Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 10, 1898, Image 10

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    fccr
Rentier sulmcmann auf
Hasenjagd.
Hmnvrki't bpii Vf. Zimmkimani, Hirsch'kld,
Obwohl et sehr eifrig auf die Hasen
iagd ging, nie etreeä schoß und seiner
bessern Hälfte stets gekauftes Wlld nach
fcaufe brachte, war der Rentier Hahne
mann dock kein SonntaaSisiaer; denn
trvtl keiner aadvartien jagte er eigent.
lich gar nicht, wenigstens unternahm er
keine Jagden aus oa; Dieiencr umyi,
da im ivrbfl und Wmtcr den man
cherlei büchscntragenden Menfchenlin
dem willkommene Beute sein muß.
Seine Büchse und Jagdtasche waren
nur für seine liebe Gemahlin Auguste
da, der er damit leineswkgs naaz oem
Leben stellte, sondern wenn er jene noth
wendigen Attribute emeS JagerS um
hing, und das geschah in der Jagdzeit
sehr oft. sollte seine Gemahlin nur Den
Glauben bekommen, er ginge wirklich zu
einer stundenlangen Streife durch Feld
und Busch.
In Wahrheit machte Herr Hahne,
mann das nie: anstatt nach Feld und
Wald richtete er dann seine Schritte von
seiner BorortSvilla nach der Ktavr zu
seinem Freunde, dem Herrn Uhrmacher
Bläulich, der in gleicher Weise wie
k,abnemann sich bepackte, und dann
ging die Fahrt zu Herrn Fröhlich, der
wie Hahnemann Rentier und wie seine
beiden Freunde ein alter Knabe, dazu
aber auch noch Junggeselle war. ein
Borzug. den er nach der Meinung der
Herren Hahnemann und Blüulich gar
nicht genug zu schätzen wußte.
Bei Herrn Fröhlich warfen die be
weidten der Freunde Büchsen und
Jagdtaschen in eine Ecke; die Wirthin
röblichZ bekam den Auftrag, Jago
beute beim Wildhündler einzukaufen,
und dann begaben sich die drei Freunde
auf eine luftige Spridfahrt von Kneipe
zu Kneipe, die ihnen luftiger dünkte als
das lanaweiliae Herumschlendern in
eld und Wald.
Die Zeit der Jagd war so die rechte
Erholung besonders für Herrn Hahne
mann, deffen Gemahlin die Kneipfahv
ten ihres Gatten durchaus nicht dulden
wollte, aber gegen eine Jagdpartie
nichts einwendete. Im Gegentheil sah
sie eö recht gern, wenn ihr Alter' zur
Jagd ging, dabei käme er wenigstens
nicht auf Kneipgedanken. memte sie.
So hatte jahrelang schon Herr Hahne
mann seine ahnungslose Gattin betro
gen; aber die Wahrheit des alten
Spruches: der Krug geht so lange zu
Wasser, bis er bricht, sollte sich endlich
auch an ihm bekunden.
, An einem schönen Oktobermorgen
war'S, als Herr Hahnemann wieder zu
Büchse und Jagdtasche griff und mit
dem Vorgeben, er ginge auf die Red
Hühnerjagd, zu seinen Freunden schien
derte. Er hatte sich ein rundes Sümm
chen von zwanzig Thalem auf die Seite
zu bringen gewußt, von dem seine Ge
mahlin nichts wußte, und das sollte
nun ein Tag werden! Herr Hahnemann
war ganz außer sich vor Freude!
- Wie gewöhnlich gingS nun vom Vor
Mittage an bis zum Abend von Kneipe
zu Kneipe, und Herr Hahnemann hatte,
wie man so zu sagen pflegt, schon einen
ganz gehörigen Zacken, als tr um neun
Uhr sich erinnerte, daß eS Zeit wäre,
von der Jagdpartie nach Haufe zurück
zukehren.
Man ging demnach zu Herrn Fröh
lich; die Herren Bläulich und Hahne
mann packten ihre Jagdbeute" ein, die
in je einem halben Dutzend feinster
Rebhühner bestand, und nun konnte eS
nach Haufe gehen.
Herr Fröhlich begleitete die Herren
noch ein Stück Weges, und da machte
Rentier Hahnemann, dem die reichlich
genossenen Getränke anfingen in den
Kopf zu steigen, noch den Borschlag,
eine kleine Weinkneipe aufzusuchen. Der
Vorschlag wurde natürlich mit Begeifte
rung angenommen, nach zwanzig Minu
ten saßen die Freunde im gemüthlichen
Lokal, und Herr Hahnemann vergaß
Rebhühner und seine liebe Auguste
über einer großartigen Flasche Marko
brunner.
Der ersten Flasche folgte eine zweite;
HahnemannS gute Laune ging in Be
geifterung über, und bei der dritten
Flasche merkte er nicht mehr, was um
ihn vorging.
Seine Freunde nahmen schnell diese
Gelegenheit wahr, um sich einen, wie sie
meinten, großartigen Witz zu leinen,
Sie machten mit dem Wirth ab, daß
derselbe HahnemannS Rebhühner sollte
braten lassm; gemeinsam wollte man sie
verzehren, und die Ueberrefte vom Mahl
sollten dann in HahnemannS Jagdtasche
an Stelle der sechs Hühner gepackt wer
den nebst einigen alten Semmeln und
verschimmelten Brotrinden.
Der Wirth that, wie die Herren der
langten. Hahnemann that sich mit
gütlich an dem lecker zubereiteten Bra
ten, und als man eine Stunde nach
Mitternacht aufbrach, hing er ahnungS
los feine ganz anders denn vorher ge.
füllte Jagdtasche um.
ES war gegen zwei Uhr Morgens,
als Hahnemann wie ein Segler im
Sturm in seiner Villa ankam. Schon
von draußen sah er. daß noch Licht
brannte, daß also seine .liebe Auguste"
ihn erwartete. Zagend trat er ein,
aber seine schlimmsten Erwartungen
wurden übertroffen. Frau Auguste
wünschte sich den Tod, daß er sie von
einem Manne befreie, der Schmach und
Schande über sie bringe, befreie von
.dem Wüstling, dem Bummler, dem
Nachtschwärmer, dem Saufaus, dem I
dem Hier brach Frau Augusten!
Stimme und ging in anhaltendes
Schluchzen über.
Herr Hahnemann bat und lernet
chelte. er lallte Entschuldigungen, und
dann öffnete er seine Jagdtasche, um
durch die sechs Hühner seine Frau zu
versöhnen. Entsetzt prallte er aber zu
rück. Knochen, einige Federn, blutige
Köpfe und Füße lagen da mit alten
Semmeln und Brotrinden in holder
Eintracht.
Frau Augufte kreischte vor Wuth
laut auf und fiel beinahe in Ohnmacht;
Herr Hahnemann aber faltete die Hände
über dem Magen und stöhnte auf: .Die
miserablen Kerle! Mein schönes Geld!"
Seine Frau horchte auf. Dein
Geld?" .... Ein schrecklicher Verdacht
kam ihr. .Wo find die Hühner her?. .
Was. selbst geschossen?.... So.... so.
selbst geschossen?.. .. sich' doch. ei. sieh'
doch Dann aber richtete sie sich
hoch auf, und mit flammenden Augen
donnerte sie dem ganz Zerknirschten zu:
DaS schwöre ich Dir, Du Lllgenwicht;
das nächste Mal gehe ich mit zur Jagd."
Noch einmal sah Frau Augufte mit
einem niederschmetternden Blicke den
Sünder an, und dann rauschte sie hoch
erhobenen HaupteS hinaus, indem sie
die Thür krachend hinter sich ins Schloß
fallen ließ.
Herr Hahnemann hatte eine schreck
liche Nacht: er träumte, feine Frau
schleppe ihn an den Haaren durch Busch
und Moor, und alle Augenblicke war er
wach. Er zweifelte keinen Augenblick
daran, daß seine liebe Ehehälfte ihre
Drohung wahr machen würde, denn er
kannte sie.
HahnemannS Stimmung wurde nicht
im geringflen gebessert, als er am näch
ften Morgen beim Frühstück auf fein
zaghaftes Guten Morgen, liebe Au.
guftel" ein dumpfes Brummen zur
Antwort erhielt, daß er ebensowohl mit
Guten Morgen! alS auch mit Verfl
Säufer! übersetzen konnte.
Ganz und gar niedergeschlagen schlich
er Nachmittags zu feinen Freunden
und klagte denen feine Noth. Anfangs
lachten die, als aber Hahnemann be
theuerte, daß feine Frau ihr Wort wahr
machen würde, daß es mit den Bum.
melfahrten nun aus fein müßte, da
tröstete ihn Fröhlich, er sollte sich nur
beruhigen, er würde die Sache schon
machen.
schließlich verabredete man sich, am
zweiten Abende darauf sich wieder am
Stammtisch zu treffen, und da wollte
Herr Fröhlich seinen Plan vorlegen.
Am zweitnächsten Abende entwickelte
er denselben folgendermaßen: Hahne.
mann sollte frech für den nächsten
Dienstag seiner Gemahlin eine Hasen.
jagd ankündigen. Er, Fröhlich, würde
zwei Treiber" besorgen, die an gczeich
nete Plätze zwei gekaufte Hasen nieder
legen sollten, und die sollte Hahnemann
dann schießen". Deine Frau hat ja
keine Ahnung von einem frisch geschos
senen Hasen; solch ein Ding hat sie
wohl me mch zu seh-n belommen,'
meinte er noch ironisch zu Hahnemann
Hahnemannn ging auf den Plan
ein, erlegte vorläufig vier Thaler sür
vasen uno Treioer, unv mit oem er.
sprechen, am nächsten Dienstag zur Ha
senzagd zusammenzukommen, trennte
man sich.
Herr Fröhlich bereitete alles aufs
Beste vor. Seine Wirthin besorgte die
Treiber", zwei feiernde Maurer, die
ihr verwandt waren, und die gegen je
einen Thaler Entgelt und das nöthige
Essen nebst einigen Groschen zu Schnaps
den Auftrag ausführen wollten. Die
Hafen kaufte Herr Fröhlich am Montag
Abend ein, möglichst frisch, und am
Dienstag früh sechs Uhr zogen die Trei.
der mit der Jagdbeute dem Jagdorte,
einer Waldwiese, zu.
Die Maurer hatten ein tüchtiges
Stück Weg, zudem war eS recht frisch.
und e Sihnen nicht zu verdenken, daß sie
unterwegs tüchtig einen auf die Lampe
gössen. Geld zu Schnaps war auch
da, denn auf ihre Vorstellungen hin
hatte ihnen Herr Fröhlich am Abend
vorher einen halben Thaler im Voraus
gegeben.
Um ein halb acht Uhr schon waren
die Leute in dem Kruge angelangt, in
dem die Jagdgesellschaft zu ihnen stoßen
wollte. Erst um zehn war die elbe zu
erwarten, zwei und eine halbe Stunde
hatten sie noch Zeit, und so beschlossen
denn die Beiden, im Gastbofe bei einem
Glase warmen Grogk sich niederzu
lassen.
Auf das erste Glas folgte ein zweites;
die Maurer wurden redselig, und bald
fingen sie an, sich laut über den Zweck
ihrer Sendung zu unterhalten und über
die Sonntagsjäger ihre Glossen zu
machen. Sie hielten sich auch nicht im
mindesten zurück, als zwei Förster in die
Gaststube traten und an einem der
Tische Platz nahmen.
So kam eS denn, daß die Waidmän.
ner gar bald wußten, um was es sich
handelte, sie zwinkerten sich lustig mit
den Augen zu, nahmen am Tische der
Maurer Platz, gaben noch einige Run.
den und ließen sich erzählen.
Darüber verlief die Zelt; eS war
schon über neun Uhr geworden, a!S der
eine der Treiber" sich mit dem Bemer
ken erhob, er müßte nun die Jagdbeute
an Ort und Stelle bringen, sie auch bis
zum Beginn der Jagd überwachen.
Man redete ihm das Letztere auS; eS
würde in dieser Frühe Niemand die
Hasen wegstehlen, und alS der eine der
Förster noch etwas besonders Gutes be
stellte, da ließ der Mann sich auch über
reden und versprach, sofort wiederzu
kehren.
Er sing; eine weitere Runde kam.
die Förster erzählten Schnurren, und
o!S der eine sich mit dem Bemerken er
hob. er hätte noch etwas Wichtiges zu
desorzen, fiel daS dem zweiten Maurer
n!cht veiter auf. Man dachte auch
nicht weiter an den Geschiedenen, als
der Maurer, der die .Jagdbeute" an
Ort und Stelle gebracht hatte, wieder
kam, und der zweite Förster noch nicht
zurück war.
ES wurden noch Einige getrunken;
lachend schied gegen zehn Uhr auch der
zweite Waidmann, und bald darauf
kam auch die Jagdgesellschaft an in Be
gleitung von Frau Augufte Hahne
mann. Der zweite der Treiber, dem
die Ausgabe zugefallen war. die .Jagd
beute' zu bewachen, hatte sich schon bei
Zeiten fortgedrückt.
Nach einem schnell noch eingenom
menen FrüystUa ging es dann zur
Jagd. Die Herren waren zuversichtlich
und bester Laune, und Frau Augufte
bat schon im Stillen ihren Gemahl um
Verzeihung wegen deS schmählichen Ver
dachteS. den sie gegen ihn gehegt hatte.
Nur einmal noch war ein Argwohn in
ihr aufgestiegen; sie hatte immer gehört,
daß ein Hund zur Jagd gehörte; aber
schnell war der geschwunden, nachdem
Herr Fröhlich ihr bedeutet hatte, daß,
da man heute mit Treibern zagte, man
doch keines HundeS bedürfe.
Die .Jagd" begann also. Die drei
Herren und die Treiber machten einen
Höllenlärm; man knallte in die Luft
und that so wüthend, daß ein Fern
stehender auf den Gedanken Hütte kom
men müssen, eine wilde Jndianerhorde
fei auf die friedliche Waldwiese loSge
lassen.
Am wildesten gebürdete sich Herr
Hahnemann: er schrie und hantirte der.
maßen mit feiner Büchse herum, daß
seine Frau einen Heidenrespekt vor ihm
bekam, und daß eS als ein Wunder be
zeichnet werden mußte, daß er Niemand
anschoß.
Wie eS verabredet worden war, schrie
da plötzlich einer der .Treiber
HaS'l", und dann brachte er sich fo
schnell wie nur irgend möglich aus dem
Bereich der Büchse deS Herrn Hahne
mann. -
Auf den Ruf stellten die anderen bei
den Herren daS Schießen ein, Hahne
mann stellte sich in Positur, und dann
knallte er los.
..Getroffen!" heulte da Alles im Chor.
und schnell stürzte man auf die Stelle
zu, wo der Hase liegen sollte.
Der eine der Treiber sprang zu, hob
das Thier auf, dann ließ er es ober so
fort fallen und kratzte sich verlegen den
Kopf.
Na, waS ift denn loS!" schrie Herr
Hahnemann, indem er nähertrat; auch
Frau Augufte kam neugierig herzu.
Herrjeh, 'S iS fchonft 'n abjezogener
Hasel" sagte der Treiber.
Frau Auguste stemmte den Arm in
die Seite: Ja. und da im Baume
hängt das Fell," bemerkte sie in eigen
thümlichem Tone, .willst Du daS viel
leicht auch noch schießen, Ferdinand?"
Herr Hahnemann und seine Freunde,
sowie die Treiber blickten auf, und
wirklich: in einer jungen Tanne hing
daS kunstgerecht abgezogene Fell des
Hafen.
Der Anblick war so komisch, daß Herr
Fröhlich durchaus lachen mußte. DaS
versetzte Frau Hahnemann in Wuth
Sie stellte sich breit vor ihren Gemahl
hin:
Na, schieß nur weiter, Du Pampe.
in abgezogenen Hasen; ich lasse mich
nicht veralbern!"
Giftig sah sie hierauf die Freunde
HahnemannS an, und dann machte sie
sich wirklich von bannen.
Hahnemann blickte nur vorwurfsvoll
auf seine beiden Freunde. Ich
schwöre Dir; wir thaten das nicht
sagte Herr Fröhlich, und dann setzte er
der Frau seines Freundes nach und
suchte sie zu versöhnen. Das gelang
endlich auch halb und halb; man kam
zu der Ansicht, daß sich ein Dumm.
köpf" einen albernen Witz" gemacht
haben mußte, und schließlich wurde die
Jagd fortgesetzt. Man hoffte noch auf
den andern Hasen, und Herr Fröhlich
glaubte mit Recht hoffen zu dürfen,
weil Herr Bläulich, der in dem Wirr
warr nach der gekennzeichneten Stelle
hingelaufen war, wo die Treiber" daS
zweite Thier niedergelegt hatten, berich
ten konnte, er hätte etwas GraueS dort
liegen sehen, also keinen abgezogenen
Hasen.
Man lärmte wieder und rannte um
her; wieder schrie der Treiber: Ho
diesmal aber nicht so laut wie vorhin;
wieder schoß Herr Hahnemann, und
dann schritt man der Stelle zu, an der
der Hase liegen sollte.
Ja, da lag etwas Graue! aber Herr
Hahnemann glaubte, ihn müßte der
Schlag rühren, als man den Hasen"
aufhob.
Ein mit Stroh gestopftes Hafen
fell!" lachte Herr Fröhlich grimmig
loS; Frau Augufte wurde kreidebleich
vor Wuth und rannte davon, als ob sie
einer ange qonen wäre, verr Lahne.
mann aber warf mit einem Fluche daS
Fell zu Boden, kehrte mit dem Rufe:
Sie könnten ihm gestohlen bleiben! fei
nen Freunden den Rücken und eilte
seiner Gemahlin nach. Auch die Herren
Fröhlich und Bläulich blieben nicht
müßig, sie schimpften mordSmüßia aus
die Treiber los, die in der Zwischenzeit
sich daran gemacht hatten, den abge
zogenen Hafen vom Baume herabzu
holen, der zur Abwechselung diesmal in
den Zweigen hing, und die Treiber
blieben nicht, schuldig. I
Sie drohten schließlich gar, sie woll
ten den ganzen Schwindel der grau
Hahnemann erzählen, und man mußte
ihnen, damit sie nur ruhig waren, die
versprochenen Thaler schon geben.
Somit hatte die o fröhlich begonnene
.Jagd" einen ganz unerwarteten Aus
gang genommen. Schweigend nahm
mari im Gafthaufe das schon bestellte
Mittagsmahl ein, und schweigend kehrte
man nach Haus.
H?rr Hahnemann söhnte sich schließ
lich mit seinen Freunden wieder auZ.
die ihm heilig versicherten, daß sie ihm
keinen Streich gespielt und auch keine
Ahnung hätten, wie deS mit den Hasen
hatte geschehen können, auch zu feiner
Gemahlin wurde nach und nach daZ
Verhältniß ein beffereZ; oder zur Jagd
durfte er nie mehr gehen.
Tag wäre nun für den armen Alten
sehr traurig gewesen, wenn er nicht noch
auf andere Art sich freie Bummeltage
zu verschaffen gewußt hätte. Mit Jag?,
tasche und Flinte ging Herr Hahne
mann freilich nie mehr auZ; aber oft
noch machte er mit feinen Freunden den
gewohnten Bummel, und wenn er dann
recht luftig war, dann gab er'S wohl
auch zum Besten, wie er einst auf die
Jagd gegangen war.
ciie.
tfin Schattenbild aus dem Beiliner 5.'ben
von 15. von MichalkowSka.
Nun. Klein?, und Du?"
Die schmächtige, vor Kälte zitternde
Gestalt deS indes, daS ,n sich zusam
mengesunken vor dem Ladentisch deS
KrSmerS stand und mit großen, hungri.
gen Augen die dort unter Glasglocken
ausgebreiteten Dellcatessen, wie löst
lichen Schinken und leckeren Käse, an
gestaunt hatte, zuckte zusammen, das
von Froft blaublaß erscheinende, magere
Gesichtchen überflog ein Hauch von
Röthe.
Ach, eine Flasche HelleS !" ftam
melten die schmalen Lippen verwirrt.
und dann streckte sich die kleine Hand
aus und ließ das 50 Pfennigstück auf
den Tisch gleiten.
Da, 35 Pfennig zurück !" .
Danke! Guten Abend!"
Ein trauriger, letzter Blick auf die
zurückbleibenden Eßwaaren, dann war
daS Kind in die Nacht hinauSgefchlüpft,
Hu, wie kalt eS ift ! Wie der Wind
so schaurig heult und der Regen ihm
mS Antlitz stäubt ! DaS dünne, faden,
scheinige Kleidchen schützt den kleinen
Körper kaum. Bei solch garftigem
Wetter eilt ein jeder, heim zu kommen,
unter Dach und Fach. Auch deS Kin
deS Eltern wohnen nicht fern, um die
nächste Straßenecke herum o, wie eS
eilt ! 'S ift gar zu bitter kalt und
und wenn auch !
Fiel da nicht eben etwas klirrend,
klingend zu Boden? Ein TodcSfchreck
läßt deS KindeS Blut erstarren. ES
öffnet beim schwachen Schein der Laterne
die geballte Faust; auf den ersten Blick
erkennt eS den Schaden.
Gott, es fehlen zehn Pfennig ! Was
wird die Mutter nun" Ader sie fielen
ja erst den Augenblick, sie wird sie,
muß sie wiederfinden. Und das Kind
bückt sich nieder und fpüht auf dem
Boden umher, sucht weiter die Straße
hinauf, sie legt sich fast auf die Erde
und sucht und sucht. Der Sturm zaust
ihr dünnes, ungepflegtes Haar, der
sprühende Regen blendet sie; aber waZ
thut das! Sie muß das Geld wieder
haben ! Ohne das sie würde nimmer
wagen nach Haufe zu gehen. Die
Mutter schlüge sie todt o und der
Vater! Und wieder erschauert sie bei
dem Gedanken daran, die Thränen
treten in die müden Augen, sie schlägt
die Hände vor das Gesicht, und krampf
hafteS Schluchzen erschüttert die kleine
Gestalt.
Vorübergehende bleiben stehen, blicken
verwundert auf daS auf dem Boden
bockende Bettelkind; mitleidig fragt die
Stimme eine? alten Herrn :
Was fehlt Dir denn. Kind? Was
haft Du?"
Keine Antwort, das Schluchzen dauert
fort.
Du darfst hier nicht auf dem kalten
Schnee sitzen. Du kannst Dir den Tod
holen !"
Ach !" ES klingt ein namenloses
Weh aus diesem hervorgestoßenen,
schluchzenden Laut, das ins Herz trifft.
Der alte Herr faßt die Kleine bei der
Hand und hebt sie auf.
Willst Du mir denn nicht sagen,
warum Du weinst? Ich kann Dir viel
leicht helfen !" dringt er auf sie ein.
Ich habe 'n Groschen verloren
ich kann ihn nich mehr finden
Mutter schlügt mir todt ick trau
mir nich nach HauS!" kommt eS
unter heftigem Weinen abgebrochen
heraus.
Dtf mein Kind, hier haft Tu den
Groschen zurück. Weine nicht mehr; ich
werde Dich zu Deinen Eltern bringen.
Wo wohnst iur
Verwundernd, staunend blicke daS
Kind zu dem freundlichen Sprech
auf, der eS bei der Hand nimmt und
mit ihm nach der bezeichneten Straße
geht.
Haft Du noch Ge chwifter?" fragte
der alte Herr.
Nee !" Schüchtern klingt? nach:
Mutter ift ooch froh, Kinder sind 'ne
Last!"
Jetzt sind sie in das unsaubere Hin
terhaus getreten. Die schmale Stiege
hinauf, fünf Stockwerk hoch. Vom
Treppenflur aus leiten drei Thüren in
eben fo viele Wohnungen. Der Herr
aas der mit
Behr" zu
mn
klopft an die Pfcrte.
Kreide geschrieben Ti
lesen ist. .
Eine schmutzig auZsehkiide Frau, mit
openem. wohl zum schimpfen bereiten
Mund öffnet. Sie starrt verdutzt den
Herrn an. der ihr Kind an der Hand
hält.
.uten Tag. Frau Behr! Ich bringe
da Ihr kleines Mädchen. fand'Z halb
erstarrt auf der Straße, 'S wär' besser.
sie würden 8 so spät und bei solchem
Huudcweiter nicht ausschicken, 'S kann
sich den Zod dovon holen."
.So, war die Ranze wieder uf die
Straße? Ick kann't nich wissen, wo die
Jöhre sich rumdreiden dhut ! WaZ
hatlfte denn draußen zu suchen. hc?
fuhr daZ Weid daZ ängstlich dastehende
Kind an.
.Na, Vater schickte mir doch Bier
holen. Du jabft mir dct Jeld !" brachte
eZ stockend heraus.
.scichtig, ned her! Na ,a, mein
Mann war woll durschtig. 'n Diener
haben wir nich. et iS natierlich. dct die
Range for ihr täglich Brot ooch wat
dhut! Faulenzen iS nich. bei uns muß
allen? verdienen un orderten, anders wie
bei die Vornehmen! Ich rin, Lene,
mach man, det de fort kommst mit die
Streichhölzer. 'S iS Zeit !"
Schweigend kam das Kind dem Be
fehl der Frau nach, froh, fo loS zu
kommen. Der Emp'ang war ja glimpf.
lich gewesen.
Verzeihen Sie, Frau Behr", nahm
der Herr daS Wort, eine Frage: Ist'S
denn durchaus nothwendig, daß die
Kleine bei diesem Wetter inS Freie ge
hetzt wird, um Streichhölzer zu verkau.
fen, weniger Groschen halder? DaS
Kind ift müde, abgespannt, hungerig
jedenfalls dazu und "
Die Frau lachte schallend auf:
Nee. Sie find spaßhast! Verlangen
Sie. wir sollen die Range mit Fleesch
un Kuchen filtern? 'n Stick Brot wird
se schonst mitkriejen. und det det Wetter
nich jerade scheen iS Unkraut verjeht
ja leider nich! Verdienen muß die Jöhre
ooch. wenig jenug iS et man mit die
Zeitungen und die Semmeln MorjenS
un Abends mit die BlumenS und
Streichhölzer! Adjes!" Damit schlug
sie dem menschenfreundlichen Herrn die
Thüre vor der Nase zu.
DaS hatte er nun davon. Da stand
erbetrossen, fast ein wenig beschämt;
was ging ihn denn auch das alles an
Dann schüttelte er den Kopf nachdenk.
lich und ftieg bedächtig die Treppe
hinab.
Eben schlug eS acht Uhr. Die Klas.
senftube der Gemeindeschule hatte sich
mittlerweile gefüllt; der Unterricht sollte
beginnen. Die Lehrerin verlas die Na
men der Schülerinnen, die Genannten
hatten sich mit einem hier" zu melden.
Dabei stellte eS sich heraus, daß Lene
Behr unter verschiedenen Anderen fehlte.
Weiß vielleicht eine von Euch. weS
bald Helene Behr nicht hier ift?"
Keine Antwort.
Lotte, Du wohnft ja in der Nähe.
nicht? Geh heut Mittag mal ran fragen,
was mit ihr ist!"'
Nee, Freilein, det dhu ick nich! Die
Mutter iS so 'ne bese Frau, die kommt
mir jrob, wenn ick frazen dhu! Ick
weeß et von frieher, wo ick mir mal de
Lene zum Spielen holen wollte."
Indem klopft eS leise an. Auf daS
Herein" öffnet sich die Thür; Lene
tritt mit gestammeltem Gruß und der
ftörtem, thrSnenüberftrömtem Gesicht
chen ein.
Nun. Lenchen. so spät? Ich glaubte.
Du seiest kranl! Setz Dich!" Etwas
leiser: Letzte, mein Kind. Du weißt,
Strafe muß sein! Warum kamst Du
nicht zur Zeit?"
Mutter ließ mir nicht weg?"
Solltest helfen zu Hause?"
Nein." Ganz leise: Mutter war
so döse!"
Warst ungezogen?"
Ach -ich.. ich.." Schluchzen erstickte
des indes stimme.
Nun, nun, weine nicht so. Mutter
wird gut sein bis heut Mittag!"
Lene schweigt. Der Unterricht be.
ginnt. Lene hat den Kopf auf die
Arme gelegt, die Thränen rinnen wei
ter. Wieder gut fein ? Wieder gut
werden? Ja, kann denn das fein? Kann
die Mutter gut werden, so wie sie frü
her war? Dieselbe Scene wiederholt sich
daheim ja zcden Tag, jeden Morgen
nein, zu jeder Stunde bei Tag und
Nacht: Schläge, Fußtritte Fußtritte
schlüge mit dem Stock, mit der Peit
sche, mit dem Holzschuh, Schimpfworte
und Flüche der gemeinsten Art!
Aber so döse wie heute, fo schlimm
war'S noch nie. Und so traurig, fo
elend und einsam ist daS Kind auch noch
nie gewesen! Warum war die Mutier so
zornig? O, Lene weiß, das Kätzchen,
ihr Kätzchen, das sie so lieb hat. das
war der Grund. Die g,lte Nachbarin
hat ihr'S vor wenigen Wochen gegeben,
und sie verbarg'S vor der Mutter bis
heute, die gute, liebe Miez! Heute aber,
als sie Lene aus dem Bett nachsprang,
gerade als die Mutter hineinkam, da
hat sie die Mutter todt gemacht, und
nun will sie die Miez zn Mittag braten!
O, wie hat Lenchen gefleht und gebeten
um Schonung für das Kützchen, alles
umsonst. Da hat sie in der Angst
darum die Mutter in die Hand gebissen.
und gewiß wäre sie nicht geflohen, als
die Mutter nach der Ofenzange gegriffen
Lene würe jetzt todt, erschlagen. Lene
schaudert bei dem Gedanken an die Ge
fahr, der sie heute noch einmal entron
nen ist, und dann stoaen die Thrüncn.
mit weit offenen Augen staut sie in'
Blaue ; für heut ift sie gerettet. für
heut noch! Ja. aber warum ist ihr der
Gedanke an den Tod denn so schrecklich?
Wenn man gestorben ist, suhlt man
nichts mehr, dann hat man'Z gut! Sie
bat das gehört, n?Ä kürzlich, als die
alte Marie aus der Nachdarschast. die
nicht mehr verdienen konnte und krenk
und schwach war. sich den Zod gegeben.
Die hatte sich zum venster hinauSze
stürzt.
Ja. wenn man todt ist. ist'S auZ!
Dann hat man'S gut! Ob daZ auch
wahr ist? Ja. gewiß! Zodte fühlen nicht
mehr, gcrase wie im Schlafe muß eS
fein, nur daß eS ein sehr langer Schlaf
ist. aus dem man erst oben im Himmel
wieder aufwacht. Ja, daZ hat Früu
lein gesagt, der zugleich auch, daß daZ
Leben ein Geschenk von &dt ist. das
man nicht wegwerfen darf, fönst thut
man große Sünde. Vielleicht macht
der liebe Gott aber eine Ausnahme,
wenn sie ihn recht herzlich bittet, und
lüßt sie doch hinein. Und dann Miez
ift todt, und Mutter wünscht so oft.
Lene wär' nicht da. ja, hier ist sie
allen im Wege. Nur in der Schule ift
'S gut. so schön wie im Himmel! Da
kann sie sich ruhig ausschlaf.'n. und da
giebt'S kein Schelten, keine Schlüge !
Sie schlummert ein auf ihrem letzten
Platz.
Adje. Fräulein." Die Schule ift
aus. Lene Behr schleicht mit matten
Schritten heimwärts. Sie fürchtet sich
vor den Eltern, sie sucht das Nachhause
kommen aufzuschieben, sie weiß ja, waS
sie dort erwartet!
Und keine Miez! O. wenn sie doch
nicht erst heim müßte, gleich todt wäre!
Lotte Ahrendt hat denselben Weg mit
Lene. ES ist ihre Freundin, mit der sie
sonst, alS die Mutter noch nicht böse
war, manchmal gespielt hat.
Sie stehen vor dem Hause, in dem
BchrS wohnen.
Adje, Lene!"
Adje. Lotte! Tu weißte meine
Katze iS ooch todt!" Dabei drüngen
sich noch einmal Thränen in die Augen
der Kleinen.
Ooch! Schade drum!" sagte Lotte
bedauernd und zieht die Augenbrauen
in die Höhe.
Mutter.... bratet fie....heit!
Na adje!"
Adje! Tu den! nicht weiter
dran!"
Nee! Tu morjen komm ick
vielleicht nich nach Schule."
Was? Willfte schwänzen?" fragt
Lotte gespannt mit verschmitztem Aus
druck.
Nee. aber " daS Gesicht der
Kleinen ift seltsam ernft. als sie ihren
Mund dicht an Loitens Ohr bringt und
flüstert: Morjen leb ick nich mehr!
Ick stürz mir aus dct Fenper."
Wa-aS? Biste verrickt?" lacht ihre
Freundin, die glaubt, das laufe auf
einen Spaß hinaus.
Nee nee, wirft'S schon sehen!
Adje!" Sie läuft davon, so
hastig, als könne sie nicht früh genug
in die Hände ihrer Peiniger gelangen.
Die Andere steht ihr kopfschüttelnd, un
gläubig nach, dann geht sie sinnend da
von: So dumm wird sie doch woll
nich sind! Um so'ne paar lumpichie
Keile.
Im Polizeibericht ftand'S am folgen
den Tage, und jeder konnte eS lesen:
Gestern Nachmittag stürzte sich 'ein
zehnjähriges Kind. Lene Behr, die
Tochter eines Tischlers in der E....
Straße, aus einem Fenster der im
fünften Stock gelegenen Wohnung der
Eltern auf den gepflasterten Hof und
war sofort todt. Man nahm die Eltern
des verunglückten Kindes in Haft."
?lnc erstaunliche Leistung.
Als Kaiser Wilhelm der Erste im
Jahre 1333 in Kreuznach war, besuchte
er die dortige Nadelfadrik und nahm
von den Vorgängen bei Herstellung der
Nadeln und den dabei thätigen Ma
schinen mit hohem Interesse Kenntniß.
Besonders überrascht war er über die
außerordentliche Feinheit einer gewissen
Sorte von Nadeln, von denen eine
große Anzahl erst 1 Gramm wiegt.
Der Monarch sprach unverhohlen feine
Verwunderung darüber aus, daß es
möglich fei. diese feinen Gegenstände
mit einem Oehr zu versehen.
Da erbat sich der Bohrer, welche Be
Zeichnung der Arbeiter sührt, der die zur
Herstellung der Oehre nöthige Maschine
bedient, ein Haar von dem Silber
Haupte deS Kaisers, daZ ihm auch ge
währt wurde. Mit äußerster Sorgfalt
bohrte nun der Arbeiter ein Loch durch
dasselbe und zog einen Faden, so fein
wie ein Spinngewebe, hindurch, diele
seltsame Nadel dem Kaiser überreichend,
dessen höchstes Erstaunen die Lcistunzs
fühigkeit deS Arbeiters wie der Maschine
erregte.
Im Jahre 1884, während der AuS
ftellung von Nadelarbeiten in Seyden
ham, gehörte dieses durchbohrte Laar
zu den am meisten bewunderten Gegen
nanocn. uno oas ucine GlaZlüstchen. n
welchem auf dunklem Sammet die
wunderbare Nadel lag. war stets von
einer Schaar Beschauer umgeben. Jetzt
n vieles nunmeor zur Religuie acwor
dcne Haar im Besitz der Königin von
ENgillNS.
Die fjaiipti'iKije.
Hat es Ihnen gestern im Theater
gut gefallen?"
Dame: Ach ja, großartige Toilet
ten gab eZ zu bewundern."