Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, July 07, 1898, Image 11

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    Das rettende Nildniß.
Historisch S!oveUelie. Von P. T I a g.
AIS im Winter 1702 Tuttouwz an
bet Spitze deS französischen :Xcoi)lutiunf
hkkttS ftch in der Nähe von dr
holländischen Flotte, Ut vorn W.t srst.
gehalten worden war, bemC $tiüi hatte,
zog er in Amsterdam ein und schlug hier
sein Hauptquartier aus.
Amsterdam war schon damals eine
fröhliche Stadt und hatte eine große
Anzahl reicher Bürger, welche nur die
Gelegenheit suchten, sich auf jede Weise
zu unterhalten, und in der Veranstal
tung von Bällen, Festlichkeiten und son
ftigen Vergnügungen wetteiferten. Be
kanntltch sind in Holland, wie über
Haupt in einem großen Theile der nord
europäischen Länder, die Konditoreien
der Sammelpunkt der besseren Gesell
schast. und eS gehört zum guten Ton,
sich hier alltäglich zusammenzufinden.
Unter den Konditoreien Amsterdam?
war die eines Franzosen mit Namen
Rameaii ganz besonder; besucht, nicht
allein wegen der Güte seiner Waare
und seiner Höflichkeit, sondern auch
wegen der hübschen Kellnerinnen, die er
in seinem Dienste hatte.
Die Ankunft deS ZievolutionZheereS
that dem fröhlichen Leben keinerlei Ab.
bruch. denn die französischen Ossiziere
hatten nicht weniger Verständniß für
die gutdesctzle Tafel und angenehme
Gesellschaft. Bälle und Festlichkeiten
wiederholten sich in der Konditorei in
immer schnellerer Folge, und die einzige
Veränderung war die. daß die Zahl der
Theilnehmer eine größere war.
Unter den Kellnerinnen RameauS
zeichneten sich besonder? zwei durch
außergewöhnliche Schönheit auZ. Die
eine war groß, hatte dunkelbraune?
Haar, schwarze Augen, einen sammct.
ähnlichen Teint und war, wie man
sagt, etwas ungebunden: die andere,
vor Kurzem erst eingetreten, war blond,
mit blauen Augen und einem außer
ordentlich zarten Gesicht, aber im Ge
gentheil zu jener ausnehmend schüchtern.
Unter den die Konditorei besuchenden
Franzosen entspann sich bald eine leb
hafte Unterhaltung über die Schönheit
der beiden Mädchen. Jede hatte ihre
begeisterte Verehrer, und bei der Heiß
blütigkeit der Franzosen würde die
immer lebhafter gewordene Diskussion
schließlich in einen Streit ausgeartet
sein, wenn nicht, gerade zu rechter Zeit
der Zapfenstreich geschlagen worden
wäre. Als die Offiziere daS Lokal der
lassen hatten, trat eine Schaar Stuben
ten von der Akademie der schönen
Künste ein; sie nahmen auf den leer ge
wordenen Sitzen Platz und erkundigten
sich nach der Ursache deS Streites.
Potz Tausend!" sagte jovial einer
der Jünglinge, der von den andern
durch sein struppiges Haar und den un
gepflegten Bart besonders abstach, .ich
scheue mich nicht, offen zu erklären, daß
ich, trotzdem ich Elsa'S Schönheit aner
kenne, Margarethen entschieden den
Vorzug gebe."
Margarethe war die Blonde, die jetzt
tief erröthete.
Margarethe.' fuhr jener fort, .Du
bist für mich der Typus der idealen
Schönheit, und wenn Du mir eine
große Freude machen willst, mußt Du
mir erlauben. Dein Bild zu malen."
.0, mein Herr." erwiderte sie fchüch
tern.
.Ja. Dein Bild! Das verpflichtet
Dich zu nichts; ich werd auch zwei
machen, Du kannst Dir dann eins aus
wühlen, und daS andere behalte ich."
DaS Mädchen erröthete immer mehr
und antwortete nichts. Endlich legte
sich Skameau in'S Mittel, um den Stu
denten, die feine treuen Kunden waren,
entgegenzukommen.
Nimm es doch an, Margarethe!"
sagte er.. ES muß Dir doch selbst
Vergnügen machen, Dein Bild zu haben
von Künftlerhand gemalt."
.Aber waS wird mein Bräutigam
sagen?" erwiderte daS Mädchen.
Margarethe war seit einem halben
Jahre verlobt, und ihr Bräutigam war
der eifersüchtigste Mensch von der Welt.
.Dein Bräutigam wird gar nichts
sagen," entgegnete Rameau; .im Ued
rigen nehme ich die ganze Verantwor
tung auf mich."
.Wohlan!" versetzte heiter der junge
Maler; wenn Rameau für Dich ein
steht, haft Du nichts zu befürchten."
Dann gab er ihr ein GlaS in die Hand,
nahm ein Stück Papier und begann das
Mädchen in anmuthigfter Stellung zu
malen. r
Aber bald wurde er in femer Arbeit
durch eine lärmende Stimme unter
brochen. ES mar der Bräutigam, der
unverhofft eintrat.
Ich habe Dir ein für allemal der
boten, mit diesen jungen Leuten zu
sprechen!" schrie er.
.Mein Herr." sagte der Maler, um
ihm die Sache aufzuklären.
.Mein Herr," erwiderte der Andere
in trotzigem Tone, .wenn Sie kein
Feigling sind, werden Sie wiffen, WaS
Sie za thun haben." .
Aber mein Herr." mischte sich einer
seitö der Wirth dazwischen.
Sie sind ein Elender, wenn Sie
derartiges in Ihrem Hause dulden!"
Ach, das ist zu viel!" rief Marga
reihe, beleidigt durch den lächerlichen
Zorn ihres Bräutigams, .ich habe selbst
mein Portrait verlangt, und eS wird
gemacht werden, magst Du eS wollen
oder nicht !"
Gut. wenn eS so ist." entgegnete
der Bräutigam gereizt, .wenn Du nicht
weißt. waS sich gehört und Dich Deiner
Handlungsweise nicht schämst adieu!
Nunmehr ist mir da? Leben uner
träglich. Da meine Liede verschmäht
mir, habe ich keine Hoffnung mehr und
auch keimn Grund, wich länger z'i der
neuen. So wlss't beim, ihr ue, daß
'.ch d,r ras von Raden bin. im Dienn
St. Majestät des Kaisers von Oester
reich."
Nach biesen Worten stürzte er von
bannen. Da? Maschen brach in Thrä
nen cu?, und die Studenten sahen sich
einanoer derwunoert an.
Der Unglückliche." rief Margarethe
schluchzend au?, er wird verhaftet und
erschaffen werden."
In der That hatte er kaum die
Straße betreten, als zwei Spione, von
denen die Stadt voll war, ihn anhielten
und nach dem Hauptquartier dcr Iran
zosen führten.
Bei dem RcvvIutionZheere wurde
kurzer Prozeß gemacht. In wenigen
Minuten war er, da seine Persönlichkeit
festgestellt war, zum Tode verurtheilt
und sollte am folgenden Morgen er
schössen werden.
Um auf die Bevölkerung Eindruck zu
machen, befahl Dumouriez. daß die
Exekutiern mit großem Pomp stattsinden
sollte. Die Truppen waren in Parade
aufgestellt, während er selbst, umgeben
von seinem Etabe, wenige Meter ent
fernt vom SxekutionZ'Peloton hielt.
Der Verurtheilte wurde herbeigeführt,
bleich, ober festen Schritte?. Da er
tönte der Ruf: .Halt, halt, ich will den
General sprechen." Und der junge
Maler vom Tage vorher machte sich,
einen großen Karton in der Hand, Platz
durch die aufgestellten Soldaten, warf
sich Dumouriez zu Füßen und bat um
Gnade für den Trafen. Er erzählte in
rührenden Worten die Geschichte jener
Liede, die der einzige Grund war. weZ.
halb der Graf in die Hände der Feinde
gerathen war, die Verzweiflung deS
Mädchens, und wußte feine Worte so
schön auszuschmücken, daß Dumouriez
gerührt wurde. Um ihn ganz zu ge
Minnen, zeigte er ihm daS Bild Marga
rethenS, das er am Abend vorher skiz
zirt und während der Nacht vollendet
hatte.
General," fuhr er fort, geben Sie
Ihren Gefangenen Margarethen zurück;
sie wird Ihnen dafür ihr Bild geben,
und Sie werden bei diesem Tausche
nichts verlieren."
Wenn das Original ebenso schön ist
wie daS Bild," sagte Dumouriez, .will
ich Gnade walten lassen."
Der Maler gab nun ein Zeichen, und
daS schöne Mädchen wurde vor den
General geführt; ihre Augen zerfloffen
in Thränen.
Nun, weinen Sie nicht mehr, mein
schönes Kinb." redete sie Dumouriez
an, .wir alle werden Ihrer Hochzeit
beiwohnen."
Unb diese fand in der That eine
Woche später statt, nachbem sich ber
Graf auf Ehrenwort verpflichtet hatte,
bie Waffen nicht wieder gegen Frank
reich zu ergreifen. ES war eine äußerst
glänzende Hochzeit, an der Dumouriez
und seine sämmtlichen Offiziere theil
nahmen.
Gut gemeint I
Die Baronessen Amanda und Cor
nelia don Steimöthel auf Haselbach
führten ein große? HauS. Sie glaub
ten es der Würde ihrer alten, nge
fehenen Familie schuldig zu fein, als
einzige Trügerinnen deS hochariftokrati
fchen Namens auch entsprechend zu
reprüsentiren, zudem sie über die hiezu
nöthigen Mittel vollauf verfügen konn
ten. Ihr Jour fixe war von der besten
Gesellschaft besucht; daS hiebei Gebotene
trug immer den Charakter deS AuSer
lefenen: sie fetzten einen gewissen Stolz
darein, auch in der Ausstattung ihrer
Appartements jeder Kritik die Spitze
bieten zu können.
In einem ihrer Salons befand sich
ein kostbarer Teppich, der längst den
Neid aller Befucherinnen erregt hatte.
Eines TageS glaubte Baronesse Amanda
entdeckt zu haben, daß die Farbenwir
kund dieses Prachtstückes etwas nachge
lassen habe; sie berieth sich beShalb mit
ihrec Schwester, wie biesem Mangel ab
zuhelfen wäre. Räch kurzer Ueberlegung
beschlossen bie Damen, ben Teppich ver
suchSweise chemisch reinigen zu lassen,
waS Baronesse Cornelia zu besorgen
versprach. ES wurde ein Dienftmann
requirirt, der daS ziemlich schwere
Prunkstück an den Ort seiner Be
ftimmung schaffen sollte, weil im Hause
nur weibliche Dienerschaft exifiirte.
Eine halbe Stunde später meldet sich
der von Baronesse Cornelia requirirte
Dienftmann bei Baronesse Amanda.
welche ihm den Teppich mit dem Be
merken übergab: .Der Teppich hat
einen großen Werth, behandeln Sie ihn
recht sorgfältig; er ist noch wie neu
nur die Farben scheinen etwas nachlas
sen zu wollen l"
TöS macht nix'n, Madam'!" er
widerte der Dienftmann.
Von der unpassenden Ansprache un
angenehm berührt, fuhr daS Fräulein
fort: Wir werden schon hören, waS
man sagt; gehen Sie also. . Sie wissen
doch, wohin Sie den Teppich zu tragen
haben?" Verftündnißinnig lächelte der
brave Mann und erwiderte, indem er
seine Last zusammenpackte: Feilt si'
nix, Madam' das is das erste Mal
nöt, daß t' so waS b'forg'I' Tann der
schwand er eilfertig.
Ein paar Stunden später meldete
daS Stubenmädchen, daß der Dienst
mann wieder gekommen fei und die
anädiae Baronesse zu sprechen wünsche
Amanda befahl, idn vorzulassen. TaZ
Mädchen führte den Mann in'S Boudoir
und blieb an der Thüre stehen, um
etwaige, sich aus der Verhandlung er,
gebende nordnunzen er.tgegenzuneh
men. insbesondere, weil die Ldlobnun
gen solcher Dienstleistungen gewöhnlich
alS kleine laufende Ausgabe von der
Beschließerin erledigt zu werden pfl'g
ten. Der Dienftmann trat ein. wischte
sich den Schmeiß von der Stirne, rüu
sperre sich und sah, ohne etwa! zu
sagen, bald auf die Dame deS HauseS,
bald auf die erwartungsvoll wartende
Zofe, bis ihn endlich die Erstere mit
einem ungeduldigen .Nun, was tst s k'
um Sprechen aufforderte. Der a
wlssenhafte Dienftmann wiederholte
seine pantomimischen Bedenken, die
Unterhaltung zu eröffnen, indem er
ziemlich deutlich mit dem Daumen über
seine Achsel nach dem Stubenmädchen
deutete, ndignirt Herr chte ihn nun
Amanda an: .Nun, so reden Sie
doch !" Offenbar erleichtert durch diese
Aufforderung, griff der Dienstwann in
seine Tasche, brachte daraus drei Zwan
ztgmarkstücke hervor, welche er sammt
einem Zettel auf den Tisch deS HauseS
Niederlegte und sagte trtumphirend:
Sechz'g Markln had'n wir lriagt, döS
hätt' i' meiner Lebtag nöt denkt !"
Wie ein Tiger schnellte die Baronesse
empor und rief im Tone der höchsten
Empörung: Mensch, Dienftmann. sind
Sie betrunken! WaS haben Sie mit
dem Teppich gemacht? WaS soll dieS
Geld diese elenden 60 Mark?"
Sichtlich beleidigt entgegnete der
Dienftmann: .Mit dem Teppich hab'
ich gemacht, waS mir ang'fchafft wor
den is. und mehr hab' i' nöt d'rauf
kriagt !"
Wo ist der Teppich?"
.Ja. wo denn, als im Versatz'
hau,!!"
Die Baronesse fank . mit einem
schwachen Aufschrei in den Fauteuil zu
rück, und daS Stubenmädchen stopfte
hastig ihr Taschentuch ln den Mund.
..Sind Sie verrückt?" kreischte Baro
nesse Amanda, hat Ihnen denn meine
Schwester nicht angegeben, wohin Sie
den Teppich tragen sollen?"
Aergerlich versetzte der Mann für
Ave?: Da brauch' i' koan' Schwester
nöt; wenn Sie amal sag'n: Sie wissen
doch, wohin Sie den Teppich zu tragen
haben', dann kennt sich unsereins boch
aus, unb da giebt S dann nix anders,
als daS B e r f a tz h a u S. So machen
's alle feinen Leut'. die net woll'n, baß
über a' solche Sach' viel g'reb't wird I
(Fliegende Blätter.)
Die erste Meerschaumpfeife.
Um'S Jahr 1723 lebte zu Pest ein
Schuhmacher Namens Karol KowatS,
welcher sich in seinen freien Stunden
mit Schnitzarbeiten beschäftigte und
einem Kunden, den Grafen Andrassy,
mitunter Stücke seiner Schnitzerei ver
ehrte. Als Andraffy von einer Reise
nach der Türkei zurückkehrte, brachte er
seinem Schuhmacher ein Stück eines
weißen thonrtigen MmcralS mit, wel
cheS ihm in Kleinasien als Merkwür
digkeit geschenkt worden war. Der
Schuhmacher welcher ein leidenschaft
licher Raucher war, kam aus den Ge
danken, auS diesem Material eine Ta
bakSpfeife zu schnitzen, weil ihm das
selbe wegen seiner Porösttüt zur Auf
saugung deS NicotinS sehr geeignet er
schien. KowatS machte sich an die Ar
beit und schnitt zwei Pfeifenköpfe, einen
für den Grafen, den zweiten zum eige
neu Gebrauch. Nun geschah eS eines
TageS, daß er seinen schönen Pfeifen
köpf mit Pech besudelte, und er be
merkte zu seinem Schrecken, daß dasselbe
an dem warmen Kopfrande schmolz und
in daS Material eindrang. Er wischte
mit dem Aermel über den Pfeifenkopf,
um den Schaden wieder gut zu machen,
und sah, zu seinem Erstaunen, daß daS
geschmolzene Pech dem Kopfe eine schöne
Farbe verlieh. Nun nahm er weicheS
Wachs und tränkte damit die noch rei
nen Theile deS KopfeS und machte die
Entdeckung, daß dieser sich braun an
rauchte. KowatS theilte dem Grafen
seine Entdeckung mit und präparirte
auch bessen Pfeifenkopf mit Wachs, so
baß auch bieser balb eine schöne braune
Farbe bekam. Der Graf ließ nun mehr
beS merkwürbigen Materials aus ber
Türkei kommen, feine guten Freunbe
bekamen zunächst Proben von beS
Schuhmachers neuer Entbeckung, unb
bieser nach unb nach so viele Auftrüge,
baß er Pfriemen unb Ahle an ben Nagel
hing unb nur Pfcifenköpfe schnitzte.
So würbe KowatS, ber Schuhmacher
aus Pest, ber erste Fabrikant von
Meerschaumköpfen, bie noch ein halbes
Jahrhundert lang sehr theuer unb nur
reichen Leuten zugänglich waren. Seine
erste Meerschaumpfeife aber ist noch
vorhanden, ne wird im Mu eum ,u
Pest aufbewahrt.
Tit Rechenkunst der SökimoS.
Der Wortschad der ESkimosvraiben
ist, waS die Dinae der Aukenwelt be
trifft, ziemlich reich. Man hat mehr
als einen Namen für d,e Verschiedenheit
eines Thieres nach Gestalt. Geschlecht
und Alter, für daS Fischen jeder Fisch
art, für alle erdenklichen Erscheinung?
formen don EiS und Schnee. Nur
spärlich sind daaeaen die Ausdrücke kür
bloße Begriffe und Vorstellungen ver
ireren uno ganz veionders arm ist der
Wortvorrath sür Zahlen. Namen für
Zahlen über zehn binauS fieinen dem
Eskimo vollständig zu fehlen. Für ge
woynuq zählt er nur blS fünf oder
zehn. Aber schon bei dieser einfachen
Addition nennt er meist nicht die Zah
len. sondern gebraucht Finger und
Hände. BiS fünf hebt er die eine
Hand, bei z'bn beide Hände in die
Höhe; bei drei streckt er Daumen, Zeige,
und Mittelfinger der einen, bet sechs
beider Hände aus. Bei Zahlen von
zehn bis zwanzig gebraucht er bereit
fremde Hilfe, er ruft den Nachkar her
bei, um mit dessen Händen die Zhl zu
vollenden. Tritt je einmal an den
Eskimo die Noth heran, sich in der
höheren Mathematik" verständigen zu
müssen, so ist guter Rath theuer. Er
greift dann in seiner Verlegenheit zu
den sonderbarsten Mitteln.
Ein sehr ergötzliches Beispiel solch'
schwieriger Rechnerei erzählte ein eng
lisch Offizier, der an einer Polar
expedition deS Kapitän Parry theil
nahm. Der Ossijjer befand sich an
der Repulsebai mit einem Eingeborenen
allein im Gespräch begriffen, als ihm
dieser die derhältnißmüßig so einfache,
aber für ihn ungewöhnliche Zahl drei
ßig begreiflich machen wollte. Zu die
sem Zwecke hielt der ESkimo zunächst
beide Hände empor, wußte aber nicht.
waS weiter machen, und blickte lange
rathloS umher. Endlich kam ihm die
glückliche Idee, um zehn mebr zu be
kommen, die Hände deS OsftzierS zu
ergreifen. Jetzt waren eS aber erst
zwanzig. Woher die übrigen zehn be
kommen? Die Schwierigkeit schien un
übcrwindlich. Wiederum indessen kam
dem Eskimo ein rettender Gedanke.
Er hielt zuerst einen seiner Füße empor,
aber so wurden eS erst fünfundzwanzig.
Um die Zahl zu vollenden, gab sich der
Mann deS eisigen Ordens nun alle er
dcnkliche Mühe, auch den anderen Fuß
gleichzeitig in die Höhe zu heben und
seine Anstrengungen waren überaus
possierlich. Aber daS große Kunststück
gelang jedoch nicht. Nach unglaublichen
Mühen kam endlich die Zahl dreißig
durch bie vier Hände und je ein Bein
der beiben Personen zu Stanbe. So
waren, um der dösen dreifachen Zehn
Ausdruck zu geben, Anstrengungen
nothwendig gewordm, wie sie in so
hohem Grade kaum daS schwierigste
Reikturnen erfordert.
Studntenulk.
Professor Dr. Klopfleisch, der vor
wenigen Tagen in Jena im Alter von
fast 67 Jahren entschlafen ift. war von
hoher Begeisterung für alterthümlicht
Forschungen beseelt. Da er aber nicht
sonderlich vorsichtig war in der Beuv
theilung deS angeblich Alten, brachte
ihn sem wissenschaftlicher Eiser blS
weilen in seltsame Lage. EineS Tage?
manches Jahr ist seitdem vergangen
wurde ihm laut Leipziger 7c,
Nachr." von einigen Studenten geme!
det. sie Hütten in der Nahe der Stadt
ein Hünengrab entdeckt; sie baten den
Herrn Profeffor, eS öffnen zu lassen.
Natürlich ist Klopfleisch einverstanden.
Für einen schönen Sommernachmtttag
wurden Arbeiter mit Spitzhacke und
Schaufel bestellt, Bekannte geladen;
Studenten kommen in einer unge
wohnt großen Zahl. Die Arbeit be
ginnt. Die Erdschicht wird abgeräumt,
daS Geröll beseitigt. Die Sonne brennt
heiß hernieder, die Arbeiter triefen don
Schweiß, bie Aufregung wächst von
Minute zu Minute; hat boch Professor
Klopfleisch wieberholt seiner Ueber
zeugung Ausdruck gegeben, daß nicht
eS hier unzweifelhaft mit einer borge
schichtlichen Grabstätte zu thun habe.
WaS wird daS Ereigniß der Nachgra
bungen sein? Welche neue Errungen
schaften für die lterthumSwissenschaft
werden fte bringen? Welches Museum
wird die Funde in seine Hallen aufneh
men? Endlich berührten die Spitzhacken
eine Platte von Schiefer, roh und unbe
hauen. Sie scheint über hohlem Raum
zu liegen. Sorgfältig werden die Rün
der bloSgelegt, unter athemloser Span
nung wird sie gehoben. Etwas Glän
zendeS wird darunter sichtbar. WaS ist
eS ? Ein Arbeiter hebt daS Kleinod mit
vorsichtiger Hand unb reicht eS dem
Professor. Unb siehe da: ein funkel
nagelneuer Deckelfchoppen mit der Wid
mung: Julius Cäsar seinem lieben
Klopfleisch!" Der so Beschenkte war
indeß der Erste, der in die stürmische
Heiterkeit über diesen Studentenulk
mit einstimmte. Von späteren Nach
grabungen in der Nähe von Jena hat
man aber nichts wieder gehört. Der
Ulk ift ebenso gut als alt und wird
in verschiedenen Lesarten auch in an
deren Universitätsstädten erzählt.
Wir d Buer ich ferntt."
Aus der Provinz war er nach Berlin
gekommen und fühlte das dringende
Bedürfniß, das Leben und Treiben der
Großstadt auS der vornehmen Perfpek
tive einer Droschke von oben herab an
zusehen. Er bestieg eine Taxameter
broschke unb ließ sich nach dem Thier
garten hinausfahren. DaS Vergnügen
gefiel dem Manne außerordentlich.
WaS ihm aber nicht gefiel, fondern fein
höchstes Mißfallen erregte, war der
Fahrpreisanzeiger. Erstaunt sah et
sich daS Ding an, zog seine Taschenuhr
und machte Vergleiche. Er schüttelte
mit dem Kopfe und sing über die komi
sche Droschkenuhr zu Philosophiren an,
biS ihn endlich die Ruhe verließ und er
den Kutscher fragte : Seggen Se mal,
wat iö bat for een Ding?" Na, der
Fahrpreisanzeiger. Nee, min Jong."
erwiderte der Fahrgaft, dor hebt Se
bi mi keen Glick. bat iö ja 'bulle Bebrd
gerie. Dat schall 'ne Uhr sin un bie
Wieser, bie spring'n, aS wie bi bat
Ballet! Nich n Gröschen betahl ick!"
Der Kutscher mußte halten und der
Bauer wollte sich ohne Bezahlung ent
fernen, aus die Berliner und ihre
Droichkenudren nach ihc'ten schim
pfend. Äser so leichten Kaufe? kam er
Nicht davon, Der Kutscher pochte auf
fein gute? Recht und cerlangte daS
Fahrgeld. ES kam zu einem lauten
Streik, der bald eine große Menschen
menge anlockte. Der Bauer blieb bei
seine: Weigerung. Tot betnhl ick
nich. da! ii kerne Uhr. dat ne Bkvrö
gerie l" Ei war ihm nicht begreiflich zu
machen, daß er im Unrecht sei und der
Zank drohte schon in Thätlichkeiten
überzugehen, als eine feingekleidete
Dame herantrat und lüchklnb baS Fahr
geld erlegte. Der Kutscher fuhr bavon
und der Bauer entfernte sich mit der
Friedensstiftern, bie ihm vergeben? den
Mechanismus zu erklären versuchte.
Der Odotrite blieb dabei: Dat 'S
kerne Uhr, daS iS' ne Bedrögerie !"
Mein Heim.
Soll ich Dir einen Zauber nennen.
Der rrautel Glück umfaßt,
Wo Sorg' und Noth, des Leben! Kum
mer
Und Gram sehr schnell erblaßt?
S ift mein Heim, daS liebe, traute,
Bescheiden zwar und klein,
Doch schließt eS trotz deS engen Raumes
Viel Freud' und Wonne ein.
Wenn nach deS TageS Müh' und Sor
gen
Mein Liebster eS betritt.
Bringt er mit seinem frohen Lächeln
Die Sonne selber mit.
Und alle Grillen, alle Plagen,
Gar schnell sind sie dahin;
Hier darf nur Lieb' und Frohsinn woh
nen,
Nicht trüber, düft'rer Sinn!
Und kehrt die graue Base .Sorge"
Auch wirklich bei un? ein,
Eins wird ihr nimmermehr gelingen:
Die Herzen zu entzwei'n!
Wo wahre Lieb' den Bund geweihet,
Nicht Treu' und Tugend fehlt:
Da ist das Heim, so arm 'S auch fchei
net,
Vom wahren Elanz beseelt!
Ein bittersüß Geschicht.
Er hieß Ernst Bitter und war ein bit
terernster Mensch. Da sah er Sußchen
Süß. Er raspelte Süßholz, Sußchen
fand ihn süß und bald kosteten Beide
die Süßigkeiten der Liebe. Sie het
ratheten. Bald darauf zeigte eS sich,
daß Ernst Bitter gern einen Bittern
trank, und nun wurde die Sache ernst.
Sußchen sagte mit Bitterkeit : Ernst
war bisher mein Leben, jetzt wirb mein
Leben ernst." Sie bat mit den üße
ften Worten, aber Ernst sagte, er könne
nicht von dem Bittern lassen. Ernst,
ift das Dein Ernst?" fragte Sußchen.
Mein bitterer Ernst," antwortete
Ernft Bitter ernst. .DaS ift ja süß !'
rief Sußchen bitter. Nicht lange dar
auf ftarb Ernft Bitter am Delirium,
vnd Sußchen BitterSüß blieb nicht,
als bie bittersüße Erinnerung an Ernft.
Grob.
Alte Jungfer : .Ich fühle mich heute
wie neugeboren."
Herr : Sie sehen aber gar nicht so
aus.
Gemüthlich.
.Also jetzt frag' ich zum letzten Mal,
wann Sie mich bezahlen wollen."
Na, Gott sei Dank, baß baS bumme
Fragen einmal ein Enbe nimmt."
Faule Entschuldigung.
Frau : Du kommst ja ganz d e n e
d e l t nach Hause, was soll baS?"
Mann : Na, geh' Du boch 'mal in
bem Nebel braußen spazieren."
Spruch.
Ringst Du im Leben nach bem Ehren
platze,
So streb' unb harre, wirb die Zeit auch
lang;
ES springt ein Riese selbst mit einem
Satze
Niemals empor zur Höhe des Mont
blanc.
Fawm.
Lieutnant A.: Kamerad find recht
verdrießlich !"
Lieutnant B.: ,Aeh. eben faulen
Witz über unsereinen jelesen !"
Lieutnant A.: Loog deS Schönen!"
verschlag zur Güte,
Pferdeknecht: Hurrah, hab' baS
große L00S in der Lotterie gewonnen l"
Herr : Nun, dann werden wir uns
wohl trennen."
Pferdeknecht: DaS wäre ja nicht
nöthig. Sie könnten ja bei mir Pferbe
knecht werben."
Rein Besuch.
Frau : Wer kommt denn dort?"
Dienstmädchen : Niemand, der gnä'
Herr iö."
schnell benutzt.
Kommerzienraih : Ella, Sie
ftnb meine Königin unb ich Ihr Unter
than!"
Schauspielerin: Tann werbe ich
Sie mit Abgaben belegen !"
Di, Frauen unb ber Ofen gehören
in'S HauS.
in gesunder SchZdrl.
Bäuerin (acht Zage roch der Kirch
weih): .Heut'. Jörg, laßt Du Dir ader
endlich ninil die lasjpliitkr auS dem
Schäkel uthtn, Du zcrreiß't mir ja
alle 'Zoplk.sim!"
Aus d.r tSccuuf hirStunde eines Prinzen.
Lebtet : .Wie nennt man da? Meer
zwischen Oft ificn und dem w stlichcn
Smerikj?"
(Prinz schwrigt.)
Lehrer : Durchlaucht deuten ganz
richtig an: ESiftdcr stille Ocean !"
Moderne Gnth?rzigstit.
. ..M.in Mann hat schreckch viel'
Schulden! Damit er sich der vor
mir nicht gar so sehr zu geniren
braucht mach' ich jetzt auch
Schulden!"
Arzt:
schlau.
Ader Mensch, wie konnten
Sie denn meinen Schneider zur Ordi
nationsstur.de hereinlassen?"
Diener: .Bitte, er hat gesagt: eS
fehle ihm 'waS!"
achederblüche.
Professor: ..Meine Herren, dieser
Fall ift eine Seltenheit, die oft
vorkommt!"
Aus dem Genchtsfaal.
Richter : .Nicht allein ein gewiegter
Einbrecher sind Sie. fondern auch ein
gefährlicher Ausbrecher !"
Angeklagter : .Aber, Herr Präsident,
das gleicht sich doch aus!"
Doppelsinnig.
.Wer ift der junge Mensch, ber ba
eben zur Thüre herausflog?"
Ein entfernter Verwanbter
vom Hausbesitzer I"
Die 4 Temperamente bei der Arbeit.
Der Phlegmatiker thut ein'S nach
bem anbern, ber Sanguiniker ein'S vor
bem anbern, ber Choleriker zweierlei
zugleich, der Melancholiker gar
nichts.
Aus der Kaserne.
Corpora! (ber von einem Einjährigen
auf eine Frage eine unrichtige Antwort
erhält): Euch Einjährige kann man
noch so dumm fragen man bekommt
doch nie eine g'scheidte Antwort !"
Schicksalstücke.
ES ift entsetzlich, Herr Toctor, ich
darf beginnen, waS ich will und noch so
wenig genießen ich nehme doch im
mer zu !"
.SchickfalSdicke, gnädige Frau !"
Kindliche Reflection.
Peterl (zu seinem Vater, der beim
Waschen den Krug vom Waschtisch her
untergeworfen): Du haft'S gut, Papa,
daß Du kein Kind bist!"
Aus der Schule.
Wie ich gehört habe, HanS. ist
Deine Mutier an Scharlach erkrankt.
Bis sie wieder gesuud ift. darfst Du
nicht in die Schule kommen, da Du
diese Krankheit sehr leicht von ihr be
kommen kannst und von Dir dann die
übrigen Schüler !"
Da brauchin Sie sich nicht zu be
ängstigen, Herr Lehrer! Ich habe eine
Stief-Mutter. und von der hab'
ich noch nie 'waS bekommen !"
Ein GIückxilz.
Grab' aus bem Wirthshaus komm' ich
heraus,
Herrgott, ich trau' mich fast nimmer
nacd Saus.
ES füllt mir für heut' keine Nothlüge
ein,
Die für'S Ausbleiben könnte plausibel
sein.
Unb wie ich so grüble, merk' ich'S mit
Strecken.
Ich bin schon am Thor ; um mein
Weib mal ,u wecken
Ziehe ich sacht mir bie Stiefel aus
Und schleich' wie ein Dieb mich heimlich
ins HauS.
Drin brennt noch die Lampe I Mein
brauchen wacbt I
Ich öffne die Thür mit Vorsicht ganz
facht
Dem Himmel fei Dank ! In beS Bet
teS Hafen
Hat sie die Gardinenprebigt glücklich
verschlafen.
vriickfelzler.
Bald hörten wir auch im Rücken
Schüsse, und wir waren umzingelt.
Kurz. unsreLagefingan,ur(un)gemüth
lich zu werden.
Schlau.
Arzt: ..DaS Kind muß EiZüdkrsck,l,ie
auf dem Kopf haben."
Dame : .Damit eS die Kälte ni,Ht kn
sehr erschreckt, darf ich daS EiS wohl 'n
bischen würmen?"
Unter Brautleuten.
Sie : mfiAle hn6 mir mm ,,.
lich Hochzeit machen, ich bin es müde,
uv muyn zu marien.
Er: Na. wenn Du müde bist, dann
will ich Dich sitzen lassen."
Unverfroren.
Hören Sie mal. Sie bülten mir
meinen Schirm dock, törrn lanne mi,k,?.
bringen können."
Ja, aber eZ reziict doch immerwüb.
rend."