Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, April 28, 1898, Image 12

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    3n allc gegangen.
f umcueäte boh .. i'tnibtl.
Ich ttua mich can ernstlich mit dem
Kedankcn. iu btuotbrn. denn ich hatte
das rtunaatfcUenleben satt. Da es mir
an Damendekanntschllst fehlte, so sucht,
ich auf dem nicht mehr ungklvöhnlichen
Wege deS LnnoncirenS zu einer tfrau
Zu kommen und war gerad: mit dem
Absoffen einer diesbezüglichen Annonce
delchZtliat. a!Z mir euind, daß ich da
tiaenttich viel bequemer und billiger ha
den könnte, indem ich einfach auf eine
der dielen HeiratbZannoncen schnei, d
taglich von hciratdZluftigen Damen in
d,e iSeituna gerückt werden. Gebacht
gethan. Ich nahm das Tageblatt zur
Hand und ji:eß auch bald aus ein n
nonce. welche mein Interesse erweckte
und die fo'cüdermafzen lautre:
.Eine Wittwe in den besten Jahren,
mit Hausstand und etmaS Vermögen,
wünscht flch wieder zu verheirathen
Auch ist dai.'.bft ein Zimmer zu ver
miethen. C. u. A. B. 100 an d. Exi)
d. BlütteS."
Famo; daZ war waS für mich!
Sine Wittwe zu ehelichen und somit in
einen sertiaen HauZSand bliiemzuhe,
rathen, da? war schon immer da? Ziel
meiner Wünsche, und waS daS kleine
Vermögen betraf, so war dieS ja auch
nicht zu verachten. Ein Zimmer
brauchte ich nun gerade nicht, denn ich
wohnte angenehm und verhaltnißmüßiZ
dillig und auch bei netten Leuten.
Aber, was thut man nicht alles aus
Liebe! Wenn eS sein mußte, dann zog
ich eben auS, denn halten that mich
nichts.
Ich reichte umgehend unter der ange
gebknen Khriffce eine Offerte ein. in der
ich mir mit wenigen Worten um An
gäbe einer genauen Adresse bat. Als
Anlwoi t darauf hielt ich zwei Tage fpä
ter ein zierliches Damenbriefchen in der
Hand, in welchem eine Frau Anna
Werner, unter Angabe ihrer Adresse,
mich aufforderte, zweck; mündlicher Be-
fprechug der Angelegenheit, bei ihr
vorzusprechen.
Ich machte mich sofort auf den Weg,
nachdem ich mich in meine eleganteste
Toileite cikwvlfen, und stand eine halbe
Stunde später vor der Thür der schon
im Stillen von mir Angebeteten und
zog klopfenden Herzens die Klingel
Eine reizende kleine Frau, mit blonden
Locken und himmelblauen. Augen bei
deren Anblick mein Herz sofort höher
schlug, öffnete mir.
.Verzeihung, meine Gnädige," brachte
ich stotternd heivzr, .sind Sie die Tame
des Sause??
.Zu dienen, mein Herr," antwortete
sie mir mit einer zierlichen Verbeugung
und mit einer so lieblichen Stimme, daß
5 mir durch Mark und Bein ging, und
ich ganz verwirrt wurde.
.Dann find Sie wohl die Tame,
welche' beinahe hätte ich nun gefragt:
.welche sich wieder zu verheirathen
wünscht', aber da fiel kS mir im letzten
Augenblick ein, daß eS doch wohl im
schicklich und unpassend wäre, gleich so
mit der Thüre iriS HauS zu fallen, und
so fragte ich denn: dann find Sie wohl
die Dame, welche ein Zimmer zu der
miethen hat ?"
Ja wohl, mein Herr, da sind Sie
hier ganz richtig, belieben Sie nur
näher zu treten." Und mit diesen
Worten führte sie mich in ein nach der
Straße belegeneS zweifenstrige? Zim
mer, welche höchst elegant eingerichtet
war.
DaZ Zimmer gefällt mir sehr gut,"
nahm ich nun wieder da? Woit, .aber
ich muß gleich vorausschicken, verehrte
Frcu, daß eS mir sehr darauf ankommt,
recht ruh',g und ungestört zu wohnen.
Kindergcschni zum Beispiel kann ich
nicht ertragen, ich bin nämlich Schrift
steller und muß als solcher den Tag
über absolut ungestört arbeiten können."
.DaZ können Sie auch sehr gut bei
mir, lieber Hecr, denn Kinder sind hier
Licht, nur eine ältere Dame, eine Ver
wandte von mir. wohnt hier mit ein,
aber die stört Ihre Ruhe in keiner
Weise."
.Und welches ist der Preis deS Zim
merS?" fragte ich sehr bescheiden, denn
ich ahnte im Voraus, daß er jedenfalls
nicht niedrig sein würde.
.Der PreiZ ist mit Bedienung und
Kaffce dreißig Mark monatlich, pränu
merando zahlbar."
DaS war mir ja nun eigentlich diel
zu viel, uns schon wollte ich die ganze
Sache fallen lassen, als me'.n Blick wie
der auf die verführerische Frau vor mir
sie!, die mir überdies jetzt fo hold und
fiiß zulächelte, wobei sie mir eine R:ihe
schneeweißer Perlenzühne zeigte, daß ich
ihr am liebsten gleich zu Füßen gefallen
wäre und idr Herz und Hand angeboten
hÄtte. Der bedanke daran, daß ich
die? holde Wesen vielleicht bald meine
Frau nennen dürfe, wenn ich daS Zim
wer bei ihr miethete, stieß alle meine
Bedenken wegen deS hohen MiethSprei
scö um. und so miethete ich denn daS
Zimmer auf monatliche Kündigung
und zahlte sofort dreißig Mark, um noch
heute, da wir gerade den Ersten hatten,
kinzuzehen.
Me nc alten Wirth'leute waren wenig
erfreut, umsoniehr aber erstaunt, als
ich am selben Tae plö-j'iA HalS öder
Kopf auszog. ÄaS aber fragte ich da
och, ich träumte nur von bevorstehen'
dem tffccill
Am v'lbcnd saß ich denn in meinem
neuen H'ii'i und wartete der Dinge, die
da kommui wüid,. Was da nun zu-
beobachtete, mit einem herzhaften Kusse
emvsinz. DaS brachte mein Blut in
Wallung und ließ mich im Augenblick
alle Qualen der Eireisueht durchmachen,
denn ich dachte sofort an einen Neben
duhler, der mir schon zuvorgekommen
war. DaS Folterndfte aber für mich
war. daß der Herr sich gar nicht wieder
entfernte. Ich blieb noch bis Mitter
nacht wach und legte mich dann zur
uhe, konnte aber vor Aufregung kein
Auge schließen. Todtmüde erhob ich
mich am andern Morgen, um dann
schließlich um ungefähr 8j Ubr zu HS
ren, wie sich der Herr von gestern end-
lich entfernte, nachdem er die junge
Frau wieder herzhaft geküßt hatte, und
diese ihm .uten Morgen. lieber Max'
nachrief
DaZ war mehr als ich ertragen konnte.
ich war betragen, hintergangen. man
hatte sich einen Spaß mit mir erlaubt.
und ich brannte darauf, mir Gewißheit
uns Klarheit zu verschaffen und konnte
die Zelt nicht abwarten, der jungen
hübschen Wittwe gegenüber zu stehen.
um ihr über meine Adstchten reinen
Wem etnzu chär.ken. .Wenn Ne mir
den Morgenkaffee bringt." tröstete ich
mich selbst, dann werde ich mir Gewiß
heit verschaffen, indem ich mich ihr et
genüber ausspreche und in aller Form
um ihre Hand anhalte.
Ich warf mich in den Frack und stellte
mich in Positur. Anstatt der sehnsüchtig
erwarteten Frau Werner erschien aber
eine ungefähr vierzigjährige häßliche und
chon ziemlich verschrumpelte Dame und
ervirte mir den Kaffee. ES war die
hier mit einwohnende Anverwandte,
von der die junge Frau Werner gestern
sprach, und die ich heute zum ersten
Male zu Gesicht bekam. Erbittert
über diese Enttäuschung fragte ich in
barschem Ton, ob denn die junge Frau
Werner nicht da wäre, um mich zu bt-
dienen
.Frau Werner ist wohl anwesend."
ließ die Tame sich vernehmen, aber
die Bedienung der Zimmerherren be
orge ich.
nächlt lam, war ein Herr, den die junge
Frau, wie ich durch lal Schlüsselloch
So?!" rief ich jetzt in Wuth ge.
bracht auf. Für solche Bedienung
zahle ich aber keine dreißig Mark den
Monat. Auf jeden Fall möchte ich Frau
Werner mal sprechen."
DaS war ja etwas grob, wie ich nach
her eingesehen habe; die Dame stand
anfangs auch ganz betroffen da, tnt
fernte sich dann aber schnell, worauf
bald nachher die Frau Werner in mein
Zimmer gestürzt kam, mit flammen
rothem Gesicht. waS sie noch reizender
und verführerischer machte. Ich mußte
mich halten, daß ich ihr nicht um den
HalS siel und ihr meine grone Liebe ge
stand, aber ich bezwäng mich, und auf
ihre m furchtbarer Erregung an mich
gerichtete Frage: .Sie wünschen, mein
Herr?!" begann ich:
.Meine liebe Frau Werner, ich "
Ich verbitte mir daZ. mein Herr.
ich bin nicht Ihre l e e geau Werner
unterbrach sie mich."
Ich war vaff. solche Sprache nur
gegenüber, mir, der ich für so schwere?
Geld ihr Zimmer gemiethet? War sie
mir denn Nicht vielmehr zu Tank ver
pflichtet, anstatt mir nun fo schroff ge
genüber zu treten?
Na. dann also, meine verehrte Frau
Werner," verbesserte ich mich, etwas
kleinlaut fortfahrend, ich habe Sie ru
fen lassen, um mich über die wahren
Absichten, die ich für Sie hege, Ihnen
gegenüber auzusp?echen. Vorher aber
möchte ich mir die Frage erlauben, und
werden mir das nicht verargen:
Wer war jener Herr, der Sie heute früh
berlietjr
Mein Herr." fuhr sie empört auf,
was berechtigt Sie zu dieser Frage,
woher nehmen Sie das iecht. sich um
die Personen zu kümmern, die in mei
nem Hause ein und ausgehen?"
Meme liebe Frau Werner dardon
ich wollte sagen, verehrte Frau Wer
ner. ich glaube, ein gewisses Recht zu
dieser Frage zu haben, denn ich will
Ihnen eingestehen, daß ich einzig und
allein nur auf Ihre HeirathZannonce
hergekommen bin."
WaS." rief sie scheinbar verwundert
aus. indem sich ihr Gesicht zu einem iro
nischen Lachen verwg, .auf die Heirathö
annonce find Sie gekommen, und das
lagen Se jetzt eist? Das konnte ich doch
nicht wissen, bester Herr, denn Sie fpra
chen doch gestern nur von dem Zim
mer?"
Allerdings, ich wollte eben nicht
gleich so anfi'riNglich erscheinen, deshalb
miethete ich erst das Zimmer und sagte
mir, daß sich wohl nachher bald eine
Gelegenheit finden würde, um Ihnen
me'.n Her uns meine Hand anzubieten,
und d&S thue ich nun jetzt, liebe Frau
Werner, und bitte Sie auf das Herz
lichfte. machen Sie mich zum Glücklich,
sten aller Menschen, indem Sie in meine
dargebotene Rechte einschlagen."
Nicht doch, lassen Sie daS," wehrte
sie ab. Ihre Werdung ist bei mir
durchaus nicht angebracht, denn ich bin
schon verheirathet. Ter Herr, der mich
vorhin verlcssen, daS war, damit Sie
darüber beruhigt find, will ich eZ Ihnen
sagen. daS war mein Mann."
WaS." schrie ich auf, Sie sind
verheiralhet und geben sich in der Zei
tuna, als heiraih:luftige Wittwe aus ?"
Mein Herr," fuhr sie fort, indem
sie e'N heimlich?? Lachen nicht unter-
drücken konnte.
brüllte ich jetzt auf. mich in ohnmächti
ger Wuth ganz vergessend.
Das Gesicht, was ich bei dieser Er
öffnunz machte, muß gerade kein sehr
anstreiche? gewesen sein, denn die junge
Frau vor mir lachte laut aus. während
ich wie geistesabwesend vor mich hin
stierte.
.Nun, lieber Herr." fuhr die Frau
Werner nun weiter fort, .Sie brauchen
deshalb nicht gleich ss unglücklich zu
thun, denn es kann sich noch alles zum
Besten wenden. Meine Tante wird
Ihnen Ihre Schroffheit gern verzeihen.
wenn Sie noch jetzt um ihre Hand an
Halten. Ich werde sie sofort mal ru
fen."
Diese letzten Worte brachten mich wie
der j'jr Besinnung. .Um Gotteswil
len," schrie ich auf. .lassen Sie. ich ge,
denke mich durchaus nicht mehr zu ver
beirathen, ich will von der ganzen Gr
sch'chte nichts mehr wissen!"
Hierauf entfernte sich die junge Frau
und überließ mich meinen Gedanken
Jetzt ging mir erst ein Licht auf, ich
war hier zwei schlauen Weibern ins
Garn gelaufen, die mich zum Narren
gehabt und sich nun Über mich luftig
machten.
.grau Werner." sagte ich zu ihr,
nachdem ich si wieder zu mir gerufen.
.Sie werden zugeben, daß ich mich nach
diesem Auftritt in Ihrem Hause unmög
lich gemacht habe, ich ziehe deshalb schon
heute wieder aus."
DaS können Sie machen, wie Sie
wollen, natürlich muß ich vorher um
meme dreißig Mark bitten."
Was für dreißig Mark?" ragte ich.
nicht wenig verwundert. .Die Miethe
habe ich Ihnen doch schon gestern bt
zahlt?"
Für den einen Monat, ja. aber nicht
Tut den anlern."
Für welchen andern denn? Sie hö
ren doch, daß ich keinen Tag länger bei
Ihnen wohnen bleiben will."
Wenn auch," fuhr sie, indem sie sich
in die Brust wa:f. spöttisch lächelnd
fort, Sie werden sich aber erinnern,
daß Sie daS Zimmer auf monatliche
Kündigung gemiethet haben. Sie kön
nen also nur vom Ersten zum Ersten ei
neZ MonatZ kündigen. Da wir heute
nun schon den zweiten August schreiben,
gilt Ihre Kündigung erst am ersten
September zum ersten Oktober. Natür
lich können Sie diese Zeit ja auch ab'
wodnen, wenn Sie dazu Luft
verspüren," setzte sie langgedehnt und
besonders betonend hinzu.
Verwünscht, auch noch da? Pech!"
sagte ich. Ader daS schreckliche Weib
war im Recht, daS sah ich ein. Ich
mußte aus alle Fälle noch einmal
dreißig Mark blechen, ganz gleich, ob
ich die Zeit dafür abwehnte oder nicht.
und ich zahlte, wenn auch mit schwerem
Herzen.
Um dem Spott und Gelächter dieser
Menschen nicht noch länger ausgesetzt
zu sein, zog ich noch am selben Tage
aus, und saß Abends, meinen fcheutz
lichen Reinfall überdenkend, wieder in
meiner alten Behausung. Tort wohne
ich heute noch und zwar. wie eS für
manche der Leserinnen vielleicht von In
teresse sein dürfte, zu erfahren. noch
immer als Junggeselle, denn an Da
mendekanntschaft fehlt eS mir heute
noch, und auf eine HcirathSannonce zu
schreiben habe ich noch nicht wieder ge
wagt.
T'e hübsche junge Frau habe ich im
Laufe der Zeit vergessen gelernt, an die
sechzig Mark aber, um die ich auf so
schändliche Art gekommen bin, denke ich
noch manchmal mit Schmerzen zurück.
Sechzig Stunden im Qiftschacht.
lsrinnermig aus dein ?ergicinSlebcn von
V. ?"ers.
zur Aufklärung der
Iach: lassen Sie sich sagen, daß die
Hnrat!,'Zannor:ck sich ja gar nicht auf
mich tvjucht, sondern auf meine Tante,
die Tniüe, welche bis r bei mir wohnt."
.Aas. auf d;cc alte Schacht-l?"
Tie Geschichte spielt vor Jahren, und
doch stehen die einzelnen Bilder noch so
klar vor mir, als hätte sich das Ereigniß
erst heute vollzogen. BesonverS scharf
tritt eS jetzt wieder hervor unter dem
Eindruck der folgenschweren Katastrophe
bei Bochum.
ES war in den siebziger Jahren.
Mein Beruf hielt mich längere Zeit an
einem jener kleinen Orte gefesselt, welche
inmitten der weftvfälischen Bergwerks
zone liegen. In der Regel bilden diese
Heimstätten deS Bergmanns nur eine
einzige, endlos lange, monotone straße.
die mit kleinen Häuschen bebaut ist und
unter denen höchsten? das AmtSebäude,
die Post und das Gasthaus die Eintönig
seit unterbrechen. Man gewinnt sofort
üen Eiudruck, daß LuxuS und Comfort,
auch noch so einfacher Art, in Bann ge
lhan find. Einige Ausnahmen machen
die großen Orte der Bezirke, wo sich
auch mitunter Villen der Beamten be
finden. So war es damals und so ist
eS noch heute. Wenn sich auch im Laufe
der Jahre die Lage deS Bergmanns
etwas günstiger gestaltet hat. mit den
gesteigerten LebcnSbedingungen unserer
Zeit hält die sicher keinen Schritt. ES
ist einer der aufreibendsten und gefahr
vollsten Berufe, ein ewiger Kampf mit
den unterirbischm Mächten, dort unten
tief unter der Erde, jeden Augenblick
den Tod vor Augen, ohne erwärmende
Sonne, das Allgemeingut selbst deS
Elendesten unter den Sierdlichcn, ohne
erfrischende Luft alS jene, die dem
Bergmann künstlich zugeführt wird
eingesargt bei lebendigem Leide I
Und steigt der Mann nach beendeter
Schicht hii-.auf aus dem Schlund der
rbe, dann kann er sich des LichiS dc?
Tag?S nicht crsreven wie Andere, b?
'öiil't von uiU'csiUiden Dünstcn. hat er
nur das einzige Verlang? nach Ruhe. 1
Und im Schlummer träumt er dann
weiter von seinem Gewerbe. Selbst der
Traumgolt fühlt kein Erdarmen, er
führt inn wieder hinab, tief, tief unter
die Erd'!'
Ich wohnte in emem j mcr kleinen
Häuser, denn ich befand mich zum
Studium deS socialen Leben? der Berg
leute, ihrer Familienverhältnisse. der
allgemeinen Lage an jenem Orte. Meine
Beobachtungen nach dieser Richtung
hatte ich seiner Zeit in einer Reihe von
Artikeln niedergelegt. Mit Absicht hatte
ich mich dort einquartirt. um unver
mitteile Eindrücke zu erhalten. In
demselben Haufe hauste auch eine
Wittwe mit ihrem Sohne in einem sehr
bescheidenen Heim. Der Großoatcr. der
Vater der Zrau. wie auch ihr Gatte
und der einzige Sohn waren Bergleute,
Den Mann brachten fie ihr eincS TageS
als verkohlte Leiche nach Hause. Allein
der Sohn ergriff den gleichen Beruf.
ES ist eine vielbemerkte Erscheinung im
Leben dieser Leute, daß sich jene wenig
deneidenSwerthe Beschäftigung von
Generation z Generation forterbt
Sie war eme ruhige, stille und fleißige
Frau. Ihre Ansprüche waren gering.
sie kannte ra keine größeren. Ihr gan
zeS Denken erfüllte die Liebe zu ihrem
5iunaen aus. Blitzblank, bis auf die
Dielen herab, sah eS rn den beiden klel
mn. niedrigen stubchen aus. Schnee
weiße, kleine Zuggardinen schmückten die
Fenster, und em paar Blumentöpfe
standen auf einem kleinen Seitentlsch
chen. Sie liebte die Blumen über alles,
ihr Sohn wußte, daß er ihr damit eine
Freude machte, denn er trug seine gute
Alte auf den Händen. Die Bergnügun
gen der Jugend waren ihm ja fremd.
daheim war sein Glück.
Ich lerr.te Beide näher kennen. eZ
war ein harmonische? Verhältniß zwi
schen Mutler und Sohn, welche? auf
einen Dritten einen eigenartigen Zau
der ausübte. Wie duldsam und be
scheiden waren diese Menschen, deren
ganze? Leben sich in engem ZirkelkreiS
bewegte I
Der Jochen hatte Nachtschicht. Ich
saß biZ zu seinem Fortgange plaudernd
bei den Leutchen und begab mich dann
zur Ruhe.
Plötzlich wurde ich, der Morgen
graute bereits, durch eine starke Er
schütterung, einem Erdbeben gleich,
auS dem Bette geschreckt. Eme Ahnung
sagte mir sofort, daß sich elwaS Furcht
bare? ereignet haben müsse. Eiligst
kleidete ich mich an. Auf der Straße
wurde eS lebendig. Frauen und Kinder
stürmten der Zeche zu, vereinzelte Rufe
drangen zu mir herauf. Mein Gott
dachte ich entsetzt, Jochen befindet sich
im Schacht!"
Ich lief hinab, um die arme Mutter
zu beruhigen, allein sie war bereits
fort, hinaus zum Förderhaufe. AIS ich
dort ankam, fand meine Ahnung eine
furchtbare Bestätigung. Schlagende
Wetter hatten eine furchtbare Kala
ftrophe herbeigeführt. Siebzig Men
scheu befanden sich drunten tief unter
der Erd'.
Man erlasse mir, all' die erschüttern
den Szenen zu beschreiben, die sich nun
abspielten, kie gleichen sich alle, auch
wie jene, welche bei der Explosion auf
ffarolinenglück" fich abspielten. Greife,
jammernde Frauen und Kinder, die in
der Angst um daS Schicksal ihrer Angc
hörigen halb wahnfinnig umherirren.
wieder Andere, die m stummer Ver
zweflung. thränenlos, sich völlig apa
lhisch verhalten, hinftarrend nach dem
Förderkorbe, welcher in längeren Zwi
Ichcnräumen, die Todten und Verwuu
beten an die OberflZchc bringt.
Auch JochenS Mutter, welche auf
ernem Balken faß, hatte kerne Thränen,
der ungeheure Schmerz hct!e diesen
Quell versiegen gemacht. DaS graue
Haupt hatte fie in die Hände gest
und nur leise, fast mechanisch klang es
immer und immer wieder von ihren
Lippen: Jochen, armer, guter Jochen!
fja vervreuete flch lauter, lmmer
lauter die Kunde, daß alle Siebzig die
Erde verschlungen haben.
Die alle Frau wankte, auf mich ge
stützt. Worte deS Troste? fehlten mir.
nach Haufe.
Bon der Verwaltung wurden sofort
alle nur denkbaren Rettungsversuche
ongcftevt. Man suchte von anderen
Stollen, die intakt geblieben waren,
zum Herde der Katastrophe zu gelangen.
Doch brauchte man dazu wenigstens
sechs Tage.
Einer von den Beamten ließ von den
Luftschächten aus Leinen, mit einem
Gewichte beschwert, herab. ES konnte
ja immerhin möglich sein, daß fich einer
der Eingcschloffenen dorthin geflüchtet
haue.
Diese Luftschächie sind gerade so hoch.
daß ein mittelgroßer Mann in dem
Raume stehen, sich jedoch kaum zu be
wegen vermag, während von dem
Schachte au? eine enge, circa zwanzig
Centimetcr weite Oeffnung nach der
Oberfläche führt.
Die Versuche waren bisher erzebniß
lo?, und dr Beamte begab sich mit mir
an da? letzte, direkt an der Explofions
zone gelegene Luftloch,
Die Leine wurde niedergelassen. eS
konnten wohl an die 100 Fuß fein.
Da ein Zupfen die Leine bewegte
sich da unten befanden fich lebende
Menschen I
Wieviele es waren, konnte nicht fest,
gestellt werden, da eine mündliche Ver
ftündigung unmöglich war.
Ein Hoff.'iiing?ftreihl blitzte über die
Züge der bleichen Gestalten, die unci'.t
west sich vor der Zeche drängten.
EZ galt vor ollem, die VcrschüücicikZchcn!"
am Leben zu erhalten, d s ihre Rettung
gelang. Alle vier Stunden wurde
mittelst einer Leine in einer länglichen
Flasche entweder warme Milch oder
starke Bouillon in daS Lustloch hinab
gelassen. Buch versuchte 'man die UN'
glücklichen stets munter und bei Kräften
zu erhalten.
Sofort begannen die Arbeiten seitlich
dc? LuttlchachtcS, um von dort die er
sehnte Befreiung zu dringen.
Endlich, nach sechsstündiger, rast
loser Arbeit hatte man den Schacht frei
gelegt. Aber nur einer von allen konnte
da? Tageslicht wieder begrüßen.
Jochen!
Und wie er fich verändert! Aus dem
blühenden Jüngling war ein welker
Greis geworden!
Als man ihn herausgebracht hatte.
hod sich feine Brust zu langem Athem
zuge: ein dankender Blick, dann sank er
ohnmächtig seiner beglückten Mutter in
die Arme.
Wie ich später erfuhr, war dem Un
glücklichen, der sich erst allmählich wieder
erholen konnte, da? Grudenwasser, daS
fich ansammelte, nach und nach bis zur
Halshöhe gestiegen er sah den sürch
terlichen Tod langsam schleichend, mit
jeder Stunde näher rücken noch einen
halben Tag, und er wäre im Schachte
ertrunken I
A tl'ku K'schicht'.
.JkssaS. jessaZ," schreit der Michel.
DöZ halt i do nimma au?
Ader jetzt geht'S glei zum Dockta:
I Tn-, K.v K,.M
( . s.9rtf4M M l C, .
ylC ouyu Uiuug IUU9.
Unterwegs trifft er den Jackl
Und vazöhlt eahm sei' Malheur;
WaS. z'wegn so an alten Stumpen
Willst zum Dockta?" fragt ihn der.
Dö? kost mindestens zwsa Marll:
Da rath' i was besseres Dir.
Geh' zum Schmid. der reißt Dir'n aussa,
Dem zahlst grad a Paar Maß Bier."
.Da haft recht" moant aa der Michel,
Kumm, wir geh n zum Schmid jetzt
alei."
Oan?. zwon, drei hat der ihn rauflen.
Jetzt zum Wirth i halt enk frei."
Und in seiner Freud' der Michel
B'stellt brav Bier, bis z'letzt er fiahgt.
Wia'? zum zahl'n knmt. daß dasür er
Hätt' am End drei Dockta kriagt.
Unersetzlich,
Tirector (jm Juriaen. der im Tbea
ter von der Gallerie gefallen): Um's
HimmclSwillen. Tu wirst dich keinen
Schaden genommen haben?"
Junge: Na. ist dö? am End' kei
Schaden, wenn man der. schöften Sitz
verliert in der vorderen Reih'?"
Weibliche Bornameu von ..
In dem soeben erschienenen Hefte der
von G. Eteinhausen'Jena herausge
gebenen und trefflich geleiteten Zeit'
schrift für Kulturgeschichte" findet fich
eine kleine Studie Weibliche Vornamen
im Mittelalter" von Armin Tille.
weiche nch mit oeu Namen ocr in
Frankfurt a. M. im Jahre 1335 vor
handenen weiblichen Bevölkerung be
schäftigt. Auffallend ist dabei die Armuth
an '.'camen und die Sonderbarkeit der
etzteren. Die meisten Mädchen wur
den Elfe getaust. Da? alphabetische
Vcrzeichniß nennt nur 83 verschiedene
Namen, aber diese sind noch nicht ent
fernt gleichmäßig im Gebrauch?.
Namen kommen nur je 1 Mal vor. 50
weniger als 10 Mal, so daß für die
häufigeren wenn wir darunter solche
verstehen, welche öfter alS 9 Mal belegt
find nur 33 übrig bleiben. Und
darunter find wieder mit i Namen, von
denen jeder öfters als 100 Mal belegt
ist, nämlich Elfe, Katherma, Gude und
Metze 722 Personen ausgestattet,
d. h. 4ö,45 Prozent der gesammten ge
zählten Bevölkerung muß sich mit i
Namen begnügen. Den Namen Else
haben 300 Personen, d. h. fast 20
Prozent aller gezählten. Einzelne der
vorkommenden Namen sind der Mittel'
alterlichen Geschichte und Sage entnom
men wie Godelind, HartmudeS, Habe
wig. Heidindrud, Jrmengard, Öfter,
und, Ortrun und Wolpun. andere
klingen noch fremdartiger wie Bette,
B'ngel. Demud, Dllige. Emelud. Engel.
Hille. Hufe. Kunne. Liebste. Mrgart,
Reinhardt oder Ryle.
M.ili.e.
Hausfrau: ..Ich weik nicht.
Männchen, ist der Kaffee nicht
ounn gerathen?"
Er: Finde ich nicht! Er ist so dünn
wie gewöhnlich!"
liebeS
etwas
?chmleiig,
Gatte (m feiner Frau): .. sieb
doch einmal auf dem Kalender nach, aus
welchen Tag der 1. Januar 18M
fällt.
Gattin: ..Ja. daS thut mir leid, das
kann ich Dir nicht sagen; der Kalender
ist schon mit dem 31. Dezember 1893 zu
Ende."
Mißglückte Controlc.
Herr Huber. der am Sonntag Nach'
mittag in's Gasthaus geht, nimmt
hiezu auf Drängen seiner Frau sein
fünfjähriges Söhnchen mit. Frau Huber
möchte nämlich schon längst gern ein'
mal bestimmt wissen, wie viel denn ihr
Mann .eigentlich trinke. Dazu hat sie
sich nun eine schlaue Lift ersonnen. Sie
steckt dem kleinen Maxi heimlich zehn
FünfpenmgttUae m die rechte Hosen,
tasche und giebt ihm den strengen Auf.
rrag, rcoesmal wenn oer inam eme
neue Maß bekommt, heimlich ein Geld,
stück in die linke Tasche hinüberzuftecken,
wenn fie dann heimkämen, solle der
Kleine ein Stück Kuchen erhalten.
Ruhig und mit pfiffigem Lächeln
wartet Frau Huber die Heimkehr ihres
Mannes ab, obwohl fich diese heute
meor a'.S sonst verzögert.
Endlich kommt er mit dem Klemm
an. sobald die? unbemerkt angeht,
wird Maxl auf die Seite genommen.
Nun, wie viel Maß hat der Vater ae
trunken?" fragt fie begierig.
I' weiß 'S net!" schluchzt Maxl.
Was?" ru t fie empört. ..Haft
denn nicht die Fünfpfennigstückln in die
andere Tasche g'steckt?"
Ja," heult der Kleine, aber der
aler yal s g merkt. Nachoer, wie er
kein Geld mehr g'habt hat, hat er mir
alle meine Fttnfpfcnnig'
auch noch versoffen!"
(Fl. Bl.)
!?icht gut niöglich.
Der Taubstumme N. will einen Be.
kannten in seiner Wohnung aufsuchen.
Um sich der ihm öffnenden Wirthin ver
stündlich zu machen schreibt er auf eine
Schiefertafel, daß er taubstumm sei und
Herrn Schulze besuchen wolle. Die
Wirthin meldet hierauf den Besuch mit
folgenden Worten: Herr Schul, ein
Taubstummer will Sie sprechen."
Aus dcr militZrischen Instruklinsftunde.
JnstruktionS Offizier: .Jeder ein.
zclne Mann ist im Kriege werthvoll.
Der Soldat muß also in erster Linie
nicht nur allein tapfer sein, sondern
auch, so gut eS sich verträgt, sein Leben
schonen. Also, Kielmeyer, waS muß
der Soldat in erster Linie?"
Infanterist: ..Sein Leben schonen."
JnftruktionS'Offiziee: Na und
was weiter noch?"
Infanterist: Die Stiefeln."
Na ja!
Dame: .Die Dunkelheit bricht her
em. wollen etwas schneller reiten."
Lieutenant: Nicht nöthig: brauche
nur GeiftcSlicht leuchten zu lassen, und
die Nacht wird zum Tage!"
Durchschaut.
Bewerber lftark verschuldet): ..Sie
dürfen versichert sein, ich will Jdre Toch.
ter nur aus Liebe hcirathen."
Brautvater: Sie meinen, aus Liebe
zu Ihren Gläubigern."
Deutlich.
Schausp.eler: Nun. sviele ick die
Rolle deS Franz Moor, dieses schlechten
Kerls, nicht ausgezeichnet?"
Regisseur: Hm. Sie spielen weniger
den schlechten Kerl, als den Kerl schlecht."
Ncucs Wort.
Klavierlehrer ldessen Schülerin in
Mozart-Sonate herunlerpaukt): Bitte,
etwas mozärtlicherl"
ich bin
Schrecklich.
Dame: Ach. lieber Toctor.
ganz unglücklich!"
Arzt: O, das ist ja sehr bedauerlich.
wo fehlt eS denn?"
Dame: .Ach. schrecklich! Heut'Mor.
gen ließ ich auS Furcht vor meiner Mi
gräne den Ball absagen, auf dem ich
mich stets fo amüfirt habe, und nun
habe ich meine Migräne gar nicht ein
mal bekommen!"
Zwei merkwürdige Worte.
ES ift bekannt, daß der deutsche
-prachschotz eme Anzahl Worte birgt.
bei denen der Zufall gefügt hat. daß
ne, von hinten nach vorn aclelen.
ebenso lauten wie umgekehrt. EineS
der bekannteften dieser Art ift .Relief
Pfeiler' dann noch Marktkram",
Reitthier". Rentner" u. s. w. Neu
dürfte eS aber sein, daß zwei Worte
bestehen, deren Buchstaben nicht nur
nach beiden Richtungen hin die gleiche
age zu einander einnehmen, sondern
deren Bedeutung in dcr That auch die
fcr Eigenschaft entspricht. Sie heißen:
Ezale Lage".
Le!?cnklich.
Gatte: .Habt Ihr Euch aeöern in
Eurer Kaffeegesellschaft gut unterhal
ten?"
Gattin: .Nicht besonders ,s hat
ja Niemand gefehlt!"
Die
Mund
Dnlckfer!er.
bohe Frau ift nunmehr
(Wund) .fieber erlegen.
dem
Ach f!
Warum lassen Sie Ihre Frau nun
nicht auch radeln. Herr Tckior?"
Weit ich es für gewn5hcitt schädlich
halte."
Und mir len Sie dazu gcre:!5ci?"
Das schadet ja auch mit nichiZ !
ie brauchen ja auch nicht für wich zu !
ntcbicin von heute.
Herr: .Warum so nachdenklich. Herr
Doktor? Sie haben Ihren Patienten
ja glänzend durchgedracht."
Doktor: Da? wohl aber ii möchte
b'os wissen, welche? von den neuen
?')ii,'sn ffi.irt (, i
i...v.( i.wiiitty tuitli
ViliWws.
Arzt: Ich halte Ihnen doch jede
M-t. , . . . . ,
i;".ui.c wotu oerooien, uno r.un aroei
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Ich hc.de soeben cn Gedicht
ti'n'uch!."
T:.!:ff .-i r..
Iijt: ..Da? ist etwas Andere?.