Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 24, 1898, Image 12

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    pcibmftllcr.
.liiiioioofc von Paul i'l i B.
Leopold Müller war ein frildlikbkN
h.rWmfA. der cd durch Nichts Von
kinem sozenonntkn TurchschnittSmen
lck,n unterschied bis aus eine wenn
man so sagen darf Eigenthümlich
keil, daß er seit frühester Jugend Von
einem geradezu unheimlichen Pech t
kolot ward.
Schon alZ er geboren war, begann
das Unheil. Die Wartefrau steckte ihn
in ,u heißes Wasser, so daß er nahezu
Vcrdrüdt wäre. Als er dann ein wenig
ülter war. fiel er aus der Wiege
Gottlob, ohne sich Schaden zu thun,
Und als er oar erst laufen konnte.
mebrtcn fich die Unfälle zusehends.
dak sein Vater einmal grimmig sagte
.Tu wirft noch der reine Pechmüller
werden!"
Dies Wort bewahrheitete fich dann
auch leider nur m bald. Der arme
kleine Kerl konnte gar Nichts mehr thun
oder unternehmen, ohne daß Etwas
immer mißlang oder ihm Ungelegen
beiten eintrug. Und so kam eZ denn
dak seines Vaters prophetisches Wort
schnell populär wurde und alle Welt ihn
.Pechmüller" nannte.
Jetzt war er ein junger Mann von
sechZundzwanzig Jahren und ging au
Freiersfüßen. Er war ein ganz netter
Kerl, an dem ein Mädel schon Gefallen
finden konnte, und er war mittlerweile
Philosoph genug geworden, um sein
pechöseS Schicksal mit Humor und Laune
zu ertragen.
Seine Angebetete war die einzige
Tochter eine reichen ManneS, der eS
partout nicht zugeben wollte, daß fein
einziges Kind, mit dem er doch hoch hm
aus wollte, diesen armen Farbenkleck
ser genannt .Pechmüller". heirathen
sollte.
DaS blonde Eretchen aber erklärte
standhaft: Wenn ich diesen Mann nicht
bekommen soll, dann will ich überhaupt
keinen!"
.Aber. Kind." rief der Alte erbost,
.ein Maler, was ift das? Nichts! Ja,
wenn'S noch wenigstens ein braver Stu
benmaler wäre! So aber Bilder
maler. dessen Gemälde Niemand kenn
oder gar kauft ! Wovon wollt Ihr denn
leben?"
Gretchcn aber blieb standhaft. .Er
ist zwar recht unbekannt, aber er wird
berühmt werden, und dann wird man
sich um seine Bilder reißen!"
Und bis dahin hungert Ihr. was?"
.Du haft , Geld genug!"
.Aha! Nein, liebeS Kind, ich habe
mein Geld zu sauer erworben, um es
auf solche Weise zum Jenfter hinaus zu
werfen!"
Derartige Gespräche gab eS jeden
Tag zwischen Vater und Tochter. Und
daS Ende war dann stets, daß Beide
grollend auseinander gingen, während
die gute Mama zu Gleichen trat und
ihr leise Trost zusprach: Sei nur fest,
liebeS Kind, dann wirst Du Deinen
Willen schon noch durchsetzen!"
Und der gute ..Pechmüller" war
ebenso fest und treu und sagte stch
.Wenn wir Zwei uns ernsthaft lieb
haben und uns heirathen wollen, dann
kann keine Macht der Welt uns Iren
nett!"
Im Städtchen war Ball.
Gretchcn mit ihren Eltern wollte hin,
und natürlich mußte auch Leopold hin.
denn der Gedanke, daß ein Anderer sie
im Arme hielt, war ihm einfach unev
traglich.
Zu diesem Zwecke hatte er sich ein
Paar neue schwarze Hosen machen
laffen. Der Schneider, bei dem er
zwar schon hoch in der Kreide stand,
wollte ncy zuerst nicht zu noch neuem
Credit herbeilassen; als er aber hörte.
daß der junge Maler heimlich mit dem
reichen Gleichen Schwarz verlobt war,
ließ er sich willig herbei und versprach,
die schwarzen Unaussprechlichen zur rech
ten Zeit zu liefern.
Leopold war glückselig und ging hoff
nungsfroh nach Hause, wo ihn bereits
ein Freund erwartete.
.Ach, lieber Leo, Du mußt mir einen
großen Gefallen thun! Ich reife heute
zur Hochzeit und habe keine schwarzen
Hosen. Sei so gut und leih' mir
Deine wir haben ja die gleiche Größe
m acht Tagen bekommst Du ste ww
der!"
.Mit dem größten Vergnügen!" sagte
der gutmüthige Leopold und gab seine
alten schwarzen Hosen hin, denn er
konnte fte ja entbehren, weil er ein Paar
neue bekam.
Drei Tage später war der Ball.
ES war bereits sechs Uhr, und noch
immer hatte der Schneider die neuen
Hosen nicht geschickt. Endlich ging Leo
pold zu ihm.
.Ja, lieber Herr Müller." sagte
achselzuckend der Meister, ich habe ge
hört, daß der alte Herr Schwarz gar
nicht daran denkt, Ihnen seine Tochter
zu geben, und da habe ich mich denn
eines Anderen besonnen und kann Ihnen
Nichts mehr borgen."
Leopold erbleichte. Aber, Meister,
ich muß den Ball besuchen, ich muß den
alten Herrn heute für mich gewinnen!"
Und nun erzählte er, daß er keine schwär
zen Hosen habe, weil er sie verborgt
habe.
Der Meister nickte lächelnd und sagte
boshaft: Da kann ich Ihnen nur
rathen, sich auch ein Paar zu borgen!"
Leopold bat und flehte, aber der!
Meister blieb kühl und verneinte!
lächelnd. man weiß ja. wie solch
lieben Leute in solchen Augenblicken sein
können.
Der arme .Pechmüller" war rathloZ
Endlich besann er fich. daß Freund Leh
mann ein Paar neue ofen hatte, die
ihm auch paffen mußten. Im Sturm
schritt eilte er zu diesem freunde.
Natürlich war Lehmann nicht zu
Hause. Ader seine Wirthin, die Herrn
Leopold genau kannte, sagte: Ich
würde Ihnen ja die Hosen recht gern
geben, wenn ich wüßte, daß Herr Leh
mann heute nicht mehr wiederkäme.
.Wo ist er denn hin?"
.Er ift per Rad eine Partie machen,
.Ach was. dann geben Sie ne nur
her. ich nehme Alle? auf mich.'
So bekam Leopold Freund Lehmann' S
Hosen und ging seelenvergnügt von dan
nen. ES war auch hohe Zeit, denn um
acht Uhr begann bereit daS Fest, und
Leopold hatte mit Gleichen verabredet,
daß er sie zur Polonaise führen würde
um fich so möglichst viele Tänze von
vornherein zu sichern.
In den hell erleuchteten Saale drängt
fich die junge Welt des Städtchens
Leopold und Gretchen eröffnen den lan
gen Reigen der Polonaise.
Der alte Herr Schwarz war zwar
empört darüber, aber seine Frau redete
ihm gut zu, so daß er, wenn auch heim
lich grollend, Nichts weiter dazu sagen
konnte.
Tie beiden verliebten jungen Leute
find glücklich und erklären fich auf's
Neue ihre treue Liebe; dabei wechseln
sie heimlichHändedrücke und heißeLiebeS
blicke.
Plötzlich, als die Polonaise zu Ende
ift und Leopold fich bereits alle Tänze
gesichert hat, kommt ein Kellner und
meldet, daß draußen Jemand sei. der
mit Herrn Müller zu sprechen wünsche.
Pechmüller" eilt entfetzt hmauS,
denn er ahnt ja, daß eS nur Freund
Lehmann sein kann.
Natürlich ift er eS. Und er ift empört
Lieber Müller, ich finde eS doch ein we
nig sonderbar, daß Du so ohne Weite
reS in meine Hosen steigst!"
.Aber, lieber Freund," stotterte
Pechmüller", ich glaubte. Du wür
best, wie schon so oft, eine grüßere Par
tie gemacht haben."
Also sei so gut und zieh' die Hosen
auS, denn tch will selbst tanzen."
Pechmüller" bittet und fleht und be
schwört den Freund, aber AlleS ist um
sonst, denn dieser hat auch ein Liebchen
hier und will sich also auch amüstren,
Endlich geht der geknickte Leopold zurück.
entschuldigt fich bei seinem Gleichen
er werde gleich zurück sein,, wann dieS
gleich" sein würde, daS wußte er im
Augenblick selbst noch nicht. Tann
geht er nach Hause, schlüpft in sein All
tagSbemlleid und trägt die so ungern
entbehrten PantalonS zu Freund Leh
mann zurück.
Als er zu diesem kommt, meint der
lächelnd : Weißt Du, geh doch mal
zum Hellwig, der hat ja auch ein Paar
neue Buchsen, vielleicht kann der fie
entbehren.
Leopold nickt dankend und eilt zu
Hellwig.
AlZ Hellwig den erregten Pechmül
ler" sieht, lächelt er heimlich und sagt:
Ja, meine Hosen kannst Du haben.
erft aber müffen sie noch gestopft werden;
ich hab' nämlich gestern Malheur damit
gehabt."
Die Hosen werden besehen, und eS
ergiebt fich. daß von der rechten Seiten
tasche ein klaffender Riß bis zum Knie
heruntergeht. Leopold neigt zwar be
denklich den Kopf. Aber was thun?
Hm zum Ball muß er unbedingt wie
der. Also schnell zur Wirthin, daß fie
den Schaden so gut wie nur möglich x
parirt.
Nach einer qualvollen halben Stunde
ift eS endlich so weit, daß der gequälte
.Pechmüller" zurück kann. ES war
aber auch die höchste Zeit, denn ret
chen war bereits in großer Angft, daß
ihrem Leopold Etwas zugestoßen fem
könnte.
Nun wurde alles Versäumte nackige
holt. Man tanzte und scherzte und
omüflrte sich so gut, daß Leopold der ge
flickten Hose gar nicht mehr gedachte,
und in der That war ja auch der Scha-
den so gut reparirt, daß man die Naht
nur in ganz unmittelbarer Nähe eilen
nen konnte.
Aber Pechmüller" entging seinem
Schicksal nicht.
Bei m Contre stand em älterer Herr
neben ihm. der ihn verdächtig ansah und
dann plötzlich mit stechenden Augen auf
die geflickte Hose blickte.
Leopold wurde vor Schreck so blaß.
daß Grete fast Angft bekam.
Kaum war der Contre zu Ende, als
auch schon der ältere Herr auf Leopold
zuging und ihn um em Paar Worte
bat. Zitternd ging der Aermfte mit
hinaus.
Mein Herr," begann der Alte, ich
habe Sie sofort erkannt! Sie haben
gestern Abend meine Tochter angerem
pelt !"
Leopold wurde immer rathloser und
versicherte seine Unschuld.
Aber Ihr Beinkleid verräth Sie
ja!" schrie der alte Herr ergrimmt auf.
Da, der lange Riß, der nothdllrftia
gestopft ift! Den habe ich Ihnen ja
gestern in der Dunkelheit beigebracht!
Als Sie mir entfliehen wollten, griff
ich nach Ihrem Rockschoß, gcrieth aber
an die Hosentasche, und so brachte ich
Ihrem Beinkleid diesen Schaden bei!"
Ganz roth und verlegen uarrte HanZ
auf das verräthcrischc Beinkleid. i
.Jetzt sollen Sie mir aber nicht ent
kommen." rief der alte Herr, sosort
folgen Sie mir auf'Z Polizeibureau,
damit ich ihren Namen feststellen laffen
kann!"
.Ader, mein Herr, diese Hose gehört
mir ja gar nicht!" versicherte stammelnd
Leopold.
.Sie wollen noch streiten t DaS ift
arg!"
Jetzt wurden andere Gäste aufmerk
sam. ES nurde lauter und lauter,
und schließlich war der Skandal da,
der damit endigte, daß der gequälte
Leopold dem alten Herrn zur Wache
folgte.
AIS Herr Schwarz die Sache erfuhr.
sagte er triumphirend: .Na, wer hat
nun wieder mal Recht?!"
Eretchen aber erklärte standhaft
Und ich sage Dir. Papa, daß Leo uir
schuldig ist! Ich schwöre daraus!"
Herr schwarz zuckte nur gezing
schützend mit den Schultern.
Am nächsten Morgen aber, als Leo
pold zu Eretchen kam, um sich zu ent
schuldigen wegen deS gestrigen Vorfalls
und nun die ganze Geschichte der Un
auSsprechlichen erzählte, da lachte nicht
nur Eretchen laut auf. sondern da wurde
auch der alte Herr Schwarz von einer so
unbändigen Heiterkeit ergriffen, daß er
mit einem Male für den jungen Maler
interesftrt war.
Natürlich stellte fich dann heraus.
daß Freund Hellwig am vorgestrigen
Abend, als er ein wenig zu viel getrun
ken hatte, das Rencontre mit dem alten
Herrn gehabt hatte, um deffentwillen
der arg heimgesuchte Leopold eingesteckt
werden sollte.
Von dem Tage an kam Leopold häu
siger in daS HauS deS Herrn Schwarz.
und als eS wieder Frühling wurde, da
hatte der gestrenge Papa seinen luftigen
jungen Freund so lieb gewonnen, daß
er Nichts mehr gegen die Heirath hatte
Und so wurde auS Gretchen Schwarz
eine Frau Pechmüller". Und Beide
lebten in glücklicher Ehe trotz deS
ehemaligen PechS".
Das Geschenk des Matrosen.
Novelli'tte von H ii g e s i p p e M o r e a u
ES war im Jahre 1776, als fich am
Bord des französischen Schiffes Le
Heron" eine unterhaltende Scene ab
pielte. Die Offiziere, welche der Dienst
nicht m Anspruch nahm, gingen rau
chend und plaudernd auf Deck spazieren.
alS plötzlich em junger Fähnrich au
der in die Kabine des CapitänS führen
den Treppe erschien und auSnef :
Meine Herren, die Königin kommt!"
Die Königin, die die Bemannung
des Heron" begrüßte, war die unschul
dige und flüchtige Königin deS Drei
königZtageS. T:r Zufall hatte zu die
ser Würde eine hübsche, kleine Ereolin
von der Insel Martinique erhoben, eine
Verwandte deS CapitänS. die m Be
gleitung einer Tante nach Paris reifte,
um dort eine Erdschaft zu erheben
Und die junge Königin entledigte fich
ihrer hohen Würde mit einer Grazie.
um die,atyarlna die Zweite und Ma
ria Theresia sie beneidet hätten.
Aus die Kniee, schöner Page!" sagte
fie zu dem jungen Fähnrich, der fie ge
meldet hatte ; sehen Sie nicht, daß ich
meinen Handschuh habe fallen laffen?
Treten Sie näher, meine Herren
Minister, und lachen Sie nicht, denn
der Fall ift ernst. Ich liebe mein Volk.
hören Sie. und ich wünsche, daß mein
Volk mich liebt. ES handelt fich darum.
zu entscheiden, ob eine blaue Rosette
aus meinen Schuhen sich bester auSneh
men würde, als eine weiße ! Wie
ch glaube, mein Leibarzt erlaubt fich.
feiner SouverSnin in Ermangelung
von Weihrauch Tabacksdampf tn 8 Ge
ficht zu blasen."
Nun folgten Tausend unschuldige
Späße, über die die braven Seeleute
von ganzem Herzen lachten. Am Met
ften schien fich über den Triumph deS
liebenswürdigen Mädchens ein alter
bretanischer Matrose. Namens Pierre
Hello, zu freuen, der weniger Runzeln
alS Narben auszuweisen und der an
dem nämlichen Tage eine Ehrenmedaille
alS Lohn für feine langjährigen Dienste
erhalten hatte ; in Rücksicht darauf halte
ihn auch der Capitän zur Tafel gezogen,
bei der die beiden creolischen Damen.
eine Verwandten, den Vorfitz führten.
Marie Rose so hieß daS junge Mäd
chen hatte fich schon lange für die
chönen Thaten Pierre Hello S begeistert
und ihm unter Glückwünschen die Hand
gereicht. DaS Herz deS rauhen Alten,
dem solche Empfindungen neu waren.
hatte bei den freundlichen Worten deS
KindeS ebenso gebebt, wie bei m
Empfange der Ehrenmedaille. Er
allein bediente fie, er allein wachte über
fie; denn Marie Rose'S Tante, eine alte
gute Frau, die tn Folge von Gicht an
hren Stuhl gefeffelt war, verbrachte
den ganzen Tag mit der Lektüre von
Romanen, die fie nur dann und wann
durch den Ruf: Hierher. Menille!
Hierher, Marie Rose!" unterbrach,
wenn fte ihre Katze in das Takelwerk
einer Maus oder ihre Nichte auf Deck
einem Sonnenstrahl nachlaufen sah.
Am Tage nach dem Dreikönigsfeste
erschien das liebenswürdige Mädchen
traurig und nachdenklich, von dem alten
Seebär unruhig und schweigsam be
trachtet. Sie konnte nicht umhin, auf
diesen mitleidigen und fragenden Blick
mit einem Gcständniß zu ' antworten.
Eine alte Negerin, die als Hexe galt
und der Marie Äose in der Heimath
Holz lm Walde zugetragen, hatte lh
etwas Seltsames gemeinagt. Tie
Propyezeiung quaite ne. und ne er
zählte dieselbe dem alten Matrosen.
(iute kleine Herrin, ich habe gesehen
einen großen Adler, hoch, hoch aufflikl
gen mit Rose im Schnabel Tu
seine Rose Tu sehr unglücklich
dann Tu Königin, dann großer Sturm
und Du sterben!"
.Ich bin gestern Königin gewesen.
fügte sie hinzu, .und ich warte jetzt nur
noch aus den Sturm, 'der mich dahin
rant "
.Haben Sie keine Furcht, Fräulein,
erwiderte Hello; .wenn dem Heron
em Unglück zustieße, so brauchten S
nur meinen Gürtel zu packen, und mit
(Lottes Hülfe würden Sie heil und ge.
sund an S Land gelangen.
Marie Rose, die sich ein wenig be
ruhigt fühlte, belohnte die Ergebenheit
deS braven Mannes, indem fie ihm eine
Romanze vorsang, die noch Niemand
vor ihm gehört hatte ; den Abschied
eines Bräutigams von seiner Braut,
die ein junger Creole. ihr Nachbar, fü
fie gedichtet und in Mufik gesetzt hatte.
Doch eS giebt ein Alter, in dem alle
Schmerzen leicht vorübergehen, in dem
die Schwermuth deS Abends am andern
Morgen verschwunden ift, und Marie
Rose stand in diesem Alter. Am näch
ften Tage tanzte fie wieder, und die
Tage und Wochen vergingen, ohne die
überschäumende Luftigkeit aufzubrau
chen. DaS war jedoch bei ihren Schuhen
nicht der Fall, und der letzte Sprung
einer Ferandole riß die letzten Fetzen
auseinander.
Mit der Garderobe der Damen war
eS nicht eben gut bestellt ; sie fuhren nach
Paris und waren der Anficht, fich nur
im Königreich der Mode mit Kleidern
und Schuhwerk neu ausstatten zu dür
fen. Bald war Dmct Rose gezwun
gen. unbeweglich neben ihrer Tante
fitzen zu bleiben, fie verbarg ihre bloßen
Füße unter dem Kleid und bewegt
Kopf und Körper in fieberhaftem Ver
langen nach Bewegung, ohne eS jedoch
zu wagen, einen Schritt zu thun. Die
kleine Königin weinte ; fie faß gefangen
und wartete auf den vorüberziehenden
Ritter, der fte befreien würde.
Dieser Ritter war Pierre Hello.
So hübsche Füße bloß zu laffen.
sagte er mit entrüstetem Tone, da
möchte man ja kein Herz im Leibe
haben !"
Pierre Hello überlegte, schlug fich
vor die Stirn und rief dann mit der
zweiselter Energie :
Ein Stück Leder ! Meine Pfeife und
meine Medaille für em Stück Leder !"
Endlich stieß er einen Freudenschrei
aus, er hatte entdeckt, was er suchte.
ein Stück Leder, einen Stiefel ! ES war
der Stiefel eines tn einem Seegefecht
gefallenen Soldaten, der Gott weiß
wie er dahin gekommen war, m einem
Winkel lag. Dort trauert er um sei
nen ZwillingSbruder, der im Meer er
trunken oder im Bauche eines Haifisches
begraben war.
Pierre griff nunmehr zu seinem
Dolch, schnitt den Stiefel auseinander
und machte m kaum einer Stunde.
ich möchte gerne eigen, da er ein
Paar Schuhe machte, aber eS waren
weder Schuhe noch Stiefel, noch Stiefe
leiten, noch Kothurne, noch Pantoffeln
oder etwa? dergleichen, es war auf dem
Gebiet der Schuhmacherkunft etwas
ganz Originelles, Romantisches, Na
menloseS; aber dieses Namenlose
konnte doch im Nothfalle auf die Füße
gezogen werden, und daS war die
Hauptsache.
Xer brave Hello lies nunmehr zur
Kabine von Marie Rose, wo er mit
triumphirender Miene unter lautem
Lachen, sein Werk abgab und mit be
rechtigtem Stolze ausrief :
So, jetzt können Sie wieder tan
zen !"
Und wirklich tanzte Marie to e eine
Stunde später mit einem Bleigewicht
an jedem Fuß, unter dem begeisterten
Beifallsklatschen ihrer Zuschauer.
endlich, nacy langer uedenagn er
choll der Ruf: .Land!" und zwischen
dem alten Matrofen und der jungen
Creolin fand eine wahrhast rührende
Abschiedsszene statt.
Ich werde stets an Sie denken und
Ihre Schuhe zur Erinnerung wie eine
Reliquie bewahren," sagte Marie Rose.
um Pierre Hello zu trösten, der fich
mit den Rücken seiner knochigen Hand
über die feuchten Augen fuhr.
O," sagte er, den Kops schüttelnd,
fete gelien nach Parts, wo neue
Freunde Sie bald den armen Hello
werden vergeffen laffen."
Nein, nein! glauben Sie das
nicht l" wiederholte fte, indeß ihre Tante
fte fortzog. Er folgte ihr lange, mit
den Augen, während fte ihm noch
oftmals Lebewohl zurief.
Pierre Hello konnte nicht wlffen, ob
das junge Mädchen Wort hielt, er kam
elten an Land und fiel tm amerika
nifchen Kriege. Und waS Marie-Rose
anbetrifft
Meine Geschichte durchschneidet jetzt
plötzlich der gewaltige Strom der fran
zösischcn Revolution. Wir befinden
uns mitten im ersten Kaiserreich, und
zwar in Malmaison, dem Zufluchtsort
der edlen und unglücklichen Josephine.
An den Flügel gelehnt, hört sie lächelnd
eine Abordnung ihr jungen Ehren
damcn an, die sie um die Erlaubniß
bitten, im Schlosse Komödie spielen
zu dürfen.
Gern, meine Kinder," erwiderte I
Josephine. .ich Übernehme eS sogar.
Ihnen die Kostüme zu liefern. Tank
der Grotzmuth deS KaiierS ift meine
Garderobe überreich. Sehen Sie. das
hat man mir eben gebracht !"
Dabei stieß fie nachläsfia mit dem
Fuß einen Pelz fort, der auf dem Tep
pich lag und der so schön war, daß
fich die iünaste Edrendame nickt entbal
ten konnte, in die bewundernden Worte
auSzubrechen:
Golt k wie ift Ew. Majestät! doch
glücklich '."
.Glücklich ! Glücklich !" murmelte
Josephine und versank einen Augenblick
in tiefes Träumen, dann aber entriß
sie fich ihren quälenden Erinnerungen
und ries :
.Wer mich liebt, der folge mir
Kommen Sie, meine Damen, wählen
Sie sich "Ihrt Kostüme !"
Und während fie dem jugendlichen,
lustigen Schwärm voraneilte, trat fte
in ihr Garderodezimmer, wo alle jun
aen Damen entzückt die Auaen aufri
sen, ob der Pracht der hier aufgeftapel
ten Gewänder.
.Nehmen Sie. meine Kinder, und
amüfiren Sie fich recht aut: ich über
lasse Ihnen alle die schönen Sachen.
über die Sie die Augen so weit au
reißen; alle Gegenstände können Sie
nehmen ; alle, bis auf einen, dieler i
mir zu kostbar und zu heilig, als daß
man ihn anrühren dürfte "
Als sie bei dielen Worten die Neu
gier aus Aller Augen blitzen sah, fuhr
fie fort :
Ich kann Ihnen den Schad inde
sen leiaen !"
Mit diesen Worten zog die Kaiserin
auS ihrer Garderobe.. .. das Werk
und Geschenk deS bretonischen Matrosen
Pierre Hello'S, die Schuhe, die er für
Marie Role verfertigt.
AlS daS Schwert Nadoleon'S Euroda
zu zerschneiden begann, hatte Josephine
nme oa laichet de la Pagene das
Glück, den Kern zu erhalten, und ward
Kaiserin. Doch eines TaaeS durchzog
piotziio) ein heftiger fetura Europa
die Schneemaffen von Rußland lösten
fich von selbst, um wie ein Meines Lei
chentuch auf Frankceich'S Soldaten her
niederzufallen, und die rleasiurie
durchraste die Welt.
Als der Himmel sich endlich auf
klärte, war die Propheieihuna der
Negerin vollständig in Erfüllung oe
aanaen: der u Boden oesckmetterte
Adler hatte die Rose fallen lassen, und
die Creolin, die zweimal Kömgm ge
Wesen, war tm Sturme gestorben !
lN
und
die
er
Die mißglückte Operation.
Der Ueberzwerch Christi hockte
einer Ecke im BabnwirtbSbauS
stöhnte ein um'S andre Mal. daß
Fenster klirrten, vor Zahnweh.
Alle erdenklichen Mitteln batte
schon ohne Erfolg probirt, des BaderS
un:e waren an der tieffitzenden Wur
zel ge cyeitert kurzum, er war am
Verzweifeln.
Da kam der DalkenNazi berrin. ein
oeller Horn : der liefe hm die Sacke
zählen, zwinkerte pfiffig mit den Augen
und meinte!: Ich wüßt' Dir schon eni
Mittel, aber Kurasch braucht's! Ich
hab tn den ..fflieaenden Blättern
'lesen, wie einmal Einer leinen Zahn
hinten am Zug an den Puffer ange
bunden bat der 3ua iS in'S abren
'kommen und bumS dich, war der Zahn
heraus!'.
Der ('hriftl ftutzte einen Augenblick
Ta fing der Schmerz von Neuem
bohren an. Er lvrana aus tust
puff die Lokomotive draußen zum Ab
radren ein ferne! war im Nu um
den kranken Zahn gewunden und schon
tn der namnen nimmt Hatte er ihn fps
an den Puffer des letzten Waggons ge
inupst.
Ein Schnauben, ein Brausen An,
sanaS lief Cbristl mit: da rollten ,die
Räder schneller, der Athem ging ihm
auS plötzlich em Krach und Schlag
Schlag: Christ! lag auf der Erde und
neben ihm der P u f f e r.
Kleider und Hüte aus gcfpon
neuern Glas.
Vas neue te Material, das tekt au
Putz verarbeitet werden kann, ift ge
fvonneneS Glas. Eine ftirma in N?np
big fabriziert daraus Hutformen, die
jeyr yuvjq ausieyen und den Vorzug
haben, wenn fie nach längerem Traaen
nicht mehr ganz sauber erscheinen, durch
einfache Behandlung mit Waffer und
Seife wieder ihre frühere Schönheit und
irische au erlanoen. Der Königin,
Mutter von Spanien wurde kürzlich ein
kostbares Kleid aus wunderbar fein ge
fponnenem, weißem Glase zum Geschenk
gemacht, welches das Entzücken aller er
regte die Geleaenbeit hatten, das rei
zende Gewand zu sehen. Die einzelnen
Glassäden werden so überaus lein der.
gestellt, daß der daraus gewebte Stoff
glänzend uns Wmiegiam wie &eide ist;
die Nähte eines Kleidungsstückes werden
mit besonders zubereitetem Leim geklebt.
(sin unbegrabcntr König.
EZ dürfte Viele verwundein au boren.
daß der verstorbene König von Spanien,
denen Denkmal kürzlich in Madrid ent
hüllt wurde, noch nicht begraben ift,
ondcrn nur bedeckt mit einem Lcicken.
tuch in einem Gewölbe des Escurial auf
einer Marmorpiane liegt, va ift die
Folge einer seit dem Jahre 1700 eilige
haltcnen Sitte. Die Leiche bleibt wie
heute liegen. biZ einst der jetzige König
verstorben ist. dann erst wird dieselbe
unter großem Pomp beigesetzt.
lverlhivll.
Richter : .Einen großen Werth hatten
die Cigarren wohl nicht, die Ihnen ge
stöhlen worden find?"
Zeuge: O doch; denn ich habe fie
immer dazu gebraucht, nifine Schwie
germutter aus dem Hau? herauszu
räuchern!"
Z?hast.
Ehefrau : .Na warte, ich werde Dir
die Zähne zeigen."
Mann : .So? haft Du Dir schon
neue gekauft?"
Monolog.
Baron : Habe heute der Comtesse
abermals eine Liebeserklärung gemacht
und wurde nicht erhört, das ift uner
hört !'
verblümt.
A. : .Singt die Dame denn gut?'
B. : O ja, wie eine Nachtigall. . ..
die fich etwas erkältet hat !"
Immer praktischer.
Lehrer: Moritz, die Ohrfeige, die
ich Dir vorhin gab. ist Dir zu unrecht
zu Theil geworden ; Du brauchst Dich
also wegen der erlittenen Strafe nicht
zu schämen."
Moritz: .Wie haißt schämen ! Schrei
den Se mer lieber de Öhrfeig' gut fer
e ander Mal."
Schadenfroh.
Junge Frau: .Denke Dir nur.
Otto, der unverschämte Bettler bat da
Mittagessen, das ich ihm gegeben habe.
fteyen innen "
Gatte : .Na. sieb Du. da ba 7u
gleich einen Beweis von Deiner Koch.
kunft!"
Spruch.
Ein Blick aus lieben Augen giebt
Tir neuen Muth, wenn Du betrübt ;
Er stärkt den müden Sinn Dir ott.
Wenn nicht erfüllt, was Du gehofft ;
uns wie ein warmer Sonnenstrahl
Der kranken Blume brinat Kenesunki.
So brinat von jeder 5erttn,,ual
Ein lieber Blick Dir oft Erlösung.
i kleines Mißverständniß,
Lehrerin: Wie viel Reiche oiebt ei
in Europa?"
Schüler : Das weik man nickt be.
stimmt, aber Arme aiebt's jedenfalls
mehr."
Falsche Behauptung.
Der Richter Svrinakeld würd
gestern von einer Wespe gestochen."
.El, ei, und der Men ch behauptet
immer, er wäre unbestechlich l"
Stoßseufzer.
Haufirer: Haben Sie alte Sachen?"
Hausfrau: ..Natürlich babe ick
welche ; mein Mann will mir ja keine
neuen kaufen."
Aus dem Manöverfeld.
Postenrevidirender Ofn,i?r , üntm
in der Nähe feines Heimathdorfes als
Vorposten gebenden Reservisten:
Ernstfälle würden Sie also die deS
WegeS mit dem Handwagen kommende
tfiau anyalten und nicht pasftren las
en. Verstanden?"
Reservist: Nee. öerr Leitnant. das
dürft'ch nich-"
Offizier : ?Zum 5enker. wariim
nicht?"
Reservist : Da könnt'ck was erhhen
das iS Sie nämlich, meine Alte, die de
Milch in de Schtadt fährt"
Macht des Znscrirens.
Herr kam Stammtisch .mm Ki,
glauben nicht an den Werth deS In
enrenS. da irren Sie fick amahin ?
mir war kürzlich mein werthvoller Neu
fundländer Lund abbanden aekammn
ich gehe noch spät Abends in das Zei
tungsoureau und gebe ein Inserat auf,
und alS ich eine balbe Stund CnM?
nach Hause kam. da fand ick minn
Hund bereits auf der Treppe fidend
vor." '
Er kennt das.
Herr: Aber Bauer. Sie lassen fich
ganz ruhig von den BengelZ mit
Schnee beweisen und schimpfen fie nicht
einmal aus?"
Bauer: Nee. SSttt. hat Km, irf
nich, denn würden se fich ja erscht recht
reuen.
Spruch.
Ein ArbeitSgaul merk' Dir ver
ebrt
Nicht halb so viel wie 'n Steckenpferd.
Durch die Blume.
Unteroffizier: Meier. mn Mir
Ihnen denn, Sie schneiden ja erbärm
liche Gesichter?"
Vleux Rekrut): ck hah' ?,ikmk
ich habe mir den Magen verdorben."
Unteroffizier: .Ja, das ift die Folge
davon, wenn man so viel von zu Hause
bekommt und alles allein auf ißt.
ttach seinen Begriffen.
Johann, meinem Mann ist beute
nicht recht wohl ; bringen Sie ihm eine
Wärmflasche hinein !"
..GelviK. anüdiae 7,rau Coanac
oder Rum?"
der
Ilcbcrtioffen.
A: ..Ich bade einen Vadaaci.
kann amos prechcn !"
33: Pah. unser Förster hat einen
der lügt fogar !"