, auf den An
höhen bei Räckiiit), wo heute noch ein
Denkmal die Stätte seines Heldentodes
bezeichnet.
Tie Wuth der entfesselten Elemente
hatte das Aeußerstc gethan, um die
Lage der Verbündeten noch mehr zu er
schweren. Ihre beiden Flügel, der
rechte gegen die Elbe gelehnt und durch
den Verlust des brennenden Dorfes
Stricsen und des Großen Garten, der
flinke durch die ihm entzogenen festen
Stellungen zwischen l?otta und Löbtau
erschüttert, hingen ermattet in die nach
beiden Seiten auslaufcndcn Niedcrun
gen herab. So hatten sich denn alle
feindseligen Kräfte der Schlacht gegen
das Ecntniin zusammengepreßt, ivo das
zerklüftete felsige Terrain des Plaucn
sehen Grundes und der sich ihm anrei
henden steilen Höhen dein Widerstände
doppelten Halt, dein Angriffe doppeltes
Ungestüm verleihen mußte.
(5s war in der zweiten Nachmittags
stunde, da ritt Napoleon auf seinem
Falben in gemessenem Trabe die Wils-druffer-biasse
hinab. Er hatte zum
Schutze gegen die fürchterliche Witte
rung den grauen Uebcrrock enger an sich
gezogen und dcn kleinen Hut fest in die
eherne Stirn gedrückt. Neben ihm ritt
Murat, dem er dcn Auftrag ertheilt
hatte, sich an die Spitze der zur Zeit
-noch ruhig in der Ebene stehenden 10,
'000 Pferde starken Division Latour
Maubourg zu setzen und sie nach der
Freibergcr-Ttraße hinauf zum Angriff
zu führen. Marat's abenteuerliche,
halb hunnische Tracht spielte in dem
Regen und Sturm eine etwas zweidcu
iigc Rolle, und die Wasser des Him
mcls wuschen das Romantische seiner
Kleidung zum Bizarren herab. Rustan's
braunes Gesicht,, das hinter dcn beiden
Kricgssürsten auftauchte, blickte ziemlich
verdrießlich darein, und der Helden
schwärm, der sich der Gruppe anschloß,
sah muthig und kampfentschlossen, aber
auch frostig und ungeduldig aus.
Als sie das Ende der Gasse erreicht
hatten, da ivo zwei Jahre vorher noch
das Wilsdruffer Thor gcstaudcn hatte,
stockte der Zug, sie mußten einzeln hin
tcreinander reiten, denn man hatte die
lttsgängc der inneren Stadt mit Tand
fässern, Balken und Säcken in möglich
ster Eile vcrbarrikadirt und nur einen
schmalen, vertieften Durchgang übrig
gelassen, welchen das hier von allen
Seiten zusainmcnrinncndc Wasser in
die übelste Verfassung gebracht hatte.
Die Pfütze war zu einem kleinen Bach
geschwollen, und der Grund dersel
toni, von -Gerölle, Bauftückcn und ge
weichtem Boden gebildet, gewährte die
übelste Passage. Zu Pferde hindurch
zukommen, daran war nicht zu denken.
Napoleon und die übrigen Herren flie
gen also ab. Der Kai'cr versuchte, der
naiten Schluckt nack Möglichkeit aus
nviixüd. die Abdachung des Psahlwer
se; zu ubcrll. ttcr:t. Aber k,im hatte et
einige Schritte ans diesem unbequeme
Terrain gethan, als er auf dem Von
Rege und Na'le schlüpfrigen Terrain
ausglitt.
Napoleon hielt sich zwar an den Pa
lisaden fest und schützte sich auf diese
Weise vor dem Hinfallen, aber fein
rechter Fuß fuhr plötzlich zwischen Hol
ler und Schlamm hinein und saß mit
einem Male so fest, daß er ihn nicht
herauszuziehen vermochte. Als es ihm
endlich mit ziemlicher Anstrengung doch
gelang, den Fuß zu befreien, blieb der
Stiefel im Schlamm sitzen.
Jetzt war guter Rath theuer. Auf
einem Beine stehend und nur sich an
dcn Palisadcn festhaltend, blickte der
Kaiser verlegen um sich ; die Herren sei
ner Begleitung sahen mit nicht gerin-
ger Verlegenheit einander an. Die
liasscn waren wegen dcs Unwetters und
wcqen dcr Schlacht weit und breit leer
von Mcnsckicn, die Ladcngcwölbc wegen
des Schreckens der Schlacht sämmtlich
geschlossen.
Sa kam nun zufällig ein junger
Mann mit einer Hocke unter dem Arme
des Weges. Er sah den Kaiser, mochte
seine Verlegenheit und die Ursache der-
selbe erkennen und kletterte zu demselben
hin und rief ihm in gutem Französisch
zu : ,,ire, wenn ie mir uren
erlauben, so kann ich vielleicht aus der
Verlegenheit helfen !"
Wer bist du?" fragte der Kaiter
zögernd.
ire, ich habe dic Ehre, hr Unter-
thau zn fein. Ich stamme aus traß
bürg und focht unter Eurer Majestät
bei Jena. Da traf mich eine preußische
Kugel in den Schenkel und so konnte
ich nicht mehr die siegreichen Waffen
Eurer Majestät tragen. Als Invalide
und ergrimmt über mein Schicksal,
hinkte ich nach Yachsen herüber, wo ich
weitläufige Verwandte aufsuchte. Ich
nahm hier mein früheres Oiewerbe wie-
der au und konditionirte als Schuh-
lnaaicr-eieue.
Napoleon reichte dem jungen Mann
einen (Viis; hin. ler wieue miete
vor den Kaiser nieder und hielt dessen
M; in den Händen.
Ha, welch' ein schöner Fun !" rief
er mit dem Entzücken eines Fachman-
mannes. Vielleicht wußte er auch, da
N'apoleon, der wirklich einen äußerst
kleinen und sorgfältig gepflegten Fuß,
hatte, nicht wenig eitel auf diese Schön
hcit var.
..Welch' glücklicher Zutall !" fuhr dcr
Schuhmachcrqesclle fort. Unter der
ganzen ansgebrciteten Kundschaft mei-
nes Meisters hat wohl nur ein einziger
solch' einen kleinen, gut gepflegten Fuß
ein reicher Dresdener Advokat, und zu
dem wollte ich eben ein Paar Stiefel
tragen. Die werden Eurer Majestät
icher passen !
Mit diesen Worten band er seine
Hocke auf. zog ein Paar blank gewichste
Stiefel hervor und ehe dcr Kaiser cs
sich versah, war sein Fuß bcklcidct.
,,irc, dcr stieret sitzt wie angegos-
die hier als Trophäen aukzefabren
werden tollten. Endlich nach tausend
Anstrengungen, oftmals zurückgewiesen
aber doch immer wieder hartnäckig fein
Vorhaben verfolgend, stand er endlich
vrr jenem an den Parade Audienzsaal
grenzenden Zimmer, welches der Kai
er der Franzosen sich hatte einräumen
lassen. Die Gerichte seine? Aben
teuers, das er treuherzig erzählte, hatte
seit ! Jetzt gcstattcn inre Majestät, dan
ich auch noch den anderen Stiefel an-
ziehe Welche Pfufcherarbeit !" fuhr
der Geselle fort, indem er den andern
tietel abzog, die waren Eurer Ma-
jestät stückweise vom Fuße gefallen bei
dem Regen !"
Aber Geld habe ich nicht bei mir."
sagte der Kaiser, als er die neuen
Schuhe an hatte. Ich muß erst die
Feinde schlagen, vielleicht fällt da einige
Beute für mich ab. um dir deine Stic-
fei zn bezahlen. Aber gleich nach der
chlacht hörst du besuche mich im
Schlosse, dort wollen wir Abrechnung
halten !"
Er schwang sich aus scin Pferd,
grüßte mit dcr Hand und ritt' davon
init seiner Begleitung. Als er dcn
freien Platz erreichte, nahm ihn ein dort
aufgestelltes Infanterie - Regiment in
Empfang. Eine Vive I'Empcrcur !"
erschallte, Gewehre klirrten und dic
donnernden Klänge der Fcldmusik tru
gcn den Kriegshelden dem Schlachtfeld
zu.
Ein paar Stunden später war die
chlacht entschieden. Die Glocke des
Kreuzthnnnes. die während des Kam-
pfes geschwiegen hatte, schliig die fünfte
Stunde. Die Stadt war von den
Schrecken dcs Kampfes befreit.
Da vernahm man vorn Wilsdruffer
Domolitionsplatze her Pfcrdcgctrappcl.
Napoleon kam. Scin grauer Uebcrrock
triefte vom Wasser; die Krampe dcs
klcincn Hiitchcns war vom Rcgcn herab
geweicht und klappte bei jeder Bewegung
des Pferdes auf und ab.
Dahinter folgte ebenso durchnäßt dic
alte Garden von ihren Bärten und
ihren kurzen dicken Haarzöpfcn tropfte
der Regen herab.
Von dcr Wilsdruffer Gaffe aus bil
beten mehrere französische Regimenter
Spalier, um den Eäfar zu empfangen,
der in'S Schloß zog.
Eine halbe Stunde später drängte
sich, dcr erhaltenen Weisung gemäß,
dcr Schuhmachcr-Geselle unter man
chen Gcfährnisscn und Rippcnstößcn
durch das Hauptportal in denn innern
Raum dcs königlichen Schlosses, wel
chen Napoleon bcivohnte. Es kostete
unendliche Mühe sich durch Gaffer,
Wachen und Hofbediente aller Art
durchzuwinden, und im Schoßhofe
innßtc cr über dic wirr dnrckcinander
gestreuten eroberten Kanonen klettern,
ihm den Weg dabin bahnen helfen.
Und so ließ man ihn daraufhin auch in
des Kaisers Zimmer.
Napoleon saß aus einem Ruhebett ;
lein Kammerdiener kniete vor ihm und
war eben damit beschasligt, ihm den
einen Stiefel, der vom Regen derart
verquollen war. daß cr sich nicht mehr
ausziehen ließ, mit einem Fedcrmeffcr
vom Fuße zu schneiden.
Diese grausame Operation an dem
von ihm selbst geschaffenen Kunstwerke
schnitt dem armen Schuhmacher-Gcsel-len
in's Herz, und er stieß unwillkür
lich einen leisen Schrei aus.
Napoleon blickte auf und bemerkte
jetzt erst den demüthig an der Thür
stehenden Gesellen.
Gut. daß du da bist !" sagte er.
Sich', deine Stiefel haben nicht lange
gedauert. icki kann sie nicht mehr
tragen!"
Aber ausgehalten haben sie doch,
Sire," erwiderte dcr Geselle, sich ein
Herz fassend. Bei dem grausamen
Wetter will das schon etwas heißen,
und auch jetzt noch sind sie so fest und
stark, daß man sie herunter schneiden
muß!"
,,a, du hast Recht, tie haben gut ge
halten: denn ich bin heute in der
Schlacht nicht eben sanft aufgetreten.
Aber jetzt muß ich dir die Stiefel auch
bezahlen. Was verlangst du? Bitte
dir eine Gnade aus!"
Sire," sagte dcr Geselle, weitn ich
etwas verlangen soll, so sind cs diese
Stiefel, die meinen Kaiser in der
Schlacht getragen haben."
Diese :tictcl! Gut, dic sollst du
habcn. und diese Börse dazu. Und
nun mit ott: ich Habe heute wenig
Zeit !"
Der 0eseUc steckte die Börse ein.
nahm dic nassen tiefet und ging da-
mit nach Hause, wo er den Inhalt der
Börse untersuchte. Es waren dreiliun
dert Napoleons d'or. für eilten armen
Schuster-Gesellen ein Vermögen!
Aber cr hat dies auch gut zn vermal
ten gewußt. Bald machte er sich selbst
ständig, wurde Bürger und Meister,
hatte tüchtige Arbeit und nahm eine
brave Frau, die ihm in glücklicher Ehe
zwei Knabcn schcnktc.
In seiner Werkstatt aber prangten
die Stiefel Napoleon's als Handwerks
schmuck, gar blank geputzt und unter
einer Glasglocke.
Hier sah sie gar mancher Dresdener,
dcr bci dein Meister rbeiten ließ, und
so konnte es denn auch nicht ausbleiben,
daß Baron Block, der damalige Vor
steher dcs Grünen Gewölbes", der ein
leidenschaftlicher Sammler von Rari
täten und insbesondere von Schuhen
berühmter Persönlichkeiten war, von
dieser Sticfcl-Raritüt vernahm und
nun dcn Meister bestürmte, er solle sie
ihm ablassen. Aber dcr Schnstcr licß
von feiner ihm kostbaren Reliquie nicht,
dic ihm zumal das hänSlichc Glück zn
begründn, geholfen hatte, und Baron
Block wäre wohl sicherlich niemals in
dcn Besitz dieser Stiefel gelangt, wenn
der Schuster nicht in ein Nervenfiebcr
verfallen wäre, das seinen frühen Tod
herbeiführte. Seine Wittwc abcr vcr
mochte dcn erneuten Kaufauträgcn des
Barons nicht dcn gleichen Widerstand
entgegenzusetzen, und so gingen sie in
den Besitz der Block'schcn Sammlungen
übcr.
Baron Block das sei noch zur Ge
schichte dieser Stiefel hinzugefügt
licß sich später im Amte ein Verbrechen
zu Schulden kommen. Der von einer
wahren Sammler - Manie befallene
Mann eignete sich aus den ihm anver
trauten Knnstschätzcn einige an, wurde
seines Amtes entsetzt und bestraft, und
seine Sammlungen gingen dann in
dcn Besitz dcr öffentlichen Museen über.
Ein ötückchon Tuch.
niiuiial - beschichte von ar (ri an d.
Als ich noch im Dienste dcr Geheim
Polizei stand, hatte ich es einmal mit
einem sehr bedenklichen Falle zu thun.
Ich war gerade mit Käthe Bohnert vcr
lobt, und wir wollten uns hcirathcn,
wcnn ich gcnug Geld dazu hätte. Das
hoffte ich nun zu erlangen, indem ich
dic Person ausfindig machte, die einen
gewissen Mord begangen hatte.
Frau Gottschalk, eine reiche, abcr
gcizigc alte Dame, war todt, allem An
schein nach ermordet, in ihrcm ,Bett
aufgefunden worden. Keiner wußte,
wer dcr Dhätcr war.
Dcr Verdacht fiel auf Viele: auf
einen Bedienten, dcn dic alte Dainc vor
einer Wochc entlassen hatte; auf einen
etwas leichtsinnigen Ncffcn, mit dcm sie
einen Wortwechsel gehabt hatte und dcr
Erbe war; ans einen alten Hausircr;
auf einen Schieferdecker, der das Haus
ausgebessert hatte, aber es schien sehr
wahrscheinlich, daß keiner von ihnen
überführt wcrdcn köiintc.
Dcr einzige Anhaltspunkt für die
Entdeckung des Mörders war ein kleines
Stückchen Tuch, das dic 'Todtc fest in
ihren steifen kalten Fingcrn hielt. Es
war ganz feines schwarzes Tuch, und
das tlcine Stückchen hatte eine ganz
eigenthümliche Form.
Eifrig sah ich mich nun nach einem
Rocke um. aus dem ein Stückchen Tuch
beranSgeri'scn war. Ich machte die
Pension aussindig. in der der Nene
wohnte, und untersuchte, unter dem
Vorgeben, die Telegrapheudrahte zu
revidiren. sein Zimmer. Seine Rocke
waren alle von grobem, dickein Tucd
,c besprach alle diese Tirnie mit
meiner Braut Käthe; sie bat mich, sie
Hiicq oein yvnise der anen amt zn
fuhren und ihr deren chlaszimmer zu
zeigen. Sie stieg auf das Dach, genau
fo, wie ich es fcdon mehrere Male vor
ihr gethan hatte, und ging erst nach
rechts und dann nach links: dabei guckte
sie sich alle Dackluken und Dachfenster
so genau an, daß ich dachte, sie würde
auf dic Straße binuntersallen. Beim
letzten Fenster blieb sic stehen und
winkte. Ich eilte zu ihr. Dicht am
Dachfenster lag ein kleiner schwarzer
Knopf.
Der gehört zu dem Kleidungsstück,
ans dem das Stückckictt Tuch herausge
rissen ist." erklärte Käthe sehr be-
stimmt. Kennst Du das Haus Num-
mcr
Ja," sagte ick. cs ist ein .'ogir
und Pensioiishaus erster Klasic."
Auch für Damen?"
Iaivohl, auch für Damen!"
Dann werde icki mich dort in Pen
st on geben."
Am nächsten Tage bekam ich eine
Visitenkarte von ihr früher pflegte
sie nie wiche zn besitzen. In dcr Ecke
stand ihrc Adresse.
ch sprack, vor. -ie kam in ihrem
besten, fchwarzscideuen Kleide hcruntcr
und hatte einen zicrlickcn Kapotlmt ans
dem Kopse.
Sie stellte mich der alten Dainc, die
gerade im Salon anwesend war, vor,
und sagte dann heiter: So, ich bin fer
tig, Hans." Ich verstand dcn Wink.
Wir gingen zusammen aus.
Du weißt ja natürlich, warum ich
hierherkam," sagte sie, während wir ge
machlich wie zwei harmlose Spaziergän
ger die Straße hinuntergingen. Ich
gebe mein ganzes Gehalt aus und tragc
meine besten Sache für alle Tage;
aber, ich habe auch schon was heraus-
gesunden, rau Oiottschalk s Neste
spricht manchmal hier vor. Er macht
einer pingcii Wittwe Besuche, die lii
dem Vorderziinmer im 2. Stockwerk
wohnt."
Dann machte sie eine lange Pause
und fuhr seat: Er war auch in der
Mordnacht hier."
Nun, da hat sic ihn wohl auf das
Dach gclasscn V sagte ich lachend.
Ich wünschte. Du würdcst nicht so
dumme Fragen stellen," sagte Käthe
ärgerlich. Gieb mir lieber das Stück-
chen Tuch."
Es ist kostbarer als Gold und Per
len," sagte ich.
Das weiß ich; eben deshalb," sagte
Käthe und steckte das kleine Stückchen
Tuch in ihr Taschenbuch.
Dann bcmcrktk sie: Ich habe ein an
dercs Zimincr genommen, das neben
der jungcn Wittwc, und ein kleines
Kuckloch in die Thüre gemacht. Meine
Nachbarin heißt übrigens Elise Miller.
Da," fuhr Käthe fort, indem sie mir
ein Stück Papier gab. Es war die
Adresse von einer Frau Rudolsine Mil
ler, Birkhcim, Kastanienallee 132. Das
ist ihre Schwiegermutter. Kannst Du
nun unserer Frau Elise Miller eine
Depesche senden, sic möge augenblicklich
zu ihrer Schwiegermutter kommen ?"
Ja natürlich," sagte ich, indem ich
sic zweifelnd und fragend ansah.
Dann thue es schnell," sagte sie,
abcr forschc mich nicht weiter aus.
Ich habe so meine eigene Idee und
Gedanken, So, und nun bringe mich
nach Hause."
Ich that es, sandte dann die Depesche
ab und begab mich wieder in die Nähe
dcs Hauses. Nach einer Weile sah ich
die Wittwe herauskommen und in einer
Droschke davonfahren. Ich folgte ihr
bis zum Bahnhof, sah, wie sie ei Billet
löste und nach dcm Vororte hinaus
fuhr, iu dem ihre Schwiegermutter
wohnte.
Kurze Zeit später erhielt ich einen
Eilbrief von Käthc: Verkleide Dich
als alte Frau und komme sofort her.
Tragc einen dichten schwarzen Scklcier.
Lasse bestellen, daß Du meine Tante
Pauliuc bist. Verliere keine Zeit!"
Ueberflüssige Mahnung! So schnell
wie möglich machte ich mich fertig, und
als ich mit meinem schwarzen Schleier
die Treppen hinaufstieg, langsam und
keuchend, wie eine alte Frau, hörte ich
mein Herz laut klopfen.
Käthe öffnete die Thür uns rief aus:
Ach, Tantchcn, wie schön, daß Du
kommst!" Tann schloß sic dic Thür hin
tcr uns bcidcn.
Ich habe die Thür zwischen unsern
bcidcn Zimmern geöffnet," sagte sie
schnell, und 'was gcfundeu. Komm!"
Sic führte mich in das Ncbcnzim
mcr, ging auf den Kleiderschrank zu,
öffnctc dic Schrantthür und zog untcr
vielen andern Kleidern einen ganz ein
fachen Rcgcnrnaiitcl hcrvor, dcn sic auf
einem Stuhle ausbreitete. Er war
aus fciiicm schwarzen Tuch angefertigt
und zeigte zwei lange Reihen von
Knöpfen.
Ungefähr in der Hohe des Knies war
ein Stück hcrausgcrisscn und ein Knops
fehlte.
Still," sagte sic, man kaun nicht
wissen, wer horcht. Machc kcin Gc
rausch!" Tann nahm sie das Stückchcn Tuch
aus dcr Taschc. prcßte cs in das Loch
hinein, legte den Knopf darauf.
TaS Stück Tuch, das wir in der
Hand der todten Frau Gottschalk fan-
den. gehört zu diesen, Kleidungsstücke."
erklärte sie.
Ja." sagte ich. da muß sic il:, al'o
verkleidet haben! Aber warum"
Ach Du großer dummer Hans."
sagte Kat'ae. Herr Gottschalk konnte ja
diesen Regenmantel überhaupt nicht
anbekommen, Frau Miller trug ihn
selbst. Sie hat die alte rau ermordet.
Ter Rene weiß überhaupt nichts davon,
ahnt nichts. Diese grundschlechte Frau
.'.'iiiicr wollte itin l,eirat!,en. wenn er
seine Tante beerbt batte. Sie hat das
Verbrecken verübt. Ich habe sie durch
da Guckloch beobachtet, das ich gemacht
habe. Ich habe sie in Todesangst
wilthcn scheu, und ihr Haar raufen,
und in wortloser Verzwcifluna vor sich
binstarren. Es war schrecklich mit an
zusehen, aber ich weift, es war das böse
Gewissen, das aus ihr sprach. Da. nun
hast Du alle Faden des eivebeö in
Teincr Hand. Nun gehe hin und vcr-
werthe, was Du weißt. Ich will nur
noch Frau Friedrichs sagen, daß ich
Nachrichten bekommen habe, die meinen !
längeren Aufenthalt unmöglich machen,
meine Pension bezahlen und dann
gleich mit Dir in der Droschke davon
fahren."
Ich verließ Käthe an der Tlmr ihrer
eigenen Wohnung. Frau Elisc Miller
wurde bei ihrer Rückkehr ans der Sta
tion festgenommen, gerade als sie den
Bahnhof verlassen wollte. Es verhielt
sich alles so, wie Käthc gesagt hatte.
Sie legte eine vollständige Beichte ab
und erklärte, das', sie die Idee des Mor
dcs gesasit hatic, damit dcr Neffe da
Oield der alte Frau erbte, und daß si
geliern uane, man weroe den eine
Dachdecker deS Perbrechens beschuldige
Sie war ein Tensel in Weibsgcstalt
abcr dcr Oiedarne, ein ran an den
Oialgen gebracht zu haben, verleidete
mir meinen Beruf, sodaß ich ihn bald
aufgab.
Käthe und ich sind nun verbeirathct
und haben ein kleines Hotel. Wir le
be in Oiliick und behaglichem Wohl
stände.
i vicrfüsngcr cdjer.
Seit längerer Zeit machte ein Wein
händler in Lhon die Wahrnehmung,
daß zahlreiche in seinem Keller lagernde
Weinflaschen zertrümmert wurde, ohne
das; von dem kostbaren Naß bedeuten
dere Spuren zurückgcblicbcn wären
Das war dem Manne bcgrciflichcrweis,
sehr unangenehm, und er beschloß dic
eifrigste Nachforschungen anzustellen
um dem Spitzbuben, der sich auf so bil
llge B'e,)e auScrlcscne Gcnnssc vcr
schaffic, das Handwerk z legen. Mit
diesem Vorsatze, dessen Ausführung er
am nächsten Tage beatnncn wollte, be
gab sich der biedere Weinhändler zu
Bett. Gegen 4 Uhr Morgens wurde
er jedoch durch einen offenbar ans dem
Weinkeller dringenden Lärm aus seine!
Schlummer geweckt. Er sprang aus
dem Bette, kleidete sich rasch an nnd.
der Vorsehung dankcnd, die ihn in sei
nem Vorhaben so offenkundig unter
stützte, indem sie ihn zur rechten Zeit
erwachen licß, bctvaffnctc er sich mit
einem Revolver, nahm ein Licht und
stieg behutsam in den Keller hinab, in
der festen Absicht, dcn frechen Dieb todt
oder lebendig in seine Gewalt zu bckom
men. Er hatte aber kaum einige
Schritte vorwärts gemacht, als er an-
statt dcs vcrmeintlichcn Dicbcs sein cige
nes Pferd auf dcm Boden liegen sah,
welches mit kräftigen Hufschlägen die
Weinflaschen zertrümmerte. Der nicht
wenig überraschte Wcinhändler bemühte
sich vcrgcbenS, Hannibal, so hieß dcr
wcinfrohe Gaul, auf die Beine zu drin
gcn, und ein herbeigeholter Thierarzt
gab nach eingehender Untersuchung dcn
Befund ab, daß das Pferd total bcirun
ken sei. Dcr Stall des liauls bcfand
sich in der Nähe dcs Weinkellers, dcr in
dcr Regel unverschlossen blieb. Durch
irgend einen Zufall mag nun das Thier
einmal Gelegenheit gefunden haben,
von dem goldenen Saft zu kosten ; dcr
Trnnk hatte ihm so behagt, daß es von
da ab öfter kleine Spritztouren in den
Keller unternahm, ans wclchcm es dann
mit einem regelrechten Rausch an seilte
Krippe zurückkehrte. In der kritischen
Nacht nun hatte sich der wcinlicbendc
Vierfüßler dcrart bczccht, d4; er den
Weg zu seinem Fnttertrog nicht mehr
zurückzufinden im Stande war, sondern
betrunken Hinsiel, in welchem Zustande
er dann von seinem Herrn aufgefunden
wurde.
Berühmte Pater.
Daß unseren berühmten Leuten ihr
künftiges Thun und ihr künftiger Ruhm
nicht immer an der Wiege gesungen ist,
zeigt wiederum eine Liste, die ein Pari
scr Blatt aufstellt, und wo die Väter
einiger großcr Männer auf ihren Beruf
hin gcmustcrt werden. Danach hatten
nur sehr Wenige Gelegenheit, sich in
ihrcm Eltcrnhause auf ihren znkünfti
gen Bcruf vorzubcrcitcn. War doch der
Vater dcs qrciscn Verdi nichts als ein
schlichter Gastwirth, während der des
berühmten Schwankdichters Paillcron
Schwcincschlächtcrwar. Murgcr stammt
aus einer Porticrfamilic und Arfene
HaussahcS Vater war Müllcr. M.
Brissoii hatte im väterlichen Hansc Oie
legenheit, das Tapeziercrhandwerk zu
erlernen. DeS berühmten Schauspielers
Eoquclii, Baker war Bäcker. Schließ
lich war Sarceti's Vater Vorsteher einer
Familienpension, und der berühmte
Pasteur hatte einen Lohgerber zum Er-
zcugcr. Man sieht, es ist nicht stets
das große Beispiel,
weckt.
das Nacheifcrung
Rö,, von kdala.
's RaSIe von Zkala.
Das Roslr t reckt,
's Röslc des bau' n
Als Biiat'le ntV g'inochi!
's Rosle von Zkala,
As i? ,'cko' ah. -
's Rosle das mag' i'
Au' huiiig's Zags mch!
's Rvslc von Tbala
Ist arm wia a MauS,
Aber, ihr Leutla. i'
Mach' mir ner draus!
'S Roslc und i'. weil
Wiar beide ner danl,
Passet viel besser oh
So zna anand!
's Roste, so arm's ist
An Gdd und an Guat.
'S Rösle hat alleweil
Frohlicha Muat!
's Rösle und miar, wenn a
'S Röslc mi' sieh.
Lacht 's Herz im Leib drin,
3o glücklich bi" n i'!
's Rosle hat Aeugla.
Tie leuchtet wia d' Stern'
Trum hau' - - ,' 's Rosle
Von Thala so gern!
lind an' 'em Rosle
t'iöht's g'rad' so wia miar!
Rösle, nei g'nuag ka'
?o' daula oenuar!
Röslc, liab's Roste,
Gang, wo da will, na',
3o a paar Leutla
Triffst nirgendswo a'!
So a paar Leutla,
So ganz aitand gleich.
Wo so arg arm sind
Und doch so arg reich!
Die txmpts.ichk.
Erster Bauer (im Wirtbshause, cr
rcgt): Wenn Du jetzt et still bist,
wcrs' ich Dir mein' Maßkrug an den
Kopf!"
Zweiter Bauer , ruhig,: Mir gleich;
wenn cr abcr zerbricht i' bezahl' '
fei' not!"
A:
t
Verführerisch.
cS denn richtia.
daß daS
neue Zuchthaus so gesund und hvaic-
itisch eingerichtet?"
B: Gewiß es wird sogar arztlich
mpfohlen!"
Der zerstreiite ijjiisircr.
Ja was thun denn Sie schon wie-
dcr bei mir herin?! Ich habe Ihncit
doch vorhin etwas abgekauft!"
Ach. entschädigen Se! Ich bad' im
Augenblick geglaubt, Se Hütten wer
nausgeworsen gehabt!"
Unüberlegtes c5.o,plimet.
Aeltliche Dame (zu ihrem Tisckmack-
bar): Herr Rcchtsanwalt. wenn Ich
ein M a n n geworden wäre, ich wär'
alich Rechtsanwalt geworden!"
Rcchtsanwalt: Ach, anadiaeS räu-
lein wären gcwiß schon lanqc Justiz-
rath!"
Das Schlimmste.
Wäschcrin (welche die Wäsche ablie-
fcrt): Dir Bezahlung wär' richtig,
a'ver ein kleines Trinkgeld könnte mir
dic Gnädige schon noch geben für dcn
weiten Weg. Zwei ganze Stunden bin
ich gelaufen von unscr'm Dorf bis in
die Stadt durch den einsamen Wald!
Keinen Menschen hab ich geseh'n, weit
und breit!"
Hausfrau: Arme Frau, da habt
Ihr Euch wohl gefürchtet?"
Wa chcrin: Ncin, aefürchtct hab' ick
mich nicht abcr man muß halt nar
so lang 's Maul halten!"
Erster Gedciiike.
Schon gchört. Dorchcn? Man
spricht jetzt von militärischer Abrö-
tung!"
Ach Gott, da wird man sich beeilen
müssen, noch einen Lieutenant zu bekommen!"
Kascnchofbliitbc.
Feldwebel (zum Einjährigen, dem
an dcr Uniform et Kiuwf hhi:
Einjähriger Müller! Wie können Sie
sich unterstehen, ohne den Unisormkno
hier anzutreten? Sic glaube wohl.
Sie könnten schon anfaiiacn. abiu-
rüsten'? !"
Alte Gcwhicheit.
Magdeburger Köchin (eilia in'Sim-
wer stürzend): Harr Roath! Harr
Roath!"
Schulrath (früher Professor der deut-
chen Sprache, corriqirend): ..Herr.
nicht Harr!"
Köchin: Herr Roath!"
Schulrath: Rath, nickt Roath!"
Köchin: Hcrr Rath, uff dc'
Trcppc..."
ckmlrath: Auf der Treppe!"
Köchin: Auf der Trcppc is mich ..."
Schulrath: Ist mir!"
Köchin: Ist mir ecn Karl...!"
Schulrath: Ein Kerl!"
Köchin: Ein Kerl bngehnt..."
Schulrath: Bcgcguct!"
Köchin: Begegnet. TatOas..."
Schulrath: Opsui!... Derselbe!"
Köchin: Derselbe hat Ihren ncien
Pelz..."
Sckulratl,: 'l,7i Teh!"
Köchin :
(,-n i"
Schulrath: Ha!
schnell, schnell!"
Köchin: Ja, nu' is hä doch schon
lange cbbcr alle Bärge!"
Ihren neuen Pelz gestoh-.
Halt ihn aus,