Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, May 05, 1898, Image 12

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    Ein jtuucr 2lWtfe".
T-on laut C ! I a i c J i.
.Untfiaifijift Schweifte!"
.Herr Lieutenant 1"
.Da 1 nun 'ms! daZ Unglück hsdk.
Sie in meinem Zuge rnitjuf übten. Ein
jähriger Unteroffizier Echwctschke. so
will ich Eit zum Schluß Ihr Dienst,
zcit denn doch noch darauf aufmerksam
machen, daß Ihre Haltung ausfallend
viel ,u wünschen Übrig laßt. AIS Sei
dat haben Sie ja überhaupt nicht viel
getaugt. LaS kann man von den Her.
ren Einjährigen fuzlich nicht ander? er
warten : denn die find und bleiben nun
'mal umformirie Civilisten. Ader
auch außerdienstlich lief; Ihr Benehmen
als wir Güfte deZ Rittergutsbesitzers
von TomaruZ waren viel zu wün
fchen übrig. Sehr viel sogar. Man
kann sagen: E grenzte beinahe an
Aufruhr.
Ter Aeferendar Cchwetsch?e biß die
Zähne zusammen. Er hatte es ja vor
ausgesehen, daß Lieutenant Glasenapp
I. ihm den weggeschnappten Tischwalzer
mit Fräulein Liddi nicht so bald berge
den werde.
Wenn Sie auch wegen Ihrer vcr
wandtschaftlichen Beziehungen zum
Hause TomaruS ausnahmsweise mit zu
den .jsselligen Vergnügungen der Her.
ren Offiziere herangezogen wurden, so
durften Sie doch nicht vergessen, daß
Sie nur geduldet waren. Ich erinnere
Sie daran, damit Sie heute Abend, wo
die Herrschaften von BurkerZroda einen
Besuch unsere? Biwaks angekündigt ha
den, sich eines Ihrer militärischen Etel
lung mehr angemessenen Benehmen?
befleißigen I"
Lieutenant Glasenapp I. zwirbelte
seinen Schnurrbart, warf dem stramm
vor ihm stehenden Einjährigen einen
niederschmetternden Blick zu und schloß
seine schneidige Philippika mit einem
gnädigeren :
Kehrt marsch !"
Eine stramme Wendung. Der Ein
jährige Unteroffizier verfügte sich zu sei
ner Eorporalschaft zurück. Er konnte
in geheimes Triumphgefühl nicht un
terdrücken, denn es war sonnenklar:
Glasenapp glaubte Grund zur Eifer
sucht zu haben !
Liddi war nach dem Urtheil
Schwetschke'S die hervorragendste Weib
liche Erscheinung des zur Rüste gehen
den Jahrhunderts. Sie war schön,
liebenswürdig, geistreich, besaß schlag
fertigen Mutterwitz ; und auch ihr der
mögender, jovialer Papa hatte, wie
in dem weitläufig verschwägerten
Schwetschke'schen Hause genau bekannt,
eine Anzahl Eigenschaften, die ihn zum
begehrenswertheften aller Schwiegerväter
stempelten. Kein Wunder also, daß
Liddi während der drei Quartiertage
von sämmtlichen ledigen Offizieren um
schwärmt worden war.
Der dritte Zug an die Zewehre !"
hieß es plötzlich, als die Compagnie sich
gerade an die Einrichtung des Biwaks
machen wollte.
Einen Augenblick lang wirrer Tu
rnult und Durcheinanderrennen. Auch
Schwctschke eilte zu seinem Gepäck.
Rasch wurde umgehangen ; dann rückte
der Zug deS Lieutenants Glasenapp
unter SicherheitSmaßregeln ab. ES
sollte eine Feldwache ausgesetzt werden.
An der Waldlifiere angelangt, der
theilte Glasenapp die Posten. Den
UnterosfizierSpoften am weitesten rechts
vertraute er Schwctschke an.
Der war schier erschlagen. Liddi kam
mit ihrem Vater von BurkerZroda her
über in Biwak und er mußte mit
sechs 'langweiligen Füsilieren da brau
ßen an der Chaussee in irgend einer
Sandgrube campiren l
Ohne Zweifel lag hier eine Intrigue
vor. O, wenn er sich hätte rächen kön
nen!
Es ward dunkel. Ein kühler Herbst,
wind pfiff über die Stoppeln. Das
Effen, das den müden Mannschaften
von der Vorpoftencompagnie gebracht
wurde, rührte der Einjährige nicht an.
Er hatte auf ein fröhliches Sektgelage
im Offizier-zelt an Liddi'S Seite ge
hofft, und nun lag er einsam und der
lassen hier draußen auf freiem Feld,
voraussichtlich die ganze Nacht hindurch I
Und wer konnte wissen, vielleicht löste
der Hauptmann diesen entsetzlichen
Glasenapp durch einen Feldwebel von
der Wache ab und dann saß der
neben der himmlischen Liddi... EZ war
sin Jammer I
Da plötzlich Pferdegetrabe auf der
Chauffee, die vom Feind heranführt.
Schwctschke springt auf; er bemerkt
zwei Reiter.
Beim Himmel, eS ist Liddi in Beqlei
tung ihres Papa'S !
Halt! Wer da?" schreit der
Posten vor Gewehr.
Herr von DomaruS zügelt fein Pferd.
Landeseingeborene !" giebt er gutge
launt zur Antwort.
Aber Papa, ist das nicht Herr
Referendar Schwetfchke?
Der Vetter? Nicht möglich !" '
Pardon. Herr von DomaruS,"
sagte der Einjährige, ich habe Beweise
dafür !"
Nanu, wie kommen Sie hierher,
'lieber Herr Referendar? Ihr Compag
niechef stellte mir ein gemüthliches
Plauderstündchen im Biwak in Aus
ficht?
Das find meine Biwakfreuden,"
sagt Schwetfchke mit Galgenhumor, auf
die beiden Kochkessel zeigend.
Sie Unglücklicher! Holla, ein Ge
danke ! Ich dirigire daZ Marktwägelchen
mit der Futterage, die ich für ihre Com
paznie bestimmt habe, hier an Ihnen
vorbei. Herr iferendar. Wenn der
Wagen Ihren Poften passtrt. dann der.
sehen Sie sich, bitte, nach Herzenslust ;
Ihre grausamen Tyrannen bei der
Compagnie mözm sich mit dem Rest
begnügen !'
Und im Grlopp war er wieder da
von. nachdem er seiner Tochter rasch
anbefohlen hatte, ihn hier zu erwarten.
Echwelschke war selig, bei sinkender
Nacht hier auf freiem Felde seiner
himmlischen, angebeteten Liddi gegen
überstehen zu dürfen.
Ach. Fräulein Liddi. jetzt hätte ich
nur eine große, große Bitte an Siel. . .
Steigen Sie ad !"
Fürchten Sie sich vor meinem
FuchZ?"
O. ich bin selbst ein leidlicher Rei
ter. Aber Sie find so so Überlebens
groß. Und wenn der böse Feind sie
sähe...."
Die Soldaten mit den Helmkappen
nicht wahr, das lft Ihr böser
Feind"?'
ES giebt auch noch andere böse
Feinde!... Meine Nebenbuhler, Fräu
lein Liddi I"
Sie war ganz roth in ihrem hübschen
Geficht geworden das sah der Referen
dar trotz der rasch überhandnehmenden
Dunkelheit. Jetzt oder nie!" so rief eS
in ihm. Muthig holte er denn aus
und in heißem Flüstertone verrieth er
ihr alles, alles, was fein Herz durch
stürmt hatte seit der seligen Stunde, da
er in ihrem Elternhaus ihr Tischherr
hatte sein dürfen.
ES war eine eigenthümliche Situa
tion. Vier Mann schnarchten beim Ge
päck die beiden Posten hüben und
drüben von der Chaussee spähten ange
strengt in die Nacht hinaus durch
sein unruhige? Stampfen und Schnau
ben störte der Fuchs immer wieder das
LiebeSgeplauder. Sonst herrschte tiefe
Stille ringsum nur hier und da
krachte ein Schuß seitlich in der Vor
Postenkette.
Schwctschke ward ganz elegisch. Ja.
zum Schlüsse wagte er'S sogar. Liddi'S
kleinen Handschuh zu küssen als er
nämlich in sie drang, ihm zu sagen, ob
er in den nächsten Tagen einen Besuch
auf Burkersroda machen und ihren
Vater fragen dürfte, ob
Schockjchwerebrett, warum wird mir
denn hier nicht gemeldet?" erklang da
plötzlich Glasenapp'S schnarrendes Or
gern. Einjähriger, find Sie denn deS
Deibels?"
Der Lieutenant hatte Fräulein von
DodaruS erkannt. Die Gelegenheit, den
bevorzugten Nebenbuhler vor der jungen
Dame gehörig abzukanzeln, ließ er sich
natürlich nicht entgehen. Dann ent
schuldigte er fich in höflichster Weise bei
Liddi, daß er den Mann da" zur Be
strafung melden müsse.
Liddi war die Scene über alle Maßen
peinlich. Rasch bezwäng fie aber jhren
Groll und sagte mit einem feinen
Lächeln: Ich trage die Schuld daran,
Herr Lieutenant, wenn der Herr Re
ferendar etwa? versäumt haben sollte."
Pardon, meine Gnädige, als Sol
dat als Soldat...."
Glasenapp bemerkte in seinem Eifer
den schalkhaften Ausdruck nicht, der fich
plötzlich dem Antlitz von Fräulein Liddi
mittheilte.
Gerade als Soldat hat Herr
Schwctschke wohl besonder schneidig zu
handeln geglaubt, indem er mir soeben
eine Bitte als eh Cavalier ab
schlug."
Als Cavalier? Pardon eh
Einjährige find überhaupt keine Cava
liere!"
Schwctschke machte insgeheim Fäuste.
Wo sollte daS hinaus? Wollte Liddi ihn
zum Besten haben?
Denken Sie nur, Herr Lieutenant,
mein Vater erwartet mich drüben an
der Waldecke dort rechts am Eingang
von AuerZdorf. Die Wiese hier ist für
den Fuchs aber ungangbar ich bat
also Herrn Schwctschke, hinüberzu
springen. Denn mein Vater vergeht
vor Angst...."
Glasenapp schlug eifrig die Hacken
zusammen. Meine Gnädige, gedulden
Sie fich nur zwei Sekunden ich
fliege " Im Davonftürmen wandte
er sich noch aufgeregt an Schwetfchke:
Sie begeben fich auf der Stelle mit
zmi Mann auf Patrouille in nord
licher Richtung!"
Der unglückliche Einjährige wüthete
insgeheim. Das ist nur, um uns zu
trennen! Ach, Liddi, und ich der
stehe ja gar nicht, was Sie veranlaßt
hat...."
Bfcht! Bscht!" beschwichtigte ihn
Fräulein von Domarus lachend, sobald
der Lieutenant außer Hörweite war.
Sie wissen doch, daß die schwarzen Hu
saren heute bei uns zu Tisch waren?"
Die feindliche Avantgarde Caval
lerie?!"
Ja. Oberst von Butler erzählte
mir, daß fie Punkt neun Uhr einen
Nachtangriff auf Ihre Stellung unter
nehmen würden und zwar über AuerZ
dorf, um Sie von der rechten Flanke
her zu überrumpeln!"
Himmel !" entfuhr eS dem Einjäh'
rigen. Ader dann läuft Glasenapp
ja direkt dem Feinde in die Arme?"
Mag er!" lachte Liddi.
In Schwctschke erwachte plötzlich der
Stratege. Liddi, leihen Sie mir Ihr
Pserd! Ich reite sofort zum Hauptmann
Sie stehen solange unter dem Schutz
dieser wackeren Füsiliere!"
Ah, ich verstehe, Sie wollen fich das
eiserne Kreuz verdienen? Und wenn
man mich inzwischen als Epionin ge
fangen nimmt?"
Ich löse Sie aus. Liddi. Denn
mein Gott, ich ich liede Sie doch so
unsagbar "
Wollen Sie gleich still sein! Wenn
die Leute sie hören!"
Ach. die ganze Welt muß es endlich
erfahren!"
Zehn Minuten später kehrte der
.junge Moltke' auf dem schmeißbedeck
ten Fuchs schon wieder zurück und
nach kaum einer Viertelstunde ward der
von zwei Regimentern Cavallerie unter
nommene Vorstoß gegen die Vorposten
ftellung auf der ganzen Linie unter
dem mörderlich knallenden Schnellfeuer
sämmtlicher auZgeschwürmten Vor
poftencompagnien zurückgeschlagen.
Schwetschke'S Hauptmann strahlte
vor Glück darüber, daß er eS gewesen
war, der dem VorpoftenCommandeur
die erste Nachricht von dem Anrücken der
feindlichen Cavallerie über Aucrsdorf
hatte geben können. Die auZgezeich
neten Leistungen einer Mannschaft im
Patrouillendienft fanden bei der Kritik
lobende Erwähnung.
Nach dem Gefecht kamen andere
Truppen in die Vorpoftenkette. Auch
Schwctschke ward abgelöst und zog
triumphirend in'S Biwak ein. woselbst
inzwischen auch Herr von TomaruS mit
reichen Vorrüthen für eine Massenbowle
eingetroffen war.
Der Held deS Tage! war der Ein
jährige Unteroffizier Schwetfchke, der
von seinem Hauptmann als ein strate
gifche Talent gefeiert wurde, trotzdem
er höflich dagegen protestirte und nur
etwas von KriegZzlück" brummte.
Eine viel reinere Freude schien ihm
nach einer langen, heimlichen Be
sprechung Liddi'S mit ihrem Vater
die Aufforderung deS Herrn von Doma
ruS zu bereiten, ihn doch nach seiner
Entlassung auS dem Militärdienst recht
bald auf Burkersroda zu besuchen.
Lieutenant Glasenapp I. hatte die
Schlacht nicht mitgeschlagen. Er war
bei AuerSdorf von den Seinigen abge
schnitten worden und hatte fich erst nach
Beendigung deö Gefechts ziemlich klein
müthig im Biwak e ngefunden.
Herr Lieutenant," sagte der Com
pagniechef gemüthlich lachend bei der
Bowle, gratuliren Sie unserem
Schwetschke. Er hat heute den bösen
Feind geschlagen!"
Glasenapp machte ein süßsaures Ge
ficht. Der Einjährige Unteroffizier
Schwetschke aber drückte heimlich, nur
von Papa DomaruS gesehen, die Hand
von Fräulein Liddi und flüsterte:
Und auf der ganzen Linie, Liddi,
was ? !"
Die zwcite ßvau.
Erzählung aus dem Leben, von Guilav Löffel.
Draußen lärmte und tobte daS Leben,
daS Fabrikleben, mit seinem Hämmern,
Rollen und Rasseln, und irgendwo ent
wich auS schmaler Röhre mit lautem
Puff-Puff-Puff" der Dampf, wel
cher die Maschinen in Bewegung setzte,
daß eS fast klang wie ein müdes, teu
chendeS. der Last erliegendes Athmen
dieses langgestreckten RiesenleibeS. Ueber
den sonst stillen Hof rollte ad und zu
ein hoch beladener Wagen, welcher die
sauber verpackten Fabrikerzeugnisse den
Bestellern oder auch den Bahnhöfen zu
führte.
Alle das sah und hörte und über
wachte der Chef deS großen Handels
hnuseS in feinem Privat-Comptoir, des
sen hoheS und breites Fenster auf den
Fadrikhof hinausging und daS fonnbe
glänzte Bild dieses gewaltigen ArbeitS
selbes einrahmte.
ES war ein Bild, das er liebte, wel
cheS täglich und stündlich vor Augen zu
haben er fich gewöhnt hatte. Und auch
jetzt ruhten seine Augen darauf, aber
mit ernster, sorgenvoller Miene. Da
malS, als noch daS alte Fabrikgebäude
finster, ruhig und unansehnlich herein
geschaut und hier den Mann im abge
tragenen Rock am abgenutzten Arbeit
tisch gesehen hatte, unweit von ihm die
Gattin im einfachen Hauskleide, welche
Liebe und Theilnahme für all' das
hatte und ihm bei seinen Arbeiten half,
wo immer fie konnte ja, da hatten
stolze Zuversicht and Freude auf seinem
Gesichte gesessen, und mit einem gele
gentlichen Aufblick umfaßte er mit der
gleichen Zärtlichkeit daS stille, sorgen
volle Weib und die düstere Arbeitsstätte.
Nun war das alles so neu, so groß und
leuchtend! Feuer hatte das alte Fabrik
gebäude zerstört, und der Wiederaufbau
hatte auch hier in seinem PrivatComp
toir eine Wandlung und einen Comfort
geschaffen, die ihm nicht behagten. EinS
besonders vermißte er schwer, und auch
jetzt seufzte er. wie er daran dachte : die
stille, arbeitsame Frau, die treue Be
ratherin in allen Fabrikangelegenhei
ten, die wohlwollende, mütterliche Be
schützerin feiner Arbeiterinnen, die Hel
ferin seines EmporkommenS, die zärt
liche Mutter feiner Kinder. Oh, wie
fie ihm fehlte wie sehr, noch jetzt, nach
Jahren! Draußen auf dem stillen Fried
Hof ruht ihre sterbliche Hülle, nun längst
zu Staub zerfallen.
Unwillkürlich hatte er die Hände ge
faltet. Und so saß er noch, als ein kur
zeS, energisches Pochen an die Comptoir
thüre ihn aus seinen Träumereien auf
weckte.
Die Thür wurde, ohne sein Herein"
abzuwarten, aufgestoßen. Eine hoch
gewachsene, schlanke Dame im engan
liegenden Reitkleid, den Cylinder keck
auf der feinen, schmalen, etwas hoch
wüthigen Etirn. die Reitgerte in der
Hand, schritt herein seine zweite Frau!
.Du haft mich sprechen wollen l"
sagte fie kühl, und so war auch der
Blick, den fie auf den stark alternden,
sorgenvollen Mann im Lehnftuhl richtete.
WaS aiedt ti denn?" fuhr sie mit ner
oöser Gereiztheit fort. Mein Gott.
daS ist ja eine Luft zum Krankoerden!
Ich vertrage daS nicht!"
.ES ist die Luft, welche ich nun feit
zwanzig Jahren athme," sagte er ruhig.
Soll daS ein Vorwurf sein?" fragte
sie herausfordernd, hochmülhig. Den
mußt Du derjenigen machen, die Dich
zuerst an diese schlechte Lust sich hat ge
wöhnen lassen. Ich bin sie nicht ge
wohnt. Und wenn Du mir sonst nichts
zu sagen weißt" Sie machte eine Halde
Schwenkung nach der Thür.
.Bleib!" sagte er hastig, fast gedie
terisch.
In stolzer Auflehnung wandte fie sich
ihm wieder zu. Sie wußte eS, er liebte
sie, das schöne, jugendliche Weib mit
eifersüchtigen Liebe deS zunehmenden
Alters. Jeden Wunsch hatte er ihr er
füllt, jeder Laune hatte fie gefröhnt und
mit den heiligsten Gefühlen seines Her
zenS ein frevlerifcheS Spiel, getrieben,
nur um ihre Macht über ihn zu befefti
gen und zu bemänteln, daß fie im eine
theilnahmslofe Gattin war und feinen
Kindern gleichgültig und fremd gegen
überstand. Sein Reichthum hatte fie
zur Eingehung dieser Ehe, von der sie
kein Glück erwartete, bestimmt, und ei
gennützig, wie sie war, hatte fie sein
selbstloses Anerbieten, ihr eigenes Ver
mögen für fie fichcr zu stellen, ohne Wi
derrede angenommen.
Sie wollte heraus aus der Beengung
deS väterlichen HaufeS. Frei schalten
nun wollte fie als Frau, ohne Ein
schränkung ihrem Vergnügen leben, und
daS konnte fie hier besser als an der
Seite eines selbftwilligen, gleichalterigen
Gatten, den vielleicht dieselbe Lebenslust,
aber auch dieselbe Sehnsucht erfüllte,
wie fie.
Dein Ton klingt nicht gerade ein
ladend, mein Freund," nahm sie nun
von Neuem, noch kälter und abweisender
als vorhin, das Wort.
Er hatte sich gesaßt und sah sie ruhig
und durchdringend an. WaS ich Dir
zu sagen habe, ist nur wenig, und da eS
etwas Geschäftliches ist, mußte eS hier
erledigt werden. Wie Du mich hier
stehst, ElSbeth, bin ich in großer Sorge
um den Fortbestand meines Unterneh
menS. Die lange Ruhezeit während
deS Baues hat alte, treue Kunden der
Concurrenz in die Arme getrieben.
Concurfe Anderer brachte neue, uner
wartete Verluste. Und heute bin ich zu
der Ueberzeugung gekommen, daß, wenn
nicht jetzt gleich oder in allernächster Zeit
eine Besserung eintritt, der Zusammen
druck) unabwendbar ist."
Sie stand da, bleich, mit gekrauste?
Stirne, schwankend und zuwartend.
Und nun kam eS knapp und herb von
ihren blutlosen Lippen:
Also ruinirt?"
ES war etwas in ihrem Ton, das
ihm kalt und hart crn'3 Herz packte.
Rasch blickte er zu ihr auf.
Ja wenn, wie ich schon sagte,
nicht schnell von irgendwoher Hülfe
kommt, und diese Hülfe, liedeS Kind,
die erwarte ich von Dir."
Von mir? WaS soll ich denn dabei
thun?"
Je nun, ich meinte, daß Dein Ver
mögen wenn Du eS jetzt in daS Ge
schüft einschießen wolltest, dieses sehr
sördern und den Ruin abwenden würde.
In Wahrheit fehlt eS mir nur an ge
nügenden Baarmitteln, um größere
Deckungen, die gerade jetzt drängen,
vornehinen zu können. Kann ich mir
den Kredit erhalten, dann bin ich ge
borgen. Sei meine einsichtige, kluge
Frau! Es ist die erste Bitte, die ich an
Dich stelle Gieb mir Dein Geld zur
freien Verfügung!"
Mein Geld? Nein," sagte fie hart.
Damit eS auch noch verloren geht?
Was kann ich dafür, wenn Du schlecht
gewirthschaftet hast! Warum soll ich
darunter leiden? Wenn Du mir kein
Heim mehr bieten kannst, nun, dann
werde ich zu meinen Eltern zurückkehren
müssen. Sie werden doch ihrem ob
dachlosen Kinde die Thüre nicht der
schließen! O hätte ich doch damals auf
daS Abrathen meiner Freunde gehört!
Ader Du sollst nicht von mir sagen, daß
ich Dich an den Bettelstab gebracht habe.
Ich reise ab. Mein Vater mag die
weiteren Schritte veranlassen, denn ich
sehe nun doch ein, daß unsere Ehe ein
Irrthum war!"
Sie ging hinaus und warf die Thür
hinter sich zu.
Ja, daS war fie," sagte er nur noch
schwach, und dann sank er ganz ge
brachen, mit einem dumpsen Aufstöh
nen, auf feinen Stuhl zurück.
Und dann einen Ruck! DaS Auf
ziehen einer Schublade und in seiner
Hand blinkte eine Waffe, bestimmt, ihn
zu vertheidigen, und jetzt in wilder,
packender Verzweiflung schon halb gegen
ihn gerichtet
Da sinkt etwas bei ihm nieder, da
greift eS nach ihm mit schlanken Ar
men ; ein halb erstickter Aufschrei:
Vater!"
Und wie gebrochen sinkt der Arm
herab. Die Waffe fällt mit dumpfem
Poltern zu Boden.
Und er neigt fich zur Seite, und da
blickten ihn an auS dem bleichen, fanf
ten Antlitz feiner ältesten Tochter die
Augen seiner ersten Frau an, so vor
wurfsvoll und doch so biiteud, wie fie eS
oft im Leben gethan.
Mein Kind! Mein Kind!"
Er hält ihren Kopf umklammert.
Er drückt fie an sein Herz, und heiß und
unhaltsam rinnen ihm die Zähren Über
daS bleiche, kummervolle Antlitz.
Die Tochter hat mit den Augen der
Liede schon lange gesehen. waS die zweite
Frau in ihrem sorglosen Dahinleben
niemals wahrgenommen, daß schwere
Sorgen dem lieben, guten Vater am
Herzen liegen.
Eine lange Pause entstand.
Du weißt ?' dringt er endlich
mühsam hervor.
Ja Vater und Du. Du willst
uns auch verlassen, daß wir dann ganz
verwaist sind?"
.Nein, nein, mein Kind, nicht bis
der da oben meinem Leben und Streben
ein Ziel setz'! Ich breche fast zusam
men unter einer schweren Sorgenlast,
mein liebeS Kind, aber sieh' wie Du
mich so anblicktest mit den Augen Deiner
Mutter, da war eS mir, als wäre fie
mir selbst zurückgegeben, alS wäre ihr
verklärter Geist mir an die Seite ge
treten, um mich hinauszuführen auS
diesem Kampf und Streit, zurück auf
jene stillen, ruhigen Bahnen der Arbeit,
auf denen wir einst Hand in Hand ge
gangen. Geh' jetzt Maria, und lasse
die Kinder nichts merken! Mama ist
verreift fie werden fie nicht sehr ver
missen. Nun trittst Du wieder an die
Spitze unftreZ Hauswesen?. ES wird
stiller hergehen, wir werden unS man
cherleiBcschränkungen auferlegen müssen,
aber eS wird auch besser werden. Ich
habe Euch, und Ihr habt mich. Ist
daS nicht Glück genug?"
Eng hielten Vater und Tochter fich
noch einmal umschlungen.
Der Fabriklärm war verstummt.
Und still war eS auch in den beiden
Herzen da oben geworden. WaS konnte
nun noch trennend zwischen fie treten,
nachdem das Schwerste durchgekämpft
war, waS Menschen auferlegt werden
kann! In dem mittäglichen Sonnen
strahl, der über ihren Häuptern ruhte,
schwebte ein Engel deS Friedens her
nieder und breitete feine Arme fchir
mend und segnend aus über Vater und
Kind.
Eine unheimliche Nacht.
Erlebn, fke tmti Ipamlchcn Soldaten, Von !H. 2d-
DaS Regiment, welchem ich zuge
theilt worden, war nach den Philip
pinen Inseln geschickt worden. AIS
ich an daS Land stieg, war das Erste
was mir zugerufen wurde: Nehmen
Sie fich vor den Schlangen in Acht,
Ihr Biß tödtet schnell und plötzlich wie
eine Büchsenkugel."
Eines Nachts mußte ich mit ein paar
Kameraden in einem Schuppen cam
piren. Erst gegen Mitternacht konnte
ich einschlafen. Aber ein furchtbarer
Alp bedrückte mich : Ich träumte, eine
riefige Schlange wäre in unseren Schup
pen gekrochen, hätte fich an meinem
Bette aufgerichtet und von der Wärme
angelockt, um mich geringelt. Ich
fühlte fie auf meine Brust in sich zu
sammengerollt, "love" wie die ginge
dorenen sagen, was etwa sprungbereit be
deutet. Ich wagte eS nicht, mich zu
bewegen, und doch erstickte mich dieser
Druck.
DaS Gefühl deS Erstickens wurde
schließlich so stark, daß ich davon er
wachte.
ES war kein Traum, sondern
schreckliche Wirklichkeit! Da war die
Schlange auf meine Bettdecke. Eine
Bewegung, die ich beim Erwachen ge
macht, hatte fie ohne Zweifel geweckt,
denn ihr Kopf war etwas über die vom
Körper gebildete Schneckenlinie erhoben
und bewegte fich hin und her, als wenn
sie den Feind suchen wollte, der sie auS
ihrer Ruhe aufgeschreckt hatte.
Voll beleuchtete fie der Mond, so daß
ich auch die kleinen funkelnden Augen
deS Reptils unterscheiden konnte. Einen
kurzen Augenblick lang bohrten sich
unsere Augen in einander. Unbeschreib
lich war mein Entsetzen ; denn die ge
ringfte Bewegung meinerseits Hütte fie
veranlaßt, auf mich zuzufchnellen.
Kalter Schweiß trat auf meine Stirn.
Endlich mir schien eS eine Ewigkeit
bewegte das Thier wieder seinen
Kopf hin und her und nach einigen
Schwenkungen senkte er fich auf die
Körpermasse nieder, die funkelnden,
schwarzen Augen starr auf mich ge
richtet.
Wie lange ich in dieser Lage, die
Augen regungslos auf das Thier gehef
tet und unfähig zu schreien oder mich
zu bewegen, geblieben bin, weiß ich
nicht. Als der Tag zu dämmern be
gann. fing die Schlange an, fich zu
bewegen. Ich bemerkte, wie fie fich
aufrollte und streckte, vom Bett her
unterglitt und langsam nach der Thür
und über der Schwelle kroch. Ich
sprang auf, ergriff meine Büchse und
seuerte aus das Thier. Ich sah noch,
wie eS unter dem Schusse zusammen
zuckte und dann unbeweglich zusammen
sank.
Die erschreckten Kameraden spran
gen herbei. Ich sank ohnmächtig zu
Boden.
Von der tundrrari i.
Arzt: . . . Warum haben Sie denn
die Sache so lang anflehen lassen?"
Bauer: .Ja freilich! Da wär'
leicht kuriren. wenn ma' immer gleich
zum Doktor laufat'I . . Plag'n S' Jhna
nur a' bis! !"
4in Lrdrenn.
Fuhrmann (welcher von einem Gen
darm arrctirt und dabei etwas unsanft
behandelt wird): Ich muß schon um
eine and're Behandlung bitten! Ich
kenn' mich aus ich bin schon arretirt
word'n, da war'n Sie noch gar nicht
auf der Welt !"
Sdjljll.
Frau (weinend): . .Also gegen die
Anordnung deS ArztcS verweigerst Du
mir die Mittel nach Carlsdad? l Weil
Dir halt an mir nichts liegt l"
Mann: So. im Gegentheil! Meine
Weigerung ist ja nur ein Beweis, wie
hoch ich Dich schätze. Nicht ein Pfund
möchte ich von Dir verlieren !"
Doppelsinnig.
Dichter (in der Premiere seines neue
ften Lustspiels): Nun finden Sie an
meinem Luftspiel nichts besonders
b em er kenö werth?"
Kritiker : O ja den a u S g e
lafsenen Humor!"
Aus der 48 lippe-dttmold'sche
Revolution.
Die Bürger von Lemgo, revolutionär
angehaucht, zogen mit Mist und Heu
gabeln bewaffnet in hellen Schaaren
nach Detmold vor das Schloß Sr.
Durchlaucht.
Der Schloßhauptmann trat auf den
Balkon und rief:
Was wollt Ihr denn, liebe Kinder?
Durchlaucht will ja nur Euer Bestes."
Ja, dat ist't a grad , wat wü ihm
nich giwen wüllen!"
Schone Ausncht.
Zahnarzt (zu seinem Diener): Sie
haben eine Flasche Wein ausgetrunken,
eine Flasche Wein, die mir ein
Patient als Zahlung gab, dem ich den
unrechten Zahn gezogen! Die Fol
gen haben Sie fich selbst zuzuschreiben !"
Beim IVeit genommen.
(In der Kunstausstellung): ...Sie
müssen dieses Bild mehr aus der Ferne
betrachten !"
,O, ich werde gleich draußen
sein !"
J
Aus der Instruktwnsstunde.
Unteroffizier: ...Der Friede ist
ja blos dazu da, damit im Kriege alles
klappt !"
ver echte Backstsch.
Herr : Aber warum lesen Sie denn
nicht einmal ein Luftspiel oder einen
ldcywani. mein Fräuleins"
Backfisch : .Ach Gott, wir müssen
schon bei den Trauersdielen immer so
surchtbar lachen !"
In der Ausstellung.
Dame: Ich finde aber die Bleck
m u f i k im höchsten Grade störend
man versteht ja fein eigenes Wort
nicht !"
Herr : ..Die ist jedenfalls da. damit
man nicht hören soll, wie das Publikum
über die Ausstellung schimpft!"
Kathederblüthe.
Professor (im juristischen Kolleg):
,Wenn ich z. B. was öfter vorkommt
-einen Wechsel fälsche.. .."
Stellt wachen aus I
Griesgrame ringS. stellt Wachen aus !
Der Frühling will fich zeigen.
Sonst dringt er Euch in Land und HauS,
Treibt Schrullen. Grillen, Gram hinaus
Und führt den Blüthenreigen.
Stellt Wachen aus ich rath' Euch gut !
Sonst seid Ihr schnell verloren.
Er reißt mit fich das junge Blut,
Hat um Gebrumm und Narrenwuth
Sich nie noch viel geschoren !
Stellt Wachen auS, Ihr Herzelein,
Die Unheil ließ verbittern !
Sonst dringt er da mit Sonnenschein,
Eh' daß Jhr's wehrt, auch bei Euch ein
Läßt neu von Lieb' Euch zitrn !
Entdeckung.
Sie nannten mich herzlos,
Ich litt'S ohne Schmerz ;
Ich fühlt' es ja selbst blos.
AlS hätt' ich kein Herz.
Als wär'S in der Brust an
Der Stelle mir leer,
Wo's sterblichen Andern
Bald leicht und bald schwer.
Doch als ich an Dich, Lieb,
Mein Herze verloren.
Da wußt' ich'S, ich würd'
Ohne Herz nicht geboren.
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Dann freilich.
Amtmann : ..Wie kann Sie kick er
lauben, heute mit einer Klage zu lom-Vy
men. Gestern, am Mittwoch, war f
Amtstag !"
ffrau : .Verzeihen Sie. oestrenaer
Herr Amtmann, meine Nachbarin hat
mich erst heute beleidigt."
Immer im Beruf.
Reifender : ..Herr Lebmann, ick, bitte
hiermit um die Hand Ihrer Tochter
Rosa."
Schwiegervater in sne: ftst fittt
Liebe auch ecdt?"
Reisender: .Herr Lebmann. ?aus
Ehrenwort, daZ Beste und Tauerhaf
teste, waS in diesem Artikel geliefert
werden kann."
Nüchterne Anschauung.
Lebrer : ..WaS denken &t über inen
derartigen Ausdruck böckster Lcidensckast
und deS Hasses, wie : Ich möchte den
Ozean vergiften?"
Schüler : .Da daZ oan, unaefäbr
lich ist es trinkt ia dock, kein Menfcki
Meerwasser !"