Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 09, 1898, Image 12

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Die IMutlvMe.
m imchida:. dleun. Su4 t nz
li'chni von Jt. J?.
In einkr abpeUgenen Landschaft jOi
schen yrsdilt und Salloway. dehnt sich
kNdloleZ Tloox mehrere 1'iaUn weit
längs der Landstraße hin und ermüdete
daZ Auge be? Wanderers durch seine
Sintömgkeit und sein unwirthdareZ
Ansehen; kein Baum hemmte die Au?
ficht kein Etrauch milderte durch sein
Grün die grauenvolle Einöde keine
Blume schmückte diesen unfruchtbaren
Boden. Befremdende Gerüchte verbrel
tcten sich, dafz manche einsame, nicht?
ahnende eisende aus ihrem Wege durch
da? Moor überfallen. ausgeraubt und
ermordet worden.
Nach und nach verließen die Sinwoh
ner ihre Hütten auf der Heide und fte
delten sich andermürtS an. bis zulegt
nur noch ein? von den armseligen HSu
fern bewohnt war; die Inhaber deffel
den waren eine alte grau und ihre bei
den Söhne, welche sich laut darüber oc
klagten, daß Armuth sie an diesen öden
und schauervollen Ort fessele. Steifende.
Welche die EtraKe zogen, thaten dieZ
gewöhnlich in kleinen Gesellschaften, um
einer den andern zu schützen; und wenn
sie die Nacht überraschte, so kehrten fte
gewöhnlich in der niedrigen Hütte der
alten grau und ihrer Köyne ein, wo
Reinlichkeit für den Mangel an Be
quemlichkeit Ersatz leistete.
An einem finsteren und stürmischen
NovemberAdend zog ein armer Haust
rer.Knabe Über daS Moor, das Pfeifen,
womit er feine ermüdende Wanderung
zu verkürzen suchte, erstarb allmählich ;
alles um ihn her war einsam und still,
und er tappte mit zitternden unsicheren
Schritten, deren Geräusch ihm Furcht
einflößte, vorwärts.
Siehe, da flimmerte ein Licht in der
Ferne, das ihn. so schloß er. zu der
Hütte der alten Frau führen mußte,
und dahin lenkte er seinen Weg. Sein
erstes Pochen um Einlaß schien keine
Aufmerksamkeit zu erregen; augenblick
lich darauf vernahm er lauten Lärm
und unruhiges Durcheinanderlaufen in
der Stube. Sie glauben jedenfalls,
daß e? einer von den übernatürlichen
Besuchen ist, wovon die Alte so viel
schwaßie, dachte der Knabe, und näherte
sich dabei einem Fenster, wo ihm das
Licht im Inneren sämmtliche Bewohner
der kleinen Behausung deutlich erkennen
ließ. Die Alte rieb sehr eilig und emflz
den steinernen Fußboden ab und be
streute ihn dick mit Sand, während
ihre beiden Söhne mit eben so großer
Hast einen schweren Gegenstand in eine
große Kiste steckten, die sie sorgfätig
verschlossen. Der Knabe klopfte unbe
dachtsam an das Fenster, als alle au
genblicklich zusammenfuhren und große
Bestürzung fich in ihren Zügen malte ;
der Knabe trat, mit einem deutlichen
Gefühl von Furcht, einige Schritte zu
rück; allein ehe er noch Zeit hatte, einen
Augenblick länger zu überlegen, kam ei
ner von den Männern schnell zur Thür
hinaus, packte ihn an der Schulter und
zerrte ihn gewaltsam in die Hütte.
Ich bin nicht der. wofür Ihr mich
haltet," sagte der Knabe, indem er zu
lachen versuchte, .sondern nur der arme
Haustrer, der Euch im vorigen Jahre
besuchte."
.Bist Du allein?" forschte das alte
Weib in barschem, tiefem Ton, welcher
ihm daS Herz vor Furcht erzittern
machte.
Ja." sagte der Knabe, ich bin ganz
allein hier; und ach!" fügte er mit einem
BuSbruch ununterdrückbarer Wchmuth
hinzu, ich bin auch allein in der Welt!
Ich habe niemand, der mir in Leiden
und Drangsalen beistände oder eine
Thräne weinte, wenn ich noch in dieser
Nacht mein Dasein endete."
Dann bist Du willkommen," sagte
einer von den Männern mit boshaftem
Lächeln, während er den andern Hütten
bewohnern einen bedeutungsvollen Blick
zuwarf.
Mit einem Schaudern, mehr durch
Furcht als Kälte hervorgerufen, näherte
sich der Knabe dem Jeuer ; schreckliche
Bilder traten vor seine Seele, und eine
Angst, die er weder zu bekämpfen noch
sich zu entziffern vermochte, stahl sich in
seine Brust! da er indeß allein und fern
von jedem Beistände war, beschloß er,
seinen Verdacht zu verbergen oder toe
nigftenS die Gefahr, in der er schwebte,
nicht durch Aeußerung derselben zu ver
mehren. Die Kammer, welche man
ihm für die Nacht anwies, hatte ein un
wirthbares, unordentliches Ansehen; die
Vorhänge schienen gewaltsam vom Bette
Herabgeriffen zu sein und hingen noch in
Lumpen darum her der Tisch war zer
brachen, und die Bruchstücke und Scher
den von verschiedenartigem HauSgerüth
lagen auf dem Boden ausgestreut.
Der Knabe untersuchte ängstlich das
Thürschloß, aber eS schien bei einer frü
heren Gelegenheit beschädigt worden zu
sein und war rostig und unbrauchbar.
ES währte ziemlich lange, ehe eS dem
armen Jungen gelang, seine aufgereiz
ten Nerven zu beschwichtigen; aber end
lich begannen seine Sinne sich der Au
ßenwelt zu verschließen, er schlummerte
ein; jedoch blieb seine Phantasie peinlich
aufgereizt und führte seiner Seele neue
SchreckenS'Szenen mit allen Farben der
Wirklichkeit vor. Plötzlich wurde er aus
dem unruhigen Schlummer durch ein
laute? Klagegeschrei aufgeschreckt; er
war in einem Augenblick völlig wach
und saß in seinem Bette auf aber daS
Geschrei wiederholte sich nicht, und er
suchte sich zu überreden, daß ein bloßer
Traum die Ursache seines Erwachens
gewesen sei; a!S er indeß zufälligerweise
einen Blick nach der Thür warf, be
merkte er unt,r derselben einen rothen
Blutstrom lanzsam aus dem Boden
hinrie'eln. Bor Schrecken außer sich,
sprang er im Nu aus dem Bette und
zur lhür hin; hier konnte er durch eine
Spalte in derselben, während der
Schreck sein Auge fast verdunkelte, un
gesehen und ohne Verdacht zu erregen,
alle? beobachten. waZ im anstoßenden
Zimmer vorging.
Seine Furcht verschwand auf der
Stelle, als er sah, daß eS bloß eine
Ziege war. die seine unheimlichen
Wirthe geschlachtet, und er war eben im
Begriff, m sein B.'tt zurückzukehren, sich
seiner grundlosen Befürchtungen schä
mend. alZ fein Ohr durch ein Zwie
gefprüch gefesselt wurde, da? ihn mit
Entsetzen erfüllte und fast an seinen
Standort brannte.
TieS war eine leichtere Arbeit als
die gestrige", sagte der Mann, welcher
die Ziege hielt, ich wünsche nur. alle
Kehlen, womit wir eS zu thun gehabt,
hätten fich so leicht und ruhig durch
schneiden lasten. Haft Tu jemals einen
solchen Spektakel vernommen, wie der
alte Mann letzte Nacht machte? ES ist
gut, daß wir meilenweit keinen Nach
bar haben, oder er müßte daS gräßliche
Geschrei um Hilfe und Erbarmen ge
hört haben."
.Sprich nicht davon," erwiderte der
andre, ich war nie ein Freund von
Blutvergießen."
Ha, ha !" sagte der andre boshaft
lächelnd, sprichst Du 0?"
Ja, ich", erwiderte der Angeredete
mürrisch. Die Bluthöhle ist mein
Ort, sie ist stumm wie ein Fisch und
erzählt keine Geschichten; ein leichter
Kampf, ein Sturz in die Tiefe, und ich
will den sehen, der hier etwas entdecken
kann."
Ja, die Natur erzeigte unS einen
trefflichen Dienst, daß sie einen Pla
wie diesen erschuf. Wer würde wohl.
wenn er ein Loch in der Heide erblickt,
welches mit klarem Wasser gefüllt und
so klein ist, daß daS Gras darüber zu
sammenschlägt, seine bodenlose Tiefe
und die darin verborgenen Leichname
ahnen können.
Wie denkst Du Dich deS Knaben im
nächsten Zimmer zu entledigen?" fragte
die Alte Mit halblauter Stimme.
Der ältere Sohn winkte ihr. still zu
fein, und zeigte auf die Thür, hinter
welcher ihr zitternder Zuhörer verbor
gen war. während der andre mit einem
Ausdruck brutaler Wildheit mit dem
Messer eine Bewegung über feine Kehle
machte.
Der Hausirerknabe besaß einen mu
thigen unternehmenden Geist, der jetzt
bis zum äußersten aufgeregt wurde;
aber zum offenen Widerstände war ihm
die Gegenpartei zu sehr überlegen,
Flucht schien ihm daher da? einzige
Rettungsmittel zu seiner gefährlichen
Lage. Er ftahl sich leise anS Fenster,
zerbrach durch eine verzweifelte An
ftrengung den rostigen Riegel, womit
die Fensterflügel befestigt waren und
ließ fich ohne Geräusch und Schwierig
keit aus demselben hinab. Die? ist
eine gute Vorbedeutung, dachte er bei
sich, indem er einen Augenblick in
angstvoller Zögerung überlegte, welche
Richtung er einschlagen sollte. Diese
kurze Ueberlegung wurde furchtbar un
terbrochen durch die rauhen Stimmen
der Männer, welche laut schrieen : Der
Knabe ist entflohen, laßt den Bluthund
loS."
Diese Worte tönten wie eine Sturm
glocke in die Ohren des Vermißten ; wie
ein von Jägern verfolgte Hase, floh er
pfeilschnell über die Heide. Bald un
terbrcch das Bellen des Bluthundes die
Stille der Nacht, und die Stimmen fei
ner Herren tönten durch das Moor, in
dem fte feine Schnelligkeit durch Ermah
nungen zu beschleunigen suchten.
Keuchend und athemloS verfolgte der
Gehetzte seinen hoffnungslosen Weg,
aber mit jedem Augenblick schienen seine
Verfolger ihm näher zu kommen.
Da stürzte der Knabe plötzlich über
einen Steinhaufen. Mit einem wilden
Schrei zum Himmel um Beistand blieb
er blutend und fast besinnungslos
liegen.
Die rauhen Stimmen der Männer
und das laute Bellen des Hundes er
tönten jetzt so nahe, daß sein Verderben
unvermeidlich schien; da raffte er sich
nochmals auf und floh mit einer
Schnelligkeit, als Hütte der Schreck fei
nen Füßen Flügel gegeben. Ein lau
teS Geschrei an der Stelle, die er eben
verlaffen, drang an sein Ohr, ohne
seine Flucht zu unterbrechen. Der
Hund hatte an dem Steinhaufen, wo
die Wunden deö Knaben so reichlich ge
blutet, Halt gemacht, er glaubte, die
Jagd sei beendigt, streckte sich nieder,
und war durch nichts zu bewegen, die
selbe fortzusetzen. Vergebens Prügel
ten ihn die Männer in ihrem In
grimm, vergebens suchten sie ihn wieder
auf die Spur zu bringen, der Anblick
von Blut hatte daS Thier befriedigt, es
setzte seinen Peinigern mürrischen Wi
verstand entgegen.
Der Hausirerknabe setzte mittler
weile seine Flucht ununterbrochen fort,
bis der Tag anfing zu grauen ; immer
noch glaubte er, die Fußtritte der Mör
der hinter sich zu hören. Zwei Meilen
von dem schrecklichen Orte erreichte er
ein Dorf, wo er fogleich Lärm machte
und sein Abenteuer erzählte. Die Ein
wohner versammelten sich in Menge um
ihn her und lauschten mit wachsender
Erbitterung auf seinen Bericht; meh
rere derselben hatten Sohn, Bruder
und Freund in der Heide verloren und
alle vereinten sich zum sofortigen Aus
brucki. um die Alte und ihre Söhne zu
ergreifen, auch langten sie zeitig genug
an, um nch ihrer zu bemächtigen.
63 wurden sogleich drei Galgen auf
dem Moore errichtet ; vor ihrem Tode
bekannten die Verbrecher, daß sie gegen
fünfzig von ihnen ermordete Personen
in die B'.uthöhle versenkt, welche sie der
versammelten Menge zeigten, iind in
deren Näy? ne ihre k-trase eri?n
Die Gebeine von mehreren Ermordeten
wurden mit großer Mühe auS dem
Loche geholt, in welches sie gestürzt
worden waren ; aber so klein ist seine
Oeffnunz. und so groß seine Tiefe, daß
alle, die eS sahen, der Sage der Land
leute, dieses für bodenlos ausgeben.
beipflichten.
Der Schauplatz dieser Begebenheit ist
letzt fast noch ebenso beschasten, wie zu
jener Zeit. Die Uederbleidsel der alten
Hütte mit ihren geschwärzten Mauern
gelten alZ der Aufenthaltsort von e
Ipenftern und bösen Geistern ; in ihrer
Whe steht gegenwärtig ein llcineS.
mehr modernes Wirthshaus, aber das
unwirthdare Moor hat fast gar keine
Veränderung erfahren. Und wer's
nicht nöthig hat, hält sich nicht lange
dort auf.
Die Märzenkatzz.
iiue ernühaüe (l'cidnci)!, i'on Srnea
Ldo.
Bei Frau Oberpostrath war heute
Kränzchen. ES bestand zumeist ans
älteren, würdevollen Damen der Höhe
ren Beamtenkreise, unter denen Frau
ReglcrungS'Dlrektor, die Vorfitz führte.
grau Oderfteuerrath, Frau LandIe
richtSrath und Frau Oberfinanzrath
die bedeutendsten waren.
Wie ein Eindringling in diesen.
durch gesellschaftliche Stellung und
Reife der Weltanschauungen geheiligten
Zirkel und von einigen Damen deS
letzteren auch dafür angesehen, erschien
Frau Oderpostsekretär, ein kleines
munteres Weibchen mit einem pikanten
Kindergeficht und tieffchwarzen Schel,
menaugen, in denen immer eine kleine
Teufelei lauerte. Sie hatte es nur
dem Umstand, daß der Gatte der Gast
geoerln ihren Mann lehr protegirte, zu
verdanken, daß das Kränzchen fte auf
genommen hatte.
Einige der Damen beobachteten sie
dauernd mit einem gewissen Mißtrauen;
eS kam ihnen manchmal fo vor, als
mache die junge Frau sich ein wenig
über sie lustig.
Verschiedene Themata waren bereits
mit aller Gründlichkeit durchgenommen
worden, z. B. die Männer, die Dienst
boten bei letzteren wurden sämmtliche
Register gezogen und eS entstand
nun eine kleine Pause.
Da wurde die allgemeine Aufmerk
samkeit plötzlich auf die Hauskatze ge
lenkt, welche durch einen Thürspalt in
daS Zimmer geschlüpft war. DaS
Thier, ein prächtiges, schneeweißes
Exemplar mit einer großen schwarzen
Kufe" über die Augen, näherte sich
sofort dem Tisch und rieb den Kopf
fchmeichelnd am Kleid der Frau Oder
finanzrakh.
Em reizendes Thierchen I" meinte
diese, aber ich möchte doch keine Katze
mehr im Hause haben."
Weßhalb denn nicht?" wurde ge
fragt.
Ach, Du mein Gott, da habe ich
einmal eine schreckliche Geschichte er
lebt !" Und nun erzählte sie, wie ihr
einmal am Gründonnerstag von der
Katze daS ganze Fleisch aufgefressen
worden sei und ihr Finanzrath, als er
mit emem Nie enyunger me immer
heimkehrte, eine schauderhafte Scene
machte, so daß eS fast zu einer Schei
dung gekommen wäre.
Sehen Sie, meine Damen," schloß
sie, feit diesem Tage dulde ich keine
Ratze mehr im Hause."
Verzeihung. Frau Oberfinanzrath."
wandte die Gastgeberin ein. Da
haben Sie eben nicht die richtige Katze
gehabt. Bei der memigen wäre aber
etwas Derartiges gar nicht möglich.
Es ist aber auch eine Märzenkatze!"
Ganz richtig," warf Frau Ober
fteuerrath ein, jede andere als eine im
März geborene Katze taugt nichts, das
ist eine altbekannte Sache !"
Da bin ich doch etwas anderer Mei
nung," sagte jetzt mit großer Ruhe die
Frau Oberpoftsekretür, indem sie fich
im Kreise umsah. Ob so ein Thier
chen im März oder im Spätjahr auf die
Welt kommt, dürfte ganz gleichgültig
sein. Die Hauptsache ist eine gute Er
ziehung. Trotzdem möchte ich für eine
solche niemals meine Hand in's Feuer
legen, mag daS Kätzchen nun im
März oder in einem anderen Monat
geboren sein !"
Aber Sie werden doch zugeben müs
sen, nahm die Frau Regierungsdirektor
etwas pikirt das Wort, daß der Name
Märzenkatze" keine bloße Redensart
ist, sondern auf Grund einer alten,
schon von unseren Großmüttern und
Urgroßmüttern gemachten Erfahrung
gebildet wurde. Ob Sie, beste Frau
Oberpostsekretär, mit ihrer Katze schon
irgend welche Erfahrungen gemacht
haben, entzieht fich meiner Beurthei
lung; ich aber habe sie gemacht und ich
bleibe dabei: bloß eine Märzenkatze ist
etwas werth l"
Die iunge Frau schien etwas erwi
dern zu wollen, schwieg jedoch wieder.
Ihre dunklen Augen leuchteten aber
ganz merkwürdig auf und blinzelten
verstohlen nach dem winzigen Servier
tischchen. Die Märzenkatze schlich daran
vorbei, wurde aber im Elfer deZ Ge
sprächZ von Niemand weiter beachtet.
Die Gastgeberin fühlte sich durch die
Worte der Frau Rezierungsdirektor
sehr geschmeichelt. Tkl verbindlichem
Lächeln sagte fte :
.Da freut mich, in Ihnen, grau
RezierunzZdirektor, eine so entschiedene
Unterstützung gesunden zu haben. Ja
wohl, mein Peter ist in jeder Hinsicht
ein wahre? .. .."
Mufterthier hatte sie sagen wollen.
aber daZ Wort blieb ihr im Halse
stecken. Ein kräftiger kchlag. dem das
unheimliche Geklirr zerbrechenden Ge
schirreS folgte, tönte durch daS Zimmer.
Mit einem Schrei deS Entsetzens fuhren
sämmtliche Damen m die Höhe, wäh
rend die Märzenkatze in langen Eprün
gen durch die Räume eilte und sich bei
der Thüre in eine dunkle Ecke flüchtete.
Offenbar hatte Peter iu den über
dem Servieitischchen ausgebreiteten und
ziemlich weit herunterhängenden Tep
pich die Krallen eingeschlagen, da? zier
liche Nippmöbel war dabei in'S Wanken
gekommen und so die Katastrophe her
deigeführt worden.
Ein breiter Etrom schwarzen Kaffee?
ergoß sich mitten in S Zimmer, während
die Milch in kleinen Bächen, nach ollen
Richtungen davoneilte. Dazwischen
lagen zie zahlreichen Scherben von Ran
nen. Tassen und Tellern; einige ftl
verne LöNel, die Zuckerzange und eine
Anzahl Zuckerftücke vervollständigten
da? malerische Bild.
Die Hausfrau warf einen verzweifel
ten Blick auf da? schauerliche Ehao? am
Boden, während die übrige Gesellschaft
sie mit tröstenden Worten zu beruhigen
suchte.
Die Märzenkatze hatte eben einen
kleinen Erziehungsrückschlag erlitten, so
etwas kommt aber auch bei kleinen Kin
dern bi?weilen vor!" sagte Frau Oder
Poftsckretär mit eiuem sehr ernsten Ge
ftcht.
Nach fünf Minuten waren übrigens
die Spuren des schweren Unfalls fo
ziemlich getilgt. Die Märzenkatze hatte
ihre Prügel bekommen und war zur
Thüre hinau?gervorfen worden, da?
Dienstmädchen brachte anderes Geschirr
und frischen Kaffee und so war der
kleine Vorfall nach einer Halden Stunde
beinahe vergessen. Von der Märzenkatze
sprach Niemand mehr!
Frau RegierungSdirektor hatte sich
soeben an'S Klavier gesetzt und spielte
eine Schumann'sche Sonate. Im Zim
mer herrschte tiefste Stille, und AlleS
lauschte dem Spiel. Nur die Augen
der Frau Oderpostsekretär waren wieder
in Bewegung, und zwar schauten sie
aufmerksam nach einem kleinen fchwar
zen Gegenstand, der schon wiederholt
unter dem Büffet hervorgekommen, aber
immer wieder dorthin zurückgekehrt war.
Jetzt erschien der schwarze Punkt wieder,
näherte ftch ganz langsam dem Tisch
und machte ftch mit etlichen Brosamen,
die dort lagen, zu schaffen.
Da sielen die Blicke der Frau Ober
Finanzrath zufällig auch auf denun
scheinbaren Gegenstand.
Plötzlich kreischte fte mit einem Schrei
auf. Eine MauS!" Und mit einer
Schnelligkeit, die man der corpulenten
Dame nicht zugetraut hatte, war sie auf
ihren Sessel geklettert.
Em Moment heilloser Verwirrung
folgte. Sämmtliche Damen, mit Aus
nähme der jungen Frau, schrieen durch
einander und stiegen mit schrecken?
bleichen Gesichtern auf ihre Stühle und
Sessel.
Können Mäuse wohl auch auf emen
Sessel heraufkommen?" frug Frau
Oberfinanzrath mit bebend Stimme.
Hilfe, lch alle!" schrie Frau Regie
rung?direktor von ihrem Klavierstuhl
herab, der unter den nervösen Bewegun
gen der rundlichen Dame bedenklich in'S
Wackeln gerieth.
Die iunge Frau eilte hmüber. .Wol
len Sie nicht lieber heruntersteigen,
Frau Regierungsdirektor? Die Maus
thut Ihnen nichts zu Leid!"
Beste Frau Oderpostsekretär!"
flehte die Hausfrau von ihrem erhabe
nen Standpunkt herab, wollen sie
nicht mein Mädchen von der Küche her
beirufen?"
Selbstverständlich mit Vergnügen!
Soll ich nicht auch die Märzenkatze mit
bringen?"
Freuich!" schrieen sämmtliche Da
men im Chorus.
Im nächsten Augenblicke erschien die
junge Frau wieder im Zimmer, beglei
tet vom Küchenmädchen, da? den Kehr
besen wie eine Lanze schwang.
Peter, der ebenfalls mitgekommen
war, schien die ganze Sache wenig zu
interesfiren. Er hatte offenbar die
Prügel yon vorhin noch nicht vergessen.
Nun sollen Sie sehen, wie ftch Peter
auf die MauS stürzt, sobald fte unter
dem Büffet hervorkommt!" rief die
Hausfrau, deren Zutrauen zur Mär
zenkatze zurückkehrte.
Das Mädchen schaute unter das Bus
fet und stieß mit dem Besen nach dem
kleinen Nager. Diesem wurde die Si
tuation unbehaglich; mit Blitzesschnelle
rannte er fast an Peter? Schnauze vor
über, mitten durch das Zimmer und
verschwand unter dem Gekreisch der Da
men hinter dem Klavier. Die Märzen
katze hatte keine Miene gemacht, sie zu
fassen, sondern blieb, gemüthlich schnür
rend, auf dem Teppich fitzen.
Die Hausfrau war empört; vom
Klavier her klang aber ein fürchterlicher
Hilfeschrei durch'S Zimmer.
Ich erbe vor Angst," stöhnte Frau
RegierungSdirektor; nun ist daS fürch
terliche Thier in meiner nächsten Nähe!"
Ich sthe schon," meinte die junge l
Frau, .aus die Märzenkatze ist kein Ver
laß. Vielleicht thut'S der Feuerhaken
auch."
Resolut holte sie den Feuerhaken vom
Ofen herbei und stellte fich vor daS Kla
vier, während da? Mädchen von Neuem
Anstalten traf, die MauS hervorzuja
gen. Wieder rannte da? Thierchen
nach einer anderen Ecke. Diesmal kam
e? aber nicht weit! ein wohlgezielter
schlag mit dem Haken streckte e? nieder
Und nun pajrirte etwas, wa? die
Gastgeberin in helle Wuth versetzte
Die Märzenkatze näherte fich der noch
zappelnden MauS. schnupperte ein we
mg an ihr herum und ging dann nach
der Thüre, vor der sie kläglich zu miauen
begann.
.Liede Frau Oderpoftrath ," sagte di
noch am ganzen Körper zitternde Oder
fteuerräthin. mit Ihrem Peter find Sie
hereingefallen, daS ist offenbar keine
Märzenkatze !"
Die Stimmung der ganzen Gesell
schaft war verdorben; keine der Damen
wollte fich mehr halten lassen, und alle
erklärten, nach Haufe gehen zu müssen
Als man aber im Gang draußen mit
dem Ankleiden begann, gab eS noch einige
böse ueuerraichungen.
Was ist denn mit meinem Hut
pafftrt?" frug Frau LandgenchtZrath
in töstllchem kchreck.
Der Vogel, der sich auf dem lustigen
wbäu fo graziös gewiegt hatte, war
total kerriffen, und die Federn lagen
zerstreut auf dem Tischchen.
Kein Zweifel, die Märzenkatze ! Noch
war Frau Oderpostrath mit ihren Ent
schuldigungcn nicht zu Ende, als Frau
RegierungSdirektor plötzlich einen Laut
deS EntietzcnS auSftieß.
Meine Gänseleberpastete aufgefressen
bis auf einige kleine Uederrefte ! DiefeS
Vieh von Katze !"
In gräßlicher Verlegenheit näherte
fich die Hausfrau.
fcte war tat meinen Mann zum
Abendessen hestimmt," erklärte die Be
ftohlene; ich habe fte. als ich hier
herkam, in einem Delikatessengeschäft
gekaust und in meinem Körbchen auf
bewahrt!"
Jetzt geht mir ein Riesenlicht auf !"
meinte die Frau Oderpostsekretär, in
ihre Galoschen schlüpfend, mit seiner
Ironie. UebrigenS meine Achtung
vor der Intelligenz der Märzenkatze
Sie häite fich nach dem vorauSgegange
nen wenug der Gün eleberpastete nur
den Magen verdorben, wenn fie jetzt
auch noch auf die Mäusejagd gegangen
wäre !"
Der Reichthum der plattdeutschen
Sprache.
ES ging zugleich, nachdem die Halb
Monatsschrift Niederfachsen" fie wieder
hervorgeholt, durch viele Blätter eine
Plauderei, die 22 plattdeutsche Umschrci
bungen für den Ausdruck Jemand sei
blödfinnig", bezirhungSweis' nicht ganz
richtig" enthält. Hierzu wird ein Ge
genftück geliefert. Ein neu versetzter.
fast nur hochdeutsch sprechender Beamter
macht seinen Abendspaziergang und fleht
aus einem Ackcrselde ein Individuum,
daS allerlei sonderbare Kapriolen macht.
Der Beamte fragt einen daherkommen
den. ganz harmloS" ausschauenden
Bauern, was denn dem da fehle?'
worauf sich folgender Dialog entspinnt
De da." sagt der Bauer, dehätt tovel
mnom ml"
WaS, zu viel eingenommen? Me
dizin?"
Ne. he bett sick blot fix eenen löftl"
Er hat ftch was gekauft V
He hett'n beten rikli inbött'. weten
Sei"
Was hat er?"
He kunn em nich flahn sehn!"
Er konnte ihn nicht stehen sehen?
Wen nicht?"
Ne, Herr he hett'n bannigen
Smecket nah brenn't Water!"
Er bat fich mit heißem Wasser vet
brannt ?"
Ne. fo meen ick bat ok nich. he
hett flck eenen köft ; verftahn Se!"
Ich verstehe wirklich nicht, mein Lie
der, was ist'S mit ihm ?"
He iS nich mihr alleen!"
Nicht allein? Ich feh aber doch Nie
mand bei ihm."
So is datt nu wedder nich meent:
he hett den'n Bodden ut den Tünn
flan!"
WaS hat er gethan?"
He ist null!"
Er ist gefallen ? Und da ist wohl
Tieffinn bei ihm zurückgeblieben?"
Ne biwahre! He fütt den Himmel
vürn'n Dudelsack an!"
Was thut er?"
He süht Alles dubbelt!"
Merkwürdig! Warum thut er denn
das?"
Wil he bcswiemelt iS!"
Weil er waS ist?"
Wil he duhn iS! Biwilen he tovel
Koppheifterwater drunken hatt ! Verstahn
Se 't nu bald?"
Nein, mein Bester; was Koppheister
water ist, weiß ich wirklich nicht!"
Denn mutt ick woll rein gross mit
Se snacken: He iS besapen, duhn aS 'n
Eckftinner. verftahn Se nu ?'
Jawohl, jawohl, er ist also betrun
len! DaS hätten Sie mir nur sofort sa
gen sollen!"
Heff ick Se jo seggt! men, Se ver
ftunnen mi jo jümmerS nich! Weten Se,
de dar, de hett jüft so viel Sluck to vel.
wet'n S', as Se van uns' plattdütsche
Sprak to wenig hcbbt! Nix för ungod.
awerS wenn Se det ni könnt, denn so
schallt Se ehr hochdütsch Mundwark
hier woll noh männgmol möd fragen
möten. Se schullen ok man lewerS bi
Ehr GelsnackerS blewen hem'm!"
ki,ie nette ffljn;f.
Hausfrau (zu dem ftellesuchenden
Mädchen): .Auf Ihrer le,ten Stelle
haben Sie nur vier Wochen auZge
halten !"
Dienstmädchen: Nur? Ich sage
Ihnen, die Madame wäre froh gewesen,
wenn ich schon nach acht jagen gegan
gen wär'!"
M wel'!
Nun. wie findest Du meinen fünf
bändigen Roman? Hat er Dir nicht
Herz und Seele erwärmt?"
Ja, denn ich habe damit eilige
heizt!"
Prrf'bli'i Kompliment.
Dame: Werden Sie mich auch lie
den. wenn ich älter und häßlicher
werdet
Herr (leidenschaftlich): Aelter
können Sie werden, aber häßlicher
niemals!"
Unlösbare Ausübe.
Fräulein 91.: Sie hatten ja wohl
einen DiZkusftoiisllud gebildet. waS ist
denn au? dem geworden?"
Fräulein B.: Den mußten wir ans
geben: wir konnten nämlich kein Mit
glied finden, daS die Stelle einer Prüft
Dentin übernehmen wollte und fich ruhig
verhielt, während die Uebrigen spra
chen."
K.isernlwfl'Iiitl'e.
Sergeant: Mensch, Sie kommen
mir vor wie daS trojanische Heupferd!"
Gedankensplitter.
Mancher, der keinem Feuer zu nahe
kam. rühmt sich, daß er unversehrt
blieb.
Ein Mensch, der sich mit Sorgen quält.
Trägt Blei mit sich herum;
Doch der. dem's an Humor nicht fehlt.
Nur Aluminium.
(ZlhmmZchiig.
General (nachdem er fich mit seiner
Frau gestritten): Da steh' ich nun
mit meiner Strategie!"
Entgegenkommend.
Student: Sagen Sie 'mal. wir
haben diesen Abend EommerS wenn
wir uns vielleicht nachher treffen sollten,
hier ist meine Adresse!"
Nachtwächter: Schön, chön. Soll
ich 'ne Schiedkarre besorgen?"
Schade.
Du haft also mit Deinem jungen
Gatten noch nie den kleinsten Zwist gehabt?"
Nein, leider hatte er bisher noch
nicht die geringste Gelegenheit zu einem
VerföhnungSpräsent."
B. diese Kinder!
Herr (der zu Besuch ist): Unanae
nehme Sache, ich habe meinen HauS
chlüssel verloren."
Hans (Sohn des Hause!) : ..Machen
Sie e? doch so wie mein Papa, der de
estlgt seinen Hausschlüssel immet an det
Uhrkette!"
Line nette Ueberraschung.
Ein Professor hat sich auf einem
Spaziergang immer weiter in den Wald
vertieft und schließlich allerlei Pflanzen
und Gethier gesammelt, da? er, weil et
eine Potanlsirtrommel oder Schachteln
bei fich hat, in den großen Regenschirm
hineinsteckt. Auf dem Rückwege in die
Stadt fängt e? zu regnen an; in Ge
danken versunken, hat der Professor an
eine lmprovifirten Sammlungen nicht
mehr gedacht, spannt den Regenschirm
über seinem Haupte auf, und nun er
gießen fich über ihn Salamander. Ei
dechsen, Kröten, Epheuranken k.
Tableau!
Ein Praktikus.
Nachtwächter: Die jungen Leute
machen immer so'n Skandal, wenn fte
nach Haufe gehen. Wenn ich nur
wüßte, wie ich ihnen Ruhe beibringen
könnte."
Ehemann: Warten Sie. bi? die ver
heirathet find, dann werden fie hübsch
leise nach Haufe schleichen."
Zn einer Restauration.
Gaft: .Nun warte iö schon eine
halbe Stunde auf die Schildkröten
uppe!"
Aufwärter: Aber, mein Herr.
wissen doch, wie langsam
Schildkröten sind."
Sie
die
Auch eine Unterstützung.
A.: Meinen Onkel habe ich sebr
unterstützt, al? er damal? krank war!"
B.: Du lhn unterstützt?"
A.: Na gewiß! Ich habe ihn ein
ganze? Jahr lang nicht angepumpt!"
Zurückgegeben.
Mädchen: Herr Müller. Ihre grau
läßt sagen, fte säße auf glühenden Koh.
len. fie wartet schon lange mit dem
Essen und eS würde kalt "
Hau?herr: ..Ich komme aleick: saaen
Sie nur meiner Frau, fie möchte statt
ihrer einstweilen da? Essen auf die
glühenden Kohlen setzen."
Stoßseufzer.
Herr (zum Schusterlehrling, der ihm
em Paar revarirte Stiefel brinatt:
Die Stiefel find aber schlecht oepükt.
Die Wichse ist wohl knapp bei Euch!"
Kchusterzunge: Ach, nee. ich kriege
genug."