Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 16, 1898, Image 12

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    Die fliegende Feldwache.
:oii .1. v. I cgcn.
Ter B.Pfr d.'Z Rittergut.:? Stein
Weiber, Herr Stein, war tiv.it der tu
liedtegen Reserve osfijirre dcS in der
Nadarftdt garnifouirenden Füsilier
batjillonS. In diesem Jahre war nun
allgemeiner Jubel, 013 er alZ Seconde
lieutenant d. . zu einer achtwSchcr.l.
lichm Uebung im Sommer eingezogen
wurde. Er war ftetZ ein so fidel,
luftiger (eftllschafter und sobald er den
bunten Rock angezogen, gan, Soldat.
Sein Antritt war im Kasino mit
einer tüchtigen Bowle gefeiert worden
und man sah am andern Morgen recht
viele bleiche Gesuchter beim Ausrücken.
Einige Zage darauf rief der biedere
unverheirathete Major Stein sowie den
Lieutenant von Müller zu sich.
Meine Herren, also morgen sollen
Sie abgeschlachtet werden, oder zu
deutsch. Ihre gegenseitige Uebung
machen, die Sache wird sich in der Nähe
?ldreS Gute? ad vielen, bester feiern.
Die Herren waren entlassen. Am
Nachmittage hatte Letzterer eine längere
Unterredung mit dem BataiUonZ.Adiu
tanten, nach welcher er sein Pferd sat
teln ließ und vergnügt nach Eteinwer
der trabte.
Tort mußte Madame Wieland, die
dem Junggesellen bereits fünf Jahre
die Wirthschaft führte, sofort erscheinen.
Man conferirte lange zusammen, und
die erfahrene HauZdame memte zu jo
bann, dem ergrauten Kammerdiener
.Nein, so ein Unsinn ist mir noch nicht
vorgekommen, unser Herr wird noch
verrückt."
Aber waS giebt eS denn, befle grau
Wicland?
Ich darf ja über die Sache noch
nicht sprechen. eS soll strengstes Geheim
niß bleiben, na Sie werden morgen die
Geschichte noch zur rechten Zeit erfahren,
eS ist geradezu eine Verrücktheit 1"
Ach sagen Sie mal"
Johann !" rief Stein.
Herr Lieutenant l"
Tu packst zu morgen zehn Flaschen
Roth und dieselbe Zahl Weißwein ein,
dann zmei Flaschen Cognac und zwei
Flaschen Sherry. Ferner wird ein
großes Faß Bier bereit gehalten !"
Zu Befehl. Herr Lieutenant ! Wo
soll das hin?"
Das wirft Du alles noch rechtzeitig
erfahren I"
Zu Befehl, Herr Lieutenant !"
Na, Madame, das kann gut wer
den", rief Johann in die Küche tretend,
denken Sie nur, ich soll zwanzig Fla
schen Wein einpacken und auch noch
Cognac und Sherry. Wo das nur
hinaus will !"
Ja, allemal wenn der Herr den
bunten Rock an hat, ift er wie aus dem
HSuSchen."
Dieser begab sich wieder nach Bodun
gen, machte im Kreise der Kameraden
einen langen Abendschoppen und stand
früh 4 Uhr mit fünf Unteroffizieren
und sechzig Mann zum Abmarsch auf
dem Kasernenhof bereit. Der Bataillons
schreibe! überreichte ihm ein geschloffe
neS Eouvert, das seinen Auftrag ent
hielt, und welche? er an dem Kreuzung?
Punkt der Wege Bodungen Stein
Werder öffnen sollte.
TaS ift ja ausgezeichnet", meinte
Stein, je näher an meinem Gute, defto
besser !"
Nach einftündigem Marsch erreichte
man den betreffenden Punkt, war
tungSvoll öffnete Stem daS Papier.
Wirklich famoS!" rief er, nachdem
er gelesen. Er befahl die Unteroffiziere
ZU sich.
Also ich habe den Befehl, hier an
dem Holz vor Steinwerder eine Feld
wache aufzustellen und mich in dieser
Stellung so lange zu halten, bis von
dem Kommandeur ein anderer Befehl
eintrifft. Meine BertheidigungZlinie
werde ich also an den Holzrand legen,
während ich die Feldwache an die große
Eiche dort stellen werde."
Nachdem er den ältesten Unteroffizier
mit dem Aufstellen der Posten betraut,
rief er Borutta, seinen derzeitigen Bur
schen, bei Seite.
Borutta, paß nun genau auf, wag
ich sagen werde. Also Du gehst jetzt
direkt nach Steinwerder zu Johann
und bestellst ihm, er solle mit dem
Frühstück sofort nach der großen Eiche
fahren, Du kommst dann ebenfalls
dorthin mit."
Zu Befehl. Herr Lieutenant !"
Borutta kannl? den Weg nach Stein
Werder sehr genau. ES führte ein Fuß
weg durch die Wiesen fort, dann ein
Waldweg durch die Tannenschonung
und man sah Steinwerder im Thal vor
sich.
Der Auftrag kam ihm sehr gelegen ;
eS war jedenfalls besser, jetzt mit der
Cigarre gemüthlich einen kleinen Spa
ziergang machen zu können, als auf
Doppelposten zu stehen.
Gemüthlich schlenderte Borutta durch
die Wiesen, machte hin und wieder, wo
er Leute beim Heumachen traf. Halt,
um sich etwas zu unterhalten, und be
trat die Tannenschonung. Hier war eS
recht angenehm kühl nach dem sonnigen
Weg durch die Wiesen. Borutta machte
Halt, nahm umständlich sein rothwolle
neS Taschentuch aus dem Stock und
wischte sich bedächtig den Schweiß von
der Stirne.
Er wollte gerade seinen Marsch fort
setzen, als ein gebieterisches Halt !"
ihn daran verhinderte und eine Pa
trouille, ein Gefreiter und zwei Mann
vor ihm standen, deren weiße Helmkap',
pen ihm bedeuteten, daß sie zur sein!)
liehen Partei geholten.
Na einen hatten wir." lachte der
Gefreite, wo find die beiden anderen
Leute Ihrer Patrouillci"
Ich bin ganz allein," meinte St'o
mlia, ich soll im Äustiage meines
Herrn nach Steinrrtroer gehen, da wer
det Ihr doch wohl hoffentlich nichlZ da
gegen einzuwenden Hasen.
I was Du schlau bist. nichtZ da!
Tu dift unser Gksangener und mußt
mit zum Lieutenant von Müuer.
.der ich muß doch meinen Luftrag
ausrichten!"
Sollst Du auch, wenn eZ unser
Lieutenant erlaubt."
Schweigend ergab sich Borutta in
sein Schicksal. Nach wenigen Minuten
gelangten sie in hohe? Stangenholz,
woselbst Lieutenant von Müller hinter
einer kleinen Anhöhe seine Feldwache
aufgegellt hatte.
Wen bringt Ihr denn da?" rief er,
alZ er die Patrouille erblickte.
Einen Gefangenen, Herr Lieuw
nant !"
Ah Borutta. der Bursche deZ Lieute
nantS Stein!" lachte der Müller,
Junge, wie konntest Du Dich gefangen
nehmen lassen. Du bist wohl von
Deiner Patrouille abgekommen?"
Ich gehöre zu keiner Patrouille und
solle nur einen Auftrag meines Herrn
nach Steinwerder bringen.
So, was ift denn da so Eiliges zu
bestellen?"
Ich sollte dem Johann hagen. daß
er mit dem Frühstück sofort nach der
großen Elche fahren sollte."
So so; na mein Burschchen, ich
will Dir waZ sagen; Tu als Feind
darfst auf keinen Fall vor Beendigung
der Uebung zu Deinem Herrn zurück.
denn Du würdest demselben sofort
meine Stellung verrathen. Tu bleibst
hier, ich werde aber durch einen meiner
Leute Deinen Auftrag an Johann aus
richten lassen."
Seufzend mußte Borutta zwischen
zwei Leuten der geldwache Platz neh
men, indessen Müller einen pfiffig aus
sehenden kleinen Gefreiten bei Seite
rief.
Also aufgepaßt, Wagner! Sie gehen
jetzt schleunigst zu dem alten Johann
nach Steinwerder, bestellen ihm im via
men des Lieutenants Stein, er solle so
fort nach der Waldwicse, Sie wissen ja,
sie liegt ungefähr hundert Schritt hinter
uns, hinter dem Erlengebüsch, mit dem
Frühstück kommen. Begleiten Sie ihn,
und wenn ihr angelangt seid, melden
Sie eS mir. Auch Alles ordentlich der
standen?"
Zu Befehl, Herr Lieutenant, eS
handelt sich um die Weznahme eines
feindlichen Transportes."
Ganz recht, nun machen Sie Ihre
Sache gut."
Wagner langte nach etwa zwanzig
Minuten in Steinwerder an. Johann
lehnte in der Hausthür und betrachtete
neugierig den ihm unbekannten Sol
baten.
Guten Morgen, mein Herr," sagte
dieser, habe ich vielleicht die Ehre,
Herrn Johann, den Kammerdiener des
Herrn Lieutenant Stein, zu sprechen?"
Allerdings, der bin ich, wag wün
schen Sie?"
Herr Lieutenant Stein, zu dessen
Abtheilung ich gehöre, läßt Ihnen
sagen, Sie möchten doch sofort mit dem
Frühstück nach der kleinen Waldwiese
fahren, dort drüben hinter dem Buchen
holz, ich soll Sie führen."
So so, schön. Ich werde sofort
anspannen lassen. Madame!" rief er
in die Küche tretend, jetzt wissen wir,
waS der Herr mit dem bestellten Früh'
stück will, seine Soldaten sollen auf der
Waldwiese am Buchenwalde regalirt
werden!"
Ist das die Möglichkeit? nun, ich
habe Alles fertig."
Bald fuhr, von Johann geleitet, ein
kleiner Einspänner nach der Waldwiese.
Der Gefreite eilte zu Müller.
Mit dem feindlichen Transport zur
Stelle!" meldete er.
Schön, schön. Achtung Leute!"
rief Müller. Dort hinter dem Erlen
gebüsch ift Fourage für Euch angekom
men. Ihr könnt zu sechs Mann
immer hingehen und Euch stärken, ver
haltet Euch aber recht ruhig dabei.
Meine Aufstellung ist eine sogenannte
fliegende Feldwache, das heißt, Ihr seid
an Eurem Platz nicht so genau ge
bunden."
Zu Befehl, Herr Lieutenant l"
Müller trat zu Johann.
Nun, Johann, waS haben Sie denn
für gute Sachen gebracht? Ihr Herr
wird auch sofort kommen, er meinte,
wir sollten nur immer mit dem Früh
stück beginnen."
Johann nahm alles vom Wagen.
Schnell hatten dienstbereite Hände das
Faß Bier kunstgerecht angesteckt, Johann
legte Butterbrode, harte Eier und Wurst
auf ein Tischtuch. Müller ließ sich
den alten Rothwein deS Freundes treff
lich schmecken, während die Soldaten
dem Bier tapfer zusprachen. Ablösung
auf Ablösung kam und ging höchst be
friedigt von bannen.
So waren fast alle Leute seiner Ab
theilung gestärkt, als eine Patrouille
kam mit der Meldung:
Herr Lieutenant, der Herr Major
kommen und werden in etwa zwanzig
Minuten hier fein!"
Schnell die fliegende Feldwache ver
lassen!" kommandirte Müller. Alles
begab sich lautlos wieder an den alten
Platz.
Der Major war unterdessen in der
Poftenlinie angelangt und examinirte,
wie eS so seine Etwoh::hcit war, die ein
einen Pcsiin. Dieselben waren in
ftruiit. der Major nick sehr desrie
digend ur.d ritt zum rechten Flügel
Posten, um auf dein Holzwege Über die
sen zur Fe!d.nachk zu gelangen.
Johann La-ler, der hier auf Posten
stand, war nicht gerade der klügste Sol
dat und hatte zum Uederftuß auch noch
das Ste'.nwerder'sche Bier sich auZge
zeichnet schmecken Iar,en.
Wer sind Sie?" fragte der Major.
roppilposten Nummer 1 der Feld
wache Nummer Nummer "
stotterte der Mann verlegen.
Nun?"
Jetzt fiel dem Unglücklichen ein, daß
der Lieutenant gesagt, eZ sei eme fiie
gende Feldwache.
Der fliegenden Feldwache. Herr
Major !"
Der waZ?" wunderte sich dieser.
Ter fliegenden Feldwache. Herr Ma
jor!"
Unglaublich! schauderhast!" Ter
Major warf dem Posten einen dcrnich
tendcil Blick zu und eilt zur Feldwache,
woselbst Müller meldete:
Feldwache hat ausgestellt drei Top
pelposten, auf Wache und Posten nichts
Neues !"
Gut, mein lieber Müller, gut. Ich
bin mit der Aufstellung zufrieden. Ader
hören Sie mal. da ift ein Mann Ihre
Doppelpostens Nummer 1 gar nicht in
ftruirt. Denken Sie, der Mann nennt
die Feldwache eine fliegende". Ich
bitte, den Mann ja genau noch einmal
zu inftruiren. Was Ihren Auftrag
unbedingt anbelangt, so haben Sie hier
stehen zu bleiben und einem vermuth
lichen Angriff deS Feinde gegen Hum
melZburg energischen Widerstand zu
leisten."
Zu Befehl. Herr Major!"
Dieser ritt, gefolgt von dem Adju
tanten, auf eine Anhöbe, um von hier
auS der weiteren Dinge zu harren.
Er war nämlich, bevor er zu Müller
ritt, bereits bei Stein gewesen; hatte
dessen Aufstellung revidirt, sich damit
einverstanden erklärt und demselben be
fohlen, in einer Dreiviertelstunde den
Vormarsch gegen HummelSdurg anzu
treten und zu versuchen, sich in Besitz
genannten Dorfes zu setzen.
Aergemch ging Stein mit der Uhr m
der Hand auf feiner Feldwache hin und
her.
Wo nur Johann bleibt?" murmelte
er, er mußte längst hier sem! Oder soll
Borutta etwas Dummes bestellt haben?
Ich hatte mich so gefreut, meine Leute
zu bewirthen."
Noch fünf Minuten fehlten an der
vom Major bestimmten Zeit, kein Jo
hann war zu sehen. Stein mußte seine
Posten einziehen und trat den Vormarsch
gegen Hummelsburg an. Etwa vier
hundert Meter vor dem Holzrand ent
fernt. den Müller besetzt hatte, erhielt er
Feuer. TodeZmuthig drang er jedoch
vor, bis das Signal des Hornisten das
ganze Halt" der Uebung ein Ende
machte. Der Major rief die Ofnziere
und Unteroffiziere zur Kritik.
Beide Herren haben ihren Auftrag
erfüllt. Zum Schluß Herr Lieutenant
von Müller, möchte ich Sie nochmals
daran erinnern, Ihre Leute ja genau
inftruiren, damit leine Mißverständnisse
eintreten.
Zu Befehl, Herr Major. Gestatten
der Herr Mazor mir em Wort?"
Gewiß, bitte."
Ich bin gewissermaßen an der Ant
wort des ManncS schuld, Herr Major.
Ich sagte den Leuten nämlich, unsere
Feldwache sei heute eine fliegende", die
Leute seien nicht immer an den Platz
gebunden!"
Wie so. ich verstehe nicht!"
Müller berichtete Alles und führte die
Herren hinter das Erlengebüsch, woselbst
dieselben sich stärkten, ebenso Stein'S
Leute, für welche die Feinde noch genug
Stoff übrig gelassen.
Noch lange wurde Stem mit der
fliegenden Feldwache" geneckt und auf
gefordert, recht bald wieder genügenden
Ttoff zu liefern für eme:
fliegende Feldwache".
Der Schatz auf dem Friedhof.
Von I. H. Giers.
Eine recht zeitgemäße Geschichte möchte
ich erzählen, die jetzt, wo man in Berlin
die Friedhöfe zu Schatzkammern" zu
machen beliebt (siehe Grünenthal").
nicht ohne Interesse fein wird.
Vor einigen Jahren hatte ich derufS
halber in einer kleinen Stadt im schönen
lsachsenlande mein Domizil aufgefchla
gen. Die Straße, in der meine Wob
nung lag. konnte ich mit der Zeiterfpar
niß von circa zehn Minuten erreichen,
wenn ich den Weg quer über einen gro
ßen. alten Friedhof nahm, der längst
nicht mehr im Gebrauche war. Da
meine Thätigkeit mich zumeist bis spät
Abends vom Hause fern hielt und ich
auch gerne nachher am Stammtische des
Goldenen Löwen" des Daseins Bitter
leiten zu vergessen suchte, so wühlte ich
gewöhnlich jenen kürzeren, einsamen
Weg. Den Friedhof durchschnitt eine
ziemlich breite Allee, beschattet von ur
alten Baumriesen. An beiden Seiten
von verwitterten Denksteinen eingefaßt.
zweigten sich nach rechts und links
schmälere Wege nach den einzelnen
Ruhestätten ab. In dunklen Nächten
gehörte dieser Weg nicht zu den ange
nehmften.
ES war an einem warmen Herbst
abende. Wir plauderten im Löwen"
in recht animirter Stimmung. Nach
dem wir DieZ und Jenes diSkutirt hat
ten. lairen wir zuletzt euch auf daS
Gebiet des Epiriti-muS HZ hinab zu
den gruseligsten Epuk und Geister
geschichten.
Im Laufe der Unterhaltung wandte
sich dcr alte Postmeister zu mir:
S nimmt mich iinser. daß Sie
fast allnächtlich, so mir nicht?, dir nichts
über den Fricdhof gehen."
Warum sollte ich nicht? Ich erspare
dadurch einen beträchtlichen Umweg."
gab ich zurück.
Hm." machte ich darauf, .Sie grau
len sich wohl nicht V
Ich lachte.
.Nein, daS Zefühl ift mir gänzlich
fremd."
Na. na, lachen Sie nur nicht so
spöttisch, mein Bester. Es gibt noch
Dinge im Himmel und auf Erden, die
der Mensch nicht zu ergründen der
magl
Mit ungläubiger Miene beantwortet,
ich den letzten Satz deS Beamten.
Wenn Sie mir nich: glauben, so
werde ich Ihnen in einer kleinen Epi
sode. die mir pasnrt ist, einen Kommen
tar für meine Behauptung liefern. Die
ache trug sich nbrigenZ auf jenem al
ten Friedhof zu."
Er nahm eine Prise und begann :
Der Rendant unserer Etadlkasse
hatte im Jahre 1866 eine heillose Anzft
vor den schrecklichen" Preußen, welche
dicht vor unseren Mauern standen
Er beschloß daher, den ganzen mehrere
tausend Thaler betragenden Bestand
der Kasse nächtlicher Weile heimlich vor
ihnen und, wie man anzunehmen
Grund halte, auf dem erwähnten Got
teZacker in Sicherheit zu bringen und
zu begraben. Kurz darauf starb der
Beamte und zwar ohne irgend welche
genaue Angaden, wo der Schatz zu
finden sei, zu hinterlassen. Ter einzige
Verwandte, ein Bruder, wollte oder
konnte keine Auskunft geben, zumal er
bereits an Geistes chwäche litt. Wieder
holt veranstaltete man an verschiedenen
Punkten Nachgrabungen, jedoch ohne
Erfolg. Mit den Jahren hatte der
Aberglaube den Vorgang mit der Le
gende umsponnen. Schreckhafte Ge
müther wollten sogar Nachts den todten
Rendontcn wie suchend zwischen den
Gräbern wandelnd gesehen haben,
Kurzum, das Volk sagte: Auf dem
Fricdhos geht eZ um."
Man scheute sich, ihn zu betreten.
Auch ich lachte darüber, wie Sie vor
hin. Eines Nachts nun führte mich
mem Weg an der Kirchhofimauer ent
lang. Da sah ich durch daS Thor ganz
deutlich, wie ich feie letzt vor mir sehe.
wie sich eine lange, weiße Gestalt lang
sam die Allee herauf bewegte und dann
m einem Seitenwege spurlos vev
schwand."
Hahaha ! Ter spukende Rendant !'
pustete ich lachend heraus und ergriff
Darauf mein GlaS : Er lebe !"
Em mißbilligender Blick deS Erzäb
lerS traf mich dafür.
Ein'S schlug'S vom nahen Kirch
thurm.
ES konnte keine rechte Stimmung
mehr tn der Geseuschast auskommen,
wir brachen daher auf.
Erinnern Sie sich an meine Ge
schichte," rief mir der Postmeister an
der Straßenecke noch nach.
Auf meinem Wege über den Fried
Hof werde ich daran denken. Gute
Nacht I"
Ich trat durch daS zerfallene Thor
deZ FnedhofeS. Die von den Bäumen
phantastisch beschattete Allee lag. in fil
derne Lichlfluth gehüllt, von mir. Hin
bis zum Endpunkte vermochte man den
Weg zu Überblicken. Die Strahlen
des Mondes Übergossen die Säulen,
Kreuze und Denksteine mit magischer
Helle und gaben ihnen ein eigenartiges
Kolorit. Lautlose Stille ringS umher.
Ein Blatt konnte man fallen hören.
Kirchhofsfrieden! Nur leise vereinzelt
klang daS Gezwitscher der gefiederten
Luftbewohner von den Zweigen hernie
der.
ES überkam mich so seltsam. Be
strickt von dem fesselnden Bilde, setzte
ich mich auf einen alten, mooSdewachse
nen Stein. Wie glücklich Die, welche
hier an diesem geweihten, stillen Orte
ausruhen dürfen von den Kämpfen deS
LebenS". dachte ich. Da faß ich eine
ganze Weile.
Umgaukelte mich ein Traumgebilde?
Kam eS nicht daher, im Zwielicht
deS MondeS und der Baumschatten. ..
langsam, schwebend, wallend im
mer näher jetzt gerade auf mich
zu, nach der Stelle, auf der ich mich be
fand!?
Meine Schläfen hämmerten und ein
nie gekanntes Angstgefühl machte mein
Herz hörbar schlagen.
Ich wollte fliehen vergeben?, meine
Glieder waren wie gelähmt; ich versuchte
zu schreien, der Ton versagte mir. Wie
angeschmiedet hielt es mich an dem
Steine fest.
Mechanisch ftarrte ich gerade vor
mich hin auf eine alte, verwitterte
Säule, ein vergilbter Jmmortellenkranz
schmückte ihren Schaft.
....Da kam eS schon wieder, ge
rade, hinter dieser Säule hervor, erst
in natürlicher Größe; dann reckte eS
sich empor, immer höher. Drohend
schüttelte eS das Haupt nach mir. ES
reckte die Knochenarm nach mir aus.
Sie konnten mich nicht erreichen. Da
sah ich. wie jene Arme immer länger
wuchsen, wie daS Gespenft näher und
näher kam jetzt, jetzt Ent
setzen I fühlte ich seine eisigen
Finger, wie sie meinen HalZ umkrall
ten.
WaS suchst Du hier an diesem
Steine?" schallte eZ mit tiefer t'!rbeZ.
stimme an mein Clir. Fort von hier!
Ich h::te daZ Geheimniß !"
Mich ergritt die Angst t.S Wahn.
sinnZ. Mit üderni-turllch-r Kraft,
unter äußerster Anstrengung meiner
Nerven, sprang ich empor, befreite mich
von dem eiternen ''nsie und rannte
wie von tausend Furien gellest, da
Schreckgespenst stet? auf meinen Fersen,
dem AuSgange zu, weher ich kam.
Erst draußen, ganz allmüliz, aus der
öden Straße fand ich meine vapung
wieder.
Meine Furcht schwand, und ruhigere
Ueberlegung griff wieder Platz. Ich
redete mir ein, daß das Ganze doch nur
ein Zraum gewesen sein könne, weiter
nichts.
So gelangte ich in die Straße, in
der flch meine Wohnung befand.
Tort lag auch der AuZgang deS
FriedhofeZ, den ich immer benutzte um
den Weg zu kürzen.
Täuschte mich mein Auge nicht?
War eZ wieder die Ausgeburt wilder
Phantasie. Schlich da nicht eine w
stall, angethan in weißer Hülle, aus
dem Friedhofthore und drückte sich lang
fam schleichend an dcr Häuserreihe ent
lang? Zog wieder jener Geistcsspu
von vorhin seine Netze über mich zu
sammen?
Gewißheit mußte ich haben um jeden
Preis. Ich folgte im Schatten dcr
Häuser jenem Unheimlichen. Ich ver
mochte festzustellen, daß eS sich um ein
Wesen von Fleisch und Bein handelte.
Ein alter, hagerer, vornüber gebeugter
Mann schleppte sich müde daher, bis er
in einem kleinen Hause verschwand.
Nun hatte ich deS Räthsels Lösung
Am nächsten Morgen erfuhr ich in
dem Hause, in welchem mein Gespenft
vom Friedhofe verschwunden war. daß
dort ein Schuhmacher mit seiner Fa
mi'.ie lebte, während den oberen Stock
dcr alte, geistesschwache Bruder des
Rendanten bewohnte. Der Mann war
durchaus harmlos und verrieth nur in
hellen Mondnächten, wie der Schuh
macher mir sagte, eine gewisse nervöse
Unruhe. Unftät lief er dann von einem
Ort zum anderen. Jener Unglückliche.
so kalkulirte ich. mußte durch seinen
Bruder wissen, wo da? Geld verborgen
war.
Bei dem eigenartigen Wesen der
Irren, in welchem durch die Nacht deZ
Wahnsinns mitunter lichte Momente
hervorzubrechen pflegen, glaubte der
Mann, als er mich bei seiner nächtlichen
Wanderung auf dem Steine sitzen sah.
daß ich den Schatz zu rauben trachtete,
Tarauf deuteten auch jene in jener
schreckenSnacht gesprochenen Worte.
Unter dem Steine mußte der Schatz zu
finden ein!
Mit lächelndem Achselzucken nahm die
Behörde meine Vermuthung entgegen
Nur auf wiederholte, eindringliche Vor
Haltungen setzte ich eZ durch, daß noch
am selben Abend an der von mir be
zeichneten Stelle nachgeforscht wurde.
Das Resultat krönte meine Voraus
setzungen. In einer alten Holzkifte, in
leinenen Beuteln wohl verpackt, fand man
die Summe von 15.000 Thalern, in
Gold und Silbermünzen.
Nun war ich der Held dcS TageS.
Die Behörde beehrte mich durch ein
höchst verbindliches Tankschreidcn. Von
der Stammtljch-Gesell chaft im Lö
wen" aber erhielt ich den Spitznamen
kchatzflnder".
Der
Radfahrer und die Brillen
schlänge.
DaS Organ des deutschen Radfahrer
Bundes erzählt nach der Madras Mail"
folgendes Eefchichtchcn: Das Radfah
ren im südlichen Indien ift mit Geführ
lichkeiten vielfach verbunden, aber durch
auS gezwungen zu fein, über ein auZge
wachseneS Exemplar einer Cobra oder
Brillenschlange (Naja tripudians)
hinwegzufahren, die sich quer über den
Weg gelegt hat, mag wohl noch nie
malS vorgekommen fein. Der Rad
fahrer. der dieses Adenteuer glücklich
bestand, erzählt dasselbe folgender
maßen: Ich fuhr die Annamally.Ab
hänge herab, als ich plötzlich in gerin
ger Entfernung vor mir eine mächtige
Brillen chlange quer über den Weg lie
gen sah. ES war mir ganz unmöglich.
daS Reptil zu vermeiden, denn der Hü
gel fiel zu steil ab. und ich fuhr ziemlich
chnell. Antängllch versuchte ich mit
aller Kraft rückwärts in die Pedale zu
treten und legte mich auf den BremZ-
Hebel, dann aber sagte ich mir. daß eS
das Beste fei, zu versuchen, über die
Schlange wegzufahren, was mir auch
gelang. Wie der Blitz hob sich diese
und mit lautem Gezisch schnellte daS
urchtdare Thier gegen das Hinterrad,
o daß die Maschine sehr stark erschüttert
wurde, aber diese kam nicht zum Sturze.
Mit welcher Riesenkraft ich in dieser
Todesangst in die Pedale trat, kann
man sich leicht vorstellen: die Bäume an
der Landstraße flogen an mir vorüber
und ich strebte so lange vorwärts, bis
mir der Athem beim Anstieg eines Hü
gels verging. So lange ich lebe, werde
ich dieses Rennen auf Leben und Tod
niemals vergessen."
Angenehme Commission.
...Ich möchte also mit meinem
Porträt meinen Mann überraschen !"
.Gewiß, gnädige Frau, ich verstehe
vollkommen!"
,Mit der Ähnlichkeit brauchen Sie
sich nicht so viel' Mühe zu geben ; ich
möchte nicht, daß mich mein Mann auf
den ersten Blick erkennt eS soll ja.
wie gesagt, eine Ueberraschung sein!"
Vfi-bMt.
Sonntägiger (sehr renommirend):
Keimn war ich eine Viertelstunde aus
der jaad, so lag schon ein todter Hase
zu weine:: Füßen I"
Tarne : .Ja gibt'S dern unter den
Hasen auch Selbstmörder?"
UmtorKC.
(lourazirter Kellner wird gesucht.
Derselbe hat ö''ter für die Stammgäste
den Hausschlüssel zu holen.
F.lls.bc N'irknz.
Komponist: Haben Sie aus meinem
Zongemälde ZantaluS", daZ ich eben
spielte, die Qual und Verztoeif
lung herausgehört?"
Herr: Nein aber an den Zuhö
re rn hab' ich sie bemerkt!"
IVr protj.
Parvenü (bei einem Juwelier): Le
gen Sie mir 'mal die Sachen vor, die
ander'n Leuten zu theuer
find!"
IVulli.
In einer Gesellschaft werden wieder
einmal einige Schmiegermutterwitze er
zählt. Erbost darüber, wendet sich eine
der Damen, gluckliche Besitzerin von
drei unverheirateten Töchtern, zu einem
still dasitzenden, schüchternen, jungen
Mann, der sich an der ..Hetze" nicht be
thciligt hatte, mit den Worten :
Sie find wohl auch ein Feind der
Schwiegermütter?"
C nein", erwidert dieser sanft, so
weit lasse ich'S gar nicht
kommen!"
An die falsche Adresie.
Hochstapler: Neulich bin ich schön
'reingefallen ! Steck' ich da Jemandem
meine Hand in seine leere Tasche und
dabei hat mir der Kerl meinen
Ring vom Finger gezogen!"
Ein guter Diener.
Sie sagen immer, daß sich Ihr Die
ner um nichts kümmert und Sie Alles
selbst besorgen müssen! In
dieser Hinsicht kann ich üdcr den m ei
nen nicht klagen: der raucht sogar
meine Cigarren !"
(Ein guter Kerl.
Du. Süffel, vumue mir dock, für
morgen Deinen Frack; ich steige in'S
Examen und brauche ihn nothwendig I"
vm. . m. . Eigentlich wollte cd ibn
morgen aus demselben Grunde benutzen,
aber um Dir gefüllig zu sein, will ich
noch ein Semester warten!"
Zuvorkommend.
A : Unser Freund Müller hätte sein
Vermögen in einem Jabre durckoe
bracht, wenn seine Frau nicht gewesen
wäre !"
B : WaZ bat sie denn daaeaen oe
than?"
A: ..Sie bat es selbst durch
gebracht!"
Moderne Variante.
Im wunderschönen Monat Mai
Als olle Knospen sprangen,
Da ift in feinem Herzen,
Die Liebe aufgegangen.
Im wunderschönen Monat Mai,
Auf beiderseits Verlangen,
Verlobung war.. Im Juni dann
Jft'S wieder zurückgegangen I
Das Eivclocixed.
ES ift nun einmal an dem
Und mehr als bloßer Witz :
Meifthatbei'm Ehe Tandem
Die Frau den V o r d e r fitz.
Der Mann lernt d'rein sich finden :
Ganz glücklich allgemach
Sitzt lächelnd er dahinten
Und f i e h t Ihr alles nach.
Ein wunderlich Vehikel
Solch' EH'.Velociped:
S i e lenkt's. Und das Karnikel
Ift er sobald 'S nicht geht!
Renommage.
A: Die Mineralwasserfabrik, kür
die Sie reisen, exiftirt wohl schon
lange?"
B : DaS will ich meinen ! Wir ba
ben schon der Luise in Kabale und
Liebe" die Limonade geliefert !"
Begabte lebensrettcr.
In der Nähe einer Schwimmanstalt
chlägt plötzlich ein Boot um. so daß alle
Insassen in den See stürzen. Erfreu
licherweise find bald beherzte Männer
zur Stelle, um die Verunglückten an'S
Land zu retten. Kurz darau sendet
der Ortsgendarm an seine Behörde
einen detaillirten Bericht, der mit den
Worten schließt :
Dank der Tapferkeit und Ge
chicklichkeit dieser Leute, ift aber kein
Mensch untergegangen im Gegen
theil, man hat sogar um eine Frau
mehr herausgefischt, als in den See ge
stürzt waren.
Lcmeis.
Braut (die heimlich verlobt ist):
Denke Dir nur. mein Bruder dat nun
doch unser Geheimniß errathen l"
Bräutigam : ..DaS bab ick, oemerkt
er hat mich gestern um 20 Mark an
gepumpt l"
Lin Münchener Rmdl.
Bekannter : Na. waS macht denn
Dein Kleiner? Kann er schon Papa
und Mama sagen?"
Vater : DaS nicht aber Bier!"