Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 31, 1898, Image 12

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    Aus Kadv.
Nach dt Alisickniinicn cimS 'Ärjlefl ro
ji'Uynm -gui.
Die groß? Thür dcS HaufcS Nummer
2uü in der ßurliü lceei myu
langsam in ihren Angeln. Hunderten
und Tausenden von Männern und
Frauen oller Gesellschaftsklassen gab fte
Einlaß, welche die Geschichte ihrer Le,.
den im Sprechzimmer eines oer oe
röhmteflen Aerzte Londons vorbrachten,
An ienem Taae verlieb ein gutgeklei
deter. junger Mann die Wohnung und
fchiitt langsam die Treppen amurner,
Kr war todtenblab. und wie ein Tröu
mender ging er durch die Straßen bis
iu keiner Wohnung. Tort warf er sich
ouf's Sopha und starrte verzweiflungs
voll vor kick bin.
Ein Klopsen an der Thür scheuchte
ibn auf: das Dienfimädchen trat mit
den Worten ein: .Ein Brief für Sie.
Mr. Price 1"
Er nadm denselben ab und sein Ge
kickt wurde noch düsterer, als er die
Handschrift erkannte. Der Brief lau
tete:
.Lieber Walter ! Ich habe mit DoriZ
gesprochen und alles ist m Ordnung;
sie liebt mich und hat versprochen, meine
rau au werden, und ich hin der alust'
lichfle Mensch auf der Welt. Natürlich
wirft Du mein Trauzeuae. wenn die
Hochzeit stattfindet.
Mit herzlichem Grub
Dein Arthur."
Mit einem gluch zerriß Walter Price
den Brief und warf ihn m s Feuer.
.Der Schurke der elende Bube
wie kann er eZ wagen, mich so zu be
leidigen? Sein Trauzeuge nein, sie
soll nicht die Seine werden wenig
fienS nicht, so lange noch ein Athemzug
in mir lebt, um eS zu verhindern.
Er blieb stehen, die Farbe seiner
Leidenschaft schwand, und eine fahle
Bläffe überzog ein Geficht.
Ein Athemzug !" murmelte er und
Entsetzen malte sich in seinen Gesichts
Zügen.
.Wie kann ich wissen, wieviel Leben
mir noch bleibt? Dieser Doktor mit sei
nen Ausflüchten und schönen Redens
arten ist ein Schurke !" Er wollte ftch
nicht deutlich ausforschen, doch meine
Angst hat er nicht zu verscheuchen der
möcht. .Seien Sie vorsichtig", sagte
er. Leben Sie diüt und befolgen Sie
meine Anordnungen; gehen Sie auf
zwei bis drei Monate in's Auttand und
suchen Sie mich dann wieder auf.
Bei den letzten Worten wurde seine
Stimme zu einem Schluchzen, er warf
ficht auf sein Lager und weinte bit
terlich. Noch lange Zeit nachdem schon alleZ
zur Ruhe geganzen war, schritt er in
seinem Zimmer auf und nieder und
seine Lippen murmelten:
Nein, er soll sie nicht besitzen, er soll
sie nicht besitzen !"
Einige Monate vergingen und der für
Arthur Hendging s und Tons Wal
chon'S Hochzeit festgesetzte Tag war hev
angerückt. Von Walter Price hatte man
nichts gehört, seit er an Arthur ein
inniges Gratulationsschreiben gerichtet
und scheinbar mit Vergnügen das An
erbieten angenommen hatte, als Trau
zeuge zu fungiren; er hatte hinzuge
fügt, er gehe auf einige Zeit in'S Aus
land, da er sich überanstrengt fühle,
werde aber zur rechten Zeit wieder zu
rück fein, um der Hochzeit beiwohnen zu
könnm.
Eines Tages siel Arthur, der sich schon
feit einiger Zeit recht matt gefühlt hatte,
in Ohnmacht und man ließ einen Arzt
holen, der lhn eingehend untersuchte.
Der Doktor schüttelte bedenklich den
ffopf. alS der Patient seine Lerden be
schrieb und verordnete eine ftrenge Diüt
Von Nizza auS hörte Walter über
Arihur'S Krankheit. Er lachte innerlich
und sagte sich, er Hütte lange nicht eine
so gute Nachricht vernommen, dann
schrieb er an Arthur'S Freunde einen
Brief voll innigen Mitgefühls, bat um
nähere Mittheilungen und fragte an.
ob d,-r Arzt nicht bald Hoffnung auf
Genesung gäbe.
Binnen Kurzem erhielt er einen lern
gen Brief. Diesmal lachte er nicht, fon
dern faß lange Zeit und überlegte, denn
in dem Briefe stand, der Arzt wolle ein
Experiment mit Arthur vornehmen,
das er in ähnlichem Falle schon prodirt
und da? mit dem besten Erfolge gekrönt
war. Ein junger Mann, dessen Blut
in derselben Weise gelitten hätte, wäre
durch Einspritzung gesunden BluteS,
das man einem anderen Manne abge
zapft, geheilt worden. Dieses Ezperi
ment sollte mit Arthur vorgenommen
werden, sobald der Doktor Jemand ge
funden hatte, von dem er daS erforder
liche Blut erhalten konnte, da? natürlich
von einem durchaus gesunden Mann ge
nommen werden mußte.
Am nächsten Morgen fuhr Walter
Price nach England, nachdem er einen
entsetzlichen Racheplan gegen daS Leben
deS ManneS geschmiedet, den er schein
bar so innig liebte. Er begab sich zu
erst nach der Behausung von Arthur's
Mutter und entwickelte hier seinen
Plan mit einer solchen Gewandtheit
und Beredtsamkeit, daß die Mutter sei
ncS Opfers Freudenthränen deS TankcS
vergoß.
Von ihr fuhr er zum Arzte und sagte
demselben, er habe von feinem Plane
gehört, gesunde? Blut in die Adern sei
nes Patienten einzuführen, er wäre be
reit, sich zu dem Experiment herzugeben,
um feinen Freund zu retten; gleichzeitig
wie? er zwei Atteste bedeutender Aerzte
in Nizza auf. von denen er sich zuvor
hatte untersuchen la cn und die lym ve
tätigten, daß er durchaus gesunde? und
reines Blut besäße. Der To?tor möze
ihm zum Zwecke der Prüfung eire kleine
Quantität abzapfen. Dann kehrte er
nach Hause zurück, wo er den Rest deS
TageS verblieb, während wilde acye
aedanken lern Hirn durchzogen.
Währenddessen stellte Doktor Maxwell
seine Versuche an und kam zu dem
Schlüsse, daß daS Blut vollkommen
rein und gesund wäre: diele! lxperi
ment veranlaßte ihn. im Verein mit
den Attesten der Nizza Aerzte an Price
ein Billct zu schreiben, deS Inhalts, er
wäre durchaus befriedigt und die em
scheidende Operation solle am nächsten
Taae vorgenommen werden.
Der Brief war erst wenige Minuten
abgeschickt, als fein Diener ihm eine
Karte brachte und ihm sagte, ein Herr
wünsche rdn zu sprechen.
Der Besucher war ein Arzt, mit dem
er vor Kurzem wegen Arthur HcndgingS
eine Konsultation gehabt. Kaum war
er eingetreten, als er ausrief:
.Maxwell, ich habe den Mann ge
funden, den Sie für Arthur HendgingS
brauchen.
.Ich ebenfalls, werther Freund!"
.Was Sie sagen!"
.Er hatte zwei Atteste, die seine Ge
fundheit bestätigen. Außerdem ist er
ein Freund von Arthur HendgingS, der
von Nizza direkt hierhergekommen ist,
um sich selbst m Vorschlag zu dringen
Er hat Zeugnisse mitgebracht, und da
eine flüchtige Untersuchung seines BluteS
ein befriedigendes Resultat ergeben bat,
so nahm ich fein Anerbieten an. Ich
habe Herrn Price gesagt, er'
.Herrn " sagte der Andere er
staunt.
Price Walter Prtce. Wieso.
waS ist mit ihm?"
Er ist eben von Nizza gekommen,
sagen Sie?"
Ja, er hat sich dort zum Vergnügen
aufgehalten."
Zum Vergnügen!" wiederholte der
Arzt ironisch.
Ja wohl, warum nicht?"
Kommen Sie mit mir, und Sie
sollen es erfahren."
Der Wagen des ArzteS hielt vor der
Thür, die beiden Doktoren stiegen hin
ein ,und fort ging eS nach jenem Hause,
daS Walter Price mit fs ent etztem Ge
sicht vor wenigen Minuten verlassen
hatte.
Doktor Lendway führte feinen Rolle
gen in fein Sprechzimmer, nahm ein
Buch vom Schreibtisch, öffnete eS und
reichte eS Doktor Maxwell, den er auf
einige Nonzen aufmerksam machte.
Es laS sie und blickte dann tragend
auf.
.Und das sollte derselbe Mann sein?"
..Zweifellos!"
Aber warum bot er sich mir denn
an? Er mußte doch wissen "
Natürlich wufte er eS, aber warum
er sich anbot, das kann ich nicht sagen.
Einige Minuten saßen die Beiden
stumm da, dann brach Doktor Maxwell
daS Schweigen:
M,ß Walchon?" fragte er.
Der Andere nickte mit dem Kopfe und
sagte:
Ich glaube, daS ist der Schlüssel zu
dem Geheimniß. Welch' teuflische
Idee!"
Die VorbereitungSarbeiten dcS Ex
perimentS waren vorüber, Doktor Max
well hatte Walter Price das angeblich
zur Uebertragung bestimmte Quantum
Blut abgezapft und war damit zu
seinem Patienten in daS Nebenzimmer
gegangen, während sein Assistent Price'S
Arm verband.
Zwei Tage später verließ Walter
London, sonderbarerweise, ohne von
Arthur und seiner Familie Abschied zu
nehmen. Diese glaubten, er wolle ftch
allen TankeSbezeugungen entziehen,
nachdem er sich in fo großherziger Weife
für seinen Freund geopfert.
Denn eS stand außer Zweifel, die
Transfusion war glänzend gelungen
und Arthur wurde leben Tag kräftiger
Zu dieser Zeit machte ihm Doktor
Maxwell eine höchst merkwürdige Mit
theilung indem er sagte:
Wenn Walter Pnce emalS nach
Ihnen sendet, so lassen Sie eZ mich
wissen, bevor Sie zu ihm gehen. Wenn
er Ihnen schreibt, so kommen Sie zu
mir und zeigen Sie mir den Brief !
Die so lange verschobene Hochzeit
fand nunmehr statt und Toris und
Arthur traten ihre Hochzeitsreise an.
Wenige Tage nachdem sie von derselben
zurückgekehrt waren, erhielten sie aus
einem kleinen Torfe in Sussex einen
Brief, von Walter Price. der fte bat.
ihn doch so bald wie mözlich zu be-
suchen.
Arthur, der sich an Doktor Moxwcll'S
Bitte erinnerte, sandte ihm Walter's
Brief und der Doktor ließ ihm antwor.
tcn: Erfüllen Sie seinen Wunsch, ich
werde Sie begleiten!"
Ein schrecklicher Anblick bot sich ihren
Blicken: in einem kleinen DorfwirthS-
Hause lag Price auf einem Bette, kaum
noch der Schatten feiner selbst. Blaß,
dünn und hager, bot er einen so entsetz
lichen Anblick, daß DoriZ mit Thränen
in den Augen auf ihn zueilte.
Doch der Kranke stieß fte mit dem
letzten Rest seiner Kräfte zurück. Hin
weg!" rief er mit heiserer Stimme,
während Arthur ihn entsetzt anstarrte.
hinweg! glaubt Ihr, ich habe Euch
herbeschieden, damit Ihr mich demit
leidet? Seht mich an! Meine Qualen
sind entsetzlich, mein Leiden wird täglich
schlimmer und schlimmer, ich weiß, daß
der Tod mich in Kürze erlösen muß,
und doch bin ich nicht ohne Trost
Denn so wie ich. muß auch er in Kur
zem enden!"
Dabei zeigte er mit seiner mageren.
zitternden Hand auf Arthur, der diese
Worte für den AuSdruch deS Wahnsinns
hielt.
Ja, er muß Sie verlassen. Toris,
im Genusse des Glücks, während ich im
Gefühle der b, friedigten Rache sterbe.
Ich liebte Sie. Doris, doch er stahl Si,
mir, und ich schwor mir zu. daß er Sie
nicht auf lange Zeit besitzen sollte. Die
Rache kam schneller, als ich gedacht.
leine Krankheit spielte ihn mir
in die Hände, und furchtbar ist
die Rache, die ich gegen ihn aus
geübt. Mein vergiftetes Blut fließt in
seinen Adern, mein Blut, auf dem seit
Jahren ein Fluch ruht, ist ihm finge.
träufelt worden. Der Tod schwebt
über ihm, ein entsetzlicher Tod. denn
alS ich ihm mein Blut bot. da geschah
eS in der vollen Kenntniß, daß ich an
einem unheilbaren Leiden kranke, denn
das Uebel, an dem ich sterbe, ist der
KrebS !"
Mit gellem Lachen sank der Ster
bende zurück, während Toris sich halb
ohnmächtig an die Wand lehnte. Doch
bevor Arthur noch den Mund zur Erwi
derung öffnen konnte, erklärte Doktor
Maxwell mit klarer, ruhiger Stimme :
.Ich ahnte, WaS er im Schilde
führte, und darum sage ich Ihnen,
Walter Price, daß nicht ein Tropfen
Ihre? BluteS in Arthur Hendging'S
Adern fließt. GolteS Hand hat Ihren
Racheplan verhindert, denn wenige
Stunden, nachdem Sie bei mir gewe
tXL las ich in Doktor Lendway'S Tage
buch einen genauen Bericht über Ihre
Krankheit. Trotzdem beschlossen wir,
Sie bei Ihrem Glauben zu belassen,
doch thatsächlich ist zum Zwecke der
Tranösufton daS Blut eines anderen
ManneS benutzt worden, während daS
Ihrige fortgcfchüttet wurde. Herr
Hendging'S ist von jeder Spur Ihres
Leiden? frei und wird noch lange Jahre
m Fülle der Gesundheit dahinleben.
Mährend Arthur und DoriS mit be
trübten Herzen, aber doch glücklich in
dem Gedanken, daß Price'S schändlicher
Racheplan mißlungen war, nach Hau e
zurückkehrten, saß Toktar Maxwell am
Lager eines Irrsinnigen, dessen Geschrei
noch stundenlang durch den Raum
gellte, bis ihn der Tod von seinen Ld
den erlöste.
Die Klapperschlange.
Dem Erlebniß eines Engländers nacherzählt.
Von K. Düsterhoff.
Ich reifte durch die Vereinigten Staa
ten von Nordamerika, um einem Pro
e or im äußersten Westen einen Besuch
abzustatten. Unterwegs hatte ich Gele
genheit, eine prachtvolle Klapperschlange
zu erwerben, die während fte schlief, oe
fangen worden war. Sie war sechs
Fuß lang und maß über den Rücken
neun Zoll. Da dies das angenehmste
Gastge chenk war, daS ich meinem Pro
fefsor mitbringen konnte so machte ich
mich m aller Elle daran, für da?
schöne, aber gefährliche Geschöpf eine
passende Wohnung herzurichten. Ich
trieb eine kräftige Kiste auf und der
sicherte die offene Seite statt durch den
eclel durch kreuzweis übereinandergel
nagelte Latten, die Luft und Licht ein
dringen ließen und doch nicht genuz zu
sein schienen, um ein Hindurchschlüpfen
des TyiereS unmöglich zu machen.
AIS ich meme Reife zu Wasser fort
!en mußte, ließ ich den Kasten mit
der Schlange in das Boot schaffen, daS
die Passagiere zu dem großen Dampfer
yinüderde ordern sollte. Ader von dem
Momente ab wurde dem armen Reptile
kein Augenblick Ruhe mehr gegönnt.
Bald fuhr der Eine, bald der Andere
mit dem Spazierftock durch das Gitter
werk deS KüsigS, und der Jubel war
groß, wenn die Schlange laut und zor
nig dagegen opponirte. Da man aber
den Spaß übertrieb, wurde ich ärger
lich und beschloß meine Reise bis auf
den nächsten Tag aufzuschieben, um ein
anderes Schiff zu benutzen, und meine
Schlangfzu verstecken, indem ich sie als
gewöhnliches Passagiergut aufgab.
So ge chah eS. Am folgenden Tage
trat ich die Fahrt an, und der Schlan
gcnkäfig wurde mit den übrigen Gepäck
stücken auf Deck untergebracht leider
in allzu großer Nähe des Schornsteins,
was dem Thiere doch wohl als ein un
gemüthlich tropischer Aufenthaltsort er
scheinen mochte.
Der schöne, sonnige Tag ging m eine
jener herrlich klaren Herdftnächte über.
in denen keine Wolke den prachtvoll ge
ftirntcn Himmel trübt. Die zauberische
Schönheit dieser Nacht hatte die meisten
Passagiere auf Deck zurückgehalten.
In behaglichem Nichtsthun fußen wir
lachend, rauchend und plaudernd in
Gruppen umher und lauschten den man
nigfachstcn Erzählungen.
Unter denen, die am meisten zu unse
rer Unterhaltung beitrugen, befand ftch
ein Matrose, der, wenn man seinen
eigenen Mittheilungen Glauben schenkte,
n Indien wahrhafte Heldenthaten der
richtet haben mußte. Seine letzte war
die gewesen, daß er eine Cobraschlange
erwürgte, die sich in seine Behausung
geschlichen hatte. Er schloß seine aus
regende Erzählung mit dir Erklärung.
daß er sich vor Schlangen überhaupt
nicht mehr fürchte.
Ich fragte ihn, ob er bei seinem Auf.
enthalte in Amerika jemals mit einer
Klapperschlange zusammengetroffen fei,
und beabsichtigte, ihn am anderen Mor
gen auf die Probe zu stellen.
.Ob ich je eine Klapperschlange ge
sehen habe?" fragte er mit der vernich
tendften Geringschätzung. .DaS sollte
ich meinen. Zu Hunderten, kann ich
Ihnen sagen. Ich bin expreß nach
Georgiea gereist, um ste zu schießen.
Du lieber Himmel, alS ob ein Mann,
der in offenem Kampfe eine .Boa Eon
ftrictor" gelobtet hat, sich vor solch
einem kleinen, lärmenden Spielzeug
von Schlange fürchten sollte. daS nicht
viel größer wird als ein Bootshaken !"
Indem der Mann diese Worte auS
sprach, beschrieb unser Sch'ff eine Bie
gung deS JlußlaufeS, und von einem
Holzplatz am Ufer fiel der Schein eines
helldrennenden FeuerS gerade unter den
Stuhl deS Ruhmredigen. Dort er
blickte 'ich zu meinem äußersten Entsetzen
die zusammengerollte Gestalt meiner
Klopperschlange I"
Der unerhörte Schrecken beraubte
mich der Sprache sowohl wie der Bewe
gung. Ich hatte das Reptil wohlver
wahrt in seinem Käfig verlassen, und
nun lag eS hier frei und loS in seiner
natürlichen Ringelung. und seine
Augen glühten wie sprühende Kohlen.
Der Lichtschein hörte auf.
Der Matrose mußte eine Bewegung
mit dem Fuße gemacht haben; dann auf
einmal ließ daS Thier fein warnendes
Klappern ertönen, aber langsam und
unregelmäßig, ein Zeichen, daß eS noch
nicht völlig aufgestört war.
.WaS war das?" rief ein Dutzend
Stimmen auf einmal. Der störende
Fuß wurde zurückgezogen, und das
Klappern hörte auf, ehe die Umsitzenden
sich über feine Bedeutung klar geworden
waren.
.ES war der ausgelassene Dampf
der Maschine", sagte der Eine.
Nein, eine GanS hat gezischt,"
muthmaßte ein Anderer.
Ich aber wußte, eS war daS Rasseln
der Schlange in verderbenbringender
Nachbarschaft.
ES hörte sich verdächtig wie eine
Klapperschlange an", bemerkte ein
anderer Mitreisender. Wir huben ja
aber doch wohl keine Doctorcn oder veo
rückten Studenten an Bord, die sich das
Vergnügen machen, Klapperschlangen in
der Welt spazieren zu führen."
u a, o etwas paistrt , naym ein
starler. stattlicher Mann das Wort
Ich fuhr einmal den Mississippi auf
wärtS, als eine Klapperschlange, die
auch solch ein Medicinstudirender bei
führte, sich freimachte und einen der
Passagiere biß. Der arme Bursche lebte
keine zehn Minuten mehr, und der
Eigenthümer der Creatur auch nicht viel
länger, kann ich Ihnen sagen."
Sie haben lhn doch nicht gleich um
gebracht?" fragte em Zuhörer.
O nein. r,icht geradezu umgebracht,"
war die kühle Antwort, .wenigstens
nicht todtgeschossen oder todtgestochen;
da wären wir ta mit den Gesitzen in
Conflict gerathen. Aber wir zählten
ihm 500 Hiebe auf, die nicht von Puppe
waren, und setzten ihn auf einem nicdri
gen Jnsclchen aus, wo ihm doS Wasser
bis an den Mund ging. Und dabei
stieg eS einen Fuß in der Stunde."
Mir stanien die Haare zu Berge,
Mit dem Lynchen war man in diesem
Lande nur allzu schnell zur Hand, ganz
besonders auf den Schiffen, wo die
Leute nicht Zeit und Geduld hatten,
den langsamen Gang der weltlichen Ge
rechtigkeit abzuwarten.
Der Matrose mußte wieder eine Be
wegunz mit dem Fuße gemacht haben,
die ihn der Schlange näher brachte, als
ihr lieb war, denn das entsetzliche
Rasseln fing von Neuem an. Diesmal
aber war eS ganz klar, laut und zu
sammenhängend und zeigte dem er
fahrenen Ohr die allergrößte Gefahr an
den im nächsten Moment bevor
stehenden Sprung.
Jetzt endlich gelang eS mir, meine
Lethargie abzuschütteln. In einem
förmlichen Gebrüll stieß ich die Worte
hervor: Bewegen Sie sich nicht, wenn
Ihnen Ihr Leben lieb ist ! Schnell ein
Licht I Schnell, schnell ! Eine Sekunde
länger, und eS ist zu spät !"
Kein Mensch regte sich. Mehr als
einer hatte ein verständnißoolleS Lächeln
auf den Lippen. Zeder nahm an, ich
spaße nur, um den prahlerischen Matro-
n in Angst zu setzen. Dieser selbst war
überzeugt davon und sagte, überlegen
lächelnd: Mein Herr, wenn Sie weiter
nichts wollen, als mir mit einer Kinder
klapper bange machen, da kommen Sie
an den Unrechten. Bringen Sie nur
mal Ihre Klapperschlange zum Vor
schein; ich will Ihnen bald beweisen,
wie wenig die einen Mann in Schrecken
setzt, der sie schockweise getödtet hat !"
Ich diesem Moment stürzte ein alter,
irischer Matrose herbei mit einer bren
nenden Fackel. Schlange Schlange!"
schrie er auf und wieZ mit der Fackel
auf das gefahrdrohende Ungethüm.
Wo denn, Tn SchafSlops?" fragte
der Matrose, der noch immer einen
etwa? handgreiflichen Scherz vcrmu-
thete.
Gerade unter Deinen Füßen," rief
der Ire mit allen Zeichen des lebhafte
sten Entsetzens.
Ter Matrose schaute unter seinem
Stuhl und erblickte die Schlange. Mit
einem gellenden Ausschrei schnellte er
empor und lies davon. Ich höre sie
jetzt noch alle die Ausrufe, die da in
Zeit von einer halben Sekunde durch
einander wirbelten. Klar zu unter-
chciden aber, wenigstens für mein vom
Entsetzen geschärftes Ohr, erhob sich
über all die Verwirrung das fürchter-
liche Klappern der Schlange, die sich
auf dein Deck umgerwond. nach ikdem
erreichbaren Gegenstand schnappte und
sich förmlich an dem Aufruhr zu ergötzen
Ichien, den sie angerichtet hatte.
Ein Schuß ertönte. Die Windungen
wurden schlaff, da Klapp.'rn hörte auf,
der llnbold lag todt da.
Die Aufregung all der stark gefährde
ten Menschen legte ftch allmählich. Nun
aber wurde mit verdoppelter Entfchitl
denhcit die Frage laut: Wer brachte
das Rlptil an Bord?" .Den Ker
lynchen wir", hallte eS durcheinander
.Sind etwa noch mehr auf Deck?" .Wo
ist denn der Künz. aus dem sie heraus
geschlüpft ist?"
AlS diese Frage an mein Ohr schlug
und ich sah. wie die Leute nach dem
Raum beim Schornstein stürzten, wo
da? Gepäck verwahrt wurde, fiel mirs
mit lähmender Eindringlichkeit auf'L
Herz, daß ja auf der Kiste mein Name
stand ! Diesmal hing alles von meiner
Geistesgegenwart ab, und zum Glück
fand ich fte schnell wieder.
DaS da muß die Kiste sein", rief
ist. auf die veihängnißvolle, vergitterte
Kiste deutend, die zum Glück meinen
Namen auf der Kehrseite trug. .Wer
fen wir sie über Bord ! Wer weiß, ob
nicht noch mehr drin stecken. Ueber
Bord mit ihr!"
Ich hatte nicht nöthig, den guten
Rath zu wiederholen. Im nächsten
Augenblick lkfand sich die Klste im
Wasser. Ich war gerettet.
Er wtib, wo Barthcl den Most
holt.
Die Redensart, .Er weiß, wo Bar
thel den Most holt", stammt auS der
Mark. An der Tafel deS Markgrafen
Hans zu Küftrln (er beherrschte die Neu
mark von 1535 bis 1571) gabS für ge
wöhnlich nur Krossener Landwein, oder
die berühmte Gubener Schattenseite",
Nun hatte einmal .Seiner Kurfürst
lichen Gnaden unterthänigfter Diener
und Geheime Rath. Herr Barthel von
MandeUlohe" den Markgrafen zu Tische
geladen, und da daS adlige Frauenzim
mer, wie eS in der Sprache der Zeit
heißt, das will sagen, die Damen der
Hoskreise auch mitspeiste, so hatte der
Herr von Mandelslohe feinen, süßen
spanischen Wein aufgesetzt. Der Mark
graf schmeckte und schmeckte. Barthel,
wo hast Du den Most hergeholt?"
fragte Herr HanZ. Barthel wurde
feuerroth und schwieg. Endlich aber
mußte eS doch heraus; ein französischer
Gesandter, der gern beim Markgrafen
Audienz gehabt hätte und doch nicht zu
gelassen war. hatte, um seine Sache
schneller zu fördern, dem Rath von
MandelZlohe ein Fäßchen Malvasier ge
iajer.it und war oocg nicht zum
Markgrafen gekommen. DaS ist schön.
daß ich dem Welschen nicht den Willen
gethan habe!" rief Herr HanS. Aber
nun weiß ich euch, wo Barthel den
Most holt!"
Nichts Neueö unter der Sonne!
Wir bewundern unsere Baumeister,
welche ganze Häuser von ihrer alten
Stelle schieben und an einen anderen
Platz hinrückm; allein wir irren, wenn
wir glauben, daß damit etwas Neues
g?leistet fei. Dio CasstuS berichtet.
In der Zeit des Kaisers TiberiuS (11
bis 37 n. (id.) wurde der größte Süu
lengang in Rom, der sich auf die Seite
gesenkt hatte, von einem Baumeister ge
Hoden und gerade gerichtet." Der
römische Kaiser soll den Mann bewun
dert und reich beschenkt haben, dann
aber verwies er ihn aus Rom als einen
unheimlichen Tausendkünstler, der ein
mal gefährlich werden könnte. Bei den
Ausgrabungen in Pompeji hat man
chirurgische Instrumente gefunden von
tadelloser Ausführung; manche zeigen
eine iLonflrultion ganz ähnlich der,
welche in unseren Tagen wieder erfun-
den und patentirt worden find. Auch
besaßen die alten Pompejancr schon
Drahtseile von sehr vollkommener AuZ
führung.
Tic höhere Rechenkunst.
A.: Kannst du mir sagen, wie viel
ein Hund, ein Zahnarzt und ein Km
dermüdchen zusammen zählen ?"
B.: Nun natürlich drei."
A.: .Nich de Bohne! Sie machen
zusammen einundzwanzig!"
B.: .Nee, das glood ich dir wirklich
nich."
A. : DaS is ganz ecnfach: der Hund
ist trei. der Zahnarzt macht Zähne und
'S Kindcrmüdel gibt Acht. Ader nu sag
mer mal, wie viel zwee Hunde, zwee
Zahnärzte und zwee Kindermädchen
machen?"
B. : Nu, natürlich zweeundvierzig!"
A.: Weit gefehlt! Die sind Main
men bloS dreizcn; denn die zwee Hunde
sind noch blos trei, zwee Zahnärzte
machen noch Zähne, aber zwee Kinder
Mädchen, die geben nicht Acht, sondern
die Pappeln."
Ein Ecinüttzsiucnsch.
Schämen Sie sich, Baron, ein fol
cher Egoist zu fein und nur nach Geld
zu heirathen !"
Meinetwegen geschieht dicS nicht.
Gnädige ! Ich thue eS nur meiner künf
tigen Frau zu liebe. ES wäre doch sehr
traurig für sie, wenn sie den Gatten,
ihr Theuerstes, darben sähe."
Ein Moderner.
Ja, Schorsch, Du läßt ja nur Deine
Frau arbeiten und Tu machst nichts?"
Ich bin eben für die Emannpa
tion !"
Ans die Seite gctchlajitn.
Norddeutsche: .Du sagst, liebe
Aldertine. dafj Deine Frau Mama für
Deine Heirath mit Gustav ganz ringe
nommen sei. daß aber Dein Herr Papa
davon nichts wissen wolle. Laß' nur.
uiid wlnie ruhig ab. Du wirft sehen,
daß ftch mit der Zeit Dein Herr Papa
ganz auf die Seite Deiner Frau Mama
schlagen wird."
Schwäbin : .Oho. Anna, da
brennscht Du De. und kennscht mci
Vater schlecht. Auf d' Seit' von mei
ner Mutter schlag ! Wenn i no' do
börl Ja. der schlägt höchschtenS mei'
Mutler, wenn fe so für dia Heirath
mit'm Guschlav ischt. noh recht in d'
Eeita nei'. Mir hai'r so scho g'nuag
de Kopf dcßwega verschlaga."
Zugegeben.
Adclichk Dame (mit ihrem geckenhaf
tcn Sohn und ihrem sehr demüthigen
Gatten): .Vergessen Sie nicht, wen
Sie vor ftch haben. Wir zählen Hel
den in unserer Familie !"
Verwandter von Echuldwitz : .Wie
sollte ich angesichts der erdrückendste
Beweise, zwei Heloen sehe ich ja vor
mir einen Maul und einen Pantof
felhclden !"
Lei Gericht.
Verthiidiger : ....und dann be
denken Sie auch noch, meine Herren,
daß der Zeuge über seinem Bette einen
geladenen Revolver hängen hatte ; der
Angeklagte schwebte also bei dem Ein
bruch in Lebensgefahr, was Sie ihm
zu Gunsten anrechnen müssen !"
Schmeichelhaft.
Stubenmädchen: Bitte nur ein
wenig zu warten, die Gnädige kommt
gleich."
Herr : Bin ich der Gnädigen viel
leicht nicht willkommen?"
Stubenmädchen : O ja, sie sagte.
als ich Sie anmeldete : Der hat mir
noch gefehlt !"
Ein Feind des lvasscrs.
Arzt: Sie müssen sich einige Zeit
aller aufregenden Getränke enthalten
und dürfen nur Wasser trinken !"
Patient : Herr Doktor. doS Wasser
thut mich noch mehr aufregen l"
Ein schlauer Junge.
Mama : Sieh'. Hans, man soll nie
rachsüchtig sein, und seinen Feinden
stets vergeben. Stell Dir also einmal
vor, ein Junge käme und prügelte Dich
durch was würdest Du da thun?"
HanS (nachdem er eine ganze Zeit
still dagesessen und über dem Problem
gegrübelt, mit pfiffiger Miene) : Du,
Mama wie groß ist der Junge?"
Ein Bptimist.
1. Student: Du. sieb' 'mal. der
Schusterjunge zeigt mir die Zunge!"
v. Student : Und darüber freu st
Du Dich?"
I. Student: Freilich der hält
mich schon für einen Toctor l"
Eine neue Farbe.
Lehrer (versuchend, den Kindern die
Farben zu veranschaulichen) : Welche
Farbe hat mein Taschentuch, daS ich in
der Hand halte?"
Kinder : Roth !"
Lehrer: Wie sieht dieses Stück
Kreide aus?"
Kinder: Weiß!"
Lehrer: Und wie sieht mein Hut
aus, der dort am Haken hängt?" (AlleS
schweigt; endlich erhebt sich der kleine
Ernst, der Schlauesten Einer.) Nun,
Ernst, sag' mir'S !"
Ernst: Schäbig!"
Nette Üankbarkcit.
Frau Toctor (zu ibrem Manne, den
sie, weil er ohne ihre Erlaubniß über
die Zeit ausgeblieben war, hinauSge
sperrt halte): Nun, sag' mir einmal,
wie bist Du eigentlich in daS HauSthor
hereingekommen? Ich hatte eS doch
geschlossen I"
Er : Ja weikt Du. wie ick so unten
gestanden habe und nicht hinein konnte.
ging gerade ein Einbrecher vorüber,
den ich einftmalS mit Erkola vcrtbeidiat
habe, der begriff sofort meine Noth und
machte mir auS Dankbarkeit mit seinem
Nachschlüssel daS Hofthor auf !"
Schwindel.
Prinzipal : Sie haben Za ein Glüs
auge, Johann, wie ich eben sehe !"
Johann : Ja, Herr Prinzipal, aber
eS is Schwindel, ich kann ja nicht
druff sehen !"
Unsere Dienstboten.
Hausfrau: WaS muß ich sehen.
Minna. Sie haben einen Soldaten bei
sich in der Küche? DaS ist mir doch zu
bunt!"
Dienstmädchen : Na Madame, wenn
Sie da? zweierlei Tuch nicht leiden
mögen, dann kann mein Schad ja für
die Folge Civil anlegen, wenn er zu
mir kommt."
Boshaft.
Dichterling (zu seinem Freund) :
Ach, ich ärgere mich, meine Braut hat
mir zum Geburtstag eine ganz schun
dige Stickerei gemacht l Wie könnte ich
mich nur revanchiren?"
schenke ihr Deine Gedichte I"
Guter Tausch.
Gatte : Meine Frau dichtet nur
noch."
Hausfreund: Ein Glück, daß sie
das Kcchen aufgegeben hat !"