Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 30, 1898, Image 10

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    Line Schreck.'N5nacht in vradf
Irland.
Cme csick-.t a;i-J bei! kinstmalien Wksien.
Von 'rnil Bkidan.
Die Station Brak!, Island cn der
Union Pacific Raihcao im westlichen
Theile von NedraZla dkftand zu der
Zeit, als diese Bahn gebaut wuroe. nur
u3 dem Stationsgebäude selb? und
einem Hause, das etwa 100 PardS von
der Strecke abseits in der Prairie stand
und von einem Kr. Banker, nedft
Frau und ihrem etwa zehn Wochen
alten Kinde bewohnt wurde.
Mr. Bankers trieb einen flotten Han
del mit den Sioux.Jndiancrn. denen er
miserablen Whiskey gegen gute Büffel
felle austauschte. Dadurch war er zwar
zum wohlhabenden Manne, aber auch
gleichzeitig den Skothhäuten wegen seiner
unverschämten Prellereien gründlich der
haßt geworden.
Ohnehin grollten die Indianer dem
Sindringen der Bleichgesichter in ihre
Jagdgründe durch die Eisenbahn und
hatten früher bereits mehrfach blutige
emedel unter den SettlerS und Ardei
trat angerichtet, waren aber durch die
'Anwesenheit der Givernment EcoutZ
bisher so ziemlich im Zaum gehalten
worden. Als diese jedoch die Gegend
verluden und, dem Bahnbau folgend,
veiter nach Westen zogen, begannen die
rothen Teufel im Rücken derselben wie
der ihre frechen Raubzüge. ,
In dieser Zeit weilte bei der Familie
Bankers ein junges, hübsches Mädchen.
Tressie Vaughan mit Namen, die jüngste
Schwester der Frau Banker. Die
junge Dame hatte in Omaha eine Leh
rerinnenprüfung glücklich bestanden und
eine Stelle an einer kleinen Landschule,
etwa sechs Meilen nördlich von der
Station angenommen. Morgens fuhr
Mr. Bankers fie hinaus und holte fie
Abend?, nach Schluß der Schule, wieder
zurück.
Der junge Stationsagent hatte sich
sterblich in sie verliebt. Sie aber hatte
ihn sehr kühl behandelt und ihr Herz
mittlerweile an den Conducteur des
Personenzuges No. 17 verschenkt, wel
cher fle im nahenden Herbste als feine
junge Frau heimzuführen gedachte.
So standen die Sachen, als in einer
entsetzlich stürmischen Gewitternacht ein
Reiter von der offenen Prairie von
Osten her auf das Stationsgebäude zu
jagte, vom dampfenden Pferde sprang
und mit dem Büchsenkolben heftig an
die Thür zum Wartezimmer pochte.
.Wer klopft da?" rief der Agent von
innen.
Deadshot Bill, der Pawneescout !"
antwortete der Reiter mit rauher
Stimme.
Seid Jhr's? Was wollt Ihr so
spät?"
, .Macht, daß Ihr fortkommt! Die
Sioux find mir auf den Ferfen ! 'Good
bI ab der Scout zurück, bekiea sein
Pferd und jagte in die von grellen
Bugen gelfleryast veleuozrele Prairie
längs der Bahnftraße nach Westen da
von.
In demselben Augenblick beginnt
auch schon der Telegraph zu arbeiten.
Der Agent horcht gespannt.
.Plum Creek!" lautete die Depesche.
.Ueberfall I Sioux 1 Flucht I"
Dem jungen Mann klapperten die
Zähne vor Entsetzen. Einen Moment
ist er unschlüssig, was zu thun fei. Er
ermannt fich und telegrophirt weiter:
.Ogallala ! Ucderfall ! Sioux!
Hülfe! Hülfe!
.Sie sind in Plum Creek, also zehn
Meilen von hier. Noch hab ich Zeit fie
zu warnen und zu retten I" flüsterte er.
ifiirfienh kor Ausreauna. Dann scklickt
schnell die Billets, das Geld und
sonstige Werthsachen in den Geldschrank,
ladet seine beiden Revolver und Repetir
büchse, legt die Waffen bereit, löscht das
Licht, schlüpft hinaus, verschließt das
Gebäude und läuft im strömenden Regen
hinüber zum Hause Mr. Bankers.
Ein greller Blitz zeigt ihm die Rich
tung. Endlich steht er davor.
.Hallo! Mr. Bankers! Hallo!" ruft
er laut, indem er mit der Faust an die
Fensterladen schlägt.
.Was ist los, Jim?" brüllt der Ge
rufene erschreckt.
.Rettet Euch! Tie Sioux überfallen
uns! Schnell! '
.Geht doch! In dieser entsetzlichen
Nacht?
By God! Save your life!" ES
ist keine Zeit zu verlieren!
.Der Henker hole die Bestien!
brummt Banker?. ES ist gut, Jim!
Wir verstecken uns im Eturm'eller!
Denke an Deine Sicherheit !
.Ihr seid verrückt, Bankers! Sie
werden Euch ausräuchern! ES stehen
mehrere Viehwagen auf dem Geleise!
Ich schiebe sie her! Eilt da hinein! Ich
schließe, und Ihr alle seid sicher!
Schnell!
Damit eilte der Agent zurück nach der
Strecke und schiebt mit der Kraft der
Verzweiflung einen leeren Waggon
heran, öffnet die Schiebcthüre, ordnet
das Stroh auf dem Fußboden und
wartet.
Heulender Prairiefturm. Prasseln
der Regen. Zischende Blitze. Krachen
der Tonner.
Der Agent, bis auf die Haut durch
näßt, hält aus am Wagen.
.Wenn fie ihn nur finden werden."
murmelte er. .Licht darf ich nicht
machen!
.Hallo! Jim! ruft Bankers durch
die Finsterniß. .Wo bist Du?"
.Hierher! Bankers, hierher!" j
.Schändlich; Wetter! Hilf. Jim!
Tie llis ist schwach gewcibcit.
I:mii fct Benins mit dem ächzen,
den ifcabi) in den Waggon und hilft
seine Frau herein. Jndeffm eilt der
Igent fort, findet die Ohnmächtige,
hebt fie auf und trägt die süße Last auf
seinen Armen nach dem Waggon.
Ban!:: 5! keucht er. und dieser
hedtaS leblose äochen in' den Wag
gon. .Legt sie auf das Stroh in der
Ecke! Grüßt sie von mir!
.BraderJunge. Jim! Woaberdleibst
Du?
.Auf meinem Posten! Lebt wohl!
Auf Wiedersehen! Sagt Miß Tressie.
daß ich sie liebe!
Dann schiebt er die Thüre deS Wag
gonS zu und eilt in das StationZge
gedäude zurück.
.Braver Junge. Jim!" brummt
Banlers. .Du solltest fie haben! Ader
so find die Weiber! Dann bettet er die
grauen auf da? Stroh, findet eine
schwere eiserne Brechstange und stellte fie
in Bereitschaft an die Wand.
.öuiob! Luib. buih! Hiohui.
Huioh! schallt eS auS hundert Jndia
nerlehlen von Osten her. Pferdege
trapp, l donnert über die triefende
Prairie.
.Da find ne! Da kommen fie: 'eeot,
seht die Schurken! Rette Dich, armer,
treuer Jim! ruft Banker und starrt
durch eine Ritze in der Schiebethüre.
Armer, treuer, braver Junge!"
Beim Schein der bläulichen Blitze
kann man die befiederten und bemalten
Fraden der blutdürstigen Rothhäute fast
erkennen. Im Nu umzingeln fie das
Haus des Mr. Bankers.
.Hallunken! knirscht dieser. .Ihr
werdet mir meinen Whiskey auskaufen!"
Die Hälfte der Bande ist abgeseffen
und mackii einen Anlauf gegen die
Thüre. Diese sinkt, von Kolbenschlä
gen zersplittert, zusammen, und über
die Trümmer drängen fich die Indianer
hinein.
.Huih! Huioh! Hiouhiih! Sie ha
den den Ladenraum erbrochen und rol
len die Whiskeyfäfser heraus. .Huioh!
Hui! Huih!" jauchzen die Draußen
flehenden, sitzen ad, schlagen den Füs
sern den Boden ein und saufen sich satt,
einer nach dem andern. Dann zündet
einer ein Bündel Zeitungen im Hause
selbst an, und bald schlagen die Flam
men zu Fenstern und Thüren heraus.
Hui! Huioh!" brüllten sie und suchen
taumelnd in den Ställen nach den Be
wohnern. Auch in den Sturmkeller
dringen sie ein und leuchten mit Feuer'
bränden umher.
Sucht! Sucht! lacht Banker?
Ihr werdet fie nicht finden! Dank Dir.
Jim! Du blft em braver Junge!
Wo ist Jim? Sehen wir uns schnell
nach ihm um.
Als er das Stationsgebäude erreicht
hatte, schloß er d:e Thür von lnnen,
schob mit Aufbietung aller seiner Kräfte
den Geldschrank davor und setzte fich tm
Dunkeln ln eme Ecke deS kleinen Zlm
merS. das als Billetschalter und Schlaf
räum diente, und spannte den Hahn
seiner Repcnrbüchse. Als auch er das
Geheul vernahm, stand er auf und eilte
an S Fenster. Hier sah er. wie de?
Wohnhaus deS Mr. Bankers in Flam
men aufging.
Dank Gott! Sie ist gerettet!" ftü
fterte er. .In den Waggons werden sie
niemand vermuthen! Aber kommt denn
keine Antwort?"
Schnell sprang er an den Tisch, suchte
hastig nach dem Tafter und telcgra
phirte :
Brady Island! Ueberfallen! -Hülfe!
Hülfe!
Sofort kam die Antwort von der
Station Ogallala her.
.Extrazug mit GovernmentScoutS
abgelaffen Aushalten! In 20 Mi
nuten Hülfe! Aushalten!
Aushalten will ich! flüsterte Jim
grimmig, die beiden Revolver zu sich
steckend. Sie ist gerettet, und das ist
genug! Ich halte auö!"
Er fetzt sich und erwartet den sicheren
Ansturm der betrunkenen Bestien.
Da! Ein fürchterliches Geheul, wie
von hundert Höllenhunden! Der be
zechie Schwärm der rothen Teufel wälzt
sich nun nach dem StationShaufe.
Schon find fie ganz nahe. Da schießt
Jim auf'S Gerathewohl durch die Holz
wand. Ein Stöhnen, ein schwerer Fall
auf die hölzerne Plattfoun, und der
Häuptling der Rotte wälzt sich, Blut
speiend, umher und perröchelt.
Nun prasselt eine Salve gegen die
Wand von außen her. und ein halbes
Hundert Kugeln pfeift an Jim vorüber
in die gegenüberstehende Bretterver
lleidung, welche das Wartezimmer ab
schließ!.
Jim wirst sich nieder und kriecht zum
Telegraphen.
Hülfe! Brady Island! Station
in Gefahr! Hülfe! Hülfe! figna
liftrt er in rasender Eile. Tann
springt er hinter den Geldschrank, in
deffen Salve auf Salve durch das Zim
mer kracht.
Aushalten! Aushalten! Hülfe
nah!" lautet die Antwort.
Jim wird muthig, kriecht hervor und
fängt an, das Feuer der entmenschten
Bestien zu erwidern. AIS er feine Re
petirbüchfe geleert hat, greift er zu den
Revolvern und feuert im Liegen nach
allen Seiten. Ein Dutzend zu Tode
Getroffener rollt von der schlüpfrigen
Plattform in den Graben.
.Aushalten! Aushalten!" klappert
der Telegraph.
.Und wenn ich sterben muß !" denkt
Jim. Sie dürfen nicht auf die Wagen
aufmerksam werden! Wenn nur das
Baby nicht schreit! flüst.-rt er und
rutscht auf dem Bauche noch seinem Pa
tronciigüriel. um die Revolver zu la
den.
.Hui! Huich! Hi eh! Hui! Hui!
bxt'üt die txscffenc Bcnie draußen und
zieht sich zurück tot Um glücklichen Feuer
Jirn'S.
Eine GefeihiZiiauie tritt ein. Einige
Rotthäute ' sind nach dem Wohnhause
getaumelt, um auS den im Regen ver
löschenden R uinen desselben Jeuerbrände
herbeizuholen, um da Stationsgebäude
in Flammen zu setzen, um den tapferen
Agenten auszuräuchern.
Mittlerweile haben fich zwei oder drei
Sioux heimlich den Waggons genähert.
Sie huschen lautlzS von Wagen zu
Wagen und stechen durch die offenen
Schiebethüren mit den Büchsenkolben in
dem Stroh umher. Bankers belauscht
fie, die Brechstange in der Faust, durch
eine Ritze.
.Verwünscht ! Die geschlossene Thüre
muß uns die Hallunlen auf den Hals
ziehen!" murmelte er und schiebt die
Thüre langsam auf.
.Was thust Du, Mann?" flüstert
die Frau bebend. Sie erden unö
finden!"
Schweig! Sie finden uns nicht!
Versteckt Euch im Stroh! Schnell! Sie
kommen!"
Die Frauen kriechen in den Winkel.
Das Baby ist still.
Die beiden anderen Sioux haben
mittlerweile die vergebliche Durch
suchung der Wagen aufgegeben und
find zu der Bande zurückgekehrt, die
Brand auf Brand herbeischleppt und
um daS Stationsgebäude auflhürmt.
Plötzlich steckt der dritte, zurückge
bliebene Indianer fein scheußlich be
malteS Geficht durch die Thür des Wag
gonS und schwingt sich mit einem Ruck
hinauf. Da saust die Brechstange nie
der, Blut und Gehirn spritzt umher,
und die Rothbaut taumelt lautlos nie
der auf das Stroh.
Elende Bestie! Das hast Du für
Deine Neugier!" flucht Bankers und
wirst Stroh über den Leichnam. Wie
mag eZ dem mmen Jim ergehen?
Schon ist daZ Wohnhaus bis auf den
Grund ausgebrannt, und der Regen
hat die Flammen fast gelöscht. Jeder
Ver uch, da? Stationsgebäude anzUl
zünden, ist vergeblich, und nun bereitet
fich die Rotte vor. dasselbe mit Sturm
zu nehmen. ES fällt Bankers schwer.
ruhig im Wagen zu bleiben, während
der Agent um sein Leben ringt. Aber
er muß die Frauen beschützen.
Jim blutet bereits auS mehreren
Wunden, doch wehrt er sich tapser, und
lede Roiyhaut, die in den Schein des
FeuerS zu treten wagt, bezahlt diese
Kühnheit mit einer Schußwunde. Von
der ringsum aufgehäuften Gluth find
jedoch die Scheiben im Wartezimmer
geplatzt, und erstickender Rauch dringt
herein, der dem schießenden Agenten das
Zielen erschwert und ihn durch daS
laute Husten verräth. Mit Aufbietung
des Restes seiner Kräfte schleppt Jim
fich zu dem Apparat und telegraphirt
mit blutigen Fingern:
Bin verloren! Hülfe! Kann
mich nicht lange mehr halten!
Hülfe!
Aushalten! Aushalten! erwidert
der Kollege von Ogallala her. Zug
Hat North Platte paffirt ! AuShal
ten!
North Platte ist die letzte Station
westlich vor Brady Island. Gottlob,
nun kann es nur noch etwa zehn Minu
ten dauern.
Aushalten! Aushalten!" wieder
holt der Apparat.
Hui ! Hui l Huioh I heult die blut
gierige Rotte und bearbeitet die starke
eichene Thür zu dem Billetzimmer mit
Tomahawks und Gewehrkolben. Jim
feuert feine letzten Patronen, dann sinkt
er ohnmächtig nieder in seinem Blute.
Er kann nicht mehr. ES muß bald aus
mit ihm sein.
Tresfie! Tresfte! Der Himmel schütze
Dich!" stöhnt er leise.
Horch! In der Ferne rollt und rasselt
eS heran!
Bankers lauscht. Der heulende
Sturm trägt den Schall deutlich her
über. Der strömende Regen kann daS
Geräusch nicht mehr dämpfen.
Hurrad! ru t Bankers. Hülfe
kommt l Er schaut auS dem Waggon
und erblickt etwa 500 AardS westlich
auf den Schienen ein heranschleichendes,
schwarzes, funkenstiedendeS Ungeihüm.
fcs ist die Maschine des Extrazuges von
Ogallala, die langsam, ohne Kopf,
lalerne. heranrollt. Der Zug ist da!
Hurrah! Hurrah! Halt aus. Jim.
braver Junge! Halt aus! Noch zwei
Minuten, und wir alle find gerettet I"
Der Waggon fängt an zu zittern und
zu schwanken. Man bört das Brum
men deS kochenden Wassers im Damvf
kessel. Ein Zischen, Knarren. Dröhnen
und Tonnern und der Zug. eine
Maschine nebst Tender und zehn Fracht
waggonS mit bewaffneten ScoutS rollt!
an dem Stationsgebäude vorüber und
bremst. Das Gebrüll der Rothhäute,
das Geprassel deS Gewehrfeuers bindert
diese daran, den Zug rechtzeitig zu be
merken.
Sofort öffnen fich die Thüren der
Waggons, heraus springen die tapferen
ScoutS, ihnen voran ein Offizier der
U. E.'Jnfanterie mit gezogenem Degen
und im Nu wimmelt die Plattform
von blitzenden Flintenläufen und Ba
jonnetten.
Salve! commandnt der Offizier.
Legt an! Feuer!
Hei l Wie das blitzt und knallt ! Hur
rah! Die rothen Teufel sinken paarweise
zusammen. Der Rest eilt zu den Po.
im? ur.s ja;t davon. Ban!u3 ist mit
der eisernen Brechstange herbeigeeilt und
schlägt die sich etwa öryedenden erbar
mungZloZ nieder.
Hallo! Mr. Banker?!" ruft eine
Stimme durch den Lärm.
.Hier! Hier!" brüllt dieser.
Lebt Miß Tresfie? Lebt fie noch?
EZ ist der junge Eonducleur, welcher
auf der Maschine mitgefahren war.
.Sie lebt! Hurrah! Wir sind ge
rettet! Hurrah! judilirt Bankers und
fällt dem jungen Mann um den HalZ.
.Kommt ! Kommt l Tort sind fie alle
wohlbehalten im Waggon l Der brave
Junge hat uns alle gerettet! Hurrah
für Jim Dooney! Mein HauS ist hin!
Mein Whisky ist auSgefoffen. Aber wir
find gerettet! Kommt!
Damit eilen beide nach dem Waggon.
.Tresfie! Mein Engel!
.Bob! Mein guter, lieber Bob!
Braut und Bräutigam liegen fich in
den Armen und weinen vor Glück und
Freude.
Inzwischen haben die Truppen die
schwelenden Brände von dem StationS
gebäude hinweggeräumt und die Leichen
bei Seite geschoben.
.Auf !' ruft der Conducteur. Laßt
uns unsern Sieg nach Ogallala tclc
gradhiren. Man ist gespannt auf die
Nachricht! Hallo! Jimmie!
Damit eilt der junge Mann in da
Billctzimmer.
Entsetzt prallt er zurück. DaS junge
Mädchen stößt einen herzzerreißenden
Schrei aus und finkt ohnmächtig ihrem
Geliebten an die Brust.
AuS dreizehn Schußwunden blutend,
bleich wie Schnee, die Arme mit den
leergeschossenen Revolvern weit von sich
gestreckt, liegt der' Agent da in den letz
ten Zügen. Noch einmal erhebt er den
Kopf. Sein brechender Blick streift
die zarte Gestalt Tressie'S. Ein weh
müihigeS Lächeln auf den Lippen, ein
tiefer Seufzer und er stirbt zu ihren
Füßen.
.Braver Junge. Jim! Braver
Junge! ruft Bankers und wischt sich
die Augen.
Aushalten!-Aushalten!" klap
pcrt der Telegraph.
2ldmiral Tromp.
Am 25. April waren es 300 Jahre
her. daß Maarten HarpertSzoon Tromp.
einer der größten Seehelden, welche die
Welt gesehen, in Bnelle geboren wurde.
durch dessen Einnahme durch die Wasser
geusen am 1. April 1752 der achtzig
jährige Freiheitskampf gegen Spanien
eröitnet wurde. ES rn eme eigentyum
liche Erscheinung, daß, während unter
den Statthaltern die hervorragenden
Führer des LandheereZ fast durchweg
dem Adel, theilweife sogar fürstlichen
Fammen angehörten, gerade die besten
und berühmtesten Flottenführer ganz
niederer Abkunft waren, fo Jakob van
Heemökert, Piet Hein, Tromp und De
Ruyter.
Tromp'S Vater war ein einfacher
Matrose; seine Lebensgeschichte stellt
einen förmlichen Roman dar. Bon
seinem achten Lebensjahre an schwärmte
er auf allen Meeren der Erde umher;
er war verschiedene Jahre Sklade eines
englischen Seeräubers, entrann wie
durch ein Wunder der Gefangenschaft.
nahm dann auf holländischen auf
fahrteifchiffen Dienst, wo er Rangstufen
bis zum Eapitän rasch durchlief, und
trat chlleklich in den Dien der ttflsitr
schcn Kriegsflotte. Diese hatte zwar
an tüchtigen und erfahrenen Offizieren
durchaus keinen Mangel, aber eS fehlte
durchweg an einer einheitlichen Leitung
Hätte Piet Hein. der Eroberer der fpa
nifchen Silberflotte und einer der genial
ften Admirale, länger gelebt, so würde
er diese Aufgabe wohl erfolgreich gelöst
haben. Die Eeneralftaaten sahen diesen
Fehler auch recht out ein und übertrug
gen deshalb nach dem Tode Piet Hein'S
dem Statthalter Friedrich Heinrich die
Würde eines General.AdmiralZ. in der
die Leitung deS ganzen Seewesens con
centrirt werden sollte. Der Prinz war
durch die Kriegführung zu Lande zu
sehr in Anspruch genommen, als daß er
derFlotte die nöthigcAufmerkfamkeit und
Arbeitskraft hätte widmen können, aber
er wußte eZ doch durchzusetzen, daß im
Jahre 1637 der noch nicht 40jährige
Capitän Tromp, der kurz vorher auS
Aerger über die Verhältnisse in der
Flotte feine Einlassung genommen
hatte, als LleutcnantMdmlral zum
Oberbefehlshaber sämmtlicher Streit-
kräfte der Republik zur See ernannt
wurde. In unglaublich kurzer Zeit
wurden die allernöthigften Reformen zu
Stande gebracht; man konnte alsbald
den Seeräubern von Tünklrchcn, die
dem holländischen Handel un äglichen
Schaden zufügten, kräftig zu Leide
gehen, und im Jahre 1639 wurde die
an der englischen Küste bei DuinS vor
Anker liegende spanische Flotte von
Tromp angegriffen und trotz ihrer
Uebermacht vollständig vernichtet. Von
dieser Niederlage, die für Spanien in
Anbetracht der Verhältnisse noch viel
schwerer und verhängnißvoller war, als
der Untergang der Armada, hat es fich
niemals mehr erholt und feine Kräfte
zur Fortsetzung deS Krieges waren ge
brachen. So kann Tromp als der
eigentliche Schöpfer der niederländischen
Flotte gelten, die in der Folge die juhre
langen Kämpfe mit England um die
Herrschaft zur See zu führen hatte.
Aber er war nicht nur ein Meister
hafter Organisator, auch die Taktik er
fuhr durch ihn eine vollständige Um1
Wandlung. Da zeigte sich zum ersten
Male bei TuinZ, wo die holländische
Flotte unter den Aiigen deS englilchkn
Königs und zahlreicher britischer Ece
osfiMre ihre glänzenden Operationen
au-fuhrte. Ein neue? Licht Übe? die
Taktik", heißt eS in einem bald darauf
erschienenen Werke eines englischen
MarineossijierZ, .ging plötzlich vor
den englischen Seeleuten auf. wodurch
fie ganz andere Lehren empfingen, die
fich ihrem Gedächtnisse tief einprägten.
Zum ersten Male sahen sie statt eines
Schauspiels einzelner Kämpfe von
Schiff gegen Schiff, worauf sich ihre
bisherige Erfahrung beschränkte, den
wohlderechncten Kampf einer ganzen
einheitlich geleiteten Flotte und die vev
vielfältigte Macht der Berechnung und
Führung. Und als endlich die Zeit
angebrochen war, daß fie selbst diesem
erfahrenen und kundigen Admiral
gezenüdertreten mußten, waren fie zur
Ueberzeugung gekommen, daß fie die
frühere unzweckmäßige Weise der Krieg
führung aufgegeben und ihre Flotten
nach dem Borbilde ihres großen Geg
nerS und Lehrmeisters führen mußten
AIS Spanien zu Boden geworfen
war und der Friede von Münster die
Selbständigkeit und Unabhängigkeit
der Republik feierlich anerkannt hatte.
begann der ungleiche Kamps gegen
England (Mai 1652 bis April 1654).
Alle Verhältnisse hatten fich zum Nach
theile der Republik verändert; im In
neren standen einander zwei Parteien.
die oranifche und die ftaatische, mit
bitterem Hasse gegenüber, mit der Ab
schaffung der Statthalterschaft war
auch die Würde eines Gcncral-AdmiralS
in Wegfall gekommen, daS Band zwl
fchen den fünf Admiralitäten war zcr
schnitten, fo daß fie auf'S Neue Provin
zial.Collegien wurden, jede suchte ihre
Verpflichtungen auf die Schultern der
anderen zu werfen, häufig fehlte eö an
Geld zur Anschaffung der nothwendige
sten AusrüftungSmittel, die holländische
Schiffe waren viel kleiner und schwächer,
als die englischen, hatten weniger und
leichtere Geschütze als diese und waren
auch schlechter bemannt, so daß Tromp
erklärte, daß wenigstens 50 Schiffe in
der englischen Flotte namhaft machen
könne, von denen daS schlechteste besser
sei. a!S daS beste holländische."
Die Besatzung der holländ. Flotte be
stand zum großen Theil aus Landfolda
ten, die daS Meer noch nie gesehen hat
ten und alsbald seekrank wurden, ja. eS
kam mitten im Kriege sogar vor. daß
die Admiralität von Amsterdam auS
Mangel an Geld gezwungen war.
sämmtliche Arbeiter auf der Schiffswerft
zu entlassen, wiewohl Tromp und Te
Ruyter erklärt hatten, nicht mehr in
See stechen zu wollen, wenn man ihnen
keine neuen und besseren Schiffe liefere,
Und trotz alledem wurden in 15 Mona
ten 12 große Seeschlachten geschlagen.
aus denen die holländischen glottenfüh
rer, namentlich Tromp. wenn auch
nicht vom Glück begünstigt, doch mit
unsterblichem Ruhme bedeckt, hervorgm
gen.
Eine Zeit lang war Tromp in Un
gnade gefallen und deS Oberbefehls ent
fetzt worden, weil man ihm Schuld gab.
daß die Hälfte der Flotte am 5. August
durch einen Sturm verloren ging. Als
aber der Admiral DeWitt, hauptsächlich
durch die Pfllchtvergeffenheit vieler Ca
pitäne. am 8. Oktober eine empfind
liche Niederlage erlitten hatte, wurde
Tromp wieder mit dem Oderbefehl ot
traut. Am 1. Dezember stach er mit
neunzig Kriegsschiffen in See und schlug
am 10. Dezember den Admiral Blake,
der nach der Themse flüchten mußte,
und dessen Flotte nur durch das Em
brechen der Nacht vor vollständiger Vev
nichtung bewahrt wurde. Bald darauf.
am 28. Februar 1653, kam es zwischen
Tromp und Blake zur dreitägigen See
schlacht bei Portland; am dritten
Schlachttage hatte die Hälfte der hollän
dischen Flotte kein Pulver und keine
Kugeln mehr, der Vortheil war auf
Seiten der Engländer, aber der Ruhm
war gleich. Tromp hatte, wie Cov
nelius DeWitt, der auf der Flotte an
wefende Bruder Johann DeWitt'S. an
diesen berichtete, wunderbaren Muth
gezeigt und ein unglaubliche? Talent
entwickelt. Am 12. Jum stand Tromp
dem Admiral Monk bei Nieuwport ge
gcnüber; die viel schwächere holländische
Flotte wurde geschlagen. Am . und
10. August kam eS zur Schlacht bei der
Ter Heyde lm Angesicht der Küste.
Tromp konnte die englische. 112 Schisse
starke Flotte, nur mit 82 angreifen,
zum Glück stießen noch 27 Segel zu ihm:
der heftige Streit blieb zwar unentschie
den, aber der Feind war doch genöthigt,
die holländische Küste, die er acht Wo
Hen lang blockirt hatte, zu verlassen.
Gegen das Ende dieser Schlacht wurde
Tromp auf feinem Admiralfchiff von ei
ner Kugel tödtlich getroffen, und damit
war feine ruhmreiche Laufbahn geschlos
fen. Seine Leiche ruht nicht weit von
der ramschen Gruft in der Kirche von
Delst neben derjenigen von Hugo Gro
tiuS.
Unbeschreiblich groß war die Trauer
um den Hingeschiedenen Seehelden. Ter
Rathspenftonär. Johann de Witt. der
große Staatsmann, der mit Tromp.
einem beaeiflerten Anhänger deS orani
fchen HauscS, zeitlebens auf gefpann
tem, ja oft geradezu feindlichem Fuße
stand, schrieb an den niederländischen
Gesandten in Paris wenige Tage nach der
derhängnißvollen Schlacht: Er war ein
Seebeld. dessen Gleichen die Erde wenige
getragen hat und in der Zukunft viel
eiazi niazi roieocr rrpeqen w.iu.
2ai P ntif sin 04 ZigkriZaerö.
Ein Engländer Namens Walter
Lrock, Ingenieur an der EüdMahiatta
Eisenbahn in Indien, hat auf gräßliche
Leise seinen Tod gesunden. Er ist da?
Opfer seiner Leidenschaft clS Tiger
jüger geworden, nachdem er unzählige
Male bei Ausübung dieses gefährlichen
Sports Glück gehabt hat und bereits
eine große Sammlung ptächtiger Häute
befaß, die sämmtlich von Tigern her
rührten, die er eigenhändig erlegt zu
haben fich rühmen durste. Der Mann
bat die Adftcht gehabt, in allernächster
Zeit nach England zurückzukehren. Er
wollte vorher nur noch einmal feinem
LiedlingSvergnügen nachgehen, um
wenn möglich, noch einem Tiger den
GarauS zu machen. Zufällig erhielt er
bald darauf die Mittheilung, daß eines
dieser blutdürstigen Thiere feinen eige
ncn Distrikt unsicher mache, und schnell
entschlossen begab sich der kühne Jäger
mit zwei anderen Sportliebhabern in
die Dschungeln, um dem furchtbaren
Raubthier auf die Spur zu kommen.
Man entdeckte seine Führte auch nach
kurzer Zeit und Brock sah zu seiner
Freude, daß es ein ganz besonders
großes und prächtig gezeichnetes Exem
plar war. Der erste Schuß aus seinem
Gewehr traf bereits, aber nicht tödtlich;
der anscheinend schwer verwundete Tiger
schleppte sich fort und verschwand im
Dickicht. Mr. Brock folgte der Fährte
de ThicreS, ohne darauf zu achten, ob
feine Jagdgenosscn auch in feiner Nähe
blieben. In einiger Entfernung er
blickte er endlich den angeschossenen
Tiger ausgestreckt am Boden liegen.
Er eilte näher und warf zuerst Vorsicht?
halber einen Stein nach dem wie ledlo
daliegenden Körper. WaS nun folgte,
war daS Werk eines Augenblicks. Da?
Thier sprang auf und stürzte sich auf
den unglücklichen Jäger, ehe dieser noch
fein Gewehr anlegen konnte. Der rechte
Arm de? Manne? wurde in dem furcht
baren Kampfe entsetzlich zerfleischt und
sein Kopf buchstäblich skalpirt. Die
auf die Hilferufe herzueilenden Shikar
rie? verscheuchten den wüthenden Tiger
endlich, der sich wieder in daS Dickicht
flüchtete, wo er am nächsten Tage todt
aufgefunden wurde. Mr. Brock, der
trotz seiner gräßlichen Wunden noch ei
nen Weg von zwei englischen Meilen
zurücklegte, starb nach 24 Stunden im
Hospital.
in lustiges Radfahrerstücklein.
Vor Kurzem pafstrte in einem hesfi
schen Städtchen ein luftiges Radfahrer
ftücklein. Stand da an einem schönen
Nachmittage ein biederer und wohlbe
leibter Metzzermeister breitspurig an sei
ner Ladenthür. Ihm zu Füßen spielt
ein allerliebstes , kleines Kätzchen. ES
war eine rührende Idylle. Doch mit
deS Geschicke? Mächten Plötzlich
stürmt hoch zu Stahlroß ein Jüngling
heran, da, ein Ruck! ein Krach!
und Roß und Reiter lagen auf der
Erde! DaS arme Kätzchen streckte ent
seelt alle Viere von fich; der Radler
hatte e? überfahren. In düsterem
Schweigen und mit grimmigen Blicken
musterte der biedere Schlächtermeister
den unglückseligen Sportsmann, der
dastand, als ob er nicht bi? drei zählen
konnte. Endlich erholte er fich von sei
nem großen Schrecken, stammelte un
zählige Entschuldigungen, und sagte
dann zum Metzgermeifter, der immer
noch in düsterem Schweigen verharrte:
Wisse Se was. Maafter, ist kann ja
doch deß aarm Kätzi net mehr lewendig
mache, awwer wir drinke jetzt e gut
Flafch Wein zusamme! Und fie man
derten selbander zur nächsten Kneipe,
und tranken eine Flasche und noch eine
Flasche, bis fich das Geficht deS geftren
gen Metzger? wieder aufheiterte zur
Freude deS Unheilstifters. Der Rad
fahrer bezahlte die nicht kleine Zeche und
zog erfreut von bannen. Als er gerade
im Begriff war, fein Stahlroß zu beftei
gen, zog ihn Freund Metzgermeifter zur
Seite und sagte in bedauerndem Tone:
Ei. wann ich jetzt nur wißt', wem deß
dumme Vieh gehören dhet!"
Tie Hände Napoleons.
Ein französischer Journalist George?
Barral hat vor einigen Jahren in seinen
Familienpapieren ein höchst interessante?
Dokument aufgefunden, welche? er
wahrscheinlich demnächst veröffentlichen
wird. ES handelt sich um eine Zeich
nung der beiden Hände Napoleon? de?
Ersten, nach der Natur ausgeführt am
Tage nach der Schlacht bei Bautzcn von
dem Großvater de? betreffenden Jour
nalisten. der Unteroffizier bei den Gre
nadicren der kaiserlichen Garde war.
Dieser stand zufällig hinter dem Kaiser
während einer langen Unterredung des
selben mit einigen Offizieren. Der
Kaiser hielt feine Hände hinter dem
Rücken, und der Unteroffizier, der ein
vortrefflicher Zeichner war, kopirte sein
Modell mit größter Genauigkeit, indem
er besonders wie er in seinen Papieren
ausdrücklich hervorhob den Handlinien
große Aufmerksamkeit schenkte. Herr
Barral hatte im Jahre 1884 diese
Zeichnung dem berühmten Handwahr
sager DeSbarolle vorgelegt, ohne ihm
vorher mitzutheilen, welche Hand hier
dargestellt war. DeSbarolle. der glaubte.
daß die Hand eine? Vorfahren? Bar
ral? fei, gab feinem Erstaunen darüber
Au?druck, daß der Mann, welcher diese
Hand hatte, nicht etwa? Außerordent
liche? gethan habe. Erst nach beendig
ter Konsultation erfuhr DeSbarolle den
wahren Sachverhalt und triumphirte
dann natürlich nicht wenig über seine
große Wahrsageleiftung.