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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Dec. 30, 1897)
M S omitngsga Jahrgang I. Beilage zum Ncbraska Ztaats-Anzeiger. ?!o. 32. . 4i &Xl9rM77 w . Z A v O vASP!' Stfe Stf yTwä, v, Vv ö . GWSW Je Ivt-CS3f iiAJkSrA J .V5j j.iji fii3iiraCJst-ÄPrfii V-AAJUirtiS wsLVa M )MNMM, sätafh -vnrfa5 vf. feP'ß ' . " tesr i rv.i - v sn-- Meiixnactzten. ieer an ritt leftlich lingk ei un traulich urch ie Xatat, Un dp De Herze spriuge Schlob n Bande', rt wie, immer wird Steigst I trösten zu un nietet Kröhttche WciachtcU. Wenn ie Saune ftill Wrlunfeo, Rahl die alte Zauberst. Un e glühen taufen Auuken I er Stund, Un es glüheu tausend Herze, Heller als am Baum ie erzr, Fröhliche Weihnacht. Heil'ge Wacht am eutschen HerOe! Ja kein Aremer ipürt et Wehe, Un kei ander Voll e, fr au S verstehe, Teutsche Herzen, rutsche Bäume, Teutscher Saug un rutsche ZrSnm, n . Fk0hae Weiunaaii. inib roo. WkihnachithumvreOkt ten VI ant Ctahl. 1. .Meine Frau läßt schön bitten, den Weihnachtsabend mit unl zu verleben, wmn Eie mit einem Butterbrot fürlieb nehmen. ' Eit wissen, die lienftdoten vollen auch einen ffeierodend haben, da kann man nicht viel Umftande mach.'." .Ja. er wußte wohl. Frau Bürger meiKer Fettia' Pauline war ein Drache und der'HauShalt Stat bei Fettig war etwa zu schmal für die Weihnacht. Impfen, wie er sie so liebte, der in Ermangelung von etwa Besserem er hatte durchaus nicht die Geringste Hoff nung. bei Justizrath Kleber, seinem Vorgesetzten, eingeladen zu werden. nahm der Ag'ssor Martin an. G wäre doch zu schauderhast gewesen, am Weihnacht veiligenaderid allein aus seiner Bude sitzen zu müssen oder in einem SSen Bierlocal. Doch da Unglück schreitet schnell. An der nächsten Straßenecke begegnete ihm der Juflizrath. Nach einigen dienstlichen Fragen und Eiörterungen sagte der kleine, trockene Herr mit der goldenen Brille und dem patenten Gehpelz: .Wenn Sie nicht Bessere vorhaben, lieber Martiu, kommen Sie doch am Heilig Abend zu un aus ein Gericht Karpfen. Meine Frau wird sich freuen. Sie zu sehend Ist e möglich! hätte er sich ein solche Glück träumen lassen? Er meinte .ja nicht die Karpfen mit diesem Glück, sondern Kleber'S holdselige Tochter, die blonde Ilse, in die er seit dem letzten ÄanzkrSnzchen heftig verliebt war. Und Kleber waren immer so zurückhaltend gegen ihn gewesen. Der verwünschte Fettig mit seinem Butterbrot und seiner koketten Frau! Wozu sie auch gerade jetzt ihn auserkoren hatte ! Er hatte ihr zwar früher etma stark den Hof gemacht aber da war ehe die blauäugige Ilse au der Schweizer Pension heimgekehrt war und jetzt hatte er sie gründlich satt. Er nahm Kleber'S Einladung an. AuSschlagen ließ sich eine solche Chance nicht. Er mußte sehen, wie er mit Fet tig fertig wurde. Der letzte Tag. der noch bis zum Fest blieb, war für den Assessor sehr angrei send. Er war mit fich einig geworden, der angebeteten Ilse ein Präsent zu ver ehren, da! ihr "sub rosa" seinem Her zens,uftand enthüllte. Aber mein Gott l die Sache war leichter gedacht als ausgeführt. Er lief bei einem wahren Hundewet' ter. Nordoftmind mit nassem Geriefel, halb Schnee, halb Regen, drei Mal um die ganze Stadtpromenade herum, bis er eine große Idee fand. Endlich, ja, da war's ! Ein Blumen korb, gan, mit Rosen gefüllt und wenn sie ein Vermögen kosteten und unter Rosen ein Herz, ein großes Zucker oder Marzipanherz. Dazu ein Gedicht !" - Er bestellte sofort den Blumenkord in einer Handlung. Die Rosen kosteten Stück 50 Pfg. bis zu einer Mark und mit zwanzig Rosen war der Korb aus vergoldetem Drahtgeflecht kaum ge füllt, aber das war in einem solchen Fall gewiß kein zu groß,S Opfer. Dann erwarb er noch ein Marzipan herz in ungeheuren Dimensionen und begab sich äußerst befriedigt auf feine so genannte Bude. Nun das Gedicht ! Er saß eine halbe Stunde vor einem leeren Blatt Papier und starrte die Bildir an der Wand an. So ging das nicht. Er zog den bequemen HauSrock und die Pantoffeln an. steckte eine Havan nah, prima Qualität, in Brand und legte sich lang auf'ö Canapee. Mit den bläulichen Rauchwolken wür den wohl die Gedanken kommen l .Unter Rosen, unter Dornen." flüsterte er vor fich hin. .Donnerwet ter. reimt fich denn gar nichts auf Dor nen? .Nein, besser: .unter Dornen, unter Rosen Rosen?" Seltsam, daß fich auf Rosen vor allen Dingen Hosen reimt, ist mir sonst nie aufgefallen. Allenfalls noch .kosen" wäre zu gebrau chen. aber wie? Nein, ich muß etwas Besseres finden I' Er fing an im Zimmer auf und ab zu laufen und fich mit den Fingern durch die Haare zu fahren. Er wurde nervös, zog fich wieder an und ging in feine Stammkneipe. Dort setzte er Alle, vom Kellner bis zum Hausbund, durch fein gereiztes, Zerstreutes Wesen in Erstaunen. Der Kellner mußte fich erst räuspern und drei Mal die Serviette schwenken, ehe er aufblickte. Dann antwortete er auf die alltägliche Frage: .Helle oder Manche ner, Herr Assessor? in dumpfen Lauten, indem er den entsetzten Kellner an starrte, als hätte er ihn noch nie im Leben gekeben: .Marzipan, Wahn. Hahn. Kahn Schmerenoth, helle? natürlich !" .Mit dem Herrn Assessor ist'S heut' nicht richtig, der spricht im Fieber. ES wird wohl die Jnfaulenza sein." sagte der Kellner besorgt zum Bier Wirth. Der Assessor schlief die Nacht wie ein Todter und endlich am Morgen beim Erwachen fiel ihm binnen fünf Minuten daS Nöthige ein. Er war fo entzückt darüber, daß er aus dem Bette sprang und fich. wie er war, an den Schreibtisch setzte, um schnell den VerS zu Papier zu dringen, he er ihm entfiel. Im heiligen Eiser überhörte er daS Klopfen feiner Wirthin, die' ihm den Morgenkaffee brachte, worauf fich die würdige Dame tief empört über seinen Anblick zurückzog und auf sein spätere wiederholte Klingeln und dringende Bitten um da Frühstück nur antwor tete: .Da brauche sie fich durchaus nicht gefallen zu lassen, fie fei eine an ständige Frau." ES gehörten endlose Entschuldigungen dazu, bi er seinen Kaffee bekam, aber seine gute Laune überwand daS Miß geschick, er hatte ja einen Ver auf dem Papier, um den ihn Schiller beneiden konnte l .Gern gäbe ich als WeihnachtSgabe .Da Allerbest, wa ich habe ,Sub rosa sagt e Dir die Herz .Ein tiefer Sinn liegt oft im Scherz." Da war fein, geistreich, nur zart angedeutet und dennoch deutlich genug. Nun galt e noch ein Präsent für Frau Bürgermeister Fettig zu finden. Bei näherer Besichtigung fand der Assessor seine Börse stark angegriffen, er war ja aber auch Fettig durchaus nicht verpflichtet, ein kleiner Scherz würde genügen. Ha! ihm fiel etwa ein. Frau Fettig liebte eine gewisse Art Scherze und der Bürgermeister nahm nicht so leicht etwas Übel. Fettig waren kinderlos, obgleich fünf Johre verheirathet, da? hatte oft schon zu Neckereien Anlaß gegeben, die von der kleinen, koketten Frau sogar selbst herausgefordert wurden. MartiuS ging also in ein Spiel Waarengeschäft und kaufte eine Puppe, eine wunderhübsche Spreewäldcr Amme mit einem dicken Bahy auf dem Arm. DaS würde da Ehepaar MartiuS sehr erheitern. Den ganzen Vormittag brachte er damit zu, seine Präsente zu verpacken, zu welchem Zwecke er zwei Kisten ge kauft hatte. Dann ließ er sich den zwölfjährigen Jungen seiner Wirthin kommen, über gab ihm die Kisten und schärfte ihm auf daS Genaueste ein, an welche Adressen er fie abzugeben habe. Der Junge war geweckt und hatte; schon ost schwierigere Aufträge zu seiner Zufriedenheit ausgeführt, aber da die Kisten fich sehr ähnlich sahen, holteer auS Vorsicht einen Rothftift auS seinem Zimmer und schrieb eigenhändig die Adressen auf die Deckel. 2. Mit starkem Herzklopfen und in fieberhafter Spannung über die Wir kung feiner Sendung begab fich Mar tiuS am Abend in daS stattliche HauS des JustizratheS Kleber. Heller Lichterglanz, Tannen und Wachskerzengeruch, jener unbeschreib liche Weihnachtsduft, schlug ihm ent gegen. DaS Herz ging ihm gleich auf in diesem Hause, dessen Familienkreis ihn unbeschreiblich anzog. ' Aber der Sonnenschein dieses glück lichen Hauses waren die Kinder, die frischen, gesunden, fröhlichen Kinder. Zuerst die holde Ilse, wie ein Gebild aus Himmelöhöh'n und dann der luftige Theo, das Fritzel und daS Fran zel und die kleine, dicke Person, daS drollige Lenchen. Ja, daS war eine luftige Gesellichast heute! In der Weih. nachtSftube war ein Lärm und ein Toben, ein Jubeln und fich Freuen, daß einem fast daS Trommelfell platzte. Der Eintritt deS Assessors unterbrach die allgemeine Geschäftigkeit nur auf einen kurzen Augenblick, dann ging eS luftig weiter. Sonderbar! er wurde ganz alltäglich empfangen, als fei gar nichts Besonderes geschehen, von dem Justizrath in recht guter Laune, von der Hausfrau jedoch zu seinem Schrecken mit unverkennbarer Kühle und Ilse wurde so peinlich verlegen, zeigte ihm ein fo gekränktes, stolzes, zorniges Ge ficht, daß er alle feine Hoffnungen schwinden fühlte. Sie drehte ihm bald den Rücken zu. und sprach gar nicht mit ihm. Von seinem Geschenk war keine Spur zu sehen. Und Frau Justizrath nahm die erste Gelegenheit wahr, zu bemerken, eS sei schade, daß eS den jungen Männern von heute so sehr an Feingefühl und Ehrer bietung den Damen gegenüber fehle. Sie gab dann einem ihrer Söhne eine Lection, sah aber bei diesen Worten den zerknirschten Assessor scharf an. Seine Weihnachtsfreude war hin und er hätte ebenso gut Häringe essen kön nen wie den prächtigen Karpfen in Bier. Er wußte garnicht, was er in den Mund steckte. Sobald der Anstand eS er laubte, empfahl er fich nach dem Souper. Er war so verzweifelt und traurig, daß ihm der Besuch bei Bürgermeisters zur Pein wurde, aber was sollte er machen? Allein sein in dieser Stirn mung war noch schlimmer. Frau Fettig empfing ihn schon im Vorzimmer. Sie trug ein ganz modernes, sehr auffallendes, grünes Kleid, eine naiv jugendliche Haarfrisur und war im Geftcht stark gepudert. Sie streckte ihm beide Hände entgegen und flüsterte in ungewöhnlicher Er regung, mit einem feuchten Augeneuf schlag: .Mein lieber Freund., ich danke Ihnen! Sie find ein Poet ! Wie reizend fie mich überrascht haben! Wie sinnig! Glauben sie mir, ich habe daS tiefste Verständniß für die Regungen Ihrer Seele und beklage tief, daß da? höchste Glück auf Erden nie zur Blüthe kommen kann." .Was? Die Frau schnappt doch näch ftenS über, dachte MartiuS erstaunt bei fich. .Seltsame Auffassung eines schlechten Spaßes!" Aber denken Sie fich," kicherte die kleine, rundliche Frau, .Fettig wollte Ihr reizendes Geschenk Übel nehmen und hätte mir beinahe eine Scene ge macht. Na, ich habe ihn wieder be ruhigt aber kommen Sie, sonst wird er noch einmal eifersüchtig." Kopfschüttelnd folgte ihr der Assessor in die Weihnachtsftube. Eine solche Wirkung seiner Spreewälderin hatte er nicht erwartet. .Ah, guten Abend, lieber MartiuS," kam ihm Fettig entgegen, aber der Assessor stand wie versteinert, sprachlos nach dem Weihnachtstisch starrend, denn dort prangte unter anderen Geschenken sein herrlicher Rosenkorb, der für Ilse Kleber bestimmt gewesen war. . WaS ist denn das ? " stam melte er endlich erbleichend hervor, .diesen Blumenkorb hat man hier adge geben?" .Ja. natürlich," erwiderte Frau Fet tig erstaunt, .war er denn nicht für mich bestimmt? Sie selbst haben ja meine Adresse auf die Kifte geschrieben!? .Ich selbst? O ich Esel, ich unseliger Thor! Welches Verhängnitz! Und Fräulein Kleber hat die Spreewälder Amme bekommen? Mir bleibt nichts übrig al eine Kugel vor den Kopf !" Frau Fettig sah furchtbar piquirt aus. fie sank in einen Sessel und fächelte fich Kühlung mit ihrem Taschentuch. .WaS soll das heißen. Herr Assessor." fiel Fettig mit plötzlicher Herzlichkeit ein, wenn ein Irrthum vorliegt, ist er vielleicht noch gut zu machen." Martiu erzählte. Es half AllcS nichts, hier mußte die Wahrheit gesagt werden. Als er geendigt, hielt fich Fet tig die Seiten vor Lachen. Er konnte gar nicht wieder zu fich kommen, die Thränen liefen ihm förmlich die Backen herunter nnd der Anblick des verstörten MartiuS und seiner tief ewpöcten. wüthenden Ehehälfte rief immer neue Convulfionen bei ihm hervor. .Gottvoll, himmlisch einzig ! Der beste Witz, den ich je erlebt habe!" quietschte er endlich und strampelte vor Vergnügen. .Meine Olle kriegt die Licbeser llärung und Fräulein Ilse die Spree Wälder Amme mit cm Baby ! Donner Wetter! was die wohl für ein Geficht gemacht hat über den zarten Scherz I Und die Frau Justizrath hätte ich sehen mögen. Na. der Alte hat nichts davon erfahren, sonst wären Sie schön ange kommen! Und meine Olle kriecht auf dem Leim und thut so verschämt und überglücklich wie ein Backfisch mit einem TanzftundeN'Adentkuer. Na, nu neh mcn Sie man Ihren Rosenkord und laufen Sie so schnell Ihre Beine Sie tragen können zurück zu Klebers und klären Sie den Irrthum auf. Fräu lein Ilse wird ja kein Unmensch sein." ES blieb nichts Anderes übrig, als diesen guten Rath zu befolgen. Mar tiuS war in solcher Aufregung, daß er gar nicht bemerkte, wie Frau Fettig mit königlicher Haltung daS Gemach verließ, ohne ihm .Gute Nacht" zu sagen. Der Bürgermeister packte ihm gutmüihig den Korb wieder zusammen und wünschte ihm allcS Glück auf den Weg. .Vergessen Sie nicht die Spreewälde rin, ich will meine Spreewälderin haben !" rief er ihm noch lachend nach. Der Assessor stürzte mit solcher Haft den Weg zu Klebers zurück, daß er unterwegs einmal mit seiner Kifte in den Schnee fiel und einmal eine alte Frau umrannte. Bei Klebers verlangte er Frau Ju ftizrath allein auf einen Augenblick zu sprechen. Frau Kleber empfing ihn mit sehr verwunderter Miene, aber er faßte fich ein Herz und sagte ihr Alles. Er machte eine rührende Schilderung von der Freude, mit der er den Rofenlorb für Fräulein Ilse gepackt, und von sei ner gräßlichen Enttäuschung, die durch die Verwechslung herbeigeführt fei. Das Resultat dieser Beichte war, daß Frau Justizrath eS genau ebenso machte wie der Bürgermeister. Sie viel in einen Sessel und lachte unter Thränen. Als fie fich erholt hatte, sagte fie : .Warten Sie h!ör einen Augenblick, ich will mit Elfe sprechen. Dann kann fie Ihnen selbst für die schönen Rosen danken. Ich muß Ihnen gestehen, lie der Herr Martius, ich freue mich über die Aufklärung, denn ich fühlte mich vorher sehr enttäuscht." Ilse kam bald und dann war Alles gut. ES gab noch an demselben Abend ein Brautpaar unter dem Weihnachtsbaum und ein fröhlicheres Fest hatte man nie bei Klebers gefeiert. Die Testamentsklausel. DaS prachlvolle Palais in der 3. Avenne, dessen EingangSthür einem Triumphbogen glich, stand in tiefer Trauer. Ein Schlaganfall hatte den Bankier Robby Smitfon, den Chef des Bankhauses Smitfon & Son, duhinge rafft. Droben in dem großen Schlafzimmer, daS durch zwei brennende Kerzen nur mit einem matten Lichtschimmer erhellt wurde, betete die Wittwe in namenlosem Schmerz neben dem Leichnam, der kalt und starr auf dem Tcdtendette lag. Am Schreibtisch saß Arthur und war tete auf den Moment der Aufdahrung. Inmitten dieser traurigen, nur durch daS leise Geräusch der knisternden Flammen und de zerknitterten Papier unterbrochenen Stille kamen der Wittwe träumerische Erinnerungen, und fie durchlebte in Gedanken noch einmal die ferne Vergangenheit. Mit zehntausend Dollar? hatten fie Beide ihren Hausstand in Hoffnung, freudigem Vertrauen auf die Zukunft begründet. Robby Smitfon hatte ein Schiff gekauft, dann war e ihm durch umsichtige Geschäftsführung gelungen, allmülig sich eine kleine Flotte zuzu legen. Seitdem hatten fich Dollars auf Dollar gehäuft. Wie viel kühne und stets von Erfolg gekrönte Speku lationen! Gewaltige Vermögen ver schwanden, große rivaliftrende Häuser fielen der Vernichtung anheim : Smit son blieb seiner alten Devise .Vor wärts!" treu, und das Bankhaus erhob fich über all diese verkrachenden Firmen immer reicher, immer größer, immer mächtiger. Inmitten dieser ungeheuren Reich thümer hajite Smitson senior fich eine gewisse Herzensweichheit, einen Zug von Sentimentalität bewahrt, wofür aber fein Sohn nur ein Achselzucken hatte ; in einer kleinen Kassette bewahrte der Alte in seinem Arbeitszimmer in Rollen von Goldstücken die ersten zehntausend Dollars auf, mit denen er sein Glück begründet hatte. Dieses Kästchen war ihm wie ein Fe tisch, der dem Haufe Glück bringen mußte, aber das Müßigliegen der zehn tausend Dollars gefiel dem jungen Ar thur ganz und gar nicht; dieselben dünk ten ihm ebenso unnütz wie der Stein, den der Philosoph in der Fabel dem Geizhals an die Stelle seines entwende ten Schatzes zu legen räth. Arthur träumte von allerlei bei der Leiche seines Vaters. DaS Scepter ging jetzt in feine Hand über, er war der neue Machthaber. Denn König Dollar regiert unumschränkt. Die im Zimmer herrschende Stille unterbrach die Wittwe endlich mit den Worten: .Arthur, wir dürfen nicht vergessen, die Kassette mit den zehntausend Dollars in den Sarg Deines Vaters zu legen. Du weißt, daß dieses eine der ersten Klauseln deS Testaments ift." .Ja, ja," brummte der Sohn Übel launig, .in der That eine absonderliche Idee von meinem Vater!" Inzwischen waren die Leichendiener eingetreten und hatten ihr trauriges Geschäft begonnen: fie hatten den Tod ten in den dreifachen Sarg gelegt und ließen im Kamin in einem Tiegel Blei schmelzen, um die Plomben anzulegen. .Dies ist der Augenblick," sagte Ma dame Smitson. indem fie mit den Au gen auf die Kassette deutete. Arthur erhob fich seufzend. Schließ lich war das, was er zu thun im Be griffe war, doch widerfinnig. Diese zehntausend Dollars, die feit zwanzig Jahren nicht gearbeitet hatten, reprä sentirten vielleicht mit ihren ZinfeSzinsen einen baaren Verlust von hunderttau send Dollars, und man wollte fie auch ferner unverwerthet lassen, man machte fich daran, sie in einen Sarg zu vergro ben! Und warum das Alles, warum? Um den sentimentalen Wunsch eines Todten zu erfüllen, der mit diesen zehn Rollen irgend einen Aberglauben ver buuden hatte. .Wenn Papa noch da wäre," dachte Arthur, und ich ihm meine Gründe auseinandersetzen könnte, so bin ich sicher, daß er der Erfte wäre, mir recht zu geben, vollständig recht. Aber wie Mama das begreiflich machen?" In der That hatte Frau Smitson diesen inneren Kampf in dem Mienen spiel ihres Sohnes gelesen, denn fie sagte mit fester Stimme: .Schnell, Ar thur! Laß uns den Willen Deines Va terS erfüllen." Nun gab eS kein Zurückweichen mehr, der junge Mann nahm daS Kästchen von dem Plüschsockel, auf dem eS schon seit so vielen Jahren wie auf einem Piedestal geruht hatte, und legte es, zu Füßen deS Todten nieder. .Schön," sagte die Wittwe, .jetzt will ich mich fertig machen zu diesem traurigen Gange." Sie ging in ihr Schlafzimmer, und der Mann, der die Plomben an den Deckel deS Sarges anlegen wollte trat mit dem Löihrohr hinzu. .Halt!" ertönte es plötzlich von den Lippen Arthurs, .warten Siel" .Der gnädige Herr wünschen daS Ge ficht deS Todten noch ein letztes Mal zu betrachten?" .Jawohl, ich möchte noch einmal seine ! Züge sehen." Ehrerbietig entfernte fich der Ange stellte auf einen Bugenblick, während iArthur murmelte: .Nein, das wäre wirklich zu dumm!" Er öffnete schnell die Kassette und er. griff die zchn Goldrollen, welche er in den Schreibtisch schob; da kam ihm plötz lich eine Idee, er srtzte fich an da Bü reau, riß auS dem Checkbuch einen Check, und schrieb: Smitson und Sohn. B. B. F. No. 2399. New rl, 4. Tecembtk l$i3. Zahlen Sie gesälligft gegen diesen Check an die Ordre de Herrn .... oder an den Uedecbringer die Summe von zehntausend Dollar. Arthur Smitson. Auf diese Weise, mein armer Papa, wirft Du nichts verlieren." Überlegte er. .der Check ift sicher. Du weißt es bcger. als irgend Jemand sonst." Und wieder beruhigt, nachdem er sein Interesse mit seinem Gewissen in Einklang gebracht hatte, legte er den Check in die Kassette und wandte fich dann an den Bediensteten, der noch im mer wartete. .DaS wäre gemacht. Jetzt ift Alle in Ordnung, und Sie können den Sarg schließen." Lampenfitber. Zu dem Kapitel der Nervenerregun gen, oie einmal fordern, einmal hin dcrn, gehört, so lesen wir im .Wiener Journal, die Erscheinung deS ,Lam penfieberS". von dem fich eigenlhüm licherweise Manche ihr Leben lang nicht freimachen können. ES giebt Bühnen Veteranen, die mit schlotternden Knieen auf daS Stichwort warten und die Herrschaft über fich selbst erst in dem Augenblicke bekommen, in dem fie dem Publikum fichtbar werden. Gabillon war zum Beispiel so. Man erinnere sich weiter an die Angflzuftände. die Dr. Tyrolt zu mehrmonatlichem AuS setzen seiner Bühnenthütigkeit zwangen. Wohl daS Merkwürdigste ist der Um stand, daß weder Routine noch die Zahl der Erfolge solche nervöse Angftzustünde abschwächen, ja daß fie geradezu mit den Jahren fich steigern. Kinder haben überhaupt kein Lampenfieber, und man. wundert fich immer von Neuem über die herzhaften Darbietungen der Knirpse, die ihren Part so erledigen, wie er ih nen eingetrichtert worden ift. Sie fürchten sich niemals, aus dem Dunkel der Coulissen in das volle Licht der Scene zu treten, und man wird wohl keinen einzigen Ausnahmefall anführen können. DaS, was fich jüngst als sol cher erwieS, fand auch sofort seine Auf klärung. Der komische Zwischenfall hat fich in der Wiener Hofoper bei der letz ten Probe der .Zauberflöte" ereignet. Bei der Thierfzene hatte der Jnspicient einige Knaben als Löwen. Tiger. Affen u. f. w. eingekleidet und dahin in ftruirt. daß fie auf fein entsprechende Kommando herauszukommen hätten. ES kommt also daS Stichwort. Der Jnspicient ruft hinter die Coulisse: .Löw' heraus!" Der Bub geht nicht. Unwirsch fragt er: .Ja. warum kommst Du denn nicht heraus, Löw'?' Da ant wortete der Knabe schüchtern: .Ich heiße doch nicht Löw, sondern Löwy." Der Tnrkey als WeihnachtSbrate. Warum eS hierzulande zum guten Tone gehört, am WeihnachtStage einen saftigen Puterbraten auf dem Mittags tische zu haben, lehrt unS folgendes Hi ftörchen: Unter den ersten Ansiedlern des Staa teS Virginien waren die Lebens Mittel äußerst knapp geworden; die eigenen VorrSthe waren erschöpft, die Indianer zeigten fich feindselig und weigerten fich nicht nur, von ihrem MaiS herzugeben, sondern machten für die Weißen auch die Jagd auf Wild zu einer gefahrvollen Beschäftigung. ES war Weihnachtsheiligabend, und der Gedanke, daS heilige Christfest mit leerem Magen feiern zu müssen, war ein gar zu betrübender. Da entschloß fich eine Anzahl der jüngeren Koloni ften, trotz der drohenden Gefahren ihr Waidmannsheil zu versuchen und den Weihnachtstisch mit Fleisch zu versorgen, von welchem die Ansiedler schon seit zwei Wochen keinen Bissen zu kosten ge habt hatten. So zogen fie hinaus in den Urwald, .wo fich ihnen das Glück schon nach kurzem Umherftreisen als hold erwies, denn fie stießen auf eine von Indianern gestellte Truthahnfalle, in welcher nicht weniger als dreißig junger Vögel gefangen waren. Diese wurden schnell getödtet und mit der willkommenen Beute beladen kehrten die Jäger unbeläftigt nach der Anfied lung zurück. Diese TurkeyZ bildeten am Weihnacht? feiertags das Mittags mahl der Kolonisten, und um die Er innerung an den glücklichen Fund wach zu halten, trafen die Jäger die Verein barung, daß. fo lange fie unter den Le benden wandelten, ein Puterbraten den wichtigsten Bestandtheil der MitiaaS mahlzkit am WeihnachtStage darstellen solle. Einige der Jäger gelangten spä ter zu Ansehen und Ehren, und daS fr ihnen gegebene Beispiel führte dazu, daß der Turkey fich in der amerikani schen Familie als Weihnachtsbraten bis zum heutigen Tage fest eingedür gert hat. Unsere Dienstboten. Frau: .Sie haben doch bei Frau Müller nur 140 Mar! Lohn bekommen, warum verlangen Sie denn von mir 160 Mark?" Neue Köchin : .Weil Sie auch noch Liebe zu Kindern verlangen die brauchte ich bei Frau Müller nicht zu haben l"