Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 18, 1898, Image 10

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    21Tjrimo 5arcu.
pubanischk Xortllcilk von Enrique 's." aSqualt
,6ie nehmen wirklich heute meine
Geduld lange in Ansvruch. Ecnor Gar
cia, wovon träumen Sie? Ist kS höflich.
schon seit zehn Minuten schwelgend ne
den mir ,11 reiten und mir Zeit zu las'
sen. nachzudenken, worüber Sie wohl
nachdenken, und vorn bei der Cavalcade
ist alle voll Luft und Lachen? Ich habe
große Luft. ,ur Strafe voranzureiten
und mir einen anderen Kavalier zu
suchen'"
.Verleiben Sie mir. Senorita Ear
men. aber mir ift, als brauche ich gar
nicht mit Ihnen zu sprechen, wahrend
ick denke, a ich svreche tm Gellte sott.
während mit Ihnen, denn ich weiß, daß
Eie gleiches mit mir empfinden.
.Und deshalb geben Sie Ihrer
Zunge Urlaub und erlauben Ihrem
ei. u wandern, und find so gewiß.
ich wandere mit Ihnen? D, Sie sind
ein bescheidener Kavalier! Ich weiß ganz
genau, daß ich mich in den letzten zeyn
Minuten ebr gelangweilt have; leoen
falls haben Sie meinen Geift mit auf
Ihrer Gedankenreise genommen, bitte,
geben Sie ihn mir wieder und erzählen
Sie. wo Sie beide hingereift da
find wir schon unter der Kirche Mont.
ferrate, und die Anderen reiten schon
jenseit des Berge! nach MatanzaS hin
unter!"
Die Sprecherin gab ihrem Skoß die
Reitpeitsche zu fühlen und sprengte in
kurzem Galopp die ziemlich fteile Allee
aller Lorbeerbäume hinan, die aus dem
Yumurithal bei MatanzaS zu der ge
nannten Kirche hinaufführt.
Bewundernd hing der Blick ihres Be
gleiterS an ihr. als fte oben kraftvoll
ihr Roß zügelte. Unter dem englischen
Reitkleide. das die graziöse Figur und
die anmuthigen Formen der Südlände
rin umschloß, sahen neckisch sammetne.
goldgestickte Schuhchen hervor, ohne
Sporen, deren Anstoß ihrem Thier mehr
Freude als Stachel zu sein schien.
Der Xitt hatte ihren Schleier gelöst
und ließ das schmale, erregte, tief ge
bräunte Gesicht sehen, das von leuchten
den, schwarzen Augen beherrscht wurde:
wie in Unmuth schürzte sich trotzig der
kleine Mund, und achtlos zerriß die
schmale Hand eine Granatblüthe, die
dem schwarzen Haar entfallen war.
Ihr Haupt umschloß eine Mantille
aus feinsten, gelblichen Spitzen und
verrieth ihre Nationalität als Cuba
nerin. nnd die zierlichen Bewegungen
zeigten feine Grazie, wie sie den vor
nehmen Creolinnen WeftindienS eigen
thümlich ift.
Langsam trat ihr Begleiter heran,
sein Pferd am Zügel führend; er hatte
den breitkrämpigen Strohhut abgenom
men und sah zu ihr auf. Sie blickte
auf eine massive, starke Stirn, ein
kraftvolles, energisches Kinn und in
zwei scharfe, schwarze Augen über einer
gekrümmten Nase, der schmale Mund
war bartlos.
Schnell beugte sie sich herab und fuhr
ihm mit den Fingern über die Schlafe
.Schon einige graue Haare, mein edler
Ritter?"
Er fing schnell ihre Hand und drückte
sie an die Lippen : Liebe, Hede warmen
ita, murmelte er und sah mit durfti
en Augen zu ihr auf. Sie löste lang
am die Hand aus seinem Griffe und.
sich im Sattel hebend, beschrieb sie mit
dem Finger einen KreiS um den ganzen
Horizont, indem sie auf ihn yeradfay,
feurig wie eine Seherin. Er las aus
ihren Augen ihren Beifall, ihre Liebe
und ihre eiserne Bedingung für ihre
Liebe stumm, schweigend starrten sie
Beide über die Mauer, die die Kirche
auf dem Gipfel des BergeS umschließt.
in das Land hinein. sie mit weiten
Augen und halb geöffnetem Munde,
entzückt, er mit finsterem Blicke und
arbeitender Brust, die Fäufte geballt
und abgeriffene Worte murmelnd sie
blickten in em Paradies.
Von Bergen umschloffen, lag vor ih
nen ein meilenlanges breites Thal, das
der blaue Aumuri wie ein Silberband
durchstoß. Von den Bergkuppen senk
ten ftch mit weiß leuchtenden Stämmen
Palmenhaine herab und mischten sich
mit dem düsteren Grün der Ebenholz
und Mahagoniftämme, daneben breite
ten sich weite, schwertblätterige Reihen
edelsten Tabaks und der Schilfwald der
Zuckerrohrfelder, freundlich lagen die
zahlreichen weißen HaciendaS im grünen
Kranze. Am Flusse entlang weideten
Heerden brauner breitftirniger Büffel
und schnelle Pferde auf weiten Triften;
in breiten Flächen ragte der Mais, und
unter jedem Schritte des Wanderers am
Wege wucherten die leuchtenden Blüthen
der Tropen bis hinaus zu der Kirchen
mauer von Montserrate, von der die
Beiden herabblickten auf das reichste
Thal von Cuba, das Z)umuriThal bei
MatanzaS. Leuchtenden AugeS sah
Carmen die vollglühenden Strahlen der
Abendsonne herabfallen auf diese Welt
von Schönheit und Fülle im BergeS
kränze langsam, tiefathmend
drehte sich der Mann um, und, ihr mit
festem Entschluffe in die Augen fehend,
ließ er hart die Hand auf die Mauer
fallen, daß eS klang wie Stein auf
Stein, und rief DU Freiheit für dies
Land!' Und Carmen für die Frei
heit!" rief sie wild, ihm zuwinkend und
davonjagend jauchzend sah er ihr
nach: Jetzt kenne ich den Preis
CudaS Befreiung erwirbt mir mein
Weib im freien Vaterland!" Hochbe
friedigt und voll hoffnungsvoller Pläne
ritt er langsam die Bergkette hinab, an
deren anderer Seite der weite Hafen
von MatanzaS sich ausbreitet, den die
alte spanische Stadt im Haldkreise um
giebt.
Wenige Stunden darauf traf dann
Mazimo arcia Senorita Carmen
wieder. Unweit deS schmalen Meerbu
senS. deS HafenS aon MatanzaS. lag
die Villa von Alfonso Sarcia. seinem
Vetter, einem der reichsten Zuckerpflan
zer der Insel, der heute ein Tanzfeft
gab. Unter den wiegenden Klängen
deS Habaneiro, halb gehend, halb
gleitend, wogten die Paare im Saale
in allen Farben schimmerten die kurz
geschürzten seidenen Gewänder der Tön
zerinnen. umflattert von breiten seide
nen Schärpen.
Die angeborene Grazie der Töchter
Kubas entfaltete ftch voll in diesem
Tanze. Den Oberkörper hin und her
neigend und in den Hüften sich wiegend,
folgten fte in kurzen Schritten hingebend
den lockenden weichen Tönen, blitz
schnell umfaßte sie der Arm deS TanzerS
und drehte sie herum, wenn rasche
wirbelnde Takte dazu aufforderten, und
dann wieder in daS süße Schweben über
gehend, dem auch der Tänzer wieder
sehnsüchtig im gleichen Schritt folgte,
bis er bei den wirbelnden Tönen die
zierliche Gestalt seiner Tänzerin wieder
umfassen dürfte; so genoß die Jugend
in reizvollen Schlingungen die Freuden
deS Tanzes.
Eine der begabtesten Tänzerinnen
war Carmen Careno, die jetzt den
Habaneiro mit Marimo Garcia tanzte.
sie wurden beobachtet von zwei spani
schen Offizieren, die als Gäste mit d?m
Hausherrn Alfonso Garcia an der Thür
deS SaaleS standen.
Sie irren sich sicher. Senor Capl
tano," sagte der Hausherr zu dem
älteren Offizier, der junge Mann ift
außerordentlich thätig auf seiner kleinen
Pflanzung bet CienfuegoS, er hat von
seinen verftorbenen Eltern kein große?
Vermögen ererbt, aber er ift lange Zer
in Europa und in den Vereinigten
Staaten gewesen und hat dort tüchtig
gelernt, und er ift ein Mann, der gut
vorwärts kommt; er machte jetzt eine
gute Zuckerernte und bekam auch einen
guten Preis dafür in New Nork."
Mag fein. Senor. und wir wollen
auch Ihren Gaft nicht schelten, aber er
mag sehen, daß er uns keinen weiteren
Grund zu Argwohn giebt. Sie wissen,
der Aufstand gegen unsere Regierung
glimmt in Cuba stets unter der A che.
und bei diesem Gomez soll eS sogar hell
brennen."
Wissen Sie auch, Senor Garcia."
sagte jetzt der jüngere der beiden Osfr
ziere, wir haben heute bestimmte Nachl
richt erhalten, daß im nächsten Monat.
Februar, nach Beendigung der Zucker
ernte ein allgemeiner Aufstand in den
Bergen von Santiago de Cuba geplant
ift. mit Waffen und Geld werden die
Ausständigen aus den Vereinigten
Staaten unterstützt, und die egierung
in Madrid hat bereits Verstärkungen
für uns m Cadiz eingeschifft. Wir wer
den bald gegen die Insurgenten im
Felde stehen." Natürlich haben Sie
dies geheim zu halten." nahm der ältere
Offizier wieder dos Wort. und wenn
wir auch nicht glauben, daß der Aur
stand etwas erreicht, so ift eS doch unsere
Pflicht, die Augen offen zu halten, und
man hat unS gerade diesen Maximo als
gefährlich denuncirt."
Feige, anonyme Verdächtigungen
vertheidigte Garcia feinen Vetter, der,
ohne etwas von dem Gespräch zu ahnen,
lachend mit Carmen tanzte, sehen
Sie doch, wie harmlos er sich untev
hält." Er hat einen Kopf wie
Brutus." sagte nachdenklich der ältere
Offizier, und wer ift die Senorita,
die mit ihm tanzt." Sie stammt aus
CienfuegoS," sagte Alfonso Garcia
zögernd, und ift weitläufig mit unS
verwandt sie hat keine Eltern mehr
und lebt unabhängig mit ihrer Duenna
auf ihrer Besitzung hier bei Bellamar.
.Und wie ift der Name?" fragte der
jüngere Offizier. Carmen Careno!"
fiel der ältere Kapitän ein, ift daS dev
selbe Careno?" Ja, Senor", sagte
Alfonso Garcia finster, wenn Sie eS
denn durchaus wissen wollen, eS ift daS
einzige Kind meines Freundes Careno,
den die Regierung vor elf Jahren beim
Aufstand als verdächtig erschießen ließ,
und dessen arme Frau aus Gram
darüber starb." Deshalb tanzt sie
mit ihm," murmelte der spanische
Kapitän, während sein jüngerer Käme
rad mit Verlangen dcn Bewegungen
CarmenS folgte. Rasch entschlossen trat
er an Carmen heran und bat um einen
kleinen Tanz, den sie zwar nach kurzem
Zögern gewährte, während sie dem Ge
spräch deS jungen Offizier? nur kurze
Antworten entgegen fitzte.
Unzufrieden verbeugte er sich und
trat zurück, Marimo war verschwunden
Um zehn Uhr Nachts duften die weißen
Rosen am schönsten!" hatte Carmen
ihm lächelnd gesagt, er verstand sie
eS war zehn Uhr, und mit klopfendem
Herzen stand er im Garten unter einem
Rofenftock, der, gleich einem Baum ge
wachsen, seine langen, blüthenbedeckten
Zweige in wilder Fülle vom Gipfel bis
zur Erde herabsenkte. Ein Braut
schleier der Natur" murmelte er.
einige Knospen brechend.
Eine weiße Gestalt trat durch den
dunklen Gang der Orangenbüsche
heran. Carmen !" rief er, und eilte
herzu, um ihr AlleS zu sagen, was ihm
feit dem heutigen Ritt das Her, ab
drückte aber ihr strenger Blick ließ ihn
noch schweigen. Rühret mich nicht
an, ich habe mit einem der Mörder
meines VaterS getanzt ! Ich weiß. waS
Ihr auf dem Herzen tragt. Maximo
Garcia. Ihr liebt mich !'
Ja. Carmencita !' sagte der Süd
lünder feierlich, und ein Knie vor ihr
beugend, zog er ihre Hand an die
pen und sah zu ihr auf. andächtig wie
ein Beter. Einen unbeugsamen Willen
las sie in seinen Augen. Dieser Mann
war bereit. Könige zu stürzen auf ihr
Geheiß Freude überrieselte sie bei dem
Gedanken, daß jetzt dieses Mannes
starke Willenskraft ihr eigen war, aber
zugleich erwachte ein weibliche? Bangen
vor der ihr überlegenen männlichen
Kraft daS war kein Werkzeug mehr
für ihre Hand.
.Steh auf," sagte sie heiser und ihn
emporziehend, warf sie sich selbst zur
Erde und umschlang ihn wild: .Du
haft die Kraft, Maximo. Du sollst mein
Herr sein !" An mein Leben schließe ich
Dich an," flüsterte er. in heißer Liebe
sich niederbeugend, Du sollst mein
Weib sein, aber erst auf freier Erde.
da? schwöre ich Dir bei Gott !" So fan
den sie sich unterm Rosenhag.
Zehn Tage später verließ eine Truppe
von vierzig Mann spanischer Soldaten
MatanzaS unter dem Befehl deS älteren
spanischen Capltano.
ES war Abend und dunkel; die Sol
baten marschirten schweigend: der Füh
rer tm voran, ttet tn Gedanken eine
Cigarette rauchend. Die Befürchtungen,
die er auf dem Ballfefte Alfonso Garcia
gegenüber ausgesprochen, waren rascher
und in weit größerem Umfang in Er
füllung gegangen, als er selbst geahnt
hatte. Wie in einem Walde mit vielem,
verrottetem, trockenem Unterholz ein
Funke schnell Nahrung findet und zur
gewaltigen Flamme wächst, so hatte der
jäh in der Provinz Santiago de Cuba
aukgebrochene Aufstand gegen die fpa
nische Herrschaft ftch über die ganze
Insel verbreitet. Die Macht der Spa
nier erschien äußerst bedroht, wenn auch
vorläufig noch bei MatanzaS und Ha
vana alle? ruhig blieb. Der Capitano
war ein alter erfahrener Soldat, der
den Ernst der Lage gar gut übersah und
eS begreiflich fand, daß die Regierung
in Madrid Verstärkungen an Truppen
gesandt hatte. Aber in Zorn und Ent
täufchung biß er die Zähne aufeinander,
als er daran dachte, daß er einen der
gehaßten Führer in der Hand gehabt
hatte, ohne ihn zu zerdrücken, denn
Maximo Garcia war die Seele der Re
volution; Maximo Garcia, fo wußte
man jetzt, hatte feit Jahren in den Ver
einigten Staaten geworben, er hatte die
Gelder und Waffen herbeigeschafft, die
jetzt von New York und New Orleans
in die Schlupfhüfen der Insel geschmug
gelt wurden. Er hatte die Kämpfer
gerufen, die jetzt unter der Fahne der
Rebellion fochten, und dieser Mann
war. allerdings nur auf einen Tag. in
MatanzaS und in feiner Gewalt ge
wesen, im Hause von Alfonso Garcia!
WaS hatte den Mann bewogen, diese
unterhörte Kühnheit zu haben und von
feiner Pflanzung bei CienfuegoS, wo er
unter seinen Vertrauten sicher war, noch
vor zehn Tagen nach MatanzaS zu kom
men, ja zu tanzen unter den Augen der
pantfchen O fiziere? Ter Spanier li
sann ftch nicht lange, auch er kannte als
Südländer genugsam die Macht, die
den Führer der Rebellen in die Höhle
des Löwen gelockt hatte, die einen Mann
bewegen kann, das Aeußerfle zu wagen.
um das Höchste zu erringen, die Liebe
des Bübchens, das er liebt ! Ja,
es waren Carmen Careno S Augen ge
Wesen, letzt sah er eS wohl ! Darum
Adelante", vorwärts, vielleicht fing er
ihn heute in derselben Falle. auS der er
kürzlich noch entgangen, und an dem
selben Köder. Durch einen Spion hatte
er Nachricht bekommen, daß Maximo
vorgestern seine Stellung bei Santiago
vertanen habe und mit wenigen Reitern
in der lchtung aus MatanzaS aufge
brachen sei. Wenn er zu seiner Liebsten
Ichllch, fo war ihm eme Kugel sicher,
fing man ihn nicht lebendig.
Durch Zuckerrohr und MaiSielder
hindurch wand ftch der Zug, bis man
nach einer Stunde an einen Hüaelzua
iam. aus dem eine einzelne vacienda
lag, der Capltano kannte fte wohl,
von dort hatte man den Haciendero
Careno sortgeholt zum Standgericht.
zum Tode durch die Kugel heute
galt der Zug der Tochter! Ein leise?
Halt lies durch die Linie, em vorauSge
fchiater Sergeant kam heran mit der
Meldung, daß die Senorita vor einer
Stunde allein ausgeritten, aber noch
nicht zurückgekommen sei. Der Capitano
ließ die Hacienda umstellen, daß nie
mand heraus und hinein konnte, und
besetzte die Wege mit Wachen: unter
einem hohen Ebenholzbaume setzte er
sich nieder, den Degen auf dcn Knieen.
und wartete seines Feindes.
Eine Stunde entfernt, zwischen
steinigen Hügeln, die nur von mageren
Stämmen und Aloegebüschen bedeckt
waren, stand unweit vom Meer eine
niedrige Hütte, vor der sechs Männer
Wache hielten. Dort kommt noch
emer." sagte einer der Wächter, auf
einen yeran,cyreuenoen Mann deutend.
Gebt das Wort." rief er. Libertad!"
tönte es zurück. .Pafftrt. Senor Al
onso Garcia." Die Wächter verneigten
sich und Alfonso Garcia ' trat ein.
.Alles schon unten in der Unterwelt?"
ragte er. Ihr seid der Lekte. der
kommt." sagte einer der Wächter und
öffnete eine Fallthür im Boden, ergriff
eine Fackel und leuchtete in die Oeff
nung. in der man eine rohe steinerne
Treppe erblickte. Beide stiegen langsam
die in den Stein gehauenen Stufen
hinab und gelangten dann in einen
natürlichen Gang, der sich ziemlich steil
herabsenkte. DaS Wasser rieselte an
den Felswänden entlang und machte
daS LuSfchreiten unsicher; düster er
glomm nach und nach der rothe Schein
K. ( Kim CKAMa r fiif
w (j r f v
tieser und tiefer in den Schooß der Erde
senkte. Plötzlich erblickten sie ein Licht
von dorn und traten aus dem Gang in
einen mächtigen unterirdischen Saal.
Fackeln loderten an allen Seiten hoch
und beleuchteten ungesühr achtzig be
uaffnete Manner, größtentheilS Garcia
bekannt, versammelt zu nächtlicher
Stunde und zu verborgenem Werke hier
in den Höhlen von Bellamar. Kaum
war Garcia eingetreten, als sich auch
schon die Anwesenden in Bewegung setz
ten und in langem Zuge durch einen
schmalen Gang der Höhle schritten
Endlich erreichten sie einen kleinen Saal
der Höhle, da? Brautgemach" ge
nannt, denn in röthlicher Farbe hingen
hier die Stalaktiten herunter und zau
berten dem Eintretenden ein Feenge
mach vor. von kunstreichen Zwergen im
Schooß der Erde erbaut,
Hier standen auf einem FelSblock
nebeneinander Maximo und Carmen
Careno, und die Ankommenden stellten
sich im Kreise herum. .Freunde, Ge
nossen," rief Maximo, wir haben unS
in unserem Thun wahrlich deS Sonnen
Ilchts nicht zu schämen, aber da wir
nicht Herren sind in dem Lande, wo
wir geboren, fo müssen wir unS unter
die Erde begeben, um sicher zu fein,
Ich bin hierher geeilt aus den Bergen
von Santiago, um Euch Kunde zu
bringen, daß unser Werk der Erhebung
günstig fortschreitet: überall finden wir
Förderung, denn auf jedem Dorf, in
jeder Stadt haben wir Freunde und
Gesinnungsgenossen, aber es fehlen unS
noch thätige Hände, die unS helfen daS
Gewehr tragen und den Degen ziehen
sagt mir denn, wer von Euch folgt frei
willig?"
Unter lautem Judelruf drängte sich
die Mehrzahl der jüngeren Männer
heran, und empfing auS den Händen
der Braut ihre? Führers die Waffen
die älteren legten Geldspenden in seine
Hände, um so daS Ihrige zu thun,
Von den Freunden umringt, erzählte
Maximo haftig von dem Fortschritt der
Erhebung, und Carmen entflammte den
Muth der Mitziehenden zu hellem Ent
huftaSmuS,
LassetunS gehen. Freunde." mahnte
Alfonso Garcia endlich, damit wir
unter dem Schutze der Nacht davonrel
ten !"
Wieder ordnete sich der Zug der
Fackelträger, sie schritten durch die
Höhle zurück, als letzte Gomez und Car
men.
O, Maximo, wie ift mir zu Sinne.
murmelte sie, jetzt wo Du mir inö
Leben gewachsen bift, soll ich Dich las,
sen, angstvoll harrend Monate lang
in steter Sorge um Dem Leben, und
meine Liebe malt mir stündlich alle
Schrecken des Krieges vor die Seele,
ich sehe Dich vor mir, verwundet, fier
dend;" und krampfhaft umklam
merte fte seinen Arm. Muth, Ge
liebte, Muth, die Freiheit wird uns
führen zu gutem Ende. Diesmal ift
alles wohl vorbereitet, Waffen und
Truppen, und alle? ift hoffnungsfroh,
wie schwer der Kampf auch scheint,
O Maximo, gleichgültig würde mir
selbst die Freiheit sein, wenn ich sie
sähe ohne Dich !" Stumm ging sie
welter. und al? fte den weithmglänzen
den Mantel deS ColumbuS" erreichten,
blieb Carmen ftehen. Sieh her."
sagte sie, einen kleinen scharfen Dolch
hervorziehend, beide sehen wir die
Freiheit oder keiner von uns, wenn Du
fällst!" Tu könntest nicht leben
dann?" fragte er erschüttert? Nicht
ohne Deine Kraft," sagte fte, fo, jetzt
laß uns gehen, zusammen geht unser
Weg im Leben und im Tode!" Den
steilen FelSgang hinauf gelangten sie
durch die Hütte ins Freie. Wie
schwarze Schatten hielten fast fünfzig
oewannete Reiter daneben, die ffreiwit
ligen, die Maximo heute geworden ; er
hieß sie voranreiten und beorderte sechs
Vlam zu feiner Begleitung, um Car
men heim zu geleiten, nachdem er von
Garcia an der Spitze der älteren Mön
ner Abschied genommen hatte.
Schnell ritten sie über die Hochebene
hin, Carmen leise klagend und Maxuno
mühsam seine Bewegung bemeifternd
beim Gedanken an dcn Abschied von sei
ner Braut und die Gefahren, die ihm
bevorstanden; wieder und wieder alit
ten angstvoll und liebevoll feine Blicke
über ihr Gesicht, streichelte er ihre and
und sagte ihr kurze LiebeZworte.
Jetzt tauchte daS Dach der Hacienda
aus, der Adschled nahte heran, da er
tönte ein gellender Schrei hinter ihm
und ein Schuß. Marimo riß sein
Pserd herum, er sah einen seiner Be
gleiter vom Sattel gleiten, und dunkle
Gestalten um sich. Faßt fte leben
big!" schrie der spanische Capitano, der
den Hinlerhalt befehligte, und Bajo
nette umgaben die Reiter. Ein Nahe
kamps entspann sich, mit gewaltiger
Kraft schlug Maximo'S Säbel einen
Angreifer nieder, da stürzte Carmen's
Roß, durch einen Schuß getroffen, und
ehe Maximo beibringen konnte, hielten
drei spanische Soldaten die ohnmächtige
Reiterin in Haft ; wüthend drängte er
vor, sie zu befreien, da traf ein gewal
tiger Schlag mit einem Kolben fein
Haupt, Zügel und Schwert entsanken
übrigen drei gefallen, und Carmen in
Feindes Hand, aufstöhnend sank er zu
rück.
Garcia genas. Aber man hat ihn
seitdem nicht lachen sehen. Mit Unge
hiifh firtrr HS Strtrt2 fnn r in
r..., q,. . . W t. , -
Havana einziehen wird, wo seine Braut
in festem Gewahrsam wellt.
ihm, die Schnelligkeit seines SiosseS ent
riß ihn besinnungslos den Verfolgern,
Am ande eines BacheS erwachte er.
Waffer floß über seine Wunde, und
drei feiner Reiter waren um ibn. die
Adentcuer einer Pampffcucr-
spritze in Alanila.
Eine der schönsten und sicher heiter
sten Erlebnisse, die mein Freund und
ich auf den Philippinen hatten, war die
Einsührung von einer der modernsten
amerikanischen Maschinen, und zwar
einer Tampffeuerspritze in Manila.
unser reicher greund Alvarez. ein
Mischling von spanischem, chinesischem
und malavischem Blut, war der Be
fitzer verschiedener Dampfschiffe und
Waarenhüuser. EineS TageS blätterte
er in einem Katalog, der auf dem
Tische in unserem Bureau lag, und
sah Abbildungen dn amerikanischen
Dampffeuerspritzen darin. Sofort hatte
er den Wunsch, eine solche zu besitzen.
Also bestellten wir für ihn eine von den
größten, die in der Stadt Röchest
(New Nork) gebaut werden. Alvarez
wallte nämlich die Assekuranz der in
seinen Lagerräumen befindlichen Waa
ren annulliren, damit er die Prämien
dafür noch weiter von den Leuten be
ziehen könnte, die ihren Hanf, Zucker
und Tabak bei ihm liegen hatten.
Bier Monate pater traf die neue
Maschine an der ESmeralda ein, und
eS fehlte nur ein wenig, daß sie nicht
durch ungeschickte Handhabung der
schweren Kisten in den Fluß gestürzt
wurde. Schließlich wurde sie aber vom
Lichterschiff glücklich herausgezogen uud Eingeborenen
aus oem a, vor dem Bureau unseres Füße, die in dem Tumult zertreten
reichen Freundes Alvarez nied:rgelegt. wurden, die Spanier erkundigten sich
Als die Engländer aus der Fremden nach dem Gelaae. die Engländer faaUn
kolonie in Manila vorbeigingen, mach gar nichts, und der Schutzmann lieb
ä. n. ni. . . n - ji. .. .jr i- . i . , - - -
ien rie rica lujiig uocr oie roiy uno goio setne dret Gesangenen nach der Polizei
angestrichenen öder und den mit Nickel wache marschiren. Am andern Morgen
seinem grünen Zeug wird urplötzlich
au? der Barca herausgeworfen, und
als wir ihn wieder in Sicht bekamen,
da saß er auf seinem gekenterten Bort
und trieb hilflos stromabwärts.
Dann drehten wir das Ventil
Volldampf auf. Die Leute am Schlauch
versuchten, dcn Strom wieder aus den
Kai spielen zu lassen; er war ihnen aber
mit seinen 680 Litern pro Minute
zu flink, und mit einem gewaltigen
Ruck riß er sich aus ihren Händen los.
und das Mundstück ging herum. Die
zehn Leute wurden alle zu Boden ge
schleudert, und zwei kleine JungenS.
die in dcn Pfützen spielten, wurden wie
Staub in den Fluß geblasen. Noch
ein Dutzend rasende Drehungen deS
Mundstücks, und ein dritter Knabe
wurde durch die auS Drahtgeflecht ge
machte Thür von Alvarez' Bureau hin
durchgeschnellt. Derselbe Strom stieß
ein altes mit Dienstmädchen und kleinen
Kindern besetztes Sopha um und
schwemmte die ganze Gesellschaft zu ei
nem bunten Haufen zusammen. Drau
ßen stob alle? auseinander. Der Mann
am Flußende des Schlauches hatte voll
auf zu thun, um nicht mit hineingezo
gen zu werden. Noch ehe der herum
fliegende Schlauch einen Angriff auf
die Maschine selbst ausführen konnte,
mußten wir den Dampf abdrehen
Die beiden Knaben, die man noch
glücklich aus dem Fluß herausfischte,
hatten mehr an der Furcht als sonst ge
litten, und der malayische Schutzmann
verhaftete sie polizeigemäß sofort, da fte
eS gewagt hätten, ftch zu ertränken.
Der Knabe, der durch die Schirmthür
getrieben wurde, war mit einer argen
Verletzung des OhreS weggekommen.
Er wurde aber trotzdem verhaftet, weil
er ftch in den Weg gestellt hatte. Die
pflegten ihre nackten
beschlagenen Kessel. Die Ingenieure
deS OrteS waren auch bei der Hand mit
ihren sarkastischen Bemerkungen. Wir
erwiderten nichts darauf, denn wir
waren sehr in Verlegenheit gerathen,
wie die verschiedenen Theile zusammen
zufügen waren. Niemand in der
Hauptstadt der Philippinen hat je eine
Dampsseuerspritze gesehen. Unter Be
Nutzung der Zeichnungen und Be
schreibungen gelang eS uns jedoch,
den Kessel aus die Beine zu stell
len, und die Räder, Ventile, Schrau
den und so weiter in Ordnung
zu bringen. Es schien die Vorsehung
herauszufordern, daß wir den Kessel
durch Eingießen deS Wassers durch die
Dampfpfeife füllten; so machten wir
eS aber trotzdem, unsicher auf eine kleine
Stehleiter gestützt und als wir das Was
ser hineingurgeln hörten und sahen.
wie eS unten nicht durchlief, schien un
sere Methode mit Ersoig g'lrönt zu
werden. Schließlich steckten wir daS
Feuer an und freuten uns, daß die
Maschine Dampf genug erzeugte, um
die Pumpen in Bewegung zu setzen.
Mein Freund und ich wußten sehr we
nig mit der Anatomie von Tampffeuev
pritzen Bescheid ; eS war unS deswegen
eine förmliche lleberraschung, daß dieses
Riesenexemplar bei der rasenden Um
drehung der Rüder nicht explodirte.
AlleS schien icdoch vollkommen zufam
mengefügt worden zu sein, und unser
Freund Alvarez war fo hocherfreut, daß
er den Tag für die öttentliche Haupt
probe deS neuen Spielzeugs aus den
Bereinigten Staaten bestimmte.
An dem festgesetzten Tage eilte alle
oracyie oas lario oe Manila" eine
zwe, Spalten lange Beschreibung der
wunderlichen Maschine, die aus Amerika
kam.
Seitdem haben die Wasserochscn"
die große Dampfspritze häufig nach ei
nem Brand gezogen, wo die fahrläsft
gen Leute sie an den halb ftehengeblie
denen Mauern oft kentern lieben : die
eingeborenen Dienstboten haben den
schönen gcnickelten Kessel mit Lack be
strichen, damit fte ihn nicht mehr zu Po
liren brauchten. Eine Dampfspritze
gab den Einwohnern Manilas einen
Vorgeschmack deS amerikanischen Fort
schrittS, mit dem die Kanonen DcwevS
fie besser bekannt gemacht haben, und
wird ihn und seine Offiziere wohl i
Erstaunen versetzen, wenn fie fie bei ib
rem Einzug in die Stadt vorfinden.
Lösch
Historisches vom Berliner
Wesen.
DaS Berliner Feuerlöschwesen bat ae
nau vor 400 Jahren seinen Anfang ge
nommen. Den Grund hierzu bot eine
ungeheure Feuersbrunft, die im Jahre
1484 einen großen Theil der Stadt
und auch das berlinische RatbbauS in
Asche legte. Vierzehn volle Jahre be
durfte eS. ehe die Verhandlungen zwi
schen dem Rathe und der kurfürstlichen
Regierung über die Art der Feuerwehr
zum Adlchlusje kamen. Endlich im
Jahre 1498 wurde auf Befehl Johann
Cicero'S bestimmt, daß die Nachtwächter
den Feuerdienft mit zu verseben hätten.
Zu diesem Zwecke war ihnen hauptsüch
lich die Ueberwachung der Beleuchtung
her PinM nnhurtrnitt Tviof I..O..V
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Welt Herbei, denn eS sollte nachher ein Bu8 eisernen, mit Kien gespeisten F uer
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decken, die an den athhüusern und
kaltes Gelage servirt werden, waS
eine große Anziehungskraft bei jeder
öffentlichen Feierlichkeit ausübt, wo die
Zuschauer Spanier find. Die Maschine
arbeitete zur vollkommenen Befriedigung
von Alvarez. ver seinen eiödlener in
den Fluß schickte, um bis an den Hals
Heran tm Wasser zu ftehen und die
Mündung deS Speiseschlauchs aus dem
Bodenschlamm zu halten. Zehn Ein
geborene faßten daS große Mundstück
deS fün Zoll starken Spritzschlauches
an, während die naoen, in Unterhem
den gekleidet, in den Pfützen umher
pielten. Die Engländer ergingen ftch
m sarkastischen Bemerkungen, die Spfr
nier kicherten, und die Eingeborenen
staunten alle? mit offenem Munde an.
Wir öffneten daS Ventil, und ein mäch
tiger Strom wurde fo weit durch die
Luft geschleudert, daß em großer Hau
fen Tabak, den man in sicherer Entfet
nung glaubte, vollständig durchnäßt
wurde. Ter Besitzer trat an die Thür
eines Lagerhau es oeran, um zu sehen.
waS für ein Cyclon über die Stadt los
brach, wurde aber im Nu rücklings in
die Hausflur zurückgeschleudert. Hur
mußte der Dampf abgedreht werden.
und bet der nächsten Runde bat unS
Alvarez um diplomatischen Verwicke
lungen vorzubeugen, den Strom den
Fluß entlang spielen zu lassen. Das
Ventil wurde nun wieder aufgedreht.
und ein Riefenftrom brach mit solcher
rkraft auS dem langen Mundstück her
vor, daß die zehn Eingeborenen ent
chieden nervös wurden. DieS war viel
leicht schuld daran, daß fte den Strom
nach der Richtung eine? Lichterschiffes
wendeten, das eben durch zwei Malayen
auf dem Pasig vorbeigerudert wurde.
Der Vordermann wurde rücklings in
das Schiff, der hintere sogar ,n den
Fluß geschleudert. Einem Chinesen,
der in seinem ausgehöhlten Kahn mit
einer Ladung Gemüse an die ESmeralda
gerudert kam, erging eS ebenso. Er mit
steinernen EckgebSuden auf Pfühlen be
sefligt waren.
Die wirkliche erste auch am Taae
thätige Feuerwehr wurde aber erst
1598, also vor dreihundert Jahren,
auf Anordnung deS Kurfürsten Johann
Georg errichtet. Gegen Brandstifter
ging man damals mit der größten
Strenge vor. Selbst noch zur Zeit des
großen Kurfürsten wurden leichte
Brandstiftungen, die allerdings lebr
häufig vorkamen, mit Pranger und
Einkerkerung im Zinnhause" zu
Spandau bestraft. Eine größere
Feuerflchcrheit trat erst ein. als im
Jahre 1685 zur Beleuchtung der Stra
ßen ftatt der gefährlichen Feuerbecken
und Kienpfannen Laternen angewandt
wurden. Aber noch im Jahre 1728
wurde zur Verhütung von Bränden
die Beseitigung der HauSschornfteine
anbefohlen. Im gleichen Jahre wur
den fünf Spritzenhäuser die ersten in
Berlin gebaut und die Feuersozietät
gebildet.
Vor hundert Jahren. 1798, im
ersten RegierungSjahre Friedrich Wil
Helm III.. zählte Berlin 6906 Häufer.
die bei der Feuerkasse mit etwa 33
Millionen Thalern versichert waren.
Der Werth eine? Privathauses erreichte
1793 im Durchschnitt kaum die Höhe
von 5000 Thalern. Im Todesjahr
deS Königs. 1840, hatte ftch die Zahl
der Vorderhäuser auf 7994 vermehrt,
wozu noch 7313 Hinterhäuser kamen.
Der Werth derselben belief sich auf 94
Millionen Thaler, der eineS einzelnen
HaufeS auf 14,000 Thaler. Wie ge
waltig diese Zahlen im Laufe deS letzten
Jahrhunderts gestiegen sind, lehrt der
Bericht über das letzte VerwaltungS
jähr.
DaS Recht d?S
stärkste Unrecht.
Stärkeren ift daS-