Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 21, 1897, Image 20

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    cAne unangenehme Ueber
raschung.
Erzählung von Bieneck
Jedermann, tat sich in der Lage bf
Tinbrt. ftch ienUi M
neues Heim begründen zu müssen,
pflegt dies au ganz besonderen Grün
den zu thun. Der memige war ein
,,i!'?ewkknl!cker aemesen. Und
da'dteZ die "letzte Nacht sein wird, die ich
aus meinem heimathlichen Boden ver
bringe und wir uns vielleicht nie mehr
begegnen werden, so gestatten Sie mir
wohl. Ihnen zu erzählen, was mich
veranlaßt hatte, vor ewigen Jahren
nach Neu Holland, wie man den klein
ftkn unserer Kontinente zu nennen de
u.m n,, iniandern."
Der Sprecher, ein Herr Johannes
M. mit welchem ich mehrere Tage lang
i .'in nnh demselben kwtel logirt und
den ich als einen liebenswürdigen und
gebildeten Menschen kennen gelernt
hatte, fuhr fort:
Bor vielen Jahren, als ich haupt
sächlich infolge der so ungünstigen kom
merzicllen Konjunkturen mich eine?
TageS gezwungen sah, mein Ladenge
schast durch gerichtliche Liquidation zu
schließen, nahm ich auf der Güterexpe
dition der Eisenbahn eine diätarische
Beschäftigung an. Der einseitige
trockene Bureaudienft war meinem an
knndiakcit gewöhnten Wesen auf
die Daner unerträglich und als durch
das Hinscheiden einer alten Erdtante
mir wieder etwas Vermögen zugefallen
war. beschloß ich. der englischen Sprache
ziemlich mächtig, nach London zu gehen
und mir dort eine meinen Fähigkeiten
entsprechende Existenz zu suchen. ES
glückte mir denn auch, in einem großen
HandelShause als Korrespondent unter
zukommen. Mein Salair war Anfangs
noch gering bemessen, doch bald hatte
ich mir das Vertrauen meiner Borge
fetzten erworben, ich avancirte von Jahr
zu Jahr, und als ich mich eines Tages
wieder auf einem grünen Zweige be
fand, dachte ich daran, mich nach einer
Lebensgefährtin umzusehen.
Nicht lange dauerte eS. so hatte ich
daS Weib meiner Liede gefunden. Das.
selbe war ein junges, kaum zwanzig
jährigeS Mädchen, welche? Grace Smith
hieß und dessen nähere Bekanntschaft ich
,,s iticm ?anlkrämckcn machte. Die
semmelhaarige, blauäugige, zartgebaute
Grace war ganz mein Fall. Nasch hatte
ich Gegenliede gefunden und einige
eifrige Nebenbuhler dabei siegreich aus
dem Felde geschlagen. Ich bat Grace.
welche mit ihrem Vater in einer der
besten Straßen der Metropole eine gut
ausgestattete Wohnung theilte, mich
Letzterem vorzustellen, und die Gelegen
heit sollte nicht lange auf sich warten
lassen.
Mr. Smith war ein Mann in der
Mitte der Fünsziger. und sein schwarzes
Haupthaar war bereits stark meint.
Er war von hoher, hagerer Figur, und
in seinem ganzen Wesen lag eine ge
wisse Ängstlichkeit, welche, ich muß eS
gestehen, mich keineswegs sympathisch
berührte. Seine Stimme klang weich,
und alles, was cr sprach, betonte er be
sonders. Er begrüßte mich sehr wohl'
wollend, und während wir unS die
Hand gaben, musterte er mich mit fei
nen kleinen Luchsaugen vom Wirbel
bis zur Sohle. Grace mußte eine
Flasche Ale austragen, Mr. Smith
rauchte eine Meerschaumpfeife und
fragte mich, ob ich ebenfalls ein Ver
ehrer des Tabaks fei. Nachdem ich dies
rnpint und Grace unS allein atlassen
hatte, ward ich nach dem Zweck meines
Besuche? gefragt. Als Mr. Smith
biervon Kenntniß genommen, fragte er
mich, ob ich keine Schulden habe. Auch
kannte ich mit autem Gewissen
verneinen. Mr. Smith versicherte mir
alSdann. daß er gegen die beabsichtigte
Verbindung nicht das Mindeste einzu
wenden habe und ich möge die Vorberei
tungen dazu unverzüglich in Scene
setzen. Er fügte noch hinzu, daß ihn
seine Geschäfte den ganzen Tag. ja
manchmal ein oder zwei Wochen vom
ftftufe fernhielten, er sei ein armer
Mann, welcher sich gar kümmerlich
durch S Leben schlagen müsse, doch fei e?
ihm gelungen, etwas zu ersparen, so
daß er im Stande sei, seiner Tochter
eine Mitgift von einigen hundert Pfund
Sterling geben zu können. Hocherfreut
und innig beglückt verließ ich nach einem
Stündchen meinen Schwiegervater "in
spe" wieder und hatte Grund genug,
nur daS Beste von ihm zu denken. Ob
dies auch in umgekehrter Weife der Fall
gewesen, hieran zweifle ich nicht im
Mindesten.
Als ich einige Tage später mit mei
ner kleinen, süßen Braut auf einer
Abendpromenade begriffen war, fragte
ich: Sage mir doch, meine Liebe, toel
chen Beruf hat denn eigentlich Dein
Vater?"
.Er reift für eine große Firma der
City, gab m,r Grace zur Antwort,
doch weiß ich nicht genau, in welcher
Branche. Oftmals ist er zwei bis drei
Wochen zu Haufe, dann ebenso lange
wieder abwesend. Ist letzteres der Fall,
dann fitze ich mit meiner Wirthin zu
kämmen und plaudere mit ihr."
Ich dachte mir bei dieser Aussage
nichts weiter und vermochte auch von
dritter Seite über Mr. Smith nichts zu
erfahren.
Drei Wochen später fand unsere Hoch
zeit statt. Mr. Smith hielt Wort und
Äeponirte für seine Tochter zweihundert
Pfund bei einer Bank, wie mich das
betreffende Checkbuch überzeugen konnte.
Krace berübite eS unangenehm, daß ihr
Bater geschäftlich verhindert war, den
Zeremonien beizuwohnen.
Nachdem wir von einer kleinen wvt
zurückgekehrt wann, bezogen wir unser
neue? cim. des in naazner ?ae mc,
neS GeschaiteS gelegen war. Grace war
oft ungehalten daiuver. oap "
nni.i nnn ilrrm 2'llikr lll MM uc
mir befohlen, so lange hier zu verwei Franz mi, einer ,o inninen cotu
len, diS Mr. Smith von Liverpool zu-; uns wcernaaj.. u
rückgedracht worden sei. Und ich hatte len im Publikum stet, ein nifeln
Manftien. inin eine Reihe I Uk. .ew Jg , Eeldke
nnn mamm im nabavaaaMaamm ..cuv. v w
nife iii verbrinaen.
An einem Sonnabend Morgen ward
ich meinem höchst ehrenwkithen"
?imin,Thflhfl aenüberaeftellt. wel
l . 2 "L SCÄ 7 ! Än bestät'a.e. daß die Leuchter in mei
1(11 li I JMCl UHU UU Iblii u --- m - . -
iuuicu. vl" V : . su.Ci. l4 !..iti hnhn nhut
neu ocif ; """H1 I1'1" " "
Sonnabend Abend auf eine stunde zu
dann "atten wir IHN lvieoer
f"üreink"längere Zeit gesehen. Auch mir
kam eS aus die Tauer sonderbar v?r.
daß mein Schwiegervater ftch so unficht'
bar zu machen wußte, und allmählich
mußte ich aus den Gedanken versall.'n.
daß etwa? dahinter stecken müsse. Was
ahrr konnte dies sein? Auch Grace
konnte es sich nicht wohl erklären.
AIS wir ungefähr ein Jahr lang per
heirathet waren, empsing Grace eines
Morgen? ein dringendes Telegramm von
ihrem Vater. Ich war in meinem u
reau. und eine halbe Stunde späte:
war Grace zu ihrem Vater geeilt, wel
cher, sie in größter Ungeduld erwartete.
Ich wollte Dir nur sagen, mein
liebes Kind," sagte Mr. Smith zu sei
ner Tochter, indem er sie mit zärtlichen
Blicken betrachtete, daß ich eine lange
eise antreten muß und nicht sobald
irückkommen werde wie sonst. Ich gehe
nämlich nach Amerik und werde wohl
vor Jahresfrist kaum wieder zurück sein
können."
Nach Amerika? Oh, Vater!" Das
war alles was Grace zu erwidern ver
mochte.
Mr. Smith sagte dann noch zu sei-
nem Kinde, daß er vor seiner Abreise
uns eine Anzahl theurer Andenken zu
verehren gedenke. Er ging in sein
Schlafzimmer und kehrte mit einem
kleinen eisernen Kistchen zurück, das
Grace niemals vorher gesehen hatte. Er
entnahm dem Kiftchen zwei schwerftlberne
Armleuchter, auf welcher der Buchstabe
S" eingravirt war.
Diese Leuchter", so erklärte Mr.
Smith, stammen noch aus besseren
Tagen unserer Familie und haben einst
meinem guten Großvater gehört. Von
heute an sollen sie Dein Eigenthum sein.
Grace."
Die anderen Gegenstände bestanden
aus gutem Silbergeschirr, und Grace
war nicht wenig überrascht, auf so reiche
Weise plötzlich beschenkt zu werden.
Die Leute können ,a oemen. du
habest die Sachen gekauft, um Deinen
HauSrath zu ergänzen, sagte Mr. Smith,
indem ein eigenthümliches Lächeln feine
welken Mundwinkel umspielte.
Dann küßte er seine Tochter mehr
malS auf Wangen und Mund, sagte
ihr, daß er ihr sofort schreiben und feine
Adresse senden würde, sowie er drüben
angekommen sei und entließ sie nach ei
nem sehr langen und rührenden Ab
schiede. Grace, welche ihren Vater sehr
liebte, weinte sich die Augen aus, daß
fi ihn kn lanat vermissen solle. Mit
den vielen hübschen Geschenken schmück-
ten wir unser Heines, oecyeicenes
Heim und freuten uns über ihren Besitz,
Acbtundvierua Stunden später, als
Grace allein zu Haufe saß, ihren
Schmerz bereits überwunden hatte und
ein Lied zu ihrer Handarbeit fang, ward
sie durch yestiges Klopsen an der yaus
thüre aufgeschreckt.
Als sie die Thür öffnete, standen ihr
zwei Männer gegenüber, welche sie in
schroffster Weise grüßten. Die erste
Frage der Beiden war nach mir, und
als eS hieß, daß ich mich in meinem
Geschäfte befinde, erklärten sie, daß sie
den Auftrag hätten, eine Haussuchung
bei unS vorzunehmen. AIS sie sich dann
in unserem Wohnzimmer befanden,
wurde ihre Aufmerksamkeit sofort auf
die neuen Silbersachen gelenkt.
ta. m , r nn pn . rwi
filmen VN sie fragen, 'mim M.,
auf welche Weise Sie in den Besitz die
ht Weaenftändc aelanat sind?"
Mein Vater hat mir sie am letzten
Dienstag Morgen zum Geschenk ge-
macht, ehe er nach Amerika adgefah
ren ist !"
Und wie nennt sich Ihr Herr Va
ter ?"
kared Smith."
Er wohnte Wilton Terrace Nummer
10. BarnSburg?"
a. mein .fierr!"
ES ist unsere Pflicht und Schuldig
keit," sagte jetzt der eine der Männer,
Sie davon in Kenntniß zu fetzen, daß
Mr. Smitb, alias ?lame Simvlon
und Träger von einem halben Dutzend
anverer warnen, genern in Liverpool
verhaftet worden ist an Bord eines nach
New York segelnden Dampfers."
Verhaftet und weshalb?" schrie
Grace auf.
O, wir habm mindestens sechs
Schuldpoften auf sein Conto zu schrei
den. Während der letzten Jahre war
er Mitglied einer der raffinirtesten Die
besbanden des Landes. Wir haben
schon lange nach ihm gefahndet, und
nun haben wir ihn endlich erwischt."
Noch ehe der Agmt ausgesprochen
hatte, war meine arme Frau ohnmäch
tig auf einen Stuhl gesunken.
Eine Stunde später erschien ein Frem
der in meinem Geschäfte und wünschte
mich z l sprechen. Draußen wartete in
einem Cab ein anderer Beamter in Uni
form. Nachdem man mir die Mitthei
(nnn aemackt halte, dak icb mick im
unrechtlichen Besitze zweier massiv ftlber
ner Armleuchter befände, welche aus
einem großen DiebftaHle herrührten,
forderte man mich auf. zum nächsten
Polizeibureau mitzufahren und dort
eine Erklärung abzugeben. Nachdem
ich letzteres gethan, ohne jedoch die
Wahrheit beweisen zu können, wurde
sein Geßier zu des Anve:u wm es
waren sämmtlich Meister Leistungen
mimischer Kunst. Und in der That
schien ihn die Natur besonders zu sei
nem Fache auZersehen zu haben, denn
ffirinr mnr nnn beinabe unheimlicher
HUUll V . . . . . ,w "
weitere? bekennend, daß dieselben im ttWaum, wayreno vtum -"up
Hause eines Lord gestohlen worden wa-; die schöne Schaalc einer ,ontn ee.e
ren und daß cZ einfältig genug von ihm ZU sein schien. Und so kam eS Denen
gewesen sei, den auf denselben eingra die dic Beiden kannten, auch immer alS
n,,n q?m,n br,s Gliders nickt auS i etwa? Selbstverständliches vor, das?
swsk . crwniifhin wnrkk i Grievcr nickt allein aus der Bühne, ge
UHU Ujl Äli UlU'iii. aHHW1iM ---- - w -w iTTr - r.- -.
ick sofort wieder in Freiheit gesetzt.
! Meine in Smith's Notizbuch vorgefun-
dene Adresse war die Veranlagung ge
wesen. dak man mick volizeilicherseits
citirt hatte. Die Folge der furchtbaren j
Erschütterung, welche meine arme Grace ;
erlitten, war eine langwierige Krank'
heit, welche die Genannte jedoch glück- j
licherwcise überstehen sollte. Mit den!
zweihundert Pfund, von welchen noch
etwa die Hälfte übrig geblieben war
(die andere war für diverse Anschaffun
gen für meinen jungen Hausstand auf
gegangen), beftritt ich die Kosten der
Vertheidigung.
Das Ende der trauriaen Anaire war.
daß mein Schwiegervater zu einer lang-
lährigen GesängNMrate verurlyeiii
ward, doch ehe noch die Hälfte derselben
verflossen, durch den Tod erlöst ward.
AIS Grace wieder vollständig hergestellt
war, verkauften mir unsere Möbel und
wanderten nack Neubolland auS. wo-
selbst wir liebe, gute Verwandte hatten,
welche unS bereitwilligst mit Rath und
That unterstützten.
Ich hatte anfänglich die Absicht,
mein Domizil wieder nach London zu
verlegen, doch da dieS Grace'S Wünschen
widersprach, so hatte ich meinen Plan
wieder aufgegeben. Der Himmel steht
allein Denjenigen bei, welche schuldlos
und gotteSfürchtig bleiben, mag eS fein,
wer eS wolle, meinte Grace. Und wer
könnte ihr wohl Unrecht geben? Jetzt
kennen Sie meine Geschichte. Leben
Sie wohl, mein lieber Gefährte und
bewahren Sie mir ein freundliches An
denken '."
Hier endete die Erzählung der Herrn
Johannes M. Die Mitternachtöftunde
war längst vorüber. Und da unsere
Eiaarren erloicken und wir müde und
schläfrig waren, so wünschten wir uns
gegenseitig gute Nacht und schieden von
einander.
wöhnlich ungesähr 10 Uhr AbendS, ad
gethan ward und seinen grausen Lohn
für teuflische That empfing, sondern
daß er auch außerhalb der Bühne als
ein bitterer, zu satirischen Bemerkungen
veranlagter Cyniker galt und einsames.
liedcleereS Hageftolzleden sührte. Seldke
dagegen war einst glücklich vcrheirathet
gewesen. Sein Weib allerdings war
jung gestorben, aber fie hatte ihm ihr
jugendliches Ebenbild hinterlassen, ein
reuende, liebliches kleine? Mädchen,
nach der Mutter Clotilde genannt.
Awei Schauspieler.
ökizze aus dem deutsch amerikanischen !hea
terlcben von W. v. Schierbrand.
Wer die Beiden kannte, der wunderte
sich nicht über sie. Tüchtige Schauspie
ler waren sie, Selbke sowohl wie Grie
per. darüber herrschte nur eine Anficht ;
fast zu gut, meinten Viele, für die
engeren Bühnen-Verhältniffe Deutsch
Amerika's, die dem berechtigten Ehrgeiz
des wahren Talents und deS geklärten
Könnens nicht genügend Spielraum
gewährten. Bor einer Reihe von Iah
ren lckon waren sse Beide von demselben
flotten, unternehmungslustigen Theater
direktor (der seitdem gestorben ist) von
der Bühne einer deutschen Mittelstadt
weg nach Amerika genommen worden,
und nun waren sie noch immer hier m
dieser großen Stadt des Westens
Beide wieder bei demselben Direktor.
isie hatten sich nie getrennt, schon
dreimal hatten fie's selbander erlebt,
dak ibr Direktor ..pleite" aemackt.
Aber auch dem Vierten hatten fie, bei-
nahe seldslverMndlich, ihre bewährten
Kräfte und ibre Novularität gewidmet.
Kurzum, sie hatten Freud und Leid mit
einander treulich getheilt während die-
ser zwanzig Jahre, und sie waren, wie
es ja Vielen geht, die einmal das un
gebundene, freiere Leben Amerika's
kennen gelernt, mit dem Lande, mit
dem glorreichen Westen," verwachsen
und fühllen sich dort heimisch und wohl.
trotz der etwas unsicheren salär-er-bültnisse.
die beständig herrschten. Wer
daS Deutschthum dieser großen, auf
blühenden Prairie - Metropole kennen
lernte. Der lernte auck ftcker diese bei
den Veteranen deutscher Schauspielkunst
in Amerika kennen, und wenn sich die
Zwei bei Beginn jeder neuen Theater-
Saison wieder vor dem Publikum pro
duzirten, da sah man sofort, daß fie
Lieblinae desselben waren, denn der
Applaus, der ihnen bei ihrem Auftre-
ten gespendet ward, der war immer
spontan und gleichmäßig vertheilt.
Und doch waren die Beiden Feinde
Todfeinde. Das wußte Jeder
mann. Was eiaentlich der ursprüng
liche Grund dazu war, das hatten sie
vielleicht selbst schon vergessen. Wahr
scheinlich war eS eine jener geringfügi
aen Eiter ücklelcien aewe en, die nur
dem künftigen als von Bedeutuna er
scheint. Ader das Gefühl war einmal
da, und es war gewachsen während die
ser langen Jahre, scheinbar um so mehr
gewachsen, je mehr Selbke und Grieper
durch die Macht der Verhältnisse ge
zwungen worden waren, zusammen
auszuhalten. Aber vielleicht that doch
der Umstand dabei etwas, daß ihre
Rollen, ihre dramatischen Talente, so
verschieden waren. Selbke' Fach war
da? der Helden, der Edlen der glück
lichen Liedhaber, der Gefeierten der
Erde, während Grieper stets die Böse
Wichte, die Jntriguanten, die Hallunkcn
darstellte und ach, mit welcher Mei
sterschaft, mit welchem Verständniß!
Zu Selbke'S Carl Moor fpiclte er den
Wie oft schon hatten sich die Beiden
insgeheim zugeschworen. daS fokle ihre
letzte Saison zusammen sein, wenn
wieder einmal ihr Verhältniß beson
ders unleidlich geworden war. DieS
geschah gewöhnlich, wenn der Eine
über den Ändern künstlerisch triumphirt
hatte. Einmal. alS Selbke von seinen
Bewunderern und freunden, am Abend
einer Aufführung, in der er den Don
Carlos, eine seiner ledtingsrouen, mu
besonderem Erfolg gespielt, mit einem
9nrk??rkran, bedack worden war. da
kannte der Ingrimm seines Nebenbuh
lerS keine Grenzen mehr, denn ipm war
kaum irgend welcher Beifall gezollt wor-
den. Als er dann m seiner Stamm-
kneipe, dem Goethe Cafe" an der
Bendolph Straße, auch noch auS dem
Munde eines Bekannten die Worte ver
nahm: Der Seldke hat heute Abend
wirklich großartig gespielt!" da brummte
er vor sich hin: Humbug! Gebutchert
hat er die schöne Rolle!" und setzte sich
dann, schweigend und mit zornig ge
falteter Stirn an seinen Tisch, wo er
den starken Punsch diesmal quartweise
trank. Und wenn man ihn direkt frug
über den Nebenbuhler, dann bemerkte
Grieper gewöhnlich nur: Er versteht
Nichts nur die Larve hat er, Das ist
Alles. Aber freilich, für Euch Kerle
spielt er noch immer gut genug !"
Merkwürdig bei Alledcm war e?, daß
die Beiden augenscheinlich famoS zu
fammen spielten Einer schien dem
Anderen zu inspiriren. Auf die herri
scke. ol,e Miene, die königlichen Ge-
derden, die dem stattlichen, schlanken
Selbke so gut standen, antwortete Grie
per. wie eS fast immer zu feiner Rolle
auch paßte, mit einer Bosheit, einem
verächtlichen Haß. daß die Scene erst
dadurch bewundernswerth wurde. Und
wenn sich Giieper. der dürre Mensch
mit dem conninrten Geficht, an seiner
Rolle erhitzte und seinem majestätischen
Gegenüber einen um so geriebeneren,
nnllendeten Svikbuben entgegen setzte.
wenn fich seine Züge im Haß, in ohn-
niüchtlgem Grimm verzerrten und feine
kleinen, tiefliegenden Augen dabei blitz
ten wie Dolche, da erschütterte manchmal
ein Donner von Applaus daS Haus, der
zum guten Theil ihm, dem Häßlichen,
Mißachteten galt.
Nur wenn Grieper semen Mvcnvuy-
ler auf der Straße sah. wie er sein
Töchterlein spazieren führte, da ver
änderten sich seine Mienen. Dann
murmelte er vor fich hin: Glücklicher
Mensch ! Fast möchte ich ihn darum be-
neiden. WaS die Kleine doch nett ist !"
Und einmal, als er fie vor der Theater
thür traf, wo sie auf ihren Papa war-
tete. der eine Brode hatte, da irnn er
hi kleine Elotiloe freundlich in die
Manien und läckelte sie an wirklich
lck?lte. Wie viele Haaestow liebte er
die Kinder mit beinahe krankhafter
Zärtlichkeit, und wenn er an daS
WateralM feines Feindes dachte, dann
seufzte er jedesmal und brummte mit
feiner tiefen Baßstimme dazu: Hum-
bug !"
enttäuschte Grieper seine Freunde. Steif
und hölzern war sein Spiet, uno leinen
Gesten ermangelte jene? innere Leben
und jene plastische Wahrheit, die sie sonst,
wenn er mit Seldte zusammen spielte,
auszeichnete. ES war, als ob die Seele
aus ihm geflohen, als ob der richtige
Impuls kort fei. Zweifellos war e?
die Abwesenheit seine Nebenbuhler,
die dieS verschuldete. Die Zeitungen spra
chen ihr Bedauern und ihre Verwunde
rung über das matte Spiel deS popu
x . . r : 1 : . . . M ...
ii.lt,, ;$UUpUlCl UU9. IN !.,.,, ut
Tage jedoch wunderte man ftch noch
mehr, alS es ruchbar ward, daß Grieper
seinen Nebenbuhler, seinem Todseind.
!im Hospital besucht hatte. DaS konnte
man zuerst nicht begreifen.
Und doch war eS eine menschlich schöne
Ecene, die sich in aller Natürlichkeit
dort am Bette deS Todkranken adge
spielt hatte.
Traurig, gesenkten BlickeS hatte sich
Grieper dem Lager seine? alten Käme-
radcn genähert. Der Schwerkranke, der
bei vollem Bewußtsein war, hatte sich
halb ausgerichtetem Bette. AlS Grie
per sich auf den Stuhl neben dem Bette
ftnken ließ, da sagte Seldke leise, in
innigem Tone: Ich wußte, daß Sie
kommen würden, Grieper? Gott sei
Dank !" Und Grieper. indem er einen
von Thränen feuchten Blick auf daS
abgezehrte Gesicht feines Nebenbuhlers
richtete, saate nur: Lieder, armer
krnzireuden.
Der Herr Lehrer hat halt
gern
Und meint, bei die Kinder soll'S aa' ss
wer'n.
Schaugt'S", sagt er dazu, .wann'
Frühjahr kimmmt
Du ii der Mensch glei' ganz ander
g'ftimmt;
Die Felder wer n grün, die Bäum'
blüah'n bald.
Die Vdgerli fingen draußen im Waid.
)i Luft weht mild: aus der Stuben
hast
Kimmt AlleS 'raus und ardeit't und
schafft.
Damit der Herbst, wann die Sens'n
klingt.
Dem Landmann a' schöne Ernte
bringt!... .
No. meint cr d'rauf, um der Kinder ihr
Hiin
Anz'eifern zum Nachdenken und Repe
tir n,
Jetzt erzähl', HanSl, warum zur Win
terSzeit
Sich Dein Vater so aus den Frühling
freut!"
Ja," sagt der HanSl und lacht recht
schlauch.
Weil i' halt na' koane Schuh'
iiimma brauch'!"
freund !" Das war Alles. Und dann
saß er dort und unterhielt ftch flüsternd
und im besten Einverftändniß mit sei
nem alten Feind. Kurz vordem er ging
aber ereignete sich nach Folgende:
Ich würde zufrieden und ruhig fter
den, Grieper." sagte der Kranke leise,
und als Jener mit dem Kopfe schüt
telte. küate er biniu : ..Ja. ja. ich weiß
es, ich fühle eS eS wird nicht mehr
lange dauern, und ich stürbe ruhig,
mnn die Eoreie um mein Kind, mein
einzige? Kind, meine liebe Clotilde nicht
wäre."
Und darauf hatte Grieper gesagt :
Lassen Sie mich, lieber College, diese
Sorge von Ihrem Herzen nehmen.
Ueberlassen Sie mir da? Kind. Ich
schwöre eS Ihnen, ich will ihm den
Later ersetzen, soweit eS in meinen
Kräften steht. Sie wird der Sonnen
schein meines liebeleeren Lebens fein.
Ich liebe sie schon jetzt, und ich will sie
so halten wie mein eigenes, theures
Kind. Haben Sie Zutrauen zu mir.
selbke I"
Und der Kranke hatte seine Hand
aus Grieper S Arm gelegi uno uznc
einfach gesagt : SoseieS. lieber, guter
freund. Ich kenne Ihr edles Herz ja
seit Langem, wenn wir uns auch gegen
seitia seit vielen 7abren verstellt haben.
Mein Kind sei Ihnen daS Pfand mei
nes festen Vertrauens!" Und wie im
Traum hatte er noch geflüstert : Das,
Grieper, ist die schönste Rolle, die Sie
je gespielt."
Am nächsten Tage war Selbke todt.
Wer den Mann mit dem thränenden
Blick, in dem ftch ein tiefer, ausrichtiger
schmerz ausprägte, hinter der Bahre
sckrpiten fad. da? Töcktercken an der
Hand, Der würde in ihm wohl kaum
den virtuosen Bösewicht vermutyel ya
den. den er wenige Tage zuvor au? oer
Bühne gesehen. Und wer nach dem
Begräbnitz m die kleine Behauung
desselben Mannes getreten wäre und
da gesehen hätte, wie er die kleine Clo
tilde in den Armen hielt und ihr blon
des Lockenköpfen streichelte, so zart und
lind wie eine Mutter. Der häite erst
recht nicht den alten Grieper in ihm
errathen. Aber er war s trotzdem, uno
bis heute ist er dem Kinde ein liebevoller,
zärtlicher Vater geblieben. Ueber dem
Sopha aber, inmitten allerlei verweil
ter und verblaßter Reminiscenzen seiner
Bühnentriumphe, hängt daS lebenS
große Portrait seines ehemaligen Neben-
duhlers, der Rahmen umnorr.
Au viel verlangt.
Fremder (zur Wirthin): Aber, liebe
Frau, so einen Skandal ließe ich mir
in meinem Lokal nicht bieten: da ist
ja unausstehlich!"
Wirthin: Ja wissen S', ohne dem
geht'S nun halt einmal nit .... sonst
haben s' kei' Freud'!"
Fremder: Na. etwas läßt man fich
schon gefallen, aber wie der Dicke da
schreit und in den Tisch hineinhaut.
daS geht zu weit den würde ich be
stimmt zur Thüre hinauswerfen!"
Wirthin: DaS geht erst recht nit
daS ist ja mein Mann!"
Nicht anklopfenl'
Der Huberbauer fahrt in d' Stadt,
Er möcht gern zum Notar.
Der soll eahm 'S Testament ausstelln,
Denn er is hoch bei Jahr.
Er kimmt an'S HauS geht zur
Kanzlei,
Da hängt vorn an der Thür
A Schild, das man nöt klopfen soll:
Dö? kimmt eahm spoassi für.
Nöt klopfen soll man, sackradi,
Was war denn dös? Oh mei.
Wann i nöt klopfen dürf. nachher
Kimm i ja gar nöt 'nei.
Er steckt den Finger in den Mund
Und pfeift mit aller Kraft,
A Schreiber kimmt und schaut was 's
giebt;
Aas die Weis' hat er'S 'schafft.
Es wurde die Tochter deS Fabri
rii, pinttudirt. ein Stück, in dem
ßineher die Glanzrolle des entlassenen
Zuchthäuslers spielen sollte und aufdie
er fich schon seit Wochen gesreui. wra
w?Knkmbler daacaen sollte die minder
bedeutende Rolle des reichen Kaufmanns
übernehmen. Bei der ersten Probe hatte
Alles famoS geklappt. Grieper fühlte
fi in seinem Element. Sein Neben
hMn würde von ihm. so hoffte er zu-
verfichtlich. am Abend der Aufführung
gründlich in den Schatten gestellt wer
den. und diese Erwartung verlieh dem
routinirten Schauspieler besondere
Freude. Dann kam die zweite Probe.
Der Direktor theilte mit, daß Seldke
plötzlich erkrankt sei nicht unbedenk
lich, und ein Anderer mußte seine Rolle
übernehmen. Finsteren Antlitze? hatte
Grieper Das vernommen. DaS ist
ein Streich von dem verfl Kerl."
murmelte er dumpf. Doch man hörte
auch die folgenden Tage, daß Se'.bke
ernstlich krank sei. Ja. man sürchtetc
sür sein Leben, so hieß es. Eine Lungen
entzündung hatte ihn auf'S Kranken
lager geworfen, und da eS ihm in sei
nem kleinen LogiS an Bequemlichkeit
fehlte, so war er nach dem Deutschen
Hospital" geschafft worden.
Am Abend der Aufführung, der ihn
in seinem vollen Glänze zeigen sollte.
Du"
See-
Zm kazarech.
Arzt: Nun. mein Junge, laß mal
Deine Zunge sehen."
Schiffsjunge (wegen des
vikirN: ..Erlauben Sie, ich bin
mann."
Arzt: So? Nun dann zeige eben
Deine Seezunge."
Spät vom Baum der Lrkenntnilj genascht.
Frau: (zur Köchin): Aber Anna,
mit ?lbren vier,ia Jahren fangen Sie
noch 'mal ein Verhältniß an?"
Köchin: Ja! In meiner Jugend
war ich so dumm, daß ich gar nit wußt,
daß's a Lieb gibt. Erst seit gestern is
mer das klar worden."
Wer hat den Regenschirm erfunden?
Diese Frage wird wahrscheinlich nie
gelöst werden. Es wird angenommen,
daß dieser nützliche Gegenstand ur
sprünglich auS China kam. In Europa
mar er bis zur Mitte des achtzehnten
Jahrhunderts unbekannt. Erst der
englische Forschungsieisende John Han
way brachte daS erste Exemplar au
dem Osten mit nach London. DaS
Vorurtheil gegen die Neuerung war in
London so stark, daß Hanway in den
folgenden Jahren nach seinem Auftre
ten in der Metropole fich nur unter dem
Schutze der Polizei auf die Straßen
hinauswagen konnte. Die Leute nann
ten ihn einen Verrückten, und die
Straßenjungen pflegten ihm selbst im
stärksten Regen pfeifend und johlend
nachzulaufen. Das erste Erscheinen
eines Regenschirmes in Paris vrachke
unter der Zunft der Sänftenträger
nahezu eine Revolution hervor. Man
befürchtete, daß die Erfindung der Ein
richtung der tragbaren Chaisen den
Todesstoß versetzen würde, was ftch
später bewahrheitete. Trotz der großen
Opposition eroberte fich der Regen
schirm langsam aber sicher die civilisirte
Welt.
Gemüthlich.
Ausgeweckier Arzt: Was fehlt Ihnen
denn, daß Sie so wahnsinnig an der
Klingel reißend"
Uns fehlt der dritte Mann zum
Skat. Wollen Sie viekeicht ein paar
Stündchen mitkommen!"
Nützlich.
Student (beim Herrichten der Pneu
matics): Wieder gut. daß mir da
Pumpen zur Gewohnheit geworden ist.
Ursache und Wirkung.
Student (Sohn des Gutsbesitzers zur
Kousine, die sich auf dem Gute desuchS
weife aufhält): Hör' mal, Ada, wenn
ich arbeite, darfst Du nicht in demselben
Zimmer Aepfel essen, daS stört mich.
Sobald Du noch einmal einen Apfel
ißt, kriegst Du zur Strafe einen Kuß."
(Acht Tage später.) Gutsbesitzer:
Diesmal scheint die Äepfelernte gering
zu sein."
Frau: Ja. denk' Dir. Ada hat
allein mindestens einen Scheffel Aepfel
aufgegessen.'
Durchschaut.
Richter (zur Zeugin): Wie alt sind
Sie?"
Zeugin: In die dreißig bin ich ge
kommen." Richter: Ah. und da wollen Sie
nicht wieder hinaus?"
Lr weist !
Frau hat
Sie nicht
cscheid.
eine Ohnmacht,
nach dem Arzt
Ihre
Wollen
schicken?"
Nach der Putzhündlerin wollten
Sie wohl sagen?"
In der GedirgsschZnke.
Erster Gast (behaglich Hasenbraten
essend): Ja. ja, viele Hunde find deS
Hasen Tod."
Zweiter Gast (seinen Teller zurück
schiebend): Aber viele Katzen retten
den Hasen daS Leben."
Schlaue.
können Sie nur so
Line
ffrau A.: ..Wie
einen alten Mann heirathen. er ist a
doppelt so alt wie Sie, er ist sechsund
dreißig und Sie achtzehn, wenn Sie
vierzig find, ist er achtzig!"
Fräulein B.: Himmel, daran habe
ich ja noch gar nicht gedacht!"
Gute Edc.
Was, Du haft geheirathet?"
Ja. aber ich bin so glücklich, daß ich
mir wie ledig vorkomme."